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Aufruf zum sprachbewussteren Schreiben

Haha!!!
da hab ichg ja in meiner neuesten Geschichte wieder den Treffer zur Diskussion gelandet.
Da treffen sich Russische Namen mit Deutschen in Deutschland und fahren wieder ins Ausland wo sie sich trafen...( Arkadijs Traum, Alltag)

Why not?
Lord

 

Geschrieben von chaosqueen
ich frage mich immer wieder, warum so viele Schauplätze unserer Geschichten irgendwo in Amerika liegen, warum immer mehr englische Namen auftauchen und warum das anscheinend keinen großartig stört.
Wieso sollte man sich daran stören? Wenn jemand seine Geschichte im Heimatland oder in seiner unmittelbaren Nachbarschaft spielen lässt – schön. Wenn sie woanders spielt – auch gut.
Ich schreibe im Grunde das, was ich gerne lesen würde. Mein Interesse liegt hauptsächlich im Bereich der Phantastik, und da bin ich natürlich von dem beeinflusst, was ich bisher gelesen habe. Das Allermeiste kommt nun mal aus dem angloamerikanischen Raum – das kann man jetzt gutheißen oder verteufeln, es ist schlicht und einfach so.

Dadurch müssen meine eigenen Geschichten nicht zwangsläufig alle in Amerika spielen (und spielen sie auch nicht), aber ich sehe nichts Verwerfliches darin, sie auch in Amerika spielen zu lassen.
Und es ist nicht nur in Deutschland, Österreich oder der Schweiz so, dass Autoren ihre Geschichten in Amerika spielen lassen, das erlebt man in Frankreich, Polen oder selbst Australien ebenso. Vielleicht liegt es daran, dass durch die Medien, durch Filme und Bücher die USA für uns eigentlich gar nicht so weit weg, sondern „fast um die Ecke“ liegen. Wenn man schon zig Filme über Amerika, amerikanische Familien, „Way of Life“ etc. gesehen hat, ist einem das Land bei weitem nicht so fremd wie vielleicht Norwegen, China oder Mexiko – oder Nordfriesland.

Außerdem gibt es einen nicht unerheblichen Grund dafür, eine Geschichte in Amerika oder England spielen zu lassen (wenn man darauf aus sein sollte, etwas zu veröffentlichen, und zwar nicht nur im Heimatland): Geschichten, die dort spielen, werden in der ganzen Welt gelesen, vor allem, wenn es um Unterhaltungsliteratur im weitesten Sinne geht (unabhängig davon, ob die Geschichte von einem amerikanischen, deutschen oder polnischen Autor stammt). Wenn eine Geschichte in Deutschland oder Polen usw. spielt, ist die Chance geringer, dass sich so ein Buch außerhalb des Heimatlandes des Autors verkauft.

Auf mich üben bestimmte Örtlichkeiten (z.B. in den USA oder Kanada) zudem einen gewissen Reiz aus – vor allem die, die ich schon besucht habe. Ich kann mir einfach gut (und bildlich) vorstellen, dass diese oder jene Geschichte dort spielt – oftmals kann ich mir das im Phantastikbereich bei deutschen Schauplätzen nicht.

Dass meine Lesegewohnheiten aufs Schreiben auch bei den Schauplätzen abfärben kann ich nicht leugnen. Vielleicht gibt es ja bald auch deutsche Pendants zu King, Barker, Crichton, Preston/Child usw., dann wird das im Lauf der Zeit möglicherweise etwas anders werden.
Wenn mir bei einer Geschichte vorschwebt, dass sie in Deutschland spielen könnte, dann wird sie das vielleicht auch. Allerdings werde ich mir jetzt sicherlich nicht krampfhaft Storyplots überlegen, für die mir als Schauplatz Deutschland geeignet erscheint.

