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Früher brannten mehr Bäume

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08.01.2002
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Früher brannten mehr Bäume

Sobald meine Eltern mich für alt genug hielten, die Strecke zu Omi allein zu laufen, hieß es:
„Geh du schon mal vor, wir kommen nach!“ Und für mich war klar, sie würden auch dieses Jahr zu Omis Weihnachtsfeier zu spät kommen.
Den zwanzigminütigen Fußweg zu ihrer großen Altbauwohnung trottete ich stets in einem Zwiespalt. Erschien ich pünktlich, musste ich die inquisitorische Befragung meiner Verwandten ertragen. Kam ich als die Quasi-Vorhut zu spät, wurde ich getadelt, dass man so etwas nicht tue und ob mir solch ein Verhalten etwa meine Eltern beigebracht hätten.
Bange klingelte ich.
„Kommen deine Eltern nicht?“ Meine Tante Thea spähte irritiert an mir vorbei die Treppe runter.
„Die kommen nach.“
„Na, denn frohe Weihnachten, komm rein!“ Die Haustür ließ sie sperrangelweit auf.
„Die kommen später“, klärte ich sie auf und drückte die Tür zu.
„Ach so, wann kommen sie denn? Omi hat gesagt, allerspätestens um sechs.“
Ich zog die Schultern hoch, doch mein unförmiger Wintermantel ließ das nicht erkennen.
„Haben sie dir nicht gesagt, wann sie kommen?“
Ich blickte überrascht meine Tante an. Meine Eltern wären im Leben nie auf die Idee gekommen, ihrem Kind etwas über ihre Pläne mitzuteilen.
Gab es Eltern, die das taten? Oder war das eine Fangfrage? Meine Wangen glühten.

Woher sollte ich wissen, wo sie jetzt waren.
Sie hatten keine Lust auf die Weihnachtsfeier. Das wusste ich.
In meiner Naivität hatte ich das in einem Jahr mal redselig mitgeteilt und durfte mir stellvertretend für meine lustlosen, säumigen Eltern wüste Vorwürfe anhören. Selbst das dümmste Kind tut dies kein zweites Mal. Einen „Du-kannst-nix-für-deine-Eltern-Bonus" gab es bei meinen Verwandten nicht.
Dreist etwas zusammenzulügen, das gelang mir meist schon im Ansatz nicht. Blieb nur zusammengestotterte Flucht nach vorn:
„Ich, äh, finde auch, dass sie nie pünktlich kommen, also, äh, das ist echt unmöglich.“
Der durchdringende Blick meines Onkels Paul ruhte auf mir und besagte:
„Dich durchschau ich. Du bist so durchtrieben wie deine unmöglichen Eltern.“
Ansonsten war nun Ruhe. Nur ich hatte keine, weil jede weitere Minute, in der meine Eltern nicht erschienen, auf mir lastete, als sei ich allein dafür verantwortlich.

Jedes Jahr, das wussten wir alle, trieb meine Omi ihren Schwiegersohn Jochen in den Tannenbaumwahnsinn.
Es musste für ihre Wohnstube mit der hohen stuckverzierten Decke eine meterlange Tanne sein, das brauchte sie nicht zu erwähnen.
Da sie kaum noch laufen konnte, schleppte er ihr mehrere Modelle in die Wohnung, unter denen sie wählen konnte.
„Was soll ich mit dieser Tanne? Geh mir damit weg“, hieß es dann.
„Da sind zu viele Zweige oben herum.“
„Wieso, die ist dadurch schön grün.“
„Wie soll ich denn da die Kugeln reinhängen, die haben ja keinen Platz.“

„Himmel, hast du denn nicht gesehen, wie krumm die gewachsen ist? Da wird man ja seekrank.“
„Das ist Natur.“
„Natur nennst du das? Ach geh, bist du auf dem Land aufgewachsen? Ich weiß, wie ein Tannenbaum auszusehen hat.“

„Hattest du keine Augen im Kopf? Auf diese Fichte passt keine Spitze. Die hättest du gleich dalassen können. Und der Baum nadelt.“

„Herrgott nochmal, ich hatte gesagt, nicht mehr als 15 Mark. Ich zahle keine 16!“
„Dann pack ich die eine Mark obendrauf und gut ist.“
„Untersteh dich. Man kann diese Räuber nicht auch noch unterstützen. Bring die Tanne sofort zurück.“

Am Ende bearbeitete dann mein Onkel den jeweiligen Baum mit Säge und Holzbohrer, um ihn nach den ausgefeilten Wünschen meiner Omi umzugestalten.
„Und? Wie oft ist dein Vater dieses Mal wegen der Tanne losgezogen?“, fragte ich meinen Cousin, der wortwörtlich zu den Leidtragenden gehörte. Meist musste er mit, um den riesigen Tannenbaum zu schleppen.
„Frag nicht! Sechsmal.“
„Konntet ihr denn die Bäume immer wieder umtauschen?“
„Der erste Tannenbaumverkäufer kannte uns schon. Der hat gleich gesagt: ‚Ihr schon wieder, dieses Jahr ist aber beim dritten Baum Schluss mit lustig.‘ Da mussten wir einen Zweiten suchen, aber der war am Ende so grantig, dass er mit der Axt rumgefuchtelt hat.“
„Und mit dem Baum war Omi auch wieder nicht zufrieden oder?“
„Genau, aber dann ist Vati ausgerastet: ‚Du nimmst jetzt den oder keinen, ich geh kein weiteres Mal los. Mir scheißegal, ob du dann Heiligabend einen hast oder nicht!‘
Dann war Omi erst mal mucksch und Vati hat ihn stundenlang umgearbeitet. Er wär schneller fertig gewesen, wenn er nochmals losgezogen wär. Schau: Hier und da und da hat er Zweige rein, ach, hihi und hier.“
„Da sind überall Zweige reingesetzt worden? Was, wenn die mit den brennenden Kerzen wieder rausfallen?“
„Dann ist hier was los“, grinste mein Cousin verschmitzt.
Besorgt blickte ich auf den Baum, sah in meiner Phantasie die ersten Zweige rausrutschen, Kerzen Funken sprühen, Parkett und Gardinen entflammen, auf die Sofakissen übergreifen und eine Feuersbrunst uns den Weg aus dem Wohnzimmer versperren.
„Haste Schiss?“, juxte mein Cousin und drückte einen der Zweige so weit nach unten, dass er wie ein gespannter Bogen beim Loslassen nach oben schnellte. Der Baum wackelte. Die Kerzen schwankten, rotzten heißes Wachs auf Zweige, Lametta rutschte ab und regnete pietätlos auf die Köpfe der Krippenfiguren.
„Was macht ihr da?“, rief meine Tante Thea, „kommt da mal sofort vom Baum weg.“
„Nix“, sagte mein Cousin, „sie wollte nur sehen, wo Vati überall gebohrt hat.“

Wenn endlich meine Eltern eingetroffen waren, saßen neun Erwachsene am Esstisch und weil der nicht ausreichte, quetschten wir fünf Kinder uns an den Katzentisch. Obwohl unsere Teller darauf kaum Platz hatten, waren wir froh, nicht bei den Großen essen zu müssen. Wann immer sie redeten, und das taten sie ununterbrochen, durften wir Kinder nichts dazwischen sagen. Und wir mussten ausgesucht manierlich essen.
„Sag mal, Birgit, wie hältst du denn die Gabel, die nimmt man doch nicht in die Faust. In deinem Alter musst du das aber schon können.“
„Lass sie doch, das wird noch. Ich seh das nicht so eng.“
„Also wirklich, Thea! In diesem Alter müssen beim Kind schon ein paar Dinge abgeschlossen sein. Komm, Birgit, ich zeig dir, wie man die Gabel richtig hält.“
„Ich hab gesagt, lass sie, du verdirbst ihr ja das ganze Essen.“
„Himmel, man wird ja noch ..., ich mein es doch nur gut.“
„Was ist denn mit Peter? Hat der immer noch sein Stottern?“
„Ist das eine Retourkutsche von dir?“
„Wieso? Darf man sich nicht mehr erkundigen?“
„Kinder, Kinder“, meine Omi meinte damit ihre eigenen, „greift tüchtig zu und esst. Und Schluss mit diesem Gerede!“
„Ich möchte darauf aber noch antworten.“
„Reichst du mir mal den Rotkohl?“
„Vor dir steht direkt die Schüssel.“
„Ach, die hab ich komplett übersehen. Wer hat grad die Soße?“

Da waren wir lieber unter uns, kicherten über Omis Essen, das uns zum Teil richtig gut schmeckte. Das gab man der Witzeleien wegen natürlich nicht zu. Und wir erlebten gebannt mit, wie am Nachbartisch Onkel Paul sagte:
„Ich kann keinen Schweinebraten mit Rotkohl mehr sehen. Jedes Jahr dasselbe. Ich ess das nicht mehr.“
Nach diesen Sätzen war es im Wohnzimmer seltsam still geworden, bis auf das feine Knistern der Dochte, wenn wieder am Tannenbaum eine der Wachskerzen seitlich auslief.
„Dann lässt du es“, erwiderte meine Omi und an der Art, wie eisig sie es gesagt und weil sie nur vier Worte benötigt hatte, war jedem klar: Er kann sofort gehen. In den nachfolgenden Jahren aß Onkel Paul weiterhin stoisch Schweinebraten mit Rotkohl und sagte nie wieder etwas dazu.

Während wir Kinder in kichernder Einigkeit an unserem Tisch hockten, schwappten die Satzfetzen der Erwachsenenunterhaltung zu uns rüber. Da wir die Themen kannten, die allweihnachtlich abgehandelt wurden, reichten die wenigen Brocken aus, um zu wissen, um was es gerade ging.
Jedes Jahr wurde zunächst harmlos diskutiert, wer den ersten Kühlschrank in seinem Haushalt hatte, alternativ und zur Abwechslung ging es auch um den ersten Fernseher und später um die erste Waschmaschine.
„Habt ihr schon gehört, dass wir uns einen Kühlschrank mit Eisfach gekauft haben? Einen Bauknecht.“
„Wofür braucht ihr denn ein Eisfach?“
„Bauknecht weiß, was Frauen wünschen.“
„Thea, wir haben keinen Bauknecht.“
„Nein? Was denn? Verwechsel ich das? Dann sag du es, Jochen.“
„Einen von AEG.“
„Alles erlesener Gammel. Prost Weihnachten!“
„Prost, ich dachte, wir hätten einen Bauknecht gekauft.“
„Na ja, AEG ist ja eine gute Marke, unser erster war ein AEG, nich‘, Günther?“
„Ja, wir hatten den Ersten.“
„Das kann nicht sein, ihr seid ja erst 56 in die Wohnung vom Bauverein gezogen, dann hättet ihr ja schon davor in der alten Wohnung einen gehabt. Das geht nicht zusammen.“
„Wir hatten auf jeden Fall den Ersten! Ihr habt ja erst zwei Jahre später ...“
„Nee, den hatten wir, denn wir sind 55 in den Garstedter Weg gezogen.“
„Wer will Weißwein? Keiner? Dann schütt ich mir den Rest ins Glas.“
„Thea, geh bitte in die Speisekammer, da steht rechts unten eine Flasche von der Spätlese.“
„Hast du die nicht gekühlt? So pipiwarm kann man die nicht trinken.“
„Wir haben ja schon 55 ...“
„Wer will Cognac?“

Meist wurde wegen der zunehmenden Erinnerungslücken aus der Diskussion ein Streit. Jeder wollte der Erstbesitzer gewesen sein. Wir Kinder begriffen von diesen heißblütig geführten Diskussionen: Wer den ersten Kühlschrank angeschafft hatte, gehörte zu den Wohlhabenden, die anderen waren arme Schlucker.

Zum Nachtisch gab es meist eine von meiner Tante Thea hergestellte Buttercremetorte. Ich kann mich nicht entsinnen, jemals davon ein ganzes Stück gegessen zu haben. Erst recht nicht, dass meine Mutter jemals so eine Fettschwerstlast zu Hause auf den Kaffeetisch gebracht hätte. Ich erinnere mich, wie ich einmal eine Gabel von dieser akkurat mit Cremetuffs, Kirschen und Schokoplättchen dekorierten Torte probiert hatte, denn ihr Aussehen war sehr verlockend. Das fettige Gefühl am Gaumen, die sogleich einsetzende Panik, nie wieder den Fettfilm mit der Zunge abgewaschen zu bekommen, blieben mir unvergesslich. Dabei liebte ich schon als Kind Torten, aber weder die Buttercrememodelle, noch das, was meine Mutter fabrizierte.
Wenn es bei uns überhaupt Torte gab, dann handelte es sich um einen Billigbiskuitboden aus dem Laden. Es wurde ein Glas eingemachte, abgetropfte Sauerkirschen aus unserem Schrebergarten drübergekippt und der aus dem aufgefangenen Saft angerührte Tortenguss mit verwegenem Schwung, so heiß, wie er war, drübergeschüttet. Das Ergebnis war eine Torte, die den Namen nicht verdiente. Der heiße Tortenguss grub sich durch den Fabrikbiskuit bis auf den Tortenteller, an den Rändern des Kuchens lagen die Sauerkirschen frei und kullerten nach dem Anschneiden haltlos seitlich fort. Irgendwann wagte ich es, mich darüber zu beklagen.
„Mir schmeckt Muttis Torte“, sagte mein Vater und ließ stets den Kuchenrand auf dem Teller übrig. Und so lief ich mit meiner Beschwerde über das mütterliche Produkt der hohen Tortenkunst auf.
Und mutierte als Folge dieser Geschmacksmisere später zu einem Gast, der sich außerhalb des Elternhauses sehr bereitwillig ein drittes Stück Obsttorte aufnötigen ließ.

Nach dem Abräumen des Geschirrs war dann der Höhepunkt des Abends an der Reihe oder anders gesagt, der alljährliche Beweis dafür, dass ich über kein Schauspieltalent verfügte: die Bescherung der Kinder.
Umringt von allen Verwandten wurde nacheinander immer nur einem Kind ein Geschenk überreicht.
Ich wusste nie, welche Mimik von mir beim Auspacken erwartet wurde. Gleich wird mich jemand schelten, weil ich undankbar blicke, war meine begleitende Angst. Selbst wenn ich gewusst hätte, was sie von mir für eine Miene erwarteten, ich hätte sie nicht ausführen können. Für mein Leben gern hätte ich auf diese Geschenke verzichtet, um sie nicht vor diesen prüfenden Augen auspacken zu müssen. Aber es gab nie ein Entrinnen.
Erst recht nicht, wenn Tante Irma, die gleich nach Kriegsende nach Australien ausgewandert war, ein Weihnachtspaket geschickt hatte. Meist wurde es erst im Beisein aller geöffnet und was dann für uns Kinder zum Vorschein kam, zeugte von der immensen Distanz zwischen Hamburg und Melbourne.
Tante schickte mit einem Jahreskalender bedruckte kreischbunte Handtücher. Was sollten wir Kinder mit Geschirrhandtüchern, deren Anblick einen jahrelang in der Küche verfolgte? Wenn man noch größeres Pech hatte, wickelte man eines ihrer selbstgestrickten Kleidungsstücke aus dem Geschenkpapier, die immer so aussahen, als feierten die Aussis täglich Karneval. Das beschenkte Kind musste unter Ah- und Oh-Beifall der Verwandten das jeweilige Kleidungsstück wie bei einer Modenschau präsentieren.
„Dreh dich noch mal! Doch, es sieht schön aus, dies Jäckchen. Warte, ich zieh am Ärmel, damit er länger wird.“
„Ja, ja, die Irma, die strickt und strickt, wo sie steht und geht. In ihren Luftpostbriefen schreibt sie laufend davon, wem sie grad was handarbeitet. Ich könnt´ das ja nicht, mit so viel Fäden.“

Traf es mich, wurde mir schmerzlich klar, dass in mir null Theaterblut brodelte.
In diesen Momenten, in denen ich am liebsten unsichtbar geworden wäre, war ich wie üblich elternlos. Mag sein, dass sie nicht ahnten, dass ich mich schämte. Mag sein, dass sie befanden, ich sei des Beistandes nicht wert. In meiner kindlichen Verlassenheit wurde mir damals ernüchternd klar, dass es noch viele Momente geben wird, in denen man sich auf die Eltern nicht verlassen konnte.

