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Yin und Yang

Monster-WG
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18.06.2015
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Yin und Yang

Süßlicher Geruch dringt in meine Nase. Ich gieße Milch in eine Schale, säubere die Leber und lege sie hinein. Vorsichtig presse ich zwei Finger auf die glatte Oberfläche, ein wenig Blut tritt aus, dunkle Schlieren im reinen Weiß der Milch. Yin und Yang, hat Florian einmal gesagt und dabei meinen Nacken gestreichelt. Du und ich, wir ergänzen einander. Die Leber schneide ich in sechs gleich große Stücke und verteile sie auf zwei Tiefkühlbeutel. Ich ziehe die Nitril-Handschuhe aus, werfe sie zusammen mit Messer und Schneidebrett in einen Abfallsack, um den ich mich nach Einbruch der Dunkelheit kümmern werde. Ich schreibe 17. Mai 2020 auf die Beutel und gehe in den Keller, wo ich sie in die Kühltruhe lege. Danach setze ich mich ins Wohnzimmer, rauche eine Zigarette und lese in Kleists Kohlhaas. Welche Kraft steckt in diesem Mann, welch grenzenlose Entschlossenheit! Vieles Gewaltige lebt, aber nichts ist gewaltiger als der Mensch.
Stets in der letzten Reihe saß er, mein Florian. Manchmal kippte er mit dem Stuhl nach hinten gegen die Wand, verschränkte die Arme, stellte sich schlafend, während ich über Kafkas Leben sprach oder über die Unmöglichkeit, nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben. Schon bald verlor ich die Geduld, rief laut seinen Namen, worauf er die Augen aufriss, lächelte und meinen Vortrag Wort für Wort wiedergab. Er solle damit aufhören, sagte ich am Abend, wenn wir uns in den Armen lagen. Sein Verhalten errege Verdacht. Ob das wirklich mein Problem sei, fragte er. Ob sein Verhalten nicht vielmehr mich errege, fragte er, schob die Hand unter das Laken und küsste mich auf den Mund.

Sechs Monate sind vergangen. Das Vorhängeschloss liegt schwer in meiner Hand. Ich stemme den Deckel der Gefriertruhe hoch, wische Eiskristalle von der Innenseite und blicke in das neblige Innere. Die Männer, die mit dem Transport beauftragt waren, haben meine Anweisungen missachtet. Kreuz und quer liegen die Frischhaltebeutel in der Truhe. Leise fluchend hebe ich einen nach dem anderen hoch, lese die Beschriftungen, lege die Beutel zurück, schichte sie auf, nach Datum geordnet. Eine halbe Stunde dauert das, meine Hände werden klamm vor Kälte. Zuletzt ziehe ich die beiden Beutel vom 17. Mai aus der Truhe, schiebe die Brille ins Haar, um die Angaben noch einmal zu prüfen. Ich lasse den Deckel zufallen, ziehe einen Filzstift aus der Hosentasche und mache die Daten unkenntlich. Für einen Augenblick lausche ich dem Brummen der Truhe, dann hänge ich das Schloss zurück an seinen Platz, lösche das Licht und gehe nach oben.
Als ich das Fleisch in den Kühlschrank legen will, steht Wolfgang in der Küche, im Morgenmantel, seine Füße stecken in Cordpantoffeln.
«Ich freue mich auf heute Abend», sagt er. «Was gibt es denn?»
Ich hebe die Beutel in die Höhe. «Kalbsleber. In Zwiebelsoße.»
Er faltet die Hände, seine Zungenspitze gleitet über die Unterlippe.
«Nur für uns zwei», sage ich. «Das ist doch okay?»
«Öhm.» Wolfgang reibt sich das Kinn.
«Ich möchte meinen Einzug gerne mit dir allein feiern.»
«Natürlich», sagt er nach einer Weile. «Wir können im Kaminzimmer essen, da sind wir ungestört.»

Am Abend stehe ich in der Küche und bereite die Leber zu. Sie glänzt wie eine feuchte Eichel. Ob ich Florian liebte, weiß ich nicht. Mein Körper war erfüllt von Begehren und das Begehren drang wie ein Pilz in jedes Gefühl, das es sonst noch in mir geben mochte, zersetzte es und verwandelte es zu einem Teil seiner selbst. Es erschöpfte sich nie. Es fraß und verleibte ein. Erfuhr es Widerstand, wurde es kalt und blank und schnitt durch meine Eingeweide. Keine Minute hielt ich das aus.
Die Zwiebeln treiben mir Tränen in die Augen. Ich stelle eine Pfanne auf die Herdplatte, drehe auf mittlere Stufe und lasse ein Stück Butter zergehen. Danach gebe ich die gehackten Zwiebeln in die Pfanne und, als sie glasig werden, auch die Leber. Der Dampfabzug surrt. An der Spüle wasche ich mir die Augen aus.
Florian war ein schwacher Mensch. Stets tat er, als wäre ihm egal, ob wir aufflogen oder nicht. Als aber der Tag kam, gab er uns auf, da hatte er den Brief noch in den Händen. Ich verurteile Sie nicht, stand darin geschrieben, ausgedruckt auf grauem Recyclingpapier. Solang er strebt, irrt der Mensch. Falls Sie aber Ihren Irrtum nicht eingestehen und die Beziehung zu Ihrem Schüler beenden, werde ich die Behörden einschalten.
«Hast du eine Ahnung?», fragte ich.
Florian schüttelte den Kopf. Er legte den Brief auf mein Bett. Er sagte: «Ich kann das nicht.»
Drei Wochen später begegnete ich ihm am Neumarkt. Florian wandte seinen Blick ab, sein neuer Begleiter grüßte freundlich. Betont freundlich, um mich zu verhöhnen.

