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Pickelige Jungs versus wimmerlgesichtiger Buben - das Dilemma sprachlicher Minderheit

Jynx schrieb:
Ich finde es schön, wenn man diese Unterschiede liest, sieht, merkt - und fühlt beim Lesen.
Du hast es zwar im Posting davor auch schon gesagt, aber da vergaß ich, in meiner Antwort zu schreiben, daß mich das freut. :)
Und eigentlich finde ich es schade, daß man bei den Schweizern außer dem fehlenden ß praktisch keine Eigenheiten bemerkt. Oder fallen sie mir nur nicht auf?

Woodwose schrieb:
Ich finde es stört dann, wenn der Leser sich nicht nur denkt "Aha, ein österreichischer Autor", sondern: "Häh? ich verstehe nur Bahnhof."
Mich würde sowas stören.
Man kann ja Begriffe, bei denen einem bewußt ist, daß sie nicht von jedem verstanden werden, mit einem Sternchen versehen und am Textende erklären. Leser, die mit dem Begriff nichts anfangen können, können da nachschauen.
Umgekehrt geht es mir ja auch so, daß mir beim Lesen gewisse Dinge auffallen. Wenn Deutsche zum Beispiel "die Cola" schreiben, wo es doch bei uns "das Cola" heißt. Oder wenn sich der Protagonist eines deutschen Autors "auf seinen Stuhl setzt", dann denke ich mir insgeheim immer noch "pfui...", obwohl ich natürlich weiß, daß es sich um einen Sessel handelt. :D

Ich möchte auch, dass meine Texte verstanden werden, und ich war mir ebn nicht sicher, ob mein österreichischer Wortschatz verstanden wird.
Je öfter er verwendet wird, desto eher wird er verstanden. Warum verstehen wir die Deutschen denn um so viel besser, als sie uns? Weil wir uns durchs Fernsehen und durch deutsche (oder von Deutschen übersetzte) Bücher, Zeitschriften etc. daran gewöhnt - ihre Ausdrücke erlernt - haben.
Umgekehrt fand dieser Austausch nicht in dem Ausmaß statt - und das nicht nur, weil Österreich kleiner ist, sondern auch, weil Österreicher teils dazu übergingen, entweder das Deutsche ganz anzunehmen, um besser vermarktet werden zu können, oder zumindest von ihren Hits deutsche Versionen zu produzieren, wozu meines Wissens nach sogar Ambros und Danzer gehören. Hätten diese Österreicher mehr sprachliches Selbstbewußtsein bewiesen, wäre das gegenseitige Verständnis heute schon größer und Du kämst wahrscheinlich gar nicht auf solche Gedanken. ;)
Gerade in einer Zeit, in der so viele Menschen zig Fremdsprachen lernen, kann es nicht zuviel verlangt sein, ein paar Gehirnzellen für die Eigenheiten der Nachbarn übrig zu haben. Bis man sie sich merkt, muß man sich halt hin und wieder, sofern der Sinn sich nicht aus dem Zusammenhang ergibt, eine Minute Zeit nehmen, um ein Wort nachzuschlagen, oder vielleicht - wozu man hier, im Gegensatz zu Büchern, ja die Möglichkeit hat - nachzufragen.

Wenn ich mir die meisten Kommentare anschaue, scheint das aber sehr wohl der Fall zu sein. Das beruhigt mich ja schon. Dann also weiterhin Paradeiser statt Tomaten.
Eben. Und gerade das Internet bietet sich ja durch die Aufhebung geographischer Entfernungen direkt an, es auch zum Vergrößern des gegenseitigen Verständnisses zu nutzen. :)

 

Und eigentlich finde ich es schade, daß man bei den Schweizern außer dem fehlenden ß praktisch keine Eigenheiten bemerkt. Oder fallen sie mir nur nicht auf?
Der Grund liegt auf der Hand. Das Schweizerdeutsche ist auf einer ganz anderen Ebene als die deutsche Sprache. Nicht so bei den Österreichern und den Deutschen. Wenn wir unsere sprachlichen Eigenheiten einbringen würden, dann würde der Leser mehr Zeit bei Google als bei unserer Geschichte verbringen.
Und dann fehlt es vielleicht auch etwas am Selbstbewusstsein. Jedenfalls hatte ich lange Zeit ein ß ß ßchlechtes Gewissen. :D

 

Das Schweizerdeutsche ist auf einer ganz anderen Ebene als die deutsche Sprache.
Dem kann ich nur zustimmen. Wir haben z.B. ja auch nur eine Vergangenheitsform :D. Und Wörter wie "lisme" würden auf Hochdeutsch nur bescheuert klingen.

