Was ist neu

Die unerträgliche Bedeutungslosigkeit des Schreibens

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hehe.. ich glaube, da hat Frederik tatsächlich ein wenig über Gebot hinaus interpretiert. So sehr ich zumindest seinen Ausführungen auch folgen und diesen zustimmen kann, so wenig können sie sich in meinen Augen gegen Frauke wenden. Die Annahme eines Missverständnisses ist bereits selbst ein Missverständnis. Deshalb würde ich vorschlagen, Freds Beitrag als allgemeinen Beitrag zu betrachten, also nicht im Sinne einer an Frauke gerichtete Aufklärung in eigener Sache.

Stattdessen möchte ich mal versuchen, auf Fraukes oben von ihr gestellte Fragen konkreter einzugehen:

Doch nicht jeder hat es verdient.
Wer entscheidet sowas?
Gegenfrage von mir: Welche Rolle spielt das?

Ich finde es nicht schade um jene, die zwar gut schreiben können, aber dabei so viel reflektieren, wie sie es beim Sprechen tun.
Wer von Euch denkt nicht beim Sprechen?

Wer sagt, was richtig ist? Das finde ich eben einfach eines der Probleme an dieser Diskussion.

Vorab finde ich es wirklich schön von dir, Frauke, dass du dich nicht gleich, womöglich noch schlicht reaktionär, darüber aufregst, dass es vielleicht Leute geben mag, die "sagen, was richtig ist". Du stellst nicht gleich, wie so viele andere hier in ähnlichen Diskussionen, eine Art Antithese hintendran, die eine rhethorisch gemeinte Frage gleich vollendet zu beantworten beabsichtigt. Das gibt anderen die Möglichkeit, differenziert auf in den Raum gestellte Fragen einzugehen (die noch keine These beinhalten), ohne gleich, wie ich es häufig hier beobachten muss, allein zu einer lediglich entgegengesetzten Stellungnahme verleitet zu werden - was mMn zu einer Überbewertung von vor allem extrem entgegengesetzten Meinungsäußerungen führt; und dass auch noch allzu oft zugunsten des jeweils persönlichen Egos jedes Gesprächsführers, und damit letztendlich zu Lasten der eigentlichen Diskussion. Was wohl nicht im eigentlich beabsichtigten Sinne einer jeden Diskussion sein sollte (hoffe ich zumindest mal).
Für diese Art von Gesprächsführung bin ich sehr dankbar.

So, jetzt aber zurück zum Thema: Zum Denken beim Sprechen und Schreiben fallen mir neben Annas von Wilhelm Busch zitierter Aphorismus auf der ersten Seite

Gedanken sind nicht stets parat.
Man schreibt auch, wenn man keine hat.

(Wilhelm Busch)
auch noch ein weiterer des Philosophen Heideggers ein:
Das Bedenklichste in unserer bedenklichen Zeit ist, daß wir noch nicht denken.
Beide Aphorismen sollte man am Besten gleich mehrmals hintereinander aufmerksam lesen und darüber reflektieren. Zumindest Heidegger tat das - er hielt Anfang der Fünfziger Jahre gleich einen ganzen Vortrag zu dieser zentral zu diskutierenden These. Weiterhin begann er seinen Vortrag damals mit dem Ausgangspunkt
In das, was Denken heißt, gelangen wir, wenn wir selber denken. Damit ein solcher Versuch glückt, müssen wir bereit sein, das Denken zu lernen.
Sobald wir uns auf dieses Lernen einlassen, haben wir auch schon zugestanden, daß wir das Denken noch nicht vermögen.
Aber der Mensch heißt doch der, der denken kann - und das mit Recht. [...] Indes will der Mensch vielleicht denken und kann es doch nicht. [...]

Wenn wir zu lernen versuchen, was Denken heißt, verlieren wir uns dann nicht in die Reflexion, die über das Denken denkt? Gleichwohl fällt auf unserem Weg ständig ein Licht in das Denken. Allein dieses Licht wird nicht durch die Laterne der Reflexion erst herzugebracht. Das Licht kommt aus dem Denken selbst und nur aus ihm. Dem Denken eignet das Rätselvolle, daß es selber in sein eigenes Licht gebracht wird - freilich nur dann, wenn es und solange es ein Denken ist und davon frei hält, auf einem Räsonieren über die ratio (Vernunft) zu beharren.

So: Wenn es für uns Menschen nun ein Problem darstellt, diese Welt, in der wir leben (und damit meine ich auch uns selbst - denn wir leben - so wenigstens die Hoffnung - in erster Linie ja vor allem erstmal in uns selbst!), zu verstehen, ist es um unseren Frieden willen zuträglich, diese Welt zu interpretieren und uns "eigen" zu machen (das meine ich natürlich nicht im materiellen Sinne).