Nach der Bescherung und bevor alle Erwachsenen wegen des beständig ausgeschenkten Cognacs nicht mehr grade stehen konnten, wurde zum krönenden Abschluss das große Familienfoto gemacht. Mein Onkel Jochen, der der sich mit Omis Tanne rumquälen musste, war dafür zuständig.
Meist dauerte es über eine halbe Stunde, bis alle so zusammenstanden, wie meine Omi es haben wollte.
Dann äugte mein Onkel durch die Kameralinse und brachte wieder alles durcheinander, weil nicht alle in den Bildausschnitt passten.
Wir Kinder standen vorne und blieben dort, während hinter uns die Neuaufstellungen weitergingen. Wir hatten somit genügend Zeit, etwas Ungeheuerliches auszuhecken:
„Wollen wir gleich, wenn es blitzt, die Zunge rausstrecken?“
„Oh ja, hihi, das machen wir.“
„Nein, bist du doof, doch nicht jetzt schon. Erst, wenn er auf den Auslöser drückt.“
„Nein, erst wenn er auf den gedrückt hat und dann zu seinem Platz gerannt ist, sonst sieht er das und wird böse.“
„Abgemacht, hihi, die werden sich wundern. Aber es machen alle mit, klar?“
„Klar.“
So nutzten wir die elende Wartezeit, um diese Verschwörung anzuzetteln. Ich kann mich jedoch an kein Foto erinnern, bei dem eines von uns Kindern die Zunge herausgestreckt hat.

 

Liebe @ lakita,

ich war schon sehr neugierig auf deine Weihnachtsgeschichte, befinde mich jetzt aber auf dem Weg zur Arbeit und kann dir keinen ausführlichen Kommentar schreiben, möchte dir aber einen ersten Eindruck dalassen.
Es war mir zu lang, auch wenn ich die Umschreibungen und die damit verbundene Komik genossen habe. Ich habe darauf gewartet, dass der Baum brennt.

„Haste Schiss?“, juxte mein Cousin und drückte einen der Zweige so weit nach unten, dass er wie ein gespannter Bogen beim Loslassen nach oben schnellte. Der Baum wackelte. Die Kerzen schwankten, rotzten heißen Wachs auf Zweige, Lametta rutschte ab und regnete pietätlos auf die Köpfe der Krippenfiguren.
Wäre doch eine gute Stelle gewesen.

Ich liebe diese alten Familiengeschichten und ich finde, Du hast es auch gut getroffen, mit Oma und Verwandtschaft.
Für die Kürze des Kommentars möchte ich mich entschuldigen und vielleicht ist es nur mein Eindruck.

Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende
Liebe Grüße CoK

 

Hi. Es war mir ein großes Vergnügen, deine Geschichte zu lesen. Sehr schön beobachtet und präzise formuliert. Göttliche Dialoge. Sehr fein, das, sehr witzig, danke dafür.

Sobald meine Eltern mich für alt genug hielten, gefahrlos allein die Strecke zu Omi zu laufen, hieß es:
„Geh du schon mal vor, wir kommen nach!“ Und für mich war klar, sie würden auch dieses Jahr zu Omis Weihnachtsfeier zu spät kommen.
Kurz und knapp und alles ist klar. Guter Anfang!

Ich blickte überrascht meine Tante an. Meine Eltern wären im Leben nie auf die Idee gekommen, ihrem Kind etwas über ihre Pläne mitzuteilen.
Gab es etwa Eltern, die das taten? Oder war das eine Fangfrage? Meine Wangen glühten.
Wunderbar!!

Einen „du kannst nix für deine Eltern“- Bonus gab es bei meinen Verwandten nicht.
Natürlich nicht. Und auch keinen anderen Bonus, egal welchen.


Jedes Jahr, das wussten wir alle, trieb meine Omi ihren Schwiegersohn Jochen in den Tannenbaumwahnsinn.
Es musste für ihre Wohnstube mit ihrer hohen stuckverzierten Decke eine meterlange Tanne sein, das brauchte sie nicht zu erwähnen.
Da sie kaum noch laufen konnte, schleppte er ihr mehrere Modelle in die Wohnung, unter denen sie wählen konnte.
„Was soll ich mit dieser Tanne? Geh mir damit weg“, hieß es dann wiederholt.
„Da sind zu viele Zweige oben herum.“
„Wieso, die ist dadurch schön grün.“
„Wie soll ich denn da die Kugeln reinhängen, die haben ja keinen Platz.“
Das sind verdammt gelungene witzige Dialoge. Gratuliere!

„Himmel, hast du denn nicht gesehen, wie krumm die gewachsen ist? Da wird man ja seekrank.“
„Das ist Natur.“
„Natur nennst du das? Ach geh, bist du so wie ich auf’m Land aufgewachsen? Ich weiß, wie ein Tannenbaum auszusehen hat.“
Kann es hören.


„Herrgott nochmal, ich hatte gesagt, nicht mehr als 15 DM. Ich zahle keine 16!“
„Dann pack ich die eine Mark obendrauf und gut ist.“
„Untersteh dich. Man kann diese Räuber nicht auch noch unterstützen. Bring die Tanne sofort zurück.“
Diesen Absatz würde ich mit dem unteren tauschen. Gemäß der Steigerung. Und 'Bring die Tanne sofort zurück' muss der Schluss sein dieser Sequenz.


Wenn sie redeten und das taten sie ununterbrochen und querfeldein, durften wir Kinder nichts dazwischen sagen. Und wir mussten ausgesucht manierlich essen.
Klingt in meinem Ohr kürzer besser. Rein vom Rhythmus.

„Was ist denn mit Peter? Hat der immer noch sein Stottern?“
„Ist das eine Retourkutsche von dir?“
„Wieso? Darf man sich nicht mehr erkundigen?“
Sehr schön.


Das darfst du ruhig öfter machen. Ich konnte ab der Stelle nicht mehr weiter zitieren, war zu müde, aber auch danach hältst du das Niveau auf dem Level.

Gruß von Flac

 

Liebe Lakita,
was für ein "schöner" Horror! Du hast ja schon mehrfach geschrieben, dass du Weihnachten nicht ausstehen kannst. Hier finden wir Ursache und Beweis. Da steckt für mich viel Komik drin und viel Zorn über das, was dem Kind da zugemutet wird. Vor allem die Dialoge haben mich echt begistert. Und die genauen Beschreibungen, die Rituale, die keinen so richtig glücklich machen, aber eingehalten werden müssen, der Dünkel und ein unbarmherziger Blick auf die Kinder. Die schaffen es immerhin, sich miteinander zu verbünden und so den Abend zu überstehen.

Sobald meine Eltern mich für alt genug hielten, gefahrlos allein die Strecke zu Omi zu laufen, hieß es:
Inhaltlich als Einstieg super, für den ersten Satz ein bisschen umständlich. Vielleicht: "Sobald meine Eltern mir zutrauten, die Strecke (zu Omi) allein zu laufen, hieß es:"
Den 20-minütigen Fußweg zu ihrer großen Altbauwohnung trottete ich stets in einem Zwiespalt. Erschien ich pünktlich, musste ich die inquisitorische Befragung meiner Verwandten ertragen. Kam ich als die quasi erste Vorhut zu spät, hätte man mich getadelt, dass man so etwas nicht tut. Und ich hätte beantworten müssen, ob mir solch ein Verhalten etwa meine Eltern beigebracht hätten.
Manchmal finde ich deine Sätze ein bisschen schachtelig. Auch hier würde ich kürzen. Den ersten Satz finde ich super.
„Kommen deine Eltern nicht?“, meine Tante Thea spähte irritiert an mir vorbei die Treppe runter.
Super!
„Die kommen noch nicht“, klärte ich sie auf und drückte die Tür zu.
„Die kommen nach.“
„Na, denn frohe Weihnachten, komm rein.“ Die Haustür ließ sie sperrangelweit auf.
„Die kommen noch nicht“, klärte ich sie auf und drückte die Tür zu.
Doppelt
Ich blickte überrascht meine Tante an. Meine Eltern wären im Leben nie auf die Idee gekommen, ihrem Kind etwas über ihre Pläne mitzuteilen.
Gab es etwa Eltern, die das taten? Oder war das eine Fangfrage? Meine Wangen glühten.
Schöne Beobachtung. Wie sehr das Kind auf der Hut ist. Irgendwie ist sie von Anfang an in Feindesland.
Woher sollte ich wissen, wo sie jetzt waren.
Fragezeichen?
Sie hatten keine Lust auf die Weihnachtsfeier. Das wusste ich.
In meiner Naivität hatte ich das in einem Jahr mal redselig mitgeteilt und durfte mir stellvertretend für meine lustlosen, säumigen Eltern wüste Vorwürfe anhören. Selbst das dümmste Kind tut dies kein zweites Mal.
Einmal hatte ich das ausgeplaudert. (Wäre mein Vorschlag, statt dem Durchgestrichenen.)
Nur ich hatte keine, weil jede weitere Minute, in der meine Eltern nicht erschienen, auf mir lastete, als sei ich allein dafür verantwortlich.
Schön. Sehr gut nachvollziehbar, wie das Kind diese Last auf sich nimmt.
„Was soll ich mit dieser Tanne? Geh mir damit weg“, hieß es dann wiederholt.
:D
„Himmel, hast du denn nicht gesehen, wie krumm die gewachsen ist? Da wird man ja seekrank.“
Die Oma ist echt ein Besen.
„Frag nicht! Sechsmal und dann ist Vati ausgerastet: ‚Du nimmst jetzt den oder keinen, ich geh kein weiteres Mal los. Mir scheißegal, ob du dann Heiligabend einen hast oder nicht!‘
Dann war Omi erstmal mucksch und Vati hat ihn stundenlang umgearbeitet.
Das hätte man ja schon deutlich vorher erwartet. Die Oma hat alle im Griff. Durchaus eine recht typische Konstellation.
„Haste Schiss?“, juxte mein Cousin und drückte einen der Zweige so weit nach unten, dass er wie ein gespannter Bogen beim Loslassen nach oben schnellte. Der Baum wackelte. Die Kerzen schwankten, rotzten heißen Wachs auf Zweige, Lametta rutschte ab und regnete pietätlos auf die Köpfe der Krippenfiguren.
Puh, geht das überhaupt, ohne, dass der Baum brennt? Ich finde es übrigens okay, dass da nicht wirklich ein Baum brennt, denn dafür brennt da ja einiges in der Familie.
„Sag mal, Birgit, wie hältst du denn die Gabel, die nimmt man doch nicht in die Faust. In deinem Alter musst du das aber schon können.“
„Lass sie doch, das wird noch. Ich seh das nicht so eng.“
„Also wirklich, Thea! In diesem Alter müssen beim Kind schon ein paar Dinge abgeschlossen sein. Komm, Birgit, ich zeig dir, wie man die Gabel richtig hält.“
„Ich hab gesagt, lass sie, du verdirbst ihr ja das ganze Essen.“
„Himmel, man wird ja noch ..., ich mein es doch nur gut.“
„Was ist denn mit Peter? Hat der immer noch sein Stottern?“
„Ist das eine Retourkutsche von dir?“
„Wieso? Darf man sich nicht mehr erkundigen?“
„Kinder, Kinder“, meine Omi meinte damit ihre eigenen, „greift tüchtig zu und esst. Und Schluss mit diesem Gerede!“
„Ich möchte darauf aber noch antworten.“
„Reichst du mir mal den Rotkohl?“
„Vor dir steht direkt die Schüssel.“
„Ach, die hab ich komplett übersehen. Wer hat grad die Soße?“
Großartig. Absolut. Großartig. :lol:
Und wir erlebten gebannt mit, wie am Nachbartisch Onkel Paul in einem Jahr sagte:
„Ich kann keinen Schweinebraten mit Rotkohl mehr sehen. Jedes Jahr dasselbe. Ich ess das nicht mehr.“
Nach diesen Sätzen war es im Wohnzimmer seltsam still geworden, bis auf das feine Knistern der Dochte, wenn mal wieder am Tannenbaum eine der Wachskerzen seitlich auslief.
„Dann lässt du es“, erwiderte meine Omi und an der Art wie eisig sie es gesagt und weil sie nur vier Worte benötigt hatte, war jedem klar: Er kann sofort gehen. In den nachfolgenden Jahren aß Onkel Paul weiterhin stoisch Schweinebraten mit Rotkohl und sagte nie wieder etwas dazu.
Auch eine sehr gute Szene, die soviel sagt, darüber, wie sehr hier alle irgendwie leiden, ein Theater aufführen. Da tut sich irgendwie echt ein Abgrund auf und ich denke daran, wieviel nach dem Krieg verdrängt wurde. Worüber gesprochen werden durfte und worüber nicht.
Keine Ahnung, wie es ihm damit erging.
Den Satz finde ich so nachgeschoben, wäre mir lieber ohne. Die Szene wirkt für sich stärker.
Jedes Jahr wurde zunächst harmlos diskutiert, wer den ersten Kühlschrank in seinem Haushalt hatte, alternativ und zur Abwechslung ging es auch um den ersten Fernseher und später um die erste Waschmaschine.
„Habt ihr schon gehört, dass wir uns einen Kühlschrank mit Eisfach gekauft haben? Einen Bauknecht.“
„Wofür braucht ihr denn ein Eisfach?“
„Bauknecht weiß, was Frauen wünschen.“
„Thea, wir haben keinen Bauknecht.“
„Nein? Was denn? Verwechsel ich das? Dann sag du es, Jochen.“
„Einen von AEG.“
„Alles erlesener Gammel. Prost Weihnachten!“
„Prost, ich dachte, wir hätten einen Bauknecht gekauft.“
„Na ja, AEG ist ja eine gute Marke, unser erster war ein AEG, nich‘ Günther?“
„Ja, wir hatten den Ersten.“
„Das kann nicht sein, ihr seid ja erst 56 in die Wohnung vom Bauverein gezogen, dann hättet ihr ja schon davor in der alten Wohnung einen gehabt. Das geht nicht zusammen.“
„Wir hatten auf jeden Fall den ersten! Ihr habt ja erst zwei Jahre später...“
„Nee, den hatten wir, denn wir sind 55 in den Garstedter Weg gezogen.“
„Wer will Weißwein? Keiner? Dann schütt ich mir den Rest ins Glas.“
„Thea, geh bitte in die Speisekammer, da steht rechts unten eine Flasche von der Spätlese.“
„Hast du die nicht gekühlt? So pipiwarm kann man die nicht trinken.“
„Wir haben ja schon 55 ...“
„Wer will Cognac?“
Sowas hast du echt drauf. Ich denke wieder mal an Theater oder Hörspiel.
Meist wurde wegen der zunehmenden Erinnerungslücken aus der Diskussion ein Streit. Jeder wollte der Erstbesitzer gewesen sein. Wir Kinder begriffen von diesen heißblütig geführten Diskussionen nur so viel: Wer den ersten Kühlschrank angeschafft hatte, gehörte zu den Wohlhabenden, die anderen waren die armen Schlucker.
Vielleicht kindlicher: Wer den ersten Kühlschrank angeschafft hatte, hatte gewonnen. Denn so wie die Kinder es im Fettgedruckten begreifen ist es ja genauso von den Erwachsenen gemeint. Dann müsste das "nur so viel" weg.
Das fettige Gefühl am Gaumen, die sogleich einsetzende Panik, nie wieder den Fettfilm mit der Zunge abgewaschen zu bekommen, entsprach nicht meiner Genusswelt. Dabei liebte ich schon als Kind Torten, aber weder die Buttercrememodelle, noch das, was meine Mutter herstellte.
vielleicht "werde ich nie vergessen"? Oder: "Mit dem fettigen Gefühl am Gaumen setzte sogleich die Panik ein, den Schmierfilm nie wieder mit der Zunge abgewaschen zu bekommen."
Irgendwann wagte ich es, mich darüber zu beklagen.
„Mir schmeckt Muttis Torte“, sagte mein Vater, „ich ess den Kuchenrand ja nie.“
Und so lief ich mit meiner Beschwerde über das mütterliche Produkt der hohen Tortenkunst auf.
Ich finde den Vater hier eigentlich ganz cool. Den letzten Satz ein bisschen sehr geklagt. Immerhin hat der Vater da ja eine diplomatische Ausflucht gefunden.
Umringt von allen zuschauenden Verwandten wurde immer nur einem Kind zur Zeit ein Geschenk überreicht.
Ich wusste nie, welche Mimik von mir beim Auspacken erwartet wurde.
Für mein Leben gern hätte ich auf diese Geschenke verzichtet, um sie nicht vor diesen prüfenden Augen auspacken zu müssen. Aber es gab nie ein Entrinnen.
Das ist schon hart. Lieber auf Geschenke zu verzichten, dass muss eine echt schlimme Situation sein. Und das Kind sehr sensibel.

