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Windschattenjahre

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19.05.2015
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Windschattenjahre

Georgia verschwand an einem Sturmtag, der heulend die Stadt anzischte, Fassaden verletzte, während Sturzbäche auf den Asphalt krachten, Neonblitze den Tag erhellten und die Menschen in die Häuser flohen.

Ich stieg triefnass die Treppen hoch, hörte dem Holz zu, das unter den Schuhsohlen ächzte, kam im vierten Stock an, schnaufte aus, freute mich über das satte Klicken der Tür und schlüpfte in das Dachwohnungsnest, das wir damals bewohnten. Ich schnüffelte durch den Flur und roch sie nicht mehr, ließ die Stille langsam in mich sickern. Der Apfelduft des Reinigungsmittels schlug mir entgegen, darunter war nichts, kein Menschenhauch, kein Georgia-Parfüm. Die Kissen, die Decke lagen sauber gefaltet auf dem Bett, der Küchentisch blitzte wie eine leergefegte Insel, auf der Kommode stand die Vase mit den bunten Blumen, die ich gestern mitgebracht hatte. Die Zettel fehlten, die Haarbänder, das Porzellanblumenschälchen, in das sie Uhr und Schmuck legte, wenn sie heimkam. In den Schränken lachten mir Kleiderbügel entgegen, verhöhnten mich. Ich zögerte, begriff, riss Schubladen auf und wünschte mir, einen der Hauchzartstrings zu finden, durchsichtig, schimmernde Haut darunter, die pulsierende Hitze ihrer Haut. Dann setzte ich mich auf die Bettkante und schloss die Augen.
Ich nahm das Handy, streichelte über das Display, suchte, wartete auf eine Verbindung, erfuhr, dass der Teilnehmer nicht erreichbar sei. Schließlich öffnete ich den Ordner mit den Fotos, blätterte durch die Bilder, schaute manche lange an, stellte mir ihre Haare, ihre Haut vor, löschte jedes einzelne, verwischte die Spuren und versteckte Georgia, sperrte sie weg. Dann nahm ich eine Glückspille und schlief ohne Traum.

„Du bist ekelhaft, ein kalter Egoist, der an nichts als seinen miesen Geschäften interessiert ist“, hatte Georgia gesagt. Die Worte vergaß ich nicht, schließlich verließ mich ihre Kaminfeuerstimme.

***

Ich dachte, dass alles anders wäre, wenn ich mich von Karl befreite. Weil ich ihn so sehr liebte, dass nichts von mir übrigblieb. Jeden Tag fieberte ich darauf hin, ihn zu sehen, um ihn zu streicheln, ihn zu spüren und zu lieben. Ihm war’s egal, er bemerkte es nicht. Seine Gleichgültigkeit, die Kälte, die von ihm ausging, fraß mein Herz auf. Er konnte stundenlang über die Verwicklungen seiner Geschäfte sprechen, chinesische, südamerikanische Aktien, Derivate, Investments, die er sich ausgedacht hatte. Ich hörte zu, starrte in seine glühenden Augen, war eifersüchtig auf die Begeisterung, die ihn packte, die Gesten, die einen Dirigenten vor einem großen Orchester zeigten. Wenn ich von mir, den Schülern, denen ich Italienisch beibrachte, meinem Kinderwunsch erzählte, zuckte Karl, erstarrte, öffnete eine Flasche Wein und wartete darauf, dass meine Worte versickerten.

Ich ging, ohne eine Spur zu hinterlassen, anders war’s nicht möglich. Seither sind fast zehn Jahre vergangen, zu viel Zeit, um es für einen Wimpernschlag zu halten. Ich hatte einen Mann. Ich hatte ein Kind, weggestorben, noch bevor es zur Welt kam. Ich stelle es mir als Engel vor und finde es manchmal oben am Himmel. Dann bin ich nach Italien zurück, in den Staatsdienst eingetreten, pendle jetzt zwischen Rom und Catania. Ab und zu treffe ich mich mit Männern, was soll man machen, wenn man allein ist. Meine Eltern wohnen nicht weit von mir. Ich liebe sie.

Da war dieser Urlaub, als ich Karl meine Heimat zeigen wollte. Sizilien glänzt am schönsten, wenn die Wüstenglut aus der Sahara herüberweht, die Insel gefangen nimmt und in einen Dämmerzustand versetzt, die Menschen trunken von der Sonne den Schatten suchen, in kühlen, abgedunkelten Räumen die Tage verdämmern. Karl und ich verbrachten die Zeit zwischen Kissen und Decken, die wir nie aufschüttelten, die vom Liebesschweiß durchtränkt waren, mit fröhlichen Abenden in der Trattoria, bei Tanten und Onkeln, berauscht vom Wein und in den Nächten mit den schamlosesten Zärtlichkeiten. Wir schafften es nicht, zum Ätna hochzufahren, zum Gipfel zu wandern und den Vulkan zu spüren, der die ganze Gegend prägt, schoben den Ausflug immer weiter vor uns her, bis uns keine Zeit mehr blieb.
Wir saßen beim Frühstück, rührten im Espresso, nippten daran, eine Welle heißer Luft drang von draußen herein, als ich den Laden zurückschlug und das Fenster einen Spalt öffnete.

„Ich glaube, der Ätna will uns nicht. Heute wird’s auch nichts mit dem Gipfelausflug“, sagte ich und streichelte seinen Oberkörper. Karl schaute kurz nach draußen und sagte leise, ohne dass er den Blick vom Horizont abwandte: „Weißt du, was wir machen? Wenn wir uns je verlieren, egal, was passiert, treffen wir uns heute in zehn Jahren, am 25.Juli, 16 Uhr, oben auf dem Ätna, am Hauptkrater.
„Und was, wenn wir Kinder haben?“, fragte ich.
„Dann nehmen wir sie mit.“
„Einverstanden.“
„Versprichst du mir das? Egal, was passiert?“
„Ja, ganz egal, was passiert.“

Danach küsste er mich und ich spürte eine Erleichterung, als hätten wir uns dadurch Ewigkeit verschafft.

***

Ich bestelle ein Taxi, das mich zum Commerzbankturm bringt, obwohl ich vom Westend aus hinlaufen könnte. Bevor ich ihnen entgegentrete, erleichtere ich mich auf den Vorstandstoiletten des 49. Stocks, ziehe an dem Zipper, spritze gegen das Porzellan und blicke auf die Stadt, die sich vor mir ausbreitet. Urinal ist an der Außenwand des Gebäudes angebracht, darüber ein Panoramafenster. Ich betrachte die Dächer der Kaufhäuser, die Ameisenmenschen in Sommerkleidern, atme tief durch, obwohl der Strahl, den ich gegen das Porzellan spritze, sie nicht trifft, bemerke Krähen, die in Höhe des Aussichtspunktes segeln, als spielten sie mit der Luft, als genössen sie es, sich fallen zu lassen und wieder aufzusteigen. Vielleicht planen sie ein Picknick ganz oben auf dem Turm, dort, wo die Vorstände nicht mehr hinkommen.

Ich komme gleichzeitig mit den anderen zum Besprechungsraum. Reimer weist zur Tür und lässt mir den Vortritt. Seine beiden Assistenten zeigen ihr Harvard-Uni-Sankt-Gallen-Grinsen und tragen Aktenpapiermäppchen. Alle drei setzen sich mir gegenüber. Ihre Rasierwasserdüfte wehen als Kräuterteemischung zu mir.
„Wir haben unser Engagement geprüft und eine Entscheidung getroffen, Karl, wir steigen aus. Ich kann’s nicht mehr verantworten, leider. Cum-Ex-Geschäfte, Sojabohnenpreise, soll ich dir alles auflisten? Völlig undurchsichtig, was du machst. Bis Ende des Monats muss die Einlage wieder bei uns sein!“

Die Kerle neben ihm lächeln. Reimer schaut mich zum ersten Mal an, faltet die Hände, als wolle er beten, lugt unter der Brille hervor und zeigt mir Ich-kann-nichts-mehr-für-dich-machen-ich-hab-das-nicht-alleine-entschieden-Augen.
„Wir kommen bestimmt irgendwann wieder ins Geschäft,“ sagt er aus dem Off.
Die Maschine in mir rattert, zerkleinert die Wut zu Brei, ich wappne mich, nehme Haltung an.
Ein wohliges Sausen fließt mir durch den Bauch, als ich den Turm hinabschwebe, als wäre ich eine der Krähen, die an der Glasfassade vorbeigeflogen sind. Es gibt eine Lösung, über die ich schon lange nachgedacht habe. Heute ist der 21. Juli.


Im Club wummern Beats, bedrängen und penetrieren mich, wabern im Bauch. Ich spüre die Hitze der wogenden Körper, die Lichtkugelblicke, die sich ins Nichts richten, die Barrieren, mit denen wir uns umgeben. Wodka hetzt durch meine Kehle und ich lasse mich von Traumbildern treiben, die vor meinen Augen entstehen, Fantasiegebilden, Dämonenfratzen, Engeln. Ein Kerl tanzt eine Feenschönheit an, Haare umhüllen die Gestalt bis zu den Beinen, pechschwarze Seide fließt über ihren Rücken. Ich beobachte ihre Bewegungen, die sich wiegenden Hüften, stelle mir ihre Küsse vor, bis ein Mann im Blickfeld auftaucht, seinen Rhythmus ihrem anpasst, sie auf einer Woge reiten und ich die Teufelsfratze des Kerls wahrnehme, die mich angrinst, ein rotes Blutgesicht mit Hörnern und Gletscheraugen. Am nächsten Morgen wirbeln Wodkastürme in meinem Kopf, die Satansaugen verfolgen mich, der faulige Geschmack im Mund lässt sich nicht beseitigen. Die Bettdecke fühlt sich kühl an, das Hämmern lässt nach, als ich die doppelte Pillenportion genommen habe. Ich wundere mich, dass ich mich in meiner eigenen Wohnung wiederfinde. Der Rothko an der Wand gegenüber dem Bett, die roten aufgerauten Flächen rotieren und zeigen mir die grinsenden Teufelsfratzen aus dem Club.