Das betrifft in hohem Maße natürlich auch die Literatur (dh. besser jene, die wir auch tatsächlich lesen!), wie Zaza in Echnatons begleitendem Thema hier schon sehr ausführlich auf den Punkt gebracht hat.

Nun finde ich persönlich es weniger interessant, was man allgemein zum Status Quo in Sachen >bedeutende Literatur< kontra >unbedeutende Literatur< hier oder anderswo aussagen kann. Das ist mehr eine statistische Frage und über die Grenzziehung oder manch eine vermeintlich damit einherziehende Konsequenz wird gern und oft gestritten. Wir sollten uns lediglich darüber einig sein, dass man diese genannte Unterscheidung mit Überzeugung vollziehen kann.

Was spricht nun für die sogenannte >bedeutende Literatur< ? Antwort: Sie liefert uns Vorstellungsvorgaben für unsere Weltanschauungen (dazu wiederum Zazas Beitrag). >unbedeutende Literatur< dagegen macht genau das nicht! Das verstehen wir im allgemeinen auch unter dem Begriff "Unterhaltung" (jenes "Unter" in diesem Wort kommt nicht von ungefähr und deutet auf etwas sehr grundlegendes, dh. rudimentäres hin).

Nun meinte Anna in ihrem Posting bereits zutreffend

Ich bin nicht sicher, wann es beinahe zu einem "Pfui, das tut man nicht!" wurde, das Individuum als Teil seiner Gesellschaft zu beschreiben, und zwar als ihr Produkt ebenso wie als ihr Gestalter.
Der Schriftsteller als Gestalter seiner Gesellschaft. Und je größer sein Einfluss auf seine Gesellschaft wird, umso mehr Verantwortung wird auch von ihm erwartet; aber umso mehr Gefahr kann auch von ihm ausgehen.

Liegt darin auch nur einer der Gründe verborgen, weshalb sich viele Autoren lieber in banale als in Aussagen-implizierende (>bedeutende<) Texte verlieren? Sowohl als Schreibender wie als Leser? Vielleicht, weil die Welt zu komplex und unübersichtlich geworden ist, sich damit kaum noch jemand zutraut, diese hinreichend interpretieren zu können (selbst im rein zwischenmenschlichen) ? Die Menschen aber sind nicht dümmer geworden. Es sind die Strukturen, die sich laufend verändern - und an die wir uns vielleicht noch immer nicht ausreichend akklimatisiert haben.

Ein Gutes hat die (Post-)Moderne allerdings: Es wird heute mehr gezeigt als erklärt denn je. Nicht nur, weil viele Erklärungen heute ohnehin kaum noch jemand verstehen kann (daher hat man sich umständehalber besser auf das Zeigen konzentriert). Man wird heute eben auch viel schneller zur Rechenschaft gezogen, mit seinen Aussagen. Denn unser Bildungsgrad ist heute größer als je zuvor. Damit wächst nicht nur die Quantität der kritikfähigen Menschen in Bezug auf die Literatur. Unser Wissen heute geht bekanntlich auch in die Breite - viele Schulen nähren viele Ansichten und Philosophien. Damit wachsen auch die Anforderungen an jeden Autoren, heutzutage überhaupt noch objektiv bedeutende Literatur schreiben zu können - und nicht nur schnelllebig populäre.

Vielleicht hängt es auch ganz wesentlich mit Heideggers "Uneigentlichkeit" des heutigen Menschen zusammen. Der heutige Mensch "wohnt" nicht mehr "in sich", sondern vielmehr in der ihn umgebenden Welt. Ist es nun daher so, dass sich diese Welt heute fast nur noch selbst interpretiert (und daher oberflächlich bleiben muss), als dass der Mensch als solcher diese Welt interpretiert (und damit erst zu Tiefe gelangen kann) ?

 

@philo

Gegenfrage von mir: Welche Rolle spielt das?
Für mich im Grunde keine, denn ich finde nicht, daß irgendjemand entscheiden darf, ob ein anderer schreibt. Und KG.de ist eine Seite ohne Zugangsbeschränkung und das ist auch gut so.

Also entscheidet meiner Ansicht nach niemand, wer hier - objektiv - was verdient hat.

 

@arc

Dann sind wir uns in diesem Punkt einig.

Ich stimme aber auch zugleich Zazas Einstellung zu. Denn ihre Einstellung bleibt ohne Konsequenz. Ihre Bewertung ist eine subjektiver Art. Und ohne Folgen für irgendwelche anderen Autoren.