Erst recht nicht, wenn Tante Irma, die gleich nach Kriegsende nach Australien ausgewandert war, ein Weihnachtspaket geschickt hatte. Meist wurde es erst im Beisein aller geöffnet und was dann für uns Kinder zum Vorschein kam, zeugte von der immensen Distanz zwischen Hamburg und Melbourne.
Klasse, diese Räumlichkeit da reinzubringen.
Wenn man noch größeres Pech hatte, wickelte man eines ihrer selbstgestrickten Kleidungsstücke aus dem Geschenkpapier, die immer so aussahen, als feierten die Aussis täglich Karneval. Das beschenkte Kind musste unter Ah- und Oh-Beifall der Verwandten das jeweilige Kleidungsstück wie bei einer Modenschau präsentieren.
Auch sehr schön! Weist auch auf das sehr eingeschüchterte Kind, dass sie das so hasst.
Traf es mich, wurde mir schmerzlich klar, dass in mir null Theaterblut brodelte.
In diesen Momenten, in denen ich am liebsten unsichtbar geworden wäre, war ich wie üblich elternlos. Mag sein, dass sie nicht ahnten, dass ich mich schämte. Mag sein, dass sie befanden, ich sei des Beistandes nicht wert. In meiner kindlichen Verlassenheit wurde mir damals ernüchternd klar, dass es noch viele Momente geben würde, in denen man sich auf die Eltern nicht verlassen konnte.
Hier wird es sehr ernst und man ahnt wieviel mehr hinter dieser Weihnachtssituation steckt. Ich glaube, hier könnte ich mir vorstellen, dass du da noch mehr in die Situation einsteigst, in Dialoge, das Geschehen zeigst.
Meist dauerte es über eine halbe Stunde, bis alle so zusammenstanden, wie meine eigensinnige Omi es haben wollte.
Das die eigensinnig ist, wurde sehr deutlich.
Dann äugte mein Onkel durch die Kameralinse und brachte wieder alles durcheinander, weil nicht alle in den Bildausschnitt passten.
:lol:
Ich kann mich an kein Foto erinnern, bei dem auch nur eines von uns Kindern es getan hat. Immerhin nutzten wir diese elende Wartezeit, um diese Verschwörung anzuzetteln, auch wenn sie im gedanklichen Versuchsstadium stecken blieb.
Aber es rettet sie und schweißt sie zusammen. Sie wissen, wie wichtig das Foto der heilen Familie allen ist und würden es niemals wagen. Die Folgen wären verheerend. Aber denken darf man ja.
Etwas Besonderes ist mir noch in Erinnerung geblieben: Immer, wenn ich fragte:
„Omi, soll ich dir beim Abräumen und Abwaschen helfen?“, ich war ja gut dressiert, entgegnete sie:
„Nein, danke, ihr seid alle meine Gäste. Ihr habt die gute Laune mitzubringen und ich, ich sorge für alles andere.“
Diese Antwort imponierte mir damals so sehr, dass sie heute auch zu meiner Maxime geworden ist.
"Ihr habt die gute Laune mitzubringen", puh, das ist mal ne Ansage.
Auch wenn in diesem Ende auch eine gute Portion Ironie drin steckt, finde ich es gut, dass da doch auch etwas Versöhnliches ist.
Ich finde viel Zorn in dem Text, viel Schmerz. Da ist wenig Einfühlung für das Kind, da geht es um Benehmen und Konkurrenz und Außenwirkung. Eigentlich ist er auch eine Anklage. Niemandem auf dieser Feier geht es wirklich gut, obwohl sich alle anstrengen. Diese ganzen sozialen Situationen ein Minenfeld, für das Kind schwer durchschaubar. Das hast du eindrücklich dargestellt und trotzdem noch eine gute Portion Humor reingebracht.
Ich habe das sehr gerne gelesen.

Einen schönen Sonntag, lakita und liebe Grüße
von Chutney

 

hej hej @lakita,

es ist ja eher ein Weihnachtsbericht, vielleicht auch eine Anklage, aber Veränderungen oder Entwicklungen treten nicht auf. Neidische Erwachsene, die beste Laune vorspielen, und die weihnachtliche, kognitive Dissonanz alkoholisch überbrücken. Die familiäre Schauspielerei bedingungsloser Harmonie, die aufbricht. Dann: Westeuropäische 60er, Jahrzehnte schweren Essens und schwerer Cognacgläser, die soziale Hierarchie wird sehr, sehr fein an Haushaltsgeräten justiert. Man trage die Buttercréme dick auf! So beschreibt deine Geschichte aus der Sicht eines reflektierenden Kindes Kritik und Abscheu am erwachsenen Gebaren. Möglich ist aber auch ein älteres Kind, das vergangene Weihnachtsfeste rekapituliert und ein Urteil fällt:

Mag sein, dass sie nicht ahnten, dass ich mich schämte. Mag sein, dass sie befanden, ich sei des Beistandes nicht wert. In meiner kindlichen Verlassenheit wurde mir damals ernüchternd klar, dass es noch viele Momente geben würde, in denen man sich auf die Eltern nicht verlassen konnte.
Ich mag deine Schreibe, weil sie einerseits sehr einfach, andererseits aber "vollendet" wirkt. Ich glaube, man nennt das auch guten Stil, auch wenn ich bei diesem Wort oft an weiße Tischdecken in Restaurants denken muss (warum auch immer). Du bastelst mit Details und einzelne Sätze deiner wörtlichen Rede können ganze Menschen charakterisieren:
„Wer will Weißwein? Keiner? Dann schütt ich mir den Rest ins Glas.“
Den Gegensatz "Wir vs. Die" behältst du konsequent bei. Das Verhalten der Erwachsenen verändert sich nicht, Abweichungen - wie die Kritik des Onkels am Weihnachtsessen - werden nicht toleriert. Dadurch wirken aber alle Erwachsenen sehr ähnlich, selbst die Eltern unterscheiden sich kaum von den Omis und den Onkels. Verstärkt wird das durch die "kindliche Kamera". Das Kind als Dokumentarfilmer des eigenen Lebens (bitte diese Formulierung für die nächste Rosamunde-Pilcher-Verfilmung festhalten, danke), der nicht eingreift, der kaum agiert sondern aufnimmt, aufnimmt, aufnimmt. So verharren die Figuren auf ihren Positionen, das absolute Urteil ("noch viele Momente, in denen man sich auf die Eltern nicht verlassen konnte") fixiert diese Erstarrung. Dein Text ist einerseits komisch (im Sinne von Komik), andererseits aber auch brutal hoffnungslos. Persönlich (!) hätte ich mir mehr Handeln, mehr über familiäre Hierarchien gewünscht. Hier erzählt ein Kind mit einer sehr präzisen sozialen Auffassungsgabe. Verhält sich der Vater vielleicht anders als die Omi? Sind die Erwachsenen wirklich in ihrem Verhalten alle so ähnlich? Grob zusammengefasst: Vielleicht tut dem Text etwas mehr Dynamik gut. Und die fünf Kinder, sind das fünf austauschbare Charaktere oder ist da nicht auch eine gewisse Hierarchie (besonders komisch fände ich, wenn sich das Kind den Freunden gegenüber wie die Erwachsenen verhielte).

Aber das nur als Ergänzungskritik, als Idee. Der Text funktioniert auch so sehr, sehr gut (meiner Ansicht nach).

Vg aus Schmallenberg
kiroly

 

Liebe @lakita

jetzt hat @kiroly schon gut gesagt, was ich auch sagen wollte. Mit ging es beim Lesen deines Textes sehr ähnlich. Ich habe zwar diesem speziellen Fest gern beigewohnt, aber die ganze Zeit darauf gewartet, dass der Baum endlich abfakelt :D. Die Beschreibungen haben mich sehr an die Familienfeiern in meiner Kindheit erinnert, der Kindertisch, die streitenden Erwachsenen, der Weinbrand ... und irgendwie ist ja auch oft so, heute ist Weihnachten, da hat man weihnachtlich drauf zu sein, ob man nun will oder nicht. Ich kann das auch nicht auf Knopfdruck. Genau so wenig wie an Silvesterabend in Partylaune zu sein.

Und ich hätte beantworten müssen, ob mir solch ein Verhalten etwa meine Eltern beigebracht hätten.
Aber, aber ... das tun sie doch! Die kommen scheinbar immer zu spät!

Einen „du kannst nix für deine Eltern“- Bonus gab es bei meinen Verwandten nicht.
Scheint so. Armes Kind ...

„Dich durchschau ich. Du bist so durchtrieben wie deine schlechten Eltern.“
Ist ja nicht mehr das Kind, was hier erzählt, sondern eine reflektierte Erwachsene. Und sie hat den Blick (nach all den Jahren) noch immer genau vor Augen? Glaub nicht, dass das Kind dem Onkel schon eine solche Blickdeutung zugeschrieben hat.

Jedes Jahr, das wussten wir alle, trieb meine Omi ihren Schwiegersohn Jochen in den Tannenbaumwahnsinn.
Das ist eine hübsche kleine Geschichte, wenn auch nicht für Jochen.

„Herrgott nochmal, ich hatte gesagt, nicht mehr als 15 DM. Ich zahle keine 16!“
„Dann pack ich die eine Mark obendrauf und gut ist.“
„Untersteh dich. Man kann diese Räuber nicht auch noch unterstützen. Bring die Tanne sofort zurück.“
Hehe

Dann war Omi erstmal mucksch und Vati hat ihn stundenlang umgearbeitet. Er wär schneller fertig gewesen, wenn er nochmals losgezogen wär. Schau: Hier und da und da hat er Zweige rein, ach, hihi und hier.“
Hier dachte ich erst, der Vater der Prota. Mir wäre hilfreich gewesen den Sprecher benannt zu haben.

... sah in meiner ausufernden Phantasie die ersten Zweige rausrutschen und die brennenden Kerzen den Baum und das Parkett entzünden, die Gardinen entflammen, Funken sprühend auf die Sofakissen übergreifend und eine Feuersbrunst uns den Weg aus dem Wohnzimmer versperrend.
Das habe ich doch dieses Jahr schon mal gelesen ;).

„Also wirklich, Thea! In diesem Alter müssen beim Kind schon ein paar Dinge abgeschlossen sein. Komm, Birgit, ich zeig dir, wie man die Gabel richtig hält.“
„Ich hab gesagt, lass sie, du verdirbst ihr ja das ganze Essen.“
„Himmel, man wird ja noch ..., ich mein es doch nur gut.“
„Was ist denn mit Peter? Hat der immer noch sein Stottern?“
„Ist das eine Retourkutsche von dir?“
„Wieso? Darf man sich nicht mehr erkundigen?“
Die Stimmung unter den Erwachsenen fängst Du wirklich großartig ein.

„Dann lässt du es“, erwiderte meine Omi und an der Art wie eisig sie es gesagt und weil sie nur vier Worte benötigt hatte, war jedem klar: Er kann sofort gehen.
Oma ist schon krass. Aber ja, es wird gegessen, was auf den Tisch kommt und es wird auch aufgegessen. So war das ...

„Habt ihr schon gehört, dass wir uns einen Kühlschrank mit Eisfach gekauft haben? Einen Bauknecht.“
„Wofür braucht ihr denn ein Eisfach?“
„Bauknecht weiß, was Frauen wünschen.“
„Thea, wir haben keinen Bauknecht.“
Die Dialoge sind wirklich toll.

Tante schickte mit einem Jahreskalender bedruckte kreischbunte Handtücher. Was sollten wir Kinder mit Geschirrhandtüchern, ..., wickelte man eines ihrer selbstgestrickten Kleidungsstücke aus dem Geschenkpapier,
Ja, die Strickmode war ganz groß damals! Au Mann! Und dabei hat Tantchen sich dabei echt Mühe gemacht.

... Ich könnt´ das ja nicht, mit so viel Fäden.“
:)

Ich kann mich an kein Foto erinnern, bei dem auch nur eines von uns Kindern es getan hat.
Schade.

„Nein, danke, ihr seid alle meine Gäste. Ihr habt die gute Laune mitzubringen und ich, ich sorge für alles andere.“
Diese Antwort imponierte mir damals so sehr, dass sie heute auch zu meiner Maxime geworden ist.
Echt? Das mit der guten Laune hat ja nu nicht geklappt ... :D

Ist autobiografisch, nehme ich mal an. Ist ein Bericht und eine Abrechnung. Der satirische Blick und die Dialoge machen den Text auch für die Nichtinsider zu einem Lesevergnügen, so manche Erinnerung, die scheinbar gesamtgesellschaftlich verankert sind. Aber ich hätte ich mich sooo über eine "Abrechnung" der Kinder gefreut. Ich mein, die haben ja im Kollektiv gelitten, ach meno! Da muss ich sagen, hatten wir es besser bei Oma, wir waren uns ziemlich allein überlassen, die Erwachsenen hatten mit sich zu tun, und wir hatten unseren Spaß.

Vielen Dank für deine Geschichte und ich wünsche Dir ganz harmonische Tage mit oder ohne Weihnachtsgedöns, ganz wie Du es magst!

Liebe Grüße, Fliege

 

Liebe @lakita,

ein starker Text, der irgendwie betroffen macht. Man leidet mit den Kindern, und dein Text liest sich fast wie die Antithese einer besinnlichen Weihnacht. Denn besinnlich ist hier wenig. Sprachlich sehr routiniert und mit einer guten Länge, da ist Zug drin.

Man kommt nicht umhin, die Kinder zu bedauern. Wenn man jemanden Weihnachten und familiäres Miteinander vergällen will, dann wohl so: Alles, was man macht, ist irgendwie falsch in den Augen der Verwandtschaft. Egal, wann man ankommt, es passt irgendwem nicht; Gabeln werden nicht ordnungsgemäß gehalten, über Geschenke muss man sich auf eine bestimmte Art und Weise freuen; Weihnachten unter Repression, da wagt es keiner, mal was zu sagen. Und wenn, wird er gleich mundtot gemacht. Allein, dass die Kinder beim Geschenke auspacken so beäugt und beurteilt werden, ist schon krank irgendwie. Da sitze ich hier und lese das mit leichtem Kopfschütteln und zusammengepressten Lippen.

