Was ist neu

SPIEGEL-Verlag und Axel Springer AG kehren zur klassischen Rechtschreibung zurück

Status
Keine weiteren Kommentare möglich.
Zuletzt bearbeitet:

Abgesehen vom "dass" gibt es keine Ausnahmen, die man lernen muss. Wenn das keine Verbesserung ist.

Man muß immer noch Ausnahmen lernen, da die ss/ß-Regel nunmal nur für Wörter gilt, die zuvor mit ß geschrieben wurden. Ich sehe keinen Sinn darin, Ausnahmen zu "regulieren". Das macht die Sache nicht einfacher. Ausnahme bleibt Ausnahme und muß gelernt werden. Es ist keine Verbesserung.

Dass die Macher der NR ihren Job recht gut gemacht haben, kann man daran erkennen, dass nahezu jeder bei einem Diktat eher nach den Regeln der NR als der AR schreibt (siehe den Test, den ich weiter oben verlinkt habe) - selbst die Verfechter der AR. Und zwar nicht, weil man sie zwingt, nach der NR zu schreiben, sondern weil die NR unserem gelebten Sprachempfinden ganz einfach näher liegt als die AR.

Das ist völliger Humbug. Daß heuer viele eher nach den Regeln der NR schreiben, liegt vermutlich ganz einfach daran, daß diese Regeln in den letzten Jahren quasi omnipräsent waren, während man sich zuvor kaum um korrekte Orthographie geschert hat, sobald man Schule und Studium hinter sich hatte. Das ist übrigens gewiß auch ein Grund, wenn Schüler mancherorts mit neuen Regeln wie ss/ß weniger Fehler machen. Hier wird ganz einfach die Ursache der Wirkung verkannt.
Zweitens läßt sich für deine positiven Beispiele locker eine genauso lange Liste mit negativen Beispielen finden. (siehe Aufsatz auf www.rechtschreibreform-neindanke.de)
Aus diesem Grunde ist die Reform de facto schlecht - wohlgemerkt nicht im Sinne von komplett vermurkst, sondern im Sinne von Ziel verfehlt.

Hinzu kommt, daß es völlig irrelevant ist, ob die Sprache nun vereinfacht wurde oder nicht. Der Ansatz ist schon der pure Schwachsinn. Kein Mensch käme auf die Idee, die lächerlich schlechte Orthographie des Französischen vereinfachen zu wollen. In dieser Sprache haben Schriftsprache und gesprochene Sprache (übertrieben forumliert) so gut wie gar nichts miteinander zu tun. Französische Schüler müssen im Sprachunterricht myriadenfach mehr lernen als ihre deutschen Kollegen. Trotzdem sind keinesfalls alle Franzosen Analphabeten.
Genauso sind Italiener gewiß nicht die weitaus besseren Rechtschreiber, weil ihre Schreibung (verglichen mit dem Französischen) extrem einfach ist. Dort werden genauso Fehler gemacht.
Das zeigt, daß der Ansatz, Rechtschreibung vereinfachen zu wollen, eine Lächerlichkeit sondersgleichen ist. Es ist unnütz. Es kann nicht für bessere Leistungend er Schüler sorgen. Wenn dem so wäre, dann wären zB finnische Schüler die besten Rechtschreiber Europas und die französischen die Schlechtesten. Das ist nicht der Fall. Solche Annahmen sind hirnrissig, dumm, primitiv, kurz: lächerlich.

Deswegen kann ich mich nur wundern, daß es auf einer Literaturseite so viele Reformbefürworter gibt. Ich dachte, hier träfe man eher Menschen, die sich über Sprache Gedanken machen. Sollte ich mich getäuscht haben?

Es kommt doch auch keiner von euch auf die Idee, Großschreibung wie im Englischen abzuschaffen und Satzzeichen wie im Lateinischen wegzulassen. Die Römer konnten ihre vollgeschriebenen Tafeln tatsächlich lesen. Ergo ist dies die einfachste Variante. Wollen wir also unsere Schriftsprache vereinfachen ('verbessern' um mit Sternenkratzer zu reden), so beantrage ich Konsequenz. Simplifizierung auf allen Ebenen.

PS: Sorry für die härter werdenden Worte, aber dieses Unverständnis gegenüber Sprache regt mich einfach auf.

EDIT:

die sowieso mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuß stehen. Die NR ist einfach der Sündenbock, der für den eigenen Mangel herhalten muss.

Richtig. Grass, Enzensberger, Aust - alles LRS-Patienten.
Ohne Arroganz möchte ich auch noch darauf hinweisen, daß ich, die Othographie betreffend, stets Klassen- bzw. Kursbester war. Auf 10 Seiten Schulaufsatz 3 Struddelfehler. Das sage ich nicht um anzugeben, sondern um dir zu zeigen, daß du Blödsinn redest. Schlicht und ergreifend. Wenn ein Großteil der Intellektuellen und professionellen Schriftsteller die AR verfechtet, dann latürnich nur, weil sie mit der Orthographie auf Kriegsfuß stehen. Welch Erkenntnis! Hurra!

Amüsantes Detail: Erst, seit die NR eingeführt wurden, mache ich öfters bestimmte dumme Fehler wie etwa bzgl s/ss (das vs daß/ss), die ich früher NIE gemacht habe. Ob das nun an der Reform liegt oder an meiner zunehmenden geistigen Verkalkung will ich mal offen lassen...

 

Im Lateinischen geht das, auf Zeichensetzung zu verzichten, weil die lateinische Syntax so synthetisch ist, dass die Sätze trotzdem eindeutig bleiben. Im Deutschen ist das nicht so. Der Verzicht auf Kommas führt zu Vieldeutigkeit.

