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Vegan-Wahn

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15.10.2015
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Vegan-Wahn

„Männer sind Schweine“, sagt Susanne. „So viel Fleisch könnte keine Frau essen. Diese Schweinhaftigkeit liegt wahrscheinlich auf dem Y-Chromosom.“
„Also, ich lasse mir ja eine Menge nachsagen“, antworte ich, „aber keinen Kannibalismus.“
„Was?“, fragt Susanne irritiert.
„Ist doch klar“, kläre ich sie auf. „Ich esse gerne Schwein. Und du sagst, ich bin ein Schwein.“
Sie sieht mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Das ist ebenfalls Quatsch, wo wir doch gerade gemeinsam den Geschirrspüler ausgeräumt haben. Aber das tut nichts zur Sache, jetzt geht es gerade um Paarhufer.
„Du hast da vielleicht was falsch verstanden“, erläutere ich. „Wenn es irgendwo heißt: ‚Der Mann isst ein Schwein‘, dann schreibt sich das mit Doppel-S. Eine nähere genetische Verwandtschaft zwischen Männern und Schweinen ist jedenfalls wissenschaftlich nicht nachweisbar. Obwohl Forscher ja im Tierversuch gerne Schweine verwenden, wenn es zum Beispiel um die Verdauung geht. Die Ähnlichkeit in dem Bereich ist aber wohl eher eine zufällige Konvergenz.“
„Das war im übertragenen Sinne gemeint“, knurrt Susanne mit zusammengebissenen Zähnen. Das klingt etwas nuschelig und wirkt zusammen mit ihrem Gesichtsausdruck irgendwie süß, aber ich verkneife mir das Grinsen.
„Dafür war deine genetische Analyse aber ziemlich konkret“, mache ich noch geltend, da verlässt Susanne das Zimmer. Das zu Boden fallende Geschirrtuch bläht sich kurz im Luftzug der rasant geschlossenen Tür.
Ich verzichte darauf, ihr hinterherzugehen, um die Debatte zur Abstammungsforschung fortzusetzen. Vor geraumer Zeit habe ich auf langwierige und schmerzhafte Weise gelernt, dass das plötzliche Verlassen des Zimmers bei Susanne ein Anzeichen für meist ebenso plötzliche schlechte Laune ist. Und die will Mann sich nicht antun.
Habe ich wohl wieder was Falsches gesagt.

Das Zusammenleben mit Susanne ist schwieriger geworden, seit sie vegan ist. „Ist“ mit einfachem S, wie sie gerne betont. Weil es dabei nicht nur ums Essen geht, sondern um den gesamten Lebensstil. Denn von den Veganern gibt es ja zwei Subspezies, die sich nur selten miteinander kreuzen lassen – die Gesundheitsveganer und die Tierschutzveganer. Susanne gehört zu letzteren. Das bedeutet, sie will deshalb nichts vom Tier essen, weil die Lebensbedingungen für Nutztiere, speziell in der Massentierhaltung, durchweg grausam sind. Wenn man das konsequent zu Ende denkt, kann man eben auch keine Lederschuhe und Wollpullis mehr tragen, das Rot im Lippenstift darf nicht aus Pressläusen gemacht sein, und die Wildseidenbettdecke für den Sommer ist genauso böse, wie die Daunendecke für den Winter schon seit Langem war.
Und da gebe ich ihr sogar recht! Auch ich möchte nicht, dass ein Tier für meine Bedürfniserfüllung unnötig leiden muss. Wolle kratzt eh total, Bettdecken und Turnschuhe aus thermodynamisch schweißregulierenden Hightechfasern riechen viel angenehmer, und an Lippenstiften stehen mir so erdige Brauntöne wesentlich besser. Aber wenn es ums Essen geht, ist Verzicht für mich keine Option.
Das mit den Lippenstiften war übrigens ein Scherz.
Jedenfalls esse ich nur noch Fleisch, bei dem ich ein gutes Gewissen haben kann, weil die Tiere vorher ein glückliches Leben hatten. Bei Eiern und Milchprodukten mache ich das genauso, bloß dass die Tiere da auch hinterher ein glückliches Leben haben sollen.
Bio ist da immer schon mal deutlich besser als das normale Zeug, auch wenn heutzutage beides beim Discounter in derselben Kühltruhe einträchtig nebeneinander liegt. Besser allerdings in dem Sinne, wie eine einseitige Lungenentzündung besser ist als eine beidseitige. Oder Helene Fischer besser als Florian Silbereisen.
Deshalb kaufe ich mein Fleisch nur noch vom Bauern bei uns im Dorf. Der hat seine Tiere noch richtig klassisch auf der Weide stehen, wie man das aus alten Heimatfilmen kennt. Für mich persönlich wäre das ja ehrlich gesagt nichts (und ich meine nicht die Heimatfilme, die mag ich zwar auch nicht, aber jetzt rede ich von der Weidehaltung), so bei Wind und Wetter immer draußen stehen, aber die Kühe amüsieren sich wie Bolle. Die zeigen das zwar nicht so, aber die Experten sagen, Rindern gefällt das trotzdem. Auf jeden Fall weiß ich jetzt, dass mein Saftbraten von Klara stammt, mein Lachsschinken von Horst und mein Sonntagsei von Henriette, und dass die es alle gut hatten. Beziehungsweise noch haben, siehe oben.
Moment mal. Horst heißt der Bauer. Mein Schnitzel ist von Frieder, glaube ich. Vielleicht sollte man Tieren keine Menschennamen geben, um Verwechslungen zu vermeiden. Nicht auszudenken, was das für Folgen haben könnte!
Bäuerin zum Knecht: „Hast du den Frieder auch gut ausbluten lassen?“
Knecht zur Bäuerin: „Ach, den Frieder? Nicht den Horst?“

Nun kommt jedenfalls wieder Susanne ins Spiel, der mein Ansatz noch zu halbherzig ist. Sie sagt gerne: „Man kann doch nichts essen, was mal einen Namen hatte!“
Na ja, zumindest hat sie das eine Zeitlang gerne gesagt, bis ich mal eines Nachmittags, als sie gerade beim Einkaufen war, kleine Namensschildchen in ihrem Gemüsegarten aufgestellt habe. Die Tomaten habe ich alle Tom genannt (hundertsiebenunddreißig verschiedene Namen für die kleinen roten Racker sind mir nun wirklich nicht so schnell eingefallen), die Kartoffeln Karl, den Rhabarber Barbara, den Spinat Popeye und den Kohl Helmut. Ich habe mich exakt so lange an meinem gelungenen Lausbubenstreich erfreut, bis Susanne das nächste Mal in den Garten ging. Nachdem sie meine humorvollen kleinen Liebesgrüße entdeckt hatte, stürmte sie ins Wohnzimmer und fiel mir um den Hals. Also, genauer gesagt ging sie mir an die Gurgel, begleitet von einem verbalen Vulkanausbruch, dessen Inhalt leider wegen akuten Sauerstoffmangels nicht in mein Gedächtnis einging. Danach verließ sie das Zimmer.
Holla, dachte ich unter gierigem Luftholen, das ist ein Anzeichen für irgendwas!
Susanne hat dann erst mal zwei Tage gar nicht mit mir gesprochen, und nach mühsamer Wiederaufnahme der Kommunikation fiel der eingangs erwähnte Satz nie wieder. Ich werte das als Teilsieg.

