Was ist neu

alltag

Genre: alltag

  1. P

    alltag 
    Vor siebenhundertdreizehn Tagen wurde P von einem Regenwurm gefressen. Nicht, dass diese Zeitspanne für ein Phosphoratom relevant ist, es ist immerhin schon seit viereinhalb Milliarden Jahren unterwegs. Es war ihm gleich, samt dem Überbleibsel eines Eschenblattes in den Schlund des Wurms gesogen...
  2. Helden

    Helden Das Klingeln des Weckers durchfuhr den noch frühen Morgen, da schlug Ernst mit gewohnter Präzision auf dessen Snooze-Knopf - Vier Uhr morgens. Er wollte nicht unbedingt nur schlafen, auch wenn er es ohne Probleme sofort versucht hätte - so wirklich schläft ja niemand nach dem ersten...
  3. Die neue Solidarität

    Ich küsse ihn auf die Wangen und trete in den Hausflur. Das Adrenalin steigt. Im Treppenaufgang fühlt sich heute jede Stufe hart an. Das Hinuntersteigen fällt mir schwer. Ich zögere, denn die Ausgangssperre hat schon eingesetzt. Soll ich es wirklich wagen? Kann ich es machen? Ich ziehe die Tür...
  4. Wie sollte Schreiben helfen?

    alltag 
    Mein Therapeut sagt, Schreiben hilft. Doch Worte machen Dinge nicht ungeschehen, wie sollte Schreiben helfen? Aber ich will ein guter Patient sein, einer, der seinen Therapeuten nicht enttäuscht. Das ist meine Schwäche, also schreibe ich. „Schreiben Sie auf, was passiert ist und wie sie sich...
  5. Aller Anfang ist schwer

    Ich bin ein Nachtmensch. Das ist in meiner Lebensrealität eine schwere Bürde. Diese Veranlagung passt so gar nicht in unsere durchgetaktete, verplante und koordinierte Welt. So kommt es, dass ich ein Doppelleben führe. Am Tag der Berater, der Trainer, der Coach, in der Nacht der Kreative, der...
  6. Hitze im August

    Es ist fast zwanzig Jahre her, aber ich erinnere mich noch gut an den Mann. Einen Nachmittag stand ich mit ihm in der glühenden Hitze im Dachboden des Lederwaren-Geschäftes meines Vaters: Wir rissen alte Holzschränke ein und bauten verrostete Metallregale auf, die mein Vater von einer der...
  7. Meine Mutter - Eine Beerdigung

    alltag 
    Der schwarze Anzug meines Vaters hat nicht mehr gepasst. Vor über dreißig Jahren gekauft, und oh Wunder, er passt nicht mehr. Er sei zu dick geworden, sagt mein Vater. Aber egal, es ist Corona, und Beerdigungen finden nur im engsten Familienkreis statt, da ist es egal, ob wir schwarz tragen...
  8. Haariger Wahn

    Ein Blick in den Spiegel. Ein Blick ins Leere. Die Frau ist dieselbe und doch erkennt sie sich nicht. Liegt es an der Frisur, die längst keine mehr ist? Ein Frisörtermin ist fällig. Gedankenversunken greift sie zur Schere. Sie würde morgen anrufen und sich einen Termin geben lassen. Und wie die...
  9. Föhn und Sterne

    alltag 
    Wir sind verkuppelt worden. Für einen Mann gibt es nichts Schlimmeres. Plötzlich ist sein ganzes Repertoire nichts mehr wert: das fantasievolle Anpirschen, die Balztänze, all das Geistreiche, Weltmännische, seine Großzügigkeit. Doch verstimmt bin ich deshalb keineswegs – Judith hat mir vom...
  10. Pierre

    Die Bar ist heute Morgen schlecht besucht. Ich trete trotzdem ein, ziehe den Gesichtslappen von Nase und Mund, stecke ihn weg. An einem Tisch im Eck sitzt ein Bekannter aus dem Viertel. Seine Maske baumelt ihm lässig vom linken Ohr. Ich bestelle und setze mich zu ihm. Er heißt Pierre. Pierre...
  11. Zug Umzug

    Als sich John Terry auf die Fresse legt, bin ich zwölf. Saturn, FIFA, ich kann das besser. Konnte ich nicht und lege die Hülle in die Tüte ohne Aufschrift für den Müll. Pause. Pueblo in das Papier, Strohhalm in die Capri-Sonne, fünfundzwanzig, fast so alt wie er damals, nicht auf die Fresse...
  12. Fühlst du dich einsam?