Ist es wirklich so schwer, eine Geschichte, die auf Deutsch geschrieben wird, in Deutschland / Österreich / der Schweiz spielen zu lassen, also eben im Heimatland? Damit meine ich natürlich nicht Geschichten, in denen der Protagonist im Urlaub etc. in Amerika ist, sondern die ganz normalen Schauplätze.
Wieso soll sie denn im Heimatland spielen? Wenn ich eine Geschichte erfinde, sehe ich sie quasi wie einen Film vor mir. Wenn da im Hintergrund das Meer und die Golden Gate Bridge zu sehen ist und eine Szene in Chinatown spielt, dann ist der Schauplatz eben San Francisco und nicht Hamburg oder Berlin.
Bei Geschichten aus dem Alltagsbereich gebe ich dir aber Recht.

Wir lesen viele Bücher, die aus dem Amerikanischen übersetzt werden, aber müssen wir deshalb selber auch noch in dieser Manier schreiben? Können unsere Protagonisten nicht Anna, Axel und Klaus heißen, Herr Meier und Frau Müller? Dürfen sie nicht in Bönningstedt, Castrop-Rauxel oder Elend leben? Ja, es gibt wunderbare deutsche Namen, sowohl für Menschen als auch für Orte, benutzt sie!
Wir müssen nicht auch in dieser Manier schreiben, jedoch ist es auch nicht verboten. Und wieso soll eine Geschichte in Castrop-Rauxel spielen? Wenn es einen guten Grund dafür gibt – okay. Wenn einem an Castrop-Rauxel viel liegt – auch okay.
Mich persönlich reizt es nicht, über die Probleme eines Obdachlosen in München oder die Abenteuer eines Zeitungsausträgers in Üchtelstücht oder mysteriöse Vorgänge im Tierheim um die Ecke zu schreiben (wobei – bei Letzterem könnte man ja ... :D).
Jeder schreibt doch über das, was ihn interessiert. Und die Schauplätze orientieren sich daran.
Wenn z.B. Echnaton über die Antike schreibt, wählt er eben Schauplätze wie Rom oder Babylon, er wird seine Geschichte nicht in Nordsibirien oder Germanien spielen lassen, weil das für die Story ungeeignet ist.
Manche Geschichten spielen eben nicht in Deutschland. Wenn ich z.B. über einen indianischen Medizinmann schreiben will, muss die Geschichte halt zwangsläufig in Amerika spielen

Der positive Nebeneffekt ist, dass sich ein deutschsprachiger Leser mit einer Geschichte, in der Herr Karsten Riemenschmidt von Berlin nach Warnemünde fährt, viel besser identifizieren kann, er wird sich in die Geschichte besser eindenken können
Das sehe ich nicht so.
Die Aufgabe des Autors ist, so zu schreiben, dass sich der Leser mit dem Protagonisten identifizieren kann und dass er sich in die Geschichte hineindenken kann, egal ob sie in Castrop-Rauxel, New York, auf dem Mond oder in Mittelerde spielt. Das ist ja gerade die Kunst – die Geschichte für den Leser lebendig werden zu lassen.
Wenn das Interesse bei dem liegt, was einen direkt umgibt oder berührt, dann wird man darüber schreiben und einen heimischen Schauplatz wählen, wenn es um eine etwas „exotischere“ Handlung geht, dann wird sich der Schauplatz dem anpassen.
Wenn es einem befremdlich vorkommt (oder unrealistisch), einen Massenmörder in seiner näheren Umgebung agieren zu lassen, warum soll so eine Geschichte dann nicht in London oder New York spielen?

Es ist auf jeden Fall leichter, über Örtlichkeiten zu schreiben, die man kennt oder die man schon mal besucht hat. Muss aber nicht zwangsläufig so sein. Durch gute Recherche lässt sich das wettmachen, und oftmals ist eine genaue Beschreibung der Örtlichkeiten gar nicht notwendig.

Den Untergang der eigenen Kultur sehe ich nicht, wenn Geschichten oder Romane nicht im Heimatland des Autors spielen. Und ein bisschen in fremde Kulturen hineinzuschnuppern hat noch keinem geschadet. Das kann auch bereichern.