Wolfgang sitzt im Kaminzimmer, mit durchgestrecktem Rücken, die Lesebrille hat er auf den Tisch gelegt. Er hat ein Hemd angezogen, gar ein Paar blankgeputzte Schuhe. Fein sieht er aus. Ich stelle die Schüssel auf den Tisch und hebe den Deckel. Dampf steigt hoch.
«Wie das riecht!», sagt Wolfgang, während ich Leber und Kartoffeln auf seinen Teller schöpfe, spießt ein Stück Fleisch auf und hält es vor sein Gesicht.
«Warte», sage ich. «Zunächst ein Foto.» Die Kamera habe ich auf meinen Stuhl gelegt. Ich nehme sie in die Hand und trete ein paar Schritte zurück, damit ich etwas Kontext ins Blickfeld bekomme, die Bücherregale, das Fenster im Hintergrund. Ich drücke ab. Dann sage ich zu Wolfgang, er solle sich die Gabel in den Mund stecken, langsam, ohne zu kauen. «Perfekt», sage ich und drücke noch einmal ab. «Absolut perfekt!»
Zwiebelsoße rinnt über sein Kinn, er wischt sie mit dem Handrücken weg und wünscht mir einen guten Appetit. Die ersten Stücke essen wir schweigend, dann blickt er auf einmal an mir vorbei in die Ferne. «Du», sagt er. «Ich will mich entschuldigen, dass ich deine Einladungen ...»
Ich winke ab. «Kein Problem. Du hattest bestimmt einiges um die Ohren.»
Er nickt, findet seine Sprache wieder, sagt, er habe das Haus nach dem Tod seiner Frau kaum verlassen.
«Verstehe», sage ich und setze ein Lächeln auf. Auch ich habe meine Wohnung kaum verlassen, seit Florian weg ist. Er war mein Nord und Ost, mein Süd und West. Ich sehe ihn vor mir, wie er aus der Dusche steigt, das Handtuch um die Hüften geschlungen, und den Kopf an meine Brust legt, das feuchte, duftende Haar. Ich sehe, wie er in Unterhosen auf dem Bett steht. Er ist angetrunken, hat Mühe, das Gleichgewicht zu halten, und zitiert T.S. Eliot aus dem Gedächtnis. Flieder aus der toten Erde, mischt Erinnerung mit Lust. Das Bild verschwimmt. Aus der toten Erde unserer Beziehung ist nichts gewachsen, da steckt bloß eine rostige Schaufel im Schlamm. Er ist mir genommen worden. Alles ist mir genommen worden.
«Wie ist es dir gegangen?», fragt Wolfgang. «Nach deiner Kündigung?»
«Gut. Sehr gut sogar.»
«Du warst im Ausland?»
«Nur kurz.»
«Was hast du gemacht? Geschrieben?»
«Gelesen.»
«Ach so. Was denn?»
«Forensische Linguistik. Sprachprofiling.»
«Interessant.» Wolfgang legt Messer und Gabel weg und zündet sich eine Zigarette an. Seine Hände zittern, alle Farbe ist aus dem Gesicht gewichen.
Ich frage, ob ich auch eine kriege. Dann sage ich: «Kleiner Scherz. Das war nicht nötig. Ich habe auch so herausgefunden, wer den Brief geschrieben hat.»
«Welchen Brief?», fragt er.
«Ach komm, Wolfgang. Ich bitte dich. Es irrt der Mensch, solang er strebt. So lautet der Satz richtig.»
«Ich weiß nicht, wovon du sprichst.»
«Irgendwie war mir, ich hätte das schon mal gelesen, dieses falsche Zitat. Also habe ich Protokolle studiert, Arbeitspapiere, Jahresberichte. Und dann finde ich auf einmal diesen Artikel über ein Theaterprojekt, den du geschrieben hast. Solang er strebt, irrt der Mensch
«Ich ...»
«Schon gut.» Ich puste Rauch gegen die Decke. «Ich bin dir nicht böse. Du hast getan, was du tun musstest, nicht?»
«Ich wollte euch schützen», sagt Wolfgang.
«Verstehe. Natürlich.» Wir schweigen und sehen uns in die Augen. Schließlich sage ich: «Schwamm drüber. Ich wollte bloß, dass du weißt, dass ich es weiß. Damit du dir keine Sorgen zu machen brauchst. Im Grunde hast du mir einen Gefallen getan.» Ich beuge mich vor und will meine Hand auf seine legen.
Er zieht die Hand zurück. «Da bin ich froh.»
«Wie geht es ihm?», frage ich.
«Wem?»
«Florian.»
«Gut. Denke ich. Ich habe seine Klasse abgegeben. Manchmal sehe ich ihn auf dem Flur.»

Ich trage das Geschirr in die Küche. Ein kleines Stück Fleisch liegt noch auf dem einen Teller. Mit der Fingerspitze picke ich es auf und stecke es mir in den Mund. Was für ein gelungener Abend! Wie lange es gedauert hat, wie geduldig ich sein musste. Ich denke an den Anfang zurück, an das Wochenende im Mai, an die Hütte am See, in die sich Wolfgangs Frau zurückgezogen hatte. An ihre weiße Haut, Yin und Yang. Wie die Flammen hochstiegen, nachdem ihr Körper mir gegeben hatte, was ich brauchte.
Wolfgang hilft beim Abwasch. Danach rauchen wir noch eine Zigarette. Ich bin zufrieden, dass jetzt alles gut ist zwischen ihm und mir. Dass wir uns ausgesprochen haben. Wir beide haben jemanden verloren, das schweißt zusammen. Später werde ich mich in die Dunkelkammer zurückziehen und die Fotos entwickeln. Das schönste will ich im Kaminzimmer aufhängen.