Das mit dem Fleisch führt trotzdem immer wieder zu Diskussionen zwischen uns. So wie vor ungefähr sechs Monaten.
„Fleisch zu essen ist für Menschen überhaupt nicht natürlich“, behauptet Susanne. Das hat sie mit Sicherheit im Internet gefunden, da steht ja alles und sein Gegenteil. „Das sieht man schon am Gebiss. Unsere Backenzähne sind zum Mahlen gemacht, für Körner und so.“
Ich gähne ostentativ. Ein wundervolles Wort übrigens. „Das ist schon so lange widerlegt. Wir haben ja auch Schneidezähne, und unsere Eckzähne sind evolutionsgeschichtlich mal Reißzähne gewesen. Unsere Vorfahren waren Allesfresser, so wie heute noch unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen.“
„Ja, unsere Vorfahren. Aber wir haben uns ja wohl vom Neandertaler weiterentwickelt.“ Hölle, diese Frau wechselt die Strategie schneller als das Schuhwerk. „Die Zivilisation muss doch wohl einen Fortschritt gegenüber unseren Urinstinkten bringen. Wo bleibt denn die Moral? Die Ethik?“
Einen Moment erwäge ich, sie zu belehren, dass die Neandertaler mitnichten unsere Ahnen waren, sondern einen Seitenzweig der Evolution darstellen. Aber das würde sie als Ausweichen deuten und den Punkt für sich einfordern. Statt dessen entscheide ich mich für den Frontalangriff.
„Wenn der Herr nicht gewollt hat, dass wir Tiere essen“, doziere ich, „warum hat er dann das Rib-Eye-Steak so schön saftig gemacht?“ Das sitzt. Susanne stammt aus einer christlich geprägten Familie, da kann man mit Gottesbezügen immer Wirkungstreffer landen. Etwas billig, vielleicht, aber sie hat es ja quasi herausgefordert. Außerdem ist es ein gutes Gefühl, wenn der Atheismus mir mal zum Vorteil gereicht, denn normalerweise besteht sein einziger Nutzen darin, dass ich auf den Geburtstagsfeiern meiner Schwiegereltern allein am Katzentisch essen muss.
Aber diesmal geht Susanne nicht kampflos auf die Matte. „Nietzsche“, sagt sie lauernd.
„Was ist mit dem?“ frage ich ahnungslos.
„Atheist“, stellt sie fest.
Und ich gehe ihr voll auf den Leim. „Kluger Mann“, sage ich leichthin. „Einer der klügsten.“
Und dann hat sie mich. Auf diesen Punkt hat sie die ganze Zeit hingearbeitet, und ich Idiot habe es nicht gemerkt. „Hat kein Fleisch gegessen“, triumphiert sie. „Ich zitiere mal: ‚Durch den vollkommenen Mangel an Vernunft in der Küche ist die Entwicklung des Menschen am längsten aufgehalten und am schlimmsten beeinträchtigt worden. Ich glaube, dass die Vegetarier mit ihrer Vorschrift, weniger und einfacher zu essen, mehr Nutzen gestiftet haben als alle modernen Moralsysteme zusammen.‘“ Ein feines, aber abgrundtief bösartiges Lächeln umspielt ihre Lippen.
Verdammtes Internet. Ich verlasse das Zimmer. Frauen kämpfen so unfair.

Habe ich erwähnt, dass unser Zusammenleben schwieriger geworden ist? Das zeigt sich auch in rein logistischen Zusammenhängen. Zum Beispiel beim Einkaufen.
„Wir brauchen noch ein Gewürz“, sagt Susanne zu mir, „Garam Masala.“
„Gesundheit!“, antworte ich selbstverständlich. „Welches Gewürz denn?“
Susanne guckt mich böse an. Wenigstens kann sie mitten im Edeka nicht einfach das Zimmer verlassen.
Ich lerne, dass Garam Masala eines von diesen Gewürzen ist, die man beim veganen Essen offenbar braucht, weil es ohne Fleisch nach nichts schmeckt. So wie Ras el-Hanout, den kannte ich bisher nur als den Bösewicht aus Batman Begins, der ganz Gotham vernichten will und von Liam Neeson gespielt wird. Cooler Hund, der Neeson, wurde auf seine alten Tage noch vom Charakterdarsteller zum Actionhelden. So fit möchte ich mit sechzig auch noch sein. Ich bin ziemlich sicher, dass das ohne tierisches Eiweiß nicht geht.
Um ein Steak oder ein Schnitzel zu würzen, braucht man im Grunde nur Salz und Pfeffer. Wenn einem das nicht reicht, kann man ja noch einen Speckstreifen dazu braten. In der fleischlosen Küche hingegen werden nicht nur obskure Gewürzschurken aus Comicverfilmungen eingesetzt, sondern auch einige einheimische und orientalische Klassiker, die wohl unsere Großeltern schon kannten, ich aber nicht. Oder nur vom Namen her. Ich war vor zu vielen Jahren mal bei den Eltern eines Studienfreundes zum Essen eingeladen. Lehrer und Juristen, so richtig gebildet und kultiviert. Als Handwerkerkind kam ich mir gleich minderwertig vor; wie bei meinen Schwiegereltern eigentlich. Ich weiß nicht mehr, was es zum Essen gab, aber ich erinnere mich an die Scherze, die in diesem Hause gemacht wurden.
„Da muss noch Sal bei.“
„Nein, da Mus kat dran.“
„Also, ich würde mehr Majo ran tun.“
In so eine Art von Komik muss man wohl hineingeboren werden. Ich habe das mal bei Susanne versucht, als sie gekocht hatte: „Sollte da nicht ein bisschen mehr Saf ran?“
Ihr Gesichtsausdruck war eine liebenswerte Mischung aus Empörung und Mitleid. „An Sojagyros? Hast du 'nen Knall?“ Also auch nicht ihr Humor. Wenigstens darin waren wir noch auf einer Wellenlänge.

Ein anderes praktisches Problem ist die gleichzeitige Herstellung von veganen und unveganen Speisen. Für mein Cordon Bleu muss dann schon eine separate Pfanne auf den Herd, damit es nicht Susannes Dinkelbratling infiziert. Das war immer okay, solange sie es trotzdem mit zubereitet hat, aber seit einiger Zeit weigert sie sich.
„Ich fasse deinen Fraß nicht an, das Zeug ist eklig, da wird mir ganz schlecht.“
Komischerweise lässt sie das wortgleiche Argument nicht gelten, wenn ich mit Kochen dran bin und ihren Seitan braten soll. Seitan, das ist so ein Fleischersatz aus Getreide, der dem Original erstaunlich ähnlich sieht, bei geeigneter Würzung auch fast genauso riecht und erst beim Hineinbeißen seine Verwandtschaft mit Polyvinylchlorid offenbart. Ich habe mal einen der Hersteller gegoogelt – er hat dieselbe Adresse wie ein Importeur chinesischer Scherzartikel. Kann natürlich auch purer Zufall sein.