 

@gauloises
Das ist nicht ganz richtig - auch in Sprachen, bei denen die Wortstellung im Satz nahezu egal ist, braucht man zwecks einfacher Lesbarkeit (für unsereins) Kommata. Zwar weitaus weniger, aber man braucht welche. Punkte übrigens sowieso.
In verschiedensten lateinischen Schriften wurde selbst auf Leerstellen verzichtet und trotzdem blieben sie lesbar. Auch aus mittelalterlichen Schriften kennt man das. In einem Seminar über Minnesang habe ich mir zB alte Ausgaben angesehen, in denen es keinerlei Absätze oder sonstige Lesehilfen gab. Dennoch müssen wir davon ausgehen, daß man das lesen konnte (es war mhd., also kein Latein).

Eine Simplifizierung muß schon konsequnt umgesetzt werden. Man kann nahezu alles, was an Orthographie denkbar ist, lernen.

@Horni
Daß die einzelnen Magazine nicht sofort umstellen würden, war aber vorher auch klar.

 

@ Sternenkratzer: Danke für die interessanten Hintergrundinfos! Leuchtet mir ein. Wann kann ich also endlich schreiben: "Wegen dem Wetter bin ich am schwitzen und fahre mit meiner Mutter ihrem Auto nach der Türkei." ? :D Wenigstens im Ruhrpott!

@Falk: du hast Recht, die Arbeitslosigkeit hat nichts mit der Rechtschreibreform zu tun, dieses Argument hat hier nichts zu suchen. *Asche aufs Haupt streu*
Also etwa 250 Millionen würde die Umstellung auf einen alten Zustand kosten. Angesichts der katastrophal leeren Kassen rege ich mich einfach über diese Geldverschwendung auf! Und ich glaube nicht, dass Arbeitgeber, die längst mit der NR arbeiten, Geld für die Umschulung ihrer Azubis haben, die sich in den letzten Jahren schon eine Umstellung verkraften mussten!
viele liebe Grüße
tamara

 

falk schrieb:
Erst, seit die NR eingeführt wurden, mache ich öfters bestimmte dumme Fehler wie etwa bzgl s/ss (das vs daß/ss), die ich früher NIE gemacht habe. Ob das nun an der Reform liegt oder an meiner zunehmenden geistigen Verkalkung will ich mal offen lassen...

Seltsam. Wirklich sehr seltsam. Denn die ß-Regelung folgt dem "Geschrieben wie gesprochen". Ich selbst denke über ss oder ß deshalb kaum noch nach. Geschrieben wie gesprochen eben. Ganz natürlich. Tja nu - dazu braucht man natürlich ein halbwegs gesundes Sprachempfinden, und das hat nicht jeder. Hat man es nicht, muss man allerdings wie früher stur die Regeln lernen. - Aber mach dir nichts draus, die deutsche Sprache liegt halt nicht jedem.

dpa schrieb:
15.05.2004
Deutsche PEN-Autoren fordern Rücknahme der Rechtschreibreform

Potsdam (dpa) - Die deutsche Sektion des Schriftstellerverbandes PEN hat die Rücknahme der seit 1998 geltenden Rechtschreibreform gefordert. Auch die nach der Kritik daran vorgenommenen Anpassungen hätten zu keiner wirklichen Reform der Neuregelung geführt.


Laut diesem, erstem Absatz ist die Rechtschreibreform nach Ansicht des deutschen PEN-Verbands keine Reform. Der Verband begründet das damit - nun ja, im Folgenden überhaupt nicht.

Die Modernisierung von Texten ist nichts, was erst mit der NR aufkam. Wenn der PEN das Gegenteil behauptet (oder dpa behauptet, der PEN hätte das behauptet), und eine Verbindung zur NR herstellt, ist das ziemlich dicht dran an einer plumpen Lüge und an billiger Agitation. Der PEN (oder dpa) unterscheidet sich da kaum noch von der Bild-Zeitung, die meines Wissens vor ein paar Jahren den Delphin-Blödsinn als Erste gebracht haben.

Mir scheint, dpa (oder PEN) springt ebenfalls auf den Populismus-Zug auf; diese Meldung ist das virtuelle Papier nicht wert, auf dem sie steht. Sie hier zum Thema Rechtschreibreform zu posten ist dumm und sinnleer. - Manchmal habe ich den Eindruck, dass die NR-Gegner nur das nachplappern, wo andere Nichtswisser und Lautschreier das Etikett "Gegen die neue Rechtschreibung!" draufgeklatscht haben. Ob's stimmt oder nicht, interessiert schon gar nicht mehr.

tamara schrieb:
Wann kann ich also endlich schreiben: "Wegen dem Wetter bin ich am schwitzen und fahre mit meiner Mutter ihrem Auto nach der Türkei." ?

So vermutlich nie. Oder zumindest nicht während unserer Lebenszeit.

Die Duden-Macher (hier wieder als Synonym für Sprachreformer) sind schon immer auf einem schmalen Grat gewandert. Auf der einen Seite haben sie versucht, die gelebte Sprache in die Regeln einfließen zu lassen, - was die Sprachpuristen mit schöner Regelmäßigkeit auf die Barrikaden gebracht hat, denn "Kommas" statt "Kommata", "Fotografie" statt "Photographie" sind doch Verbrechen an der Sprache, oder etwa nicht?

Auf der anderen Seite haben sie aber auch versucht, die deutsche Sprache nicht zu verwässern, was dem Duden wiederum den Vorwurf einbrachte, zu konservativ zu sein. Seit über hundert Jahren wird zum Beispiel das Genitiv-S von sehr vielen mit einem Apostroph abgetrennt. Und bis heute haben sich die Duden-Macher geweigert, die Abtrennung als zulässig aufzunehmen. (Ausnahme seit der NR: das Genitiv-s bei Eigennamen.) (Leider.)

