Was ist neu

alltag

Genre: alltag

  1. Station Yarmy

    Wie leergefegt war sie. Station Yarmy war klein. Grau. Heruntergekommen, doch sie tat, wozu sie gebaut worden war. Hubbeförderungen, Tanklager. Sie transportierte Soldaten, Verletzte, Kriegsgefangene und Evakuierte. Oder die gewöhnlichen Bürger des Norden Kasachstans aus dem Jahre 1946. Der...
  2. Die Fensterscheibe

    Punkt 8 Uhr war er im Sekretariat der Hochschule, von der er eine schriftliche Zusage erhalten hatte. Am Schalter 6 legte er hoffnungsfroh seine Unterlagen der Sachbearbeiterin vor, samt Auszeichnungen von seiner High School. Sein alleinerziehender Vater wollte eigentlich, dass er ein...
  3. Oma's Termin in der Physiotherapie (oder auch: "Lachen, du musst lachen")

    Ich sitze entspannt in der Badewanne und lausche Rosenstolz: "Lachen, du musst lachen", mein Lieblingslied und Lebensmotto. Gerade singe ich den Refrain ganz laut, als mir urplötzlich Omas Termin in der Physiotherapie durch den Kopf schießt. Also springe ich flugs auf, trockne meine Haare...
  4. Boxhagener Platz

    alltag 
    Wladimir „Darf man fragen, wo der Herr die Nacht verbracht hat?“ Estragon „Im Graben.“ Samuel Beckett „Warten auf Godot“ *Macht kaputt was euch kaputt macht; Dona Rosita La Soltera, Egon und das Achte Weltwunder, Die Turnstunde; San Quentin...
  5. Echos

    Die Socke stört mich. Der Anblick dieses weißen, dicken Baumwollüberzugs, halb von seinem Fuß gerutscht, viel zu locker sitzend, viel zu viel Stoff. An seinem zweiten Fuß ist die Socke noch ein wenig weiter heruntergerutscht und ich ziehe die Augenbrauen zusammen, schaue noch genauer hin...
  6. Seltsam selbstgemachtes Weihnachtswunder

    Sorgfältig legt Klaus die neue Ausgabe des Darmstädter Echos auf den Tisch und streicht über das Papier. Die Hand zittert und das Streiflicht vom Küchenfenster modelliert für einen Augenblick eine kleine Landkarte aus Adern, Falten und Altersflecken auf seine Haut. Hilde sitzt ihm gegenüber. Sie...
  7. Nikolaus

    alltag 
    Meine Mutter holt mich am Köln-Deutzer Bahnhof ab. Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange, lege den Arm um ihre Schulter, bevor wir losfahren. Sie sagt etwas. Vielleicht: „Man merkt, dass es zu Ende geht“. Oder: „Er bekommt ja Schmerzmittel.“ Oder: „Es geht ihm schon elend.“ Im Radio laufen...
  8. Nachmittagstee

    Die Tür knarrte leise, als die Haushälterin Estelle mit dem Tablett hereinkam. Sonst brachte eines der Dienstmädchen den Tee und Mr. Bedford sah dann meist nur kurz von den Büchern auf, die er jeden Nachmittag in der Bibliothek kontrollierte. Doch Estelle betrachtete er lange beim Näherkommen...
  9. Erinnerungen an meine Mutter

    Ich erinnere mich, wie meine Mutter mir die Hände wusch. Zusammen standen wir im Badezimmer am Waschbecken. Ich auf einem Schemmel, denn nur so konnte ich den Wasserstrahl erreichen. Meine Mutter beugte sich über mich, gab mir einen flüchtigen Kuss aufs Haar und liess das Wasser so lange laufen...
  10. Die Ankunft der Göttin

    alltag 
    Tasso besorgte die Zigaretten, er stahl sie seinem Vater, der mittags von der Schicht kam und meistens nach dem Essen auf dem Sofa im Wohnzimmer einschlief. Drei Stück, eine für jeden von uns, und eine in Reserve. Ich öffnete immer das Fenstergitter, weil ich einen halben Kopf größer war als...
  11. Onkel Julius

