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gesellschaft

Genre: gesellschaft

  1. Die Stille im Maisfeld

    Winfried Schell saß auf der Gartenmauer hinter dem Haus, in der Hand eine Tasse Kaffee. Auf dem Boden vor ihm lag die Motorsäge, die er am vergangenen Wochenende gekauft hatte. Über dem Schwert befand sich noch der Kettenschutz aus ölig glänzendem PVC. Er trank einen letzten Schluck und stellte...
  2. Geraubtes Gold

    „Sind viele Schiffe hier versunken?“, fragte sie. „Ein paar“, sagte ich. „Berühmte Piratenschiffe?“ „Glaube nicht. Die bekanntesten sind woanders untergegangen. Jamaika oder Haiti.“ „Schade.“ „Warum? Wollen Sie nach Goldmünzen tauchen?“ „Find’s nur faszinierend. Aber Tauchen ist gar nicht meins...
  3. Omas Messer

    Ich bin im Haus, lege die Hand auf eine Wand wie an den Hals eines Pferdes, dem man vorsichtig in die Nüstern bläst; sehe Opa, wie er in den Kamin pustet, um die Glut zu entfachen. Was ich geerbt habe, liegt verstreut auf dem Küchentisch, zwei Leben verblasst wie die Couch, die orientalischen...
  4. Morbus disputationis mendacis

    „Schnell, schnell, mach schon!“ „Wohin?“ „Clemens – ist die vier frei?“ „Auf, los, in die vier!“ „Um was gehts hier?“ „Er ist bewusstlos, wahrscheinlich Alkoholeinfluss.“ „Nee – eher hat er es mit dem Herzen, Amir, schau den doch mal genau an!“ „Aber nach den vorläufigen...
  5. Batseba oder der stille Tod

    König Joschija befahl uns, den Geschichtsschreibern von Juda, Begebenheiten aus der Zeit unserer ersten Könige zusammenzutragen und daraus Berichte zu erstellen. Diese Geschehnisse liegen weit zurück, gut 15 Generationen. Verlässliches zu finden ist daher schwer. Wir sammeln Schriftstücke...
  6. Femina Berlin

    Ein Bild von unser Haustür geht durch alle Gazetten. Ernste Männer tragen einen schwarz eingewickelten Gegenstand. Eine Prostituierte wurde getötet. Ich kenne sie vom Sehen. Einmal kam sie im Hausflur auf mich zu, und mir fiel ihr verlebtes, geschminktes Gesicht auf. Im Hof sprach sie oft in ihr...
  7. Heiligabend 1997

    Sehe ich in den Spiegel, sehe ich meinen Vater wie er meine Mutter vergewaltigt. Sie trank. So schwer, dass, wie Vater oft sagte, sie nicht vorzeigbar war zu gesellschaftlichen Anlässen. Und so fuhren wir Heiligabend 1997 ohne meine Mutter zu den Eltern meines Vaters. Ich erinnere mich noch...
  8. Zugzwang

    Anschuldigend ruhen die Augen der anmutigen Dame auf mir. Ihr Porträt hängt in meinem Wohnzimmer, direkt zwischen dem alten Bücherregal aus Eichenholz und den dünnen Fensterscheiben. Gleich einer moralischen Wächterin nimmt ihre Präsenz den Raum hoheitlich ein, ihre langen Finger ruhen auf dem...
  9. Gewehrnovelle

    War unten am Rothenbach, wo wir den gefunden haben - heute soll da ja so n Friedwald sein, hab ich gelesen, aber sowas gabs früher natürlich noch nicht, da waren da einfach nur paar Bäume. Istn schöner Wald eigentlich, wenn man paar Meter reingeht, also bisschen abseits vom Weg, dann steht man...
  10. Gretchen

    Das namenlose Grab Gestern war ich auf dem Friedhof, wo meine Oma liegt. Gestern war ich auf dem Friedhof und legte auf ihr Grab ein paar Blumen. 'Vergiss mich nicht'. Das waren ihre Liebsten. Im Krankenhaus, als in ihrem Gehirn nur noch ein nebliger Sturm herrschte, verriet sie mir ihren...
  11. Haus in Flammen