Wir können uns glücklich schätzen, eine Institution wie den Duden zu haben. Denn so bleibt uns ein Orthographie-Chaos resultierend aus dem Unterschied zwischen Sprechen und Schreiben wie zum Beispiel im (US-)Englischen weitgehend erspart.

Klaus

 

@ Sternenkratzer
Mal völlig davon ab, dass ich Dir in einigen Punkten zustimme (inhaltlich): Sowas hier

Tja nu - dazu braucht man natürlich ein halbwegs gesundes Sprachempfinden, und das hat nicht jeder. Hat man es nicht, muss man allerdings wie früher stur die Regeln lernen. - Aber mach dir nichts draus, die deutsche Sprache liegt halt nicht jedem.
kommt nun wirklich mehr als überheblich rüber. Hast du meiner Meinung nach nicht nötig. Eine Entschuldigung an falk und/oder ein Editieren deines Beitrags wäre wohl angebracht.

 

"dazu braucht man natürlich ein halbwegs gesundes Sprachempfinden, und das hat nicht jeder"

-> "Sprachempfinden" = man hat es irgendwann mal auswendig gelernt, was man wie schreibt.

Deshalb muss man nicht darüber nachdenken. Allein aus dem Klang von "Bus" und "muss"/"muß" kann man nun wirklich nicht auf die Schreibweise schließen. Das hast Du, glaube ich, selbst ganz oben bereits geschrieben.
Ich stimme katzanos Anmerkung übrigens zu.

 

Oh, da muss ich Sternenkratzer ausnahmsweise mal in Schutz nehmen. Ich höre beim Schreiben nicht, ob ein Selbstlaut kurz oder lang ist, die logische Konsequenz ist, das ich das lernen muss. Kann ich so annehmen. Was ich etwas überheblich fand, war folgende Bemerkung von falk:

Deswegen kann ich mich nur wundern, daß es auf einer Literaturseite so viele Reformbefürworter gibt. Ich dachte, hier träfe man eher Menschen, die sich über Sprache Gedanken machen. Sollte ich mich getäuscht haben?
Aber was soll's, mit mir sind die Pferde ja auch durchgegangen. Endlich ist es nicht mehr so heiß und ich fahre nach Bärlin, wo der Bär tobt! ;)
Gruß tamara

 

Hi falk,
ich hab den Eindruck, dass bei Dir ohnehin immer nur das "ganz richtig" ist, was Du selbst sagst.
Wenn man in der deutschen Gegenwartssprache auf Kommas verzichtet, wird es vieldeutig. Daran gibt es nichts zu relativieren oder rumzudeuteln. So what?
"Eine Simplifizierung muß schon konsequent umgesetzt werden." - Muss sie das? Wer sagt das? Und wäre das möglich gewesen? Der Satz bringt doch nichts.

 

Ich habe jetzt grad keine Zeit über diese tollen Verlage zu fluchen aber hier mal nen Link...


und ein zitierter Text aus dem
St.Galler Tagblatt, 9.August 2004:

Weiter mit der Reform

Zurück in die Zukunft: Die neue Rechtschreibung ist besser als die alte. Sie hat sich in der staatlichen Verwaltung und an den Schulen bewährt. Von Horst Sitta

Deutschland ist in Not. Nein, nicht die hinserbelnden «blühenden Landschaften» im deutschen Osten, nicht der Sozialabbau durch die Hartz-Kommission, nicht die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland sind das Problem, es ist die deutsche Rechtschreibung. Da tat sich just zwischen Fussballeuropameisterschaft und Olympia ein Nachrichtenloch auf, und einige Zeitungsverlage hielten es für geboten, der Nation mitzuteilen, dass sie zur alten Rechtschreibung zurückkehren wollten. Schon dass das eine Nachricht werden konnte, ist eine Perversion. Aber man muss sich mit ihr auseinander setzen. Das soll in drei Schritten geschehen.

Wider die Verwilderung
1. Die alte Rechtschreibung (= die Rechtschreibung vor der Neuregelung) war keineswegs die gute, alte, bewährte Rechtschreibung, als die sie heute gern dargestellt wird. Die alte Rechtschreibung war im Laufe der Zeit «verwildert». Eine Fülle von schwer verständlichen Bestimmungen, Sonderregelungen und Ausnahmen hatte sich etabliert. Das machte das Lehren und Lernen schwer, und es belastete die, die wenig Routine im Schreiben haben. Dafür Beispiele aus zwei Bereichen: 1.1 Gross-/Kleinschreibung: Wir mussten klein schreiben: «Alles übrige sage ich dir später», aber gross: «Alles Weitere sage ich dir später.» Weiss der geneigte Leser, warum? Wir mussten schreiben: «Wir sassen auf dem Trockenen», wenn die wörtliche Bedeutung gemeint war (auf dem trockenen Land), und wir mussten schreiben: «Wir sassen auf dem trockenen», wenn die übertragene Bedeutung ausgedrückt werden sollte. Wer freilich daraus folgerte, das sei immer so, der wurde eines Besseren/besseren belehrt, wenn er im Wörterbuch fand: «Sie traf ins Schwarze» (wörtlich gemeint: Sie traf ins Zentrum der Schiessscheibe), aber gleichermassen gross bei übertragener Bedeutung (Sie hat mit ihrer Bemerkung genau das Richtige gesagt): «Sie traf ins Schwarze.» Vollends kompliziert wurde es, wenn geschrieben werden musste «die schwarze Messe», «die schwarze Liste», «das schwarze Schaf», aber «die Schwarze Magie», «das Schwarze Brett», «der Schwarze Erdteil» und «der Schwarze Peter». 1.2 Worttrennung am Zeilenende: Hier galt zwar grundsätzlich die Trennung nach Sprechsilben/Schreibsilben; dieses Prinzip war aber an wichtigen Stellen ausser Kraft gesetzt. So mussten zusammengesetzte Wörter aus dem Griechischen und Lateinischen an ihrer (griechischen oder lateinischen) Kompositionsfuge getrennt werden - ein Schweizer Allerweltswort wie Helikopter zum Beispiel Heliko-pter, ein zentraler Begriff wie Pädagogik zum Beispiel Päd-agogik. Schon in der Primarschule mussten wir lernen: Trenne nie st, denn es tut ihm weh, und mussten so kontraintuitive Trennungen vornehmen wie We-ste (aber Wes-pe). Genug des grausamen Spiels. Wie immer man am Alten hängt: Man möge nicht sagen, es sei leicht und logisch gewesen. Und das will man jetzt wieder? Nein, die Neuregelung verdient den Vorzug, nicht (nur) wie man oft hört, weil man den Menschen einen neuen Wechsel nicht zumuten kann, sondern weil sie die bessere Lösung ist.

