Was ist neu

Science Fiction des 21. Jahrhunderts

"Was wäre, wenn jemand seine Seele dem Teufel verkaufen würde?"
"Was wäre, wenn Hitler nach dem gescheiterten Putsch in die USA emigriert wäre, um SF-Autor zu werden?"

Beide Geschichten wurden geschrieben und sind somit alte Hüte, d.h. man sollte sie nicht nochmal schreiben. Das ist aber kein Grund, keine "Was wäre, wenn..."-Geschichte zu schreiben. "Was wäre, wenn" ist kein alter Hut, sondern steht für Kreativität und Einfallsreichtum.

Und was das konkrete Beispiel angeht: Ich sehe jede Menge prinzipieller Unterschiede. Kulturell, religiös, politisch.

Jedem Thema wie "Dystopie" (coole Wortschöpfung, ich hab glatt erstmal im Fremdwörterduden nachgesehen, vielleicht wäre "Düsterutopie" aber doch verständlicher) lässt sich etwas neues abgewinnen. Und, ja, auch der Zeitreise, das habe ich auch schon eingestanden. Die meisten Autoren schaffen das bloß nicht, weil sie das Standardszenario des Zeitparadoxons als erstaunlichste Pointe der Literaturgeschichte empfinden, woraus natürlich folgt, dass man sie so oft wie möglich strapazieren muss :D

 

Dann sind wir uns ja doch einig: Nicht das THEMA ist entscheidend, sondern, was der Autor daraus macht.
Tja, und dass man als "Neuling" erst einmal die Grenzen der Genres abtasten muss, bis man sich darüber wagt, ist auch klar.
Meine erste Geschichte ("Das Loch") war auch extrem originell: Monster nisten sich in den Körpern von Menschen ein. Wow... :rolleyes:
Aber das muss wohl so sein.

 

Geschrieben von Rainer
Meine erste Geschichte ("Das Loch") war auch extrem originell: Monster nisten sich in den Körpern von Menschen ein.
War das nicht Phantasmagoria?
Also für mich läßt sich dieser ganze Thread in einem Satz zusammenfassen: "Leute, fällt euch nix Besseres ein, als immer nur über Zeitreisen zu schreiben?"
Inwiefern das inhaltlichwie künstlerisch vertretbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Ich persönlich habe nichts gegen Zeitreisen, solange der Autor sich Gedanken macht, wie das funktionieren könnte, vor allem, was das Zeitparadoxon angeht.
Überhaupt macht für mich das den Unterschied zwischen Fantasy und SF aus. SF muß Mechanismen erklären. Seien es nun physikalische, biologische oder soziologische. Was wiederum nicht unbedingt mit dem Unterhaltungswert der Story korrelieren muß. Da gelten nach wie vor Spannung, gute Charaktere etc. Allerdings muß ich sagen, daß ich bisweilen von (pseudo)wissenschaftlichen Erklärungen durchaus genauso unterhalten werde wie von der eigentlichen Handlung. Als Beispiele seien hier genannt:
- Das Jaunten als "tigroide Funktion" (Alfred Bester, der brennende Mann)
- Die Multiversum-Theorie als Zeitreisen-Grundlage (M. Crichton, Timeline)

r

 

Nehe, das ist eine andere Geschichte. Daran, dass ich sie nicht verlinkt habe kannst du erahnen, wie peinlich sie mir ist... :)
Mit deiner Definition bin ich nicht ganz einverstanden: In Phil Dicks Geschichten wird stillschweigend von Zeitreisen, unmöglich schnellen Raumschiffen, fühlenden Androiden, etc. ausgegangen, ohne dass jemals irgend etwas "erklärt" wird.
Zu deinen Beispielen: Gerade bei "Timeline" begeht Crichton einen Faux-pas, für den hier ein Anfänger abgewatscht werden würde. Es stimmt: Er geht von der Multiversen-Theorie aus. Allerdings widerspricht er sich selbst, wenn zB aus der Vergangenheit in die "echte" Gegenwart Botschaften geschickt werden.

Na ja, was soll´s: Hauptsache ist doch, dass wir Geschichten lesen, die uns unterhalten.