Wenn es irgendwann einmal zur Diskussion stehen würde, irgendwelche Zulassungsbeschränkungen hier auf kg einzuführen (ein paar wenige gibt es aber schon längst!), würde ich mich ziemlich sicher wie du für ein möglichst offenes Forum entscheiden. Immerhin erfüllt kg für mich auch einen nicht unerheblichen sozialen Aspekt, den eine Beschränkung genauso beschneiden würde, wie es auch eine Bewertung von einzustellenden Geschichten nach sich ziehen würde.

 

um hier noch ein wenig weiter vom Thema abzuweichen:

Gäbe es ein Geschichten-Forum, in das man zB per Einladung aufgenommen würde, von denen, die "drinnen" sind...
Ich würde mich über eine Einladung freuen. Dann aber muß man wirklich vorsichtig sein, nicht zu einem elitären Haufen zu verkommen, der auf einer anderen Basis fortsetzt, was die große Gruppe auch tut.
Geht die Ausgewogenheit und Selbstkritik verloren, würde ich mich entweder dagegen auflehnen, oder gehen.

Ich persönlich würde aber nicht KG.de für so ein "geschlossenes Forum" aufgeben wollen. Mir gefällt die Offenheit und die Vielfalt hier.
Vielfalt bedeutet für mich immer auch Wahlmöglichkeit. Und es bedeutet, mich insofern entfalten zu können, als ich frei bin, hier zu schreiben, was ich will, aber auch zu lesen was ich will, wie zu kommentieren und kritisieren, was ich will.

Das bedeutet für mich eine Freiheit, die mich persönlich weiterbringt. Jeder mag das für sich entscheiden.

 

Dann aber muß man wirklich vorsichtig sein, nicht zu einem elitären Haufen zu verkommen, der auf einer anderen Basis fortsetzt, was die große Gruppe auch tut.
Wem sagst du das? Immerhin haben Woltochinon und ich uns bereit erklärt, den neuen, partiell geschlossenen Kritikerkreis hier auf kg leitend zu unterstützen. ;)
Was daraus werden wird, kann vorerst nur eher wage prognostiziert werden.

So sehr es aber von anderen und weniger von uns als Moderatoren abhängt, was man nun einen "elitären Haufen" zu nennen vermag, so wenig habe ich für meinen Teil aber zumindest vor, diesem zweifelhaften Image gerecht zu werden.

 

Ich wollte damit vor allem ausdrücken, daß eine "Beschränkung" nach oben oder unten nicht immer zum gewünschten "Erfolg" führt, die Qualität zu steigern. Es kann - wenn es denn ( meiner Ansicht nach ) schief geht - auch nur zu einer Verkürzung der Skala bei gleicher Heftigkeit der Bewertungen führen, oder dazu, daß ausnahmslos alles, was innen ist gut und alles, was außen ist schlecht ist....

Ich möchte vor allem, daß die, die nach einer Art von "Elite" schreien, sich fragen, was sie ihnen bringt.
Es kann, muß aber nicht die Lösung mancher Probleme sein, mit denen sich Leute herumtragen...

 

Zitat:
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Ich finde es nicht schade um jene, die zwar gut schreiben können, aber dabei so viel reflektieren, wie sie es beim Sprechen tun.
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Wer von Euch denkt nicht beim Sprechen?

Wärest du so freundlich mir offenzulegen, wie ich deine Äußerung deuten kann. Wie du bereits erwähntest scheine ich das missverstanden zu haben.

 

ich fand das gar nicht so schwer zu verstehen, aber ich kann es gern nochmal anders ausdrücken, falls ich mich beim ersten Mal zu kurz gefaßt habe:

Ich finde es nicht schade um jene, die zwar gut schreiben können, aber dabei so viel reflektieren, wie sie es beim Sprechen tun.
Ich kann über mich selbst nur sagen, daß ich beim Sprechen denke. Erst recht, wenn ich nicht mit Small-Talk mit irgendjemandem beschäftigt bin, sondern eine Geschichte erzähle, oder über etwas rede, das auch nur irgendeine Bedeutung hat.

Deshalb wollte ich nur wissen, ob es ( hier oder sonstwo ) Menschen gibt, die beim Sprechen eben nicht denken.
Ich halte Dich persönlich nun zum Beispiel für jemanden, der durchaus ein funktionsfähies Hirn besitzt und es auch entsprechend einsetzt.

Also ist mir diese Aussage von Zaza einfach völlig an irgendeiner Bedeutung vorbeigegangen ( außer vielleicht einer Beleidigung, die dann schlecht gezielt wäre und die ich ihr nicht unterstellen mag ).

Der zitierte Satz impliziert für mich, daß die Autoren, auf die sie ( ungenannt? ) anspielt, beim Schreiben nicht ( ausreichend?) denken, so wie sie auch beim Sprechen nicht denken ( ausreichend? ) würden.

Und da es sich ja ( zumindest auch ) auf Autoren auf KG.de bezieht, wollte ich durch meine Frage nur deutlich machen, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß eben eine große Gruppe exisitiert, die beim Sprechen nicht denkt.

