Hallo @Perdita ,
Das Science Fiction Jahr 2021 hat als Schwerpunktthema Klimawandel. Kam grad letzte Woche raus. Ich habe es noch nicht in der Hand, aber vom letzten Jahr her beurteilt, sind da wirklich tolle Beiträge drin, teils auf wirklich akademischem Niveau. Durchaus facettenreich und (immer gut begründet) kontrovers, also nicht so, dass alle Standpunkte in den Essays in die gleiche Richtung gehen würden.
Ich habe auch in diesem Band einen längeren Beitrag, "All Humans Must Die! - Pessimistischer Posthumanismus im Klimawandel". Es geht um Antinatalismus vs. runaway population growth / human overbreeding, die Faszination am Abandoned und 'die Welt ohne uns' als neue Utopie.
(Der englische Titelteil ist ein Zitat aus der kanadischen TV Serie Murdoch Mysteries. "All humans must die, George, so that all other creatures on this earth can live.")
Bei der Recherche fand ich Massen an Primär- und Sekundärliteratur (sowie Spielfilme) zum Thema, wobei vieles bereits auf die Zeit grob um die erste Studie des Club of Rome herum zurückgeht: Anfang der 60er.
Bei den (teils neueren) Subgenres Cli-Fi, Solarpunk, Ecocollapse etc. ist es allerdings so, dass der Klimawandel selten auch den literarischen Konflikt stellt. Mad Max z.B. hat als Konflikt die Treibstoffknappheit, obwohl das Setting mit Klimawandel zusammenhängt usw.
Das Problem, den Klimawandel in Fiktion zu verarbeiten, liegt an verschiedenen Gründen, die mit unserer Rolle dabei sowie der traditionellen Erzählstruktur und literarischen Figurenkonzepten zu tun haben. Es ist also nicht so, wie dein Ruf hier im OP andeutete - dass alle nur wegschauen würden. Es wird ja dazu geschrieben, damit kannst du eine ganze Bibliothek bestücken. Ich fands jetzt auch nicht schwierig, die Werke zu recherchieren oder auszuleihen / kaufen. Vielleicht beruhigt es dich, dass deine Sorge da wohl unbegründet ist.
Mein Favoriten dabei waren:
Brian Aldiss' Hothouse von 1962. Weil die Erzählperspektive bzw- haltung keine rein humanoide ist (Stichwort Spezieszismus) und es sehr dadurch ungewöhnlich ist.
Harry Harrissons KG "Roommate" (1971, die Kurzfassung seines Romans Make Room! Make Room!, der mir aber nicht ganz so gut gefällt wie die KG), worin er dezidiert das RPG als Ursache für den Klimawandel kritisiert. Das Buch diente als Inspiration zu dem Film Soylent Green, der aber zu Harrissons Unmut statt des Bevölkerungswachstums- ein Kannibalismusthema hernahm, was dem Ganzen eine irreale Note gibt und letztlich nix zum Thema beizutragen hat, außer ein bisschen Grusel.
Robinson hab ich in dem Essay unbeachtet gelassen, weil der - sorry - überhaupt nicht meine Tasse Tee ist und er ein zu umfangreiches Output hat, um das nur anzuschneiden. Ich hab inzw. allerdings vergessen, warum er mir nicht nur stilistisch, sondern auch von der Erzählhaltung her nicht gefiel.