 

criss:Außerdem gibt es einen nicht unerheblichen Grund dafür, eine Geschichte in Amerika oder England spielen zu lassen (wenn man darauf aus sein sollte, etwas zu veröffentlichen, und zwar nicht nur im Heimatland): Geschichten, die dort spielen, werden in der ganzen Welt gelesen, vor allem, wenn es um Unterhaltungsliteratur im weitesten Sinne geht (unabhängig davon, ob die Geschichte von einem amerikanischen, deutschen oder polnischen Autor stammt). Wenn eine Geschichte in Deutschland oder Polen usw. spielt, ist die Chance geringer, dass sich so ein Buch außerhalb des Heimatlandes des Autors verkauft.
Dazu muss ich mal Stellung nehmen, denn das ist eine Legende.
Wenn ich das auf den Film übertrage haben englische Filme gerade deshalb Erfolg, weil sie das englische Lokalkolorit und englische Geschichten in die Welt tragen. Sie versuchen erst gar nicht, sich anzubiedern. Die deutschen Filme, die in letzter Zeit im Ausland bekannt wurden und auch viel gesehen wurden waren Filme mit "deutschen" Geschichten. Lola rennt" spielt in Wuppertal, "nirgendwo in Afrika" spielt zwar in Afrika, behandelt aber ein eher deutsches Schicksal.
Die Verlegung an einen US Schauplatz ist eher hinderlich, das dem Stoff das fehlt, was ihm die besondere Note gibt, eine Spur Lokalkolorit.
Wir unterschätzen die Amerikaner, wenn wir ihnen unterstellen, dass sie nur an Imitationen ihrer Stoffe interessiert sind. Anderseits schreiben sie eine Menge Remakes mit denen sie klassischen französische Themen amerikanisieren.
Die beliebteste deutsche Fernsehserie im Ausland war der "musterdeutsche" Derrik.
Die Idee, mit internationalen Stoffen für mehr Verbreitung sorgen zu können ist also ein Trugschluss.

 

Die Idee, mit internationalen Stoffen für mehr Verbreitung sorgen zu können ist also ein Trugschluss.
Ich hab vor einiger Zeit eine Kultursendung gesehen, in der diese Behauptung aufgestellt (und bedauert) wurde.

Kommt natürlich immer auf das Thema an. "Lola rennt" kann im Prinzip überall spielen. Angekommen ist der Film im Ausland aufgrund seiner Machart, nicht aufgrund des Schauplatzes. Für Wuppertal - sorry - interessieren sich außerhalb von Wuppertal nicht besonders viele.
Geschichten aus der Nazizeit spielen bevorzugt in Deutschland bzw. haben bevorzugt deutsche Protagonisten.

Aber gerade "Lola rennt" zeigt natürlich, dass der schauplatz bei manchen - oder vielen - Geschichten nicht ausschlaggebend für das Interesse ist, sondern die Geschichte selbst bzw. die Aufbereitung dieser Geschichte.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich denke, jeder sollte über das schreiben, was er kennt, weil es nur dann richtig authentisch rüberkommt. Das heißt aber auch, dass ein Deutscher sich zum Ort seiner Handlung amerikanische, schwedische, italienische oder russische Schauplätze aussuchen kann, wenn er sie entsprechend kennt. Wer beispielsweise 3 Jahre in den USA gelebt hat und somit jede Menge Erfahrungen mit der Kultur und den Gewohnheiten der Menschen dort gesammelt hat: warum nicht?

Ausgenommen sind natürlich Geschichten, die in keine Kultur der Erde passen, wo also auch die Orte absolute Fiktion sind (mit rosa Bäumen, fliegenden Kühen oder was weiß ich). Dann können (und sollten) auch vollkommen fiktive Orte mit Namen wie Yarkullom gewählt werden oder das ganze in eine völlig andere Zeit übertragen werden.

Nur meine ganz bescheidene Meinung. ;)

Viele Grüße
katzano

 

Die beliebteste deutsche Fernsehserie im Ausland war der "musterdeutsche" Derrik.