Der Jahrestag rückt näher, die zehn Jahre sind vorbei, die Verabredung auf Sizilien, die Georgia bestimmt vergessen hat. Ich werde hinfliegen, egal, ob ich sie dort vorfinde, oder nicht. Ich durchstöbere das Gedächtnis, denke an sie, an die Luftzeit, die Frühlingsglückstage, die Nächte, in denen das Aufwachen ebenso schön wie das Einschlafen war, weil ich ihrem Atem lauschen konnte und an die Schuld, die ich auf mich geladen, das Leid, das ich ihr angetan habe. Ein paar Tage noch, viel Zeit, wenig Zeit, je nachdem. Ich buche Tickets nach New York, Catania, Acapulco.

***

Das Smartphone vibriert, obwohl ich es lautlos gestellt habe, verlangt volle Aufmerksamkeit, tanzt, schwebt über die Tischplatte, Millimeter nur, aber so aufgeregt, als wäre es ein Wesen, das zu schreien und weinen vermag. Der Anruf kommt von der Dienststelle in Rom, unterbricht die Stille des Sommerurlaubs mit der Nachricht, auf die ich gewartet habe. „Der Drache ist unterwegs, er fliegt nach New York und anschließend nach Catania. Die Maschine landet am 25. Juli frühmorgens.“ Drache. Den Codenamen habe ich ausgewählt. Für mich war er einer, feuerspeiend, schuppig, mit meterdicker Haut, die sich rau und kalt anfühlte, mit Dornen und Stacheln, Augen, die mich verzehren, töten konnten, mit der Kraft zu zerstören und jeden zu beschützen, der zu ihm gehört. Sein Drachenwesen hatte ich vor allem anderen geliebt, die Fähigkeit zu Grausamkeit und größter Zärtlichkeit zugleich, die Kraft, die in ihm steckte. Und doch hörte ich sein Drachenherz nicht pochen, als ich es am meisten brauchte, Wut, Angst, Enttäuschung zerfetzten und verwirrten mich. Deshalb hinterließ ich damals keine Spuren.

Wir spazierten am Main entlang, hielten uns an der Hand, beobachteten die anderen Pärchen, einige, die miteinander schwiegen, andere, die sich ineinander vertieften, gestikulierten, diskutierten, Familien mit Hunden und Kinderwagen. Der Frühling erfüllte die Luft mit Zwitschern. Wir setzten uns zwischen die Leute ans Ufer, die Bier tranken, rauchten und Musik hörten. Ich wusste, dass ich es ihm sagen musste, es nicht mehr aufschieben konnte.

„Ich hab ein Geheimnis, Karl.“
„Erzählst du’s mir?“
„Dann wär’s kein Geheimnis mehr.“
„Warum hast du davon angefangen, wenn du’s nicht erzählen willst?“
„Weil’s dich auch betrifft.“
Karl stand auf, fuchtelte mit den Händen, lachte, lief zum Main, zeigte zum Wasser.
„Wenn ich reinspringe und zur anderen Seite schwimme, sagst du's mir dann?“
„Nein, du Spinner!“
Er zog sich das Shirt über den Kopf, die Schuhe aus, nestelte an der Hose.
„Ich kann auch nackt rüber schwimmen. Außerdem nehme ich dich mit.“
Er umarmte mich, steckte mir die Zunge in den Mund, wollte mir das Top abstreifen.
„Nein, ich sag’s dir nicht.“
„Komm schon!“
Dann küsste er den Hals, den Bauchnabel, drückte mich an sich.
„Okay, ich sag’s dir. Ich bin schwanger.“
Er setzte sich auf, starrte auf die Silhouette der Stadt, den Kaiserdom, die Türme.
„Was? Bist du sicher?“
„Ja, gestern war ich beim Frauenarzt.“
„Von wem ist es?“
Ich nehme erst gar nicht wahr, was er da sagt.
„Warum fragst du das?“
„Na ja, muss ich doch wissen.“
„Ich denke von dir, ja, wahrscheinlich von dir!“, schleudre ich ihm ins Gesicht.
„Willst du’s behalten?“
Ich stehe auf und laufe davon, drehe mich nicht um. Er kommt mir nicht hinterher.

***

Im Spiegel sehe ich morgens einen Kerl mit Welteroberungslächeln, ein Fürst, ein König mit Satansgesicht. Selbst die Krone deutet sich über den wirren Schattenhaaren an. Die weißen Barthärchen, die Warze neben der Nase, die Furchen auf der Stirn, existieren nicht, waren nie vorhanden, weil ich es nicht wollte, ich, der Gott meiner Welt. Der Rasierer kreischt wie Kreide auf einer Schultafel. Danach streichle ich die weiche Haut und stelle mir die feine Georgia-Klavierhand vor, die mit den Fingerspitzen über meine Wangen haucht. Es kommt mir vor, als hätte es nach ihr keine anderen gegeben, nichts als aneinandergereihte Abenteuer.

Die Maschine hebt ab, steigt auf. Ich bin bereit, die Dämonen zu besiegen. Ich lehne mich im Businessclass-Seat zurück. Als der Anflug auf New York beginnt, habe ich eine Menge Transaktionen erledigt, Geld verscharrt, Mails losgejagt und den Akku des IPhones wundgewhatsappt. Auf dem Weg zum Hotel betrachte ich die Menschen auf den Gehsteigen, die Bettler mit umgehängten Schildern, auf denen ihr Schicksal verzeichnet ist, die Frauen mit Nylonbeinen, die sich gegen die Hitze stemmen, in Ich-bin-auf-dem-Weg-nach-oben-Kostümen, die Männer in Businessjeans, Karriereanzügen, die Laptoptaschen geschultert wie Waffen. Ich werde die Einladung zum Galageburtstagsempfang mit einem Besuch bei Jerzy verbinden, um die Zukunft zu regeln.

Hill hält das Champagnerglas wie eine vorwurfsvolle Aufforderung und begutachtet mit Gefrierpunktaugen die Eintreffenden im Lüstersaal des Ritz.
„Da bist du ja, Karl! Ich habe schon auf dich gewartet.“
Ich lächle. Betrunken grinst Hill wie Mickymaus. Eine Hand reicht mir ein Glas Champagner. Als ich die Lichtaugen der farbigen Dienerin sehe, die Marmorfigur, die sie in eine Göttin verwandelt, senke ich den Blick.
„Die Kleine ist scharf, oder? Wusste gar nicht, dass du auf was Exotisches stehst.“
Ich starre Löcher in die Luft, sage nichts.
„Ich kann dir die Nummer von ihr besorgen.“
„Du bist so ein Scheißkerl“, zische ich Hill an.
„Ach übrigens. Ich habe da was gehört, paar Leute haben dich im Visier.“ Er lacht Tränen und wendet sich ab, um sich mit den neu Eintreffenden zu beschäftigen.
Stimmengewirr schlägt mir entgegen, als ich mich weiter in den Saal bewege. Das Licht der Kronleuchter jagt Blitze durch den Raum, beugt sich und stößt auf die Clowns-, die Karnevalsgesichter der Gäste. Ich bleibe bei den Schroeders stehen, Klienten, die ich seit Jahren berate, wichtige Leute, wohlhabend, einflussreich, begieße Helene mit Komplimenten über ihre makellos gestraffte Kunstfigur, das knallrote Understatement ihres 10.000 $ Chanel-Kostüms und spule ohne nachzudenken Roboter-Formelsätze ab. Die Schroeders freuen sich und versprechen mir eine sechsstellige Summe, die ich für sie anlegen soll, völlig unwichtig, weil ich in ein paar Tagen eine Schattengestalt sein werde, so wie die Göttin, die mir das Glas Champagner gereicht hat. Ich schleiche mich nach einer Stunde aus dem Saal.

***

Sie zeigen mir Fotos, Videosequenzen an der Sicherheitsschleuse in New York. Ich versichere ihnen, dass er es ist, schaue sie mir genau an, suche nach den Augen, bemerke, wie gebückt er geht, welche Last auf den Schultern liegt, denselben weggetretenen Gesichtsausdruck, mit dem er mich damals angeschaut hatte, als er mit mir in die Klinik ging. Wir schwiegen, zwischen uns spürte ich einen Graben, den wir nicht überwinden konnten. Ich hörte dem Arzt zu, der mich fragte, ob ich den Eingriff wirklich ohne Vollnarkose über mich ergehen lassen wolle. Eine Krankenschwester spreizte die Beine. Der Doktor hatte graue Haare, graue Augen und riss mir den Leib mit einem Gerät auf, das sich wie ein Schwert anfühlte, erklärte mir, dass er jetzt die Spritze setzen würde, ein kleiner Stich, mehr nicht, sagte er und dass er das Wesen, das noch gar keins war, aus mir heraussaugen werde, sobald das Mittel wirke und dass dann alles vorbei sei. Ich blickte in mich, sah das Baby, ein Mädchen, so hübsch und zart, atmete schneller, wollte weinen, rufen, schaffte es nicht und zog mich tief in mich zurück, wollte es einfach geschehen lassen.

Schreie lösten die Erstarrung. Plötzlich stand Karl neben dem Bett, brüllte, redete auf den Arzt ein, wollte stoppen, was schon vorüber war. In einem Eimer, das mein Blut aufgefangen hatte, lag es. Karl weinte, schluchzte wie ein Kind und nahm mich in die Arme. Ich hatte ihn nie zuvor weinen sehen.

***

Jerzy treffe ich in einer Bar an der 45. Er trägt Jeans, Psychedelic-Shirt und Baseballcap, dazu feinste Nubuklederstiefel, schaut an mir vorbei und klatscht mich zur Begrüßung ab.

