Was ist neu

alltag

Genre: alltag

  1. Käthe

    „Da hab ich gewohnt, das hab ich verlassen.“ (aus dem Song „Sehnsucht nach der Schönhauser“ von Barbara Thalheim) Eines Tages kam eine alte Bekannte bei mir auf Arbeit vorbei. Ich hatte zu der Zeit einen befristeten Job im Kiezcafe in der Wühlischstraße und wohnte in Friedrichshain. Ein Kumpel...
  2. Odesa

    alltag 
    Dachbalken durchschlugen die Zimmerdecke in der Rozkydailiys’ka Street unter ohrenbetäubendem Lärm. Mörtel rieselte in die Stube, in der Baba Jaga beim Mittagessen saß. „Was ist das, Mama?“, brüllte Nya in den Hörer. Das Knistern fernen Feuers und Sirenengeheul drangen durch ein Funknetz nach...
  3. Ein neuer Bewohner

    alltag 
    Kurz vor der Mittagsmahlzeit betrat ein älterer Herr den Essraum und Schwester Christiane wies ihn auf einen freien Stuhl. Er hatte sich gerade hingesetzt, da krähte Frau Prosel: "Da können Sie sich nicht hinsetzen, das ist der Platz von Frau Walzer." "Aber Frau Walzer ist doch tot", erwiderte...
  4. Rastlos

    alltag 
    Ich lebe seit einigen Jahren in einem Pflegeheim am Rande einer kleinen Stadt. Wie alle anderen Bewohner kann ich mich nicht mehr selbst versorgen und habe auch keine Angehörigen, die die Pflege leisten könnten. Körperlich bin ich beeinträchtigt und kann mich nur im Rollstuhl bewegen. Aber...
  5. Das Holz der Zwölfapostelbuche

    alltag 
    Das Sägewerk rief freitag morgens bei meinem Bruder in der Werkstatt an. Sie sagten, er könne das Holz sofort abholen, es sei jetzt kammertrocken. Ich hatte den Sommer über für einen belgischen Architekten schwarz auf dem Bau gearbeitet, Rigipswände und Schutt wegfahren, der Mann schuldete mir...
  6. Abschiedsfeier

    alltag 
    Umgeben von hohen Tannen stand das Pflegeheim am Rand der kleinen Stadt. Hier geschah sehr wenig. Wer aus einem Fenster schaute, sah kleine Rasenflächen und Blumenbeete, dann aber dunkle Tannenwälder, vor denen die Siedlungshäuser des Ortes wie Spielzeug aussahen. Das interessanteste an der...
  7. Und plötzlich war alles anders

    Wenn mich jemand fragt, warum ich diesen Weg gegangen bin, antworte ich, mir blieb keine andere Wahl. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Es gibt immer eine Alternative. Eines Nachts kam sie an mein Bett, bot mir lächelnd die Hand und lockte mit sanfter Stimme. Ich widerstand und entschied...
  8. Bericht von unten

    Das Rattern der Förderbänder, das Hämmern der Faltpressen, der großen Industrietrockner und Waschmaschinen, alles vermischt sich zu einem Dröhnen. Ohne Unterbrechung von Schichtanfang bis Schichtende. Die Luft ist feucht und heiß, das Atmen fällt schwer. Ich stehe am Band in Halle A und meine...
  9. Lady in Black

    alltag 
    Das Anlitz des Mädchens wirkte starr, wie aus Stein gemeißelt. Sie war sehr schön. Ihre maskenhaften Züge schienen keiner Regung fähig. Ihre Augen waren wie Bleistiftstriche. Sie war eine von den Frauen auf den jahrtausendealten Wandmalereien, auf denen man Menschen sieht, die ihre Hände...
  10. Lippenstift

    alltag 
    Hier, sagte meine Mutter. Sieh dich an! Lippen so rot. Ich öffne die Augen. Es ist nur die kleine Lampe auf dem Nachttisch eingeschaltet, doch ich sehe sie, ich sehe meine Lippen im Schlafzimmerspiegel. So süß, sagt sie, sagt meine Mutter. Zucker. Ich öffne meinen Mund, hauche gegen den...
  11. Oberfläche einer Nacht