    Die Corona Pandemie bringt bei sehr vielen Menschen die Einsamkeit hervor. Besonders schwer betroffen davon sind die, welche sonst gerne von ihren Mitmenschen umgeben sind, um sich abzulenken. Ein Tag im Lockdown, welcher genauso unspektakulär war wie der davor, letzte Woche oder gar letzten...
  13. Randnotizen oder die Illusion der Normalität oder anders ist normal

    alltag 
    ,,Die Fähigkeit über sich selbst zu lachen ist die weiße Flagge im täglichen Ringen um innere Balance und Erkenntnis.'' Um es gleich vorweg zu nehmen, ich erhebe keinen Anspruch auf Political Correctness. Du kannst den sprichwörtlichen Rotstift also beiseite legen, außer du brauchst gerade...
  14. Die Reise

    alltag 
    Der Himmel färbt sich im Osten bereits rot, als Jan meine Reisetasche in den Peugeot hievt. Überquellende Autobahnen sind mir ein Graus, darum breche ich frühzeitig auf. Er zieht mich noch einmal fest an sich. Weiße Atemwolken steigen aus seinem Mund, als er mir eine gute Reise und viel Erfolg...
  15. Kopfüber

    alltag 
    Ich weiß nicht, ob ich auf die Kompetenz einer Frau vertrauen kann, deren Vorgarten in so einem Zustand ist. Zwei Stunden richtig ranklotzen, dann wäre immerhin schon mal das Gestrüpp vom letzten Winter entfernt. Das denke ich jedes Mal, wenn ich hier auf der Fußmatte stehe. Die müsste übrigens...
  16. Blautöne

    alltag 
    Der liebliche Ton einer Geige schwingt bis zum Verstummen in der Luft. M legt die Geige in den matten Geigenkasten in Schwarz. Sie rubbelt ihre Fingerabdrücke sorgfältig vom Instrumentenkörper. Anschließend fährt sie streichelnd mit dem bestickten Taschentuch darüber. Dabei sieht die Geige...
  17. Tausendmal Du ....

    Rums, die Tür flog auf und dann mit einem lauten Krachen wieder zu. Und da stand sie dann, der Sturm hatte sie hereingeweht. Mit einer schnellen Bewegung strich sie ihr langes, braunes Haar aus dem Gesicht. Keck schaute sie sich um und grinste. Es roch nicht nur nach Qualm, Alkohol und Schweiß...
  18. Maskenball

    Eine weitere Bremsschwelle nehmen wir zu schnell. Die Fahrerin beschleunigt. Die Häuser rauschen nur so an uns vorbei. Ich sitze auf der Rückbank eines SUV, zupfe nervös an meiner Gesichtsmaske, rücke sie zurecht. „Musst Du immer daran herummachen“, knurrt mein Sitznachbar. Ich versuche meine...
  19. Vergoldeter Schmerz

    Börsenkurse wechselten in rascher Abfolge, grüne und rote Zahlen, am unteren Rand lief ein Textband mit Kurznachrichten. In einem Kasten sah man einen Traktor über ein staubiges, abgeerntetes Feld fahren. Der Ton war abgestellt. Mit der Espressotasse am Mund schaute er auf den Flat-Screen...
  20. Dieser verdammte Stein

    alltag 
    Ich schließe ab, gehe zwei Schritte rückwärts auf den Gehweg und fahre vor Schreck zusammen. »Mensch, passen se doch auf wo se hinlatschen!« »Ups, sorry!«, antworte ich und trete zur Seite. Der Mann in seinem elektrischen Rollstuhl fährt kopfschüttelnd weiter. Ich sehe ihm nach und denke, musst...

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