 

"lisme" heisst "stricken". Auf Hochdeutsch würde es dann "lismen" heissen, was sprachlich einfach furchtbar wäre. :D Hehe, so ein Thread wäre echt witzig. Dann müsste man gbwolfs "lätschig" (?) miteinbeziehen ;).

 

Weiß eigentlich jemand, wie das Verhältnis der Nationen in diesem Forum ist? *zu Webmaster schiel*

 

@ Häferl:

Warum verstehen wir die Deutschen denn um so viel besser, als sie uns? Weil wir uns durchs Fernsehen und durch deutsche (oder von Deutschen übersetzte) Bücher, Zeitschriften etc. daran gewöhnt - ihre Ausdrücke erlernt - haben.
Umgekehrt fand dieser Austausch nicht in dem Ausmaß statt - und das nicht nur, weil Österreich kleiner ist, sondern auch, weil Österreicher teils dazu übergingen, entweder das Deutsche ganz anzunehmen, um besser vermarktet werden zu können,
Völlig richtig, Susi. Man braucht sich nur österreichische Fernsehprodukitonen anzusehen, um das bestätigt zu kriegen. Da kommen immer wieder "Wiener Originale" vor, die "Bullen" statt Kieberer sagen. Sehr realistisch. :hmm:

 

Nachdem dieser Thread bereits für einige Erleuchtungen bezüglich Marillen und Paradeisern geführt und den wahren Namen des Rühreis enthüllt hat, und da manche behaupten, sie würden ohnehin alles verstehen, kommt jetzt der ultimative Test. Dass die Wiener in Wien Frankfurter heißen und umgekehrt, dürften die meisten wissen, aber wie stehts damit:

ballestern ?
Beiried ?
Beuschel ?
Blunze ?
Drucksorte ?
Einbrenn ?
Fauteuil ?
Fisolen ?
Gelse ?
Germ?
hutschen ?
Kluppe ?
Kren ?
Melanzani ?
Partezettel ?
Pennal ?
Powidl ?
Reindel ?
Remise ?
Ribisel ?
Stanitzel ?
Tuchent ?
Weichsel ?
Weitling ?
Zeller ?
und als Krönung (das wusste ich bis vor kurzem selbst nicht): Fogosch ?????

Und nur zur Erinnerung: Es handelt sich hierbei nicht um Dialektwörter sondern um amtliches österreichisches Hochdeutsch.

 

Zitat von Jynx
Gibt es eigentlich einen 'niedliche' Wörter-Sammel-Thread?
Wäre doch bestimmt größtenteils schwäbisch!

 

@Woodwose:

Meine Wenigkeit: Elf Treffer bei fünfundzwanzig Begriffen. So schlecht nicht ...

@Elisha:

Genau! Diese Eigenheit beruht auf historischen Gegebenheiten. Um ungeliebte, jedoch am längeren Arm sitzende "Autoritäten" und eventuell drohende Katastrophen in ihre eigentlich angemessene (unbedeutende) Form zu zwingen, wurde seit altersher jene Wort-Endung, die auf die Verkleinerungsform hinweist, angewandt: ...le.
Beispiele:
Herzögle
Kriegle
Apokalypsle
Bürgermeischterle

Damit der Obrigkeit diese Frechheit nicht auffiel, tarnte man sie mit der üblichen Verniedlichungsform.

Beispiele:
Spätzle (spez. Teigware und Kosewort)
Hosenscheißerle
Gutzle (kleine Backwaren - schreibt man evtl. anders)
Träuble
Brötle (gesprochen: Bräetle -> Semmeln)
u. s. w., u. s. w. ...

Guats Nächtle.

