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Zufrieden?

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08.11.2008
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Zufrieden?

Zufrieden?

„Thomas, bist du eigentlich zufrieden?“
„Ja, natürlich, Sylvia, wieso?“ Thomas blickte erstaunt vom Sportteil in der Zeitung auf.
„Nun, ich meine, bist du zufrieden mit dem Leben, das wir beide miteinander führen?“
„Aber, Sylvia, was soll denn diese Frage, wir sind heute auf den Tag genau schon seit vier Jahren ein Paar und verstehen uns prima!“ Kopfschüttelnd wandte sich Thomas wieder dem Sportteil zu.
„Weißt du, ich frage mich manchmal wohin das alles führen soll?“ Sylvia ließ nicht locker.
„Wieso? Wohin soll es denn großartig führen? Wir haben doch ein schönes Leben, jeder hat seinen Job, jeder seine eigene Wohnung und wir sehen uns, wann immer wir wollen. Was soll daran falsch sein?“ Thomas runzelte jetzt ärgerlich die Stirn und legte die Zeitung auf dem Tisch ab. Das würde wieder eine dieser langen, sinnlosen Diskussionen werden!
„Ja, aber, ich finde, wir müssten mehr gemeinsame Ziele haben, nicht nur jeder seinen Job und sein Leben im Auge. Gemeinsamkeit besteht doch nicht nur darin, gemeinsam zu essen und zu schlafen und miteinander ins Bett zu gehen, vielleicht manchmal noch ins Theater oder in eine Ausstellung!“
„Mein Ziel ist es einfach, in Frieden und Harmonie mit dir gemeinsam alt zu werden. Zusammen zu halten eben. Die schönen Stunden zu genießen, und sich auch in schlechten Zeiten aufeinander verlassen zu können, so wie damals, als du ohne Job warst. Oder als mein Vater gestorben ist. Da haben wir uns doch gegenseitig gut unterstützt, findest du nicht?“ Thomas redete sich langsam in Rage.
„Ja, sicher, das gefällt mir ja auch, aber das kann doch noch nicht alles sein! Ich möchte ein höheres, gemeinsames Ziel mit dir, etwas, wofür es sich zu leben lohnt!“ Sylvias Augen schimmerten verdächtig.
„Aber was für ein Ziel sollte das denn sein? Willst du, dass wir uns bei Greenpeace engagieren oder im Eine-Welt-Laden? Dafür haben wir neben unserer anstrengenden Arbeit doch gar keine Zeit!“ Langsam wurde Thomas diese Diskussion unheimlich.
„Thomas, ich bin jetzt 36, du 40“. Sylvia sprach auf einmal sehr leise. „Ich hatte immer die Vorstellung, mit dem Mann, den ich liebe, einmal Kinder zu bekommen.“ Jetzt war es heraus. Sylvia wagte nicht, Thomas in die Augen zu sehen. Zuviel Angst hatte sie vor seiner möglichen Reaktion.
Thomas zog scharf die Luft ein. Daher wehte der Wind! Langsam wurde es dramatisch!
„In diese Welt willst du Kinder setzen? Nur, um dich selbst zu verwirklichen? Findest du das nicht reichlich egoistisch? Ich dachte, wir wären einer Meinung gewesen, dass wir keine Kinder wollen?“
„Das dachte ich früher auch“, erwiderte Sylvia nun etwas forscher. „Aber seit ein, zwei Jahren stelle ich unsere alte Entscheidung in Frage. Ich sehe einfach keinen Sinn mehr darin, nur für die Arbeit und unser Freizeitvergnügen zu leben. Ich möchte eine wichtigere Aufgabe und Verantwortung im Leben, die uns verbinden würde. Was könnte das besseres sein, als gemeinsam ein Kind groß zu ziehen?“ Sie sprach nun immer leidenschaftlicher.
„Aber willst du wirklich deine Position aufgeben? Du wirst nach dem Mutterschutz nie wieder daran anknüpfen können! Du hast dir deine Stellung doch hart erarbeitet in all den Jahren! Willst du das wirklich aufgeben für Windeln wechseln und Krabbelgruppe? Du wirst schnell die Nase voll haben davon, glaube mir.“ Thomas versuchte nun, ihr Verständnis zu signalisieren. Vielleicht brachte sie das ja ab von ihrer fixen Idee!
„Die hohe Position ist mir eben nicht mehr das Wichtigste im Leben, das habe ich mir schon gut überlegt. Ich könnte auf jeden Fall später weiter in meinem Beruf arbeiten, zunächst auch sicher zum Teil von zuhause aus. Wirtschaftsanalysen kann man von jedem PC der Welt aus machen.“
„Ich bitte dich! Zwischen Kindergeschrei und anbrennendem Essen? Wohl kaum! Da könntest du dich doch gar nicht richtig konzentrieren. Außerdem musst du ja auch in Außentermine zu den Unternehmen, die du berätst. Willst du da die Kinder jedes Mal einem Babysitter anvertrauen?“ Thomas verlor langsam die Fassung über ihrer Hartnäckigkeit. Das war mal wieder ihr berühmter Dickkopf!
„Nein, aber nach dem neuen Elternzeitgesetz könntest doch auch du eine gewisse Zeit die Kinderbetreuung übernehmen, oder nicht? Sind wir nun Partner, wie du immer betonst, oder nicht?“
Jetzt wurde es Thomas aber zu bunt.
„Ich will aber gar keine Kinder! Warum sollte ich dann zuhause bleiben? Mir ist meine Arbeit wichtiger!“
„Du, du, du, immer nur du!“ schluchzte Sylvia jetzt. „Deshalb sorgst du wohl auch immer dafür, dass du überall an und in mir kommst, nur nicht da, wo es biologisch vorgesehen ist?“
Thomas errötete und schrie los:
„Das ist unter der Gürtellinie! Willst du mir jetzt auch noch die intimsten Dinge vorwerfen?“
Sylvia heulte jetzt laut los. „Nein, tut mir leid, ich meine,.... wieso sträubst du dich so dagegen, Kinder zu bekommen? Das ist doch etwas ganz Normales? Und ich wünsche es mir ja so sehr!“
Thomas wurde nun sehr still. Es gab keinen Ausweg mehr. Er musste es ihr sagen.
Er räusperte sich, legte den Arm um sie und sagte leise: „Komm her, beruhige dich erst mal. Es ist, wie soll ich sagen...“ Sylvia schaute ihn fragend an. „Das Problem ist, Sylvia, ich habe schon drei Kinder – mit meiner Ehefrau! Tut mir leid“, setzte er hinzu.
Sylvia schlug seinen Arm weg und sprang auf. Jetzt kreischte sie.
„Du Schwein. Du bist verheiratet? Drei Kinder? All die Jahre hast du nichts gesagt? Ich Idiotin!“ Laut heulend rannte sie aus dem Zimmer. Die Wohnungstür schlug zu.
Thomas blieb wie betäubt sitzen. Das war’s dann wohl, dachte er und schmiss das Etui mit dem Ring, den er ihr hatte schenken wollen, in die Ecke. Eigentlich wollte er ihr ja auch die Einreichung der Scheidung von seiner Frau zeigen. Aber das erübrigte sich jetzt ja.

