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Wenn die Zeit stillsteht

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31.01.2016
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Wenn die Zeit stillsteht

Wir essen die Nudeln immer zuerst aus der Suppe. Bis auf unser Schlürfen höre ich nur Möwengeschrei. Schrille, laute Töne. Ich sehe die Vögel waghalsige Manöver fliegen, höre sie sich ihre Warnsignale zurufen, als segelten sie über stürmischer See. Wundern würde es mich nicht, wenn sie nach mir greifen, mich fortbringen würden, so ungestüm wie sie auf geöffnete Fenster zusteuern. Doch kurz vorher fliegen sie eine akrobatische Kehrtwende und gleiten über die Häuser hinweg. Von meinem Stuhl aus blicke ich über die Dächer der Stadt und der wolkenlose Himmel scheint so viel näher zu sein als der staubige Boden. Stünden dort keine Häuser, könnten wir auf das Meer sehen; so bleibt uns nur die Gewissheit, dass es hinter der letzten Reihe liegt. Und wenn man darüber fliegen würde und immer weiter und weiter, käme man irgendwann zu einem anderen Kontinent. Hin und wieder rauscht das Laub des Kirschbaumes vor meinem Fenster, sobald sich der Wind darin verirrt oder ein Vogel. Die Früchte sind bereits rot und die Zweige mit dunkelgrünem Laub geschmückt. Eine besonders übermütige Möwe versucht zu landen. Wild schlägt sie mit kräftigen Flügeln und das Laub fliegt nur so umher. Immer wieder steuert sie mit den Füßen auf einen Ast zu. Sie will nicht wahrhaben, dass sie nicht in der Lage ist, sich daran festzuhalten. Ich weiß, sie wird es weiter versuchen, solange, bis sich ihre Krallen um den Zweig krümmen, sie darauf sitzen und von den Kirschen essen kann.

Die Suppe koche ich jeden Tag. Es ist Kais Leibspeise. Wenn ich kein gutes Bauchfleisch bekomme, nehme ich Tofu. Ansonsten gehören unbedingt Sternanis und eine Zimtstange in die Brühe, Shiitakepilze und eine grüne Chilischote. Sonntags möchte Kai ein Ei dazu. Das lege ich am Abend zuvor in Sojasauce ein. Als wir neu in die Stadt zogen, habe ich fertige Nudeln verwendet. Kai war darüber enttäuscht, und so machte ich mir fortan die Mühe, sie wieder selbst zu rollen, wie vorher, als wir auf dem Land bei unseren Familien lebten und die Küchenarbeit aufgeteilt wurde. Kais Großmutter saß den lieben langen Tag an der offenen Tür zum Garten, pulte die Bohnen aus den Hülsen oder hobelte Ingwer in hauchdünne Scheiben.

Den Kopf über die Suppentasse gebeugt, blicke ich durch Haarsträhnen zu Kai hinüber. Er beeilt sich, als müsse er noch einmal fort. Zu einer Verabredung, zur Arbeit oder einfach weg von hier. Ich halte mitten in der Bewegung inne. Wie erstarrt bleibt mein Arm in der Luft, der Löffel vor dem geöffneten Mund, der Rücken fest und starr, als wäre ich mit der Sitzfläche verbunden. Mit einem Scheppern fällt der Löffel zuerst auf den Rand der Suppenschale, dann zu Boden. Meine Finger gleichen den gespreizten Flügelspitzen eines Vogels. Es war mir unmöglich, das Besteck noch eine Sekunde länger festzuhalten. Mit dunklen Rändern unter den Augen blickt Kai auf und ich versuche, etwas wie ein Erkennen auszumachen, irgendeine Regung, die mir bedeutet, dass ich zu ihm gehöre.
„Kai, verlass mich nicht“, und ich bin nicht einmal sicher, ob ich das denke oder wirklich sage. Er schaut erneut auf seinen Teller und isst bedächtig die Nudeln. Beim Aufstehen erreichen meine Füße den Boden nicht und ich muss einen kleinen Sprung wagen. Den Weg zur Spüle schlurfe ich über das Parkett; irgendetwas ist mit meinen Knien. Mit einem Tuch wische ich die Flüssigkeit vom Tisch, lese die Nudeln auf, bringe die Schale, den Löffel und das Tuch zurück zur Küchenablage. Ich gewöhne mich schnell an die neuen Finger. Eine Möwe landet auf dem Dach. Ich höre ihre Füße auf dem Metall schaben. Sie bleibt nicht stehen, läuft hin und her, hin und her, hin und her. Es braucht eine Weile, bis ich zurück am Tisch bin und wieder Platz nehme. Kai hat seine Mahlzeit beendet, nimmt die Tasse, schlürft den heißen Tee. Dabei beugt er den Rücken und ich denke an einen alten Mann.
„Wir könnten einen Spaziergang machen“, schlage ich vor.
Er trägt das Geschirr zur Spüle und beginnt es abzuwaschen. Zum Möwengeschrei, es klingt nun wie Gelächter, kommt das Rauschen des Wassers hinzu, das Klappern des Porzellans am Keramikbecken. Geräuschlos stehe ich auf und stelle mich an Kais Seite, nehme das Handtuch vom Haken und trockne die Schalen. Bevor ich die nächste nasse Schale greife, berühre ich seinen Unterarm; er hat die Hemdsärmel hochgekrempelt. Die Haut ist glatt und fest, gebräunt und wenig behaart. Wie in Zeitlupe streiche ich sacht vom Handgelenk zum Ellenbogen. Die feinen Muskeln und Sehnen haben sich durch das jahrelange Üben am Cello ausgebildet. Dann küsse ich ohne Mühe seinen Hals an der Stelle über dem Hemdkragen. Wir sind gleich groß. Es gab eine Zeit, damals in der Schule, da war ich größer als Kai. Zu dieser Zeit küssten wir uns nicht.
Als die Tür ins Schloss fällt, trockne ich gerade die letzte Schale.

Ich erinnere mich nicht genau, wie viel Zeit vergangen ist, seit wir hierher gezogen sind. Es erschien vernünftig, dass wir gemeinsam unser Dorf verließen, damit Kai im Großen Konzerthaus spielen konnte und nicht länger zu verschiedenen Veranstaltungen oder auf Tourneen. Er müsste nicht viel reisen, wenn er fest angestellt wäre, sagte er. Ich würde überall eine Anstellung finden. Oder zu Hause arbeiten. Viel Zeit nimmt die Übersetzungsarbeit nicht in Anspruch, und ich bin immer schnell fertig. Vielleicht bekommen wir ja doch noch ein Kind, um das ich mich kümmern könnte. Den Rest des Tages halte ich die zwei Zimmer sauber, die wir bezogen haben, erledige Einkäufe und bummle durch die Stadt, gehe zum Strand oder nur im Park spazieren. Heute setze ich mich mit einem Buch auf die Bank, auf der bereits eine alte Frau sitzt. Es gehen eine Menge Frauen umher. So stelle ich mir Witwen vor. Wie von etwas beraubt schleichen sie mit hängenden Köpfen über den staubigen Weg und wissen nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen, als sie verstreichen zu lassen. Ich empfinde Mitleid, deswegen bin ich besonders freundlich zu ihnen.
„Sie lesen ein interessantes Buch“, bemerkt sie auch gleich und beugt den Kopf hinunter, um den Umschlag besser sehen zu können. Ich halte ihn vor ihr Gesicht, damit sie sich nicht mühen muss.
„Ja. Stimmt. Kennen Sie es?“
„Nein, ich habe nie davon gehört. Ist das von einem Ausländer?“
"Er ist schon lange tot.“
„Ich lese nicht viel. Die meisten Geschichten sind verrückt. Ich verstehe sie nicht. Wovon handelt denn diese?“
„Von einem Mann, der nicht bleibt, wer er ist, der sich verwandelt und am Ende erkennt man ihn gar nicht wieder, so scheußlich sieht er aus.“
„Ach, nein. Wie fürchterlich!“, ruft sie, dreht sich von mir weg und zieht eine Grimasse. „Sehen Sie. Das meine ich. Da können Dinge passieren, die mich in Angst und Schrecken versetzen.“ Sie schüttelt sich.
„Aber auch im wahren Leben passieren solche Dinge, oder etwa nicht?.“
„Na, nun muss ich aber los“, beeilt sie sich zu sagen und steht mühsam auf. „Mein Mann wartet sicher schon ungeduldig. Er möchte sein Abendessen pünktlich auf dem Tisch haben. Schönen Abend noch und gute Besserung“, sagt sie freundlich und deutet mit einem Kopfnicken auf meine Beine. Ich stecke mir kleine Hörer in die Ohren und lausche Kais Cellospiel, halte das Buch in meinen Händen auf dem Schoß. Meine Lieblingsstücke hat der Enkel meiner Nachbarin Mina auf einen kleinen Apparat überspielt. Wenn ich Bach lausche, verkleinert sich an manchen Tagen mein Gesichtsfeld für eine Weile, und ich sehe den Weg vor mir wie durch ein winziges Fernrohr. Es ist ganz einfach, damit die Richtung zu halten. Als ich mich von der Bank erhebe und auf den Weg nach Hause mache, kann ich nur winzige Schritte gehen, als wären meine Fußgelenke miteinander verbunden. Kleine Trippelschritte, und ich benötige eine Ewigkeit, bis ich vor meiner Haustür stehe.