„Was gibt’s, Kumpel? Du warst erst vor drei Wochen hier.“
„Ist dringend.“
„Ja? Siehst mies aus, Karl.“
„Hab ne Menge Ärger am Hals.“
„Und jetzt?“
„Weißt du noch, was ich dir damals in der Hütte an deinem scheiß masurischen See gesagt habe? Wenn’s zu heiß wird, hör ich auf, verschwinde ich einfach. Wozu habe ich mir sonst in Acapulco ein Strandhaus gekauft?“
„Das ist kein scheiß masurischer See! Der See heißt Sniardwy! Du verträgst keinen polnischen Wodka, Mann, das ist alles.“
„Ihr panscht das Zeug auch!“
„He Karl, ich habe dir doch gesagt, dass du dich nicht auf die Wichser mit den dicken Brieftaschen einlassen sollst. Bringt kein Glück. Hab ich das gesagt, oder nicht?“
„Hast du.“
„Und jetzt soll ich dir aus der Scheiße helfen, was?“
„Kann man so sagen.“
„Okay. Und wie?“
„Du jagst alles, was ich habe mitsamt dem Kapital der Kunden, so oft über den Globus und durch die Cloud, dass am Ende keiner weiß, wo ich mit dem Geld bin.“
„Walpurgisnacht, yea!“
„Schaffst du das?“
„Mm, vielleicht, ja, Mann, kann klappen.“
„Du bist der beste, Jerzy, wusste ich immer. Wie lange brauchst du?“
„Muss ich vorbereiten, ist nicht so einfach. Ein paar Wochen schätzungsweise.“
„Drei, maximal, vier Tage, mehr Zeit habe ich nicht.“
„Du bist wahnsinnig, Karl!“
„Stimmt!“
„Okay. Legen wir los. Was machst du so lange?“
„Ich fliege nach Catania und dann nach Acapulco.“
„Nettes Programm. Was machst du in Catania?“
„Georgia treffen, ich hab dir von ihr erzählt.“
„Du bist komplett verrückt.“

Mir bleibt noch etwas Zeit, bevor der Flieger nach Italien startet. Ich lasse mich nach Ellis Island fahren, weil ich mir in den Kopf gesetzt habe, vom Kranz der Freiheitsstatue aus über die Stadt zu schauen und dort Handy und SIM-Karte luftzubegraben. Als ich ankomme, lese ich auf einem Schild, dass man seit 9/11 nicht mehr hochdarf, Brandschutz, viel zu gefährlich. Die Fahrt zum Empire State Building dauert zu lange, also werfe ich mein Smartphone samt Inhalt in einen Container und trinke an der Bude mit den Souvenirs einen Kaffee, der nach Suppe schmeckt. Ein sanfter Wind schickt mir Seeluft in die Nase und ich beobachte die kreisenden Möwen, die ihre Kinderlaute ausstoßen.

***

Ich frage mich, ob Karl sich wie damals über den Kopf streichen wird, als könne er seine Gedanken dadurch ordnen, ob er nach Zedern und Leder riecht, nach Milch und Schokolade schmeckt, ob er die Muskeln unter der Babyhaut noch anspannen kann, die Stimme fest und wie ein Lied klingt, in seinen Augen noch das lodernde Feuer wohnt, ob er noch küssen kann, als wolle er mich verbrennen, mich in sich schlingen, wärmen, nie mehr loslassen, ob seine Stimme sich immer noch überschlägt, wenn ihn etwas empört, ob er kurz vorm Orgasmus leise Schreie ausstößt, als wäre er ein Vogel, ein Drache, der seine Beute packt.

Wir lassen Catania hinter uns, nach oben, dem Ätna entgegen. Der Lärm der Stadt verrauscht, je weiter wir uns von ihr entfernen, die Luft atmet sich anders, Teer, verrotteter Müll und der verwirrende Geruch der Bewohner, ihr Schweiß und ihre Parfums verflüchtigen sich, der Duft von Wildblumen und Kräutern, Korkeichen und Johannisbrotbäumen breitet sich aus, der Vulkan, seine wütende Hitze, Schwefel mischen sich darunter, fühlen sich wie Heimat, wie eine lächelnde Kindheit an. Giuseppe schweigt und summt ein Lied, das ich nicht kenne, während er gemächlich die Serpentinen hochfährt. Als junger Mann wollte er Künstler werden, mindestens ein Michelangelo, verbrachte die Jugend in Rom, Turin und Florenz, erzählte mir meine Mutter mit einem Blick, als ob sie einst in ihn verliebt gewesen wäre. Seit ich denken kann, führt er Leute auf den Ätna, liebt den Vulkan und malt ihn heimlich, wie man sich erzählt.

***

Je näher ich Georgia komme, desto klarer wird ihr Bild, als ob sie aus dem Schattenengel, dem pastellfarbenen Gemälde, auf dem ich sie abgebildet habe, in die Wirklichkeit gelangen könnte. Ich schließe die Augen und spüre ihre Apfelsinenwangen, sehe sie vor mir in Grazienhaltung, das Gewicht auf ein Bein verlagert, höre die Georgia-Stimme und schmecke ihre Vanillezunge, wie sie mich überfällt, kitzelt, über alle Maße erregt und mich vollständig verschlingt. Ihre Nähe hat sich immer wie Heimat angefühlt, wie Familie, Zuhause, Ewigkeit, vielleicht weil sie ihre Eltern nicht kannte, als Pflegekind aufwuchs, so wie ich auch, nur dass meine Pflegeeltern in ihrem Wagen verbrannt sind, als ich gerade 18 war. Nach ihrem Verschwinden richtete ich mich in dem ein, was man so Leben nennt, ließ die Zeit verstreichen, amüsierte mich und liebte, was mir Geld brachte.

Der Kerl, die mich zum Krater bringen soll, der ‚leader del vulcano’, wie er sich selbst nennt, heißt Emilio, entpuppt sich als Klischee-Italiener, bewegt sich o-beinig, hat eine olivenölgegelte Frisur und eine Ich-krieg-euch-alle-Statur. Ich habe ihn während des Fluges online geordert. Er holt mich am Flughafen ab. Ich will vor ihr oben sein, wenn sie denn kommt. Der GLK klettert Woge um Woge, Kurve um Kurve nach oben. Der Druck in meinen Ohren nimmt zu, während ich mich an die Hitzetage erinnere, die ich mit Georgia auf der Insel verbracht habe. Wir fahren an Dörfern vorbei, die staubig, unberührt, menschenfeindlich wirken, dann durch Baumsiedlungen, Wälder, die seltsam dunkel aussehen, als hätten sie etwas zu verbergen. Als wir sie hinter uns lassen, sehe ich den Vulkan, rauchüberzogen, von Wolken umkränzt. Emilio erklärt mir, dass ein Sturm aufkommen könnte. Wir müssten schnell nach oben, bevor das Wetter umschlüge. Als ich genauer hinsehe, überspannt Zauberleuchten den Berg, als wäre er die Behausung von Dämonen und Feen. Wir kommen zu einem Hochplateau, wo Emilio den Wagen abstellt. Ein scharfer Wind umtobt mich, als wir aussteigen. Er könne mich zu einem der Krater bringen, höre ich ihn sagen. Meine Gedanken irrlichtern, weil ich nicht weiß, an welchem ich Georgia finde. Wir steigen aus, während ich darüber nachdenke, Staub über mein Gesicht jagt und Schwefel in meine Nase dringt. Mir fällt ein, dass die Kopfschmerzen verschwunden sind. Ich suche den Horizont ab und entdecke die Teufelsgesichter, die ich erwartet habe. Ich bin viel zu früh dran, müsste Stunden auf sie warten, ohne zu wissen, wo. Emilio bringt mich zum nächstgelegenen Schlund, aus dem mir Rauch und Gestank entgegenschlägt, sonst nichts, obwohl mich nach vorne beuge, die Hölle in der Tiefe suche. Im Nebel suche ich vergeblich nach Gesichtern. Wir kehren um, sperren das Pfeifen und Wüten des Vulkans aus, als wir die Autotüren schließen. Ich nenne Emilio die Adresse, wo er mich hinbringen soll.

***

„Da braut sich was zusammen“, sagt Giuseppe und deutet nach oben. Rauch steigt vom Krater zum Himmel. Wolken zeigen sich, dunkel, bedrohlich, Wind kommt auf, bläst uns entgegen, als wolle er mit uns spielen, pfeift durch die geöffneten Fenster. Mein Blick wandert am Horizont entlang. Ich fühle mich ganz leicht, als könne ich fliegen. Mein Bauch summt, obwohl die Wolken wie Hexengesichter aussehen. Ich schalte das Handy aus.
„Wo sind die anderen?“, frage ich ihn.
„Postieren sich längst.“
„Dann fahr mich bitte nach Hause, Giuseppe.“
„Und die anderen?“
„Die kommen schon zurecht.“

***

Am Straßenrand wachsen Maulbeerbäume. Ich setze mich in ein Café, bestelle Cassata, trinke Limoncello und Mokka. Zauberleichtigkeit bemächtigt sich meiner, Schattenzeit verstreicht, ohne dass ich es bemerke. Ein Geländewagen hält auf der anderen Straßenseite. Ich erkenne Georgia an den Engelsbewegungen und gehe ihr entgegen.

***

Karl wischt sich über den Kopf und kommt zu mir, sieht müde aus, als habe er jahrelang nicht geschlafen, die Haut glänzt babyweich, das T-Shirt flattert wie eine Fahne und er weint Drachentränen, zarte, große Tropfen, die auf den trockenen Boden fallen wie Geschosse. Ich streichle seine Wangen, will feststellen, ob er echt ist.

„Ich war oben am Krater“, sagt Karl.
„Jetzt bist du hier", sage ich.

 

Hallo Anne49.

keine Ahnung, was du mit dem Kommentar bezweckst. Entweder hast du den Text (in der Fassung nach der Überarbeitung) nicht gelesen, oder du möchtest getrumpte Rauchbomben zünden. Abgesehen von Geschmacksfragen, untermauerst du deine Kritik mit schlichten Behauptungen, die sich aus dem Text nicht ergeben. Damit nehme ich dir nicht das Recht deinen Lesereindruck wiederzugeben, aber ein bisschen fundierter wünschte ich mir eine Kritik schon sein, wenn du sie hier einstellst.

Der Text hat das Plotgerüst einer Romanze vom Subtyp ‚Zweite Chance‘. Warum spüre ich kein Prickeln, warum funktioniert die Story bei mir nicht?
tja, würde mich auch interessieren?

Als Finanzzocker hat er den falschen Job. (Nur Bestattungsunternehmer wäre noch schlimmer.)
was das mit Bestattungen zu tun hat, wird mir nicht klar.

Zitat von Isegrims
Und doch hörte ich sein Drachenherz nicht pochen, als ich es am meisten brauchte, Wut, Angst, Enttäuschung zerfetzten und verwirrten mich.