 

SF muß Mechanismen erklären
Gegenrede: Pseudotechnisches (Trekkie-)Gefasel gehört zu den nervigsten "Errungenschaften" der SF. Gute SF zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie nicht haarsträubenden, unlogischen Quatsch konstruiert, um ihn dann mit genauso haarsträubendem, pseudowissenschaftlichen Unfug zu erklären.
Kurzgeschichten, die zu viel explizit erklären, sind m.E. falsch aufgebaut. Die meisten Zusammenhänge sollten durch das Geschehen klar werden, das ist dem mündigen Leser ja wohl zuzumuten.

 

Geschrieben von Rainer
Mit deiner Definition bin ich nicht ganz einverstanden: In Phil Dicks Geschichten wird stillschweigend von Zeitreisen, unmöglich schnellen Raumschiffen, fühlenden Androiden, etc. ausgegangen, ohne dass jemals irgend etwas "erklärt" wird.
Zu deinen Beispielen: Gerade bei "Timeline" begeht Crichton einen Faux-pas, für den hier ein Anfänger abgewatscht werden würde. Es stimmt: Er geht von der Multiversen-Theorie aus. Allerdings widerspricht er sich selbst, wenn zB aus der Vergangenheit in die "echte" Gegenwart Botschaften geschickt werden.
Mir ging es vorwiegend um die Botschaft, daß MIR das lieb und wichtig ist. Daß es viele nicht tun, ist mir klar. Streng genommen müßte ich denen dann das Etikett "SF" aberkennen, hehe. Auch wenn es sich um gloriose Leute wie Dick handelt. Aber lassen wir das.

Daß Crichton einen Fauxpas begeht, und zwar einen doppelt schweren, sehe ich genau so wie du. Dennoch fand ich seine "Erklärung" irgendwie cool.

Geschrieben von Uwe Post
Gegenrede: Pseudotechnisches (Trekkie-)Gefasel gehört zu den nervigsten "Errungenschaften" der SF. Gute SF zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie nicht haarsträubenden, unlogischen Quatsch konstruiert, um ihn dann mit genauso haarsträubendem, pseudowissenschaftlichen Unfug zu erklären.
Kurzgeschichten, die zu viel explizit erklären, sind m.E. falsch aufgebaut. Die meisten Zusammenhänge sollten durch das Geschehen klar werden, das ist dem mündigen Leser ja wohl zuzumuten.
Nun ja, die Geschmäcker sind halt verschieden. Und mir ist bewußt, daß letztlich sowas wie "Das technische Handbuch der Enterprise" Mumpitz zum Quadrat ist, den ich niemals auch nur mit der Kohlezange anfassen würde.
Aber es ist doch schön, wenn ein paar theoretische Grundlagen eines Phänomens soweit erläutert werden, daß sich daraus Handlungsrelevantes ergibt, wo nachher der Leser sagen kann "Aha, klar! Das muß ja so sein!"

r

 

Klaro, wenn's irgendwie logisch und nachvollziehbar ist, und es dem Leser nicht mit dem Dampfhammer um die Ohren gehauen wird, prima!

 

Hallo Uwe und alle anderen!

Ich glaube, das Problem bei SF ist, dass es keine Regeln gibt. Man darf ja fast alles.

SF kann eine normale Liebesgeschichte in anderem Ambiente sein, SF kann Techniken und Entwicklungen weiterspinnen, SF kann einen extremen Perspektivenwechsel vornehmen und unsere (reale) Welt aus der Vogelperspektive beleuchten.

Ich glaube, der Grund warum ich persönlich kein SF mag ist der folgende:

Entweder, eine Geschichte beginnt eindeutig als SF. Dann ist dem Leser klar, dass alles kommen kann, und so ist eine wirkliche Pointe nicht mehr möglich, da ja bereits am Anfang schon alle Grenzen gesprengt wurden.

Oder die Geschichte beginnt nicht erkennbar als SF. Wenn sich der Leser dann fragt, wie sich die Situation wohl entwicklet, wie der Held noch in letzter Sekunde zur Jungfrauenrettung gelangt, und dann plötlich dahin gebeamt wird, fühlt sich der Leser betrogen.

Gernot

 

Das gleiche war bei Raumschiff Enterprise wenn irgeneiner auftauchte der zum ersten mal mitmacht wusste man sofort der stirbt am Ende der Folge. Wegen solchen Sachen mag ich SF nicht.