Ich weiß nicht, ob der Text autobiografisch ist oder nur eine Überspitzung von Erlebtem, aber da schwingen Ressentiments mit, die bei der Wortwahl gut rüberkommen und subtil nochmal den Ton verschärfen. Vor allem die Verben sitzen richtig gut.

Alles in allem in der Tat keine schöne Weihnacht. Und man bekommt das Gefühl, gewisse Teile der Verwandtschaft müssen andere kleinhalten, um sich selbst besser zu fühlen. Das hast du echt phänomenal rübergebracht, Hut ab. Und da ist kaum ein Wort zu viel. Ich persönlich würde jedoch die Passage mit der missglückten Torte rausnehmen. Die ist in ein bisschen unglücklich platziert, so direkt vor der Bescherung, finde ich. Sie nimmt das Tempo raus und trägt nicht allzu viel zum Geschehen bei. Ist vielleicht eine Überlegung wert. :)

Ein paar Passagen, zu denen ich noch was sagen will:

„Kommen deine Eltern nicht?“, meine Tante Thea spähte irritiert an mir vorbei die Treppe runter.
Ich würde hier einen neuen Satz nach der wörtlichen Rede anfangen.

In meiner Naivität hatte ich das in einem Jahr mal redselig mitgeteilt und durfte mir stellvertretend für meine lustlosen, säumigen Eltern wüste Vorwürfe anhören. Selbst das dümmste Kind tut dies kein zweites Mal. Einen „du kannst nix für deine Eltern“- Bonus gab es bei meinen Verwandten nicht.
Ich würd's streichen, das geht aus dem ganzen Text bis hier schon hervor.

Besorgt blickte ich auf den Baum, sah in meiner ausufernden Phantasie die ersten Zweige rausrutschen und die brennenden Kerzen den Baum und das Parkett entzünden, die Gardinen entflammen, Funken sprühend auf die Sofakissen übergreifend und eine Feuersbrunst uns den Weg aus dem Wohnzimmer versperrend.
Bei dem Satz bin ich das einzige Mal gestolpert. Vielleicht liegt es daran, dass du in der zweiten Hälfte abrupt Partizip I nutzt. Vielleicht einen zweiten Satz daraus machen á la Funken sprühten auf die Sofakissen und eine Feuersbrunst versperrte uns den Weg. Ist aber natürlich nur ein Vorschlag. :D

Die Kerzen schwankten, rotzten heißen Wachs auf Zweige, Lametta rutschte ab und regnete pietätlos auf die Köpfe der Krippenfiguren.
Hier ein Beispiel, was ich mit der Wortwahl meinte. Hier kommt super eine Art Abscheu rüber, allein durch rotzen und pietätlos. Du erzeugst allein durch diese Worte eine starke Stimmung, hier im negativen Sinne.

Wenn endlich meine Eltern eingetroffen waren, saßen neun Erwachsene am Esstisch und weil der nicht ausreichte, quetschten wir fünf Kinder uns an einen deutlich kleineren Couchtisch.
Für mein Gefühl wäre als hier besser.

Jedes Jahr wurde zunächst harmlos diskutiert, wer den ersten Kühlschrank in seinem Haushalt hatte, alternativ und zur Abwechslung ging es auch um den ersten Fernseher und später um die erste Waschmaschine.
Oh, das kenne ich von meiner eigenen Familie und meinen Freunden. Wer hat ein neues Auto, welches Auto ist besser, wer hat den tolleren Fernseher, das tollere Haustier, den besseren Job … irgendwie muss immer ein Wettbewerb da sein, den ich persönlich gar nicht nachvollziehen kann. Vor allem nicht an Weihnachten oder Ostern. Da hab ich mich gleich mit identifizieren können. :D

„Na ja, AEG ist ja eine gute Marke, unser erster war ein AEG, nich‘ Komma Günther?“

„Wir hatten auf jeden Fall den ersten! Ihr habt ja erst zwei Jahre später Leerzeichen ...“

Insgesamt ein sehr starker Text mit Stringenz und gutem Tempo, der keine Lust auf Weihnachten macht. :D

Vielen Dank für diese Anti-Weihnachtsgeschichte und einen schönen Start in die Woche dir.

Liebe Grüße
gibberish

 

Hallo @lakita,

Weihnachten ist immer auch materieller Schwanzvergleich, wer hat den dicksten, längsten, schönsten Baum etc. Das ist ein gutes Thema für eine Kurzgeschichte, gerade auch erzählt durch Kinderaugen. Kinder können mit dem Wort Kapitalismus noch nichts anfangen, aber sie sehen ihn wohl zu keiner Zeit im Jahr so klar wie während dieses mehrmonatigen Konsum-Infernos. Das brennt sich tiefer ein als jede wirtschaftswissenschaftliche oder soziologische Studie, die man in späteren Jahren lesen mag. Das gefiel mir an der Geschichte, wenn ich es mir auch an einigen Stellen mehr zwischen den Zeilen gewünscht hätte.

Meist wurde wegen der zunehmenden Erinnerungslücken aus der Diskussion ein Streit. Jeder wollte der Erstbesitzer gewesen sein. Wir Kinder begriffen von diesen heißblütig geführten Diskussionen nur so viel: Wer den ersten Kühlschrank angeschafft hatte, gehörte zu den Wohlhabenden, die anderen waren die armen Schlucker.
Dieser Absatz erklärt den vorausgehenden Dialog. Ich würde den streichen, denn wie eigentlich immer bei solchen Sachen würde es den Dialog stärken, der showt und hat dieses Nachgeschobene nicht nötig.

Ich hatte noch eine andere Stelle im Kopf, in der das noch viel krasser war, aber ich habe jetzt zwei mal gelesen und ein mal überflogen, ich finde die nicht mehr, vielleicht habe ich die auch geträumt. Die Stärke ist hier glaube ich, dass jeder so ein bisschen lesen und nicht lesen kann, was er will. Bis zu einem gewissen Grad ist das immer so, aber eben mal mehr und mal mehr weniger. Ich hätte nach dem ersten Durchgang schwören können, dieses Konsum-Rennen, in dem der gewonnen hat, der als erster den Kühlschrank hatte, das sei hier so das Hauptthema, aber eigentlich stimmt das ja nicht. Ist halt normaler familiärer Weihnachtswahnsinn und der Unterhaltungswert speist sich aus diesem durch-das-Schlüsselloch-linsen-Effekt, dass man mal gucken kann, wie wahnsinnig die anderen sind.

Jemand hat zum Beispiel geschrieben, hier seien alle irgendwie unzufrieden, das habe ich gar nicht so empfunden. Jedenfalls sehe ich keine profunde Unzufriedenheit. Die kommen zusammen, die haben sich, und dass man sich gegenseitig auf die Nerven geht, gehört dazu wie Bescherung bei Ekel-Alfred im Fernsehen oder welcher Tradition auch immer der Verbund am 24. für gewöhnlich frönt. Ist doch schön.

Der Humor ist nicht immer up my alley, aber so ist das mit Humor eben. Und das Ende:

Ihr habt die gute Laune mitzubringen und ich, ich sorge für alles andere.“
Diese Antwort imponierte mir damals so sehr, dass sie heute auch zu meiner Maxime geworden ist.
Ist ja mal richtig versöhnlich. Richtig weihnachtlich. Finde ich. Also alles in allem lese ich eine Weihnachtsgeschichte, die an der Oberfläche mit Weihnachten abrechnet, aber in Wirklichkeit eben eine Weihnachtsgeschichte ist. Das hat mir gefallen.

Meist wurde es erst im Beisein aller geöffnet und was dann für uns Kinder zum Vorschein kam, zeugte von der immensen Distanz zwischen Hamburg und Melbourne.
Das ist besser, mit Bezug jetzt auf den erklärenden Absatz nach dem Kühlschrank-Dialog. Das ist schon ein bisschen was anderes an dieser Stelle, aber auf jeden Fall überlässt du es dem Leser, was es da in diesen Paketen zu sehen gibt.

Wenn es bei uns überhaupt Torte gab, dann handelte es sich um einen Billigbiskuitboden vom Discounter.
als feierten die Aussis täglich Karneval.
Aussis und Discounter … waren die schon im alltäglichen Sprachgebrauch, als Leute noch darüber gestritten haben, wer den ersten Kühlschrank hatte? Ist vielleicht ein Großstadt-Ding.

„Dich durchschau ich. Du bist so durchtrieben wie deine schlechten Eltern.“
Das war mir zu drüber, zu satirisch.

„Und? Wie oft ist dein Vater dieses Mal wegen der Tanne losgezogen?“, fragte ich meinen Cousin,
Und diesen Satz höre ich kein Kind sagen, das klingt sehr erwachsen.

Dann ist hier was los“, grinste mein Cousin schelmisch.
Grinsen bezeichnet ja eigentlich nichts, das sprechen beinhaltet.

erwiderte meine Omi und an der Art wie eisig sie es g
Art, wie


Viele Grüße
JC

 

Hallo @lakita,

ich habe mich köstlich amüsiert, du arbeitest mit einem bissigen Humor, feinen Beobachtungen und ich konnte mir das Lächeln an der ein oder anderen Stellen nicht verkneifen. Besonders hervorheben möchte ich auch die Perspektive, weil es so noch schonungsloser wird und eine gewisse Distanz entsteht, was da eigentlich gemacht wird. Ja, fand es wirklich unterhaltend.

Ich gehe im Detail auf meinen Eindruck ein:

„Geh du schon mal vor, wir kommen nach!“ Und für mich war klar, sie würden auch dieses Jahr zu Omis Weihnachtsfeier zu spät kommen.
Das setzt den Rahmen für die Geschichte und ich erwarte eine humorvolle, leicht bissige Story und ja, du lieferst hier absolut ab.

Die Haustür ließ sie sperrangelweit auf.
„Die kommen noch nicht“, klärte ich sie auf und drückte die Tür zu.
Nur ich hatte keine, weil jede weitere Minute, in der meine Eltern nicht erschienen, auf mir lastete, als sei ich allein dafür verantwortlich.
Da steckt eine Menge Wahrheit drin, das ist diese unausgesprochene Erwartung, ich kaufe das.

„Was soll ich mit dieser Tanne? Geh mir damit weg“, hieß es dann wiederholt.
„Da sind zu viele Zweige oben herum.“
„Wieso, die ist dadurch schön grün.“
„Wie soll ich denn da die Kugeln reinhängen, die haben ja keinen Platz.“
Starke Dialoge, die dieses Meckern und auch die Konflikte an Weihnachten gut einfangen, die ja doch häufig auftreten. Gut eingefangen in deinen Dialogen.

„Haste Schiss?“, juxte mein Cousin und drückte einen der Zweige so weit nach unten, dass er wie ein gespannter Bogen beim Loslassen nach oben schnellte. Der Baum wackelte. Die Kerzen schwankten, rotzten heißen Wachs auf Zweige, Lametta rutschte ab und regnete pietätlos auf die Köpfe der Krippenfiguren.
Finde, dass deine Geschichte aufgrund dieser rebellischen Komponente an Spannung gewinnt und den Konflikt betont bzw. ein Versuch der der Kinder ist, um sich zu wehren. Auch, wenn es am Ende nicht gemacht wird wie bei der herausgestreckten Zunge und dem Familienfoto, ist doch das Bedürfnis eindeutig, etwas verändern zu wollen, sich aus diesen Zwängen zu befreien.

„Sag mal, Birgit, wie hältst du denn die Gabel, die nimmt man doch nicht in die Faust. In deinem Alter musst du das aber schon können.“
Volltreffer, haha!

„Ich kann keinen Schweinebraten mit Rotkohl mehr sehen. Jedes Jahr dasselbe. Ich ess das nicht mehr.“
Nach diesen Sätzen war es im Wohnzimmer seltsam still geworden, bis auf das feine Knistern der Dochte, wenn mal wieder am Tannenbaum eine der Wachskerzen seitlich auslief.
In den nachfolgenden Jahren aß Onkel Paul weiterhin stoisch Schweinebraten mit Rotkohl und sagte nie wieder etwas dazu.
Herrlich, da sieht man, wer das Sagen hat, die Machtdynamik wird eindeutig und das fasst den Konflikt treffend zusammen. Es wird weiter jedes Jahr gegessen und nichts mehr gesagt.

„Thea, geh bitte in die Speisekammer, da steht rechts unten eine Flasche von der Spätlese.“
„Hast du die nicht gekühlt? So pipiwarm kann man die nicht trinken.“
„Wir haben ja schon 55 ...“
„Wer will Cognac?“
Natürlich darf das Thema Alkohol nicht fehlen.

Der heiße Tortenguss grub sich durch den Fabrikbiskuit bis auf den Tortenteller, an den Rändern des Kuchens lagen die Sauerkirschen frei und kullerten nach dem Anschneiden haltlos seitlich fort. Irgendwann wagte ich es, mich darüber zu beklagen.
„Mir schmeckt Muttis Torte“, sagte mein Vater, „ich ess den Kuchenrand ja nie.“
Und so lief ich mit meiner Beschwerde über das mütterliche Produkt der hohen Tortenkunst auf.
Und mutierte als Folge dieser Geschmacksmisere später zu einem Gast, der sich außerhalb des Elternhauses sehr bereitwillig auch noch ein drittes Stück Obsttorte aufnötigen ließ.
Musste hier grinsen, mir gefällt dieser bissige Humor, funktioniert für mich.

Nach dem Abräumen des Geschirrs war dann der Höhepunkt des Abends an der Reihe oder anders gesagt, der alljährliche Beweis dafür, dass ich über kein Schauspieltalent verfügte: die Bescherung der Kinder.
Haha, tja da steckt auch so viel Wahrheit drin, hat mich zum Lachen gebracht.

Nach der Bescherung und bevor alle Erwachsenen wegen des beständig ausgeschenkten Cognacs nicht mehr grade stehen konnten, wurde zum krönenden Abschluss das große Familienfoto gemacht.
Oh man, alle ziehen sich einen rein, um Weihnachten auszuhalten, das ist schon eine üble Situation.

„Nein, danke, ihr seid alle meine Gäste. Ihr habt die gute Laune mitzubringen und ich, ich sorge für alles andere.“
Das ist der Kern der Geschichte.

Insgesamt hat mir das gefallen und hat mich zum Grinsen gebracht, danke dafür.