Mangel an Differenzierung?
2. Die Neuregelung ist die bessere Lösung. Die Erfahrungen mit ihr in der staatlichen Verwaltung und an den Schulen sind gut. Wenn man eine Orthographie neu regeln will, kann man das zu sehr verschiedenen Zwecken und entsprechend auf sehr verschiedene Weise tun. Man kann - zum Beispiel - eine tendenziell eher einfache, für die Schreibenden leicht lernbare Orthographie suchen, die auf grosse Differenzierungen verzichtet; man kann aber auch eine sehr differenzierte anstreben, die dem Lesenden (vorausgesetzt er beherrscht das Regelwerk) zusätzliche Information bietet. So unterschied die alte Rechtschreibung bis zur 20. Auflage des Duden von 1991 zum Beispiel die Schreibungen «am Dienstag abend», wenn ein bestimmter Dienstag, und «am Dienstagabend», wenn jeder Dienstag gemeint war. Diese Unterscheidungsschreibung ist - wie andere - durch die Neuregelung aufgehoben worden. Kritiker der neuen Regelung haben also durchaus Recht, wenn sie gegenüber der alten Regelung einen Mangel an Differenzierung, positiv formuliert: eine Vereinfachung wahrnehmen. Und genau das war beabsichtigt, war Bestandteil des politischen Auftrags, wie ihn die Politik 1986 in den so genannten 1. Wiener Gesprächen formuliert hat. Es sollte ein Regelwerk geschaffen werden, das mehr Systematik in die Rechtschreibung bringt, den Grad der Allgemeingültigkeit ihrer Regeln erhöht, Ausnahmen allgemeinen Regeln unterstellt und damit lehrbar, lernbar und handhabbar ist. Dass das - im Ganzen - gelungen ist, zeigen die Reaktionen in der staatlichen Verwaltung und an den Schulen, wie sie von der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung erhoben worden sind; ich konzentriere mich im Folgenden auf die Schulen. Die Umsetzung der Neuregelung in den Schulen ist ohne wesentliche Probleme erfolgt. Was die Schüler angeht: Die eigentlichen Gewinner sind die Neulerner; für die Umlerner war es umso schwerer, je erfolgreicher sie sich die alten Regeln eingeprägt hatten. Was die Lehrenden angeht: Die Mehrheit erkennt in der Reform einen Gewinn. Allerdings muss dieses allgemeine Bild differenziert werden: 2.1 Eine (teilweise von über 90 Prozent der Befragten gestützte) positive Beurteilung der Reform hat sich in folgenden Teilbereichen ergeben: · durchgehende Trennung nach Sprechsilben bei nicht zusammengesetzten Wörtern; · Trennung von st; · Neuregelung der Getrenntschreibung von Substantiv und Verb;

· Trennung von ck; · Neuregelung der Dreibuchstabenregel; · Regelung der Grossschreibung von Nomen und Nominalisierungen; · Kommasetzung bei mit und/oder verbundenen Hauptsätzen; · Kommasetzung bei Infinitiven mit zu; · Getrenntschreibung zweier Verben im Infinitiv.

2.2 Die Bewertung anderer Bereiche weicht davon ab. Auf Skalen werden nur mittlere Werte erreicht, die Zustimmungswerte sinken auf 60 bis 65 Prozent. Unterschiedliche Vorbehalte werden geltend gemacht für:

· die Getrennt- und Zusammenschreibung allgemein und speziell für die Verbindung von Adjektiv bzw. Adverb und Verb; · die Gross- und Kleinschreibung speziell im Bereich der Adjektive in Eigennamen und festen Verbindungen; · die Kommasetzung bei der wörtlichen Rede; · die eingedeutschte Version von Fremdwörtern.

Die Reform geht zu wenig weit
3. Es wird der Eindruck erweckt, wer mit der Neuregelung nicht zufrieden ist, dem gehe die Reform zu weit. Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass eine nicht geringe Anzahl von Schreibenden und Lesenden deswegen mit der Neuregelung nicht glücklich sind, weil sie ihnen nicht weit genug geht. Denken wir ein Stück weiter in die Zukunft. Zurück zur alten Schreibung, das ist ja nicht die einzige Alternative. Es gibt ja auch die Möglichkeit der Weiterführung der Reform. An sie denken viele Befragte. Ihre Wünsche gehen in folgende Richtung:

· Immer wieder wird entschieden die Einführung der generellen Kleinschreibung gefordert, vor allem von Lehrkräften der Primarschule. · An weniger weit greifenden Vorschlägen wird öfter genannt: die Abschaffung der ai-Schreibung; die Abschaffung der äu-Schreibung bei Wörtern, die keinen Stamm mit au aufweisen; eine vermehrte Eindeutschung bei Fremdwörtern, die nicht aus einer modernen Sprache kommen; eine praktikable Regelung für ein verbindliches Komma beim Infinitiv mit zu; in Deutschland: die Forderung nach völligem Verzicht auf das ß - wie in der Schweiz; relativ häufig wird in diesem Zusammenhang auch der Verzicht auf die Differenzierung von das und dass verlangt.