Unser Wiener Kommissar rex läuft in Italien, hab das mal auf RAI Uno verfolgt, synchronisiert, zum totlachen....

 

Aber gerade "Lola rennt" zeigt natürlich, dass der schauplatz bei manchen - oder vielen - Geschichten nicht ausschlaggebend für das Interesse ist, sondern die Geschichte selbst bzw. die Aufbereitung dieser Geschichte.
Da sind wir uns einig. Viele der schon angesprochenen amerikanischen Remakes europäischer Filme funktionieren ja auch an den amerikanischen Orten, wenn auch manchmal für meinen Geschmack weniger charmant "Ein Käfig voller Narren" zum Beispiel. ;)
Kommen wir zurück zur Sprache.
Shakesspeare ist wahrhaft kein amerikaner gewesen und seine Stoffe sind schon auf Grund ihres Hang über Feudalstrukturen zu erzählen gänzlich unamerikanisch. Sein Ruf dort ist abernach wie vor groß.
Isaac B. Singer hat zwar einen großen Teil seines Lebens in den USA gelebt, ist aber thematisch seinem Land Polen und vor allem den polnischen Juden treu geblieben. Wenn ich den Ruf eines Autoren in der Welt nicht allein von den aktuellen Verkaufszahlen abhängig mache, dann glaube ich, der These dieser Kultursendung widersprechen zu können. Wenn ich die Literatur sehe, die ich lese, ob es nun Aitmatov ist, oder Richteâu, ob es Rafik Shami ist, Stefan Zweig, oder auch Grass oder Böll. Sie alle schreiben nicht nur in ihrer Sprache mit entsprechenden Namen, sondern auch aus ihrer Gegend. Es mag dort in den letzten Jahren eine Wende hin zu Kommerzautoren alá Clancy, King oder anderen gegeben haben, aber ich denke, dass sich diese Uniformität nicht auf Dauer rentiert.

Ich möchte hier keinem Nationalismus das Wort schreiben, ich finde Geschichten aus allen Teilen der Welt interessant uns spannend, ich glaube nur fest daran, dass es gerade auch das Wissen um die eigene und die andere Kultur reizvoll macht, sich über alles zu informieren und das alles zu lesen. Wenn deutsche Autoren Themen wählen, die überall spielen könnten, dann kann man überall auch jeden anderne Autoren lesen, warum sollte man dann den deutschen wählen?

 

Unser Wiener Kommissar rex läuft in Italien, hab das mal auf RAI Uno verfolgt, synchronisiert, zum totlachen

"Derrik" auf japanisch auch :D

 

@Echna

Seltsamerweise sind es hier die Konservativen (der Wirtschaftsflügel), die mehr amerikahörig sind. Die Linken sind vom Lebensstil eher traditionell eingestellt ...

Eine kleine Beobachtung über Österreich von einem Ausländer:

In Österreich sind erstmal ALLE konservativ eingestellt. Ob jemand links oder rechts ist, ist da nur ein sekundärer Unterschied. ;)


@chaosqueen

Ja, natürlich geht uns ein Teil unserer Kultur verloren.

Kannst du definieren was "unsere" Kultur ist? Das erinnert mich ein wenig an die sinnlose Diskussion über die "deutsche Leitkultur", die es vor ein paar Jahren gab. Soviele Aspekte unserer Gesellschaft, die für uns vollkommen selbstverständlich sind, kommen ursprünglich nicht aus Deutschland. Wir sind heute den Römern weit ähnlicher, als den alten Germanen.

Die deutsche Identität ist mE nicht etwas, das wir in uns getrennt von fremden Aspekten tragen. Im Gegenteil, die deutsche Identität ist heute alles, was das Leben von Deutschen in Deutschland im Jahr 2003 ausmacht. Dazu gehört nicht nur die Deutsche Sprache, unsere (junge) nationale Geschichte und unsere großen Denker und Dichter (Goethe, Hegel, usw.), sondern auch die Tatsache, dass die meisten von uns sehr gut Englisch verstehen, amerikanische Popkultur konsumieren und zum Mittag Döner verspachteln.