Beste Grüße
MRG

 

Hi @lakita,

und danke für den schönen normalen Familienhorror, heissassa, da werden Erinnerungen wach! Schöne Dialoge!
Als witziger und scharfer Text kann er für mich nicht knapp genug sein, daher sind die meisten Anmerkungen, die ich habe, Vorschläge zur Kürzung. Ist natürlich letztlich Geschmackssache.
Frischauf:

Sobald meine Eltern mich für alt genug hielten, gefahrlos allein die Strecke zu Omi zu laufen
... allein zu Omi zu laufen.
Erschien ich pünktlich, musste ich die inquisitorische Befragung meiner Verwandten ertragen. Kam ich als die quasi erste Vorhut zu spät, hätte man mich getadelt, dass man so etwas nicht tut.
Der Konjunktivprofi ist noch nicht durchgekommen, aber ich würde doch beide Möglichkeiten gleich behandeln, also: Erschien ich pünktlich, musste ich - Kam ich zu spät, wurde ich getadelt oder: Erschien ich, müsste ich - Kam ich zu spät, würde man mich tadeln.
Bei der Vorhut : "erste" raus, keiner kommt vor der Vorhut. Und quasi braucht's m.E. auch nicht.
Gab es etwa Eltern, die das taten?
Gab es Eltern...
Woher sollte ich wissen, wo sie jetzt waren.
wo sie waren.
Es musste für ihre Wohnstube mit ihrer hohen stuckverzierten Decke eine meterlange Tanne sein
Zweimal ihre: mit der hohen...
Geh mir damit weg“, hieß es dann wiederholt.
Du hast so viele schöne Wiederholungen für die Tannenbaumzurückweisung. Wiederholt kann raus.
um ihn nach den ausgefeilten Wünschen meiner Omi umzugestalten
hm ausgefeilte Wünsche, ich bin mir nicht sicher.
grinste mein Cousin schelmisch.
Schelmisch ist für mich nicht nötig, eher etwas altbacken.
Besorgt blickte ich auf den Baum, sah in meiner ausufernden Phantasie die ersten Zweige rausrutschen und die brennenden Kerzen den Baum und das Parkett entzünden, die Gardinen entflammen, Funken sprühend auf die Sofakissen übergreifend und eine Feuersbrunst uns den Weg aus dem Wohnzimmer versperrend.
Ab funken sprühend entgleitet mir die Satzkonstruktion. meinst du: (ich sah)... Funken auf das Sofakissen übergreifen und eine Feuerbrunst uns den Weg versperren. ?
ausufernden kann auch raus. Man weiß schon, die Kleine hat hat Phantasie!
rotzten heißen Wachs auf Zweige,
heißes Wachs.
Lametta rutschte ab und regnete pietätlos auf die Köpfe der Krippenfiguren.
Hihi.
quetschten wir fünf Kinder uns an einen deutlich kleineren Couchtisch.
Ha! Bei uns hieß das Katzentisch. Was haben wir miaut.
„Reichst du mir mal den Rotkohl?“
„Vor dir steht direkt die Schüssel.“
„Ach, die hab ich komplett übersehen. Wer hat grad die Soße?“
Toller Dialog.
In den nachfolgenden Jahren aß Onkel Paul weiterhin stoisch Schweinebraten mit Rotkohl und sagte nie wieder etwas dazu.
weiterhin m.E. nicht nötig.
Keine Ahnung, wie es ihm damit erging.
Den Satz brauche ich auch nicht ;)
Jedes Jahr wurde zunächst harmlos diskutiert, wer den ersten Kühlschrank in seinem Haushalt hatte, alternativ und zur Abwechslung ging es auch um den ersten Fernseher und später um die erste Waschmaschine.
Sehr schön, die ganze Diskussion. Obwohl bei uns in allen Fällen die Wachmaschine zuerst kam. Definitiv vor dem Fernseher. Aber die schlechte Laune der Oma an Waschtagen war auch legendär.
die anderen waren die armen Schlucker.
waren arme Schlucker.
Umringt von allen zuschauenden Verwandten wurde immer nur einem Kind zur Zeit ein Geschenk überreicht.
zuschauenden kann auch raus. Das umringte Kind allein ist ein gutes Bild.
Mimenspiel sie von mir erwarteten
Das Wort kenne ich nicht, kann es mir aber denken. Sonst Mienenspiel?
Warte, ich zieh am Ärmel, damit er länger wird.
Da hab ich mich zum Abschluss nochmal weggeschmissen.
Wir hatten somit genügend Zeit, etwas gefühlt Ungeheuerliches auszuhecken:
gefühlt kann auch raus. Wir sin schon längst auf eurer Seite!
Tja, das war's schon, der versöhliche Schluss hat mir durchaus gefallen, ein brennender Weihnachtsbaum wäre vielleicht fast noch schicker, bin mir nicht sicher.
In jedem Fall: vielen Dank und Frohes Fest!

 

Puh...was eine Menge an Feedback!

Liebe Kritiker:
@CoK
@FlicFlac
@Chutney
@kiroly
@Fliege
@gibberish
@Proof
@MRG
@Placidus

ich stelle immer wieder fest, dass es einfach wunderbar und nicht in Geld bezifferbar ist, hier auf dieser Seite zu sein.
So viel Konstruktives von euch und super gut nachvollziehbar erklärt und hilfreich ohne Ende.
Ich danke euch allen herzlich für eure so rasche Reaktion auf meinen Beitrag.

Ich gehe gleich selbstverständlich auf jeden einzelnen Beitrag ein und zwar schön der Reihe nach, aber möchte eben betonen, dass ich mich sehr gefreut habe, dass ihr Lust hattet, meinen Text zu lesen und zu kommentieren. Auf weiterhin gute Teamarbeit!


Liebe @CoK,

du warst gleich die Erste, die kommentiert hat und damit hast du mir den Druck von der Brust genommen. Kennst es selbst ja, wenn man was hier reinstellt und etwas reichlich unruhig ist bis sich jemand meldet. Bis dahin schwanke ich meist zwischen den Polen hin und her und halte alles für möglich: vernichtende Kritik oder hocherfreuendes Lob.

Du hast mich also erlöst und dafür danke ich dir besonders.


Es war mir zu lang, auch wenn ich die Umschreibungen und die damit verbundene Komik genossen habe. Ich habe darauf gewartet, dass der Baum brennt.
Ich habe zum Glück von bisher niemandem sonst diesen Kritikpunkt lesen müssen, aber ich verstehe durchaus, dass es manch einem zu lang sein könnte. Ich habe auch selbst ziemlich gezielt darauf geachtet, nicht noch ausufernder zu werden.

Ich muss etwas schmunzeln, weil du erwartet hast, dass der Baum brennt. Ja, ich habe, als ich den Titel wählte, so bei mir gedacht, dass diese Kritik kommen wird, dass ich das im Titel ankündige, aber dann nicht passieren lasse. Vielleicht brennt der Baum im nächsten Jahr. Hier in dieser Geschichte hätte es der Geschichte ein völlig anderes Gepräge gegeben. Aber du stehst mit diesem Wunsch nicht allein.
Und mit dem Titel meine ich quasi in Anlehnung an den Spruch "Früher war mehr Lametta" etwas abgewandelt, ankündigen zu können, dass es keine besinnliche Weihnachtsgeschichte sein wird, die man zu lesen bekommt.
Das aber habe ich auch bei dir erreicht, denn du erwartest ja den brennenden Baum und hältst mir nicht vor, keine besinnliche Weihnachtsgeschichte geschrieben zu haben.

Für die Kürze des Kommentars möchte ich mich entschuldigen und vielleicht ist es nur mein Eindruck.
Himmel, seit wann muss sich ein Kritiker entschuldigen? Und dein Kommentar ist nicht kurz. Absolut nicht. Alles gut.

Hab lieben Dank für dein Feedback und dein Lob.


Lieber @FlicFlac ,

Hi. Es war mir ein großes Vergnügen, deine Geschichte zu lesen. Sehr schön beobachtet und präzise formuliert. Göttliche Dialoge. Sehr fein, das, sehr witzig, danke dafür.
Hach, das freut mich.
Das sind verdammt gelungene witzige Dialoge. Gratuliere!
Dankeschön.
Diesen Absatz würde ich mit dem unteren tauschen. Gemäß der Steigerung. Und 'Bring die Tanne sofort zurück' muss der Schluss sein dieser Sequenz.
Hab ich gemacht. Ist besser so. Danke.
Klingt in meinem Ohr kürzer besser. Rein vom Rhythmus.
Hab ich auch geändert. Danke.
Das darfst du ruhig öfter machen. Ich konnte ab der Stelle nicht mehr weiter zitieren, war zu müde, aber auch danach hältst du das Niveau auf dem Level.
Danke für das Lob mit dem Niveauhalten. Und danke, dass du dir wünschst, dass ich das öfter machen soll.
Auf jeden Fall danke ich dir für das sehr aufbauende Feedback.


Liebe @Chutney,


Da steckt für mich viel Komik drin und viel Zorn über das, was dem Kind da zugemutet wird.
Stimmt, wobei es nicht Zorn ist, eher so eine Art Kopfschütteln oder Ungehaltenheit.
. Vor allem die Dialoge haben mich echt begistert.
Dankeschön!
ie Kinder. Die schaffen es immerhin, sich miteinander zu verbünden und so den Abend zu überstehen.

Inhaltlich als Einstieg super, für den ersten Satz ein bisschen umständlich. Vielleicht: "Sobald meine Eltern mir zutrauten, die Strecke (zu Omi) allein zu laufen, hieß es:"
Hab ich geändert. Danke
Doppelt
Ich habe das ein bisschen umgeschrieben, denn ich wollte darauf hinaus, dass die Tante das missversteht. Sie denkt, die Eltern kommen auch gleich die Treppe hoch. Deswegen lässt sie die Tür sperrangelweit auf. Darum ging es mir.
Fragezeichen?
Gesetzt.

Einmal hatte ich das ausgeplaudert. (Wäre mein Vorschlag, statt dem Durchgestrichenen.)

(ups, der Satz hier drüber sollte eigentlich als Zitat hier stehen. Diese Passage muss ich mir nochmals durchlesen bzw. ein paar Mal vorlesen, könnte durchaus sein, dass ich noch dran feile und deinen guten Vorschlag aufgreife.

Die Oma ist echt ein Besen.
Oh ja.
Puh, geht das überhaupt, ohne, dass der Baum brennt? Ich finde es übrigens okay, dass da nicht wirklich ein Baum brennt, denn dafür brennt da ja einiges in der Familie.
Ja, ich habe es tatsächlich so beschrieben, dass man lässig damit einen Baumbrand herbeiführen kann. Ich werde da aber nicht entschärfen, denn es soll ruhig dramatisch bzw. übertrieben sein, weil es ja die Phantasie des Kindes nährt, die dann folgt.
Beruhigen tut mich, dass du nicht verlangst, dass der Baum brennt, sondern es auch so wie ich siehst, dass da schon genug Theater in der Familie am Start ist.

Auch eine sehr gute Szene, die soviel sagt, darüber, wie sehr hier alle irgendwie leiden, ein Theater aufführen. Da tut sich irgendwie echt ein Abgrund auf und ich denke daran, wieviel nach dem Krieg verdrängt wurde. Worüber gesprochen werden durfte und worüber nicht.
Ja, du blickst gut hinter die Kulissen. Es hat was von einem Abgrund. Auch derjenige des Schweigens und Nichtaussprechens. Mein Opa, den ich ja gar nicht erwähne, weil er relativ früh verstorben ist, hat z.B. nie nie nie etwas aus seiner irre langen Zeit seiner Kriegsgefangenschaft in Russland berichtet. Das war nix für Kinder, also durfte er auch darüber nichts erzählen. Es wurde geschwiegen und dafür dann früh gestorben.
Den Satz finde ich so nachgeschoben, wäre mir lieber ohne. Die Szene wirkt für sich stärker.
gestrichen.
Vielleicht kindlicher: Wer den ersten Kühlschrank angeschafft hatte, hatte gewonnen. Denn so wie die Kinder es im Fettgedruckten begreifen ist es ja genauso von den Erwachsenen gemeint. Dann müsste das "nur so viel" weg.
gestrichen..

vielleicht "werde ich nie vergessen"? Oder: "Mit dem fettigen Gefühl am Gaumen setzte sogleich die Panik ein, den Schmierfilm nie wieder mit der Zunge abgewaschen zu bekommen."
Hab ich geändert. Danke.
Ich finde den Vater hier eigentlich ganz cool. Den letzten Satz ein bisschen sehr geklagt. Immerhin hat der Vater da ja eine diplomatische Ausflucht gefunden.
Die Szene hab ich ein wenig umgeschrieben.
Hier wird es sehr ernst und man ahnt wieviel mehr hinter dieser Weihnachtssituation steckt. Ich glaube, hier könnte ich mir vorstellen, dass du da noch mehr in die Situation einsteigst, in Dialoge, das Geschehen zeigst.
Ich verstehe, dass es für dich lohnen würde, da tiefer einzusteigen. Ich lasse deinen Vorschlag auch insoweit noch auf mich einwirken und denke drüber nach. Meine Furcht ist aber zum einen, dass die Geschichte dann ihre Längen bekommen könnte, zum anderen eben, die Humorzone verlassen wird.
Das die eigensinnig ist, wurde sehr deutlich.
gestrichen.
Aber es rettet sie und schweißt sie zusammen. Sie wissen, wie wichtig das Foto der heilen Familie allen ist und würden es niemals wagen. Die Folgen wären verheerend. Aber denken darf man ja.
Gut beobachtet. Ich glaube, wir Kinder wussten instinktiv, dass wir echt gehörig etwas zwischen die Löffel bekommen hätten, wenn wir das Foto mit rausgestreckter Zunge "versaut" hätten. Ist ja nicht wie heute, wo man eine regelrechte Fotoschwemme verursachen kann und es nun wirklich nicht darauf ankommt, dass jedes Foto perfekt ist, einmal abgesehen davon, dass man heute viel lockerer mit solchen kleinen, fast schon lächerlichen Kinderstreichen umgehen würde. Früher war halt nicht alles besser, aber das behauptet ja auch ernsthaft keiner.
"Ihr habt die gute Laune mitzubringen", puh, das ist mal ne Ansage.
Auch wenn in diesem Ende auch eine gute Portion Ironie drin steckt, finde ich es gut, dass da doch auch etwas Versöhnliches ist.
Dass mit der Ironie habe ich noch nie so gesehen, aber durchaus ein Aspekt. Das liebe ich ja so an uns Wortkriegern. Man kann, wenn man möchte, erleben, wie andere es sehen.
Ja, etwas Versöhnliches wollte ich am Ende folgen lassen. Dachte aber, dass genau das mir um die Ohren fliegen könnte, weil es ja irgendwie etwas aus dem Rahmen fällt.
Eigentlich ist er auch eine Anklage. Niemandem auf dieser Feier geht es wirklich gut, obwohl sich alle anstrengen.
Eine gewisse Form der Anklage ist es, allerdings ist die Bestrafung allenfalls, dass sie, wenn sie noch leben, diese Geschichte lesen könnten. Die Sichtweise, dass es niemandem auf dieser Feier wirklich gut ging, kann man haben. Aber es ist auch möglich, dass man es so sieht, dass sie alle irgendwie ganz gut damit klar kamen. 100%iges Glück gab es halt nicht und somit lebte man eben mit einem deutlich niedrigeren Glücksprozentsatz.

Herzlichen Dank für deine konstruktive Kritik, die vielen Verbesserungsvorschläge und es hat mir viel gegeben, deine Gedanken dazu zu lesen. Ach, und für dein Lob bedanke ich mich auch sehr. Tut gut.

Liebe(r) @kiroly,


es ist ja eher ein Weihnachtsbericht, vielleicht auch eine Anklage, aber Veränderungen oder Entwicklungen treten nicht auf.
Oh ja, so könnte man es bewerten, ein Bericht mit anklagenden Momenten.
Neidische Erwachsene, die beste Laune vorspielen, und die weihnachtliche, kognitive Dissonanz alkoholisch überbrücken.
So kann man es auf den Punkt bringen und sehen.
Dann: Westeuropäische 60er, Jahrzehnte schweren Essens und schwerer Cognacgläser, die soziale Hierarchie wird sehr, sehr fein an Haushaltsgeräten justiert. Man trage die Buttercréme dick auf! So beschreibt deine Geschichte aus der Sicht eines reflektierenden Kindes Kritik und Abscheu am erwachsenen Gebaren.
Du schreibst ein perfektes Resümee und mich freut daran, dass wir da dieselbe Einschätzung haben. Es ist also angekommen, was ich schreiben wollte.
Möglich ist aber auch ein älteres Kind, das vergangene Weihnachtsfeste rekapituliert und ein Urteil fällt:
Nun, es ist sogar noch weiter gefasst. Es ist ein Kind, in einem undefinierten Alter, das im Grunde über mehrere Jahre rekapituliert und quasi zusammenrafft.
Ich mag deine Schreibe, weil sie einerseits sehr einfach, andererseits aber "vollendet" wirkt. Ich glaube, man nennt das auch guten Stil,
Wow, danke für das liebe Kompliment.
Du bastelst mit Details und einzelne Sätze deiner wörtlichen Rede können ganze Menschen charakterisieren:
Dankeschön. Was für ein tolles Lob.
Dadurch wirken aber alle Erwachsenen sehr ähnlich, selbst die Eltern unterscheiden sich kaum von den Omis und den Onkels
Richtig. Und aus diesem Punkt, auch wenn ich ihn als Kritikpunkt erkenne, finde ich nicht so leicht raus. Das wäre vermutlich die absolut höchste Schule des Schreibens, hier ...
. So verharren die Figuren auf ihren Positionen, das absolute Urteil ("noch viele Momente, in denen man sich auf die Eltern nicht verlassen konnte") fixiert diese Erstarrung.
das Starre, das Fixierte aufzulösen und in lebendige Aktionen umzusetzen. Ich sehe das auch so. Vielleicht gelingt mir das in späteren Jahren irgendwann mal. Ich würde sehr gern mit dem Schreiben dahin kommen.