 

Hallo @Peeperkorn ,

gefällt mir ausgezeichnet, deine Geschichte. Sie hat trotz ihrer Bedächtigkeit ein gutes Tempo und der Twist am Ende ist ... hui. Sowohl unerwartet, als auch erwartet. Sehr schön vorbereitet, platziert und umgesetzt. Auch die Implikationen, die die Leber und deren Datum mit sich bringt, ist sehr gut. Man kann viel hineininterpretieren, aber du verrätst es nicht und das macht es eben noch viel besser :)

Einzig am Anfang habe ich etwas gebraucht um reinzukommen.

Das Fleisch schneide ich in sechs gleich große Stücke und verteile es auf zwei Tiefkühlbeutel. Ich ziehe das äußere Paar Nitril-Handschuhe aus, werfe es zusammen mit Messer und Schneidebrett in einen Abfallsack, um den ich mich nach Einbruch der Dunkelheit kümmern werde, schreibe 17. Mai 2020 auf die Beutel und gehe in den Keller, wo ich sie in die Kühltruhe lege.
Hier fand ich den Einschub mit dem Müllbeutel ein bisschen schwierig, wenn man ungenau liest, legt er den Müllbeutel in die Kühltruhe.

Zusätzlich muss ich zu diesem Satz hinzufügen, dass ich beim ersten (Schnell-)lesen den Zeitsprung nicht mitbekommen habe, weshalb mich das Einfrieren vor dem Zubereiten irritiert hat, beim zweiten fokussierten Lesen ist der Zeitspruch allerdings klar da, du erwähnst ja den Umzug. Dennoch beginnst du nach dem geistigen Absprung in die Vergangenheit an einem (wie durch die folgenden Sätze klar werdenden nur) ähnlichen Ort. Ist man nicht ganz genau dabei, ist die Abfolge der ersten drei Absätze: Er geht in den Keller zur Kühltruhe, denkt an die Vergangenheit, ist im Keller und öffnet die Kühltruhe.
Eventuell könntest du im dritten Absatz einen etwas größeren Schritt einbauen, damit der Zeitsprung ein bisschen einfacher zu erkennen ist.

liebe Grüße
feurig

P.S. Na, das wird ja ein schönes Zusammentreffen von Jürgen und Elsa, wenn Jürgen erstmal erfährt, dass Wolfgangs Frau mit ihr spricht ... :Pfeif:

 

Hey @feurig

Danke für die schnelle Rückmeldung! Cool, dass dir das kleine Diner gefallen hat. Den Satz mit dem Müllbeutel habe ich entzerrt, die ersten beiden Abschnitte zusammengezogen und den dritten mit einem klaren Einleitungssatz versehen (der ja schon im Text stand). Ich hoffe, das ist jetzt klarer.

Na, das wird ja ein schönes Zusammentreffen von Jürgen und Elsa, wenn Jürgen erstmal erfährt, dass Wolfgangs Frau mit ihr spricht
Ach du scheisse! Im Normalfall würde ich so jemanden einfach verspeisen. Aber darf man ja hier nicht.

Hat mich sehr gefreut, @feurig!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

P.S. Na, das wird ja ein schönes Zusammentreffen von Jürgen und Elsa, wenn Jürgen erstmal erfährt, dass Wolfgangs Frau mit ihr spricht ... :Pfeif:

Kann, aber muss nicht sein. Jede Geschichte soll eine abgeschlossene Kurzgeschichte werden. Es ist zwar eine Serie, aber kein Fortsetzungsroman. Die Serie wird durch das Setting und die Einwohner zusammengehalten. Wie stark jeder Autor davon Gebrauch nimmt, obliegt ihm selbst.

 

Hallo @Maedy ,

habe ich verstanden und ich denke, dass das auch nicht in Fortsetzungen enden wird, ich sehe das jetzt eher als einen sehr genialen Bezug von zwei Charakteren in der WG. Die Ehefrau muss ja nicht das Wissen darüber haben, wer da in dieser Hütte am See "sie besucht" hat :)

 

Moin @Peeperkorn.

Hui, die ist fies. Viel fieser als alles, was ich in meinem Köpfchen bezüglich der Monster-WG bewegt habe. Gerade die Sache mit dem Foto bekommt im Nachgang echt Pfeffer!
Und ich war auf dem Holzweg, was du wahrscheinlich auch beabsichtigt hast:

"Ich dachte lange, dass die Florian essen"

Der Jürgen muss sich hinter Herrn Lecter jedenfalls nicht verstecken. Ich mag das Selbstgerechte an ihm. Sehr naja ... sym... neee ... interessant.
Den Gedanken mit Elsa hatte ich übrigens auch. Das könnte noch spannend werden.

Wie gewohnt übrigens sehr gut geschrieben. Das setzt die Messlatte gleich mal sehr hoch.
Kompliment.
Gern mehr vom Jürgen!
LG svg

 

Hey @Peeperkorn ,

eigentlich hatte ich gehotte, dass Jason und Jürgen mal bei dem ein oder anderen Wein intelligente und tiefsinnige Gespräche führen können. Irgendwie möchte ich das jetzt nicht mehr.

Ich ziehe das äußere Paar Nitril-Handschuhe aus, werfe es zusammen mit Messer und Schneidebrett in einen Abfallsack

Ab da war mir klar, dass es keine Kalbsleber ist.

Ich war aber auch relativ sicher, dass da nicht der Florian verspeist wird. Dafür hast du zu sehr mit dem Finger drauf gezeigt. Wie du es im Endeffekt gelöst hast, finde ich genial. Einfach die Lücken füllen, die eh bereits da sind. Dadurch wird auch der Kasulke von jedem Autor Schritt für Schritt beschrieben.