In eine solche Richtung könnte gedacht werden, womöglich unaufgeregt, ohne dem, der anders denkt, gleich Bosheit oder Inkompetenz zu unterstellen.

«Das absolute Chaos im Unterricht»

Im Streit um die Rechtschreibreform liefern sich Politiker, Verlage und Bildungsinstitutionen zurzeit einen heftigen Schlagabtausch. Der Frontverlauf ist dabei alles andere als klar: Es gibt Politiker, die dafür, und andere, die dagegen sind - und das gilt auch für Schriftsteller und Verleger. Inzwischen bemüht sich die für die Reform verantwortliche Kultusministerkonferenz (KMK) um eine Entwirrung der verworrenen Lage. In einem «Rat für deutsche Rechtschreibung» sollen Institutionen, Journalisten und Schriftsteller über eine Weiterentwicklung der Sprache beraten. Erste Ergebnisse werden für September erwartet.

Laut einem Schweizer Medienbericht soll auf Initiative der KMK noch im August eine Sitzung mit Vertretern aus Österreich, Schweiz und Liechtenstein in Wien einberufen werden. Die Kultusministerkonferenz wünsche ein Treffen auf Chefbeamten-Ebene, sagte Christian Schmid, Rechtschreibreform-Beauftragter bei der Schweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), der NZZ am Sonntag. Die EDK nahm die Ereignisse in Deutschland mit grosser Überraschung und Bedauern zur Kenntnis. EDK-Präsident Hans Ulrich Stöckling sagte gegenüber der NZZ, für die Schweizer Schulen wäre eine Rückkehr zur alten deutschen Rechtschreibung eine fatale Entwicklung. Sollte die Reform in Deutschland zurückgenommen werden, müsste dem auch die Schweiz folgen. «Sollte dies aber tatsächlich nötig werden, dann prophezeie ich das absolute Chaos im Unterricht.»

(Horst Sitta
ist emeritierter Professor für deutsche Sprache an der Universität Zürich und einer der drei Vertreter der Schweiz in der Zwischenstaatlichen Kommission für die deutsche Recht- schreibung.)

Sehr gut geschrieben!

Van

 

überhaupt finden sich in ausländischen reaktionen und redaktionen der betroffenen länder schweiz, österreich und belgien praktisch ausschließlich kopfschüttelnde anmerkungen zu diesem (Zitat:) Kindergartenstreit von medien, schriftstellern und politikern...dem kann ich mich nur sprachlos anschließen....

auch die aussagen von schülern und lehrern unter 45 zielen fast einstimmig auf eine beibehaltung der NR...

mehr gibts dazu eigentlich nicht zu sagen...grüße, streicher

 
Zuletzt bearbeitet:

@Van Horebeke:

Haben die Schweizer das "ß" eigentlich komplett abgeschafft? Wörter wie "gross" in dem Artikel irritieren mich irgendwie.

P.S. Ah, habe es im Artikel gefunden: "die Forderung nach völligem Verzicht auf das ß - wie in der Schweiz"

 
Zuletzt bearbeitet:

Haben die Schweizer das "ß" eigentlich komplett abgeschafft? Wörter wie "gross" in dem Artikel irritieren mich irgendwie.
Ich kenne einige Schweizer, und die hatten das "ß" noch nie in ihrer Sprache (jedenfalls nicht zu ihren Lebzeiten. WENN es das "ß" mal in der Schweiz gab, dann vor vielen, vielen Jahrzehnten). Insofern wurde es nicht wegen der NR abgeschafft - das gab es nie.

Ansonsten habe ich nichts zu sagen, was nicht schon gesagt worden wäre. Ich hoffe auf baldige Abschaffung der NR, Gründe dafür gibt es ja mehr als genug.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich denke, das Hauptproblem besteht im Moment darin, dass wir natürlich munter weiter jeder posten können "Ich find NR scheiße!" "Ich nicht!" usw. ad infinitum. Das Problem sehe ich in Hinblick auf den Threadursprung eigentlich ganz woanders:

Wir haben einen Status Quo, den viele unerträglich finden. Das letzten Endes die bedingungslose Rückkehr zur "alten" Rechtschreibung (welcher überhaupt? Das wurde ja hier auch schon erwähnt) nicht die Lösung sein kann, ist mit Sicherheit auch den o.g. Verlagen klar. Die Frage sollte also m.E. nicht sein, ob wir eine "Neue" Rechtschreibung brauchen/wollen, sondern eher, was für eine und wie ihre Umsetzung aussehen soll.

Das momentane Modell hat in meinen Augen schlicht zu viele Macken, als dass man es so einfach mirnixdirnix übernehmen könnte. Eins der Hauptprobleme ist für mich immer noch: Die NR hat in vielen Fällen lediglich alte Verwirrung durch neue ersetzt - ihr vielzitierter "vereinfachender" Grundcharakter ist für mich nach wie vor nur in Einzelfällen erkennbar (die ich dann aber auch für unbedingt erhaltenswert erachte!).

