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gesellschaft

Genre: gesellschaft

  1. Zeitgefühl

    Es fühlt sich an, als würde jemand mit einem festen Gegenstand gegen die Innenseite meiner Schläfe klopfen. Impulse in regelmäßigen Abständen, klopf, klopf, klopf. Ich kann nicht genau sagen, wann die Kopfschmerzen begannen. Heute Morgen? Als ich aufstand, nahm ich sie jedenfalls noch nicht so...
  2. Kopfsprung

    Die dralle Frau, die der Mann am Tresen, der selten ins Hexenwerk kommt, nicht mehr als jung bezeichnen würde, beugt sich mit ihrem engen, roten Kleid und einem Ausschnitt, der zeigt, was er nicht verbergen soll, beim Spülen der Biergläser weiter vor als notwendig. Sie hat dem Mann am Tresen...
  3. Vom Anspruch der guten Arbeit

    Vierzig Jahre Erwerbsarbeit kratzen auf Haut und im Rachen. Betriebe verschwinden, an vierzig Jahre erinnert der Lebenslauf in grauen Narben. Sie ignoriert das Brennen, der vernarbte Körper fleht, aber sie stampft: Ich kann das, von nix kommt nix, ich mache was! Dritter Stock, endlich. Sie...
  4. Eine erfundene Geschichte und viele Fragen

    „Er hat meinen Vater ermordet und mich dann meiner Mutter beraubt.“ Ihre Stimme zitterte, und ihre Augen funkelten. Ich saß etwas verlegen in dem kleinen Zimmer und beobachte sie seitlich. „Er hat deinen Vater angezeigt, aber ermordet ...?“ „Jeder wusste damals, was geschah, wenn einer als...
  5. Malim me amici fellent qvam inimici irrvment

    Ein Junggesellenabschied – oh wie schön. Die Freude über unser Eintreten ist bei der jungen Frau hinter dem Tresen nicht zu übersehen. Ein kurzer taxierender Blick, der jedes der vier Mitglieder unserer Gruppe erfasst, kalkuliert in Bruchteilen von Sekunden Risiko und wie nervig dieser Abend für...
  6. Schein

    Elvira zupfte an meiner Krawatte und wischte eine imaginäre Fluse vom Jackett. „Ich habe dir Brote mit Schinken und Gürkchen gemacht“, sagte sie, reichte mir die Aktentasche und küsste mich auf die Wange. „Schönen Tag, Schatz.“ „Danke, dir auch“, antwortete ich lächelnd und trat durch die Tür...
  7. Die Kündigung

    Unruhig wälzte sich Tama auf dem schmalen Bett ihres kleinen Apartments hin und her. Sie hatte das Fenster weit geöffnet, doch die frische Nachtluft des beginnenden Herbstes brachte ihr nicht die erhoffte Ruhe. Morgen würde das Gericht entscheiden. Morgen. Seit vier Monaten brodelten die...
  8. Ich habe Angst vor der Rose

    Eines der schrecklichsten Bilder meiner Kindheit, an das ich mich erinnere ist die Szene, in der ein Kampfflugzeug eine Bombe in unseren Garten warf. Zwei Monate zuvor, als die Angst die Seele unserer Stadt beherrschte, verliebten Jalda und ich uns mutig in die Rosenblüte. Ja, mutig. In einer...
  9. Sie mögen kommen

    Reinhardt betritt den Raum und blickt sich um. In diesen Teil der Stadt hat es ihn selten geführt. Das Viertel liegt in einer Mulde, von der Stadtmitte führten große Ausfahrtsstraßen hinab, zwischen die bleiche Wohnblöcke gestellt worden waren. Große Quader, die auf die Kante des anderen...
  10. Voyeur

    Abends ging er zu den Mündern, zu den Zungen, die sich ineinander verschlangen, zu Händen, die sich unter Röcke schoben, die tasteten, fühlten, forderten. Er wusste, was sie suchten, er wusste, wann sie ihr Ziel erreichten, erkannte es an ihren Seufzern und an ihren Schenkeln, die sich öffneten...
  11. Dein wahres Gesicht