Das sollte keinerlei Angriff auf irgendjemanden darstellen, sondern nur die Diskussion, ausgehend von dem ersten Posting wieder aufgreifen. Und zwar, indem ich in Frage stelle, was für mich als unstimmig erschien.

Frauke

 

  • Reflexion und Denken ist nicht das gleiche
  • In der Regel ist die Qualität geschriebener Worte und Sätze höher als diejenige spontan gesprochener Worte und Sätze
  • Die reine Widergabe bereits bekannter Dinge und deren Komposition innerhalb eines Textes, ohne sich jedoch um die Aussage und die Wirkung dieser zu kümmern, hat nichts mit Denken, sondern lediglich mit Reflexion zu tun

 

Reflexion und Denken ist nicht das gleiche
stimmt, jetzt kommen wir auf einen gemeinsamen Nenner! Da kann man durchaus Kritik ansetzen, an dem Satz, den wir hier zu Tode zitieren, oder?

zu Deinem 2. Punkt: auch das habe ich nicht bestritten. Mir ging es dabei um einen anderen Punkt

Ich habe nie bestritten, daß hier eine Menge Geschichten gepostet werden, die ich so ( schlecht? ) nichteinmal erzählen würde. Aber das war auc gar nicht mein Ausgangspunkt.
Mir ging es darum, daß der Satz eine Art von Anspruch stellt, den ich nicht unterstützen möchte. Und den ich deshalb in Frage stellen wollte.

 
Zuletzt bearbeitet:

hehe... das find ich jetzt gerade lustig. :)

Zuerst hab ich mich gefreut, da du schreibst, dass wir einen gemeinsamen Nenner gefunden haben, was meiner Erfahrung nach ja nicht gerade häufig in Diskussionen geschieht.

Dann hab ich deine Zeilen weitergelesen, und bemerkt: hm, irgendwas stimmt hier nicht...! Ich musste erst ein paar Minuten nachdenken und die relevanten vorhergehnden Postings von dir, mir und Frederik nochmal durchlesen bis ich draufkam, worin wir uns anscheinend noch immer missverstehen.


Aaalso: mit meiner Definition "Reflexion und Denken ist nicht das gleiche" wollte ich eigentlich eine wichtige Anmerkung zu deiner letzten Antwort auf Frederiks Nachfrage über euer Missverständnis ins Spiel bringen. Du dagegen, wenn ich dich richtig verstanden habe, verstehst meine Anmerkung dagegen als Kritik auf Zazas Meinung (anstelle auf deinen eigenen Beitrag).

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Fußnote:
Es ist schon eigenartig: Jetzt wollte ich mich zur Abwechslung mal extra kurz fassen, um besser auf den Punkt zu kommen - und prompt werde ich (wieder) missverstanden. Meinen sehr langen Beitrag davor, so befürchte ich, liest dagegen niemand, weil er mehr Denkanstöße als greifbare Formeln bietet - und damit nicht so sehr auf Verständnis abzielt, aber dafür eben naturgemäß viel mehr in die Breite gehen muss; womöglich zu breit für die meisten (das ist keine Anspielung).

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Egal. Also, Frauke: So weit ich dich verstanden habe, betrachtest du das Denken als eine sehr, sehr grundlegende Ausübung des menschlichen Geistes. Das verstehe ich daraus, dass du da, wo Zaza lediglich von "Reflexion" spricht, unvermittelt mit dem Begriff "Denken" zu argumentieren anfängst. Das erweckt für mich den Anschein, dass du diese beiden Begriffe offensichtlich gleichsetzt (darauf wollte ich eigentlich reagieren). Vielleicht ist es weiterhin sogar so, dass du das Denken als eine noch grundlegendere Funktion des Geistes ansiehst als die Reflexion.

Darin widersprechen wir uns zumindestens auf der sprachlich semantischen Ebene.

Wenn man zB. von bedeutenden Menschen aus Wissenschaft und Kultur spricht, fällt gerne auch einmal der Bezeichnung "Denker". Platon zB. so sagt man, war einst ein großer "Denker". Wenn nun jeder schon ganz grundsätzlich eine Gabe wie dieses menschliche "Denken" in alltäglichem Gebrauch hätte, dieses also bereits beim ganz normalen Sprechen, beim Geschichten erzählen (wie du es gemeint hast) oder auch einfach beim Gang zum Supermarkt und der Auswahl benötigter Lebensmittel einsetzen würde, wenn also das "Denken" beinahe so selbstverständlich wie das Essen und Schlafen wäre - wäre es dann nicht sehr merkwürdig, Platon einen klassischen "Denker" zu nennen?