Aber zurück zur Literatur. Nehmen wir einmal an, dir geht die totale Globalisierung wirklich auf den Sack (wie sie es dir ja tut), und du erhebst für dich den Anspruch gesellschaftlich relevante Literatur zu produzieren, etwas mit deiner Schreibe zu verändern. Meinst du es bringt dann wirklich etwas partout einfach alle Geschichten in Deutschland anzusiedeln, mit deutschen Charakteren, egal welches Thema? Deutsche Schauplätze und Figuren zu wählen sagt über Deutschland noch nichts, wenn das Thema der Geschichte universelle Gültigkeit besitzt (Liebe, oder sowas). Es ist dann einfach nur eine Geschichte die zufälligerweise in Deutschland spielt. Wenn es diraber wirklich um die Problematik der deutschen Kultur geht, dann musst du diese schon direkt thematiseren, und selbst dazu sind ein deutscher Schauplatz und deutsche Charaktere nicht zwingend notwendig.

 

In Österreich sind erstmal ALLE konservativ eingestellt. Ob jemand links oder rechts ist, ist da nur ein sekundärer Unterschied.

wenn man streng genommen "konservativ" vom latienischen conservare (erhalten, aufbewahren, bewahren) ableitet könnte man das so sehen. Konservativ politisch gesehen nicht, da gibts tiefe Unterschiede. Die konservative partei ist zum einen sehr kapitalistisch orientiert, zum anderen gleichzietig katholisch. Das kann man von den Linken hier nicht gerade behaupten. Die Linke war immer kirchenfeindlich (auch wenn manche Sozialdemokraten vor Wahlen plötzlich in dörflichen Kirchen auftreten, eher peinlich) und eher sozial orientiert.

Die Grünen haben hier Positionen, wie sie früher die Sozialisten (bevor sie sich in Sozialdemokraten umgetauft haben und somit einen ihrer Wähler, mich, verloren haben) eingenommen hatten.

Na ja, Wien blickt voller Zuversicht in seine Vergangenheit.

Ich schick Dir mal ne Sachertorte...

 

Haha!!!
da hab ichg ja in meiner neuesten Geschichte wieder den Treffer zur Diskussion gelandet.
Da treffen sich Russische Namen mit Deutschen in Deutschland und fahren wieder ins Ausland wo sie sich trafen...( Arkadijs Traum, Alltag)

Why not?
Lord

Noch mal: Das ist etwas anderes. Wenn ich eine Geschichte schreibe, in der eine Französin auftritt, wird sie vermutlich eher Jacqueline als Friederike heißen, ein Russe, der in meiner Geschichte nach Deutschland kommt, heißt nicht Peter, sondern Oleg etc. pp. Es geht mir um die Geschichten, die egal wo auf der Welt spielen könnten und trotzdem - oder gerade deshalb? - überdurchschnittlich oft in Amerika und nicht in Deutschland spielen.

 

Und was hat ein "Aufruf zum spachbewussteren Schreiben" damit zu tun, welche Nationalität ein Charakter hat, oder in welchem Land die Geschichte spielt?
Ich hätte den Thread auch "Wo kommen all die Namen her?" oder "Franz vs. Jack" nennen können, mir fehlte in dem Moment der 100%ig passende Titel.

 
Zuletzt bearbeitet:

Sorry für die Versatzstücke...

criss:

Ich schreibe im Grunde das, was ich gerne lesen würde. Mein Interesse liegt hauptsächlich im Bereich der Phantastik, und da bin ich natürlich von dem beeinflusst, was ich bisher gelesen habe. Das Allermeiste kommt nun mal aus dem angloamerikanischen Raum – das kann man jetzt gutheißen oder verteufeln, es ist schlicht und einfach so.