Vieles andere hingegen ist in meinen Augen nach wie vor schlicht Humbug,teilweise sogar recht willkürlicher, insbesondere bei der mutwilligen Andersschreibung vieler Worte ohne erkennbares Konzept. Für mich persönlich wird jedenfalls "Delfin" wahrscheinlich auf ewig ein Schreibfehler bleiben, sorry. Stünde hinter dieser Änderung irgendein Sinn oder erkennbares Konzept, müsste es z.B. auch "Fosfor" statt "Phosphor" heissen - tut es aber nicht. Dieser und ähnlicher Unsinn muss in meinen Augen auf jeden Fall und ganz dringend noch mal überdacht werden. Damit wir vielleicht irgendwann doch noch eine Rechtschreibreform hinkriegen, mit der zumindest die meisten, wenn schon nicht alle, halbwegs zufrieden sind.

Und dass sie "flächendeckend eingeführt" ist und "überall unterrichtet" wird, heisst ja noch lange nicht, dass sie auch wirklich toll ist und alle damit klar kommen bzw. zufrieden sind. Ansonsten wären ja u.a. auch viele Zweifelsfälle/Diskussionen allein in diesem Thread gar nicht erst aufgekommen. An einem perfekten Konzept könnte niemand was auszusetzen haben bzw. damit hätte niemand Umsetzungs-Probleme. ;)

 

Nachtrag:

Es gab nämlich schon einige recht "dramatische" Umwälzungen in der deutschen Rechtschreibung. Ein kleines Beispiel: Das Aussterben von Diphtongen mit "y". Wäre man damals so vorgegangen wie heute, würde ich heute wahrscheinlich "Stein und Beyn schwören, das Dasein könnte schöner seyn, wäre nicht die Idiotye mancher teutscher Zeytgenossen..." :dozey:

 

Uwe Post schrieb:
-> "Sprachempfinden" = man hat es irgendwann mal auswendig gelernt, was man wie schreibt.

Sprachempfinden mit Auswendiglernen gleichzusetzen ist ein kleines Bisschen abstrus. Ich würde es eher als subliminale Adaption bezeichnen - oder etwas in der Art.

Uwe Post schrieb:
Allein aus dem Klang von "Bus" und "muss"/"muß" kann man nun wirklich nicht auf die Schreibweise schließen. Das hast Du, glaube ich, selbst ganz oben bereits geschrieben.

Richtig. Nur geht es hier nicht darum, wann "s" und wann "ss/ß", sondern wann "ss" statt "ß".

An der Unlogik einfaches "s" oder "ss" nach NR bzw. einfaches "s" oder "ß" nach AR hat sich durch die NR überhaupt nichts geändert. D.h. wenn diverse NR-Gegner "Bus" und "Kuss" gegenüberstellen, um gegen die NR zu argumentieren, unterschlagen sie, dass derselbe Unterschied "Bus" und "Kuß" bereits in der AR nicht nachvollziehbar war.

Jo_oder_so schrieb:
Nur weil es Leute gibt, die anderer Meinung sind als du, musst du nicht gleich beleidigend reagieren.

Die von dir gepostete dpa-Meldung suggeriert, dass zwischen dem Modernisieren von Texten und der neuen Rechtschreibung ein Zusammenhang besteht. Den Beleg bleibt die Meldung schuldig - was kein Wunder ist, denn es ist absoluter und hundertprozentiger Blödsinn. Die dpa-Meldung bezeichne ich deshalb als populistisch, dumm und sinnleer. Dass du die Meldung trotzdem in diesem Thread gepostet hast, lässt mich annehmen, dass du zu denjenigen gehörst, die alles glauben, egal wie populistisch, dumm und sinnleer es ist, solange nur "Gegen die Rechtschreibreform!" draufsteht. In meinen Augen nicht gerade eine qualifizierende Eigenschaft.

tamara schrieb:
Ich höre beim Schreiben nicht, ob ein Selbstlaut kurz oder lang ist

Um was wollen wir wetten, dass du irrst?

Busse - Buße
Masse - Maße

Erzähl mir nicht, dass du die Vokale gleich aussprichst (oder "denkst"). Ich würde es dir nämlich nicht glauben.

Horni schrieb:
Für mich persönlich wird jedenfalls "Delfin" wahrscheinlich auf ewig ein Schreibfehler bleiben, sorry.

Ich beantrage, den Nächsten, der in diesem Thread den Delfin als Argument gegen die neue Rechtschreibung anführt, von KG.de zu bannen.

Begründung:

a) bewiesene Unfähigkeit, lesen zu können, oder die Unwilligkeit zu lesen
b) gedankenloses Nachplappern der Bild-Zeitung

Es gibt noch einen Grund c), aber den führe ich hier lieber nicht an.

Klaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Okay, mal wieder Lesestündchen für Klaus den Großen... :rolleyes:

Sternenkratzer schrieb:
Ich beantrage, den Nächsten, der in diesem Thread den Delfin als Argument gegen die neue Rechtschreibung anführt, von KG.de zu bannen.

1) Schrei nich so.

2) Ich beantrage, den nächsten, der so einen Scheißvorschlag in die Gegend postet, in ein Lesecamp für Oberlehrer zu schicken... :dozey:

ich habe nun wohl hinreichend begründet, warum ich grade dieses Beispiel für bezeichnend halte.