Zitat von Isegrims
zwischen uns spürte ich einen Graben, den wir nicht überwinden konnten.
Das sind Sätze, die gehören weg! Das alles gehört gezeigt.

in zwei Szenen zeige ich das: die beiden gehen am Main spazieren und Georgia erzählt ihm, dass sie schwanger ist., später die Abtreibung.

keine kleinen Gesten miteinander. Kein gemeinsamer Running-Gag, kein Codewort, keine Chemistry.
du liest wohl gerade Ratgeber-Literatur, how to create a story that will be sold best. ?

Dass ich mich immer wieder dabei ertappe, zu überlegen und zu überlegen und zu überlegen, welches Bild diese Wortneuschöpfung bei mir auslösen soll.
Also, du bist da auf einem spannenden Weg, die Richtung mag stimmen. Aber derzeit wirkt es auf mich noch gekünstelt. (Mag auch an mir liegen, vielleicht bin ich selbst noch nicht bereit, wer weiß.)
es – soll - kein bestimmtes Bild auslösen, dir eher ermöglichen innezuhalten, die nächsten Wörter und Sätze nicht schon zu antizipieren, bevor du sie gelesen hast.

Beste Grüße aus der Wochenmitte, an einem Tag, der ein bisschen Strahlesonne brachte
Isegrims

 

Hey Isegrims,

ich revanchiere mich jetzt mal sofort, weil ich sowieso gerade noch über die Frage des "Kleidherabstreifens" kichere, Geschichtenwerker, Achillus Wußte gar nicht, dass Grammatik so sexy sein kann.

Und wo ich gerade dabei bin, schreibe ich dir gleich noch meine Gedanken zu deiner Geschichte. Sie ist wieder sehr sinnlich, verspielt und ich glaube fast, dich fasziniert diese Upper-class-world. Schöne Menschen, viel Geld, Aktentaschen und Hauchzartstrings. An einem Punkt, kurz vor dem Ende dachte ich schon, jetzt geht es so in Richtung James Bond. Das hätte mir durchaus gefallen. Aber da gibt es eben auch diese Härten, das abgetriebene Kind, das Gespräch der beiden, als sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt. Fast kommt es mir so vor, als könne sich der Text nicht ganz entscheiden zwischen dem Rauschhaften, Idealisierten und der Realität.

Du wechselst die Perspektive, er und sie wechseln sich als Ich-Erzähler ab. Und da hat mich am Anfang irritiert, dass ich nach dem ersten Abschnitt ein komplett anderes Bild von ihm im Kopf hatte, als das, was Georgia dann von ihm zeichnet. Die Sprache der beiden ist sehr ähnlich und da gerade du für mich für so eine chamäleonhafte sprachliche Vielfalt stehst, hätte ich mir hier auch vorstellen können, dass du die Erzählstimmen der beiden stärker differenzierst.

freute mich über das satte Klicken der Tür und schlüpfte in das Dachwohnungsnest, das wir damals bewohnten. Ich schnüffelte durch den Flur und roch sie nicht mehr, ließ die Stille langsam in mich sickern.

Dieser Mann ist für mich hochromantisch veranlagt, sensibel, geborgenheitssuchend und wenn er die Stille in sich einsickern läßt, hat das sowas abgeklärtes, meditatives. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass er sich nur für Derivate interessiert.

„Du bist ekelhaft, ein kalter Egoist, der an nichts als seinen miesen Geschäften interessiert ist“, hatte Georgia gesagt. Die Worte vergaß ich nicht, schließlich verließ mich ihre Kaminfeuerstimme.

Er konnte stundenlang über die Verwicklungen seiner Geschäfte sprechen, chinesische, südamerikanische Aktien, Derivate, Investments, die er sich ausgedacht hatte, . Ich hörte zu, starrte in seine glühenden Augen, war eifersüchtig auf die Begeisterung, die ihn packte, die Gesten, die einen Dirigenten vor einem großen Orchester zeigten. Wenn ich von mir, den Schülern, denen ich Italienisch beibrachte, meinem Kinderwunsch erzählte, zuckte Karl, erstarrte, öffnete eine Flasche Wein und wartete darauf, dass meine Worte versickerten.

Der Abschnitt gefällt mir sehr gut, auch wenn ich den Mann vom Anfang wieder nicht finde. Aber diese Situation finde ich toll beobachtet, wie er sie auflaufen lässt, sich verkrampft, langweilt bei ihren Themen.

Ab und zu treffe ich mich mit Männern, was soll man machen, wenn man allein ist. Meine Eltern wohnen nicht weit von mir. Ich liebe sie.

Reine Geschmackssache. Mir würde es besser gefallen, wenn der letzte Satz wegfiele. Er ist so allgemein.

Sizilien glänzt am schönsten, wenn die Wüstenglut aus der Sahara herüberweht, die Insel gefangen nimmt und in einen Dämmerzustand versetzt, die Menschen trunken von der Sonne den Schatten suchen, in kühlen, abgedunkelten Räumen die Tage verdämmern.

Hachja, da werden Erinnerungen wach. Ich war mal auf den liparischen Inseln. Da wehte auch dieser heiße Wind ... tolle Beschreibung, der ganze Abschnitt. Auch tolle Idee mit ihrer Abmachung.

Danach küsste er mich und ich spürte eine Erleichterung, als hätten wir uns dadurch Ewigkeit verschafft.

Toll!


„Du jagst alles, was ich habe mitsamt dem Kapital der Kunden, so oft über den Globus und durch die Cloud, dass am Ende keiner weiß, wo ich mit dem Geld bin.“
„Walpurgisnacht, yea!“

Hier kommt für mich James Bond ins Spiel. Wie gesagt, hätte mir auch gefallen, die Wendung.

„Der Drache ist unterwegs, er fliegt nach New York und anschließend nach Catania. Die Maschine landet am 25. Juli frühmorgens.“ Drache. Den Codenamen habe ich ausgewählt. Für mich war er einer, feuerspeiend, schuppig, mit meterdicker Haut, die sich rau und kalt anfühlte, mit Dornen und Stacheln, Augen, die mich verzehren, töten konnten, mit der Kraft zu zerstören und jeden zu beschützen, der zu ihm gehört.

Ich kann tatsächlich dieses Schwärmerische, Überhöhte nicht so gut nachvollziehen. Du bist mutig sowas ernsthaft zu bringen. Der Mann wirkt bisher in seinem Verhalten auf mich nicht wie ein Drache. Eher schwach, duckt sich weg, wenns drauf ankommt, ein Zocker ohne Verantwortungsgefühl. Wie kann sie ihn noch derartig idealisieren?

Insofern hätte ich es in diesem Fall ganz gut gefunden, wenn sie ihn wirklich verraten hätte. So eine dramatische Szene, wo er erkennt, dass sie für die Gegenseite arbeitet, versucht zu fliehen, dass sie ihn schnappen. Eine Schlußszene, wo ich den Drachen in ihm sehen kann und nicht nur einen, dem es jetzt irgendwie doch zuviel wird, noch auf sie zu warten da oben. Ich bin ja immer für ein Happyend, aber hier macht es doch das Ganze ein bisschen zu seicht, finde ich.

Ihre Nähe hat sich immer wie Heimat angefühlt, wie Familie, Zuhause, Ewigkeit, Vielleicht weil sie ihre Eltern nicht kannte, als Pflegekind aufwuchs, so wie ich auch, nur dass meine Pflegeeltern in ihrem Wagen verbrannt sind, als ich gerade 18 war. Nach Ihrem Verschwinden richtete ich mich in dem ein, was man so Leben nennt, ließ die Zeit verstreichen, amüsierte mich und liebte, was mir Geld brachte.

Das wäre so die Erklärung, aber irgendwie berührt mich das zu wenig, ich glaube, es hat mit diesem "Tell"-Thema zu tun. Viel Dramatisches in wenigen Sätzen.

Zauberleichtigkeit bemächtigt sich meiner, Schattenzeit verstreicht, ohne dass ich es bemerke.

Noch ein letztes Mal, auch wenn ich mich wiederhole. "Zauberleichtigkeit" ist ein kleinmädchenhaftes Wort für mich. Er und sie sind mir zu ähnlich.

Ich habe das Gefühl, ich krauchel mit meinem Schreiben momentan stark in der Realität herum, suche Bodenhaftung, während du keinerlei Scheu zeigst, dich in die Lüfte zu schwingen und zu spielen und zu schwärmen. Das imponiert mir, aber hier ist so ein Punkt, wo der Text nicht wirklich vermag mich zu berühren.

Ich antworte bald auf deinen Kommentar, herzlichen Dank und ich bin schon riesig gespannt darauf, dich kennenzulernen, Isegrims.

Liebe Grüße von Chutney

Jerzy treffe ich in einer Bar an der 45. Er trägt Jeans, Psychedelic-Shirt und Baseballcap, dazu feinste Nubuklederstiefel, schaut an mir vorbei und klatscht mich zur Begrüßung ab.

P.S. Den Abschnitt hast du zweimal hintereinander, soll das so?

 

Achillus

Achillus schrieb:
Hey Ernst! Und wie ist es mit dem Abstreifen eines Kleides? Kann eine Figur ihr Kleid herabstreifen oder hinabstreifen oder beides? Gruß Achillus

Eben deshalb, weil sowohl "ein Kleid herabstreifen" als auch "ein Kleid hinabstreifen" ziemlich bescheuert klingt, wurde das Wort "abstreifen" erfunden. :D

 

Hallo Novak,

schön, dass du trotz deiner Vorbehalte wegen der Welt, von der ich in der Geschichte erzähle, deine Eindrücke schilderst. Deine Kommentare sind stets sehr hilfreich, geben mir immer etwas zum Nachdenken.


Und irgendwie muss man wohl im tiefsten Inneren seines Herzens ein sehr sehr großer Romantiker sein, um über das setting hinwegzuschauen, das halt schon sehr in der Glitzerbankeneurowelt (um in deinem Stil zu schreiben) angesiedelt ist.
ich schätze, dass du tief im Inneren noch viel romantischer denst als ich.

Zahnpastawelteroberungslächeln
Nein - um Gottes willen. Also du machst das ja gerne, diese Nomezusammenfügungen und oft ist das ja klasse, aber hier finde ich es nicht so gelungen.
war so ein Einfall, von dem ich mich hinreißen ließ, ist aber jetzt raus.