Sicher, jedermann kann denken. Jeder hat zunächst mal das geistige Potenzial dazu. Entscheidend ist aber vielmehr, dass eben kaum jemand von dieser Gabe gebraucht macht. Was wir tun, wenn wir Sprechen, uns Geschichten erzählen oder zum Supermarkt gehen ist vielmehr das Abrufen von Gedächtnisinhalten sowie das Ver- und Abgleichen dieser Inhalte (das ist auch das, was man eigentlich unter "Kreativität" versteht). Mit Denken hat das (zunächst einmal) überhaupt nichts zu tun!

Klar ist bekanntermaßen zwar weiterhin auch, dass man im alltäglichen Sprachgebrauch gerne davon spricht, dass jemand zB. "mal eben Nachdenken" muss. Dabei meint er eigentlich aber wohl eher nur, dass er sich gerade an etwas zu erinnern versucht. Oder, dass er zB. verschiedene Gedächtnisinhalte miteinander vergleicht um eine Entscheidung zu treffen - und dabei schließlich den- oder diejenigen Inhalt(e) zum Gebrauch für seine (angenommen) nachfolgende Handlung macht, die ihm ein bestimmtes, wünschenswertes Gefühl vermittelt.

Allgemein mag es damit endlich wohl zwei Bedeutungen von "Denken" geben: eine, sagen wir: "vulgäre" und eine ursprüngliche (die vulgäre ist meiner Erinnerung nach tatsächlich auch erst später entstanden!). Das deckt sich auch mit vielen anderen Begriffsverwendungen unserer Sprache: Wenn ich zB. sage, van Gogh war ein großer "Maler", werde ich damit wohl nicht auszudrücken versuchen, dass van Gogh ein großer Anstreicher war! Dennoch sagen wir aber zum einen wie auch zum anderen "Maler"! Wir erkennen die beabsichtigte Bedeutung aus dem Kontext heraus. Genauso ist es meiner Ansicht nach mit dem "Denken".


Ich hoffe, dass das jetzt einigermaßen verständlich war und zur Klärung beiträgt. Das alles wollte ich eigentlich auch schon in meiner dritten These oben zu verstehen geben, auf welche du, Frauke, aber nicht eingegangen bist. Ich vermute mal deshalb, weil du diese nicht im Zusammenhang mit meinen beiden vorhergehenden Definitionen und Thesen verstanden hast. Dabei war dieser dritte Punkt von mir als Konklusion aus dem vorher geschriebenen gedacht...


PS: "Reflexion" meint: Betrachtung, Widerspiegelung.
Daraus aber kann keinerlei Abstrahierung oder Dialektik entstehen. "Bedeutung" in literarischen Texten entsteht nicht allein aus der Reflexion heraus (sonst wäre diese zB. durch künstliche Intelligenz ersetzbar). "Bedeutung" setzt das Denken voraus - das die Reflexion als Unterbau benötigt. Erst darauf baut das Denken auf! Viele Texte gelangen aber nun mal gar nicht erst auf diese höhere Ebene.

 

<Schreiben ist veredeltes Denken.>


Zitat eines unfassbar bekannten Autoren, dessen Name mir momentan entfallen ist.

 

<Schreiben ist veredeltes Denken.>

Ja, kann es sein, ABER grundsätzlich ist


"Schreiben die optische Darstellung der Gedanken."

(auf diesem Spruch copyreite ich !)

und erst in zweiter Linie mag da auch mal was Veredeltes dabei sein.

 

Das verstehe ich daraus, dass du da, wo Zaza lediglich von "Reflexion" spricht, unvermittelt mit dem Begriff "Denken" zu argumentieren anfängst.

nein, absolut nicht.
Das Zitat, auf das ich mich allein bezogen habe, stammt von Zaza. Wird hier immer wieder verwendet und benutzt explizit das Wort "denken".

Ich bin mir außerordentlich bewußt, daß Refelktieren und Denken in gewisser Weise verschiene Dinge sind.

Nur ist der zitierte Satz eben nicht formuliert:
Sie reflektieren beim Schreiben soviel wie beim Sprechen,
sondern die Formulierung lautet:
sie denken ....

was ich damit darstellen will:
wer hier den Autoren unterstellt, nicht zu denken ( verstanden in dem Sinne, wie Du es offenbar auch meinst ), der geht meiner Meinung nach zu weit.

wer sagt: Viele hier reflektieren nicht, der trifft sicher einen lohnenden Punkt.

rein sprachlich: Denken ist für mich die geisitge Aktivität in dem allgemeinen Sinne, den Du darunter ebenfalls faßt ( also jetzt nicht: Ich denke, es ist heute warm, sondern schon darüber hinaus ), und Reflektion ist eine qualifizierte Form des Denkens.