    Es ist jetzt bereits sieben Tage her - sieben unendlich lange Tage. Alles fühlt sich unreal an und ich kann es immer noch nicht richtig begreifen. Schlaf fällt mir schwer, Essen ist zur Herausforderung geworden. Jeder Bissen scheint wie eine unüberwindbare Hürde. Marik macht sich große Sorgen um...
  12. „Morgen“

    Es ist sonnig, acht Uhr fünfunddreißig mitten im November. Café, Café, Wäscherei, Kiosk, Seitenstraße, Imbiss, Café. Stadt, immer und immer wieder. Alle 8 Minuten schiebt sich eine Straßenbahn zwischen Autos und Radfahrern durch. Meistens sehe ich davon morgens zwei Stück. Mein lila Patagonia...
  13. Im Bett mit Nietzsche

    Es war eine düstere Nacht in einem abgelegenen, heruntergekommenen Haus am Rande der Stadt. Friedrich Nietzsche, der große Denker, der oft in seinem eigenen Geist verloren war, fand sich unerklärlicherweise in einem Raum wieder, der mit düsteren Schatten und einer bedrückenden Atmosphäre gefüllt...
  14. Könige von Antsirabe

    Als das Flugzeug Richtung Antananarivo abdrehte und zwischen den Wolken die riesige Landmasse erschien, sahen Erich und Joel eine schwelende Wüste, deren spärliche Vegetation gnadenlos im Sonnenlicht verbrannte. Grau-schwarze Rauchfahnen hingen am Himmel, als wäre in die rote Erde des...
  15. Zeit zu sterben

    Als ich daheim ankam, sah ich Tante Gerdas Wagen vor der Tür. Ich betrat leise das Haus und wollte in mein Zimmer schleichen, aber im Wohnzimmer hörte man ein schluchzen. Ich blickte durch die Tür und sah meine Mutter weinen. Tante Gerda blickte ernsthaft, wie immer, jedoch konnte man Trauer in...
  16. Käfer auf dem Stein

    Ich sehe sie, als ich um die Ecke biege. Im Wohnzimmer ist es dunkel, nur fahles Licht kriecht durch die Ritzen der Jalousien. In meine Nase rauscht der Geruch von Essig Essenz, die immer so scharf in der Nase zieht, dass man sich fragt, wer das aushält und isst. Sie liegt bäuchlings auf dem...
  17. Richtfest

    Nach dem Richtfest kamen sie vor das Haus; auf dem Rasen blieben sie stehen. Eine lange Metalltreppe führte hoch in den Neubau, der als weiteres Stockwerk auf das bestehende Haus gesetzt worden war. Von draußen sahen sie die bunten Lichter einer Diskokugel an den Wänden kreisen. „Ich will da...
  18. Die Zukunft liegt in der Vergangenheit

    "Die Zukunft liegt in der Vergangenheit". Dieser Satz wird die Menschheit retten. Ich stehe hier vor einer Wand. Genau genommen stehe ich vor einer einstigen Hauswand. Das Grundstück, mittlerweile abgerissen, besteht nur aus dieser einen Wand. Wir schreiben das Jahr 2178, die Menschheit führt...
  19. Appell der Affen

    „Monk, was sollen wir machen?“ Flavia, die Blauaugenmaki, blickte Monk, den Bartaffen aus besorgten Augen an. Die beiden saßen hoch oben in der Baumkrone eines Urwaldriesen, um sich ihre Affenhorde, Berberaffen, Bambuslemuren und Löwenäffchen und ihnen allen stand die gleiche ängstliche...
  20. Nur fünf Stunden

    Erste Stunde Sie setzte sich auf die Rückbank und zog die Autotür zu. Im Wageninneren war es warm. Es roch nach Leder und einem Hauch von Wunderbaum, grüner Apfel. „Hallo“, sagte sie. Der Fahrer schaute über die Schulter und lächelte. „Juten Tach. Einmal nach Prag?“ Sie erwiderte das Lächeln...

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