Ihre Rasierwasserdüfte wehen als Kräuterteemischung zu mir.
Man muss doch nicht immer und überall ein Sprachbild verwursten. Iwie ist mir der Mehrwert auch nicht klar, was an den Rasiewasserdüften jetzt noch deutlicher wird, wenn sie wie Kräutertee riechen. Ich nehme an, du willst auf die Melange raus, und dass die Mischung nicht so dolle duftet, wie die Herren das gerne hätten. Oder - willst du überhaupt darauf raus?
für mich war das eine schwierige Stelle, weil ich irgendwie diese Mischung beschreiben wollte, die Düfte, die für sich selbst ganz angenehm riechen könnten, aber in der Mischung eben nicht.

Jedenfalls finde ich, du schießt manchmal aus lauter Freude über deine sprachlichen Einfälle über das Ziel hinaus. Ich würde noch ein bisschen mehr prüfen und bewusst schauen, welche Stimmung/inhaltliche Nuancierung das Sprachbild erreichen soll, ob es nicht zu viel insgesamt wird, einfach zu redundant, und sich dadurch die Sprachbilder gegenseitig behindern, und ob sie auch wirklich immer frisch und originell genug sind, ich denke da gerade nur an das Zahnpastalächeln.
völlig berechtigt, der Einwand, ich lasse mich oft noch zu sehr von dem sprachlichen Flow beeindrucken, von Einfällen leiten, muss cooler drüberschauen im zweiten Durchgang.

Georgia verschwand an einem Sturmtag, der heulend die Stadt anzischte, Fassaden verletzte.
Da sträubt sich richtig was in mir. Ich finde das total brüchig, wenn du "Fassaden verletzte" anhängst. Das ist eigentlich ein schönes Bild, aber in den Zusammenhang passt es mir so zusammenhangslos überhaupt nicht rein. Entweder liegt das daran, dass mir hier eine Konjunktion fehlt, um das Ganze weicher zu machen, oder du schließt nach "anzischte" und bastelst das Bild in den nächsten Satz rein. ich weiß schon, das wird schwierig, weil du es dann ins Passiv setzen müsstest. Aber so sträubt es sich einfach in mir, weil ich es total abgehackt finde.
ich habe den Satz wieder zu einem einzigen mit einer Konjunktion verbunden. Ich wollte durch die Trennung ein wenig die Wicht rausnehmen, eine Art (Sprech)Pause setzen, aber das klingt wirklich nicht gut genug.


Der Text enthält viele wirklich sehr schöne Stellen. Er ist interessant und spannend gemacht durch die unterschiedlichen Perspektiven auf das Geschehen. Und vielleicht kannst du das ja auch so sehen, dass es wirkllich gekonnt sein muss, wenn es jemand, dessen Geschmack das nicht ist, gut gemacht findet.
dankeschön:Pfeif:


Das Glückswunderjahr habe ich dir ja an anderer Stelle schon gewünscht, so bleiben noch sehr liebe Grüße
Isegrims

 

Hallo Isegrims,

diesmal nur ganz kurz.

Zitat von wegen
ziehe den Zipper des Hosenschlags herunter
Ist das ein regionaler Begriff? Google ergab auch nur Schlag am Hosensaum. Warum nicht Hosenstall?
mm, ich hab es nicht geprüft, aber der Zipper, mit dem zeiht man den Reißverschluss runter, oder?
Habe da zufällig gewisse Fachkenntnisse :bib:. Zipper ist das englische Wort für Reißverschluss (zipper puller=Anhänger zum Ziehen, zipper slider= Schlitten, der auf den RV-Zähnchen entlang fährt, an dem hängt der puller, usw.).
Zipper kennt bestimmt jeder als Reißverschluss. Ich meinte mit meinem Kommentar das Wort Hosenschlag in deiner Darstellung. Der bezeichnet in der Bekleidungsfachsprache eigentlich das ausgestellte Hosenbein(siehe 70er Jahre). Daher mein Vorschlag, dass du besser das geläufige Hosenstall, im Fachjargon Übertritt bzw. engl. Front Fly(jetzt hau ich aber auf den Putz, was? :schiel:), schreibst.

Zitat von wegen
„Wir kommen bestimmt irgendwann wieder ins Geschäft,“ sagt er aus dem Off.
Sagt man das im Commerzbankturm so?
Formelsätze dieser Art benutzt man allüberall.
Ach, ich gebe dir beim Satz der wörtlichen Rede absolut Recht. Ich meinte das am Schluss: sagt er aus dem Off.
Das kannte ich so noch nicht. Aber finde es jetzt auch nicht weiter störend.

Flusen:

Sie zeigen mi Fotos, Videosequenzen an der Sicherheitsschleuse in New York.
Der Doktor hatte graue Haare, graue Augen und riss[e] mir den Leib mit einem Gerät auf, das sich wie ein Schwert anfühlte,
Ich habe ihn nie zuvor weinen sehen.
Ich
***


Viele Grüße
wegen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Isegrims!

Der Kerl, die mich zum Krater bringen soll, der ‚leader del vulcano’, wie er sich selbst nennt, heißt Emilio, entpuppt sich als Klischee-Italiener, bewegt sich o-beinig, hat eine olivenölgegelte Frisur und eine Ich-krieg-euch-alle-Statur.

Ich nehme diesen Satz mal als Beispiel für meine Gedanken zur sprachlichen Gestaltung des Textes. Ich finde, Du übertreibst es mit der Suche nach dem originellen Ausdruck. Durch diese überbordende Sprache bekommt der Text etwas Gespreiztes, etwas Neurotisches, Hysterisches. Er flattert herum wie ein Paradiesvogel beim Balzen.

Ich lehne mich im Businessclass-Seat zurück. Als der Anflug auf New York beginnt, habe ich eine Menge Transaktionen erledigt, Geld verscharrt, Mails losgejagt und den Akku des IPhones wundgewhatsappt. Auf dem Weg zum Hotel betrachte ich die Menschen auf den Gehsteigen, die Bettler mit umgehängten Schildern, auf denen ihr Schicksal verzeichnet ist, die Frauen mit Nylonbeinen, die sich gegen die Hitze stemmen, in Ich-bin-auf-dem-Weg-nach-oben-Kostümen

Ist diese Sprache ehrlich? Mag merkwürdig klingen, so zu fragen, aber es geht mir um dieses Streben nach Effekten. Sprachliche Effekte sind in gewissen Grenzen sicher legitim. Es ist verständlich, dass Autoren ihr Publikum durch eine elegante, schöne, kraftvolle oder sonstwie attraktive Sprache zu beeindrucken suchen. Aber die Grenze beginnt für mein Empfinden dort, wo die Sprache mehr Aufmerksamkeit erregt, als der Inhalt verdient. Das halte ich für Effekthascherei. Das macht das Ganze schwer verdaulich.

Ich glaube, für die Verbesserung der sprachlichen Qualität solltest Du wieder ein paar Gänge zurückschalten. Das wird Dir sicher schwerfallen und Du wirst es wahrscheinlich nicht wollen, denn es gibt ja Gründe, weshalb Du so schreibst, wie Du es tust. Den gespreizten Ausdruck vermeiden, bedeutet aber nicht, farblos schreiben zu müssen. Ich denke, Du hast genug sprachliche Möglichkeiten, um Texte abwechslungsreich, stimmungsvoll und lebendig zu schreiben. Viele Passagen sind jetzt bereits sehr gut, finde ich.

In dieser Geschichte ergibt sich aus der Sprache für mein Empfinden auch das Problem, dass nebensächliche Passagen wie diese Flugzeug-Drachen Assoziation

Für mich war er einer, feuerspeiend, schuppig, mit meterdicker Haut, die sich rau und kalt anfühlte, mit Dornen und Stacheln, Augen, die mich verzehren, töten konnten, mit der Kraft zu zerstören und jeden zu beschützen, der zu ihm gehört. Sein Drachenwesen hatte ich vor allem anderen geliebt, die Fähigkeit zu Grausamkeit und größter Zärtlichkeit zugleich, die Kraft, die in ihm steckte. Und doch hörte ich sein Drachenherz nicht pochen …

aufgeblasen werden und dabei die wichtigen Passagen verschwinden. Unter all dem sprachlichen und semantischen Überengagement kann man kaum noch die Geschichte erkennen. Obendrein wechselst Du auch die Perspektive der Figur und zwar so, dass es am Anfang beim Lesen zwangsläufig zu Fehleinordnungen kommt. Ich wusste zu Beginn mehrmals nicht, wer denn jetzt berichtet bzw. erzählt.

Im Moment dominiert der angestrengt gesuchte Ausdruck den Inhalt Deiner Geschichte. So sehr sich bestimmt viele Leser über die eine oder andere originelle Formulierung freuen, das Ergebnis ist insgesamt wahrscheinlich nicht so, wie Du es Dir wünschst, könnte ich mir vorstellen. Doch letztlich musst Du auch Freude am Schreiben haben. Und wenn Du im Moment glücklich bist mit dieser Art zu schreiben, dann soll es mir recht sein.

Ich freu mich auf Deine Nächste, Isegrims.

Beste Grüße
Achillus

 

Gude Isegrims,

und mit dem Rückenwind von 2018 geht es in die nächste Leserunde.

Ich hatte beim ersten Lesen unter anderem deinen Stil "bemängelt", wegen den Reihungen etc.
Beim jetzigen Lesen kam ich deutlich besser durch, da hat sich ja bereits im ersten Satz ein "während" eingefunden (ich meine zumindest, das hätte es damals nicht gegeben - das steht wie alle folgenden Äußerungen etwas unter Vorbehalt, da ich rein auf meine Erinnerungen zurückgreifen muss :sealed:).
Es ist noch immer auffällig, aber für mich persönlich nicht mehr "störend"-auffällig.

Aber das war jetzt der eher uninteressante Teil. Dein Text hat sich insbesondere inhaltlich stark verändert, das muss ich erstmal fassen. Georgia trifft sich also nicht mehr mit Karl am/auf dem Weg zum Krater. Damit fällt auch das Problem ihrer Motivation weg und ich finde, du zeichnest insgesamt ein schönes Bild Karls aus ihrer Sicht, das von ihren mal positiven, mal negativen Erinnerungen lebt.