Im August hatten wir ein paar Freunde und Nachbarn zum Grillen da. Meine Schwiegereltern waren nicht dabei, da hatte ich mich durchgesetzt. Im eigenen Garten und vor Zeugen am Katzentisch essen, das ging nicht; so viel Selbstachtung wollte ich mir bewahren.
Ich hatte den Grill schon mal ordentlich angefeuert. Ich bin nämlich Profi, zweifacher norddeutscher Vizemeister in Bratwurst der Gewichtsklasse bis 120 Gramm. Da kam Susanne mit ihrem Tofustück.
„Machst du mir das mit? Schön braun, aber nicht zu doll. Muss aber schon Geschmack kriegen. Und lass es nicht mit dem Fleisch in Kontakt kommen.“
„Da kannst du unbesorgt sein, Schatz“, sagte ich sibyllinisch. Noch so ein tolles Wort.
Und was soll ich sagen – gegen Profis ist eben kein Kraut und keine Sojabohne gewachsen. Als ich Susanne ihr Grillgut auftischte, war sie begeistert. „So lecker war mein Tofu ja noch nie. So richtig rauchig-aromatisch. Hätte Björn Moschinski nicht besser gekonnt! Das ist total lieb, dass du dir so viel Mühe gegeben hast. Aus dir wird vielleicht doch noch ein veganer Koch!“
Und sie gab mir einen extradicken Kuss. Da brachte ich es nicht übers Herz zu gestehen, dass mir das glitschige Ding durch den Rost in die Glut gefallen war. Kann ja mal passieren. Zum Glück ist Holzkohle auch vegan.
Seitdem soll ich immer Susannes Tofu grillen, quasi als ihr veganer Leibkoch. Natürlich verbitte ich mir, dass sie dabei zuguckt; ein zweifacher norddeutscher Vizemeister muss ja seine kleinen Geheimnisse wahren. Und mit denen gelingt mir der Grilltofu jedes Mal.

Vielleicht bin ich ja doch ein Schwein. Ich esse auch weiter welches. Aber Susanne, die liebt mich trotzdem. Muss wohl was mit dem Y-Chromosom zu tun haben.

 

Hallo Achillus,

kann es sein, dass du in deiner letzten Antwort eine Kleinigkeit vergessen hast? Vielleicht einen Halbsatz der Form "Ich weiß, dieser Vergleich ist jetzt völlig überzogen, aber ..."? Oder willst du meine kleine Veganismus-Travestie allen Ernstes auf eine Stufe stellen mit Gelächter über Exekutionen und Gruppenvergewaltigungen? Das kann nicht dein Ernst sein!

Vielleicht meinst du ja etwas anderes. Immerhin habe ich eine ziemlich allgemeine Aussage gemacht ("aus Prinzip"), da kann man im Grunde mit beliebigen Gegenbeispielen antworten. Trotzdem möchte ich dich bitten, mich nicht mutwillig sinnentstellend zu zitieren. Meine Aussage, die du so elegant mit Auslassungspunkten abgekürzt hast, geht immerhin weiter wie folgt:

The Incredible Holg schrieb:
Einfach aus Prinzip, weil es m.E. nur sehr wenige Themen gibt, die für Humor tabu sein sollten. Allerdings können sich daran natürlich fallweise die Geister scheiden. Faschismus z.B. wäre ein sehr schwieriges Humorthema - aber so wörtlich wirst du den obigen Vergleich doch wohl nicht nehmen. Oder?

[Hervorhebung neu]

Wenn du das in Gänze zitiert hättest, wäre natürlich dein Nazivergleich hinfällig gewesen. Ich bin immer äußerst vorsichtig mit Unterstellungen, aber wenn ich bedenke, wie sorgfältig du immer formulierst und schreibst, kann ich mir schwer vorstellen, dass du das einfach übersehen hast.

Achillus schrieb:
Du argumentierst häufig – so kommt es mir vor – aus der Perspektive Deiner Rechte und Privilegien heraus.
Ich bin auch hier nicht sicher, was du damit meinst, aber das Recht und Privileg der freien Meinungsbildung und -äußerung nehme ich in der Tat gern für mich in Anspruch. Ich glaube auch nicht, dass man mir seine missbräuchliche Verwendung vorwerfen kann. Aber ja, dieses Recht umfasst m.E. auch Mohammed-Karikaturen, ebenso wie Jesus-, Jahwe-, Buddha- oder Erdogan-Karikaturen. Natürlich heißt das nicht, dass man alles machen muss, was man darf. Ich selbst habe auch keinerlei Absicht, das zu tun. Ich würde aber niemand anderem dieses Recht absprechen, sondern es im Gegenteil energisch verteidigen - egal ob ich die jeweilige Äußerung witzig finde oder nicht.

Achillus schrieb:
Ethisch formuliert: Haben wir auf der Welt einen solchen Überschuss an Motivationen, die durch Zurückschalten, Achtsamkeit, Lustverzicht etwas zum Besseren bewegen wollen? Ist der Versuch, eine Gesellschaft zu entwickeln, in der Tiere ähnliche Rechte wie Menschen haben wirklich etwas, das man der Lächerlichkeit preisgeben sollte? Ich finde das nicht.
Gegenfrage: Erweisen wir solchen Anliegen wirklich einen großen Dienst, indem wir sie für humorfreie Zonen erklären? Damit verstärken wir doch bloß den Eindruck, dass in diesen "Kreisen" nur analfixierte Spaßbremsen unterwegs sind. Da kann ich mich mit dieser Aussage von dir wesentlich besser anfreunden (auch wenn du die dem Kontext nach vermutlich ironisch gemeint hast):
Achillus schrieb:
Dürfte man nicht lachen, würde man gerade zu verrückt am Ernst und der Tragik all der Dinge, die so Tag für Tag passieren.
Und das sage ich als jemand, der in Diskussionen oft den veganen Standpunkt vertritt (und die entsprechenden Reaktionen erntet), auch wenn ich selbst noch nicht komplett in dieser Lebensweise angekommen bin.

Achillus schrieb:
Ich finde, dieser Konflikt ist ohnehin so aufgeladen und trifft die Beteiligten so empfindlich (habe selbst etliche dieser Diskussionen erlebt), dass man dazu entweder etwas Sinnvolles beitragen oder die Schnauze halten sollte (um mit Nuhr zu sprechen).
Und ich finde, dieser Konflikt ist so voll von schwachsinnigen Pseudoargumenten auf beiden (!) Seiten, dass es nicht schaden kann, diese der Lächerlichkeit preiszugeben und die Beteiligten mal aus ihrer Komfortzone zu holen. Denn genau dort befinden sie sich immer dann, wenn sie - wie so häufig - unter Gleichgesinnten ihre immergleiche Polemik über die jeweils anderen schwingen. Jedenfalls sehe ich nicht ein, Unsinn unkommentiert im Raum stehenzulassen, nur weil derjenige, der ihn äußert, "empfindlich" ist.

