Was ist neu

alltag

Genre: alltag

  1. Momentaufnahme

    alltag 
    Es ist nachts. Halb drei. Ich liege im Bett, starre in die Dunkelheit. Dabei ist es nicht ganz dunkel, nicht schwarz – das hätte vielleicht etwas Tröstendes – sondern eher ein diffuses Grau, das Schemen gut erkennen lässt. Der Rollladen, auch ganz nach unten ausgefahren, kann die Lichter von...
  2. Rote Münzen

    Mein Name ist Helmut. Ich bin Putzmann und betreue die sanitären Anlagen hier am Marktplatz. Der heißt nicht nur so, Dienstags und Freitags gibt es hier wirklich einen Markt mit Verkaufsständen. Vor allem Gemüse, Obst, Käse und Fleisch. Auch Blumen, Kleidung und manchmal Kunsthandwerk. Ich...
  3. Ein Riesenhunger

    Ausgemergelt in seinem schmutzigen weißen Anzug, begleitet von einem beißenden Gestank und besessen von einem Riesenhunger, durchwühlte er die Ascheimer der Innenstadt und trieb sich länger als sonst in den Wirtshäusern herum. Die Passanten machten einen Bogen um ihn. Niemand wollte sich mit ihm...
  4. Das, was uns am Leben hält

    Meine Freundin liegt regungslos im Bett, die schwarze Schlafmaske wie die Augen eines Insekts. Ich öffne die Box mit den Blutzuckermessstreifen. Die Sonne strahlt durchs Fenster. Glänzender Schweiß in meinen Handflächen, die Linien darin wie eine Maserung. Der Kühlschrank brummt. Draußen das...
  5. Schuld ist stumm

    Es ist leise, zu leise, eben noch hat sie ihren Sohn in der Legokiste wühlen gehört. Was ist denn jetzt schon wieder, denkt Nora und drückt die Klospülung. Sie wäscht sich eilig die Hände und fährt zusammen; der Schrei ist aus der Küche gekommen. Vor dem Spülbecken steht Aron mit dem...
  6. Schwarzbau

    Das Haus seines Vaters lag am Fuß eines Hügels, zur Hälfte von einem schmalen Feldgehölz verdeckt. Ein junger Imker aus der Gegend hatte im vergangenen Jahr um Erlaubnis gebeten, seine Beuten dort aufstellen zu dürfen. In der angehenden Dämmerung erkannte er den goldgelben Anstrich der...
  7. Der Waschsalon

    alltag 
    Es ist ein Morgen, wie jeder Andere in den letzten Jahren auch. Das mag nach Tristesse klingen, ist aber für Friedrich eine liebgewonnene Routine, die im Halt im Leben gibt. Pünktlich um 7 Uhr klingelt der alte Wecker aus seinem Nachtisch und weckt Friedrich mit dem gleichen fürchterlichen Ton...
  8. Blick vom Rathausturm

    Jedes Jahr zu Ostern muss ich an ihn denken. Irgendwie habe ich dann immer das Gefühl, dass er in Berlin ist und nach mir sucht. Einmal erwähnte ich seinen Namen in einem Gespräch. Der, der am Tresen neben mir saß, wurde hellhörig. “Den kenne ich. Er ist ein Freund von meinem Kumpel. Vor drei...
  9. Manuel Bongesa

    Himmelsgeschenk (I/III) Die knorrigen Äste der Schwarzrinden-Bäume warfen noch langgestreckte, bizarre Schattenmuster auf den Dorfplatz, trotzdem flirrte die Luft schon vor Hitze. Es würde wieder einen sehr heißen, staubigen Tag geben, obwohl sich das Ende der Trockenzeit schon durch...
  10. Kirschblütenfest

    “So macht es sich doch bezahlt, dass ich mir noch kurzentschlossen bei aldi ein E-Bike gekauft habe”, denke ich und sehe zufrieden die neidischen Blicke der Anderen, an denen ich auf der Kynaststraße, die nach der Sanierung vom Ostkreuz zu einem steilen Berg geworden ist, vorbeiziehe. Sonst muss...
  11. Nachtschattengewächs

