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gesellschaft

Genre: gesellschaft

  1. Narr Em

    Es war ein Tag im September, einer dieser Tage, an denen unklar ist, ob noch Sommer ist oder doch schon Herbst. Ich verließ das Haus bei strahlendem Sonnenschein, um ein paar Einkäufe zu erledigen, und schwitzte bereits nach ein paar Metern, da ich mich zu warm angezogen hatte. Ich trug ein...
  2. Der magische Ring

    Es war einmal vor vielen Jahren, da wurde ein Junge eines Tages zum Vollwaisen. Aber nicht plötzlich, denn es war abzusehen, dass es leider irgendwann so kommen musste. Der Junge, der übrigens schon siebzehn Jahre alt war, lebte mit seinen Eltern in einem Land, das hatte einen Herrscher, der...
  3. Segel setzen

    Er stand in der Tür zu seinem Büro und sog mit geschlossenen Augen den Geruch ein. Bohnerwachs, altes Papier und die unverwechselbare Würze von kaltem Zigarrenrauch. Natürlich durfte man hier schon lange nicht mehr rauchen, aber der Geruch war noch da. So viele Jahre hatte ihn dieses Aroma...
  4. Spring!

    Paul stand zögernd auf dem Fünfmeterturm. Das weiß getünchte Dach des Hallenbades erschien ihn so nah wie eine Kellerdecke. Er lunzte in die Tiefe und tastete sich langsam weiter. Der körnige Belag kratzte an den Fußsohlen, er merkte es kaum. „Papa, spring endlich!”, rief Linus. Fröhlich winkte...
  5. Gedankenwirbelsturm

    Beim dünnen geteerten Weg auf dem keinen Hügel bleib ich stehen. Ein Kaktus befand sich in meiner Brust und ein eiskalter Wind wehte mir zu. Meine übergrosse Kapuze verdecke mein Gesicht fast vollständig. Nebelschwaden machten die Dunkelheit weniger dunkel. Ich drehte mich. Niemand. Ich wusste...
  6. Der moderne Romeo

    Der moderne Romeo O. wachte in seinem Bett auf. An diesem Morgen war jenes Gefuehl, mit dem er schon lange gekämpft hatte, wieder stärker denn je zu spüren, und er wusste, dass es passieren würde, unbedingt passieren müsse, heute noch. Wann auch immer etwas Unabänderliches bevorstand, so...
  7. So nah

    Bald werden die grauen Schallschutzwände kommen und mit ihnen die Graffitis, die nach Heimat und Freiheit zugleich schreien. Sie sieht aus dem Fenster, sieht die Landschaften, die neben den Gleisen vorbei huschen. Austauschbar und oft gesehen. Und mit ihnen erscheinen bald Stationen, deren...
  8. Von Wassermenschen und Seerosen

    Ich weiß nicht mehr genau, wann ich mir das mit den Wassermenschen ausgedacht habe, aber ich glaube, es war im Juni. Ich erinnere mich noch daran, dass die Seerosen auf der Wasseroberfläche leuchteten wie weiße und pinke Sterne. „Hier gibt es Wassermenschen, wusstest du das?“, sagte ich. Mia...
  9. Wollmilch

    Ich bin schon ewig nicht mehr in den verdammten Bergen gewesen! Mama sagt verfickt und verdammt zu ziemlich allem, sodass Max nie genau weiß, ob sie etwas toll oder doof findet. Im Kindergarten schimpfen sie immer, wenn er diese Wörter benutzt, aber die verdammten Berge sind auf jeden Fall...
  10. Mondschlaf

    Vivien lauscht den Äpfeln, die vom Baum fallen. Sie streifen trockenes Laub und Äste. Und während sie tagsüber diesen Vorgang kaum wahrnimmt, hört es sich nachts an, als lösen sie sich vom Zweig, um hinabzustürzen. Sie hört, wie sie im Hof auf den Boden treffen. Manche springen einmal auf, wie...
  11. Unterhaltung