„Wo bist du denn nur so lange gewesen. Wir sind doch verabredet“, mault mich die Nachbarin an. „Du weißt doch, dass ich keinen Fernseher habe und heute ist …?“
„Mittwoch.“
„Richtig. Freitag. Und das Finale!“ Ich sehe sehr wohl, dass sie die Augen verdreht, diese verrückte Alte. Ich habe keine Ahnung, wovon sie redet, aber sie liebt es, bei mir fernzusehen. Und solange Kai nicht zurück ist, kann ich ihre Gesellschaft durchaus genießen.
„Warum du immer auf diesem unbequemen alten Stuhl sitzen musst. Komm doch rüber zu mir aufs Sofa“, quengelt sie und richtet sich mit ihrem Kräutertee ein, den sie in einer Thermoskanne mitgebracht hat, bevor sie den Fernseher einschaltet. Ich antworte nicht und sehe zum Fenster hinaus in den Himmel, auf die letzte Häuserreihe, hinauf zu den Möwen. Mich interessiert das Finale nicht.Der Schnabel hindert mich daran, an meiner Teetasse zu nippen. Ich habe gar nicht mitbekommen, wann er mir gewachsen ist. Es dauert eine Weile, bis es mir gelingt, damit den Tee zu trinken. Doch schließlich geht es recht leicht. Als ich Appetit bekomme, ich war ja lange im Park unterwegs, watschle ich an die Küchenzeile.
„Möchtest du auch ein paar Körner“, frage ich meine Nachbarin.
„Körner?“
„Ich habe nichts anderes. Nur ein paar Körner.“
„Nein, danke. Also deine Essgewohnheiten lassen immer mehr zu wünschen übrig“, nörgelt sie. Man kann es ihr einfach nicht recht machen.
„Wie lange wird denn dieses Finale dauern?“, frage ich und nehme wieder am Fenster platz. Nicht weil ich ungeduldig bin, sondern weil ich möchte, dass sie nicht mehr hier ist, wenn Kai nach Hause kommt. Die Alte zischt und winkt mit einer abfälligen Handbewegung. Ich rutsche auf meinem Stuhl herum und beschließe, mich hinzustellen, weil mir das Sitzen mit der Zeit doch recht unangenehm ist. Etwas drückt im Rücken und als ich über meine Schulter sehe und einen Blick zwischen die Schulterblätter wage, entdecke ich zwei prächtig-weiße Flügel. Ich bin erleichtert, dass es einen guten Grund für mein Unbehagen gibt. Aus purer Freude flattere ich ein bisschen mit ihnen herum.
„Meine Güte, mach doch bloß mal das Fenster zu. Wenn du die Biester weiterhin fütterst, werden sie eines Tages noch hereinspazieren und selbst die Schranktür öffnen, um sich zu bedienen. Sieh! Da sitzt schon wieder eins auf dem Fensterbrett.“ Ksch – Ksch – Ksch, macht die Alte unwirsch und fuchtelt mit ihren dürren Ärmchen herum, wobei ihre Augen keine Sekunde vom Bildschirm ablassen und die Asche ihrer Zigarette auf den Boden fällt. Dass ich mich über ihr Verhalten ärgere, sage ich nicht, wohl aber bitte ich sie zu gehen, weil ich vermute, jeden Moment käme Kai zur Tür herein. Der würde es gar nicht gutheißen, wenn jemand in seiner Wohnung rauchte. Kaum habe ich den Satz beendet, schaut die Alte mich entgeistert an. Mit aufgerissenen Augen und ausgestreckten Armen kommt sie langsam auf mich zu – wie ein Gespenst – und ich gehe rückwärts, wobei meine Krallen auf dem Holzboden kratzige Geräusche machen. In ihrem faltigen Gesicht bemerke ich einen Ausdruck von Mitleid und Fassungslosigkeit.
„Bleib stehen!“, fordere ich sie auf. „Komm nicht näher, du … dumme, alte Frau.“ Ich stoße dabei mit dem Flügel einen Schachtel von der Konsole und Briefe fallen wie trockenes Laub auf den Boden. Es ist zartes und transparentes Papier aus Übersee. Hellblau und ohne Kuvert.
„Wie kommst du denn um Himmelswillen drauf, dass Kai zur Tür reinkommt?“
Die Alte nimmt einen Brief nach dem anderen auf, wirft einen flüchtigen Blick darauf und lässt mich nicht aus den Augen.
„Bitte, lass sie liegen“, rufe ich und meine Stimme klingt laut und schrill. Wie eine Warnung.
Die Alte bleibt regungslos stehen. Ich reiße meinen Schnabel weit auf, weil ich ihr sagen möchte, dass sie endlich gehen soll, aber es kommt nur Geschrei heraus. Es fällt mir schwer, die Balance zu finden, denn ich bin nicht an das Flügelschlagen gewöhnt. Ich drohe vornüberzufallen und als ich mich überhaupt nicht mehr aufrechthalten kann, macht die Alte einen Satz auf mich zu und wir fallen uns in die Arme und gemeinsam zu Boden. Sie umklammert mich und drückt meine Flügel nieder, dabei sagt sie immer dasselbe. Es hört sich an wie: „Es ist alles gut, mein altes Mädchen, alles gut. Ich bin ja da. Sch – sch – sch.“ Sie wiegt mich in ihren Armen und ich weine wie ein kleines Kind und weine und weine und kann nicht aufhören.

Bach erfüllt den Raum, kaum hörbar, mehr wie ein musikalisches Lüftchen. Ich erkenne Kais Cellospiel im Schlaf. Die Fenster sind geschlossen. Im Zwielicht kann ich nicht ausmachen, ob es Tag oder Nacht wird. Mina sitzt an meiner Seite, das Kinn neigt sich zur Brust und ihre Hände liegen auf dem Schoß. Sie atmet gleichmäßig.
„Da bist du ja wieder“, ruft sie unvermittelt, als wäre ich auf einer langen Reise gewesen und sie freue sich, mich endlich wiederzusehen.
„Wenn du nicht langsam mal zu dir gekommen wärst, hätte ich den Alten gerufen. Da kannst du aber drauf wetten“, sagt sie und klingt sehr vergnügt, „und ehrlich gesagt, hab ich ihn bereits angerufen. Er wollte auch sofort kommen, aber als ich ihm von den Möwen erzählte, die hier bei dir geradezu wie Freunde ein- und ausgehen und mächtig herumkrakeelen, da meinte er, es wäre noch viel Zeit. Ich soll dich in Ruhe lassen und du sollst die Vergangenheit ausatmen, die Gegenwart ein und dann … na, noch irgendwas von Zukunft. Du weißt ja, wie der immer so redet. Ich bin jedenfalls froh, dass es mit dir noch nicht zu Ende gegangen ist.“
„Hab ich denn geschlafen?“ Meine Stimme ist so leise, dass ich mich selbst kaum hören kann.
Sie reicht mir ein Glas Tee, das ich gierig austrinke.
„Hat der Alte für dich angemischt – meinen Enkel hab ich dafür hin- und hergescheucht. Das Finale war am Freitag und ich weiß nicht mal … Aber Schlaf würde ich das nicht nennen. Ich habe dich sogar einmal suchen müssen.“ Sie schaut zum Fenster.
„Sitzt du seitdem hier?“ Ich richte mich auf und strecke erst den Rücken, dann vorsichtig die Arme und schließlich winkle ich die Beine an. Mina richtet ein Kissen und drückt mich hinein, setzt sich auf die Bettkante. Wir sehen uns eine Zeitlang nur an, so als sähen wir uns zum ersten Mal.
„Ich wusste ja nicht, wie einsam du bist“, und während sie flüstert, nimmt sie meine Hände in ihre. Vier Hände, die nun ineinander liegen; schwer zu sagen, welche Hand zu wem gehört. Sie sind allesamt knochig und die Haut dünn und übersät von Flecken. Mina rinnen Tränen übers Gesicht, die sie mit einem unserer Handrücken trocknet, weil sie mich nicht loslässt. Darüber muss ich lachen und sie blickt erschrocken zu mir auf.
„Du wirst mir doch wohl nicht verrückt werden?“, poltert sie mit geweiteten Augen. Eine Möwe fliegt lautlos am Fenster vorbei und ich zupfe mir ein paar Federn von den Fingern.

 

Liebe @Kanji
eine sehr berührende Geschichte. Gefällt mir sehr gut. Die Verwandlung in die Möwe ist ein schönes Bild. Nur ein paar Dinge irritieren mich. Die Geschichte wirkt auf mich sehr norddeutsch mit Kai, dem Meer und den Möwen. Warum dann eine exotische Suppe, eine Großmutter, die Ingwer hobelt und ein Schamane?
Grüße von Snowmaid

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Kanji,
ab hier:

Den Kopf über die Suppentasse gebeugt, blicke ich durch Haarsträhnen zu Kai hinüber. Er beeilt sich, als müsse er noch einmal fort.
hattest du mich.
Ich fand das schön, eine sanfte, ruhige Geschichte über die Einsamkeit einer Frau, die skurrilen Fantasien, die diese Einsamkeit gebiert, mit einem versöhnlichen Ende. Ab hier nimmt die Geschichte Fahrt auf, übernimmt damit auch das Ruder. Danach habe ich eigentlich nicht mehr groß auf stilistische Besonderheiten geguckt, weder analytisch gelesen noch den Mäkelmodus eingestellt. Also kann gut sein, mir ist was entgangen, aber das wäre mir in dem fall auch wurscht. Bin die einfach gern gefolgt.
Ich habe nur eine Anregung:
Du könntest dir überlegen, den Anfangsabschnitt zu überarbeiten. Den fand ich stilistisch noch so, als hättest du dich eingeschrieben. Dass du den ruhigen, besinnlichen Abschnitt brauchst, ist ja klar. Es ist eher was Stilistisches.
Ich nehme mal den zweiten Abschnitt zum Vergleich, der auch ruhig geschrieben ist. Den finde ich toll. Sehr stimmungsvoll, sehr atmosphärisch. Der liest sich angenehm und ruhig, passt zu der einsamen Welt, den vielen Beobachtungen der Frau. Was hast du stilistisch gemacht? Jeder Satz ist im Prinzip ein bisschen anders gebaut. Reine Hauptsätze wechseln mit Satzgefügen. Die Anfänge wechseln. Mal mit einem Subjekt, mal mit adverbialen Bestimmungen. Das zieht nach vorne. Und wenn zwei Sätze mit Subjekt beginnen, dann sind es nicht immer dieselben Substantive oder Pronomen, sondern auch da wechselst du.
Hin und wieder rauscht das Laub des Kirschbaumes vor meinem Fenster, sobald sich der Wind darin verirrt oder ein Vogel. Die Früchte sind bereits rot und die Zweige mit dunkelgrünem Laub geschmückt. Eine besonders übermütige Möwe versucht darin zu landen. Wild schlägt sie mit kräftigen Flügeln, dass das Laub nur so umherfliegt. Immer wieder steuert sie mit den Füßen auf einen Ast zu. Sie will nicht wahrhaben, dass sie nicht geeignet ist, an etwas festzuhalten. Ich weiß, sie wird es weiter versuchen, solange, bis sich ihre Füße um einen Zweig krallen, sie darauf sitzen und von den Kirschen essen kann.

Und jetzt der erste Abschnitt:
Wir essen die Nudeln immer zuerst aus der Suppe und außer unserem Schlürfen höre ich nur Möwengeschrei. Schrille und laute Töne. Ich sehe die Vögel waghalsige Manöver fliegen. Sie rufen sich Warnsignale zu, als segelten sie über stürmische See. Dann denke ich, sie wollen nach mir greifen, mich fortbringen, wenn sie so ungestüm auf das geöffnete Fenster zusteuern. Doch kurz vorher machen sie eine akrobatische Kehrtwende und gleiten über die Häuser hinweg. Von meinem Stuhl aus blicke ich über die Dächer der Stadt und der wolkenlose Himmel scheint so viel näher zu sein, als der staubige Boden. Ständen am Ende meiner Sicht keine Hochhäuser, könnten wir auf das Meer sehen; so bleibt uns nur die Gewissheit, dass es sich hinter der letzten Reihe befindet. Und wenn man darüber fliegen würde und immer weiter und weiter, käme man irgendwann auf einen anderen Kontinent.
Wir essen - ich sehe - sie rufen - dann denke ich: Immer derselbe Beginn. Personalpronomen + Verb.
Ich sehe die Vögel ... Ich würde auch nicht so häufig die Wahrnehmung der Person einbauen, ich sehe, ich denke, sondern das Wahrgenommene selbst. Also die Flugmanöver der Vögel beschreiben.
machen sie eine akrobatische Kehrtwende: da würde ich eher auf was Verbmäßiges zurückgreifen.