Ansonsten hatte ich bereits in den Kommentaren die Vermutung gelesen, dass Georgia Karl "verhaften" will, da sie im "Staatsdienst" ist und er im weitesten Sinne Finanzbetrüger. Ich hab das ehrlich gesagt nicht weiter verfolgt, da es für mich nicht sonderlich aus dem Text hervorgestochen war, aber in der jetzigen Textvariante ist das stärker (richtige Erinnerung vorausgesetzt). So werden jetzt Videoaufnahmen gezeigt und Personen positioniert.
Ich wäre wohl noch ratlos, wenn ich die oben genannte Idee nicht in den Kommentaren aufgeschnappt hätte, was daran liegt, dass ich bei "Staatsdienst" an irgendeine Verwaltungsstelle denke, vielleicht auch etwas an einer Schule. Es ergibt sich aber natürlich schon aus dem Text, da muss man mir vielleicht auch einfach ne lange Leitung vorwerfen.
Diese Grundidee (sofern sie denn richtig ist ;) ) ist stark, da sie den Emotionscocktail von Georgia noch mal ordentlich durchmischt und ihn zu einer fast tragischen Figur macht, der selbst in seinem "letzten Hafen" keine Sicherheit mehr findet. Allerdings "verliert" dieser Teil für mich deutlich vor der Darstellung/Erinnerung an die große Liebe der Vergangenheit. Der (innere) Konflikt in der Gegenwart findet für mich kaum statt, auch wenn sich ein Hadern zwischen den Zeilen herauslesen lässt. Man kann sich natürlich jetzt trefflich streiten, ob das deutlicher gemacht werden *muss*, da eine Kurzgeschichte auch davon lebt, was sie offen lässt und andeutet.

Die ausgeschriebene Abtreibungsszene macht mich doch sehr betroffen. Mir kommt der Vorgang zwar etwas seltsam vor, aber ich kenne mich in dem Bereich nicht aus (Fragen wären da: gibt es das in Teilnarkose, kann er da reinrennen, warum fühlt sie etwas ["Schwert"], wenn sie betäubt ist ...), weswegen ich das auch übergehen kann. Für mich gelingt die Szene natürlich wegen ihrer Tragik, aber auch, weil einige Dinge ungenannt bleiben (u.a.: wer wollte die Abtreibung, wer nicht - wie hat sich das dann geändert ...). Das stärkt die Darstellung einer schönen aber auch tragischen Beziehung zwischen den beiden sehr stark, finde ich daher sehr gelungen.

Zum Abschluss habe ich ein, zwei kleine Flusen, die wahrscheinlich beim Umschreiben und Umkopieren entstanden sind.

25.Juli, 16 Uhr, oben auf dem Ätna, am Hauptkrater.
-> Ich glaube, das ist sogar älter. Zwischen "25." und "Juli" fehlt noch ein Leerzeichen.

Sie zeigen mi Fotos,
*mir

Karl weint, schluchzt wie ein Kind und nimmt mich in die Arme. Ich habe ihn nie zuvor weinen sehen.
Ich
-> Entweder fehlt da was, oder das ich muss weg.


So, entschuldige am Ende bitte, dass das jetzt etwas wust und durcheinander geraten ist. Ich bin vielleicht etwas zu müde für einen guten Kommentar, wollte dir jetzt aber schon mal das Feedback da lassen, bevor ich es noch weiter verschleppe :)
Und hoffentlich hilft es dir jetzt auch!


Liebe Grüße,
Vulkangestein

 

Hallo Isegrims,

ja, hast Recht, das mit dem ‚Show, don’t tell‘ nehm ich zurück. Bitte entschuldige.
Was die restlichen Punkte betrifft: Das hat nichts mit Ratgeberliteratur zu tun. Unsere (Geschmacks-)Vorstellungen liegen einfach sehr weit auseinander. Can we agree to disagree?

Ich wünsche dir ein glückliches und erfüllendes Schreibjahr!
Anne

P.S. Mondlichtwonnenjahr ... seufz, so schön ... :shy:

 

Hallo Sabine,

dankeschön für deine Eindrücke, deine Zeit und die Hinweise zu einzelnen Passagen. Für mich ist das wichtig, weil aus all dem ein Lernprozess entsteht, aus dem, was gut funktioniert und dem, was sich ändern lässt.

Kaminfeuerstimme
darunter kann ich mich nicht viel vorstellen. Wie klingt die? Heiß, knisternd, rauchig? Vermutlich...
eine Stimme, die Wärme ausstrahlt, die Wärme, die ganz tief eindringt, eine Kaminfeuerwärme eben

Ich hatte einen Mann. Ich hatte ein Kind, weggestorben, noch bevor es zur Welt kam. Ich stelle es mir als Engel vor und finde es manchmal oben am Himmel. Dann bin ich nach Italien zurück, in den Staatsdienst eingetreten, pendle jetzt zwischen Rom und Catania. Ab und zu treffe ich mich mit Männern, was soll man machen, wenn man allein ist. Meine Eltern wohnen nicht weit von mir. Ich liebe sie.

Da finde ich den Wechsel ein bisschen zu abrupt. Zuerst wird von dem verstorbenen Kind berichtet und gleich einen Satz weiter der Eintritt in den Staatsdienst. Auch die nächsten Sätze gefallen mir nicht so gut. Sie trifft sich mit Männern. Ja gut, warum auch nicht? Warum rechtfertigt sie sich da? Die Eltern wohnen nicht weit. Sie liebt sie...nun ja. Vielleicht wird das noch wichtig.

an der Stelle wollte ich zeigen, wie sie sich von den leidenschaftlichen Gedanken an Karl befreit, wie sie zu einer Vernunftshaltung wechselt.

Eine Krankenschwester spreizte die Beine. Der Doktor hatte graue Haare, graue Augen und risse mir den Leib mit einem Gerät auf, das sich wie ein Schwert anfühlte, erklärte mir, dass er jetzt die Spritze setzen würde, ein kleiner Stich, mehr nicht, sagte er und dass er das Wesen, das noch gar keins war, aus mir heraussaugen werde, sobald das Mittel wirke und dass dann alles vorbei sei. Ich blicke in mich, sehe das Baby, ein Mädchen, so hübsch und zart, atme schneller, will weinen, rufen, schaffe es nicht und ziehe mich tief in mich zurück, will es einfach geschehen lassen.

Ich weiß nicht, ob du den Zeitwechsel beabsichtigt hast? Zuerst erzählt sie in der Vergangenheit, dann Gegenwart.

Gegenwart fühlte sich besser an, habe ich aber geändert

Wo sind die anderen?“, frage ich ihn.
„Postieren sich längst.“
„Dann fahr mich bitte nach Hause, Giuseppe.“
„Und die anderen?“
„Die kommen schon zurecht.“

Den Gesprächsverlauf versteh ich nicht ganz...

schätze, die wollen Karl verhaften.

Sie treffen sich also...das Ende bleibt offen. Aber er setzt sich vermutlich mit einer Menge Kohle nach Acapulco ab. Mit oder ohne ihr...Hab ich gerne gelesen . Du kannst sehr schön beschreiben, atmosphärisch erzählen, auch wenn es mir gegen Ende ein bisschen zu viel wurde.
das freut mich

Liebe Grüße und Freudenlächelnjahr für dich
Isegrims

 

Hallo weltenläufer,

vielen Dank für deinen Kommentar, über manches, von dem, was du angemerkt hast, muss ich nachdenken. Außerdem freue ich mich sehr, dass du die Geschichte und die sprachliche Gestaltung genossen hast.

Sprachlich fand ich das wunderschön wie du die leere Wohnung zeigst. Gerade eine solche Szene, das würde ja bereits hunderte von Malen beschrieben, dem etwas Neues abzugewinnen, das ist schon richtig gut.
dankeschön

Fassaden verletzte.
Bei dem Einstiegsatz würde ich aber das mit den Fassaden rausnehmen, das empfinde ich als Überreizung. Zuvor ist das Bild doch schon klar, dieses Draufsetzen hat für mich etwas künstliches.
das sollte eigentlich ein versteckter Hinweis auf die verletzten, vom Wind veränderten Fassaden der Menschen sein, aber wahrscheinlich werde ich es rausnehmen

Sprachlich schön geht es weiter und das Gegenüberstellen beider Welten, das ist schon sehr kunstvoll und lesenswert gemacht. Ab der Hälfte aber erwachte eine Unruhe in mir, die immer stärker wurde. Ich erwischte mich dabei, wie ich begann, den Text zu überfliegen.
Diese Ungeduld hat mich bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Ich mag nicht der ideale Leser für deine Geschichte sein, vielleicht ist es aber dennoch eine Überlegung wert, die Geschichte etwas zu kürzen?
ja, kürzen, habe ich mir auch schon überlegt, aber welche Dtellen? Ich glaube, dass ich den Text ein wenig ruhen lassen, etwas Abstand gewinnen, dann kann ich vielleicht die eine oder andere Stelle streichen.

Liebe Grüße und ein Weltenmeisterjahr für dich
Isegrims

 

Hallo Jimmy,
deine Kritiken bergen stets Nachdenkenswertes, deshalb lese ich sie. Du vermittelst einen klaren, analytischen Blick auf Stil und Handwerk. Vielen Dank für deine Gedanken zu meinem Text und die Zeit, die du mit ihm verbracht hast. Vieles, ja das meiste, nehme ich sehr ernst und hilft mir weiter, auch wenn ich deine grundsätzliche Einschätzung nicht teile. (Klar, sonst hätte ich die Geschichte nicht in dieser Form veröffentlicht)

Schon recht hefty, dieser Satz. Sturzbäche krachen. Neonblitze erhellen. Ein Sturmtag zischt heulend die Stadt an. Menschen fliehen in ihre Häuser. Würde ich diesen Satz in einem Buch lesen, als ersten Satz, würde ich das Buch wieder weglegen.
mag sein, kann ich dir nicht ausreden, dass du diesen Satz zu heftig fondest, dennoch glaube ich, dass er die Richtung ganz gut vorgibt. Eine Verortung muss nicht weich daherkommen, kann schon kräftig sein.