Du schreibst das, was Du selber gerne lesen würdest. Das ist meiner Meinung nach einer der besten Ansätze. Aber nur, weil das, was Du am häufigsten liest, in einem bestimmten Land spielt, musst Du noch lange nicht Deine Geschichten dort spielen lassen. Nur, weil ich gerne Terry Pratchett lese, heißen meine Protagonisten nicht plötzlich Carrot oder Angua und sie leben auch nicht in Ankh Morpork. Überspitzter Vergleich, aber hilfreich, hoffe ich, um zu verstehen, worauf es mir ankommt.

Außerdem gibt es einen nicht unerheblichen Grund dafür, eine Geschichte in Amerika oder England spielen zu lassen (wenn man darauf aus sein sollte, etwas zu veröffentlichen, und zwar nicht nur im Heimatland): Geschichten, die dort spielen, werden in der ganzen Welt gelesen, vor allem, wenn es um Unterhaltungsliteratur im weitesten Sinne geht (unabhängig davon, ob die Geschichte von einem amerikanischen, deutschen oder polnischen Autor stammt). Wenn eine Geschichte in Deutschland oder Polen usw. spielt, ist die Chance geringer, dass sich so ein Buch außerhalb des Heimatlandes des Autors verkauft.
Naja, bis auf Goethe, Günther Grass, Michael Ende, Thomas Mann... hast Du schon Recht. Wenn ich mich recht entsinne, spielen Astrid Lindgrens Bücher in Schweden, Nadine Gordimers in Südafrika, Chinua Achebes in Nigeria, Tolstois in Russland, Isabel Allendes in Chile etc. pp. Deine Theorie halte ich für Unsinn - mag aber sein, dass das nicht für alle Genres gilt.

Manche Geschichten spielen eben nicht in Deutschland. Wenn ich z.B. über einen indianischen Medizinmann schreiben will, muss die Geschichte halt zwangsläufig in Amerika spielen
Naja, das habe ich jetzt schon ein paarmal erwähnt, hier gebe ich Dir absolut Recht. Aber wenn es eben nicht um ein bestimmtes Volk, eine bestimmte Stadt gehen muss in der Geschichte, dann kann sie eben auch in Berlin statt in New York spielen. Finde ich.

 

Aber zurück zur Literatur. Nehmen wir einmal an, dir geht die totale Globalisierung wirklich auf den Sack (wie sie es dir ja tut), und du erhebst für dich den Anspruch gesellschaftlich relevante Literatur zu produzieren, etwas mit deiner Schreibe zu verändern. Meinst du es bringt dann wirklich etwas partout einfach alle Geschichten in Deutschland anzusiedeln, mit deutschen Charakteren, egal welches Thema? Deutsche Schauplätze und Figuren zu wählen sagt über Deutschland noch nichts, wenn das Thema der Geschichte universelle Gültigkeit besitzt (Liebe, oder sowas). Es ist dann einfach nur eine Geschichte die zufälligerweise in Deutschland spielt. Wenn es diraber wirklich um die Problematik der deutschen Kultur geht, dann musst du diese schon direkt thematiseren, und selbst dazu sind ein deutscher Schauplatz und deutsche Charaktere nicht zwingend notwendig.
Hi I3en, damit gebe ich Dir natürlich absolut Recht. Wenn man Universalthemen beschreibt, ist es egal, wo sie spielen, sie stellen keine bestimmte Kultur dar und können daher sowohl in wuppertal als auch in Californien spielen. Andererseits aber finde ich es eben merkwürdig, wenn junge Deutsche in ihren Geschichten Amerikanische Namen und Schaplätze verwenden, ohne dass es eine durch die Geschichte bedingte Notwendigkeit dafür gibt - es löst in mir den Verdacht aus, dass nur gelesenes / in Filmen Gesehenes reproduziert wird, nicht aber eigene Gedanken zu Papier gebracht werden. Denn den meisten Geschichten siehst Du an, ob ihr Autor schon mal in Amiland war oder ob er nur die Namen von Drüben cooler findet. und das halte ich eben für eine Wende, die unsere Kultur - nein, die kann ich auch nicht klar definieren, weil sie selbstverständlich im Wandel ist - noch schneller mit der amerikanischen uniformiert.