 

interressante Liste, Woodwose, als Oberösterreicher kann ich behaupten, beinahe alle Wörter zu kennen bzw bereits im normalen Sprachgebauch gehört zu haben... bis auf:

hutschen und natürlich
Fogosch

nie gehört und zu faul nach dem österreichischen Wörterbuch zu kramen... :dozey:

Ich frage mich aber, was du damit beweisen willst... es gibt immer Wörter, die nicht auf Anhieb verstanden werden (sonst bräuchte man kein Wörterbuch ;) ), da muss ich nicht mal im regionalen Sprachgebrauch herumstochern

 

Ich frage mich aber, was du damit beweisen willst...
Eigentlich will ich damit gar nichts beweisen. Ich hab ja schon weiter oben geschrieben, dass ich mir über das ganze wohl (wieder mal) zu viele Gedanken gemacht habe. Wenn schon will ich herausfinden, wie groß die Unterscheide, das Unverständnis ist. Im Wesentlich steckt dahinter aber nur kindische Freude, jemandem ein Rätsel aufzugeben.

 

Hallo Woodwose,

in der Liste verstehe ich tatsächlich die wenigsten Wörter. Aber das beweist tatsächlich überhaupt nichts, weil man sich Wortbedeutungen aus dem Kontext erschließt.

Ich kann z.B. kein Wort Flämisch, Portugiesisch, Französisch oder Spanisch, lediglich Englisch und Deutsch. Trotzdem ist es mir schon gelungen, Verkehrsschilder, wissenschaftliche Texte und Nudelsoßeninhaltsangaben in ebendiesen Sprachen zu lesen, weil sich die Wortbedeutung eben oft aus dem Kontext erschließen lässt. Im Österreichischen sollte das noch leichter sein.

Und weil wir gerade bei lokalen Eigenheiten sind:
brüttig
schmütig

Na? :)

 

Nein Gnafu, Plattdeutsch gilt nicht als Dialekt, sondern als eigene Sprache. Sogar als schützenswerte.

 

Ich kann ja mal versuchen euch eine Geschichte in Platt zu präsentieren, wird wohl aber etwas länger dauern, ich hab selber schon seit Jahren kein Platt mehr gesprochen,
In der Rubrik Mundart gibt's schon drei platte Geschichten zum Einlesen. ;)

Plattdeutsch gilt nicht als Dialekt, sondern als eigene Sprache. Sogar als schützenswerte.
Schützenswert ist sowieso auch jeder Dialekt, weil er zur Kultur der jeweiligen Gegend gehört.
Aber eine richtig amtliche Sprache ist Plattdeutsch nicht, oder?

 
Zuletzt bearbeitet:

das wird hier doch nicht in chauvinistischen lokalpatriotismus ausarten?
Also von mir aus nicht. Wenn ich den Eindruck erwecke, möchte ich mich heftig davon distanzieren. Ich bin durchaus in der Lage zwischen "anders als ich" und "schlechter als ich" zu unterscheiden.

@ Naut:

Und weil wir gerade bei lokalen Eigenheiten sind:
brüttig
schmütig
Na?
Keine Ahnung, was das heißt, klingt aber ziemlich niedlich. Aus welcher "Sprache" auch immer das sein mag, die kann man wohl gut singen. :D
Aber das beweist tatsächlich überhaupt nichts, weil man sich Wortbedeutungen aus dem Kontext erschließt.
Stimmt natürlich, und bei vielen Wörtern kann man noch dazu vom Klang des Wortes auf dessen Inhalt schließen. Da fällt mir wieder diese Kindergeschichte ein voller erfundener aber eindeutig verständlicher Wörter: "Gestern war ich im Schlumperwald. War das schrugl!" Oder das "Jabberwocky"-Gedicht aus "Durch den Spiegel" aka "Alice im Spiegelland". :read:
So, schließlich möchte ich noch die "Auflösung" nachreichen:

ballestern ? (auf einem "Boltzplatz") fussballspielen
Beiried ? Roastbeef (Da musste ich tatsächlich im Duden nachschaun, wie das auf "Deutsch" heißt, wobei "Roastbeef" ja eigentlich englisch ist. Gibt es dafür überhaupt ein "richtig" deutsches Wort?
Beuschel ? Lungenhaschee
Blunze ? Blutwurst
Drucksorte ? Formular
Einbrenn ? Mehlschwitze (was meiner Meinung nach ein Fall für den "niedliche Wörter" Thread ist)
Fauteuil ? Polstersessel
Fisolen ? Grüne Bohnen
Gelse ? Stechmücke
Germ? Hefe
hutschen ? schaukeln, wippen
Kluppe ? Wäscheklammer
Kren ? Meerrettich
Melanzani ? Aubergine
Partezettel ? Todesanzeige
Pennal ? Federtasche
Powidl ? Am ehesten Pflaumenmuß, aber ich glaube, das ist nicht ganz das selbe.
Reindel ? Kasserolle (Bei diesem Wort muss ich immer an "Kassa-Rolle" denken, also die Dinger, aus denen Registrierkassen die quittungen machen. Aber - um mich nicht wieder des Chauvinismus verdächtig zu machen - auch "Reindel" reizt mich in geschriebener Form eher zum Lachen.
Remise ? Wagenschuppen
Ribisel ? Johannisbeere
Stanitzel ? Tüte
Tuchent ? Zudecke
Weichsel ? Sauerkirsche
Weitling ? große Rührschüssel, ich glaube, auf "Norddeutsch" gibts dafür gar kein spezielles Wort.
Zeller ? Sellerie
Fogosch ????? Zander (Aber ich persönlich habe den Eindruck, selbst die meisten Wiener schaun einen komisch an, wenn man sie fragt, ob sie schon mal Fogosch gegessen haben.)

 
Zuletzt bearbeitet:

Plattdeutsch ist eine Sprache, die in vielen verschiedenen Dialekten in Südjütland, Norddeutschland und den nordöstlichen Niederlanden (z.B. Groningers, Twents) neben Hochdeutsch, Hochdänisch und Hochholländisch gesprochen wird. Südliche Grenze zum Hochdeutschen Sprachraum ist die Benrather Linie. Die Dialekte des Plattdeutschen blieben weitgehend unbeeinflußt von der althochdeutschen Lautverschiebung. Eine vereinheitlichte Hochsprache gibt es nicht (mehr), früher war jedoch Plattdeutsch sogar vielerorts Amtssprache.
Das Niedersächsische (Plattdüütsch) und Niederfränkische konnten sich bis nach dem Zweiten Weltkrieg als vorrangige Umgangssprache im niederdeutschen Sprachraum halten, sind aber durch das Hochdeutsche inzwischen stark in ihren Existenzen gefährdet. In Deutschland existiert kein einziges Radio-Vollprogramm in Plattdeutsch.

Seit 1994 ist das Sächsische (Niedersächsische) als eigene Sprache durch die Europäische Union anerkannt und geschützt. In einigen bundesdeutschen Ländern gibt es Regelungen gegen die Diskriminierung des Niedersächsischen. So sind in Schleswig-Holstein die Behörden verpflichtet, Anfragen und Anträge auf „Plattdeutsch” nicht nur zu bearbeiten, sondern auch auf „Plattdeutsch” zu beantworten. Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass auch Patentanträge beim Bundespatentamt in München auf Plattdeutsch gestellt werden können. In den Niederlanden ist das Niedersächsische (Saksisch oder Nedersaksisch) als weitere Amtssprache offiziell anerkannt.

Google lässt grüßen!

 

Aha, sehr interessant. Wieder was dazugelernt. Danke, Jynx und Elisha! :)

 

Häferl schrieb:
Aus aktuellem Anlaß: Kolporteure kolportieren bei uns keine Gerüchte! :lol:
Auch ich sehe für die Eingabe keine Chance, Susi, denn wenn Kolporteure Zeitungen kolportieren, die Gerüchte verbreiten, dann paßt’s, oder? Also wenn ich bei Duden wär’, …

 

Das hieße dann ja, daß nichts anderes als Gerüchte in den Zeitungen stehen ... :susp: Da paßt doch schon eher die im österreichischen Wörterbuch stehende Bedeutung "Nachrichten verbreiten" - das können natürlich auch falsche Nachrichten bzw. Gerüchte sein, so genau weiß man das nie, aber ich hoffe doch, daß wir auch noch ein bisschen von der Wahrheit erfahren ... ;)

Und wieso "Auch ich"? :susp:

 

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