    Fast fünfzig Jahre. Beinahe ein halbes Jahrhundert sind wir schon verheiratet. Schau sie dir an. Zauberhaft, wie sie lächelt. Ich liebe dich, formte Werner die drei Worte mit dem Mund, während er Sylvia durch die Glasscheibe zum Wintergarten hinaus betrachtete. Eingezwängt in seinem Sessel...
  12. Unentdeckt

    13. Mai. Wendepunkt: Wärme. Am Morgen, vor dem Glockenläuten. B. sitzt am Küchentisch. Der Rücken berührt die stählerne Lehne, die langgliedrigen Finger umklammern die Oberschenkel. Auf dem Tisch ein Eierbecher aus Bernsteinglas; daneben die Tageszeitung. Das Ei hat B. vor wenigen Minuten...
  13. Novelle Total normal

    „Weißt du eigentlich, was ein Tisch ist?“, fragte meine kleine Cousine. Ich spürte ihre warme Hand in meiner. Sie zog mich vorwärts, vermutlich, um in die nächste Pfütze zu springen. Erst gestern hatte es geregnet, was im Herbst nicht ungewöhnlich war. Ich schüttelte den Kopf. „Ist das nicht...
  14. Chrissy (11): Abschied von Papa

    Am Abend, bevor Weitoma uns besuchte, schickte Mama mich ins Dorf, um Papa zu holen. Ich ging zuerst in den Hirsch und hatte Glück, er war dort. „Da kommt meine Große, willst du eine Limo? Ich trinke noch ein Bier, danach gehen wir nach Hause.“ Papa klopfte auf den freien Stuhl neben sich. Zu...
  15. Fallende Blätter

    Die Blätter winken mir von außen zu. Sie winken noch beinahe gänzlich grün, wie die Frauen in alten Schwarz-weiß Filmen, die ihre Männer für die weite See verabschiedeten und dabei vertikal ihre Hände nach oben und unten hoben und neigten. Wieso winken in meiner Zeit plötzlich alle wie...
  16. Der Koffer

    An den Gepäckbändern der internationalen Flughäfen wiederholt sich regelmäßig das gleiche Szenario. Gespannt wartet man mit anderen Fluggästen auf seinen Koffer, währenddessen rattert und quietscht das sich drehende Band, beladen mit Koffern. Die glücklichen Finder nehmen ihren Koffer lächelnd...
  17. Gefunden

    alltag 
    Ich trabte die Straße entlang. Es war schon dunkel. So war mir die Stadt am liebsten. Die meisten Menschen waren in ihren Häusern. Das machte es einfach, das leckere Futter aus ihren Mülltonnen zu holen. An einem Gebüsch blieb ich stehen und schnüffelte. Es war mal wieder Zeit, mein Revier zu...
  18. Amygdala

    alltag 
    David Curtis saß mit seiner Frau auf der Veranda ihres Farmhauses. Die Sonne fiel schon über das Gemüsebeet her, doch da gab es nichts mehr, das der Mühe lohnte. Zum Frühstück gab es Müsli mit Beeren. David schob seine Schüssel weg. „Schon satt?“, fragte Liz. „Das Zeug macht doch nicht satt...
  19. Mama

    alltag 
    Wir hatten nur Fußball gespielt. Sogar endlich mal gewonnen. Und das, obwohl der Bruder von Ronny im Gegentor stand. Und der ist in der Kreisliga. Papa hat ihm trotzdem ein Tor reingeschossen. Es stimmt, wir haben die Zeit dabei vergessen. "Um sieben ist Abendbrot, jetzt ist es Viertel nach!"...
  20. Der Gesang der Goldammer

    Die Felder waren bestellt, silberne Jauchewagen glänzten in der Sonne, verkuppelt mit Traktoren, an deren Reifen Brocken lehmiger Erde klebten. Über den Wipfeln des angrenzenden Waldstreifens schwebte ein Heißluftballon, der Passagierkorb voll mit Touristen, die ihre Blicke über die Garanten der...

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Neue Kommentare

Zurück
Anfang Bottom