In dieser Stelle möchte ich des besseren Verständnisses halber noch einmal einflechten, dass natürlich nicht alle Veganer bzw. Nichtveganer von der polemischen Sorte sind, sondern im Gegenteil nur ein lautstarke Minderheit. Aber das ist aus meiner Sicht sogar ein Grund mehr, dagegen zu halten.

Achillus schrieb:
Selbst wenn Du Dir nun bessere Jokes einfallen lässt, halte ich es immer noch Zeitverschwendung.
So viel habe ich verstanden.

Grüße vom Holg ...


PS: Danke an Ronnie und Dion.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Holg,

ich habe das nicht als überzogenen Vergleich gekennzeichnet, weil es kein Vergleich war. Es ging mir darum zu zeigen, dass Humor und Lachen in unserer Gesellschaft meiner Ansicht nach falsch bewertet werden. Das ist keine Tatsache, sondern lediglich mein Eindruck. Und ich kann mich nur schwer damit abfinden, dass häufig diejenigen das Recht von freier Meinungsäußerung im Munde führen, die absolut nichts zu einer eigenen und wirklich (vorurteils-) freien Meinung qualifiziert. (Explizit: Damit meine ich nicht Dich.) Aber das ist eine andere Geschichte.

Der Aspekt, dass wir uns in dieser Gesellschaft darauf geeinigt haben, über jeden Blödsinn zu lachen, ist nur die Umkehrung der anderen Seite, die der falschen Betroffenheit. Die Menschen sind eitel und todernst angesichts von Nichtigkeiten. Wenn in einer von Doping, Korruption, neoliberaler Einflussnahme und anderen kriminellen Machenschaften verseuchten medialen Großveranstaltung wie der Fußball-WM die eigene Mannschaft verliert, sieht man erwachsene Männer wie kleine Mädchen heulen, während die Tatsache, dass am selben Tag tausende von Menschen sterben, weil sie kein sauberes Trinkwasser haben, nur ein Achselzucken hervorruft.

Das ist mein Eindruck vom Sog, der in der Öffentlichkeit wirkt. Kitsch und unechtes Gefühl, wohin man auch schaut. In der Summe macht das Die hysterische Gesellschaft.

Und so sehe ich eben auch Deine Geschichte. Es ist ein Beitrag zur hysterischen Gesellschaft. Ich hatte auch klargemacht, dass ich Deine Fähigkeiten woanders sehe. Und die werde ich bei anderen Geschichten von Dir in Zukunft auch loben.

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus,

danke für die Klarstellung. Du wirst mir nachsehen, dass es mir schwerfiel, deine Aussagen nicht auf mich selbst zu beziehen, wenn sie (a) in einem Thread zu meiner Geschichte, (b) mit Bezug auf ein ungünstig gewähltes Zitat von mir und (c) unmittelbar nach einer Äußerung über meine Argumentationsweise stehen. Aber das sehe ich hiermit als ausgeräumt an.

Dass die Menschen heute oft über die falschen Dinge lachen und weinen und dass wir viele Dinge in unserem Leben falsch bewerten und gewichten - ich denke, da sind wir uns einig. Zu den von dir genannten Punkten können man z.B. noch die irrationalen und fehlgeleiteten Ängste hinzufügen, die viele Leute heute bewegen. (Der damit verbundene Alarmismus ist m.E. auch der Kern des Begriffs der "hysterischen Gesellschaft".) Auch daraus erwächst wenig Gutes.

Du siehst meine Geschichte als Beitrag zu dieser hässlichen gesellschaftlichen Entwicklung. Gemeint war sie - wie schon mehrfach betont - eher gegenteilig, soweit sie überhaupt mehr sein sollte als eine kurzweilige Blödelei. Als Autor hat man eben nur begrenzt Kontrolle über die Rezeption des eigenen Textes. Insofern werde ich mit deiner Bewertung leben müssen und können.

Dass du mir auch anderes (Besseres) zutraust, freut mich weiterhin.

Grüße vom Holg ...

 

So, jetzt wieder weiter in chronologischer Reihenfolge, wie sich das gehört ...



Hallo RinaWu,

wie konnte diese Geschichte an mir vorbeiziehen? Herrschaftszeiten, zum Glück habe ich sie entdeckt. So was Herrliches, wirklich. (...) Ich bin begeistert. Das ist genau mein Humor. Das ist locker geschrieben, mit einem Augenzwinkern und bringt das Zusammenleben zwischen Veganern und Fleischfressern gut auf den Punkt.
Das ist natürlich Balsam auf meine geschundene Teilzeitveganerseele. ;)

Einige der Stellen, die du zitierst, wurden ja von anderen auch schon zerfetzt - und auch nicht nur zu Unrecht. Aber einige gehören auch zu meinen kleinen Darlings. Auf die Gewürzschurken z.B. war ich sogar ein kleines bisschen stolz ... :D

Einer unserer Freunde ist seit Kurzem mit einer Veganerin zusammen. Das funktioniert, aber auch nur darum, weil sie nicht eine von den Radikalen ist, die ständig jedem erklären müssen, warum sie jetzt vegan sind und wie furchtbar schrecklich Fleisch und tierische Produkte eigentlich für den Körper sind. Sie macht ihr Ding und lässt andere deren Ding machen.
Ja, das ist der deutlich bessere Ansatz. Wichtig finde ich aber auch, dass die Fleischesser umgekehrt die Veganer ihr Ding machen lassen. Manche von denen fangen nämlich auch gerne mal ungefragt an, von Eisen- und Vitaminmangel zu schwadronieren oder sonstwie ihr Unverständnis kundzutun, obwohl der Veganer neben ihnen nur still und leise seinen Tofuquark essen will und niemanden angepault hat. Also: Entspannung auf beiden Seiten sollte die Devise sein.

Vor allem, wenn dann Ersatzprodukte geschaffen werden, die genauso schmecken, wie das, was eigentlich verteufelt wird.
Obwohl ich mich ja selbst zunehmend dem Veganismus annähere, ist das eine Hürde, die ich auch schwer nehmen kann. Eine vegane Bolognese (meistens mit Sojagranulat) kann echt lecker sein, auch Seitangyros ist gar nicht verkehrt, aber dann esse ich das nicht als Fleisch, sondern als Seitan. Tofu-Currywurst hingegen schmeckt einfach wie sehr schlecht kopiert, da esse ich lieber nur das Gemüse und gut. Aus Gemüse kann man übrigens die wunderbarsten Sachen zaubern, ohne ihnen irgendwie einen Fleischgeschmack verpassen zu müssen.