Und es geht so weiter: schwer, behäbig, stilistisch ungelenk. Hört er wirklich aktiv dem Holz? Freut er sich über das satte Klicken der Tür (es ist wenn auch nur das Schloss, das klickt) und wenn ja, warum? Schlüpft er in die Dachwohnung (Was ist ein Dachwohnungsnest?) wie ein Tier, durch eine fellbehangene Öffnung, oder wie soll ich mir das vorstellen? Fragen über Fragen.
er hört das Geräusch des Hoilzes, ein Knarren, das Ächzen der Tür, ein Klicken und freut sich darüber seine Höhle zu bertreten, das vermittelt der Text, zeigt er zuverlässig und präzise.

Ich schnüffelte durch den Flur und roch sie nicht mehr, ließ die Stille langsam in mich sickern.

Also, die Wortwahl wirkt einfach unpräzise oder unbeholfen, ich bin mir nicht sicher. Schnüffeln. Hunde oder Perverse schnüffeln. Und wen riecht er hier nicht mehr? Die Stille? So lese ich diesen Satz nämlich. Wenn du da zwei Einheiten draus machst, wird es eventuell deutlicher.

die Assoziation, dass er sich wie ein Tier verhält, die wollte ich erzielen, weniger tatsächliches Schnüffeln, zumal in der Ich-Perpsektive ja beschrieben wird, wie er die Situation wahrgenommen hat. Bei einem auktorialen Erzähler hielte ich den Einwand für weitaus berechtigter.

Also, bis auf die paar Dialoge ist mir das alles sofort wieder entfallen, weil du die ganze Geschichte unter dieser gespreizten Sprache begräbst, das lässt sich auch nicht überlesen. Also, wenn man das manchmal macht, dann wirkt auch ein etwas exzentrisches Bild vielleicht, weil man denkt, aha, das ist ausgefallen, aber wenn sich das durch alles zieht, durch noch so jede kleine Idee, dann wirkt es einfach vollkommen überfrachtet.
gespreizte Sprache, mm, das empfinde ich nicht so, aber ich weiß, dass du nicht alleine stehst mit dieser Meinung, dabei möchte ich lyrische Elemente einbauen, unerwartete Wortvebindungen, eine fließende Sprachmelodie. Mag sein, dass ich zurückfahren muss, mit diesen Elementen noch zu verspielt umgehe, aber der Weg ist für mich der richtige.

Du kannst das machen, klar, aber damit wendest du eben auch den Fokus weg vom eigentlichen Geschehen.
das stimmt, absolut richtig, das richtige Maß fehlt noch, der Leser könnte sich vom Geschehen abwenden und das ist nicht meine Absicht.

Es gibt diesen Roman von Malapart, "Die Haut", es geht um Italien im zweiten Weltkrieg, ein sprachliches, lyrisches Feuerwerk, aber da gibt es diese Juxtaposition - grauenhafte Ereignisse, und dann diese Sprache.
mein nächstes Projekt könnte eine harte Horrorgeschichte sein, habe mir ohnehin vorgenommen, die Möglichkeiten auszuweiten.

die Sprache hat auch ein Problem in der vermittelnden Ebene, aus der Sprechposition heraus, da wird das Mobiltelefon zu einem Wesen, dass nach Aufmerksamkeit verlangt und tanzt und schwebt, und ich denke: Wer denkt so etwas, wer stellt diese Assoziationen auf? Es ist der Autor.
mm, warum sollte eine Figur ihr Smartphone nicht für lebendig haten, das haben andere schin vor mir beschrieben und schließlich ist es die Figur, die das denkt (Georgia) und die hat ein Eiegenleben.

Dann wird so etwas zu einem künstlichen Überhang, dem ich als Leser das Ausgestelltsein sofort anmerke.
der Manierismus-Vorwurf trifft mich nicht, Effekte erzielen auch Autoren, die (scheinbar) auf Effekte verzichten, Redundanz, so extrem wie ich es manchmal erlebe, ist eben auch ein Ausgestelltsein.

Viele Grüße, ich freue mich auf die Whiskeybereicherung beim diesjährigen Gathering und wünsche dir ein Jubelthreadjahr
Isegrims

 

Lieber Friedel,

ich hoffe, du hattest einen Freudenstart ins neue Jahr, vielen Dank, dass du den Text noch mal genau gelesen hast. Fehlerverringerung ist ein mühsamer Prozess, jedenfalls für mich.

"(Denn der Berg glaubt nichts und ist mit uns nicht beschäftigt)"
Brecht: Der Schuh des Empedokles
schönes Zitat; womit der Berg, die Eliten, die Geldvermehrer die Sondierungsregierung beschäftigt sind, wer weiß das schon, mit den Menschen bestimmt nicht.

Zwischen diesem Weltuntergang - jedes neue Leben schafft sich unter seinem Schädel eine eigene Welt, dass neben der realen derzeit über 7 Mrd. Modelle der Welt existieren mögen - und dem Besuch des Ätna bleibt mir für den Meister der Finanzjonglage das Schicksal des Empedokles,
aus der griechisch-römischen Sagen- und Götterwelt lässt sich eine Menge schöpfen, obwohl sich literarische Motive insgesamt ja nie verändern. Ich hatte die Empedokles-Geschichte nicht im Fokus aber die Beschreibung der Besteigung des Vesuv von Plnius.

Wodka hetzt durch meine Kehle ...
der lässt sich einfach nicht hetzen
ich finde schon, dass „hetzen“ passt, schließlich will ich ausdrücken, dass er den Wodka runterstürzt.

viele Grüße und einen windgeschützten Tag
Isegrims

 

Hallo Isegrims,

Heißt deine Geschichte jetzt Windjahre oder Windschattenjahre? Das macht doch einen Unterschied, je nachdem, wer von deinen Protas gemeint ist. Oder hab ich da was missverstanden?

Gruß wieselmaus

 

Hallo Isegrims,

Heißt deine Geschichte jetzt Windjahre oder Windschattenjahre? Das macht doch einen Unterschied, je nachdem, wer von deinen Protas gemeint ist. Oder hab ich da was missverstanden?

Gruß wieselmaus


Windschattenjahre, der Titel ließ sich im Abstimmungsthread allerdings nicht mehr ändern.
Darin versteckt sich besser, dass die beiden Jahre im Windschatten des anderen verbracht haben.

Lieben Gruß
Isegrims

 

Ich muss mich mal dringend mit der Hin-, und Her-Frage beschäftigen, mich hinwenden, hinaufblicken zu den semantischen Schwierigkeiten unserer Sprache.

"hin" heißt: von mir (bzw. vom Erzähler) zu einem anderen Ort, "her" heißt: von einem anderen Ort zu mir (zum Erzähler). Was so viel heißt wie: Weder kann ich in ein Haus herein gehen, noch eine Treppe herab steigen, jemand anderer allerdings kann in das Haus hereinkommen, sofern ich drinnen bin. Sollte ich draußen sein, kann er wiederum nur hineingehen, ist halt immer eine Frage des Standortes der Erzählinstanz.
okay, Ernst, sehr gut, verstanden, echt jetzt. Wobei sich mir eher die generelle Frage stellt, für wie elegant ich die hin- und her-Wendungen zusammengesetzter Verben halte.

Ebensowenig kann ich von einem Haus herunterspringen, sofern ich mich nicht schon unten befinde, was natürlich nicht geht. Ich kann nur hinunterspringen.
gefühlt ergibt sich für mich kein Unterschied, runterspringen mag zwar falsch sein, klingt aber richtig, während hinunter sich merkwürdig anhört. Na ja, er springt vom Dach auf seinen eigenen Kopf runter, weil der eh schon unten ist, schätze so geht’s.:schiel:

Und wer zum Teufel ist Giovanni?
mm, capisce, bei ernst offshore 2.018 spielt der keine Rolle mehr.

Hey Ernst! Und wie ist es mit dem Abstreifen eines Kleides? Kann eine Figur ihr Kleid herabstreifen oder hinabstreifen oder beides? Gruß Achillus
also wenn es um Kleider geht, funktioniert nur abstreifen, alles andere klingt lächerlich, während man eine Hose schon besser herunterstreift, -zieht.

Man kann also sagen, dass in dem Wort "abstreifen" bereits das Wort "herunter" implizit enthalten ist, und damit ein Vorgang bezeichnet wird, der etwas von einem ersten Punkt (evtl. oben?) zu einem zweiten streift, um z. B. das Kleid vom Körper zu entfernen.

Damit gibt es bereits einen festen Bezugspunkt in dem Wort "abstreifen", der nicht von einer Person, sondern von dem Objekt selbst abhängt.

yes, genau!:thumbsup:

Wenn man nun "hin" oder "her" hinzufügt, so würde nach meinem Verständnis "herabstreifen" bedeuten, dass das Kleid zu jemanden (Erzähler) "herabgestriffen wird", der unter der Person liegt, die das Kleid herabstreif. Also die Frau mit dem Kleid steht über dem Mann, die Szene wird aus Sicht des Mannes beschrieben und dann sagt er: Die Frau streift das Kleid (zu mir) herab (P.S.: "her ab").
na ja, liegt wohl daran, dass Männer, wenn sie das Abstreifen des Kleides erwarten, immer von unten nach oben schauen. :D

Wäre der Erzähler die Frau, würde sie sagen: Ich streife das Kleid zum Mann hinab (P.S.: "hin ab").
wie grässlich, wenn sie das so sagt.

P.S.: Ich mache mir die Bedeutung von "hin" und "her" immer mit den Sätzen klar: "Ich gehe zu Dir hin" und "Komm doch mal her", wenn man nämlich zwischen diesen Sätzen "hin" und "her" vertauscht, merkt man sofort, dass das nicht stimmen kann.
sehr gute Merkbrücke. :thumbsup:

Liebe Grüße und danke für die umfassenden Erläuterungen:teach::chaosqueen:
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Isegrims schrieb:
runterspringen mag zwar falsch sein, klingt aber richtig,
Es klingt deshalb richtig, Ise, weil es nicht falsch ist. :D

„Spring endlich runter, du feige Sau!“, schrie er zu mir herauf.
Und ich sprang runter.

Usw.