Naja, mal so viel als Anregung meinerseits.

Schöne Geschichte.

PS: Kleiner Nachtrag, jetzt, wo ich Snowmaids Komm lese, der Schamane hat mich auch etwas irritiert. Ich dachte zuerst, die Nachbarin macht einen Witz und meint den Arzt. Also ich fand das wie gesagt irritierend, aber auch nicht wirklich schlimm. Für mich wär ein stinknormaler Doktor genug gewesen. ich hab dann überlegt, ob du den Schamanen eingebaut hast, um ihre Weltsicht zu dokumentieren. Sozusagen, wer dem Esoterischen zugeneigt ist, der verwandelt sich auch schon mal leichter in Gedanken in eine Möwe als andre Leut. Und als Möglichkeit, die Botschaft mit der Kriegerin unterzubringen. Aber ich finde, du bräuchtest das nicht unbedingt. Das alles könnte man auch bisserl weniger formell unterbringen.

 

Hej @Snowmaid,

vielen Dank, dass du sie so fix gelesen und kommentiert hast. Lazy Sunday Morning. ;)

Die Geschichte wirkt auf mich sehr norddeutsch mit Kai, dem Meer und den Möwen. Warum dann eine exotische Suppe, eine Großmutter, die Ingwer hobelt und ein Schamane?

Naaa, dann spielt sie wohl doch eher nicht in Norddeutschland. :shy: Die genaue Zuordnung nach Japan mit dazugehörigen Namen gefällt mir nie so für europäische Ohren, deswegen die Namen (durchaus japanisch). Ich kriege allerdings diese ... Melancholie besser aufs Papier, wenn ich mich gedanklich dorthin begebe, diese Charaktere, die sich entwickeln empfinden niemals so bei deutschen Charakteren - keine Ahnung wieso. Spleen wohl. :hmm:

Ich wünsche dir einen Schönen Sonntag, Kanji

Liebe @Novak,

es tut immer gut, wenn du einen Blick auf meine Geschichte wirfst und mich davon wissen lässt.

Danach habe ich eigentlich nicht mehr groß auf stilistische Besonderheiten geguckt, weder analytisch gelesen noch den Mäkelmodus eingestellt. Also kann gut sein, mir ist was entgangen, aber das wäre mir in dem fall auch wurscht. Bin die einfach gern gefolgt.

So lese ich Geschichten auch am liebsten. ;)

Du könntest dir überlegen, den Anfangsabschnitt zu überarbeiten. Den fand ich stilistisch noch so, als hättest du dich eingeschrieben.

Das kann echt so sein. :hmm: Wie beim Einsingen quasi. Okay. Danke für den genauen Fingerzeig. Vielleicht mit noch mehr Abstand kann ich es selbst gut erkennen und mir einen passenderen sound zulegen :kuss: für die Beispiele!

Du hast mich sehr beruhigt und so ist es nur fair, wenn ich dir einen besonders schönen Sonntag wünsche. Lieber Gruß, Kanji

 

Liebe Kanji,

eine wirklich schöne Geschichte. Hat mir gefallen. Die Sehnsucht, die Einsamkeit - ach je, die immer gleiche Suppe, die sie Tag für Tag auslöffelt, die Zimmer reinigt, ein bisschen übersetzt, was keine Herausforderung darstellt, dass sie Mitleid mit den Witwen hat, obwohl von ihr doch auch schon lange einen Teil "gestorben" ist, der Wunsch nach einem Kind - das sie aus ihrer Einsamkeit herausholt, das eine Aufgabe wäre - für mich erscheint dieser Wunsch eher Mittel zum Zweck, als Herzenssache. Und dann der Schamane, der sagt, lass erst die Kriegerin wach werden, dann kommt schon alles von selbst in Ordnung. Der (also das Ende) ist für mich aber auch ein Kritikpunkt, es passt für mich nicht, dass den die Nachbarin ruft. Ich glaub, sie sollte selbst zu ihm "fliegen" und sich von ihm "heilen" lassen. Dass am Ende jedoch die Nachbarin an ihrem Bett sitzt und nicht Kai, finde ich sehr gut. Also sehr traurig, aber für die Geschichte ist es konsequent. Ich würde sie aber auch gern noch ein wenig als Möwe herumfliegen sehen, so aus dem Fenster, und dann fällt ihr ein, Kai wartet auf seine Suppe und sie weiß, sie muss jetzt wieder Mensch werden, befragt den Schamanen, der sagt, was er zu sagen hat, und dann kommt sie irgendwann wieder zu sich und Mina guckt irgendwas anderes, was halt am Sonntag läuft, sie kam und ging, ohne irgendwas mitzubekommen, und während deine Prot. zu Beginn noch genervt von ihr war, merkt sie nun, dass eigentlich Mina sie davor bewahrt, in der totalen Einsamkeit zu versinken. Aber am Ende ist auch Mina nicht die Lösung für sie, und so wie das Ende jetzt ist, wäre es sie aus der Logik heraus, das halte ich für falsch.

Eine schöne Abwandlung von Kafkas Verwandlung. Ich wäre auch lieber eine Möwe als Ungeziefer ;). Novak hat ihren Finger auch gut auf Stilwunde gelegt, kann ich nur bestätigen und unterstreichen. Und dann fehlt noch irgendwo ein Komma und zwei Leerzeichen, aber ich wollt nur eben meinen Eindruck dalassen und das Ende bekritteln. Ah ja, und der Anfang könnte auch etwas komprimierter daherkommen, so aus meinem Empfinden heraus.
Aber sonst - sehr, sehr schön. Die Idee gefällt mir echt gut, auch die Szenenauswahl um sie ins Bild zu setzen.

Liebe Grüße, Fliege

 

Ja, den Traum vom Fliegen hat wohl jeder schon einmal, wobei Vögel sicherlich nicht freier sind als wir (vgl. "Ikarus" hierorts), Vogelfreiheit gar seit uralter Zeit eine gefährliche Sache ist, die in der Rechtsfreiheit gründet. Aber, aber,

liebe Kanji,

Du weißt doch, „Die Zeit geht nicht, sie stehet still, / Wir ziehen durch sie hin ...“ heißt es schon bei Gottfried Keller – und plötzlich die Szene

Ich halte mitten in der Bewegung inne. Wie erstarrt bleibt der Arm in der Luft, die Gabel vor meinem geöffneten Mund, der Rücken fest und starr, als wäre ich mit der Sitzfläche verbunden. Mit einem Scheppern fällt die Gabel zuerst auf die Suppenschale, dann zu Boden. Meine Finger gleichen den gespreizten Flügelspitzen eines Vogels. Es war mir damit unmöglich, das Besteck noch eine Sekunde länger festzuhalten,
wo ich direkt „Elektrolytemangel!“, diagnostizier (aber bei Ferndiagnosen – ob durch Dr. Guugel oder mich, Jacke wie Hose) sollte man vorsichtig sein – aber es ist eine Verwandlung mit anderem Ergebnis als gewohnt. und hier
Ständen am Ende meiner Sicht keine Hochhäuser, könnten wir auf das Meer sehen; ….
kann und wird ein alternatives „stünde“ statt des "stände" (das ja nicht falsch ist) noch ein einfaches Spiel mit der Zeit herauskitzeln, andeuten.

Triviales

Eine besonders übermütige Möwe versucht[,] darin zu landen.

Als die Tür ins Schlo[ss] fällt, …

Es schien vernünftig, dass …
Besser „schien … zu sein“ oder einfach „erschien“

Ich drohe nach vorn überzufallen und als …
„vornüberfallen“ ein Wort, das „nach“ ist eher entbehrlich ...

Gern gelesen vom

Friedel,
der noch einen schönen halben Sonntag wünscht

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej @Fliege,

weil ich Anfang der Woche erst mal für ein paar Tage kurz ne Fliege mache ;), bin ich fix mit den Antworten dabei, wundere dich nicht.

ach je, die immer gleiche Suppe, die sie Tag für Tag auslöffelt,

Schön, du hast es bemerkt . Und die hat sie sich nicht mal selbst eingebrockt. :hmm:

Der (also das Ende) ist für mich aber auch ein Kritikpunkt, es passt für mich nicht, dass den die Nachbarin ruft.

Verstehe. Es ist aber nun mal so, dass manche (dort, vor allem auf Inseln - vor allem Alte) den Schamamen rufen, wir die Christen den ... Pastor? :hmm: Ich wollte es an dieser Stelle nich so derbe spirituell. Hmh. Die Geschichte bekäme dann so einen ganz anderen Klang. Ich wollte sie wieder zurückholen, erden ...

Ich würde sie aber auch gern noch ein wenig als Möwe herumfliegen sehen, so aus dem Fenster, und dann fällt ihr ein, Kai wartet auf seine Suppe und sie weiß, sie muss jetzt wieder Mensch werden, befragt den Schamanen, der sagt, was er zu sagen hat, und dann kommt sie irgendwann wieder zu sich und Mina guckt irgendwas anderes, was halt am Sonntag läuft, sie kam und ging, ohne irgendwas mitzubekommen, und während deine Prot. zu Beginn noch genervt von ihr war, merkt sie nun, dass eigentlich Mina sie davor bewahrt, in der totalen Einsamkeit zu versinken.

Darüber freue ich mich sehr. ;) Du hast Bilder im Kopf und siehst sie und erkennst es. :kuss:

Aber am Ende ist auch Mina nicht die Lösung für sie, und so wie das Ende jetzt ist, wäre es sie aus der Logik heraus, das halte ich für falsch.

Das sehe ich auch so. Ab jetzt, wenn Mina wieder wichtige Dinge, wie rauchen und fernsehen und ihren Enkel begöschern, zu tun hat, muss sie besser zurechtkommen, darf nicht verharren. Das muss sie alleine schaffen. Aus eigener Kraft. Drücken wir ihr die Daumen.

Ich wäre auch lieber eine Möwe als Ungeziefer ;)

..., sagte die Fliege. :lol:

Novak hat ihren Finger auch gut auf Stilwunde gelegt, kann ich nur bestätigen und unterstreichen.

Und das ist wunderbar und ich hoffe, ich kriegs besser hin.

Und dann fehlt noch irgendwo ein Komma und zwei Leerzeichen,

Nach den Leerzeichen mach ich mich auf die Suche, die Kommas weichen mir aus und treiben ihr Spiel. Das wird nix.

Ah ja, und der Anfang könnte auch etwas komprimierter daherkommen, so aus meinem Empfinden heraus.

Menno. Nur ein bisschen ... labern. Sie ist doch schon so kurz :cry:

Hab herzlichen Dank für deinen Kommentar, Hinweise und Hilfe und auch dir einen schönen Sonntag, Kanji


Und auch für dich, lieber @Friedrichard einen freundlichen Dank fürs Lesen und die guten Worte.