 

Was für ein pauschaler Unsinn :rolleyes:
Natürlich setzt sich eine vernünftige SF-Story selbst Grenzen. Nicht jede setzt alle Naturgesetze mal eben außer Kraft.

@Gernot: Dein "entweder" und Dein "oder" sind nur zwei Möglichkeiten. Es gibt unendlich viele andere.

@Schreiberling: Das ist ein natürlicher Effekt, der mühelos auf jede TV-Serie zu übertragen ist (allerdings sterben diese Figuren nicht unbedingt). SF-Kurzgeschichten sind aber damit nicht zu vergleichen, außer vielleicht Star-Trek-Fanfiction, und die gibt es hier natürlich nicht.

Ich empfehle euch einen Blick in unsere hiesige SF-Rubrik. Da gibt es einige Geschichten, die euren Befürchtungen nicht entsprechen, werft zum Beispiel einen Blick auf die Empfehlungsliste.

 

Hallo Schreiberling!

Es tut mir leid, Deinen Einwand verstehe ich nicht. Stanislaw Lem hat hervorragende Literatur geschrieben, die sich hinter Grass und Goethe nicht verstecken muss.

Hallo Uwe!

Ich hoffe, ich habe Dir nicht auf den Schlips getreten. Selbstverständlich gibt es sehr viele gute SF, die nicht alles ausser Kraft setzen, und mein Beispiel vom gebeamten Helden war natürlich etwas zu plakativ.

Trotzdem bleibe ich bei meiner Ansicht: Beim Genre SF gelten die wenigsten Regeln, und das macht das Schreiben bzw. das Geniessen nicht leichter. Ich schreibe gerade an einer SF-Story, die sich mit einem recht wirren Gedanken auseinandrsetzt. Was ich nicht mag ist die Tatsache, daß das Einbringen eines einzigen, vom Jahr 2004 auf der Erde abweichenden Umstandes, alle anderen Tatsachen aus den Angeln hebt.

Anders ausgedrückt: In einer Welt, in der man vor dem Sex Pillen nimmt und sich dann mit Handberührung vergnügt (z. B. Barbarella), sind sich Leser und Schreiber dann noch einig, ob es in dieser Welt Hochzeiten, Liebe, Miniröcke gibt?

Gernot

 

Wow, antwortest Du schnell!

Okay, ich will es mal so ausdrücken: Bei SF fühle ich mich als Autor nicht sicher, ob ich das Vertrauen des Lesers noch habe, insbesondere bei Kurzgeschichten, bei denen man besonders wenig Zeit hat, ein Weltbild aufzubauen.

Professor Kuhnfisch z.B. ist eine Geschichte von Dir, in der recht klar ist, dass es ausser der frisch gemachten Erfindung keine Abnormalitäten in der Welt gibt. Trotzdem habe ich beim Lesen etwas geschwommen: Ich war mir über das Genre nicht klar. Sollte ich mir den stark klischeehaften Professor etwas comichaft vorstellen wie Daniel Düsentrieb (wie es zu einer Zeitmaschinen-Geschichte paßt), oder ist er ein ansonsten "ganz normaler" Protagonist, den ich mir mit allen menschlichen Details vorzustellen habe? Oder gar mit den Sorgenfalten eines Kafka-Prots?

Gernot

 

Eher Comic-haft, ist doch eine Comedy-Story :lol: aber zugegeben: es steht nicht dran ;)

 

Diese Bedenken bezüglich einer "Regellosigkeit" kenne ich gut. Wenn alles möglich ist, kann das Vertrauen des Lesers in den Spannungsaufbau leiden.
Das betrifft aber beileibe nicht nur SF! Es kann in jeden Genre passieren, daß der Autor mal eben eine unmögliche Situation durch einen "unerlaubten" Kniff auflöst. Das habe ich extrem oft erlebt, bei James Bond, bei Der Herr der Ringe, bei Dallas und was weiß ich. Damit muß leider immer gerechnet werden.

r

 

Das Thema habe ich implizit schon mit "Der Pionier" abgefrühstückt, hehe. Wenngleich ich es in der Story selbst nicht erklärt habe, warum genau die Wirtschaft zusammengebrochen ist.

r

 

... was mich daran erinnert, dass ich selbige Story von Dir immer noch nicht gelesen habe. Wird gelegentlich nachgeholt.

u.

 

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