Umgangssprachlich nämlich wird runter sowohl für herunter als auch für hinunter verwendet.
Was nichts anderes heißt, als dass ich von einem Haus zwar nicht herunterspringen, sehr wohl aber runterspringen kann.
(Oder einen Bissen runterschlucken, das Handy runterfallen lassen kann, usw.)
Verwende einfach immer runter, dann kannst du nix falsch machen. :Pfeif:

 

Hallo Isegrims,

endlich kam ich dazu, Deine Geschichte fertig zu lesen, ich habe sie aus Zeitgründen in drei Häppchen gelesen.

Tja, Du weißt, dass ich meine Schwierigkeiten mit Deinem Stil habe, das ist so eine Art "Hass-Liebe".

Ich finde Deine Kreativität, die wie ein nicht enden wollendes Feuerwerk auf einen einprasselt, faszinierend, aber auch ermüdend. Ein Feuerwerk ist deshalb so schön, weil es so selten stattfindet. Meine Kinder freuen sich das ganz Jahr darauf, können es kaum erwarten, die Raketen und Böller anzuzünden, sich die Ohren zuzuhalten, mit glänzenden Augen in den Himmel zu blicken und "ahh" zu rufen. Und dann ist es vorbei und sie fallen glücklich ins Bett.

Dein Text ist für mich, wie so ein Feuerwerk, nur er ist wie ein Feuerwerk, welches nicht nach einer Stunde vorbei ist, sondern wie eines, das sich über Wochen erstreckt.

Kannst Du Dir vorstellen, wie man auf eine Rakete reagiert, wenn man mehrere Wochen Feuerwerk hinter sich hat?

So fühle ich mich bei Deinem Text auch nach einer Weile. Es ist für mich einfach zu viel des Guten. Und das finde ich schade, denn vor lauter Feuerwerk nehme ich Deine Geschichte gar nicht wahr.

Ich glaube aber auch, dass dieses Problem mit dem Lesertyp zusammenhängt und mit der Erwartungshaltung und daher nicht unbedingt auf alle Leser zutrifft.

Beim Überfliegen der Kommentare habe ich gesehen, dass andere ebenfalls Schwierigkeiten damit haben. Ich kann gut verstehen, dass Du diesen Stil nicht ändern möchtest und ich glaube, dass es auch nicht gut wäre, wenn Du nur ganz wenige von Deinen kreativen Bildern einsetzen würdest, denn dann würde man darüber stolpern. Für mich müsstest Du aber trotzdem ein paar weniger Raketen zünden, um mich nicht zu ermüden und mich auch die Geschichte wahrnehmen zu lassen.

Am Ende noch eine Stelle, über die ich echt gestolpert bin:

ziehe den Zipper des Hosenschlags herunter

Reißverschluss am Ende des Hosenbeins (denn dort ist der "Schlag")?

Mehr kann ich leider nicht beitragen, aber manchmal ist ein Leseeindruck auch eine interessante Information.

Gruß

Geschichtenwerker

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Isegrims,

hola, dieser Text ist sprachlich wie eine 100 m Schnur Chinaböller. Irgendwann wird alles einfach nur noch laut und nebelig und fast unerträglich. Starkes Verb - bum - zusammgesetztes Substantiv (Wortschöpfung) - knall - starkes Verb - bum - Verb - bum - Zusammensetzung - knall usw. usw. Der Text verliert jegliche Leichtigkeit. Da fließt nix mehr, da wirkt auch nichts mehr, das ist nur noch Effekt. Auch wenn da wirklich schöne Sachen drunter sind, feine kleine Perlen, sie verschwinden unter dem Getöse ihrer Umgebung. Wahrscheinlich nicht unbedingt das, was man als Autor gern hört, aber was soll ich sagen?

Inhaltlich fand ich es insofern spannend, ja was ist, wenn man so eine Hassliebe nicht überwinden kann und sich nach zehn Jahren wiedertrifft? Ich fand das auch gut, so den Rückblick auf die Beziehung der beiden, das kommt für mich schon raus, diese Hassliebe, dieses nicht miteinander und nicht ohne einander. Und bevor man am Ende daran kaputt geht, eben besser Trennung. Allein das finde ich schon eine schwierige Kiste, eine solche Ambivalenz an den Leser zu bringen. Ich finde es nicht supertoll umgesetzt, also auch da ginge noch mehr für mein Gefühl, aber immerhin nachvollziehbar. Aber die beiden schließen nicht wirklich ab, keiner bekommt den Deckel drauf und dann dieses Treffen. Wäre schon spannend zu sehen, was das mit denen macht. Das erzählst Du dann aber gar nicht mehr, Du bringst ein zweites Element hinein, seine Dealerschaften und sie jetzt in einer italienischen Behörde, wo es ihr möglich ist, ihn überwachen zu lassen, also das ist kein Job, wo man Förderanträge für Kulturprojekte bearbeitet, sondern da geht es schon um mehr. Aber auch das wird nicht aufgelöst, sie kann ihn festnehmen lassen oder mit ihm durchbrennen beides ist möglich. Rückblick erzeugt ja nun keine Spannung, die kommt ja erst mit dem aktuellen Geschehen auf, aber als sie auf ihrem Höhepunkt ist, ist die Geschichte zu Ende. Wie ich das als Leser finde, muss ich wohl nicht weiter ausformulieren. Wenn die letzten Sätze wenigstens eine Richtung erahnen lassen würden ...

Also, dieses Paar, diese Beziehungsgeschichte, das mochte ich. So gar so gern, dass ich dachte, das wäre auch mal eine Aufgabe, ich will auch über so ein Paar schreiben ;). Und Drachen finde ich für ihn auch ein gut gewähltes Bild, gefährlich, aber wenn man so einen hat, dann fühlt man sich auch beschützt. Das fängt die Ambivalenz seines Charakters gut ein.


Karl stand auf. fuchtelte mit den Händen, lachte, lief zum Main, zeigte zum Wasser.

... der Vulkan, seine wütende Hitze, Schwefel mischen sich darunter, fühlen sich wie Heimat, wie eine lächelnde Kindheit an. schweigt und summt ein Lied, das ich nicht kenne, ...

Ihre Nähe hat sich immer wie Heimat angefühlt, wie Familie, Zuhause, Ewigkeit, Vielleicht weil sie ihre Eltern nicht kannte, als Pflegekind aufwuchs, so wie ich auch, ...

Nach Ihrem/ihrem Verschwinden richtete ich mich in dem ein, was man so Leben nennt, ließ die Zeit verstreichen, amüsierte mich und liebte, was mir Geld brachte.

Wir steigen aus, während ich darüber nachdenke, Staub über mein Gesicht jagt und Schwefel in meine Nase dringt. Mir fällt ein, dass die die Kopfschmerzen verschwunden sind.

Bin jetzt gespannt, wo die stilistische Reise mit Dir in Zukunft hingeht. Solang trinke ich mal einen Tee.

Ein isegrimsches Superjahr wünsche ich Dir,
beste Grüße, Fliege

Edit: Während ich dies schrieb, schrieb auch der Geschichtenwerker. Wir haben uns wegen der Feuerwerkssymbolik vorher nicht abgesprochen. Ich schwöre!

 

Edit: Während ich dies schrieb, schrieb auch der Geschichtenwerker. Wir haben uns wegen der Feuerwerkssymbolik vorher nicht abgesprochen. Ich schwöre!

mm, Fliege, du hast den Ingwerdrachentee aufgesetzt, mit Glühwein angereichert, Räucherwunderkerzen aufgestellt und - knall- bum, flog das Feuerwerk vom Geschichtenwerker zu dir und umgekehrt. Schlussbild: ihr beide steht im Eiseswind, flatternde Feuerhaare, und prostet euch zu. :D:Pfeif::wein:

 

Hallo greenwitch,

danke dir für den Kommentar und die Zeit, die du investiert hast, zum Glück konnte ich dir etwas Lesegenuss verschaffen.

Da ich die Geschichte gleich nach dem Einstellen gelesen habe, weiß ich, wie viel Du noch getan hast.
das stimmt wirklich, obwohl es mir – aus den Rückmeldungen schließe ich das – noch nicht ganz gelungen ist, die beiden Ich-Perspektiven besser voneinander abzugrenzen, aber ich habe den Text geglättet und ihm eine Schluss-Sequenz verschafft, mit der ich nicht ganz unzufrieden bin.

„Der Drache ist unterwegs, er fliegt nach New York und anschließend nach Catania. Die Maschine landet am 25. Juli frühmorgens.“ Drache. Den Codenamen habe ich ausgewählt.
Mh, da kommt ein zweiter Handlungsstrang, etwas, was parallel zu der "Liebesgeschichte" läuft
sie stellt sich Karl als Drachen vor, sicher, aus dem Bild ließe sich mehr machen.


Schreie reißen mich aus der Erstarrung. Plötzlich steht Karl neben dem Bett, brüllt, redet auf den Arzt ein, will stoppen, was schon vorüber ist. In einem Eimer, das mein Blut aufgefangen hat, liegt es.
Warum ein Kurpfuscher? Warum ist er dabei, bei seinem da vorigem Verhalten, sehr zwiespältige Persönlichkeit
na ja, ich schildere die Erinnerung Georgias, wie zuverlässig die ist, kann ruhig offenbleiben, sie hat das so empfunden, wie ich es beschreibe.


Dann machen sich beide auf zum Krater, Karl ist viel zu früh und fährt dann aus reiner Ahnung an einen Ort, den auch Georgia als zu Hause bezeichnet. Aber dann, sorry Isegrims, ich verstehe den Schluss nicht, aber alle anderen könne anscheinend folgen, hilf mir bitte.
beide schaffen es nicht, kehren um, wegen des Sturms, wegen ihrer Gefühle, der Zufall bringt sie dann doch zusammen, Karl kennt ihre Adresse und wartet auf sie. Sicher, hier könnte eine zweite Geschichte beginnen, was zwischen den beiden nach der Wiederbegegnung passiert erfahren wir nicht.


Von Deinen Dialogen versuche ich mir noch etwas abzugucken, für mich waren sie jedenfalls schön echt. Nur für den Schluss bin ich zu doof.
ich mag Deine Geschichte und Deinen Schreibstil sehr, würde nur gerne, die Geschichte ganz verstehen wollen.
dankeschön, aber wie gesagt, der Schluss lässt einfach Möglichkeiten offen.


Liebe Grüße und warmen Unterschlupf im Sturmwind des Tages
Isegrims

 

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