Refelktion beinhaltet für mich das, was das Wort selbst sagt: eine vertiefte, qualifizierte - meinetwegen auch zu einem Grundbestandteil intellektuelle - Auseinandersetzung mit einem Thema / Problem / Gedanken / Phänomen.

Ich denke auch beim Möbelkaufen, aber ich reflektiere nicht den Sinn eines Regals.


Meine Kritik richtet sich auch nicht gegen Zazas (gemeinte) Aussage, daß man beim Schreiben reflektieren soll, sondern dagegen, daß es in dem hier zu Tode zitierten Satz durch die unsaubere Formulierung mißverständlich wird und die Emotionen hochkochen läßt.

Würde sie wirklich unterstellen, daß die gemeinten Autoren nicht denken, dann wäre das schlichtweg beleidigend.
Ich habe diese knappe und offene Frage auch nur deshalb gepostet, weil ich hoffte, es käme eine Diskussion wie diese in Gang, damit wir mal klarstellen können, ob es wirklich hieß: "ohne jede Hirnaktivität", oder "ohne vertiefte Reflektion." - für mich ein entscheidender Unterschied.

Anschließend kann man dann klären, ob jede Art von KG eine Reflektion braucht, worin sie sich äußert und was ihr Fehlen bedeutet. Ich wollte aber an den Wurzeln einiger Mißverständnisse ansetzen.

Einen Widerspruch sehen ich zwischen unsere Ansichten ( bis jetzt ) eigentlich nur darin, daß ich Reflektion als Teil des Denkens begreife und Du Dich zu diesem Punkt nicht geäußert hast. Vielleicht sind wir uns ja auch darin einig.

Wenn man zB. von bedeutenden Menschen aus Wissenschaft und Kultur spricht, fällt gerne auch einmal der Bezeichnung "Denker".
Genau, weil Denken der Oberbegriff ist, und neben der Reflektion auch andere Bereiche des Denkens relevant sein können. ZB Invention ...

Allgemein mag es damit endlich wohl zwei Bedeutungen von "Denken" geben:
Dieser These widerspreche ich bedingt.
Wir spezifizieren den Bedeutungsgehalt von Denken je nach Kontext und Relevanz. Ja, aber Denken bedeutet geistige Aktivität. Für mich gibt es also eine einzige Bedeutung von Denken, aber ein weites Feld, das davon abgedeckt wird.
Wenn der Kontext schon klärt, was wir meinen, dann können wir uns genauere Bezeichnungen des Vorgangs schenken. Denn dann ist klar, daß Plato nicht jemand war, der wenig schlief und deshalb viel Zeit zum Denken hatte. Wenn ich aber Menschen pauschal unterstelle, nicht zu denken, dann ist da leider - und das ist der einzige Grund für diese Diskussion - kein eindeutiger Kontext. Ich kann mir Menschen vorstellen, die sagen: Du dämlicher Trottel, denkst nicht eine Sekunde, wenn Du schreibst. Alles fließt einfach so aufs Papier, wie Deine Finger es in die Tasten hauen.
oder jemanden, der sagt: Ich finde, das Niveau, auf dem hier reflektiert wird, ist mir nicht hoch genug. Es müßte doch mehr drin sein. Strengt Euch an.


Ich gehe die ganz Zeit davon aus, daß wir einer Meinung sind, Philo.
Sehe ich das etwa falsch?

Die reine Widergabe bereits bekannter Dinge und deren Komposition innerhalb eines Textes, ohne sich jedoch um die Aussage und die Wirkung dieser zu kümmern, hat nichts mit Denken, sondern lediglich mit Reflexion zu tun
wenn ich aber Deinen 3. Punkt betrachte, dann sind wir doch unterschiedlicher Meinung...
jedenfalls auf sprachlicher Ebene. Inhaltlich, denke ich, sind wir uns sehr einig.

Frauke

 

<Schreiben ist veredeltes Denken.>
Wer hat das denn geschrieben?

Mein Eindruck dazu: 1.: reines Wunschdenken, 2.: nicht besonders tiefsinnig.


@Frauke

wenn ich aber Deinen 3. Punkt betrachte, dann sind wir doch unterschiedlicher Meinung...
jedenfalls auf sprachlicher Ebene. Inhaltlich, denke ich, sind wir uns sehr einig.
Richtig. Denn:
Das Zitat, auf das ich mich allein bezogen habe, stammt von Zaza. Wird hier immer wieder verwendet und benutzt explizit das Wort "denken".
Das ist so einfach nicht wahr!

