@ Niels
Ich rate dir dringend davon ab, "es" zu riskieren. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 (periodisch)% würdest du scheitern.
Ich möchte dir, bevor ich auf deine Punkte eingehe, noch was mitteilen: Kaum ein Schriftsteller, und ich spreche von jenen, die tatsächlich laufend was publizieren, kann davon leben! Ein Isaac Asimov, einer der berühmtesten SF-Autoren überhaupt, der selbst in der "echten" Wissenschaft einen guten Ruf genoss, konnte erst nach JAHRZEHNTEN halbwegs vom Schreiben leben.
Mein Lieblingsautor Philip K. Dick veröffentlichte dutzende Romane und hunderte Kurzgeschichten. Und erst in den letzten Jahren seines Lebens nagte er nicht am Hungertuch.
Klar, wir schlagen die Bestsellerlisten auf, stöbern in den Buchhandlungen, lesen Artikel im Internet oder in der Zeitung und stoßen dabei auf Stephen Kings und John Grishams, die Millionen kassieren, egal, was sie produzieren. Mit Ärger registrieren wir Pfeifen wie Hera Lind oder Dieter Bohlen, die ohne den Funken literarischen Verstandes absahnen. Aber die hatten einfach nur Glück und gutes Marketing.
Wir dürfen uns nicht an ihnen orientieren. Bleiben wir bei der Phantastik-Szene (Horror, Fantasy, SF): Wenn wir von etwa 100 Millionen Deutschsprachigen ausgehen, haben es Wolfgang Hohlbein und Andreas Eschbach geschafft, erfolgreich zu sein, und zwar in einem Maße, dass sie davon leben können. Mit anderen Worten: Vergiss es!!! Bestenfalls wirst du vielleicht mal Geschichten verkaufen oder Tantiemen für Romane kassieren. Davon leben? Nein.
ich habe Talent, denke ich, ich habe eine unbändige Gier zu schreiben und auch tolle Ideen (DAVON bin ich wirklich überzeugt)
Das behaupten ungefähr zwei Millionen andere Deutsche, Schweizer und Österreicher auch.
Und ich bin wirklich davon überzeugt, dass das Konzept gut ist - nur hab ich keine Ahnung, ob ich das jemals handwerklich in den Griff kriege
Und darauf antworte ich dir ganz unverblümt und hart: Wer sein Handwerk nicht beherrscht, wird niemals ein Meister. Mit "Talent" und Fleiß alleine hast du kaum etwas gewonnen. Das allerwichtigste ist meiner ehrlichen Überzeugung nach das Handwerk, also das Schreiben.
Der Nachteil meiner Art zu arbeiten ist die, das ich fast keine guten Ideen für Kurzgeschichten habe
Und warum solltest du dann gute Ideen für Romane haben? Für mich klingt das so, als hätte ein Musiker noch nie ein Lied geschrieben, möchte aber zuerst einmal ein ganzes Album aufnehmen.
alles läuft auf Romane, wenn nicht Romanzyklen hinaus - und genau dafür fehlt mir (noch?) die Zeit, die Ruhe und das know-how
Es gibt ein schönes Sprichwort: Die chinesische Mauer wurde mit dem ersten Stein begonnen. Du gehst es genau verkehrt an: Von der Krönung zum mühsamen Handwerk.
Glaube mir, wenn du keine Kurzgeschichten schreiben kannst, gelingt dir erst recht kein Roman.
Also verharrt bisher alles mehr oder weniger im Entwurfsstadium
Und das nützt dir schon gar nichts! Wie willst du beweisen, dass die Literaturwelt auf dich gewartet hat, wenn du alles nur als Konzept vorliegen hast? Taten zählen!
Na ja, jetzt mache ich erst mal eine Kurs an der Akademie für Schreiben in Hamburg, vielleicht gibt sich ja dann das Problem mit Handwerk
Persönlich halte ich absolut nichts von Schreibkursen, aber bitte - vielleicht hilfts dir ja wirklich?
So, ich will dir echt nicht den ganzen Mut rauben, aber gerade Fantasy-Zyklen sind so ziemlich das allerletzte, was man an den Verlag bringen kann. Anscheinend schreibt jeder Zweite an Fantasy - keine Ahnung, warum. Vielleicht, weil es verlockend ist, sich imaginäre Welten zu erschaffen und mit Zauberern und Drachen und dergleichen zu füllen?
Hier mein Tipp, wie du dich LANGSAM rantasten solltest:
- Erlerne dein Handwerk, das Schreiben! Es nützt dir nichts zu sagen: "He, ich habe voll tolle Ideen, nur schreiben müsste ich sie halt!" In der Literatur zählt nur das Geschriebene, Faktum.
- Übe im Kleinen! Fang mit Kurzgeschichten an. Wenn du wirklich kreativ bist, kannst du auch Kurzgeschichten schreiben. Wie schon das Sprichwort oben besagt: Jeder fängt mal an. Wahrscheinlich wirst du für deine ersten Geschichten Prügel beziehen, aber dann zeigt sich, ob du wirklich Ausdauer besitzt.
- Erst wenn du wirklich gute Kurzgeschichten schreiben kannst, wage dich an EINEN Roman heran. Es nützt dir auch hierbei nichts, wenn du vier Romane anfängst und zwei Romane als Konzepte vor dich herträgst. Fange einen Roman an und beende ihn auch.
- Der Publikationsweg: Auch hier gilt - klein anfangen. Versuche, deine Geschichten (!) in Fanzines unterzubringen, eventuell sogar in Anthologien. Geld siehst du keines dafür, aber du machst dir dadurch vielleicht einen Namen und sammelst auf jeden Fall Erfahrung. Auch Wettbewerbe sind eine gute Plattform sich zu präsentieren.
Vermutlich bringt dir all dies keinen Cent ein, aber du kommst auf Veröffentlichungen - und diese kannst du, wenn du mal einen Roman geschrieben hast und anbieten möchtest, in einem Begleitschreiben verwerten! Es ist ein Unterschied, ob ein Verlag zum tausendsten Mal einen Roman von irgend jemandem bekommt, der glaubt, alle würden nur auf ihn warten, oder ob dieser Jemand seit X Jahren schreibt und in zehn Anthologien, zwanzig Fanzines vertreten war und beim XYZ-Bewerb den dritten Platz gemacht hat.
Und diese Vorgangsweise kann ich dir nur wärmstens empfehlen, weil es tatsächlich überraschend einfach ist, in Anthologien und Fanzines (Printmedien, klar) unterzukommen.
Natürlich ist das ein laaanger Weg, aber wenn man sich "echte" Autoren so anschaut, haben die auch nix anderes gemacht, als sich von ganz unten hochzuarbeiten.
Denk darüber nach und viel Glück!