© Heike van den Bergh

 

Ok, das Ende mag nicht so plausibel sein,...

aber in der Realität habe ich das schon x-mal in der Fantasie erlebt. (hä??) Genau. Es gibt sowas, sogar über längere Zeiträume, glaubt mir. LG venusBonn

 
Zuletzt bearbeitet:

„Aber seit ein, zwei Jahren stelle ich unsere alte Entscheidung in Frage." Scheint nicht so viel zu reden, diese Frau.

Liebe VenusBonn,

ich nehme Dir das Ende auch nicht ab, klingt schrecklich an den Haaren herbeigezogen, so aus dem Nichts - worüber reden die eigentlich? Und die sind vier Jahre zusammen? Das ist eine Groteske. Du hast es ja selbst gespürt - der Kommentar gleich hinterher - was machen wir daraus?
Daß es das gibt, müssen wir wohl hinnehmen. Wie es in solchen Beziehungen aussieht, weiß ich nicht; ich müßte versuchen, es mir vorzustellen. Am Ende wahrscheinlich genauso, wie Du es beschreibst.

Trotzdem: ich schlucke es nicht. Vielleicht etwas ironische Distanz, und dann als Satire? Oder diesen Feigling ein bißchen sich winden lassen, bis es raus ist? Oder es durch einen Versprecher rauslassen? Es kommt etwas plötzlich, diese wohlgehütete Geheimnis.
Eine Frau, die 4 Jahre mit einem Mann lebt und nicht merkt, daß er eine Frau und drei Kinder hat - was für ein Schicksal hat sie eigentlich verdient? Kinderwunsch, aber Null Empathie???
Auch das könnte man bissiger bringen.
Der Anfang steigt gleich ein, paßt. Das Ende sollte ohne Erläuterung auskommen, die letzten Sätze sollten entbehrlich sein.