Dein Text ist einerseits komisch (im Sinne von Komik), andererseits aber auch brutal hoffnungslos.
Brutal hoffnungslos finde ich zu wuchtig, aber ich habe natürlich nicht mehr die Deutungshoheit über meine Geschichte. Da darf jeder Leser seine eigene Wertung einbringen, völlig in Ordnung.
Der Text funktioniert auch so sehr, sehr gut (meiner Ansicht nach).
Dankeschön.
Vielleicht tut dem Text etwas mehr Dynamik gut.
Wie schon weiter oben geschrieben, stimme ich dir zu.

Herzlichen Dank für deine konstruktive Kritik und gut nachvollziehbaren kritischen Gedanken zu meiner Geschichte und für dein Lob.


Liebe @Fliege,


jetzt hat @kiroly schon gut gesagt, was ich auch sagen wollte.
Ich habe darauf teils etwas ausführlicher geantwortet und damit ich mich nicht laufend wiederhole, erlaube mir, darauf zu verweisen.
, aber die ganze Zeit darauf gewartet, dass der Baum endlich abfakelt
Hehe, das hab ich ja auch schon von CoK gelesen, dass sie den Baum abfackeln lassen wollte. Aber dann wäre es eine völlig andere Geschichte geworden.

ie Beschreibungen haben mich sehr an die Familienfeiern in meiner Kindheit erinnert, der Kindertisch, die streitenden Erwachsenen, der Weinbrand ... und irgendwie ist ja auch oft so, heute ist Weihnachten, da hat man weihnachtlich drauf zu sein, ob man nun will oder nicht. Ich kann das auch nicht auf Knopfdruck. Genau so wenig wie an Silvesterabend in Partylaune zu sein.
Du triffst den Nagel auf den Kopf. Dieses "jetzt muss aber gute Laune und einem weihnachtlich zumut sein" ist so ein schlimmer Druck. Und Silvester komm ich auch meist damit null klar, dass man da dringend feiern muss.
Aber, aber ... das tun sie doch! Die kommen scheinbar immer zu spät!
lach ... stimmt, aber ... :Pfeif:
Ist ja nicht mehr das Kind, was hier erzählt, sondern eine reflektierte Erwachsene. Und sie hat den Blick (nach all den Jahren) noch immer genau vor Augen? Glaub nicht, dass das Kind dem Onkel schon eine solche Blickdeutung zugeschrieben hat.
Ein Kritikpunkt, der unter Umständen die gesamte Geschichte erfasst. Ich schreibe im Grunde aus einer Art Zwitterposition. Das Kind hat das alles (natürlich nicht alles) erlebt und durchlitten, aber die Sicht und die Erkenntnisse sind jetzt diejenigen einer Erwachsenen. Sicherlich wird der Onkel damals nur gefühlt so komisch geschaut haben und man ahnte als Kind, dass er was Negatives dachte. Unbehagen, das nicht in Worte fassbar war für das Kind. Jetzt aber sehr wohl. Schwierig, diesen Zwiespalt aufzulösen, finde ich.
Hier dachte ich erst, der Vater der Prota. Mir wäre hilfreich gewesen den Sprecher benannt zu haben.
Mir ist diese Stelle nicht so unklar, aber ich werde, ich habe ja auch noch ein paar mehr Sachen, wo ich vielleicht etwas ändere, da auf jeden Fall nochmals beim Vorlesen drauf achten, ob das missverständlich sein könnte. Denn genau das will ich ja nicht. Danke für den Hinweis.
Das habe ich doch dieses Jahr schon mal gelesen ;).
Wo?
Die Stimmung unter den Erwachsenen fängst Du wirklich großartig ein.
Dankeschön.
Oma ist schon krass. Aber ja, es wird gegessen, was auf den Tisch kommt und es wird auch aufgegessen. So war das ...
Ja, sie ist krass. Und stimmt, schon wieder verdrängt: es wurde aufgegessen. Ansonsten wurde man dafür gerüffelt, sich das alles auf den Teller gehauen zu haben. Reste auf dem Teller galten als Verbrechen, so nach dem Motto: "In der schlechten Zeit (damit war Nachkriegszeit gemeint) hatten wir nix zu essen, da wäre so etwas nie vorgekommen, dass man was zurücklässt."
Schade.
Haha, das Theater hätten wir Kinder nicht mental überlebt, wenn wir so ein Foto versaut hätten mit Zungerausstrecken.:D
Echt? Das mit der guten Laune hat ja nu nicht geklappt ... :D
Jo, das ging jedes Mal in die Hose.:lol:
Ist autobiografisch, nehme ich mal an. Ist ein Bericht und eine Abrechnung. Der satirische Blick und die Dialoge machen den Text auch für die Nichtinsider zu einem Lesevergnügen, so manche Erinnerung, die scheinbar gesamtgesellschaftlich verankert sind.
Autobiographisch, aber in übertriebener, ziemlich fokussierter Form und natürlich auch mit Phantasie angereichert.
Aber ich hätte ich mich sooo über eine "Abrechnung" der Kinder gefreut. Ich mein, die haben ja im Kollektiv gelitten, ach meno!
Hehe, ich würde das happyendsüchtig nennen. :D
Da muss ich sagen, hatten wir es besser bei Oma, wir waren uns ziemlich allein überlassen, die Erwachsenen hatten mit sich zu tun, und wir hatten unseren Spaß.
Ich kann dich beruhigen. In der Wohnung lebte noch eine zweite Familie, nämlich die mit dem Cousin und seinem Tannenbaumvater, meist waren wir sofort nach Essen und Bescherung im Kinderzimmer und waren endlich unter uns.
ich wünsche Dir ganz harmonische Tage mit oder ohne Weihnachtsgedöns, ganz wie Du es magst!
Oh, ganz lieben Dank für deine Wünsche, die ich gerne erwidere. Ich bevorzuge die Variante MitohneGedöns.

:xmas:

Herzlichen Dank für all dein Feedback, deine Gedanken und Verbesserungsvorschläge, liebe Fliege und für dein Lob.


Liebe(r) gibberish,


"ein starker Text, der irgendwie betroffen macht. Man leidet mit den Kindern, und dein Text liest sich fast wie die Antithese einer besinnlichen Weihnacht." (Da ist mir wieder das Zitat in die Mangel geraten, dieser Satz sollte eigentlich im Kästchen stehen.)


Was für ein kräftiges Lob von dir, dankeschön.
Und ja, so kann man es sehen, es ist eine Antithese.

Denn besinnlich ist hier wenig. Sprachlich sehr routiniert und mit einer guten Länge, da ist Zug drin.
Danke für dein Lob und ja, da ist nix Besinnliches drin.
Ich weiß nicht, ob der Text autobiografisch ist oder nur eine Überspitzung von Erlebtem, aber da schwingen Ressentiments mit, die bei der Wortwahl gut rüberkommen und subtil nochmal den Ton verschärfen. Vor allem die Verben sitzen richtig gut.
Das siehst du richtig. Es ist autobiographisch, aber natürlich fokussiert, überspitzt und auch teils von der Realität abgewichen, schließlich sollte es keine klassische Autobiographie werden, sondern eine Geschichte, die zufällig auf eigenen Erinnerungen basiert.
Das hast du echt phänomenal rübergebracht, Hut ab. Und da ist kaum ein Wort zu viel. Ich persönlich würde jedoch die Passage mit der missglückten Torte rausnehmen. Die ist in ein bisschen unglücklich platziert, so direkt vor der Bescherung, finde ich. Sie nimmt das Tempo raus und trägt nicht allzu viel zum Geschehen bei. Ist vielleicht eine Überlegung wert. :)
Danke für dein wuchtiges Lob. Tut das gut!

:kuss:

Ich verstehe, was du meinst. Offensichtlich siehst du hier eine gewisse Länge in dem Text und das kann ich sogar nachvollziehen, schließlich weiche ich hier sogar noch weiter wieder zurück ins elterliche Haus, um die sog. Tortenmisere zu schildern. Ich habe ja auch von den anderen Kritikern schon hie und da noch Vorschläge zu Änderungen erhalten, über die ich nachdenken werde, könnte gut sein, dass ich mich deiner Ansicht anschließe, wenn ich eine Weile, auch mit etwas Abstand drüber nachgedacht habe. Danke auf jeden Fall für diesen Vorschlag, er ist tatsächlich eine Überlegung wert.

Ich würde hier einen neuen Satz nach der wörtlichen Rede anfangen.
Hab ich gemacht.
h würd's streichen, das geht aus dem ganzen Text bis hier schon hervor.
Hab ich auch gemacht.
Bei dem Satz bin ich das einzige Mal gestolpert. Vielleicht liegt es daran, dass du in der zweiten Hälfte abrupt Partizip I nutzt. Vielleicht einen zweiten Satz daraus machen á la Funken sprühten auf die Sofakissen und eine Feuersbrunst versperrte uns den Weg. Ist aber natürlich nur ein Vorschlag. :D
Ich habe ihn, weil noch jemand drüber fiel, etwas geändert. Zwei Sätze würde ich deswegen nicht so gern daraus machen, weil es dann anders klingt. Aber ich denke trotzdem drüber nach, meist ist es so, dass ich nach einer ganzen Weile, wenn ich mir den Text laut vorlese, über Ungereimtheiten im Sound stolpere und dann könnte es gut sein, dass ich dann auch hier etwas Unrundes erkenne.
Hier ein Beispiel, was ich mit der Wortwahl meinte. Hier kommt super eine Art Abscheu rüber, allein durch rotzen und pietätlos. Du erzeugst allein durch diese Worte eine starke Stimmung, hier im negativen Sinne.
Dankeschön. Dann hab ich es richtig gemacht, weil es sollte so abweisend klingen.
Für mein Gefühl wäre als hier besser.
Ich möchte beim "wenn" bleiben, weil ich eigentlich darüber berichte, wie es jahrelang so gewesen ist. Da passt für mein Gefühl das "wenn" besser.
Oh, das kenne ich von meiner eigenen Familie und meinen Freunden. Wer hat ein neues Auto, welches Auto ist besser, wer hat den tolleren Fernseher, das tollere Haustier, den besseren Job … irgendwie muss immer ein Wettbewerb da sein, den ich persönlich gar nicht nachvollziehen kann. Vor allem nicht an Weihnachten oder Ostern. Da hab ich mich gleich mit identifizieren können. :D
Da ging es noch wem so wie dir und mir, wir sind nicht allein mit diesem dämlichen Gesabbel und Konkurrenzdenken der anderen. Ich fürchte, das ist so ein Wesenszug bei uns Deutschen, der, wenn er nicht bewusst unterm Deckel gehalten wird, sofort rausbricht, wie ein kleines Teufelchen.
Wir haben immer irgendwie dieses Autoquartett-Kartenspiel im Kopf. Sobald einer was hat (Auto, Technik etc,) oder macht (insbesondere Urlaube, Reisen) müssen wir immer noch eins drauf geben. Häufig merken das die Leute gar nicht mehr, dass sie sich laufend anzählen wie im Boxring.
Insgesamt ein sehr starker Text mit Stringenz und gutem Tempo, der keine Lust auf Weihnachten macht. :D
Tausend Dank für dieses heftige Kompliment. Geht mir sehr gut damit!


Lieber @Proof,


Weihnachten ist immer auch materieller Schwanzvergleich, wer hat den dicksten, längsten, schönsten Baum etc. Das ist ein gutes Thema für eine Kurzgeschichte, gerade auch erzählt durch Kinderaugen.
Furchtbar, finde ich das. Und genau deswegen diese Geschichte.
mehrmonatigen Konsum-Infernos.
Das Wort Konsum-Inferno gefällt mir.
Das gefiel mir an der Geschichte, wenn ich es mir auch an einigen Stellen mehr zwischen den Zeilen gewünscht hätte.
Du meinst hie und da noch pointierter, nicht wahr? Ja, verstehe ich. Im Moment ist das schon das Optimum, aber man weiß ja nie. Es gibt manchmal Tage, da lese ich meine Texte und denke:'Himmel, wie blöde und umständlich ist das denn formuliert, das geht aber besser'. Vielleicht passiert dies auch noch mit diesem Text irgendwann.
Dieser Absatz erklärt den vorausgehenden Dialog. Ich würde den streichen, denn wie eigentlich immer bei solchen Sachen würde es den Dialog stärken, der showt und hat dieses Nachgeschobene nicht nötig.
Jo, stimmt, es geht um die Diskussion des sog. Kühlschrankerstbesitzes. Ich werde, wenn ich den Text mit etwas Abstand nochmals kritisch betrachte, mir auch diesen Punkt vornehmen und diese Vorwegnahme(n) dann entfernen. Derzeit kann ich das noch nicht, weil ich mich nicht trennen mag, verstehe aber sofort, was du meinst.

ch hatte noch eine andere Stelle im Kopf, in der das noch viel krasser war,
Ja, ich meine, es gibt sogar zwei Stellen noch im Text, wo es so ist. Die stehen aber auch auf dem Prüfstand bei mir.
Die Stärke ist hier glaube ich, dass jeder so ein bisschen lesen und nicht lesen kann, was er will.
Ja, sehr gute Sichtweise. Ich finde, man sollte dem Leser nicht alles vorkauen, er soll für sich entscheiden, wie es auf ihn wirkt.
Ich hätte nach dem ersten Durchgang schwören können, dieses Konsum-Rennen, in dem der gewonnen hat, der als erster den Kühlschrank hatte, das sei hier so das Hauptthema, aber eigentlich stimmt das ja nicht. Ist halt normaler familiärer Weihnachtswahnsinn und der Unterhaltungswert speist sich aus diesem durch-das-Schlüsselloch-linsen-Effekt, dass man mal gucken kann, wie wahnsinnig die anderen sind.
Interessante Einschätzung und Interpretation. Ja, es geht um den normalen Weihnachtswahnsinn. Ich frage mich immer, woher das eigentlich kommt. Normalerweise feiern wir doch die Geburt eines Kindes. Und damit meine ich feiern, Party, fröhlich sein und sich halt wie Bolle freuen, dass das Kind gesund ist und alles.
Wieso schaffen wir das eigentlich nicht am 24? Natürlich vorausgesetzt, man glaubt daran, dass an dem Tag was zum Feiern geboren wurde. :Pfeif:
Jemand hat zum Beispiel geschrieben, hier seien alle irgendwie unzufrieden, das habe ich gar nicht so empfunden. Jedenfalls sehe ich keine profunde Unzufriedenheit. Die kommen zusammen, die haben sich, und dass man sich gegenseitig auf die Nerven geht, gehört dazu wie Bescherung bei Ekel-Alfred im Fernsehen oder welcher Tradition auch immer der Verbund am 24. für gewöhnlich frönt. Ist doch schön.
Es hat leider etwas sehr Normales, sich Weihnachten zu stressen und die Nerven blank zu legen. Stimmt. Schön ist aber was anderes. Nur, weil wir zum großen Teil weihnachtsstressresilient sind, heißt es nicht, dass es so bleiben muss.
Ist ja mal richtig versöhnlich. Richtig weihnachtlich. Finde ich. Also alles in allem lese ich eine Weihnachtsgeschichte, die an der Oberfläche mit Weihnachten abrechnet, aber in Wirklichkeit eben eine Weihnachtsgeschichte ist. Das hat mir gefallen.
Das beruhigt mich sehr, dass dir das Ende auch gefällt, denn es kommt ja doch wie etwas angebabbt daher.
Das ist besser, mit Bezug jetzt auf den erklärenden Absatz nach dem Kühlschrank-Dialog. Das ist schon ein bisschen was anderes an dieser Stelle, aber auf jeden Fall überlässt du es dem Leser, was es da in diesen Paketen zu sehen gibt.
Ja, hier meinst du diese Vorwegnahme ins tell sozusagen. Ich weiß.
Aussis und Discounter … waren die schon im alltäglichen Sprachgebrauch, als Leute noch darüber gestritten haben, wer den ersten Kühlschrank hatte? Ist vielleicht ein Großstadt-Ding.
Ui, da hast du mich echt bei de Büx.