Aber selbst da sage ich: Wer's mag, soll es essen. Er braucht mir aber nicht zu erzählen, wie gesund das sei, denn diese Ersatzprodukte kommen dann auch oft aus dem Labor und stecken voller lustiger Hilfs- und Zusatzstoffe, weil man versucht hat, z.B. der Farbe und Textur von Käse möglichst nahe zu kommen.

Auf den Joke mit den Vegasthenikern habe ich übrigens verzichtet, weil er nicht gut in die Story reingepasst hat. Vegasthenie ist nämlich die Rechtschreibschwäche derjenigen, die ihre Ersatzprodukte als "Vleisch", "Vürstchen" u.dgl. deklarieren.

Die Kartoffeln konnten wir in Alufolie in die Kohle werfen, aber das restliche Gemüse hat sie dann tatsächlich lieber roh gegessen. Ich weiß nicht, das kam mir doch ein wenig übertrieben vor ...
Mir auch. Aber auch hier: Wenn sie das so möchte und nicht rumstänkert, sollte man ihr etwaige blöde Sprüche ersparen. Sie hat's schon schwer genug.

Lange Rede, kurzer Sinn, ich habe diese Geschichte richtig gerne gelesen, du hast echt einen guten Stil!
Das freut mich enorm, vielen Dank! :)



Hallo noch mal, Sommerdieb!

Ja, wenn man es so sieht, dass der Prot da einfach ein bisschen klugscheißen wollte, ohne viel Ahnung vom Fach zu haben, mag das sogar witzig sein. Kam bei mir leider nicht so an, wäre es vielleicht, wenn es deutlicher gewesen wäre (noch mehr Umherschmeißen mit Fachbegriffen, die falsch verwendet wurden z.b.) ;)
Ich werde mal sehen, was ich da machen kann. :D

"Konkret", nicht "korrekt".
das konkret macht den Satz für mich leider auch nicht mehr verständlich, aber sei's drum.
Der Punkt war nur, dass Susanne sich zu Beginn explizit (eben "konkret") auf Chromosomen bezogen hat und im nächsten Atemzug sagt, das sei nur übertragen gemeint. Na, egal ...

Ich schlage vor, dass du diese Argumentation mal an einem fleischessenden Pfarrer erprobst.
Das werde ich bei Gelegenheit mal ausprobieren
Ohne Witz: Falls du das tatsächlich mal tust, würde mich das Ergebnis interessieren.

Der Vergleich mit Pastewka könnte treffender nicht sein. Den kann ich auf den Tod nicht ausstehen. Die Serie kann ich mir wirklich nicht antun, auch nicht nebenbei oder mal zwischendurch, da werde ich regelrecht aggressiv :D Und ich glaube, daran wird es auch einfach liegen, dass mir der Text so gar nicht zusagen wollte: Diese Art des Humors, die der Prot an den Tag legt, widerstrebt mir einfach so dermaßen, dass ich einen kleinen Hass auf ihn entwickle ;)
Den "echten" Pastewka finde ich ganz witzig, aber sein Alter Ego in der Serie ist schon ein Kotzbrocken. Aber daraus erwächst aus meiner Sicht gerade die Komik. Die witzigsten Stellen waren m.E. immer die, wo er es mal so richtig zurückgekriegt hat (z.B. von seiner Nichte Kim, die war wirklich sympathisch). Trotzdem hatte ich die Serie nach ca. fünf Staffeln einfach über.

Ansonsten bin ich froh, dass wir ein paar Missverständnisse klären konnten. Vielen Dank auch für die Hinweise zu einzelnen Gags, das hilft mir wirklich weiter.

Und Ruthe ist klasse, von dem bin ich auch ein Fan! :thumbsup:



Schon wieder die Smileys alle ...

 

Hallo Dion,

Mit einer Geschichte, The Incredible Holg, die Veganer zum Thema hat, triffst du voll den Zeitgeist. Und auf Sonderlinge – und das sind die Veganer zweifellos – einzudreschen ist zudem immer lohnend, schließlich fühlt man sich als Allesesser der großen Mehrheit angehörig, was beruhigend wirkt.
Ich hoffe, meine Kommentare haben inzwischen klargemacht, dass Eindreschen nicht meine Intention war, zumal ich mich selbst den "Sonderlingen" angehörig fühle. Aber ich verstehe, dass man den Text so lesen kann.

Klar, andere gefallen sich in ihrem Anderssein, aber die erkennt man schon daran, dass sie vegane Wurst und andere Sachen, die nach Fleisch aussehen essen, also nicht wirklich von ihrem Fleischtrip runter sind, sondern nur so tun als ob.
Ein echter Veganer aber isst Gemüse und anderes Grünzeug aus Überzeugung und nimmt sogar in Kauf, dass er synthetisch hergestelltes Vitamin B12 zu sich nehmen muss, um nicht vorzeitig zu verblöden.
Ich glaube, die Unterscheidung zwischen echten und unechten Veganern anhand von Fleischersatzprodukten ist ziemlich willkürlich, die mache ich mir lieber nicht zu eigen. Viele von diesen Ersatzprodukten schmecken mir nicht, die sind wie gewollt und nicht gekonnt. Aber das ist nur mein Geschmack. Es gibt auch Gemüsegerichte, die ich nicht mag.

Diese Geschichte bedient sich aller Klischees, die es diesbezüglich gibt, es fehlt aber eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Thema. Du verbleibst an der Oberfläche, d.h. auf der persönlichen Ebene zwischen den beiden Protagonisten, was nur bedingt etwas mit der Gesellschaft zu tun hat.
Ja, vielleicht nehme ich den Gesellschafts-Tag auch noch raus. Der hat für mich die niedrigste Wertigkeit von den drei Tags, die ich vergeben habe. Aber man kann sie ja nicht umsortieren.

Allerdings sehe ich kein grundsätzliches Hindernis, ein Gesellschaftsthema am Beispiel von Einzelpersonen zu behandeln.

Ein Seitenhieb hier, ein Schmunzeln dort, und fertig ist ein Text fürs Zwischendurch. Muss anscheinend auch mal sein.
Mal ein Burger statt des Vier-Gänge-Menüs. Es gibt auch leckere vegane Burger.

Übrigens: Neandertaler waren kein Seitenzweig der Evolution im eigentlichen Sinn, sondern leben in uns weiter – wir Europäer haben von den Neandertalern u.a. die helle Haut geerbt.
Da gehen die Meinungen auseinander. Wikipedia gibt - wie so oft - nur einen Einstieg in die Thematik, der geneigte Leser möge sich die Originalquellen zu Gemüte führen. Susannes Aussage, nach der wir direkte Nachfahren des Neandertalers sein müssten, ist jedenfalls ebenfalls zu einfach.



Hallo noch mal, SCFuchs!