Dann ist da noch der ernste Hintergrund: die Sinnkrise. Befriedigt der Job? Kann man den beruflichen Erfolg überhaupt mit dem Erlebnis von Kindern vergleichen? Bekommt man die Kinder, weil man sein Glück im Leben teilen möchte, oder dienen die Kinder zur Kompensation der inneren Leere?


Wiedersehen:
"Ich bin glücklich mit meinen Kindern", sagte die Frau. "Ich muß im Augenblick nicht auch noch berufstätig sein."
"Wenn Dir das reicht", sagte der Mann.
"Wie viel Zeit erlebst Du Deine Kinder?" fragte die Frau.
"Nur am Wochenende. Wenn ich abends nach Hause komme, sind sie im Bett", antwortete der Mann.
"Wenn Dir das reicht", sagte die Frau.

Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Ein Vorschlag zu einer noch anderen Geschichte: laß ihn doch den Ring feierlich übergeben. Sie ist glücklich und traut sich, ihren Wunsch auszusprechen. Ihm rutscht die Wahrheit als Versprecher raus. Alles ganz kurz, es beginnt idyllisch, wird freudig, stürzt ab. 30 Zeilen. Du könntest es jedenfalls, ich nicht.

Gruß Set

PS: Mir kommt an dieser Geschichte etwas bekannt vor...ich hoffe, Du kennst auch Männer, die nicht irgendwelche üblen Geheimnisse haben...

 
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Hallo Heike,
leider bin ich nicht wirklich zufrieden mit Deinem "Zufrieden?".

Ein paar Punkte hätte ich anzumerken: Das mit dem Zusammenleben der beiden Prots will mir nicht richtig einleuchten. Sie haben zwar getrennte Wohnungen (ich kenne auch Paare, die das haben und trotzdem glücklich sind!), essen zusammen, schlafen zusammen. Und dann hat Thomas aber parallel dazu noch eine Familie? Oder ist er getrenntlebend und lebt gar nicht mit seiner Familie zusammen? Also nicht das klassische Doppelleben, das auch oft in Filmen und Geschichten vorkommt?
Dieser Aspekt wird mE am Ende nicht richtig beleuchtet. Das Ende ist viel zu schnell erzählt. Eigentlich ja das, auf was es Dir doch ankommt, oder?

Ich denke, wenn er getrenntlebend wäre, könnte er das seiner neuen Freundin doch ohne Probleme mitteilen, auch dass er 3 Kinder hat und keine mehr will. Das wäre aus seiner Sicht (und aus meiner) völlig nachvollziehbar.

Auch der schnelle Abgang von Sylvia am Ende kommt für mich zu plötzlich, zu hopplahopp. Da wäre doch grade in dem Moment 'ne ganze Menge zu klären in der Beziehung, dann rennt sie wie angebrannt davon, lässt ihn zurück und erfährt nichts über die Hintergründe und die Motivation ihres Partners (und ich als Leser auch nicht, übrigens).

Den Anfang der KG fand ich gut, auch die Dialoge, obwohl ich Set recht geben muss, dass auch die Kinderfrage, die erst nach zwei Jahren urplötzlich gestellt wird, nicht so recht ins Bild passt. Eine Frau mit Kinderwunsch (und die war ich auch mal!!!) behält das normalerweise nicht für sich. Frauen sprechen darüber, ist meine Erfahrung und ich bin eine, weiß also Bescheid...
Und warum bezeichnet sich Sylvia (nachdem sie erfährt, dass Thomas eine Familie hat) als Idiotin? Er ist doch der Idiot, nicht sie.

Mein Fazit: Nette Beziehungsgeschichte mit gewissem Ausbaupotential, würde ich meinen.

LG
Giraffe.

P.S. Übrigens: Das Ende, das Set vorgeschlagen hat, mit Überreichung des Verlobungsrings etc., fände ich prima. Aber lass' Deine Prota nicht davonrennen, sondern sich der Situation stellen. Schließlich sind Frauen stark, oder?...