    Wird überarbeitet
  12. Die Kraft der Gedanken

    „Ist er zurechnungsfähig?“ Hauptkommissar Winevsky schaut über den Brillenrand. Polizeimeister Ajdin Bulut klappert mit dem Kugelschreiber auf der Schreibunterlage seines Tisches. Er wendet sein Gesicht nicht vom Bildschirm ab, starrt auf das flimmernde Foto. Ein junger Mann, unrasiert...
  13. Der Blick einer Krähe

    „Passen die da nicht durch?“ Kai zeigt auf die Abstände zwischen den Holzleisten der Kiste. Seine hellen Augen wechseln den Blick zwischen mir und dem Stapel vor uns. „Nee, guck mal“, antworte ich, balle meine Faust und versuche sie durch den Zwischenraum zu schieben. Es gelingt mir nur mühsam...
  14. Schweigen

    Wenn wir uns im Treppenhaus begegnen, sage ich: „Hallo!“ Ich sage: „Guten Morgen!“, oder sage: „Abend!“ Sie schaut mich nicht an. Grüßt nicht. Sagt nie etwas. Manchmal, wenn ich unten am Briefkasten stehen bleibe, um nach der Post zu sehen, höre ich, wie sie ihre Schlüssel hervorkramt. Wie sie...
  15. Ganz ich

    alltag 
    Ich habe fast Zwillinge geboren. Ein Mädchen hat mich im Pool beinahe aus Eifersucht ertränkt und ich dachte wirklich, ich müsse sterben. Ich bin in ein Land gezogen, dessen Sprache ich nicht spreche und musste dafür nicht weit gehen. Ich wollte unbedingt die beste Freundin von jemanden sein...
  16. Die Nachbarin

    alltag 
    Meal Preparation heisst das offiziell, was Du gerade im Gefrierschrank verstaust und bedeutet Wochen im Voraus gekochte, appetitliche Mini-Mahlzeiten in hübschen, verschliessbaren Designerförmchen. Proteinwerte sind berechnet, kcal Angaben nochmals überprüft. Kohlenhydrate kommen nicht, oder nur...
  17. Bei wieviel Grad brennt Papier von allein

    alltag 
    Wie schön war der Barchetto del Duca bei Nacht, dachte ich, und wie sanft lag der Mondschein über dem Park! Bassani, Giorgio. Die Gärten der Finzi-Contini Warum dieser ungewöhnliche Titel, und was hat ausgerechnet dieses Zitat am Anfang zu suchen, werden sich viele fragen. Das klingt ja, wie...
  18. Immer

    alltag 
    Eylül legt die beiden Luftpolsterumschläge einzeln auf die Waage und zieht sie danach durch den Formatmesser. Sie passen wie immer und sie sind nicht schwer, auch wie immer. „Die gehen für eins-sechzig jeweils oder sollen die als Einschreiben?“ Seine Antwort kennt sie, sie ist immer gleich...
  19. Das Maisfeld

    Ich bremste und kam zum Stehen. Paul fuhr mir fast hinten rein. »Was ist los?«, fragte er mich. Ich schaute über die Schulter nach hinten und sagte »Wir sollten durch die Felder fahren. Außen rum dauert es ewig.« Paul zog die Augenbrauen zusammen, runzelte die Stirn und drehte seinen Kopf zu dem...
  20. Der Frauenversteher

    Ernst schließt sein Fahrrad neben dem Warnemünder Leuchtturm an und atmet genussvoll ein. Salz, Wärme und der leicht beißende Geruch von Algen – Heimat. Neugierig schaut er den Dünenweg hinunter zum weißen Ostseestrand. Totale Flaute, kein Lüftchen. Nur die Brandung schwappt über den Streifen...

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Neue Kommentare

Zurück
Anfang Bottom