    »Masken! So ein Schwachsinn! Ich versteh‘ gar nicht, was Frau Bartsch von uns will!« Tim saß am Küchentisch und schürzte die Lippen. Er musste für den Kunstunterricht eine afrikanische Maske basteln. Aus Pappmaschee. Als wäre das nicht schon schlimm genug, auch noch ein Referat halten. Er hasste...
  12. Erotik in Minga: Die Gottesanbeterin

    »Ich habe jemanden umgebracht.« Sara beobachtete Moritz, der zurückgelehnt auf dem transparenten Plastikstuhl des Schwabinger Bistros saß. Moritz lachte auf und schlug sich auf den rechten Oberschenkel. »Guter …« Sie schwieg, sah ihn nur an. Moritz verstummte. Die Stille begann, unangenehm zu...
  13. Serie Das dunkle Herz der Männer

    Die Jungs spielen seit ’ner halben Stunde auf der Straße. Hab‘ die paar Mal schon gesehen, wie sie da vor den Mülleimern rumghängen. Kleine Pisser. Kann ihr Lachen bis in den fünften hören. Schulranzen als Pfosten, erinnert mich an früher. Und der Dicke steht daneben. Früher war das der Bernd...
  14. Auf zur Freiheit

    Es war ein ganz herrlich grauer und langweiliger Frühlingstag in Azadî, der neuen Hauptstadt der Volksrepublik. Die Langeweile erfüllte alles. Den Park, die Straßen, die Luft. Eine wunderbare Ödnis. Er blickte aus dem Fenster des neugebauten, hohen Hauses, in dem er wohnte. Die Wohnung war...
  15. Der Tod im Schlaf

    “Mach’s gut Dad“, sage ich, der Atem liegt schwer in der Brust. Der Rücken verspannt von der langen Fahrt oder von der Trauer, dem schlaflosen Träumen – ich kann es nicht sagen. Ich reibe die Fäuste in die Augen, flammenloser Brand wütet in ihnen. Regen trommelt an die Scheiben, die bodentiefen...
  16. Mein Nachbar, der Stalker

    Ellie wird es wohl ewig bereuen, vor zwei Jahren das Haus mit lichtgeflutetem Wohnzimmer, großen Fenstern und wunderschönen Blick auf den Garten gekauft zu haben. Aber sie konnte ja nicht Wissen, dass sich ihr Nachbar als Stalker entpuppen würde. Jetzt lief er wieder hin und her in seinem...
  17. Der Ausbruch

    Es läuteten die Kirchenglocken. Es läuteten immer irgendwo die Glocken irgendeiner verdammten Kirche, oder wenn nicht, dann bimmelte ein Kloster oder es gab eine Prozession bei der - man glaubt es kaum, irgendwelche Glöckchen bimmelten und Holzratschen klapperten. Das war die Hintergrundmusik...
  18. Wolkenkuckucksheim

    Ich horche in die Dunkelheit. Eriks Atem geht schnell, aber leise. Meine Hand tastet nach seinem Bein und ich kneife ihn ein wenig in den zitternden Oberschenkel. Sein Körper stinkt dermaßen nach Pipi, dass es den Scheißegeruch im Raum fast überdeckt Beim Knarren der Tür zucken wir beide...
  19. Wie der Vater...

    Langsam legte Steve den Stift zur Seite und rieb sich die Schläfen. Bierflasche und Uhr ließen ihn wissen, dass er seit geraumer Zeit im Bett liegen sollte, um am nächsten Morgen nicht völlig zerschossen auf Arbeit aufzuschlagen. Sein Rücken behauptete ähnliches. Genauso wie der gewachsene...
  20. Copywrite Himmel und Erde

    Meine Daumen tippen rastlos eine Nachricht in den Wind. Wieder taste ich meine Hosentaschen und die pinke Sportjacke ab, schaue meiner Mutter böse ins Gesicht. Mit einem Schnauben atme ich die Märzluft aus, schlage die Arme um meine Schultern und wünsche, es wäre nur ein Spiel. „Warum können...

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