 

Hi Set,
danke, dass du dir Zeit für diese noch etwas unfertige Geschichte genommen hast. Unfertig finde ich ja selbst, wie auch von dir kritisiert, den Schluss, also WIE er kommt - zu plötzlich eben. "Es kommt etwas plötzlich, diese wohlgehütete Geheimnis. "

Den zweiten Kritikpunkt dachte ich mir schon, dass der kommt, aber wie gesagt - heute mit Handy und Internet-Präsenz sind Doppelleben viel einfacher durch zu ziehen. Und du glaubst gar nicht, wie viele "noch verheiratete" Männer eine "Zweitwohnung" haben...
("Eine Frau, die 4 Jahre mit einem Mann lebt und nicht merkt, daß er eine Frau und drei Kinder hat - was für ein Schicksal hat sie eigentlich verdient?") Ich finde, du tust der Frau da unrecht - im Grunde ist sie ja das "Opfer". "Kinderwunsch, aber Null Empathie???" - vielleicht hatte sie schon früher Zweifel an seinen zum Teil wohl geschauspielerten gefühlen oder Verhaltensweisen und wohl nötigen Ausreden, wurde aber immer wieder von ihm "beruhigt" oder "entkräftet" oder traute sich wegen Verlustangst nicht, es anzusprechen? Also, das müsste ich dann aber in der geschichte zur Sprache bringen. Würde dem Ende zwar die "Überraschung" etwas vermiesen, wäre aber plausibler.

Deinen Alternativ-Vorschlag, dass er ihr als Anlass des Gesprächs zuerst den Ring übergibt, finde ich sehr gut. so wird vielleicht eher ein Schuh draus. Du hast wirklich tolle Ideen!

An Giraffe: ein Freund von mir hat gemeint, er fände es etwas schwach, dass der Typ jahrelang diese Mühe des Doppellebens in Kauf nimmt, und die Frau dann einfach davon rennen lässt. O-Ton des Freundes: "also, ich würde ihr hinter her laufen, wenn sie mir was bedeutete." stimmt irgendwie, oder? Aber vielleicht war ich in der Geschichte zu sehr durch eigenes Erleben geprägt.

Aber danke, dass du Ausbaupotential in der Geschichte siehst.

Mit den getrennten Wohnungen des Paars plus Wohnsitz mit Familie hatte ich mir so gedacht, dass sie nicht jede Nacht zusammen übernachten, und seine Frau vielleicht weiß dass er eine "Künstlerwohnung" hat oder dass er ständig Dienstreisen vorgibt vor seiner Frau, wenn er in der Zweitwohnung übernachtet. Wahrscheinlich hat sie zumindest schon was gemerkt, die Andeutung mit der Scheidung legt das ja nahe, da muss es einen Anlass gegeben haben, obwohl das natürlich auch das berühmte "Auseinanderleben" sein könnte. Also, ich sollte die vorangegangene Auseinandersetzung mit seiner Frau wohl auch erwähnen, was meinst du?

LG an euch beide, venusBonn

 
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Hallo VenusBonn,
nimm meine Kritik bezüglich der unsensiblen Frau nicht zu schwer; ich weiß, das hat viele Seiten. Normalerweise weiß man auf der Gefühlsebene immer ALLES; es ist nur die Frage, welche Realität man zulassen und damit auch in das rationale Bewußtsein holen kann.
Als Beispiel dafür, wie weit mancher Künstler sich in ein "multifaktorielles Leben" aufspalten kann, ohne daß die Beteiligten davon viel merken, empfehle ich den Eintrag über Charles Lindbergh bei Wikipedia. Lindbergh hatte parallel vier Familien, neben der offiziellen noch zwei Schwestern, die wohl voneinander wußten, und seine Sekretärin; mit jeder Frau hatte er mindestens zwei Kinder. Ich würde vermuten, daß die Sekretärin die beste Übersicht hatte; seine Frau wußte gar nichts.

Gruß Set

 

Hallo Set,
die Info über Lindbergh ist ja sensationell - wäre fast amüsant, wenn es nicht wieder so tragisch für die Frauen gewesen wäre! Hast du das extra recherchiert, oder hattest du das vorher zufällig schon mal gelesen? Sonst muss ich sagen "Hut ab" vor soviel Recherche-Geschick! LG venusBonn

 

Hallo VenusBonn,

nein, das hatte ich mal gelesen - ich habe eine gewisse Affinität zu solchen Nachrichten - und es bei Wiki nochmal nachgelesen. Es paßt doch, und hebt meinen Vorwurf bezüglich der mangelnden Empathie der Prot. etwas auf.

Gruß Set

 

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