    Schon wieder ertappte ich mich dabei. Wobei von Ertappen wohl kaum die Rede sein kann, denn ich stellte mich absichtlich vor die geöffnete Tür. Ich wollte ihn beobachten, einfach beobachten. Ich wollte sehen was er macht, wie er es macht. Ich wollte sehen, wie seine Hand über das nackte Papier...
  12. Das andere Leben

    Die erste Zigarette, noch im Bett sitzend, war kein Genuss auf der pelzigen Zunge, das war sie noch nie gewesen, und das Kopfkissen war von den Rotweinrändern an seinen Mundwinkeln verfärbt. Den Bezug hätte seine Frau längst gewechselt, hätte sie im letzten Winter nicht den Mann gewechselt. Sie...
  13. Alexanderplatz

    Über diverse Leichen, die wie Konfetti auf dem Boden verstreut liegen, steigen wir hinweg. Leben, die so verschieden aussahen, sich hassten, sich liebten, sich verabscheuten, verehrten oder auch alles auf einmal. Nun liegen sie hier, alle vermischt. Und letztendlich alle gleich. Wir gehen...
  14. Abendrot

    Das Telefon zeigt eine unbekannte Nummer, und das gefällt mir gar nicht. Schließlich bin ich ein gebranntes Kind. Telefonbelästigung. Keine schöne Sache, wenn man allein wohnt. Doch ich kann dem Klingelton nur selten widerstehen. Dazu bin ich viel zu neugierig. Wenn es wieder so ein ekelhafter...
  15. Erstarrte Flammen

    Es ist mitten in der Nacht, doch sie kann wie immer nicht schlafen. Zu viele Gedanken strömen durch ihren Kopf. Sie steht auf, macht die Nachttischlampe an, zieht sich den Morgenmantel über und geht barfuß auf den Balkon. Dort zündet sie sich eine Zigarette an und blickt zum Mond, ihr einziger...
  16. Silvester

    Seinen Geruch hatte Jonas zuerst wahrgenommen, als er am Morgen am Wohnzimmer vorbeiging, einen leicht ledrigen oder erdigen Duft, den er nicht kannte und von da an für immer mit ihm verbinden würde. Er wollte seine Mutter nicht darauf ansprechen, Jonas wusste, dass sie das nicht mochte. Einige...
  17. Die Kommune

    Janine klappte ihr Notebook zu. Für ihren letzten Artikel hatte sie hundert Bonuspunkte erhalten. Auch, wenn sie diese Woche davon leben konnte, verdiente sie zu wenig, um etwas anlegen zu können. Seufzend strich Janine sich über den Bauch. Sie war deutlich zu spüren, die kleine Wölbung. Eine...
  18. Neuanfang im Supermarkt mit tragischem Ende

    Heute ist ein Tag wie jeder andere: Ich fühle mich ausgequetscht und unterbelichtet. Doch damit soll jetzt Schluss sein! Voller Tatendrang steuere ich in den nächsten Supermarkt, schnappe mir einen Einkaufskorb und werde dem Leid ein Ende setzen. Es reicht! Nie wieder Nährstoffmangel, Du Wurzel...
  19. Cool & entspannt

    Ich frage den Geist unter meinem Bett, wie es ist tot zu sein. Ich bitte ihn raus zu kommen und mir zu beweisen dass er existiert. "Lass uns spielen und eine neue Welt aufbauen.", sage ich. Zu viel, zu früh - ich gehe einen Schritt zurück und suche verzweifelt nach Raum. Meine Gedanken sind...
  20. Die Reise

    Er hatte vor einigen Tagen die etwa 700 Kilometer weite Reise von seiner Heimat Duisburg nach Hrensko angetreten, um ein wenig Zeit für sich zu finden. Er wollte heraus aus dem Hamsterrad des Lebens, in dem er sich gefangen fühlte. Jeden Tag, nach acht bis zehn Stunden Arbeit, erwartete ihn...

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