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Ja, man will ein guter Autor sein. Doch nicht jeder hat es verdient. Ich finde es nicht schade um jene, die zwar gut schreiben können, aber dabei so viel reflektieren, wie sie es beim Sprechen tun.
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Ich hab jetzt dafür extra mal die Suchfunktion in meinem Browser eingesetzt, um das Wörtchen "Denken" oder "-denken" zu suchen, denn ich kann natürlich auch einmal etwas überlesen und Computer lügen ja bekanntlich nicht. Tatsächlich ist es so, dass in Zazas gesamten Eröffnungsposting nicht ein einziges Mal dieser Begriff Verwendung findet! Und selbst auf der gesamten ersten Seite kommt das Wort "Denken" gerade drei Mal vor: einmal bei Zazas zweitem Posting (aber in einem ganz anderen Kontext), einmal bei Horni und einmal bei Streicher. Das war's.

Das wäre jetzt alles nicht so erwähnenswert, wenn ich persönlich Zaza nicht eine präzise Ausdrucksweise unterstellen würde, die tatsächlich genau das meint, was sie schreibt. Aber auch ich selbst möchte nicht gerne aufgrund von Begriffen, die ich gar nicht verwendet habe, missverstanden werden. Deshalb ist mir die Klärung dieser Sachlage wichtig.

Zaza spricht also davon, das die Leute sowohl beim Sprechen als auch beim Schreiben reflektieren. Das ist auch meine und, soweit ich es verstanden habe, auch Frederiks Ansicht. Sobald wir dieses Missverständnis geklärt haben, kommen wir auf sprachlicher Ebene endlich mal zusammen. *uff*


Für mich ist "Denken" das, was uns vom Tier unterscheidet. Hier scheinen wir uns uneins zu sein, denn du schreibst ja

[...], weil ich hoffte, es käme eine Diskussion wie diese in Gang, damit wir mal klarstellen können, ob es wirklich hieß: "ohne jede Hirnaktivität", oder "ohne vertiefte Reflektion." - für mich ein entscheidender Unterschied.
Das verstehe ich so, dass du meinst: Nicht Denken = "ohne jede Hirnaktivität".
Allerdings verfügen bekanntlich auch Tiere, zumindest die höheren Arten, über eine ausgesprochen vitale "Hirnaktivität". Heißt das dann für dich, dass auch die Tiere zu Denken vermögen? Wenn ja, was unterscheidet uns dann von ihnen?

Allerdings drückst du dich nicht ganz klar aus:

Ja, aber Denken bedeutet geistige Aktivität.
Ein paar Absätze weiter wird der Begriff "Denken" bei dir also schon von der bloßen "Hirnaktivität" zur "geistigen Aktivität" erhoben. Das ging ja schnell! ;)

Einen Widerspruch sehen ich zwischen unsere Ansichten ( bis jetzt ) eigentlich nur darin, daß ich Reflektion als Teil des Denkens begreife und Du Dich zu diesem Punkt nicht geäußert hast.
Für mich ist das Denken eine Ebene höher als die Reflexion angesiedelt, während du es genau umgekehrt siehst. Für dich ist die Reflexion ein Teil des Denkens, während für mich das Denken ein Teil (besser: bedingte Folge) der Reflexion ist.

Das ist doch auch dass, was wir allgemein unter dem menschlichen "Verstand" einerseits und der menschlichen "Vernunft" andererseits verstehen: Unser Verstand ist das grundsätzliche, das reine "Verstehen" (zu etwas ver- stehen - ein "Ver-hältnis"). Auch Tiere verfügen über einen Verstand, denn sie können mit ihrer Umwelt in sinnvollen Kontakt treten. Tiere können auch reflektieren, denn sie sind zB. lernfähig - das setzt die Reflexion bisheriger Erfahrungen voraus.

Aber erst das menschliche Denken vermag unsere Fähigkeit zur Vernunft (von "Ver-nehmen" ) hervorzubringen. (zumindest versteht die abendländische Philosophie diese Begriffe so, was zB. "die" Psychologie dazu sagt, weiß ich jetzt gerade nicht)

Und was ist dann die "bloße Hirnaktivität"? Ich würde mal vorschlagen: reine Wahrnehmung, nichts weiter. Erst die Reflexion, die wie gesagt auch bereits beim Tier erfolgt, führt zum Verstand. Und erst die Fähigkeit zur Abstraktion und Dialektik, die dem Menschen eigen ist, führt zum eigentlichen Denken.

 

hi Philo!

Ich hab den zitierten Satz grad noch mal im Original nachgelesen. Und jetzt seh ich völlig ein, warum wir aneinander vorbeireden. Entschuldigung.

Das verstehe ich so, dass du meinst: Nicht Denken = "ohne jede Hirnaktivität".
Ich habe allerding in meinem gesamten Posting dargelegt, was Denken für mich bedeutet. Der Überspitze Satz "ohne Hirnaktivität" ist nicht meine ( wissenschaftliche oder sprachliche ) Auffassung davon.