Du weißt doch, „Die Zeit geht nicht, sie stehet still, / Wir ziehen durch sie hin ...“ heißt es schon bei Gottfried Keller – und plötzlich die Szene ließ sich grad nicht ordnungsgemäß zitieren (ich schwör, an mir lags nech)

Nein, mein Lieber, das habe ich durchaus nicht vergessen und ich übertreibe nicht, wenn ich dir sage, dass ich es seit unserer letzten Korrespondenz immer wieder lese.

wo ich direkt „Elektrolytemangel!“, diagnostizier (aber bei Ferndiagnosen – ob durch Dr. Guugel oder mich, Jacke wie Hose) sollte man vorsichtig sein – aber es ist eine Verwandlung mit anderem Ergebnis als gewohnt. und hier

oh, du Friedel, so kann auch nur ein selbsternannter Kühlschrank reden. :lol:

kann und wird ein alternatives „stünde“ statt des "stände" (das ja nicht falsch ist) noch ein einfaches Spiel mit der Zeit herauskitzeln, andeuten.

Ach, das wusste ich nicht, war mir dessen nicht bewusst. Hab die Buchstaben nur immer so hin- und hergetauscht und gelauscht. Ich ändere das dann mal, weil Spiel mit Zeit herauszukitzeln passt ja wie die berühmte Faust. :anstoss:

Die nachfolgenden Auffälligkeiten werde ich umgehend beseitigen. :kuss:

Gern gelesen vom

Friedel,
der noch einen schönen halben Sonntag wünscht

Danke fürs Siegel und dir auch noch n schönen Tach, Kanji

 

Liebe Kanji,

eine sehr schöne Geschichte: Idee und Ausführung berühren mich und bringen mir deine Protagonistin sehr nahe.
Zu den Einzelheiten, die ich mir beim Lesen notiert habe, vielleicht später, wenn ich ein bisschen mehr Zeit habe.

Nur eines: Ich würde vielleicht den „Schamanen“ und die „Kriegerin" rausnehmen. Beide Begriffe haben mich ziemlich rausgeworfen, weil ich sie nicht mit dem bis dahin Gelesenen verknüpfen konnte. Irgendwie emfpand ich sie wie unnötige Accessoires oder einen Hinweis auf einen Nebenschauplatz, den deine Geschichte mMn gar nicht brauchte. Das Möwenmotiv reicht ihr (mMn) völlig.


Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo Kanji,

ist das wirklich dein Ziel, jeden Monat eine? :eek:

Ich habe dir einfach mal alles mitgegeben, was mir so durch den Kopf ging beim Lesen:

Wir essen die Nudeln immer zuerst aus der Suppe und außer unserem Schlürfen höre ich nur Möwengeschrei
das finde ich einen sehr ungelenken ersten Satz
Was willst du ausdrücken? Dass sie zuerst die Nudeln essen und dann den Rest, der in der Suppe schwimmt, oder? Dann würde ich mit dem zuerst anfangen
aus und außer so dicht bleibt trotzdem unschön - bis auf?

Mit einem Scheppern fällt die Gabel zuerst auf die Suppenschale
auf die Suppenschale, das geht natürlich, aber es klingt trotzdem seltsam, weil ja normalerweise dinge in eine Schüssel fallen. Dann würde ich noch um den Rand ergänzen
festzuhalten.Mit dunklen Rändern
Leerzeichen fehlt
Er schaut erneut in seine Schale und isst bedächtig die Nudeln daraus.
unschön formuliert
isst die nudeln daraus ... mäh
Nur mit Mühe stehe ich vom Stuhl auf, meine Füße erreichen den Boden nicht; ich muss einen kleinen Sprung wagen.
aufstehen, obwohl die Füße nicht den Boden berühren? Da stimmt die Reihenfolge nicht
Mit einem Tuch wische ich die Flüssigkeit vom Tisch, lese die Nudeln auf, bringe die Schale, die Gabel und das Tuch zurück zur Küchenablage.
das kommt für mich etwas übergangslos, weil sie vorher ja kaum mehr eine Gabel halten konnte
Entsetzt schreit eine Möwe auf und landet auf dem Dach
2x auf
Als die Tür ins Schloss fällt, trockne ich gerade die letzte Schale.
wunderbarer cut! Das tut richtig weh!
„.Er ist schon lange tot.“
Punkt muss raus
„Ach, nein. Wie fürchterlich“,
Ist das nicht ein Ausruf?
Ich habe gar nicht mitbekommen, wann er mir gewachsen ist
das finde ich gut, wie sich diese Ebene jetzt einschleicht
Da kannst du aber drauf wetten“, sagt sie und klingt sehr vergnügt, „und ehrlich gesagt, hab ich ihn bereits angerufen.
warum der eingeschobene Begleitsatz? Der Erste Satz ist doch beendet? Streich das Und, mach mit Ehrlich weiter als erstes Wort,neuer Satz. Das irritiert den Lesefluss
kann.Sie reicht mir ein Glas
Leerzeichen
„Ich wusste ja nicht, wie einsam du bist“, und während sie flüstert, nimmt sie meine Hände in ihre. Vier Hände, die nun ineinander liegen; schwer zu sagen, welche zu wem gehören. Sie sind allesamt knochig und die Haut dünn und übersät von Flecken.
ein wundervolles Ende
Das entschädigt mich für die Längen, die ich dem Text anlaste. Also so ab der Mitte wurde ich etwas ungeduldig und musste mich zügeln, nicht in den Überfliegemodus zu geraten. Ist vielleicht eine Genresache, aber in meinen Augen könnte man hier ruhig noch ausdünnen.
Das Ende wie gesagt, das finde ich großartig. Hab eich kommen sehen, da der Kai ja nie etwas sagt, aber dass deine Prota am Ende schon eine alte Dame ist, das sitzt. Puh.
Einsamkeit, ich hör deine Flügel rauschen.

grüßlichst
weltenläufer

 

Liebe @barnhelm,

ich vermisse dich ein bisschen und freu mich, wenn du - vermutlich zum Ende des Sommers - wieder mehr Zeit hier verbringen wirst.

Ich würde vielleicht den „Schamanen“ und die „Kriegerin" rausnehmen. Beide Begriffe haben mich ziemlich rausgeworfen, weil ich sie nicht mit dem bis dahin Gelesenen verknüpfen konnte.

Hach, das häuft sich.
Und ich verstehe es sogar und ich konnte es mir voraussagen (ohne Schamanin zu sein). Ich will das gar nicht groß (v)erklären, du wirst dir sicher eh schon denken, dass ich eben schon eine Verknüpfung erkenne. Ich werde sie nur nicht ersatzlos streichen können, das heißt, ich muss mich neu reinpfriemeln und sie/die Möwe (als Krafttier) entkräften und diese ganze Situation neu auffüllen, weil ich ja kein Loch reißen will. Das wird nicht ... billig.:D
Weil du aber so unverblümt sagst, es würde als Möwe reichen ... könnte ich ja auch einfach mal ... vertrauen. Weisst was, ich probier’s. ;) Was soll schon passieren?

Ich muss nicht dazu sagen, dass ich mich glücklich schätzen würde, wenn du mir noch beizeiten deine Notizen offenbaren würdest, denk ich. :shy:
Aber auch so hab ich mich gefreut, deinen spontanen Eindruck zu bekommen.

eine sehr schöne Geschichte: Idee und Ausführung berühren mich und bringen mir deine Protagonistin sehr nahe.

... ist ja das schon die halbe Miete. ;)

Hab weiterhin einen schönen Sommer und lieber Gruß, Kanji


Hej @weltenläufer ,

es tut gut zu wissen, dass du sie gelesen hast und nun auch kommentierst.
Und all das für mich for free zu haben. Vielen Dank schon mal.

ist das wirklich dein Ziel, jeden Monat eine? :eek:

Joapp, musste sein - ich bin eine sehr undisziplinierte Person und ich muss üben, wie Kai am Cello und weil mir niemand sonst Druck macht ...

Ich habe dir einfach mal alles mitgegeben, was mir so durch den Kopf ging beim Lesen:

Supermethode. ;)

dann wolln wa mal:

das finde ich einen sehr ungelenken ersten Satz
Was willst du ausdrücken? Dass sie zuerst die Nudeln essen und dann den Rest, der in der Suppe schwimmt, oder? Dann würde ich mit dem zuerst anfangen
aus und außer so dicht bleibt trotzdem unschön - bis auf?

Schade. Denn mein Anliegen war bereits im ersten Satz klipp und klar zu sagen: für sie gibbet nur wir. Sie übernimmt sogar seine Essgewohnheiten. Ich knabbere noch n büschen dran, okay?
Und außer ersetze ich nach deinem Vorschlag.

auf die Suppenschale, das geht natürlich, aber es klingt trotzdem seltsam, weil ja normalerweise dinge in eine Schüssel fallen. Dann würde ich noch um den Rand ergänzen

Ob ich jemals so ein feines Auge bekommen werde ... du hast völlig recht und ich ergänze den Rand der Schale.

unschön formuliert
isst die nudeln daraus ... mäh

Nun gut. Das geht wirklich besser. Ich kümmere mich.

aufstehen, obwohl die Füße nicht den Boden berühren? Da stimmt die Reihenfolge nicht

Oh Mann, muss wohl viel genauer werden. Ich geh da ran.

das kommt für mich etwas übergangslos, weil sie vorher ja kaum mehr eine Gabel halten konnte

Da muss ich mir im Klaren sein, ob diese Verwandlung mitunter nur sporadisch anklingt und dann kurz wieder verschwindet ... könntest du auch machen :shy:;) - bis sie dann im Finale so eine Vogelfrau sein wird.

2x auf

oha. Ich überlege mir was.

wunderbarer cut! Das tut richtig weh!

Gut. Danke.

das finde ich gut, wie sich diese Ebene jetzt einschleicht

Fein. Mir wars auch lieber so als eine Verwandlung mit Feuer und Blitz.

warum der eingeschobene Begleitsatz? Der Erste Satz ist doch beendet? Streich das Und, mach mit Ehrlich weiter als erstes Wort,neuer Satz. Das irritiert den Lesefluss

Gut. Das geht.

Das entschädigt mich für die Längen, die ich dem Text anlaste. Also so ab der Mitte wurde ich etwas ungeduldig und musste mich zügeln, nicht in den Überfliegemodus zu geraten. Ist vielleicht eine Genresache, aber in meinen Augen könnte man hier ruhig noch ausdünnen.

Das kann ich natürlich nicht nachvollziehen :D, beinhaltet doch das Längenmaterial eine Erklärung für ihr Verhalten. Glück für mich, dass du dich zügeln konntest und durchgearbeitet hast.

Hab eich kommen sehen, da der Kai ja nie etwas sagt, aber dass deine Prota am Ende schon eine alte Dame ist, das sitzt. Puh.
Einsamkeit, ich hör deine Flügel rauschen.