Er nickt, findet seine Sprache wieder, sagt, er habe das Haus nach dem Tod seiner Frau kaum verlassen.

Würde mich ja mal interessieren, wann der war.

Wie die Flammen hochstiegen, nachdem ihr Körper mir gegeben hatte, was ich brauchte.

Das kann man so oder so lesen :sealed:.

Am interessantesten finde ich aber, dass du Jürgen bewusst als Monster auf nicht-körperlicher Ebene darstellst. Er ist ja nicht mal ein Nicht-Mensch. Und dennoch gefällt mir die Figur bereits super gut.

Ein sehr konstruktiver Kommentar ist es nicht. Man merkt eben, dass du bereits jenseits der Amateur-Schiene segelst. Ich würde ja gerne mit dem Finger auf irgendetwas zeigen, aber weil ich nichts finde, lehne ich mich einfach zurück und warte auf die nächsten Abenteuer aus dem Haus.

Liebe Grüße
Meuvind

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @svg

Danke fürs Reinschauen!

Gerade die Sache mit dem Foto bekommt im Nachgang echt Pfeffer!
Die Idee mag ich fast am liebsten. Es hat Spass gemacht, das zu schreiben.
Und ich war auf dem Holzweg, was du wahrscheinlich auch beabsichtigt hast
Check!
Der Jürgen muss sich hinter Herrn Lecter jedenfalls nicht verstecken.
Das ist ein sehr schönes Kompliment. Jedes Mal, wenn ich in Schweigen der Lämmer reinzappe, bleibe ich hängen. Der Film ist für mich ein Mysterium. Ich kann nur sagen, dass er unglaublich gut gemacht ist, leider aber nicht, weshalb genau.
Gern mehr vom Jürgen!
Danke. Mal schauen, wie sich die Dinge entwickeln. Aber ich bin mir sicher, dass Jürgen durch die eine oder andere Geschichte getriggert wird.

Es war mir eine Freude!
Linkshänder Peeperkorn

Hey @Meuvind

Ab da war mir klar, dass es keine Kalbsleber ist.
Ich habe kurz mit dem Gedanken gespielt, das nach hinten zu schieben. Aber mir wurde schnell deutlich, dass das keinen Sinn macht. Eine Geschichte, die mit "Horror" getaggt ist und mit dem Zerteilen einer Leber beginnt. Da muss man kein Hellseher sein. Ich habe dann versucht, auf der anderen Ebene zu twisten.
Am interessantesten finde ich aber, dass du Jürgen bewusst als Monster auf nicht-körperlicher Ebene darstellst. Er ist ja nicht mal ein Nicht-Mensch. Und dennoch gefällt mir die Figur bereits super gut.
Das freut mich sehr. Ich bin von diesem Begriff des Monsters ausgegangen, habe meine Bewerbung früh geschrieben und fand den Jürgen nach all den tollen, fantasievollen Bewerbungen ziemlich fade. Aber dann dachte ich mir, nun denn, holst du halt aus der Figur raus, soviel du kannst.
dass Jason und Jürgen mal bei dem ein oder anderen Wein intelligente und tiefsinnige Gespräche führen können. Irgendwie möchte ich das jetzt nicht mehr.
Das tut mir allerdings leid. Aber vielleicht deckt Jason ja die eine oder andere gute Seite von Jürgen auf. Jeder Mensch kann sich entwickeln. :)
Ich würde ja gerne mit dem Finger auf irgendetwas zeigen, aber weil ich nichts finde, lehne ich mich einfach zurück und warte auf die nächsten Abenteuer aus dem Haus.
Das mache ich jetzt auch. Fühlt sich gut an, so ganz ohne Druck. ;)

Hab vielen Dank für den Besuch!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo @Peeperkorn :-),

deine Geschichte - sie ist einfach so gut erzählt. Ihr Tempo, die Figuren, die Atmosphäre. Das Spiel mit einer Kannibalismus-Erwartung. Hattest du an Hannibal Lecter gedacht als "popkulturelles Schema"? Ein sehr konzentrierter, genießerischer und bewusster Kannibalismus, das Erwähnen von Literatur und die Stellung des Menschen in der Welt, oh wie gewaltig, oh wie groß. Dass gegen Ende ein Twist folgt und die Geschichte ganz anders gelesen werden kann, hat mich nicht überrascht. Etwas anderes hätte mich bei dir überrascht. Eine sehr, sehr ausgewogen und raffiniert erzählte Geschichte. Dann eben ein Deutschlehrer (oder?) und nicht Herr Lecter und seine Vorliebe für innere Angelegenheiten.

Vielleicht ist das hier das einzige, was mich etwas (!) gestört hat:

«D-Du», sagt er. «Ich w-will mich entschuldigen, dass ich nie auf deine E-E-Einladungen reagiert habe.»
Hm, andererseits passt die sprachliche Umsetzung Wolfgangs Angst zu seiner Erscheinung Wolfgangs, Morgenmantel und Cordpantoffeln, andererseits finde ich das ein sehr kleines bisschen schade. Sprach unpassend für eine intelligent erzählte Geschichte. Aber auch das ein winziger Hinweis.