:D Nee, weder Aussis noch Discounter dürften damals als Vokabeln gängig gewesen sein.
Ich muss mal drüber nachdenken, was ich stattdessen schreiben könnte. Klar, statt Discounter natürlich Supermarkt, aber Aussis schlicht in Australier umwandeln? Klingt so bieder. Mal sehen. Vielleicht mach ich es aber noch.

Das war mir zu drüber, zu satirisch.
Du meinst die Szene, dass Onkel Paul kritisch guckt. Ja, da lass ich meiner Phantasie ein wenig den Lauf.
Und diesen Satz höre ich kein Kind sagen, das klingt sehr erwachsen.
Die Frage nach dem wegen der Tanne losziehen, finde ich eigentlich nicht zu erwachsen. Aber beim späteren wieder mal lautem Vorlesen dieses Textes könnte es mir vielleicht doch störend auffallen. Mal sehen.
Grinsen bezeichnet ja eigentlich nichts, das sprechen beinhaltet.
Ich weiß.

Lieber Proof, ganz lieben Dank für dein ausführliches Feedback und deine Gedanken und Empfindungen zu dieser Geschichte und natürlich hab ich mich über deine Verbesserungsvorschläge und dein Lob ebenso sehr gefreut.

Liebe(r) MRG,


h habe mich köstlich amüsiert, du arbeitest mit einem bissigen Humor, feinen Beobachtungen und ich konnte mir das Lächeln an der ein oder anderen Stellen nicht verkneifen. Besonders hervorheben möchte ich auch die Perspektive, weil es so noch schonungsloser wird und eine gewisse Distanz entsteht, was da eigentlich gemacht wird. Ja, fand es wirklich unterhaltend.
Wow, was für ein wuchtiges Lob. Dankeschön dafür! Ich freu mich darüber sehr.

Herrlich, da sieht man, wer das Sagen hat, die Machtdynamik wird eindeutig und das fasst den Konflikt treffend zusammen. Es wird weiter jedes Jahr gegessen und nichts mehr gesagt.
Richtig erkannt.
Natürlich darf das Thema Alkohol nicht fehlen.
Nie!
Musste hier grinsen, mir gefällt dieser bissige Humor, funktioniert für mich.
Dankeschön.
Oh man, alle ziehen sich einen rein, um Weihnachten auszuhalten, das ist schon eine üble Situation.
Ich möchte lieber keine Statistik darüber lesen, wie oft das heutzutage immer noch der Fall ist. Was müssen wir Deutschen auch immer aus diesem vermaledeiten Heiligabend so eine andächtige schwertriefende Angelegenheit produzieren? Besinnlichkeit, wenn ich das schön höre, denke ich immer: Himmel, es gibt doch auf diesem Planeten weiß Gott Wichtigeres als gerade das zu Heiligabend. Und so nimmt dann alljährlich das Problem seinen Lauf.
Hab großen Dank für dein freundliches Feedback und das Beisteuern deiner Gedanken zu meiner Geschichte und dein Lob.


Liebe Placidus,

und danke für den schönen normalen Familienhorror, heissassa, da werden Erinnerungen wach! Schöne Dialoge!
Oh je, Erinnerungen wach zu rufen, ist ja eigentlich ein großes Kompliment, aber es waren bestimmt nicht so arg gute oder? Gute Laune verderben will ich im Grunde genommen nicht. Wenn jemand gern und fröhlich Weihnachten feiern kann, das würde ich ihm nicht nehmen wollen.
Als witziger und scharfer Text kann er für mich nicht knapp genug sein, daher sind die meisten Anmerkungen, die ich habe, Vorschläge zur Kürzung. Ist natürlich letztlich Geschmackssache.
Danke für dein darin steckendes Lob und ich bin dann mal gespannt, was alles weg soll.
... allein zu Omi zu laufen.
geändert
Der Konjunktivprofi ist noch nicht durchgekommen, aber ich würde doch beide Möglichkeiten gleich behandeln, also: Erschien ich pünktlich, musste ich - Kam ich zu spät, wurde ich getadelt oder: Erschien ich, müsste ich - Kam ich zu spät, würde man mich tadeln.
Bei der Vorhut : "erste" raus, keiner kommt vor der Vorhut. Und quasi braucht's m.E. auch nicht.
geändert
Gab es Eltern...
"etwa" getilgt
wo sie waren.
"jetzt" möchte ich drin lassen, weil ich damit so etwas wie "aktuell" sind. "jetzt" ist die schlichtere Wortwahl, mehr der Kindersprache angemessen.
Zweimal ihre: mit der hohen...
geändert
hm ausgefeilte Wünsche, ich bin mir nicht sicher.
Mein Sprachgefühl sagt: ausgefeilte (aber ich ließe mich durchaus eines Besseren belehren)
Du hast so viele schöne Wiederholungen für die Tannenbaumzurückweisung. Wiederholt kann raus.
erledigt
Schelmisch ist für mich nicht nötig, eher etwas altbacken.
hab verschmitzt draus gemacht
Ab funken sprühend entgleitet mir die Satzkonstruktion. meinst du: (ich sah)... Funken auf das Sofakissen übergreifen und eine Feuerbrunst uns den Weg versperren. ?
ausufernden kann auch raus. Man weiß schon, die Kleine hat hat Phantasie!
Ja, mit diesem Satzkonstrukt bin ich gedanklich noch nicht mit durch. Habe es schon etwas geändert, aber da könnte ich mir vorstellen, dass es noch besserklingend wird. Aber ich benötige dazu etwas zeitlichen Abstand.
heißes Wachs.
geändert
Ha! Bei uns hieß das Katzentisch. Was haben wir miaut.
Und weißte was, ich hab auch glatt es zum Katzentisch geändert, weil es immer auch tatsächlich so hieß dort bei uns. Ich war mir nur nicht so ganz sicher, ob das überhaupt jemand kennt. Dein Einwand hat mich da mutig gemacht. Klingt ja auch viel fröhlicher.
weiterhin m.E. nicht nötig.
Will ich noch drinlassen.
Den Satz brauche ich auch nicht ;)
Den hab ich getilgt.
Sehr schön, die ganze Diskussion. Obwohl bei uns in allen Fällen die Wachmaschine zuerst kam. Definitiv vor dem Fernseher. Aber die schlechte Laune der Oma an Waschtagen war auch legendär.
Ja, bei euch die Waschmaschine, aber ich bin schon deutlich älter, ich bin noch die Generation, die (elende) Jahre ohne Kühlschrank auskommen musste. Von daher war der erste Kühlschrank und der erste Fernseher das Ereignis überhaupt. So wie halt für etwas Jüngere dann die Waschmaschine.
Das Wort kenne ich nicht, kann es mir aber denken. Sonst Mienenspiel?
Ich hab es mal nachgeschaut, stimmt leider, im Duden steht davon nix. Blöd, ich finde, es sollte erschaffen werden, dieses Wort. Hab es aber geändert.
Da hab ich mich zum Abschluss nochmal weggeschmissen.
Dankeschön
gefühlt kann auch raus. Wir sin schon längst auf eurer Seite!
getilgt
Tja, das war's schon, der versöhliche Schluss hat mir durchaus gefallen, ein brennender Weihnachtsbaum wäre vielleicht fast noch schicker, bin mir nicht sicher.
In jedem Fall: vielen Dank und Frohes Fest!
Das ist jetzt das dritte Mal, dass der abfackelnde Tannenbaum gewünscht wird. Das hätte der Geschichte aber eine ganz andere Bedeutung gegeben. Vielleicht ein Plot fürs nächste Weihnachtsfest, denn dass man von mir jemals eine ernsthafte und besinnliche und andächtige Weihnachtsgeschichte lesen wird, das wüsst ich. :xmas::D:D

Herzlichen Dank für die konstruktive Kritik, so viel war ja gar nicht zu entfernen, fand ich.
Und ebenso ganz lieben Dank für dein Lob und deine Gedanken zu meiner Geschichte. Und fröhliche Weihnachten, die wünsche ich dir selbstredend auch sehr.


Uff, uff, uff, jetzt bin ich erledigt!

Euch allen ganz herzlich nochmals ein großes DANKESCHÖN für eure hilfreichen Kommentare, Verbesserungsvorschläge, Gedanken, Ideen und vor allen Dingen euer
Lob! Toll, dass es euch gibt!

Liebe Grüße

lakita

 

Moin @lakita ,

danke für Deine Geschichte.

Da ist man mal drei Tage nicht (oder wenn, dann nur ganz kurz) hier im Forum und schwupps, stehen gefühlt bereits zehn Kommentare unter einem neuen Challenge-Text. :DDaher habe ich keine neue Textarbeit anzubieten, möchte Dir aber dennoch gerne meinen Leseeindruck mitteilen.

Die Geschichte hat mir in Teilen gefallen, angefangen beim Dialog zwischen Prota und Cousin, über den ersten Dialog zu Tisch (mit den Kids am Katzentisch) sowie zum Ende mit dem markigen Spruch der Omi.

Dazwischen hat sie mich aber auch immer mal wieder ein wenig verloren, in meinen Augen konnte der "AEG-Dialog" und die "Buttercreme-Passage" vom Humor und der, ich nenn’s jetzt mal "Spritzigkeit" her, nicht mit den o.g. Stellen mithalten. Auch das Familienfoto gen Ende empfand ich als ein bisschen enttäuschend, da die Kids den Streich ja nicht durchgezogen haben. Da fehlte mir irgendwie was, ich glaube, ich hätte lieber gelesen, was in der Family los gewesen wäre, hätten die Youngsters ihr Ding durchgezogen.

Ich bin aber (glaube ich) vom Alter her auch nicht unbedingt die Zielgruppe. Wenn ich den Titel richtig interpretiere, zielt der auf "Früher war mehr Lametta" ab? Mit Loriot und seinen Werken konnte ich bislang bis auf wenige Ausnahmen auch nur bedingt etwas anfangen.
Und, ja, auch ich habe darauf spekuliert, dass der zurechtgestutzte und -gebohrte, mit extra Zweigen ausstaffierte Baum noch Feuer fängt. Das hattest Du so schön vorbereitet, da war meine Enttäuschung am Ende groß (Scherz).

Trotzdem gerne gelesen
Beste Grüße
Seth

 

Hallo @Seth Gecko ,


Daher habe ich keine neue Textarbeit anzubieten, möchte Dir aber dennoch gerne meinen Leseeindruck mitteilen.
Das weiß ich echt zu schätzen. :thumbsup:
Die Geschichte hat mir in Teilen gefallen, angefangen beim Dialog zwischen Prota und Cousin, über den ersten Dialog zu Tisch (mit den Kids am Katzentisch) sowie zum Ende mit dem markigen Spruch der Omi.
Dankeschön.
Dazwischen hat sie mich aber auch immer mal wieder ein wenig verloren, in meinen Augen konnte der "AEG-Dialog" und die "Buttercreme-Passage" vom Humor und der, ich nenn’s jetzt mal "Spritzigkeit" her, nicht mit den o.g. Stellen mithalten.
Damit kann ich leben, denn ich finde, Humor ist wirklich ganz sehr speziell eine ureigene Empfindung. Wie oft habe ich hier Texte gelesen, die unter Humor standen und ich konnte nicht ein Stück lachen, noch nicht mal grinsen und wenn ich dann ein paar der Kritiken unter diesen Geschichten verfolgt habe, fiel ich fast vom Glauben ab, wenn dort der Humor in den höchsten Tönen gelobt und gefeiert wurde. Ich habe lange gebraucht, um zu begreifen, dass es DEN Humor, der alle ergreift nicht gibt. Alles gut! Hat auch irgendwie etwas Beruhigendes, dass es so ist, nicht wahr?

ich glaube, ich hätte lieber gelesen, was in der Family los gewesen wäre, hätten die Youngsters ihr Ding durchgezogen.
Das kann ich nachvollziehen. Jedoch stellte sich mir, denn diese Wendung hätte ich der Geschichte ja ohne Weiteres geben können, die technische Frage, wann denn diese Fotos von der Verwandtschaft gesichtet werden konnten. Damals musste man die Dinger noch entwickeln, also wo einschicken zu einem Fotodienst. Das Donnerwetter, denn um DAS wäre es dir ja nur gegangen, hätte uns Kinder allenfalls im nächsten Jahr ereilt, also bei der nächsten Weihnachtsfeier. Und genau dieser Umstand war mir ein wenig zu ausbremsend.
Ich bin aber (glaube ich) vom Alter her auch nicht unbedingt die Zielgruppe.
Jo, das könnte gut sein. Ich bin ja schon 100 und du?:D
Wenn ich den Titel richtig interpretiere, zielt der auf "Früher war mehr Lametta" ab?
Das hast du perfekt erfasst, genau so hatte ich diesen Hintergedanken dabei.
Mit Loriot und seinen Werken konnte ich bislang bis auf wenige Ausnahmen auch nur bedingt etwas anfangen.
Himmel, ich käme nicht auf den Gedanken, mich mit Loriot zu vergleichen. Der ist für mich der Gott des schrägen Humors für Alltagsdinge. Da reiche ich nie ran. Aber wenn du damit einfach nur sagen willst, dass du nicht auf jeden Humor abfährst, bin ich sofort wieder bei dir mit dieser Aussage.
Baum noch Feuer fängt.
Ich hätte ja fast gesagt, ok, Leute, in meiner nächsten Story fackel ich einen ab, aber ich mag nichts versprechen.

:D
Ganz lieben Dank für dein durchaus ja positives Feedback und deine Gedanken zu meiner Geschichte.


Lieben Gruß

lakita

 

Einen „du kannst nix für deine Eltern“- Bonus gab es bei meinen Verwandten nicht.

Kam ich als die quasi Vorhut zu spät, wurde ich getadelt, dass man so etwas nicht tut und ob mir solch ein Verhalten etwa meine Eltern beigebracht haben,

erinnert mich ein bissken an meine frühen Jahre (also Jahr 10 ff. bis zum Jahre Dutschke), wenn bei den Altvorderen von het windje (dem väterlichen, katholischen Arm meiner Vorfahren - die protestantische, nüchternere Verwandtschaft lebte zur Miete), wenn der Friedel nicht mit dem PKW und Eltern nebst Bruder, sondern mit dem Fahrrad angereist kam, mal zu früh und oft genug zu spät.

Aber es gibt noch einige Baustellen, wie zB hier

„Na, denn frohe Weihnachten, komm rein.“
wiewohl ich ja weiß, dass Du gelegentlich das Ausrufezeichen benutzt.
Aber beim Imperativ juckt es mich immer in den Fingern …!