Auch puh, weil ich schon dachte, es bemerkt niemand, dass sie eben nicht mehr ... im gebärfähigem Alter ist. :Pfeif:

Dein letzter Satz ist ein schöner Abschluss :kuss:

Nochmals lieben Dank für deinen Blick und Hilfe auf die Geschichte.

Lieber Gruß, Kanji

 

Auch puh, weil ich schon dachte, es bemerkt niemand, dass sie eben nicht mehr ... im gebärfähigem Alter ist.

Na ja, sie macht halt vorher auch nicht unbedingt den komplett bekloppten Eindruck, wenn sie sagt:

Vielleicht bekommen wir ja doch noch ein Kind, um das ich mich kümmern könnte.

Ich habe das schon auch mit den alten Händen gelesen, aber da dachte ich - okay, so sieht sie sich halt irgendwann, wenn sie nicht jetzt und sofort ...

 

@Fliege

Na ja, sie macht halt vorher auch nicht unbedingt den komplett bekloppten Eindruck, wenn sie sagt:

;) ne, aber so wie entrückt und eben in der Zeit wie erstarrt. Da geht sie hin und her durch die Zeit, das arme Ding.

Ich habe das schon auch mit den alten Händen gelesen, aber da dachte ich - okay, so sieht sie sich halt irgendwann, wenn sie nicht jetzt und sofort ...

Ah ja, so geht das also auch. Man hat’s ja nicht in der Hand so als Schreiber :D Ich habe ja gehofft, wenn der Leser Lust hat, lassen sich noch mehr Hinweise auf ihr Alter finden, aber bidde ... muss nicht, macht wie ihr denkt. :shy:

Auf jeden Fall: very cute von dir, noch mal nachschlagendes (im Sinne von Nachschlag, also Mahlzeit, lecker Essen :confused:) Feedback zu geben.

Lieber Gruß

 

Hey @Kanji,

ich freue mich jeden Monat darauf deine Geschichte zu lesen. :)

Am Anfang deiner Geschichte fiel mir das ein und andere auf, schreibe ich dir jetzt mal ...

Wild schlägt sie mit kräftigen Flügeln, dass das Laub nur so umherfliegt.
Ich finde den Satz nicht so schön.
Hier fände ich es besser wenn du mit ihren kräftigen Flügeln schreiben würdest, es klingt besser irgendwie und der Folgesatz mit dass das ist bissel unglücklich.

..., an etwas festhalten ...
Auch hier würde ich sich an etwas festhalten schreiben. Dachte erst hätte in dem Satz etwas übersehen, klingt unvollständig.

Ich weiß sie wird es weiter versuchen ...
Ja, ich auch, wer aufgibt hat verloren nicht wahr? :)

Ich mag eigentlich keine ausführlichen Beschreibungen, aber diese am Anfang deiner Geschichte ist sehr klar, nicht überladen, daher mochte ich es ganz gern.

Mit dunklen Rändern unter den Augen blickt Kai auf ...
Den Satz würde ich umstellen, dieses mit dunklen Rändern unter den Augen am Anfang des Satzes finde ich nicht schön.

Der Dialog mit der Dame im Park ...
Kam da nicht ganz mit wer wann spricht.

Der Einschub "Ich war ja lange im Park unterwegs" brauchst du gar nicht, klingt als müsstest du hier schnell etwas erklären, eigentlich gibt es aber nichts zu erklären.

Ab der Stelle mit der Verwandlung war ich dann ziemlich fasziniert, von dem was du schreibst und mir fiel nichts anderes mehr auf.

Nun, wie fand ich deine Geschichte?
Ist bissel schwer zu sagen, hat mich mitgerissen, aber ... verstanden habe ich sie nicht. Erst nachdem ich die Kommentare gelesen habe, wusste ich was da los war. Es ist aber auch so, diese Mischung von fantastischem in einer Realitätsgeschichte, ist bei mir so eine Sache. Wenn da ein Zauberer kommt und macht Hokuspokus du bist jetzt ein Vogel, dann verstehe ich das und es ist okay.
Ich finde keine Hinweise darauf, dass es nicht wirklich passiert, daher war ich ständig irritiert.
Bildete sie sich Kai ein und er war gar nicht mehr da?
Mir war auch nicht klar daß sie alt ist. Das tägliche Suppe essen und wie Kai sich ihr gegenüber verhält beim Essen, ist zwar seltsam, doch ich dachte er wäre vielleicht irgendwie krank, daher auch die Suppe.
Auch die Beschreibung beim Essen, was da mit ihr passiert, klang nach krank sein. Gerade die immer wiederkehrenden Schwierigkeiten beim Laufen und Bewegungsabläufen, ich nahm an die Frau hat MS.
Da haben mich die Körner dann voll rausgeschmissen.

Am Ende der Schamane, dachte es ist ein Scherz, als dann das mit Krieger und so kam, dachte ich ???

Trotz allem habe ich vor allem den Teil mit der Verwandlung fast hypnotisiert gelesen, weil das gut und mitreißend geschrieben war.

Liebe Grüße
Charly

 

Hi fleißige @Kanji,

Wir essen die Nudeln immer zuerst aus der Suppe und außer unserem Schlürfen höre ich nur Möwengeschrei.
Ich mag diesen ersten Satz, kann mir das richtig gut vorstellen.

Ja, und dann ... dann passiert ja gar nichts mehr. Dauert auf jeden Fall bis

Den Kopf über die Suppentasse gebeugt,
Das ist mir zu lang. Die Beschreibung der Möwen und des Essens ist so losgelöst, warum baust du das alles nicht in eine Handlung ein?

Stünden am Ende meiner Sicht keine Hochhäuser, könnten wir auf das Meer sehen
Das passt für mich nicht. Die Hochhäuser begrenzen ja ihre Sicht, sie beenden sie. Das Ende der Sicht ist also wegen der Hochhäuser da, und nicht die Hochhäuser zufälligerweise am Ende der Sicht.

bis sich ihre Füße um einen Zweig krallen, sie darauf sitzen und von den Kirschen essen kann.
Kirschen sind glaube ich nicht unbedingt die Leibspeise von Möwen ...

Wenn ich kein gutes Bauchfleisch bekomme, nehme ich Tofu. Ansonsten gehören unbedingt Sternanis und eine Zimtstange in die Brühe, Shiitakepilze und eine grüne Chilischote.
Das hört sich lecker an.

Kai war darüber sehr enttäuscht
Also den Kai kann ich nicht leiden.

Geräuschlos stehe ich auf und stelle mich an Kais Seite, nehme das Handtuch vom Haken und trockne die Schalen. Bevor ich das nächste nasse Geschirr greife, berühre ich seinen Unterarm
Diese Szene mit Kai ist gruselig. Es erinnert mich an the Sixth Sense. Kennst du den Film? Dort lebt ein Mann, der nicht bemerkt hat, dass er tot ist bei seiner Frau und wundert sich, dass sie ihn nicht mehr wahrnimmt, nicht mehr mit ihm redet und denkt die Ehe wäre hinüber. Hier ist es ähnlich, aber Kai ist tot und die Frau – hat sie einen Namen? – sieht ihn immer noch, kocht immer noch seine Suppe, oder?

So stelle ich mir Witwen vor. Wie von etwas beraubt schleichen sie mit hängenden Köpfen über den staubigen Weg und wissen nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen, als sie verstreichen zu lassen.
So wie sie. :(

„Sie lesen ein sehr interessantes Buch“, bemerkt sie
Die fremde Frau ist auch besonders freundlich. ;)

Schönen Abend noch und gute Besserung“, sagt sie freundlich und deutet mit einem Kopfnicken auf meine Beine.
Sehen die Beine so schlimm aus, dass man ihr eine krankheit ansieht? Oder geht sie so merkwürdig?

Du weißt doch, dass ich keinen Fernseher habe und heute ist …?“
„Mittwoch.“
„Richtig. Freitag.
Es ist erst schwierig zu erkennen, wer hier verwirrt ist. Beim zweiten lesen wird ziemlich deutlich, dass die Erzählerin verwirrt ist, vermutlich dement.

Ich habe keine Ahnung wovon sie redet
Komma nach Ahnung

Oh mann, erst jetzt verstehe ich so viel mehr. Deine Geschichten sind echt nichts für den Genuss nebenbei. Da muss man sich schon etwas Zeit nehmen.

nörgelt sie wieder. Man kann es ihr einfach nicht recht machen.
Die Nachbarin meint es nur gut, macht sich Sorgen. Und sie ist nur genervt.

Die Alte zischt
Sie selbst scheint ja selbst ne Alte zu sein. Aber alt sind ja immer nur die anderen. ;)

Ich bin erleichtert, dass es einen guten Grund für mein Unbehagen gibt.
Sich in eine Möwe zu verwandeln ist auch ein viel schönerer Grund als alt und duselig zu werden.

In ihrem faltigen Gesicht bemerke ich einen Ausdruck von Mitleid und Fassungslosigkeit.
Klar, die ist schockiert, dass die Frau denkt ihre Mann lebe noch.

Er wollte auch sofort kommen, aber als ich ihm von den Möwen erzählte, die hier bei dir geradezu wie Freunde ein- und ausgehen und mächtig herumkrakelen, da meinte er, es wäre noch viel Zeit. Sie würden erst die Kriegerin wecken und du würdest das Neue sehen und beginnen für dich zu sorgen.
Also den Abschnitt verstehe ich leider auch nicht, obwohl ich ihn jetzt mehrmals hintereinander gelesen habe.
Er will wegen der Möwen nicht kommen? Und was soll das Neue sein?

„Du wirst mir doch wohl nicht verrückt werden?“, poltert sie mit geweiteten Augen heraus. Eine Möwe fliegt lautlos am Fenster vorbei.
Werden ist gut ...

Wirklich toll wie du den Text aufgebaut hast, auch wenn ich es nicht direkt erkannt habe. Nur mit dem Anfang tue ich mich schwer, ich finde das ist schon eine Hürde um in den Text zu kommen, weil einfach so gut wie nichts passiert. Vielleicht findest du da noch einen Weg, das etwas umzumodelieren, wäre doch schade, wenn da jemand abspringt!

Ich kann die Erzählerin sehr gut verstehen, sich in eine Möwe zu verwandeln ist echt eine schöne Option – schade, dass sie am Ende doch in dieser menschlichen Realität festhängt.