Manchmal stört mich beim Lesen von Büchern (die schon veröffentlicht wurden) ein wenig, dass nichts mehr dem Zufall überlassen ist, bzw. scheint, weil der Autor/in sich einen zu genauen Plan davon gemacht hat, wie der Verlauf der Geschichte sein soll - was aber bei deiner Geschichte nicht der Fall war! Ich wollte nur sagen, dass ich finde, dass man (ich jedenfalls) sich beim Schreiben schnell daran gewöhnt, den Zufall "auszumerzen" und wenn das passiert, kann meistens schwer etwas Unerwartetes entstehen, finde ich...
Idealerweise lässt der Autor das von ihm geplante Geschehen wie einen Zufall aussehen. (Ähnlich dem Killer, der seinen Mord wie einen Unfall aussehen lässt ... ;)) Aber das ist die hohe Kunst.

Wie gesagt, vielleicht war der Aspekt ein bisschen pingelig
Für Pingeligkeit sind wir doch im Grunde hier. Eine oberflächliche Meinung können wir auch im Familien- und Freundeskreis kriegen.



Sollte ich tatsächlich durch sein mit der Beantwortung eurer Kommentare?! Wahnsinn - schon nach zehn Tagen ... ;) Noch einmal vielen herzlichen Dank an euch alle, dass ihr auch für diese Geschichte so viel Zeit und Geduld aufgewendet habt - das ist wirklich supertoll! :thumbsup:

Nächster Schritt: Überarbeitung. Dazu schreibe ich morgen noch was.

Grüße vom Holg ...

 

Hallo miteinander,

ich habe jetzt ein paar winzige Korrekturen im Text vorgenommen:

  • zwei Schreibfehler korrigiert (von denen ihr nur einen gefunden hattet ;));
  • die beiden am häufigsten (und völlig zu Recht) kritisierten Witz-Erklärungen reduziert;
  • ein paar kursive Formatierungen wiederhergestellt, die beim Einstellen in den Maskenball verlorengegangen waren.
    (Vielleicht als Hinweis an weltenläufer für künftige Texte; in diesem Fall war das nicht so bedeutungstragend.)
Alles in allem nichts, wofür ihr den Text noch mal durchlesen müsstet.

Eine größere Überarbeitung wird noch kommen, aber da stehen andere, ältere Texte noch weiter oben auf der Liste. Außerdem weiß ich noch nicht, wie weit ich mit der Überarbeitung gehen will: nur ein Tuning der Gags oder z.B. ein Wechsel in die dritte Person. Das lasse ich noch ein bisschen auf mich wirken.

Überhaupt werde ich mich jetzt vorübergehend auf die Überarbeitung bestehender Texte konzentrieren und mal eine Weile keine neuen produzieren. Ausnahme ist mein Beitrag für den veganen Schreibwettbewerb, aber der wird nicht hier erscheinen. Ich schätze mal, um Weihnachten gibt es was Frisches - und bis dahin nur Aufgewärmtes. ;)

Grüße vom Holg ...

 

The Incredible Holg
Naja, mal durchsehen und kurz bescheid sagen wäre auch eine Option ;)

 

Ich war lange nicht mehr hier, daher mein später Kommentar erst nach der Demaskierung, lieber Incredible Holg. Obwohl doch deine Geschichte punktgenau in meinen Alltag passt - bloß ist bei mir das fleisch(fr)essende Exemplar von viel größerer Bekehrungswut beseelt als die Vegetarierin und Fastveganerin. Und so, ganz privat und ganz für mich, war der lockere, unverkrampfte Ton, das doch eher friedliche Ping-Pong der (okay, nicht durchgehend hochklassigen, aber das macht es 'echter') Argumente und der Humor (mir gefiel der ganz überwiegend, außer die Schweinwortspiele), echt nett. Mir hat es Spaß gemacht, das zu lesen - und sogar ein bisschen Mut beigesteuert.Ein Beispiel eben, wie es bei unterschiedlichen Auffassungen zu einem solchen Thema - bestenfalls - auch gehen kann. Sehr schön! Guten Appetit wünscht Eva

 

Hallo Eva Luise Groh,

ich freue mich, dass dir die Geschichte und ihr Humor (zumindest "ganz überwiegend") gefallen haben. :)

Der Text basiert ja zu großen Teilen auf eigenen Erfahrungen und Beobachtungen, hochklassig sind die nicht immer, und Missionare gibt es auf beiden Seiten mehr, als man sich wünschen würde. Gerade heute in der Kantine konnte ich wieder Leute lästern hören (auf Einmischung habe ich verzichtet) über jene, die "sich so anstellen" beim Essen, ohne dass die den Sprechern irgendwas getan hätten. Nun ja. Da hilft manchmal nur Lachen, sofern es einem denn gelingt.

Dass diese Geschichte sogar Mut machen kann, finde ich ehrlich gesagt überraschend, aber trotzdem toll. :D
Danke für diese Rückmeldung!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo liebe Forumsmitglieder, lieber "The Incredible Holg",

als absoluter Frischling in diesem Forum habe ich eine Frage, die sich nur indirekt auf die Geschichte bezieht und daher vielleicht am falschen Ort steht. Eine bessere Stelle habe ich aber nicht gefunden. Also bitte ich vorsorglich um Entschuldigung, falls ich als Einstand gleich einen Fehler mache.

Diese Geschichte, so hatte ich sie zumindest verstanden, sollte "nur" eine humorvolle Unterhaltungsgeschichte sein. Wenn man sich die zugehörigen Kommentare durchliest, entzündete sich daran aber eine Grundsatzdiskussion, die aus meiner Frischlingssicht an dem Ziel vorbeigeht, die Geschichte selbst handwerklich/inhaltlich zu verbessern.

Der Autor der Geschichte hat viele Worte und damit viel Zeit und Energie darauf verwandt, diese Grundsatzdiskussion zu führen bzw. wieder einzufangen und sich zu rechtfertigen.

Das finde ich sehr löblich. Allerdings hätte ich persönlich nicht die Zeit dafür.

Daher stellt sich für mich die Frage, ob die Forumsmitglieder erwarten, dass man als Mitglied auch solche Grundsatzdiskussion führt oder ist man quasi "unten durch", wenn man sich nur auf Diskussionspunkte einlässt, die der handwerklichen/inhaltlichen Verbesserung der konkreten Geschichte dienen?

Versteht mich nicht falsch, ich respektiere sehr den Einsatz und Aufwand, den hier einige betreiben und freue mich, dass diese Forum so lebhaft ist, frage mich andererseits aber ernsthaft, ob auch Mitglieder willkommen sind, die sehr wenig Zeit haben und daher nur auf das Wesentliche fokussiert beitragen könnten - was auch immer das Wesentliche sein mag - und dann solche Diskussion aus Zeitmangel nicht führen könnten.

Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen.

Grüße vom Geschichtenwerker

 

Hallo Geschichtenwerker

Schön, dass du das vorgängig klären möchstest. Du hast dir da ein Extrembeispiel herausgesucht. Schau mal in andere Diskussionen rein, da geht es fast immer nur um die von dir angesprochene handwerkliche/inhaltliche Verbesserung. Um deine Frage zu beantworten: Ja, auch Mitglieder mit wenig Zeit sind willkommen. Es ist natürlich schön, wenn die Kommentatoren merken, dass ein Autor daran interessiert ist, seine Texte zu verbessern. Auch wird gerne gesehen, dass man andere Texte kommentiert. Aber jeder nach seinen Möglichkeiten.

Bei weiteren Fragen kannst du dich gerne per PN an mich wenden.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Peeperkorn,

das ging schnell mit der Rückmeldung, vielen Dank, und es freut mich sehr, dass ich auch als "Fokusarbeiter" willkommen bin. Keine Sorge, ich gebe gern und kommentiere erst, bevor ich ein Erstlingswerk in die Arena werfe.

Auf die Möglichkeit zur PN komme ich ggf. zurück. Vielen Dank auch dafür.

Lieber Gruß

Geschichtenwerker

 

Hallo The Incredible Holg,

nachdem ich schon bei Deiner Geschichte Fragen stelle, möchte ich auch zwei kleine Anmerkungen zu Stellen in den ersten Absätzen Deiner Geschichte machen, über die ich gleich gestolpert bin:

Diese Schweinhaftigkeit liegt wahrscheinlich auf dem Y-Chromosom.“

Ich finde die Wendung "auf dem Y-Chromosom" merkwürdig, da die Erbinformation im Chromosom liegt. Daher fände ich "im Y-Chromosom" schöner und übrigens auch kürzer.

Und du sagst, ich bin ein Schwein.“

Auch hier stolpere ich, denn nach meinem Sprachgefühl müsste es heißen: Und du sagst, ich sei ein Schwein.

Ansonsten würde sie ja wörtlich sagen: "Ich bin ein Schwein".

Lieber Gruß

Geschichtenwerker

 

Hallo Geschichtenwerker,

da du meine Geschichte zum Anlass für deine Frage genommen hast, will ich auch gerne meine Sicht der Dinge schildern.

Dass die Arbeit an Handwerk und Inhalt im Vordergrund stehen soll, ist wohl unstrittig. Die persönlichen Meinungen über das gewählte Thema sollten in der Theorie keine Rolle spielen, da ja die handelnden Personen nicht die Ansichten des Autors wiedergeben müssen. Ich halte es aber bei solch emotionsgeladenen Themen für sinnvoll, zumindest kurz die Intention hinter der Geschichte kundzutun; in diesem Fall also "es ist nur eine harmlos Spaßgeschichte" im Gegensatz zu "mir gehen die selbstgerechten Veganer auf den Sack".

Dass ich mich auf tiefergehende Diskussionen eingelassen habe, liegt vor allem daran, dass ich Zeit und Lust dazu hatte. Ich fühle mich in keiner Weise zu so etwas verpflichtet. Wenn ich selbst einen Text kommentiere, bin ich nicht beleidigt, falls ein Autor schreibt: "Sorry, mit diesem Text ist keine tiefere Aussage verbunden. Nehmt ihn einfach so, wie er dasteht." Das schließt ja nicht aus, dass er für die Textarbeit als solche offen ist und die Korrekturvorschläge annimmt, die sich als sinnvoll erweisen.

Zu den beiden Textstellen:

Die Formulierung "auf dem Chromosom" scheint mir nicht selten zu sein. FWIW: Der Wikipedia-Artikel zu "Chromosom" verwendet sie häufig, eine Internetsuche liefert genug weitere Fundstellen. Die Variante mit "in" mag genauso richtig sein, aber mir persönlich klingt "auf" vertrauter.

Die indirekte Rede in dem zweiten Zitat ist in der Tat grammatisch falsch, aber m.E. reden nur wenige Leute im Alltag in korrekten Konjunktiven.

Beide Textstellen kommen aus der wörtlichen Rede, und da gehe ich generell mehr nach dem sprachlichen Fluss als nach der grammatischen oder fachsprachlichen Korrektheit. Ich denke, damit klingen Dialoge natürlicher und realistischer.

Vielen Dank für deine Kommentare!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo The Incredible Holg,

vielen Dank für die Erläuterungen.

Für mich als blutiger Anfänger ist es interessant zu erfahren, warum sich ein Autor - mal abgesehen von persönlichen Vorlieben - für eine bestimmte Formulierung entscheidet.

Vielleicht dazu noch eine Frage, auf die Du natürlich nicht antworten musst. Du entscheidest Dich aus nachvollziehbaren Gründen für die grammatikalisch falsche Wendung, um die wörtliche Rede natürlicher erscheinen zu lassen (was sicherlich von der betreffenden Figur abhängt).

Andererseits gibt es aber auch den Leser, der evtl. über derartige Fehler stolpert.

Nun meine Frage: Wägst Du bei einer solchen Entscheidung bewusst ab, was Dir wichtiger ist, die Glaubwürdigkeit des Dialogs oder das stolperfreie Leseerlebnis des angesprochenen Lesers?

Bei meinen Schreibversuchen stand ich öfters vor dieser Entscheidung und ich habe mich bisher immer für die grammatikalisch richtige Seite entschieden und habe versucht, die Glaubwürdigkeit des Dialogs durch andere Mittel zu erreichen (z. B. Verwendung bestimmter Wörter, Lieblingswörter oder -wendungen der Figuren, Satzbau, Satzlänge, etc.).

Hast Du Erfahrungswerte, von denen ich sozusagen profitieren könnte, dass Deine angesprochenen Leser lieber bewusst gesetzte grammatische Fehler lesen, weil die damit erreichte Glaubwürdigkeit und daraus resultierenden "positiven Gefühle" die "negativen Gefühle", die (evtl.) durch das Stolpern ausgelöst werden, überwiegen?

Ich weiß, die Frage ist recht theoretisch und vielleicht hast Du einfach aus dem Bauch heraus entschieden. Mich interessiert aber auch, wie viele Gedanken Du (oder auch andere hier im Forum) sich bei der Wortwahl machen.

Wenn Dir das zu aufdringlich oder nervig ist, lasse es mich bitten wissen.

Gruß

Geschichtenwerker

 

Hallo Geschichtenwerker,

deine Fragen sind kein bisschen aufdringlich, die beantworte ich gern. Ich kann allerdings nicht mit allzu tiefgehenden Weisheiten deinen.

Meine Entscheidung für oder gegen grammatische Korrektheit treffe ich wohl - ich muss darüber selbst erst mal nachdenken - nach drei Kriterien:

1. Bauchgefühl: Für mich muss der Dialog einfach flüssig klingen, ich möchte selbst beim Lesen weder an hochgestochenen Formulierungen noch an sprachlichen Fehlern "hängenbleiben". Und dieses "Hängenbleiben" passiert mir tatsächlich nicht bei jedem kleinen Fehler, denn auch bei Gesprächen im Alltag hört man ja über vieles einfach hinweg. Dabei ist mir bewusst, dass mein Gefühl keineswegs mit dem meiner Leser übereinstimmen muss und dass man als Autor immer ein bisschen betriebsblind ist.