Das Fragezeichen wird nie eine bedrohte Art ... wie hier belegt

„Was soll ich mit dieser Tanne? Geh mir damit weg“, hieß es dann.

„Ach so, wann kommen sie denn? Omi hat gesagt, allerspätestens um 6 Uhr.“
sechs?

Dann war Omi erstmal mucksch und Vati hat ihn stundenlang umgearbeitet.
"erst mal", weil ein verkürztes "erst einmal"

aber im folgenden "noch einmal" korrekt zusammengezogen zum Adverb

Er wär schneller fertig gewesen, wenn er nochmals losgezogen wär.

Wenn sie redetenKOMMA und das taten sie ununterbrochen, durften wir Kinder nichts dazwischen sagen.

Während wir Kinder … und da wir die Themen, die allweihnachtlich abgehandelt wurden, kannten, reichten die wenigen Brocken aus, um zu wissen, um was es gerade ging.
Die schwache Klammer lässt sich durch minimalstes Möbelrücken vermeiden - etwa
"… und da wir die Themen kannten, die allweihnachtlich abgehandelt wurden, reichten die wenigen Brocken aus, um zu wissen, um was es gerade ging.

„Einen von AEG.“
...
„Na ja, AEG ist ja eine gute Marke, unser erster war ein AEG, nich‘, Günther?“
„Ja, wir hatten den Ersten.“
warum die Substantivierung?, wenn es doch der erste von xy ist

In meiner kindlichen Verlassenheit wurde mir damals ernüchternd klar, dass es noch viele Momente geben würde, in denen man sich auf die Eltern nicht verlassen konnte.
Warum Konjunktiv II „würde“ (in dem ja auch gezweifelt wird), statt des schlichten Futur I „geben wird“, wo es eh nur zwo Möglichkeiten gibt – entweder es geschieht oder geschieht eben nicht ...

Wie dem auch wird - gern gelesen vom

Friedel

 

Lieber @Friedrichard ,

und ich dachte, da sind keine Rechtschreibfehler mehr drin.

Herzlichen Dank fürs Korrekturlesen und Fusselraussuchen.
Ist immer ein wenig als erhielte man die grammatikalische Absolution, wenn du dir so einen Text vorgeknüpft hast.
Danach ist er besenrein. :D
:thumbsup:

Gut, dass es dich gibt. :kuss:

Ich gestehe, dass ich mich mittlerweile schon so daran gewöhnt habe, auf dieser Seite eine kompetente Instanz wie dich zu haben, dass ich oft versucht bin, auch unter anderen Kritiken zu schreiben: Das müsstest du jetzt Friedrichard fragen, der weiß es exakt.
Aber natürlich ist es nicht so fair, woanders quasi fremdgehenderweise neue Aufgaben für dich aufzuklauben.

Lieben Dank für deine Mühe und natürlich hab ich alles ausgemerzt oder sollte man hier typengerecht sagen ausgefriedelt? :D

Lieben Gruß
lakita

 

Mahlzeit @lakita,

ja, da erkenne ich doch

Nein, danke, ihr seid alle meine Gäste. Ihr habt die gute Laune mitzubringen und ich, ich sorge für alles andere.
von meinem ersten Besuch bei dir.
Schon als Kind war auf der einen Seite das Bild von Weihnachten mit Stern und Düften und Werbung und alles schön und Geschenke ... auf der anderen Seite die kaputte Familie. Nicht nur bei mir. Auch bei meinen Kumpels. So habe ich mich bald gefragt, wie es möglich sein kann, einmal im Jahr eine solche Show abzuziehen, im Bewusstsein, es in 365 Tagen zu wiederholen. Alle müssten doch jetzt schon absagen oder aus dem Fenster springen. Ich bin bis heute noch nicht dahinter gekommen, was falsch läuft zwischen idealisiertem Wunschtraum und banaler Realität. Wie kann man sich so in die Tasche lügen?

Das ist für mich in deinem Text auch der Aufhänger: die Lüge. Ausbruchsversuche gibt es. Schweinebraten ... aber dann die Niederlage vor der eigenen Courage. Als Kind sieht man sehr deutlich die Ebenen dieser Lügenstory. Die fehlende Rückendeckung von Mami und Papi, eine Art unfreiwilliges Eintauchen des Kindes in die kalte Erwachsenenwelt. Als Kind muss man nicht selten den Preis bezahlen, der für die Eltern bestimmt ist.

Hab ich gern gelesen und ungern gelesen, weil es sich anfühlte wie früher. Der Twist ist sozusagen nicht in der Geschichte, sondern in mir beim Lesen.

Ich wünsche einen schönen 24sten, mit nem guten Essen und etwas Stille.

Grüße
Morphin

 

Lieber @Morphin ,

lieben Dank für deine Gedanken und überhaupt dein Feedback unter meiner Geschichte.

Du sprichst mir aus der Seele, wie man so schön sagt:

So habe ich mich bald gefragt, wie es möglich sein kann, einmal im Jahr eine solche Show abzuziehen, im Bewusstsein, es in 365 Tagen zu wiederholen.
Das frag ich mich auch.
Manchmal frage ich mich, ob dieses Fest nur deswegn so beharrlich misshandelt wird, damit man frei und ohne Vorbehalte sich in puncto Geschenke bekommen und verschenken austoben kann. Das wäre allerdings doch zu kurz gegriffen als Antwort.
Ich bin bis heute noch nicht dahinter gekommen, was falsch läuft zwischen idealisiertem Wunschtraum und banaler Realität.
Genau
Wie kann man sich so in die Tasche lügen?
Die Frage wird sich noch einige Generationen weiter jähren, vermute ich.

Wenn man christlichen Glaubens ist, also daran glaubt, dass am 24.12. Jesus zur Welt kam, dann frage ich mich immer wieder, wieso das nicht einfach auf fröhliche Weise gefeiert wird. Einfach Party machen.
Trotz der Widrigkeiten lief die Geburt gut, Kind gesund und munter und das zusammengenommen ist doch Grund genug, gehörig zu feiern. Oder nicht?
Was hat denn da Besinnlichkeit und Andächtigkeit verloren? Was läuft da schief bei uns Deutschen?
Ich habe immer voraussagen können, wenn die Weihnachtsfeiertage ungünstig auf Werktage fielen, ob es dann ab Januar vermehrt Scheidungswillige geben würde oder es im Normalbereich verbleibt.
Zum Beispiel haben wir dieses Jahr sozusagen Scheidungsweihnachten, weil zu viele Tage hintereinander man nicht unterwegs sein kann, um einzukaufen. Wobei es nicht um das Einkaufen geht, sondern um die Möglichkeit dem Druck, der sich zu Hause aufbaut, zu entkommen, zu entfliehen.

Das ist für mich in deinem Text auch der Aufhänger: die Lüge.
Stimmt.
Als Kind muss man nicht selten den Preis bezahlen, der für die Eltern bestimmt ist.
Wie wahr.
Der Twist ist sozusagen nicht in der Geschichte, sondern in mir beim Lesen.
Gut gesagt.
Ich wünsche einen schönen 24sten, mit nem guten Essen und etwas Stille.
Den werden wir haben und darauf freue ich mich sehr. Und dir wünsche ich herzlich ebenfalls einen guten Verlauf!


Lieben Gruß

lakita

 

Hallo Lakita,

eine atmosphärisch dichte Geschichte, die Anspannung und die Unwägbarkeiten, die das Kind empfindet, sind gut nachvollziehbar.

Man sieht, wie selbst so eine harmlose Weihnachtsfeier auf verschiedenen Ebenen durch persönliche Eitelkeiten und Schauspielerei belastet sein kann.

Der Übergang von dem Verspätungsteil zu dem Tannenbaumwahnsinnsteil kommt mir etwas abrupt, das ist natürlich sehr subjektiv. Allerdings habe ich mich gefragt, wo man Bäume herbekommt, die man umtauschen kann.

„Also wirklich, Thea! In diesem Alter müssen beim Kind schon ein paar Dinge abgeschlossen sein. Komm, Birgit, ich zeig dir, wie man die Gabel richtig hält.“
„Ich hab gesagt, lass sie, du verdirbst ihr ja das ganze Essen.“
„Himmel, man wird ja noch ..., ich mein es doch nur gut.“

Das ist gut beobachtet.

„Onkel Paul in einem Jahr sagte:“

Huch, dachte ich – in der Zukunft? Vielleicht sagt er es einfach ‚vor ein paar Jahren‘.

„Billigbiskuitboden aus dem Laden. Es wurde ein Glas eingemachte, abgetropfte Sauerkirschen aus unserem Schrebergarten drübergekippt und der aus dem aufgefangenen Saft angerührte Tortenguss mit verwegenem Schwung, so heiß, wie er war, drübergeschüttet“

Mein Vorschlag:

Billigbiskuitboden aus dem Laden. Es wurde ein Glas eingemachte, abgetropfte Sauerkirschen aus unserem Schrebergarten drübergekippt. Zusätzlich noch der aus dem aufgefangenen Saft angerührte Tortenguss mit verwegenem Schwung, so heiß, wie er war.

(Oder ‚heiße Tortenguss‘, das erspart den Nachsatz)

„Nach dem Abräumen des Geschirrs war dann der Höhepunkt des Abends an der Reihe oder anders gesagt, der alljährliche Beweis dafür, dass ich über kein Schauspieltalent verfügte: die Bescherung der Kinder.“

Das ist gut, da wird eine Erwartung generiert: Warum wohl, braucht man Schauspieltalent? Wie das arme Kind schon Stress erwartet!

„Umringt von allen Verwandten wurde immer nur einem Kind zur Zeit ein Geschenk überreicht.“

Zurzeit, da es nicht um einen Zeitraum geht. Besser finde ich ‚gleichzeitig‘, oder ‚nacheinander‘ wurden die Geschenke vergeben.

„Was sollten wir Kinder mit Geschirrhandtüchern, deren Anblick einen jahrelang in der Küche verfolgten?“

Ich denke ‚verfolgte‘, da die Tücher angeblickt werden, nicht anblicken.

„Traf es mich, wurde mir schmerzlich klar, dass in mir null Theaterblut brodelte.
In diesen Momenten, in denen ich am liebsten unsichtbar geworden wäre, war ich wie üblich elternlos. Mag sein, dass sie nicht ahnten, dass ich mich schämte. Mag sein, dass sie befanden, ich sei des Beistandes nicht wert. In meiner kindlichen Verlassenheit wurde mir damals ernüchternd klar, dass es noch viele Momente geben wird, in denen man sich auf die Eltern nicht verlassen konnte.“

Das ist stark, diese Desillusionierung!

Soweit meine kleinen Gedanken zu deinem Text,

liebe Grüße,

Woltochinon

 

Lieber @Woltochinon ,

na, sag mal, du willst doch selbst einen Beitrag pinseln, wieso tummelst du dich hier herum und schreibst jede Menge Kritiken?

:Pfeif:
Oder ist deine Geschichte schon fertig, aber muss noch ein bisschen abhängen?
Wie auch immer, ich freue mich sehr über dein Feedback und bin, wie immer bei den Wortkriegern, obwohl ich hier ja nun schon Jahrhunderte anwesend bin, erstaunt, dass immer noch was gefunden wird, was verbesserungswürdig ist.
Deine Liste ist nicht von schlechten Eltern, um mal im Thema zu bleiben und nachfolgend habe ich dir dazu meine Erwiderungen geschrieben, damit du weißt, wie erfolgreich du gewesen bist.
Tausend Dank für deine Mühewaltung! Ich weiß das sehr zu schätzen.

Was mir allerdings auffällt ist, dass in deinem Feedback so rein gar nichts von Humorempfindungen steht. Nun steht es mir nicht zu, dir dazu auch noch eine Antwort aus dem Kreuz zu leiern, aber erlaube mir, dass ich etwas verwundert sein darf.
Angelegt habe ich das alles nämlich als komisch-tragisch oder tragisch-komisch.

Nun zu deinen hilfreichen Verbesserungsvorschlägen:

Allerdings habe ich mich gefragt, wo man Bäume herbekommt, die man umtauschen kann.
Früher ging das schon noch eher als es heute der Fall wäre, aber deine Frage ist durchaus berechtigt. Ich werde einfach ein, zwei Sätzchen hinzufügen, um das abzurunden.
„Onkel Paul in einem Jahr sagte:“ Huch, dachte ich – in der Zukunft? Vielleicht sagt er es einfach ‚vor ein paar Jahren‘.
Verstehe, was du meinst, aber "vor ein paar Jahren" passt für mich nicht. Ich finde im Moment keine idealere Formulierung, denn ich möchte ja nicht noch umständlicher daher kommen, wie z.B. Es war bei einer diese Weihnachtsfeiern, da sagte Onkel Paul... oder so. Ich lasse es zunächst stehen, vielleicht fällt mir noch etwas treffendes ein. Hier hoffe ich, dass die Einbettung in den Satz und die Stellung mittendrin und gleich danach folgt "sagte", den Leser nicht aufs Glatteis führt, dass er nun verwirrt denkt, ich meinte die Zukunft.
Mein Vorschlag: Billigbiskuitboden aus dem Laden. Es wurde ein Glas eingemachte, abgetropfte Sauerkirschen aus unserem Schrebergarten drübergekippt. Zusätzlich noch der aus dem aufgefangenen Saft angerührte Tortenguss mit verwegenem Schwung, so heiß, wie er war. (Oder ‚heiße Tortenguss‘, das erspart den Nachsatz)
Kauf ich und werde es fast so übenehmen.

Zurzeit, da es nicht um einen Zeitraum geht. Besser finde ich ‚gleichzeitig‘, oder ‚nacheinander‘ wurden die Geschenke vergeben.
Mal sehen, ob ich es umgestellt bekomme. Gehe da nochmals dran.
Ich denke ‚verfolgte‘, da die Tücher angeblickt werden, nicht anblicken.
wird geändert.


Lieben Gruß und nochmals lieben Dank für deine Mühe, bin gespannt auf deine Geschichte.

lakita

 

Liebe Lakita,

ach, danke! So eine nette Rückmeldung!

Du schreibst:

„und bin, wie immer bei den Wortkriegern, obwohl ich hier ja nun schon Jahrhunderte anwesend bin, erstaunt, dass immer noch was gefunden wird, was verbesserungswürdig ist“

So ist es mir auch schon exakt 1042 mal gegangen :D. Wer weiß, was man bei mir finden wird. Mir ist noch ein zweiter Text eingefallen, deshalb hatte ich jetzt mal abgewartet, wie der sich entwickelt. Danke dir für dein Interesse.

„Was mir allerdings auffällt ist, dass in deinem Feedback so rein gar nichts von Humorempfindungen steht.“

Es gibt schon Stellen in deiner Geschichte, die verschroben bis Loriotesk humorvoll sind. Der Kampf um den perfekten Tannenbaum, der Rotkohl-Krieg (von Historikern kaum beachtet), diese Angebergespräche rund um Elektrogeräte. Das kam bei mir nicht an, nicht wegen irgendeinem Mangel deinerseits, :thumbsup:sondern weil ich mit solchen Gesprächen schlechte Erfahrungen verbinde, so, dass das Unangenehme überwiegt.

Auch wenn man eine Kritik objektiv schreiben will, erwischt es einen halt manchmal aus dem subjektiven ‚Hinterhalt‘.

„Nein, danke, ihr seid alle meine Gäste. Ihr habt die gute Laune mitzubringen und ich, ich sorge für alles andere.“
Diese Antwort imponierte mir damals so sehr, dass sie heute auch zu meiner Maxime geworden ist.“

Glaubt die Oma denn wirklich, sie hätte für alles andere gesorgt? Wer bei dem Stress gute Laune mitgebracht, und sie behalten hat, ist ein Held.

Liebe Grüße,

Woltochinon

 

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