Liebe Grüße,

Nichtgeburtstagskind

 

Hey @Kanji,
ja, da issie, die neue Geschichte! Und sie hat mir sehr gut gefallen, das schon mal vorweg.
Vom Thema her erinnert sie mich ein wenig an deine letzte Geschichte, nur diese hier finde ich sehr viel runder.
Erst beim zweiten Lesedurchgang sind mir die vielen kleinen Details aufgefallen, mit denen du das Lebensgefühl der Möwenfrau auf den Punkt gebracht hast. Der Text ist doppelbödig, und das gefällt mir sehr.
Deine Protagonistin scheint mir so gefangen in sich selbst, so fixiert auf diesen Kai, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes verschwindet. Gleichzeitig ist ihr Wunsch nach Freiheit so stark, dass sie sich einbildet, zur Möwe zu mutieren. In Wahrheit hat sie wohl einen Nervenzusammenbruch, der sich durch Lähmungserscheinungen ankündigt. Die Lähmung und Hemmung in ihr, das nicht ausbrechen können aus den festgefahrenen Strukturen, schlägt sich schleichend körperlich nieder, bis zur sprichwörtlichen Ruhe vor dem Sturm. Sie denkt, ihr wachsen Flügel, dann bricht sie endgültig zusammen.
Auch die Wahrnehmung ihrer Umgebung deutet ihr Innenleben geschickt an, wie z.B. hier:

Stünden am Ende meiner Sicht keine Hochhäuser, könnten wir auf das Meer sehen.

Oder hier:

Wenn ich Bach lausche, verkleinert sich mein Gesichtsfeld für eine Weile, und ich sehe den Weg vor mir wie durch ein winziges Fernrohr.

Das ist wirklich toll gemacht, finde ich. Diese eingeschränkte Zukunftsperspektive durch den überbordenden Kai, der etwas aus seinem Leben gemacht hat, etwas, in dem sie keinen Platz hat.

Seine Präsenz scheint sie zu erdrücken, einzuengen. Er ist irgendwie immer da, obwohl er kein einziges Wort sagt in der Geschichte.

wenn in seiner Wohnung geraucht würde

Nicht mal die Wohnung bezeichnet sie als etwas Gemeinsames, alles ist seins. Sein Leben, seine Wohnung, sein Wille möge geschehen. (Oh, jetzt komme ich schon mit dem Vater unser, da siehst du mal, was der Text mit mir macht.)
Normalerweise machen mich solche Frauen wie deine Prota irgendwann wütend und ich denke: Mönsch, nu mach doch endlich mal was. Hau doch mal mit der Faust auf den Tisch, Mädel! Aber hier kann ich ihre Gelähmtheit nachvollziehen, die wahrscheinlich schleichend kam. Sie kennen sich ja schon sehr lange, sind zusammen zur Schule gegangen, und eigentlich waren sie mal gleich groß, was für mich heißt, sie hätte die gleichen Chancen gehabt wie er. Und vielleicht war die Welt auf dem Land auch noch in Ordnung, immerhin war da die Familie da, sie hatte Hilfe beim Nudeln machen. Jetzt darf sie alles alleine machen, denn auch er - Kai - scheint aus seiner Routine nicht herauszukommen. Wie ein Roboter. Jeden Tag die gleiche Suppe, die selbstgemachten Nudeln zuerst.

Schön auch die Begegnung mit der alten Frau auf der Bank, die nicht wahr haben will, dass Leben Veränderung bedeutet, nicht mal in Büchern. Genauso wenig wie die Prota.
Anfangs dachte ich noch, wieso tut ihr die alte Frau leid, sie ist doch selbst so. Aber bei sich selbst will man sowas natürlich immer nicht sehen.
Ja, ich könnte hier noch ewig weiterschwadronieren, liebe Kanji, die Geschichte ist dir wirklich gelungen.
Das mit dem Vogel hab ich erst wirklich kapiert, als ihr der Schnabel gewachsen ist. Erst dachte ich, sie trinkt aus einer Schnabeltasse und dachte: Hä? Was soll das denn jetzt? Dann dachte ich, es passt, sie ist endgültig zum unselbstständigen Kleinkind geworden, und dann kam der Schnabel. Und endlich schimpft und schreit sie los wie ihr der Schnabel gewachsen ist.

Es hat mich total gefreut, dass Mina daraufhin ihre Freundin wird. Die hat sich ja auch unmöglich benommen anfangs, aber na ja, mit der Prota konnte man es ja machen.

Eine wirklich schöne Geschichte, liebe Kanji, in der ich immer mehr entdecke, je öfter ich sie lese.

Ich wünsche dir noch einen beflügelnden Restsonntag und grüße dich herzlich aus der Ferne.

Chai

 

Hej @Charly1406 ,

ich freue mich jeden Monat darauf deine Geschichte zu lesen. :)

oh Mann, ich hätte nicht so angeben sollen ...; lieb, dass du das sagst.

Hier fände ich es besser wenn du mit ihren kräftigen Flügeln schreiben würdest, es klingt besser irgendwie und der Folgesatz mit dass das ist bissel unglücklich.

Das hätte ich bis vor einiger Zeit auch noch geschrieben, aber mittlerweile ist mir deutlich (gemacht) geworden :susp:, dass, in diesem Fall, die Möwe ja nur mit ihren Flügeln schlagen kann und ich das nicht extra betonen muss. Sie wird sich keine ausleihen dafür. :D

Auch hier würde ich sich an etwas festhalten schreiben. Dachte erst hätte in dem Satz etwas übersehen, klingt unvollständig.

Da hab ich ne Weile dran gekaut. Weil die Möwe/Frau einen Prozess durchlaufen, wenn auch nicht den schnellsten, bemerkt sie anhand der Möwe, dass sie nichts und niemanden (fest)halten kann. Dieser Hinweis musste eingearbeitet werden. Dass es etwas ungelenk klingt, nehme ich erst mal in Kauf.

Ich weiß sie wird es weiter versuchen ...
Ja, ich auch, wer aufgibt hat verloren nicht wahr? :)

Süß von dir.

Ich mag eigentlich keine ausführlichen Beschreibungen, aber diese am Anfang deiner Geschichte ist sehr klar, nicht überladen, daher mochte ich es ganz gern.

Hier biste dann jetzt leider mal allein mit mir. Ich brauche diese Ausführung, diese Beobachtung der Möwe für ihre Verwandlung notwendig. Ich hatte die Wahl, ob sie eine Möwe oder der Stuhl wird. So lange einen Stuhl zu beobachten und den Leser vorzubereiten, wollte selbst ich keinem zumuten. :shy:

Mit dunklen Rändern unter den Augen blickt Kai auf ...
Den Satz würde ich umstellen, dieses mit dunklen Rändern unter den Augen am Anfang des Satzes finde ich nicht schön.

Wie doof, aber ich muss Kai etwas strange darstellen. Er Blickt das erste Mal auf und muss bissi gruselig aussehen, you know?

Der Dialog mit der Dame im Park ...
Kam da nicht ganz mit wer wann spricht.

Okay, ich guck mal drauf.

Der Einschub "Ich war ja lange im Park unterwegs" brauchst du gar nicht, klingt als müsstest du hier schnell etwas erklären, eigentlich gibt es aber nichts zu erklären

Das ist wohl wahr, aber ich fands irgendwie ganz süß - sie versucht sich ihren Appetit nur selbst zu erklären.

Ab der Stelle mit der Verwandlung war ich dann ziemlich fasziniert, von dem was du schreibst und mir fiel nichts anderes mehr auf.

Da hab ich dann ja Glück gehabt.

Deine Zusammenfassung macht mir dann gar kein so gutes Gefühl. Das macht ja aber nichts, dafür bist du nicht zuständig. Was soll ich sagen? :confused: Sorry. Es ist nicht so wie du denkst. :shy: Es ist seltsam und ein bisschen surreal, es hat wenig mit realen Krankheiten und Alterserscheinungen zu tun. Es ist ... wie es ist. Es ist misslungene Trauerarbeit, Verlust und ein Kampf mit der Zeit und na ja mim Leben eben. Aber du scheinst dich ja dennoch nicht so sehr gelangweilt zu haben und so lang issie ja auch nicht ,dass sie zu lesen viel Lebenszeit kostet.

Ich danke dir sehr für deine Leseeindrücke, auch wenn ich damit einräumen muss, missverstanden zu sein. Mit der Septembergeschichte versuche ich auf dem Boden zu bleiben.

Lieber Gruß, Kanji

Hej @Nichtgeburtstagskind ,

ick freu mir wie verrückt, dass du immer wieder reinguckst, obwohl hier ja im Gegensatz zu deinen Geschichten, nix passiert. :kuss:

Ich mag diesen ersten Satz, kann mir das richtig gut vorstellen.

Schöner erster Satz von dir. (muss mit den emojis haushalten - der würde zwinkern)

Das ist mir zu lang. Die Beschreibung der Möwen und des Essens ist so losgelöst, warum baust du das alles nicht in eine Handlung ein?

So, zu lang also. Also ih brauche, bilde ich mir ein, die bildliche Einführung, damit es glaubwürdig ist und naheliegend, dass sie sich in eine Vogelfrau verwandelt. Ich wollte sie ursprünglich in einen Stuhl verarbeiten, aber das hätten noch weniger lesen wollen. Sie bereitet sich vor ...

Das passt für mich nicht. Die Hochhäuser begrenzen ja ihre Sicht, sie beenden sie. Das Ende der Sicht ist also wegen der Hochhäuser da, und nicht die Hochhäuser zufälligerweise am Ende der Sicht.

oha. ich kann das umformulieren. Ich kann das! Joa.

Kirschen sind glaube ich nicht unbedingt die Leibspeise von Möwen ...

Die fressen alles, die wenigstens probieren es vom Baum - die reißen dir die Tüte aus der Hand. Ich schwör.

Das hört sich lecker an.

... und sollte verorten helfen: es ist nicht in Europa - es könnte spirituell werden. Ich wollte die Gabel erst in Stäbchen verwandeln, aber das war mir dann zu sehr gefuchtelt. Hachja.

Also den Kai kann ich nicht leiden.

Dabei macht er gar nix. zwinkerzwinker

Diese Szene mit Kai ist gruselig. Es erinnert mich an the Sixth Sense. Kennst du den Film? Dort lebt ein Mann, der nicht bemerkt hat, dass er tot ist bei seiner Frau und wundert sich, dass sie ihn nicht mehr wahrnimmt, nicht mehr mit ihm redet und denkt die Ehe wäre hinüber. Hier ist es ähnlich, aber Kai ist tot und die Frau – hat sie einen Namen? – sieht ihn immer noch, kocht immer noch seine Suppe, oder?

Immerhin gruselts dich. Den Film kennich nicht - bin dafür zu zimperlich. Sah den Trailer dereinst.
Ich dachte hin und wieder an Sous le sable - da verschwindet der Mann im Urlaub und ward nie mehr gesehen und sie lebt mit ihm weiter. abgefahren.
Die Vogelfrau isst mit ihm und wäscht mit ab, spazieren geht sie allein, er geht zur Tür und ... weg ...

So wie sie. :(

Sie kommt nur langsam dahinter und ... versucht zu verdrängen ... lange lange

Die fremde Frau ist auch besonders freundlich. ;)

passiert nicht mehr viel in deren Leben - da nimmt was, was da auf der Parkbank sitzt.

Sehen die Beine so schlimm aus, dass man ihr eine krankheit ansieht? Oder geht sie so merkwürdig?