Ob Tiere denken --- sicher ein Streitthema, zu dem es unendliche Forschungen geben mag. dann fangen wir wieder an, uns auf Differenzierungen zu beziehen .. logisches / verknüpftes / intelligentes Denken ...

lassen wir es mal dabei, wie Du sagst: Denken, in dem Sinne, wie wir es hier verwenden, ist das, was den Menschen vom Tier unterscheidet.

Ein paar Absätze weiter wird der Begriff "Denken" bei dir also schon von der bloßen "Hirnaktivität" zur "geistigen Aktivität" erhoben. Das ging ja schnell!
Nein, das ging nicht schnell, das hat etwas mit dem Kontext zu tun. Wie gesagt: beim "ohne Hirnaktivität" ging es um eine überspitzte Formulierung.

ob es wirklich hieß: "ohne jede Hirnaktivität", oder "ohne vertiefte Reflektion."
damit wollte ich nämlich klarstellen, in welche Richtung man die Aussage: dabei nicht denken (von der ich da fälschlich ausgegangen bin) verstehen kann...

Für dich ist die Reflexion ein Teil des Denkens, während für mich das Denken ein Teil (besser: bedingte Folge) der Reflexion ist.
Ich glaube, wir gehen einfach nur von einer verschiedenen Verengung des Begriffes "Denken" aus. Wenn Du Denken als die abstrakt-logisch-verknüpfende Auseinandersetzung siehst, dann ist Deine Ausgrenzung der Refelktion daraus konsequent und bekommt von mir keinerlei Kritik.

Nur fasse ich den Begriff eben - jedenfalls für mein Sprachverständnis - weiter. Und damit schließt er sowohl Deine Sichtweise, wie auch die Reflektion ein.

Ich denke, wir können wirklich damit aufhören, uns über diese Begriffe im Kreis zu drehen.
Ich gebe gerne zu, das Zitat im Laufe des Threads falsch verstanden zu haben. Das mag auch auf die unklareren Begriffs-Grenzen zurückzuführen sein, denn ich mußte für mich ja auch erstmal selbst für mich ausklamüsern, was die genauen Unterschiede jetzt in diesem Kontext sind.

Gerade unter Deinem Verständnis "Reflexion" als dem "Denken" unterlegen .... müßte aber doch meine Frage eigentlich Sinn machen? Denn zu unterstellen, daß jemand nichteinmal diese "untere" Schiene gefahren sei, ist ja dann "stärker"...? Es macht aber sicher wenig Sinn, das noch auszudiskutieren.

Ich starte jetzt auch keine neue Runde, indem ich frage: Wer reflektiert beim Sprechen nicht? Denn das führt nirgendwo hin.

Es tut mir leid, durch mein Mißverständnis im letzten Posting für noch mehr Mißverständnisse und solche Diskussionen gesorgt zu haben.

Also laßt uns zum ursprünglichen Thema zurückkehren und wieder mehr Leute an der Diskussion beteiligen. Hier wird nicht mehr scharf geschossen ( auch nicht haarscharf vorbei ;) )

 
Zuletzt bearbeitet:

@Frauke & Philo - wo bleibt eigentlich das Fühlen, findet Ihr das nicht auch wichtig? Ist nämlich auch nicht dasselbe wie denken und meiner Ansicht nach wichtig... ;)

 

@Häferl:

in dem Zitat, über de wir uns hier die Köppe einschlagen ging es ja nur um die Denk-Reflektions-Ebene.
Ich für meinen Teil finde das Fühlen einen ganz wichtigen und sehr grundlegenden Teil für (die meisten, oder sogar alle?) Geschichten.

Und ja: es wäre wünschenswert, wenn Autoren auch hinter den emotionalen Aspekten ihrer Geschichten stehen.

Mich würde jetzt grad ehrlich interessieren, ob man eine gute Geschichte schreiben kann, ohne sich dabei in die Geschichte und / oder Personen hineinzufühlen??? Ich selbst kann das nicht, aber ist es möglich?

 

Hmm,

interessante Diskussion, Philo´s Heidegger- Hinweise lassen mich wahrscheinlich nicht einschlafen, bemerkenswert.
Als ich Zazas Einleitungetext las, dachte ich: stimmt, so habe ich das Lesen im Forum auch schon empfunden. Betonung von Inhalt, Orginalität... das sind große, begüßenswete Ansprüche. Mir würde es für den Anfang schon reichen wenn ´einfach´ mehr Geschichten, keine reinen Gefühlszustands- Beschreibungen, weltanschauliche Traktate oder Reportagen gepostet würden.
Natürlich macht ein Anfänger mehr Fehler, als ein `alter Hase´(Häsin), doch man vermißt manchmal schon den Willen des Autors an sich zu arbeiten.

Tschüß... Woltochinon

 

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