Besonders diese Stelle finde ich sehr, sehr gut erzählt:

Ich stehe in der Küche und bereite die Leber zu. Sie glänzt wie eine feuchte Eichel. Ob ich Florian liebte, weiß ich nicht. Mein Körper war erfüllt von Begehren und das Begehren drang wie ein Pilz in jedes Gefühl, das es sonst noch in mir geben mochte, zersetzte es und verwandelte es zu einem Teil seiner selbst. Es erschöpfte sich nie. Es fraß und verleibte ein. Erfuhr es Widerstand, wurde es kalt und blank und schnitt durch meine Eingeweide. Keine Minute hielt ich das aus.
Die Metapher als kleine Zwischenstation auf das sexuelle Verhältnis, dann die Lebensweise eines Pilzes, der frisst und zersetzt, typisch gruselig und doch einfach gut. Mir gefällt, dass der Ich-Erzähler Lehrer und nicht irgendein ein hohes Tier im akademischen Betrieb, Jurist, Arzt, Harvard-Psychologe, Diplomat ... ist. Eben ein Lehrer für Deutsch an einer Schule.

Ich ziehe das äußere Paar Nitril-Handschuhe aus
Ein reicher Mann. Das 100er-Pack kostet im Großhandel zwölf Euro. Corönchen macht Marktwirtschaft. Egal - trägt er zwei Paar Nitril-Handschuhe übereinander?

«Warte!», rufe ich und beinahe schlage ich ihm die Gabel aus der Hand. «Zunächst ein Foto!»

Das ist wirklich eine sehr kleine Nuance, aber irgendwie traue ich deinem Ich-Erzähler einen Ausrufe-Satz nicht zu. Dazu wirkt der Charakter zu vorbereitend, zu planend und berechnend. Ob er jemals in seinem Leben schreit? Er hat ja die Kamera vorbereitet, die Zubereitung des Essens lag immer unter seiner Kontrolle. Zunächst ein Foto!- klingt wie eine große Überraschung, und jetzt ein Foto bitte, lächeln, Cheeese - okay, ich übertreibe. Aber das ist eine sehr winzige Nuance.

Lieber @Peeperkorn, danke für deine Geschichte. Man kann aus ihr lernen :-) :-)

Lg aus Leipzig-Land
kiroly

 

Hey @kiroly

Eine sehr, sehr ausgewogen und raffiniert erzählte Geschichte.
Dankeschön!
Hattest du an Hannibal Lecter gedacht als "popkulturelles Schema"?
Ja, der schwingt natürlich mit, für clevere Serientäter hatte ich schon immer eine Schwäche. Die Geschichte des Una-Bombers war noch eine Inspiration, weil der hat sich ebenfalls durch eine spezifische Formulierung verraten (irgendwas mit "You can't have the cake and eat it"). Und dann natürlich die abgründigen Rache-Geschichten: Medea, Kohlhaas.
Egal - trägt er zwei Paar Nitril-Handschuhe übereinander?
Ich wollte das abgedroschene Latex vermeiden. :) Und ja, zwei übereinander, habe ich im Verbrecher-Seminar gelernt. ;) Nein, keine Ahnung, aber ich habe mir überlegt, wenn Jürgen nur ein Paar trägt, dann ist aussen menschliches Blut und innen seine DNA. Das hätte ich an seiner Stelle lieber getrennt.
Das ist wirklich eine sehr kleine Nuance, aber irgendwie traue ich deinem Ich-Erzähler einen Ausrufe-Satz nicht zu. Dazu wirkt der Charakter zu vorbereitend, zu planend und berechnend.
Sehr gut. Ich habe das abgeschwächt, ihn die Kontrolle behalten lassen. Das Stottern habe ich ebenfalls rausgenommen. Ich wollte noch etwas aus dem Charactersheet einbauen, aber hier passt es vielleicht wirklich nicht so recht.

Grossen Dank, es ist immer eine grosse Freude, wenn du kommentierst. Punkt!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Was für eine wunderbare Geschichte, lieber @Peeperkorn.
Ich bin beeindruckt, wie sie mich einnimmt, ich vergesse, dass ich lese, nur noch fliessendes Empfinden auf Gefühlsebene. Diese akribische Beschreibung der Mahlzeitzubereitung. Vorweg die Beseitigung der ärgerlichen Unordnung in der Kühltruhe, wo jeder Beutel seine Geschichte konserviert zu haben scheint. Von Page Turner zu reden wäre wohl vermessen, aber du verstehst, wie ich das meine. Verbotene Liebe, nein eher dieses unverstandene Begehren, dem durch ein zunächst anonymes Schreiben ein jähes Ende droht. Doch du vermeidest das grosse Drama, hier werden nüchtern Pro und Contra abgewogen und unterm Strich der selbige gezogen. In knappen, aber wohl überlegt gesetzten Worten präsentierst du uns das Ende der verhängnisvollen Beziehung.

Wechsel zum Diner mit Wolfgang, alles angedeutet, nichts ist offensichtlich, alles ist möglich, lässt Raum für Spekulation und durch meinen Kopf rasseln die Rollercoaster. Die Passion, alles im Bild festzuhalten. Nichts wird dem Zufall überlassen, auch hier kontrollierte Spontanität. Und das Bild über dem Kamin, an dem sich Jürgen bei jedem Betreten der Stube ergötzen und die Unwissenheit der Mitbewohner belächeln kann.

Ich bin begeistert, gerne mehr. Und ja, die Latte liegt verdammt hoch.

Kleinkram

Natürlich», sagt er nach einer Weile. «Wir können im Kaminzimmer essen, da sind wir ungestört.»

Ich stehe in der Küche und bereite die Leber zu. Sie glänzt wie eine feuchte Eichel. Ob ich Florian liebte, weiß ich nicht.

Diesen Zeitsprung verpasste ich, mit zunehmendem Lesen passte es nicht zum vorherigen Absatz und da viel der Groschen. Aber eben, für mich zu spät. Ich glaube, andere haben das auch bereits angesprochen.
Die Zwiebeln treiben mir Tränen in die Augen.
Wenn nicht die Zwiebeln, dann wohl die schmerzhafte Erinnerung. ;)

Begleiter grüßte freundlich. Betont freundlich, um mich zu verhöhnen.