Sie geht wohl bereits seltsam als sie kommt, wenn sie geht mach sie ja diese kurzen Schrittchen (hat ja wie Möwenfüße) - keine Krankheit, alles Einbildung

Es ist erst schwierig zu erkennen, wer hier verwirrt ist. Beim zweiten lesen wird ziemlich deutlich, dass die Erzählerin verwirrt ist, vermutlich dement.

Die Vogelfrau ist ja die ganze Zeit nicht ganz bei sich

Oh mann, erst jetzt verstehe ich so viel mehr. Deine Geschichten sind echt nichts für den Genuss nebenbei. Da muss man sich schon etwas Zeit nehmen

Danke, dass du es tust.

Die Nachbarin meint es nur gut, macht sich Sorgen. Und sie ist nur genervt.

Sie selbst scheint ja selbst ne Alte zu sein. Aber alt sind ja immer nur die anderen. ;)

Sich in eine Möwe zu verwandeln ist auch ein viel schönerer Grund als alt und duselig zu werden.

Klar, die ist schockiert, dass die Frau denkt ihre Mann lebe noch.

Jetzt biste drin, nicht wahr? zwinkerzwinker

Also den Abschnitt verstehe ich leider auch nicht, obwohl ich ihn jetzt mehrmals hintereinander gelesen habe.
Er will wegen der Möwen nicht kommen? Und was soll das Neue sein?

Im Grunde dürfte man es genau genommen einfach hinnehmen. Für den Schamanen, der in diesen Regionen kommt, wenn jemand krank ist oder stirbt, der heißt eben so, erkennt in der Möwe ein Symbol (Neubeginn, Kriegerin etc pp). Punkt. Mina nimmt es auch einfach hin. Er weiß, die hat eine Entwicklung/Verwandlung durchgemacht. Die wird wieder - es geht bergauf. Sie ist auch nicht allein. Das Neue? Tja, NGK, sie wird wohl nich mehr Kai kochen müssen, wird sich eingestehen, dass der mich mehr wiederkommt.

Wirklich toll wie du den Text aufgebaut hast, auch wenn ich es nicht direkt erkannt habe. Nur mit dem Anfang tue ich mich schwer, ich finde das ist schon eine Hürde um in den Text zu kommen, weil einfach so gut wie nichts passiert. Vielleicht findest du da noch einen Weg, das etwas umzumodelieren, wäre doch schade, wenn da jemand abspringt!

Schön, dass es dir gefiel. Was den Anfang betrifft, hab ich schon gesagt, dass ich nicht drauf verzichten kann - im umgekehrten Fall könnten Leser irritiert sein, wenn sie sich ohne Vorspiel die Möwe ausgesucht hätte (außerdem hat sich die Möwe sie ausgesucht, damit sie kämpft und für sich sorgt) Ich fürchte, da muss ich Leser opfern.

Hab vielen Dank für deinen engagierten Kommentar und bis dann, Kanji

 

Hi @Kanji,

wenn du wirklich jeden Monat eine Geschichte schreibst, wie soll man denn da nachkommen? Hoffentlich hast du auch mal zwischendurch ne Schwächephase. :baddevil:

Die Geschichte fand ich jedenfalls toll. Viele sehr hübsche Stellen. Und so schön selbstverständlich surreal. Nur für eins muss ich dich schimpfen, nämlich dass du das alles am Ende einen Traum sein lässt! Ist ja vielleicht nicht unbedingt zwingend, aber es geht schon deutlich in die Richtung. So deutlich immerhin, dass du damit die ganze schön aufgebaute Atmosphäre wieder zusammenschmeißt. Macht aber nichts, kannst du ja ändern. :)

Ein paar Kleinigkeiten gibt's wie immer von mir:

Wir essen die Nudeln immer zuerst aus der Suppe und außer unserem Schlürfen höre ich nur Möwengeschrei.
((Puh, die Zitierfunktion ist mir zu umständlich, ich werd da immer ans Textende katapultiert, wenn ich den Abschluss-/quote einfüge. Ich lass das jetzt mal.))
Hier find ich das "Und" nicht passend, lieber ein neuer Satz. "Außer" gefällt mir da auch nicht so, aber ich verstehe schon, warum es da steht.

Auch nicht ganz überzeugt bin ich vom
"Ende meiner Sicht"
Das klingt irgendwie merkwürdig, ein bisschen gestelzt. "Dort" täte es vielleicht auch.
Und die Erläuterung:
"so bleibt uns nur die Gewissheit, dass es sich hinter der letzten Reihe befindet."
ist mir auch zu umständlich. Ist ja eigentlich klar, dass sich das Meer hinter der letzten Reihe befindet, wenn man es ihn e die Hochhäuser sehen würde.

Die Möwe:
"Sie will nicht wahrhaben, dass sie nicht geeignet ist, an etwas festzuhalten."
Geeignet - wie ein Werkzeug? "Dass ihre Füße nicht dafür geeignet sind", das fänd ich richtiger. Oder wenn es die Möwe sein soll: "dass sie nicht das Geschick hat" o.ä. (Wobei du aber wiederum aufpassen müsstest, denn sie setzt sich ja nachher, also hat sie ja letztlich doch das (unbeholfene) Geschick.)

Etwas zu dick aufgetragen finde ich:
"gehören unbedingt"
"kommen" reicht eigentlich, würd ich sagen. So hab ich so eine Küchenchefin vor mir, die mir das Rezept einschärfen will, und das ist ja nicht die Situation.

Dann finde ich hier:
"Kai war darüber sehr enttäuscht"
das "Sehr" zu viel.

Hübsch finde ich dann ja - da bahnt sich das Surreale an - dass "Kai" nicht gerade japanisch klingt, die Großmutter und überhaupt die Familien aber offensichtlich in einem japanischen Dorf wohnen, dass ganz unbekümmert an der Ostsee zu liegen kommt.

Hier:
"Wie erstarrt bleibt der Arm in der Luft, die Gabel vor meinem geöffneten Mund" würd ich vielleicht Pronomen und Artikel tauschen: "mein Arm" "vor dem geöffneten Mund"

"Es war mir damit unmöglich"
"Damit" kann aus meiner Sicht gerne weg. Es heißt ja nicht: "Es war mir damit unmöglich, die Schüssel zu halten, also habe ich die Füße/die Grillzange/... genommen."

Sehr hübsch finde ich dann, wie es sich zuspitzt. Wie die Situation bedrohlicher wird, ohne sich irgendwo zu klären. Und das eben alles so selbstverständlich, wie oben das japanische Landleben. Eins würd ich eventuell noch rausnehmen, nämlich:
"irgendetwas ist mit meinen Knien." Dass irgendwas ist - na, denkt man sich wohl schon. Mit der Erklärung wird aus dem Schlurfen was Ungewöhnliches, und das ist ja das Besondere an diesem Text, dass die normalerweise ungewöhnlichen Dinge einfach so hingenommen werden.

Hier könnte man womöglich eine Verkürzung wagen:
"Zum Möwengeschrei, jetzt klingt es wie Gelächter" - könnte auch heißen: "zum Möwenlachen/Lachen der Möwen/" Würd ich ruhig einfach so hinstellen.

Auch das könnte man - ich würde sogar sagen: noch sicherer - verkürzen:
"Es erschien vernünftig, dass wir gemeinsam unser Dorf verließen, damit Kai seinen Beruf ausüben konnte. Hier spielt er im Großen Konzerthaus ..."
Warum nicht: "dass wir gemeinsam unser Dorf verließen, damit Kai im Großen Konzerthaus spielen konnte" usw.

"Ich würde überall eine Anstellung finden. Oder, wie gerade, zu Hause arbeiten." Wenn's eh nicht drauf ankommt, würde ich das nicht unbedingt ausschreiben. Dass sie ihre Übersetzertätigkeit nicht an den Nagel hängen muss, weil sie in die Stadt ziehen, ist ja eigentlich selbstverständlich. Es ist ja hübsch, dass du sie nicht nur einfach dem Mann folgen lässt, aber das ginge doch eher in die andere Richtung: "Auch ich würde mit meiner Übersetzertätigkeit in der Stadt kürzere Weg haben" - sinngemäß.

Dann die Witwen, die sie bemitleidet, obwohl sie ja offenbar selbst eine ist. Sehr schön, wie sie sich da rausnimmt. Und die Alte, die vor dem Buch Angst hat. Ein ganz liebenswertes Gespenst.


"herrscht mich die Nachbarin missmutig an. Du weißt doch, dass ich keinen Fernseher habe und heute ist …?“ " - Ich fänd's ja besser, wenn die Nachbarin grummeln oder nuscheln würde, irgendwas weniger Aggressives jedenfalls. Und die Erklärung: "Du weißt ...", find ich etwas zu hart aufs Auge gedrückt. Das sagt die ja eher nicht, wenn es die andere eh weiß ... "Du weißt doch, heute ist ..." oder so - das fänd ich glatter. Nachher sagst du ja:
"sie liebt es, bei mir fernzusehen." Und wenn sie einen Fernseher hätte - würde sie es dann weniger lieben? Ich sehe keinen Grund, warum das so sein sollte.

Die Nachbarin ist wieder ganz gelungen unheimlich, ohne dass sie etwas furchteinflößendes zu tun braucht. Und die Verwandung schreitet geräuschlos fort.

Einen Satz find ich etwas zweifelhaft, nämlich:
"Also deine Essgewohnheiten lassen immer mehr zu wünschen übrig“ " - Womöglich reicht auch "Nein danke"? Also: "'Nein danke'. Man kann es ihr einfach nicht recht machen."?!

Etwas zu umständlich ist mir das:
"Kaum, dass ich meinen Satz zu Ende gebracht habe" - Das ist ja womöglich ein ganz kurzer Satz. "zu Ende gebracht" - da stelle ich mir etwas längeres vor. Schnörkelloser fänd ich hier besser.

„Wie kommst du denn um Himmelswillen drauf, dass Kai zur Tür reinkommt?“ - Wer sagt das? (Warum?)