 

Manchmal wirken Anglizismen ziemlich verkrampft, so, als wenn ein Autor unbedingt flott, halt `cool´ ´rüberkommen will.
Wenn ich mich bei einem Krimi von einem schottischen `Castle´ verzaubern lassen soll, dann kann ich auch von einem ausländischen Leser erwarten, dass er mir in die Nebel der Lüneburger Heide folgt...
Das Einbeziehen fremdsprachiger Begriffe kann aber auch ein interessantes Stilmittel sein, es ist etwas anderes, ob mein Protagonist über einer Currywurst brütet, oder ich dem Leser Urlaubsdüfte durch die Erwähnung einer Paella suggeriere.
Ich finde es manchmal auch passend, kurze Sätze, Begrüßungsfloskeln, in einer der Story entsprechenden Sprache zu lesen, einfach um dem Land mit seinen Menschen näher zu sein.
(Hab´s selbst erst zwei Mal durchgeführt, war aber interessant).

Tschüß... Woltochinon

 

Ich hab den Thread hier grad wiederentdeckt. Und da fiel mir gleich auf, daß meine neue KG ( Abhängen ) da auch einen interessanten Weg geht. Die "Namen" sind englisch, aber mit Erklärung. Die Geschichte spielt deutlich in Deutschland. Cross-Over der seltsamen Art :D

 

Hallo arc en ciel,

so ähnlich habe ich das mit den fremdsprachigen "kurzen Sätzen" gemeint- man erwähnt und erklärt sie.
Muß dann morgen ´mal nach `Abhängen´ schauen...
LG,
tschüß... Woltochinon

 

Ja, sowas mit dem Erklären kann - GUT EINGESETZT - wirklich flair in einen Text bringen. Aber man darf es nicht übertreiben, und man sollte bedenken, daß man den Leser damit auch schnell für dumm erklären kann.

Wenn ich immer wieder schreibe:
"Good day! Guten Tag!", grummelte er, als er aus dem Stall kam...
dann würde ich mich als Leser wahrscheinlich frage, ob der Autor mir das nicht zutraut. Wenn aber die Fremdsprache Chinesisch, oder Arabisch oder Comanché ist, dann sind solche Erklärungen gelungen. Bis zum Grad des Anstrengenden ( ich glaube, mich zu erinnern, daß Karl May das unglaublich übertreiben konnte... es muß Gründe geben, warum ich den nicht mehr lese ... )

Manchmal, denke ich, kann man solche Sätze auch einfach mal stehen lassen. Die erklären sich oft genug aus dem Zusammenhang, oder aus der Gegenrede...

In "Abhängen" hab ich das aber anders gemeint ;) ... wirst ja sehen.

 

Ein sehr schönes Buch, wo das dauernd vorkommt, ist "Die Tote von Beverly Hills" von Curt Goetz. Da werden teilweise sehr witzig diese uramerikanischen Begriffe ("Son of a bitch" etc.) eingedeutscht oder umschrieben oder erklärt oder sonstwas - da entsteht ein interessantes Spannungsfeld, ein deutschprachiger Autor, der mit dem Blick eines Fremden die US-Kultur (zwar der 60er, aber egal) aufnimmt. Ohne zynischen Zeigefinger oder so. Eher sehr naiv. Für mich ein sehr gelungenes Beispiel, wie man mit diesem Sprachproblem umgehen kann.

Ansonsten: Ich persönlich muss mich immer zusammenreissen, um meinen Figuren deutsche Namen zu geben bzw. irgendwie hab ich immer so ein Feeling, dass deutsche Szenarien so einen Hauch des Biederen und Provinziellen haben. Wenn man mit am. Filmen und Literatur aufgewachsen ist, ist das vielleicht schon fast ein Reflex? Seltsam finde ich es auf jeden Fall...

Gruß,
Horni

 

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