    Verdammt noch mal! Warum ist es so heiß hier drin? Die gottverdammte Scheißschminke läuft ja direkt wieder runter. Kein Wunder, die Heizung ballert auf fünf! Verdammte Scheiße und verdammter Scheißdrecksrollkragenpullover! Warum? Bin ich eigentlich behindert? So, jetzt noch mal in Ruhe! Erst das...
  12. Festhalten

    Und dann heißt die Band auch noch Memory Bane. Sven findet, sie klingen wie Knocked Loose mit Trompete. Ob das mutig ist oder bescheuert, muss das Internet entscheiden. Sven macht nur Fotos. Den Kids gefällt es. Den Hardcore-Kids. Ein paar davon sind sechzehn, ein paar sind sechsundvierzig...
  13. Die Werkstatt

    alltag 
    „Schon da?“ fragt mein Vater, als ich die Tür zur Werkstatt öffne. Auf der Bühne steht ein Barkas. Wo hat er den schon wieder her? „Gut. Ich kann mal ne Hand gebrauchen.“ Ich setze mich auf den Fahrersitz und er zeigt auf die Motorabdeckung im Boden. „Nimm die mal hoch. Ich will mir kurz den...
  14. Busfahrt

    Früher war es ganz normal für mich mit dem Bus zu fahren. Voll-gepackt mit Aldi-Tüten nach Hause. Wenn man dann aber jahrzehnte nicht mehr auf Bus und Bahn angewiesen ist, sieht man das mit anderen Augen. Heute nehme ich mal wieder den Bus! Ich habe alle Zeit der Welt und stürze mich in das...
  15. Fünfzehn Stufen

    Seine Schwester schläft. Er ist aus dem Zimmer geschlichen, hat die Klinke langsam heruntergedrückt und die Tür hinter sich zugezogen. Sie ist nicht aufgewacht. Er ist ihr auch nicht mehr böse, dass sie ihn verpetzt hat beim Vater. Er weiß, warum, kennt ihre Angst. Sie hofft, dass der Vater ihr...
  16. Gabi & Bumpel

    Seit Tagen erwacht Gabi mit einem Gefühl von Endlichkeit. Am Himmel sieht sie letzte Sterne verblassen, es hat zu dämmern begonnen. Neben ihr schläft Bumpel, die Decke ist mit Raureif überzogen. Die Sterne waren immer schon da, denkt Gabi, werden immer da sein, auch wenn sie jeden Morgen aufs...
  17. Motte

    Ich hasste die Fahrschule. Es war nicht das Autofahren. Das machte mir Spaß und dafür hatte ich ein Händchen. Mein Vater hatte mich schon früh im Urlaub auf dem Feldweg fahren lassen und seit einem Jahr übte ich auf der Straße vor unserem Haus Anfahren und Einparken. Wir wohnten in einer...
  18. Stoke Newington

    alltag 
    Ich dachte: „So ein Scheiß“. Es war nachts, und es war in London, wo ich mutterseelenallein auf der Straße stand. Der Film „Die Tote aus der Themse“ kam mir in den Sinn. Miriam hatte sich mit ihrem Punk davongemacht, und meine Freundin Dana hatte in dem Klub, vor dem ich jetzt einsam stand, ein...
  19. Das Baumhaus

    Ich finde den Lichtschalter nicht, zu lange Zeit bin ich von hier fort gewesen. Ich warte, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben und arbeite mich in Trippelschritten zum Eingang vor. Die Tür knarrt, als ich sie öffne. Ich erkenne die transparente IKEA-Lampe gleich wieder, das...
  20. Das ausgeliehene Sakko

    Ich lag auf dem Sofa und wusste wieder nichts mit mir anzufangen. Mir kam eine Idee. Die Jacke kratzte über meine Arme, in die fertiggeschnürten Schuhe konnte ich hineingleiten, die Schlüssel klirrten. Ich trat vor die Tür. Es regnete schon wieder, doch es machte mir nichts aus. Am Kiosk nebenan...

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