EDIT: Zudem ist das kein "Argument gegen die NR" sondern nur ein Beispiel gegen dieses spezielle Phänomen, aber wie üblich lesen wir mal wieder nur, was wir lesen wollen, gell? ;)

Und ich wüsste zudem nicht, wer Dir das Recht zugesprochen hat, darüber zu entscheiden, welche Beispiele jemand benutzen darf oder nicht. Eine etwas sachlichere Diskussion wäre m.E. doch wünschenswert. Wenn Du das partout nicht einsehen willst, kann ich es leider nicht ändern. Ich werde jedenfalls weiterhin mit exakt den Beispielen argumentieren, die mir sinnvoll erscheinen. Ansonsten kann ich nur noch sagen: Dass Deine penetrant arrogante und merkbefreite Art nicht nur mir auf die Nerven geht, solltest Du inzwischen eigentlich gemerkt haben.

a) bewiesene Unfähigkeit, lesen zu können, oder die Unwilligkeit zu lesen
:rotfl:
b) gedankenloses Nachplappern der Bild-Zeitung
Schlag mal Deinen neuen Duden unter "Phosphor" auf, dann unter "Delphin" - das nenne ich gedankenlos.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin!

Da mir diese Delfin-Sache jetzt schon seit Tagen im Kopf rumspukt, hab ich mir überlegt, ich stelle noch mal klar, worum es mir persönlich dabei eigentlich geht:

1) "Delfin" wird für mich deshalb immer wie ein Schreibfehler aussehen, weil ich es eben mal anders gelernt habe. Das allerdings ist in der Tat kein Argument. Hahnebüchen finde ich die neue Schreibung deshalb, weil sich dahinter kein wirklich konsequentes Konzept verbirgt, und auch die Zweckursache ist mir schleierhaft. Der einzige Effekt ist, dass Menschen, die "Delphin" bislang ihr Leben lang richtig geschrieben haben, es nun plötzlich falsch schreiben, wenn sie nicht aufpassen. Und dieses Problem - die unterschiedliche Schreibweise gleicher Lautung - ist nicht mal neu. Darum schreiben wir u.a. auch "Fotografieren", aber "Photonentorpedo" oder "Physik" aber "Fiskus".

Die Ursache dafür liegt größtenteils in der unterschiedlichen Herkunft der Wörter und auch an einer schon in der Vergangenheit recht willkürlich vorgenommenen Anpassung (früher schrieb man auch "Photographieren").

Man kann nun natürlich argumentieren, das "Physik" (griechische Herkunft) und "Fiskus" (lateinische Herkunft) ihre jeweiligen Schreibweisen aufgrund ihrer Etymologie behalten sollen. Genau dann aber dürfte ich "Delphin" eben auch nicht mit "f" schreiben! Das Problem ist also ein wenig vertrackt und in meinen Augen extrem doof gelöst worden, nämlich durch mehr oder weniger willkürliches Anpassen von Schreibweisen.

2) Eine Reform, die sich "Konsequenz" und "Vereinfachung" auf die Fahne geschrieben hat, kann aber so nicht vorgehen. Ich möchte im Folgenden einmal kurz erläutern, wie eine konsequente Vereinfachung dieses Problems in meinen Augen ausgesehen hätte:

Man könnte nämlich auch einfach sagen: Wir haben diesen ganzen ph-f-v-Heckmeck satt. Ab sofort gibt es für eine Lautung auch nur noch eine Schreibung. Punktum. Dann sehen von "Farmazeutika" über "Fögeln" und "Forhautferengung" bis hin zu "Fater" und "Fysik" natürlich etliche Worte plötzlich ziemlich komisch aus. Aber das - so ja ohnehin das Argument der Reformbefürworter - ist reine Gewöhnungssache. Und das ist es in der Tat. Denn das Wort selber ändert sich ja nicht. Die Lautung ist nach wie vor exakt die selbe, vorgelesen unterscheidet sich "Fater" nicht von "Vater". (Und damit ist auch die Argumentation der PEN-Vertreter in der Tat etwas abstrus. Denn an Inhalt und sogar Lautung eines Textes ändert sich i.d.R. nicht das geringste, wenn ich ihn an eine andere Orthographie anpasse. Gedichte etc. die mit den Schreibweisen spielen oder so lässt man dann halt schlicht in Ruhe.)

Wir hätten dann jetzt also jede Menge Wörter, die plötzlich total komisch aussehen. Der Gewinn dabei: Ich habe nur noch eine Schreibung für eine Lautung. Wenn etwas wie ein "f" klingt, wird es auch so geschrieben - Irrtum ausgeschlossen!

Ich könnte jetzt sogar noch einen Schritt weitergehen und radikal weiter vereinfachen, indem ich sage:

Der Buchstabe "v" ist in der deutschen Sprache im Grunde vollkommen überflüssig, weil seine beiden Lautungen bereits von anderen Schreibungen abgedeckt werden. Das "f" is schon weg, für den Rest haben wir das "w". Dann haben wir eben plötzlich "Blumenwasen" und "Waseline", aber es gibt eigentlich keinen zwingenden Grund "Vision" anders zu schreiben als "Wissenschaft". Auch hier wieder: Gewöhnungsbedürftiges Schriftbild, aber radikale Vereinfachung. Wenn etwas wie ein "w" klingt, schreib ich auch ein "w" - Irrtum ausgeschlossen.

Ebenfalls viel radikaler vereinfachen ließe sich diese ganze leidige "s"-Geschichte. Die aktuelle Regel lautet ja: Nach langem Vokal oder Diphtong wird der "s"-Laut - sofern stimmlos - zu "ß". Der stimmhafte hingegen bleibt auch nach Diphtong oder langem Vokal, wie z.B. in "Vasen" oder "Schleusen", ein "s". Stimmloses "s" nach kurzen Vokalen wird gedoppelt. "Nass", "Hass". Aber was ist mit "Spaß"? Wieso schreibe ich "Omnibus", aber "Bussard" - bei gleicher Lautung? So weit, so kompliziert.