2. Vorbild: Ich lese natürlich selbst, und ich sehe auch fern oder gehe ins Kino, und überall dort begegnet man fiktiven Dialogen. Die sind nicht wirklich natürlich, aber sie versuchen meist so zu klingen, und ich denke, mein o.g. Bauchgefühl ist stark von diesen Einflüssen geprägt. Mir hat mal jemand attestiert, meine Figuren sprächen so wie in einem Fernsehfilm, und das schien mir zutreffend. Das war damals allerdings nicht als Kompliment gemeint, sondern meine Dialoge waren dem Leser noch zu künstlich.

3. Erfahrung und Feedback: Ich komme mir etwas merkwürdig vor, wenn ich nach gut einem Jahr der Schreiberei und der Forenmitgliedschaft schon von "Erfahrung" spreche, aber ich habe in dieser Zeit unglaublich viel gelernt. Bei meinen ersten Geschichten habe ich relativ viel Kritik für meine Dialoge bekommen, meistens wurden sie als zu korrekt angesehen und meine Sätze waren manchmal zu lang. Dann habe ich das in der Regel angepasst. Heute bekomme ich solche Kommentare seltener. Dass meine Dialoge sprachlich falsch seien, wird mir schon immer eher selten gesagt, und wenn, dann ist es meistens ein schlichtes Versehen von mir.

Diese drei Kriterien vermischen sich auf eine Weise, die mir selbst meist nicht bewusst ist, aber ich denke, der dritte Punkt ist letztlich der wichtigste. Im vorliegenden Fall warst du der bisher Einzige, der diese Stellen moniert hat, deshalb habe ich weiter meinem Stil vertraut. Hätten drei weitere Leser deine Kritik unterstützt, hätte ich es mir vermutlich anders überlegt.

Und so hat sich bei mir ein gewisser Dialogstil herausgebildet, der offenbar für die meisten Leser die meiste Zeit funktioniert und den ich höchstens an Beispielen umschreiben kann. Ich setze z.B. ohne großes Zögern falsche Konjunktive (wie hier) oder etwa einen Dativ, wo ein Genitiv hingehört ("wegen dem Regen") - einfach, weil das in gesprochener Sprache dermaßen verbreitet ist, dass man kaum noch darüber stolpert. Andere Dinge würde ich im Leben nicht zu Papier bringen, egal wie häufig sie im Leben auftreten. Dazu fällt mir als Beispiel die Konstruktion "weil" + Hauptsatz ein: "Ich kann nicht in das Haus, weil da sind gerade die Maler drin." Da schüttelt es mich einfach. So etwas würde ich höchstens gezielt für einen bestimmten Zweck einsetzen, etwa um den Sprecher weniger gebildet erscheinen zu lassen. (Achtung: Klischeegefahr!) Oder vielleicht mit Auslassungspunkten nach dem "weil", um zu suggerieren, dass eine verwirrte oder aufgewühlte Person nach Worten ringt und mitten im Satz "umdenkt".

Es ist wohl auch Geschmackssache, die weit man da gehen will, und hat auch mit dem sozialen Hintergrund zu tun. Ich bin Mittelschichtkind, und die meisten meiner Charaktere sind es auch. Ich glaube nicht, dass ich Menschen aus dem "Prekariat" - und ihre Sprache - realistisch abbilden könnte, weil mir dazu die persönliche Erfahrung fehlt; deshalb schrecke ich davor zurück, um nicht einfach irgendwelche Fernsehklischees weiterzutransportieren.

Neben der Grammatik sind natürlich die anderen von dir genannten Stilmittel ebenfalls wichtig und nützlich, um eine realistische wörtliche Rede zu konstruieren. Die sprachliche (In-)Korrektheit ist da nur ein Mittel von mehreren.

So, mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.

Grüße vom Holg ...

 

Lieber The Incredible Holg,

gerade bin ich begeistert, sogar schon fast gerührt von der Mühe und den Einsichten, die Du in das lange Feedback gesteckt hast.

Dafür einfach nur vielen Dank.

Ich persönlich benutze auch in der normalen, gesprochenen Sprache den korrekten Genitiv, weshalb es mich recht schnell schüttelt. Mir ist aber bewusst, dass ich damit eher die Ausnahme als den Regelfall darstelle. Dies ist auch der Grund weswegen ich versuche, vorsichtig zu kritisieren. Ich will hier nicht den "Oberlehrer raushängen lassen". Das liegt mir völlig fern und einen solchen Eindruck möchte ich unbedingt vermeiden.

In dem Stadium des Geschichteschreibens, in dem ich mich gerade befinde, fühle ich mich wie ein Handwerkslehrling, der dem Meister über die Schulter blickt und sich fragt, warum der Meister gerade dieses Werkzeug gewählt hat und es so hält und analyisert, ob darin ein echter Vorteil liegt oder nur eine Vorliebe oder womöglich nur eine Marotte des Meisters.

Über die Sprache und vor allem auch die Sorgen von Menschen mit anderem Bildungshintergrund kann man m. E. viel lernen, wenn man sich einfach mit ihnen unterhält. Gelegenheiten hat man dazu viele. In der Bahn, auch wenn heutzutage alle nur noch mit ihren Smartphonse beschäftigt zu sein scheinen, im Bahnhofslokal, auf der Straße... Also warum schreckst Du zurück?

Nochmals vielen Dank und lieber Gruß

Geschichtenwerker

 

Hallo Geschichtenwerker,

gern geschehen. Ich hoffe, mit "Meister" meinst du nicht ausgerechnet mich, da gibt es hier ganz andere. Schau dich einfach um. Und keine Scheu vor dem Kritisieren, du bist wirklich sehr zahm und kannst dich ruhig mehr trauen. Jede Kritik (angemessen geäußert, aber da sehe ich bei dir null Risiko) gilt hier als Vorschlag, dem ein Autor folgen kann oder eben nicht.

Warum ich zurückschrecke? Das hat wohl viel mit meiner fehlenden Kontaktfreude zu tun, die grenzt bisweilen an Misanthropie. Und sie bezieht sich auf Menschen allgemein, das ist nicht diskriminierend gegenüber einer vermeintlichen Unterschicht gemeint. Na ja - irgendwann mal ...

Grüße vom Holg ...

 

:lol:Hallo Holg,
schöne Geschichte!

Besser allerdings in dem Sinne, wie eine einseitige Lungenentzündung besser ist als eine beidseitige. Oder Helene Fischer besser als Florian Silbereisen.
hahaha :thumbsup:

Für mich persönlich wäre das ja ehrlich gesagt nichts (und ich meine nicht die Heimatfilme, die mag ich zwar auch nicht, aber jetzt rede ich von der Weidehaltung), so bei Wind und Wetter immer draußen stehen, aber die Kühe amüsieren sich wie Bolle.
Bisschen viel aber hintereinander

Nachdem sie meine humorvollen kleinen Liebesgrüße entdeckt hatte, stürmte sie ins Wohnzimmer und fiel mir um den Hals. Also, genauer gesagt ging sie mir an die Gurgel,
:sealed::lol:

Sehr gerne gelesen! Lieben Gruß Damaris

 

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