Wolfgang sitzt im Kaminzimmer, mit durchgestrecktem Rücken, die Lesebrille hat er auf den Tisch gelegt.

Diesen Sprung schaffte ich dann jedoch problemlos.

«D-Du», sagt er. «Ich w-will mich entschuldigen, dass ich nie auf deine E-E-Einladungen reagiert habe.»
Hier empfinde ich gleich wie @kiroly, wirkt auf mich als erzwungener Versuch Wolfgangs Herumdrucksen lautmalerisch darzustellen. So wirkt es wie Stottern (im pathologischen Sinn)
«Du Jürgen – also, ich will mich – ähm, also es tut mir Leid, dass ... dass ich nie auf deine Einladung ...»
[Edit] Hat sich mit deiner Antwort überschritten.

[Edit2]

Kasulke verspeist unwissentlich seine Frau und Jürgen hält es im Bild fest, hängt später die gelungenste Aufnahme wie eine Trophäe über den Kamin, auf dass er sich noch lange an seinen Triumpf der Rache an Wolfgangs Verrat ergötzen kann.

Liebe Grüsse, dot

 

Hey @dotslash

Danke für deinen schönen Kommentar! Ich sehe, du hast die kleine Abendmahlzeit genossen, was wiederum mich sehr freut.

Ich bin beeindruckt, wie sie mich einnimmt, ich vergesse, dass ich lese
Was will man mehr? Danke dir!
Und ja, die Latte liegt verdammt hoch.
Challengezeit kommt ja erst noch. Keine Latten hier, nur viel Spass, hoffe ich.
Diesen Zeitsprung verpasste ich, mit zunehmendem Lesen passte es nicht zum vorherigen Absatz und da viel der Groschen. Aber eben, für mich zu spät. Ich glaube, andere haben das auch bereits angesprochen.
Da war noch andere Zeitsprünge gemeint, die ich inzwischen ausgebügelt habe. Was du ansprichst, habe ich jetzt ebenfalls noch etwas klarer gemacht. Vielen Dank für den Hinweis!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @Peeperkorn,

es fällt mir bei deiner Geschichte echt schwer, nützliche Kritikpunkte anzubringen.

Der einzige Punkt, der mir zumindest noch ansatzweise leicht auffällt, ist, dass der Plotverlauf über deinen narzisstische Psychokiller, à la Hannibal, sich niemals wirklich außerhalb der bekannten Komfortzone bewegt, was aber Dank der prägnanten und dennoch wuchtigen Sprache mehr als ausgeglichen wird.

Allein der Pilz Vergleich ist in meinen Augen so eine Textpassage, die man sich gut ausdrucken und eingerahmt über den Kamin hängen kann.

Es sind mir nur zwei Textstellen aufgefallen, die sich, nach meinem sehr subjektiven Eindruck, noch etwas schief anhörten.

Ob das wirklich mein Problem sei, fragte er. Ob sein Verhalten nicht vielmehr mich errege, fragte er, schob die Hand unter das Laken und küsste mich auf den Mund.

Ich nehme an, die Wiederholung hier ist gewolltes Stilmittel? Hätte nach dem zweiten fragte er einen Punkt erwartet für eine Steigerung, wie z.B.

Ob das wirklich mein Problem sei, fragte er. Ob sein Verhalten nicht vielmehr mich errege, fragte er. Dann schob er endlich die Hand unter das Laken und küsste mich auf den Mund.

[...], dann hänge ich das Schloss, das mit einem satten Klicken einrastet, zurück an seinen Platz,[...].

Das las sich für mich für einen Moment so, als ob er das Schloss erst einrasten lässt und dann versucht, es wieder zu platzieren, anstatt beides logischerweise parallel zu machen.

Vielleicht hier eher auf den Nebensatz verzichten, wie z.B.

[...], dann lasse ich das Schloss mit einem satten Klicken wieder zurück an seinen Platz einrasten,[...].

Rein konzeptionell hätte ich es evtl. noch für eine witzige Idee gehalten, soweit wie möglich im Text auf die wörtliche Rede von Kasulke zu verzichten. Quasi um zu unterstreichen, dass er aus Jürgens Sicht eh nur dem vorbereiteten Drehbuch folgt, wo die konkreten Worte der Nebendarstellern keine echte Relevanz haben.

Zuletzt noch ein eher etwas mehr losgelöste Thema:

Ich verurteile Sie nicht, stand darin geschrieben, in schwarzen Lettern, ausgeschnitten aus der Zeitung.

Sind zusammengeschnippelte Drohbriefe heutzutage wirklich noch ein Ding? Würde spontan davon ausgehen, dass Leute mehr zum Drucker als zur Zeitung greifen, gerade wenn man nichts von digitalen Wasserzeichen weiß.

Nichtsdestotrotz, alles in allem, einfach nur wow :eek:

 
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Hey @Pussycat669

es fällt mir bei deiner Geschichte echt schwer, nützliche Kritikpunkte anzubringen.
Damit kann ich leben. :)
Der einzige Punkt, der mir zumindest noch ansatzweise leicht auffällt, ist, dass der Plotverlauf über deinen narzisstische Psychokiller, à la Hannibal, sich niemals wirklich außerhalb der bekannten Komfortzone bewegt, was aber Dank der prägnanten und dennoch wuchtigen Sprache mehr als ausgeglichen wird.
Das ist dann aber doch ein gewisses Aber. Und ich gebe dir recht, das bewegt sich in engen Bahnen. Da ich keinen Horror lese und nur den einen oder anderen der harmloseren Filme des Genres gesehen habe, hab ich glaub auch nicht den Background für Innovation, zuwenig Piste, um abzuheben, gewissermassen. Schön aber, dass ich deiner Meinung nach innerhalb dieser Grenzen kompensieren konnte.
Das las sich für mich für einen Moment so, als ob er das Schloss erst einrasten lässt und dann versucht, es wieder zu platzieren, anstatt beides logischerweise parallel zu machen.
Ja, ich bin da selbst jeweils gestolpert. Das Klicken habe ich gleich ganz rausgenommen, ich hab ja schon das Brummen der Truhe als akkustischen Reiz. Danke für den Hinweis!
Rein konzeptionell hätte ich es evtl. noch für eine witzige Idee gehalten, soweit wie möglich im Text auf die wörtliche Rede von Kasulke zu verzichten. Quasi um zu unterstreichen, dass er aus Jürgens Sicht eh nur dem vorbereiteten Drehbuch folgt, wo die konkreten Worte der Nebendarstellern keine echte Relevanz haben.
Das wäre konsequent. Ich finde aber, dass etwas Dialog dem Text guttut. Wolfgang immer in der indirekten Rede zu zitieren, wäre wohl etwas seltsam. Ein Versuch wäre es aber vielleicht wert.
Sind zusammengeschnippelte Drohbriefe heutzutage wirklich noch ein Ding? Würde spontan davon ausgehen, dass Leute mehr zum Drucker als zur Zeitung greifen, gerade wenn man nichts von digitalen Wasserzeichen weiß.
Auch hier danke für den Hinweis. Ich dachte mir, dass Wolfgang eher oldscool gestrickt ist, daher. Aber ist schon etwas gar seltsam, du hast recht. Habe das entsprechend angepasst.
Nichtsdestotrotz, alles in allem, einfach nur wow
Dankeschön!

Merci für deinen Besuch, hat mich sehr gefreut!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Liebe/r @Peeperkorn,

ich habe Deine Geschichte mit Begeisterung gelesen. Ganz schön gruselig. An einigen Stellen hat's mich echt geschaudert. Ich mag Deinen Schreibstil, die Dichte des Textes, das Tempo und die beschreibende Art. Dadurch bin ich immer ganz nah an den Protagonisten, kann mir alles bildlich vorstellen und hab mitgefiebert. Ganz schön fies ist sie teilweise und mega spannend. Sehr hohes Niveau! Sprachlich ist mir nichts aufgefallen, auch keine Doppelungen, unnötige Füllwörter etc.
Ich bin schon sehr gespannt auf weitere Texte von Dir.

LG Silvita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Silvita

Hab vielen Dank für deinen Kommentar, der mich sehr gefreut hat. Du bist ja Expertin für Wortdoppelungen, da bin ich stolz, hast du mich nirgends erwischt. (Word repetition detector ist übrigens ein cooles Programm, da kann man frei einstellen, bei welchem Abstand eine Wortwiederholung angezeigt werden soll. Für diesen Text hab ich's aber nicht benutzt. :shy:)
Ja, ich schaue mal, wie sich die Sache entwickelt, ich denke, da könnte schon noch der eine oder andere Text daraus entstehen. Ich arbeite grad an einer grösseren Sache, komme überhaupt nicht vorwärts, verliere mich in Recherche und Konzeptarbeit. Aber die Monster-WG hat mir den Kick gegeben, endlich mal wieder etwas zu schreiben. Schön, wenn's gefällt. Und auch ich bin natürlich gespannt auf die WG-Texte meiner Mitbewohner.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Lieber @Peeperkorn ,

da habe ich gar nichts zum Stänkern. Fast schon langweilig :p .


Ich gieße Milch in eine Schale, säubere die Leber und lege sie hinein
Das finde ich einen genialen ersten Satz. Ungewöhnlich und in Kenntnis des Genres auch ein bisschen spooky.
Danach setze ich mich ins Wohnzimmer, rauche eine Zigarette und lese in Kleists Kohlhaas. Welche Kraft steckt in diesem Mann, welch grenzenlose Entschlossenheit! Vieles Gewaltige lebt, aber nichts ist gewaltiger als der Mensch.
Gefällt mir auch gut. Ich habe gleich ein Bild von Jürgen im Kopf, den augenscheinlich normalsten WG-Bewohner.
Mit einem Glucksen lasse ich den Deckel zufallen, ziehe einen Filzstift aus der Hosentasche und mache die Daten unkenntlich. Für
Ein bisschen meckern muss ich auch: „Glucksen“ finde ich hier unpassend. Das klingt nach Teenager.
Als ich das Fleisch in den Kühlschrank legen will, steht Wolfgang in der Küche, im Morgenmantel, seine Füße stecken in Cordpantoffeln.
Ich fände „Leber“ schöner. Klar, Du willst Dich nicht wiederholen. Aber die Innerei ist viel bildhafter, erweckt ganz andere Assoziationen als einfach „Fleisch“, könnte auch eine Haxe sein.
Erfuhr es Widerstand, wurde es kalt und blank und schnitt durch meine Eingeweide. Keine Minute hielt ich das aus.
Auch ein schönes Bild :thumbsup:.
Eine starke Geschichte, die zeigt, wie unterschiedlich unser Projekt interpretierbar ist. Da ist eine Spannung zwischen Kasulke und Jürgen, ein unsichtbarer Faden. Gemeinsames und Entfremdetes. Das ist toll gemacht. Im letzten Abschnitt vermisse ich etwas die Intensität der vorangegangenen.
Insgesamt aber gern :read:.

LG
Mae

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @AWM

Schön, dass du reingeschaut hast!

Kennst du die South Park-Folge "Scott Tenerman Must Die"?
"Jesus Christ!"
Ein bisschen könntest du zwischen den Zeilen noch mehr rüberbringen, dass Wolfgang Schuldgefühle hat. So fragt man sich ein wenig nach seiner Motivation, diese Einladung anzunehmen. Funktioniert aber auch so.
Ja, schön aufgespürt, diese Schwachstelle. Warum nimmt Wolfgang die Einladungen nicht an, nimmt Jürgen nun aber in die WG auf? Aber ich hatte echt keine Lust, da noch zwanzig Zeilen Erklärdialog zu schreiben. Wenn du sagst, es funktioniert auch so, dann behaupte ich mal, damit davongekommen zu sein.
Dass aus der toten Erde nichts wächst, finde ich nicht so gut, weil das ja klar ist. Würde das eher so formulieren, dass man seine enttäuschte Hoffnung spürt. Er dachte ja nicht, dass die Erde tot ist, er dachte, das ist was Besonderes und dass die Erde fruchtbar war, "Potential" gehabt hätte, wenn der Wolfgang es nicht versaut hätte.
Das bezieht sich auf das Eliot-Zitat: Flieder aus der toten Erde. Die Intention hier war eine andere. Jürgen will nicht unbedingt sagen, dass die Beziehung Potential hatte, sondern dass die Art der Trennung verhindert hat, dass danach etwas aus ihr erwächst, in der Erinnerung.
Hier fehlt mir ein bisschen der konkrete Druck auf Florian. Als Schüler hat er durch so einen Brief unmittelbar ja eigentlich nichts zu verlieren. Getuschel auf dem Gang in der Schule oder sowas würde noch mal konkret verdeutlichen, was für Florian auf dem Spiel steht, dass er sagt, er kann das nicht.
Auch hier schön aufgespürt. Habe ich mir lange überlegt, ob ich das ausbuchstabieren soll. Aber hey, du hast ja ein mögliches Motiv genannt. Die Aussicht, in einem Verfahren aussagen zu müssen, wäre ein weiteres. Ich dachte mir, wenn ich das erkläre, kommt jemand wie AWM und schreibt, das sei überflüssig. :D

Und die Adjektive. Ach komm, lass die mir doch zwei, drei. Ich hab mich mal so richtig ausgetobt. Allerdings habe ich "glasig" und "beruhigend" gestrichen, so wie du es vorgeschlagen hast.

das "äußere" Paar. Hat man da zwei übereinander an?
Hab ich mir so ausgemalt. Man könnte natürlich auch nur ein Paar tragen und es dann verbrennen. Will man es aber entsorgen, dann ist auf der Innenseite die DNA des Täters (denke ich mir mal, Hautschuppen und so) und auf der Aussenseite das Blut des Opfers. Keine Ahnung, da müsste man die Leute fragen, die Krimis oder Horror schreiben.

Vielen Dank für diesen Kommentar!

Hey @Maedy

da habe ich gar nichts zum Stänkern. Fast schon langweilig
Sorry! :D
Ein bisschen meckern muss ich auch: „Glucksen“ finde ich hier unpassend. Das klingt nach Teenager.
Da musste ich grinsen, denn das hätte ich niemals geschrieben, wenn ich das nicht im Charaktersheet von Jürgen erwähnt hätte. Ich habe mich verpflichtet gefühlt, etwas davon einzubauen. Aber nachdem gerade du aus dem WG-Betreuungsteam darüber gemeckert hast, ist es innerhalb einer Millisekunde aus dem Text geflogen. Wer aber einen eher humorigen Text schreibt, könnte vielleicht darauf zurückgreifen.
Im letzten Abschnitt vermisse ich etwas die Intensität der vorangegangenen.
Hm. Sprachliche Intensität? Weil hier wird ja alles aufgelöst, die Infos müssen da rein. Und die beiden letzten Sätze machen die Sache nochmal schön fies, habe ich mir gedacht. Aber ja, an Bildern gibt's da nicht mehr so viel, stimmt schon.

Hab vielen Dank für deinen Besuch!

Liebe Grüsse an euch beide
Peeperkorn

 

Guten Abend @Peeperkorn,

ich habe deinen Text schon vor einigen Tagen gelesen und heute noch mal. Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen. Das ist in meinen Augen ein richtig guter Text. Da ich inhaltlich nicht viel beisteuern kann, lasse ich dir da, wie ich mich nach dem Lesen gefühlt habe. Es hat auf mich einen düsteren Eindruck gemacht, von dem ich gerne mehr lesen würde. Wenn das der Anfang eines Romans wäre, dann würde ich mir die Hände reiben und mich auf die weiteren Kapitel freuen. Ansonsten hatte ich am Ende das Gefühl, dass ich gerne irgendwann einmal so gut schreiben möchte, wie du es mir hier vorgemacht hast.

Beste Grüße
MRG

 

Hallo @Peeperkorn ,

Da musste ich grinsen, denn das hätte ich niemals geschrieben, wenn ich das nicht im Charaktersheet von Jürgen erwähnt hätte. Ich habe mich verpflichtet gefühlt, etwas davon einzubauen.
Ich glaube, das Jürgen selbst sein "Glucksen" nicht als glucksen wahrnimmt, auch wenn es eines ist. Da du in der ich-Perspektive unterwegs bist, finde ich es völlig legitim, auch in diesen Bezügen seine Wahrnehmung anders darzustellen, als sie vielleicht tatsächlich in der Außenwirkung ist (ich bin also pro Glucksen-Entfernung).
In einer Geschichte aus der Perspektive eines anderes Charakters könnte ein Glucksen die überlegene und intellektuelle Erscheinung, als die sich Jürgen sieht, gebrochen werden, was aus einer Außenperspektive sicher ein kluges Detail ist.

Grüße
feurig

 

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