Wenn ich radikal vereinfachen will, muss das "ß" schlicht und einfach verschwinden. Die dadurch auftauchenden Homonyme "Massen", "Busse" etc. muss ich eben in Kauf nehmen - oder ich löse sie auf, was noch viel besser wäre, weil es eine noch allgemeinere Regelung zuließe. Ich lege die Regel fest: Nach kurzem und langem Vokal und Diphtong wird jedes stimmlose "s" zu "ss"! Für die eindeutige Längenbestimmung bekommt der Vokal - wie auch jetzt schon in vielen Fällen - einen Dehnungsindikator. Vokaldopplung ist doof (die wird im Zuge dieser Reform auf gleich abgeschafft! :D), also landen wir beim Dehnungs-"h". Damit wird es auch möglich, sein Bier in Mahssen zu geniessen, weil es in Massen schädlich wäre.
Warum eigentlich nicht gleich alle langen Vokale solchermaßen indizieren? Dann dürfte ich nämlich "nämlich" "nähmlich" schreiben, ohne führ dähmlich gehalten zu werden...

Die teilweise recht grohssen Unterschiede zur alten Schreibweise muss man eben in Kauf nehmen - wir sind doch nicht reformfeindlich, oder? ;) Auch hier wäre der Gewinn eine Regel, die für alle Fälle gilt. Ich kann jederzeit alleine anhand der Lautung entscheiden, wie das Wort geschrieben wird.

Dass solche Vereinfachungen praktikabel sind, zeigt das Englische. Hier haben z.B. die Buchstaben "v", "f", und "w" jeweils eindeutig zugewiesene Lautungen - ich kann jederzeit anhand der Aussprache erkennen, wie das Wort geschrieben wird. "window", "vision", "fish" - hier kann man im Grunde nichts falsch machen, solange einem die korrekte Lautung der jeweiligen Worte bekannt ist. Im Diktat jedenfalls sind Fehler hier praktisch ausgeschlossen, wenn man die Regeln bzw. Zuordnungen einmal beherrscht. Und Lehnwörter werden dort ausschließlich in der "etymologischen" d.h. der Schreibung der Ursprungssprache geschrieben. Dort sind "Photograph" und "Physics" genau wie der "Dolphin" eben griechische Wörter mit entsprechender Schreibung. (Und irgendwas muss doch noch zum Lernen übrig bleiben, oder? :D)

Auch so Zweifelsfälle wie "das" und "dass" - der nach der o.g. "ss"-Reform als einziges übrig bliebe - sind im Grunde keine Angstgegner. Hier kann man auch ruhig mal mutig sein und sagen: "das" ist "das" - bzw. nach der obigen Regel "dass" ist "dass" - immer! Die Engländer haben auch nur ein "that", ohne dass ihre Sprache sofort vor die Hunde gegangen wäre.

Es gibt natürlich noch zahlreiche andere Dinge, die man nach ähnlichem Schema angehen könnte - aber ich denke, es wird bereits klar, was ich sagen will. Mir geht es darum, dass eine konsequente Logik u.U. auch sehr radikale Veränderungen nachvollziehbar und - langfrsitig gesehen - vermittelbar macht. Natührlich währe ein Text nach der ohben fohrgeschlahgenen Schreibung zunächst ungewohnt zu lehsen, und auch als Schreibender müsste man sich an gewisse Dinge erst gewöhnen, u.a. dass man jetzt stärker auf den Kontext achten muss, wenn man entscheiden will, um wass für ein Wort ess sich handelt. Aber die Witalität einer Sprahche steht und fällt auch mit der Flexibilität ihrer Benutzer. Und die gewöhnen sich schohn noch an Sätze wie: "Wehr dass liest, ist dohf!" ;)

Ließe sich eine solche Reform durchsetzen? Gute Frage. Ich jedenfalls hätte letzten Endes wahrscheinlich mit einer solch konsequenten, weil logischen und tatsächlich vereinfachenden Regelung weniger Probleme als mit den halbseidenen Doktorspielchen, die die bisherige Reform an unserer Ortografie (oder war's Orthographie?) veranstaltet.

Ich bin nicht gegen Reformen - ich mache mir halt nur so meine Gedanken, wie sie am besten aussehen könntesolltewürde...

Insofern:

Just my tuppence,
Horni

 

Jo_oder_so schrieb:
Gefahr zu geraten persönlich zu werden, werde ich mich nun lieber schweigend an dem weiteren Verlauf dieser interessanten Runde beteiligen.

Ach komm. Das ist ein billiger und leicht zu durchschauender Trick. Ich habe begründet, sogar zwei Mal, weshalb die dpa-Meldung populistisch, dumm und sinnleer ist. Du hingegen behauptest nur, dass sie "100%-ig passt". Dein Pech ist, dass jeder im Thread zurückblättern, nachlesen und so feststellen kann, dass deine Behauptung nur eine Behauptung ist. Hinter deinem "vornehmen Rückzug" steckt nicht mehr als eine kinds- und trotzköpfige Unfähigkeit, zuzugeben, Unrecht zu haben. Du machst dich nur ein weiteres Mal lächerlich damit.

Horni schrieb:
ich habe nun wohl hinreichend begründet, warum ich grade dieses Beispiel für bezeichnend halte.

Nein. Würdest du Lesen können, oder - falls du Lesen kannst - die Bereitschaft hättest, zu lesen, dann wüsstest du, dass ich in diesem Thread bereits darauf hingewiesen habe, dass der Delfin mit f seit Jahren im Duden steht, und nicht erst seit der NR. Zwischen Delfin mit f, Delphin mit ph und der NR besteht kein Zusammenhang. Ihn heute als Kritikpunkt gegen die NR anzuführen ist deshalb Schwachsinn.

Klaus

 
Status
Keine weiteren Kommentare möglich.

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom