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- 01.05.2009
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Moi Wolto,Wie werden Zeitungsbeiträge honoriert?
Normalerweise nach Umfang. Spielt aber auch die Kreativität, die in einem Beitrag steckt, eine Rolle?
Wird also ein Gedicht anders honoriert als eine Reportage über den Kleintierzuchtverein?
das nach-Zeilen-Bezahlen kenne ich seit langem nicht mehr, meist gibt eine Zeitung Richtlinen / ein pdf-Handbuch mit, und da wird nach Länge gezahlt. Also blind gesagt 2.000 - 5.000 Zeichen soundsoviel, und 5.000 - 10.000 soundso etc. Oft unterscheiden sich die Längenvorgaben nach Ressorts, z.B. kann es bei Politik ein Maximum an Zeichenvorgaben geben, die das aus dem Kulturressort weit überschreitet.
Heißt, manche Sparten werden eben etwas schlechter bezahlt - denn der Aufwand für einen kürzeren Text ist fast identisch mit dem für einen langen.
'Kreativität' ist hierbei ne komische Frage - ich dreh das mal um: Artikel, die lahm geschrieben sind, Allgemeinplätze wiederkauen, keinen individuellen Ansatz haben und nicht ein paar halbwegs schlaue/ungewöhnliche Fragen stellen (ein Zitat/Interview sollte immer dabei sein, egal wie kurz) werden nicht gedruckt. Ob man das schon 'kreativ' nennen kann, weiß ich nicht.
Anderseits darfst du nicht zu 'kreativ' schwafeln und da superkomplexe Fluxus-Hirnwixerei draus machen (außer, du warst vllt in den 80ern Schreiber beim SPEX haha); man muss sich halt auch etwas an den Stil der Zeitunge halten.
Ich weiß nicht, was hinter der Frage steckt, aber ich meine, das müsste man anders trennen: nicht, Gedicht vs Kleintierzüchtervereinartikel = kreativ/honoriert?, sondern:
Journalistisches Schreiben vs literarisches Schreiben.
In beiden steckt 'Kreativität', aber es sind Äpfel und Birnen - die Anforderungen sind anders, die Ziele, der Stil und - teils - die Vorarbeit.
Die Qualität, der Rechercheaufwand und die Analyse (also nenn dazu von mir aus 'Kreativität') von Artikeln, die ein Redakteur schreibt und die ein Freelancer schreibt, sind nicht unbedingt extrem unterschiedlich. Nur erhält ein Freelancer keine Gelegenheit, in einer Tages-/Wochenzeitung einen ganzseitigen Artikel zu veröffentlichen, weil das über Festangestellte läuft.
Was im Honorar inclusive ist:
- Pitching (die meisten wollen sich Themen/Eventvorschläge machen lassen) incl. dem Ansatz, unter dem das besprochen werden soll
-> Die Länge wird dann von ... bis von der Redaktion festgelegt
- besagtes Kurzinterview
- Beschaffung eines Photos über die jeweilige Pressestelle des Veranstalters o.ä., Mitsenden des Photos und copyright / Photograph nicht vergessen
- Hintergrundrecherche
- eine Überschrift, die möglichst viele Leser neugierig macht
- alle nötigen Angaben (z.B. Adressen, Termine, Öffnungszeiten etc.)
- die Zeit, die man nicht nur für's Schreiben, sondern auch für den Besuch irgendeiner Veranstaltung / Angucken Preview-DVD, Pressevorführung etc. braucht
(Das bezieht sich auf das Kulturressort, für anderes hab ich nie geschrieben.)
Hast Du ein Monatsmagazin, oder ein Fachmagazin oder irgendwelche Sonderprogramme etc pp, gelten die Punkte oben genauso, nur, dass man für die Magazine öfter größere oder völlige Freiheit bei der Länge / Zeichenanzahl hat. Und da wird eben auch noch mehr verlangt, dass man da einen neuen, interessanten Ansatz bringt. Sonst meine ich, es gelte ebenso: was langweilig, ohne jeden Pepp runtergeschrieben wurde, wird eben nicht gedruckt.
Bei diesen Magazinen etc. (Ausnahme Programmhefte mit Reviews, wo du wieder kürzere Texte brauchst) ist das pro-Text Honorar auch ungleich höher. Auch wenn ich behaupte, dass, wer gründlich und engagiert arbeitet, man von der Arbeit eher schlecht leben kann. Auch hier gilt aber ein "Stückpreis" pro Artikel - oft egal, wie lang oder kurz der ist.
Es gibt genug Freelancer, unter denen man wählen kann, da macht sich kaum noch ein Redakteur die Mühe, zu editieren oder Veränderungen zu verlangen - es gibt eine deadline, und da muss geliefert werden. Und es muss druckfertig sein.
Dass jemand für ein Gedicht bezahlt wird, hab ich dagegen noch nicht gehört (darüber liest man oft Klagen auf Autorenseiten). Da wird eher - wie bei vielen Anthologien - davon ausgegangen, dass der Autor froh sein soll, dass überhaupt was gedruckt wird. Grad bei Lyrik, die sich - mit Ausnahme von Klassikern - nicht verkauft (auch nicht in Buchform).
Also ja, wird vermutlich der Kleingartenartikel nach Norm bezahlt, das Gedicht ggfs gar nicht.
Und ich habe tatsächlich neulich einen sehr witzigen, informativen, gut recherchierten Artikel über Kleingärtenhistorie gelesen, und schon oft stronzöde, uninspirierte Lyrik - was davon ist denn jetzt tatsächlich 'kreativer'? Wie gesagt - Äpfel und Birnen.
Ist das für ein Szenario für etwas Fiktives? Ich denke, wenn man was mit Literatur/Gedichten haben will, muss man gucken, welches Format man wählt - also eher ein Magazin als eine Tages/Wochenzeitung, oder so eine extra Beilage, die dann einmal die Woche rauskommt oder so was. Literatur ist ja selten ein Bestandteil von dem, was man mal schnell am Kiosk kauft.