Und dann der Schluss, der für sich genommen hübsch ist, aber so ganz anders. Wie gesagt, aus meiner Sicht nimmst du der Geschichte damit in dieser Form viel. Das ist nicht nur die Auflösung, sondern auch der Bruch, der mit ihr einhergeht. Ich hab jetzt keinen Vorschlag, wie du das einerseits genauso liebevoll und andrerseits aber doch in einem Zug mit dem bisherigen Text lösen könntest. Aber ich würde mir trotzdem wünschen, dass dir das gelänge.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Ja, den Traum vom Fliegen hat wohl jeder schon einmal, wobei Vögel sicherlich nicht freier sind als wir (vgl. "Ikarus" hierorts), Vogelfreiheit gar seit uralter Zeit eine gefährliche Sache ist, die in der Rechtsfreiheit gründet,

schrieb ich heut morgen und muss eine Schlamperei korrigieren, Vogelfreiheit hat halt weniger in „Rechtsfreiheit“ als vielmehr in der absoluten „Rechtlosigkeit“ zu tun (stimmt also nur noch mit "Freiheit" überein, wie man Arbeitslosigkeit als eine Art Freiheit von Arbeit ansehen kann) zu tun. Hätte ich die Korrektur vorgenommen, frag ich mich, – wenn mir nicht das Zuschnappen der Fälle-Falle direkt zu Anfang endlich aufgegangen wäre, wie jüngst der Blutmond (nebst Mars und Alexander Gerst und der Maus, pardon, der ISS Expedition 2), wenn es heißt

Sie rufen sich Warnsignale zu, als segelten sie über stürmische See.
Besser Dativ „über stürmischer See“ oder „der stürmischen See“, so steht die Zeit zwar still wie der Raum (ohne den sie ja nix wäre, entsprechend der Seele ohne Leib (ist halt auch Pfuisik, wenn auch Meta-), aber sein Inhalt wandelt sich, ob Raum oder Leib. Das letzte Hemd umschließt dann wieder einen anderen Raum mit Gewürm, sich wandelnden Körpersäften - den Gedanken werd ich mal nicht weiterspinnen,

liebe Kanji,

aber hier drängt sich die bereits überwunden geglaubte Schulgrammatik mit der Herrschaft von Hilfsverb und Partizip durch (die übrigens durch Kais Großmutter durchbrochen wird – sollten Großeltern Rebellen sein?)

Als wir neu in die Stadt gezogen sind, habe ich fertige Nudeln verwendet. Kai war darüber sehr enttäuscht, und so machte ich mir fortan die Mühe, sie wieder selbst zu rollen, wie vorher, als wir auf dem Land bei unseren Familien gelebt hatten und die Küchenarbeit aufgeteilt wurde
... gezogen sind, habe ich … verwendet. Kai war … gelebt hatten … aufgeteilt wurde.
Dabei lieferstu selbst die befreienden Worte
Als wir neu … , ... machte ich mir fortan … , wie vorher, als wir…

Es ist wie das alte Gesellschaftsbild, dass hier gepflegt wird mit klaren Rollenbildern - Hausarbeit als parallele Welt zur Fabrik/Verwaltung, wenn am Ende seiner Arbeitszeit - am "Feierabend"* sie daheim Kinder und Wohnung versorgt hat und dem Hausherrn – kurz, der Haushalt als Reproduktionsort des Produktionsfaktors Arbeit.

Natürlich zeigt

Ich halte mitten in der Bewegung inne. Wie erstarrt bleibt der Arm in der Luft, die Gabel vor meinem geöffneten Mund, der Rücken fest und starr, als wäre ich mit der Sitzfläche verbunden. Mit einem Scheppern fällt die Gabel zuerst auf den Rand der Suppenschale, dann zu Boden. Meine Finger gleichen den gespreizten Flügelspitzen eines Vogels. Es war mir damit unmöglich, das Besteck noch eine Sekunde länger festzuhalten.
eben keinen Elektrolytemangel an – sondern das Erstarren aufgrund eines feines Knisterns in der Beziehung, das eingeleitet durch
Mit dunklen Rändern unter den Augen blickt Kai auf und ich versuche etwas wie ein Erkennen auszumachen, irgendeine Regung, die mir bedeutet, dass ich zu ihm gehöre
und im
„Kai, verlass mich nicht“, und ich bin nicht einmal sicher, ob ich das denke oder wirklich sage
was dann auch noch in der Fiktion des Kind-habens (die vorhergehende Geschichte stichelt ein wenig) und wir wissen es auch nicht … aber das Gelächter der Möwe(n) erzeugt beim Spülen eine seltsame Orchesterie, ungeprobt und näher bei Cage, Kagel und Stockhausen denn Bach, Beethoven oder auch Beatles (Horch mal in das bei Arte gespeicherte Jubiläumskonzert im Olympe zum Sgt. Pepper an, lohnt sich! Cello ist auch dabei …)

Kleine Trippelschritte, und ich benötige eine Ewigkeit[,] bis ich vor meiner Haustür stehe.
Ich habe keine Ahnung[,] wovon sie redet, aber sie liebt es, bei mir fernzusehen.


*An der Abschaffung des "Feierabends" wird mit der Umwandlung und neoliberalen Anpassung an modern times des Arbeitszeitgesetzes kräftig gearbeitet. Österreich ht schon die Abschaffung des 8-stunden-(Arbeits-)Tages vor sich (Liberale waren immer nahe bei der Rechten, beider Wirtschaftsprogramme sind 1 : 1 zu übersetzen). Das Zuhause wird eine Art "Rufbereitschaft".

Jetzt leg ich die Nummer auf, mit der Folk/Pop/Rock goes Worldmusic, "Norwegian Wood" (nicht wegen der Zeile "this bird had flown" ...

Tschüssikowski

Ikarus (eigentlich "Ikaross")

 
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Liebe @Kanji,

heute Morgen habe ich deine Neue entdeckt und dachte mir: Gehst erst mal Wandern und schaust heute Abend … Pustekuchen, schwupps haben schon zehn Mitglieder Komms zu deiner KG hinterlassen. Na dann werde ich mal ein paar Brotkrumen aufheben:

Und wenn man darüber fliegen würde und immer weiter und weiter, käme man irgendwann auf einen anderen Kontinent.
Müsste es nicht heißen: (Möwen) fliegen zu einem anderen Kontinent?

Sie will nicht wahrhaben, dass sie nicht geeignet ist, an etwas festzuhalten.
Klingt eher philosophisch als naturnah.

Ich weiß, sie wird es weiter versuchen, solange, bis sich ihre Füße um einen Zweig krallen, sie darauf sitzen und von den Kirschen essen kann.
Sind es nicht eher die Zehen, die sich festkrallen?

Die Suppe, die wir essen, koche ich jeden Tag. Es ist Kais Leibspeise. Wenn ich kein gutes Bauchfleisch bekomme, nehme ich Tofu. Ansonsten gehören unbedingt Sternanis und eine Zimtstange in die Brühe, Shiitakepilze und eine grüne Chilischote.
Du beschreibst die Suppe als Art Traditionsgericht, das vom Land mitgebracht wurde. Mit der Beschreibung kommt sie mir eher als ein modernes Cross-Over daher.

Entsetzt schreit eine Möwe auf und landet auf dem Dach.
Ich würde das wertende und vermenschlichende "Entsetzt" tauschen gegen "Gellend", oder so was.

… das Klappern des Porzellans an der Keramik des Beckens.
Das klingt so, als wäre die Keramik nur ein Bestandteil des Beckens und nicht, als würde das Becken aus selbiger bestehen.

Wie von etwas beraubt schleichen sie mit hängenden Köpfen über den staubigen Weg und wissen nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen, als sie verstreichen zu lassen.
Puh, hoher Stolperfaktor, würde der besseren Lesbarkeit wegen zwei Sätze daraus machen.

Du schreibst schon früh im Text:
- Meine Finger gleichen den gespreizten Flügelspitzen eines Vogels. und
- … irgendetwas ist mit meinen Knien.
Doch dann verliert sich das wieder vollständig und sie läuft alleine durch die Stadt, ohne dass sie angegafft wird oder so. Dort kommt sie ins Gespräch mit einer alten Frau neben ihr auf der Bank, die "Schönen Abend noch und gute Besserung“ sagt und mit einem Kopfnicken auf die Beine deutet.
Später bemerkt sie ihren Schnabel -"Der Schnabel hindert mich daran, an meiner Teetasse zu nippen" - und ist kein bisschen überrascht? Diese Metamorphose kommt mir etwas zu lapidar, zu beiläufig daher. Der Schamane und die Kriegerin machen es nicht besser, sondern verwirren zusätzlich.

Trotzdem finde ich das Grundgerüst der Story faszinierend. Dass in der Schwebe bleibt, was real ist und was erträumt, machst du wirklich gut. Ist Kai nicht schon Teil der Vergangenheit, sind die blauen Briefe von ihm? Ist das Ganze eine Ausgeburt ihres Wahnsinns, der aus ihrer Vereinsamung resultiert, oder verändert sie sich wirklich körperlich? Da gibt es für mich viele Lesarten, auch eine kafkaeske. Irgendwie scheint sie auch in der Geschichte zu altern, ohne dass ich es an irgendetwas außer ihren faltigen Händen festmachen kann. Und so mutiert die Schwäche der KG, das nicht stringent und nachvollziehbar Erzählte für mich zu ihrer Stärke.

Peace. linktofink

ps. schönen Urlaub

 
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Liebe Kanji,

Die Suppe, die wir essen, koche ich jeden Tag.

Gestern las ich bei uns in der Sonntagszeitung, dass im Ort eine Thai-Suppenküche eröffnet hat. Es gibt (nur) vier verschiedene Suppen, jede mit sorgfältig ausgewählten Zutaten und selbstgerollten Nudeln. Die Betreiber, es sind Thais, die schon lange hier in der Gegend ansässig sind, versicherten, eine solche Suppe könne man jeden Tag essen und zu jeder Tageszeit. Sie führen auch noch zwei Restaurant mit gutem Ruf. Ihre Suppenküche sei in Deutschland einmalig, sagen sie.

Da wusste ich, dass deine Geschichte unmöglich im Land zwischen den Meeren spielen konnte. Und sofort kriegte ich einen ganz anderen Blick auf deine Prota. Fernöstlich, sozusagen. Was sie von ihrer Familie erzählt, von ihrem Musikerehemann, selbst die unangenehm-hilfreiche Nachbarin bekommt diesen Touch. (Erinnerung an Mai). Eine solche Nachbarin kann ich mir in Deutschland nicht so richtig vorstellen.

Also, ich hatte keine Mühe, in den Text hineinzukommen mit der wunderbaren Geschichte über die Verwandlung einer einsamen Frau zu einer Möwe. Alle Sehnsüchte werden in subtilen Bildern offengelegt, Schritt für Schritt, bei mir immer mit einem um Sekunden verzögerten Aha-Erlebnis. Aber du hast ja mit "seltsam" getaggt, und da nehme ich es mir (und schon gar nicht dir) nicht übel, dass ich immer mal wieder stutzen muss.

Jeden Monat eine neue Geschichte. Das ist ein ehrgeiziges Programm. Da muss man jede Anregung festhalten, vielleicht auch aus dem Forum, wo ja in jüngster Zeit felixreiner, Vogelinseln, die Verwandlung von Menschen in Vögel thematisiert hat. Und der Traum vom Fliegen feiert gerade in Ulm (Der Schneider von Ulm) eine Renaissance.

Möwen gehören zu meinen Lieblingsvögeln. Wer lange auf dem Meer verirrt war, weiß, dass Möwen Landmassen anzeigen, andererseits lenken sie den Blick aufs Wasser, wo die Wellen immer wieder neue und doch alte Muster in den Sand malen.

Wenn die Zeit stillsteht

Dein Thema: die Zeit. In deinem Text scheint sie mir gar nicht stillzustehen, sondern es gibt sie gar nicht. Du kreierst Seelenzustände, in denen Zeit keine Rolle spielt. Gegenwart oder Vergangenheit, was soll's? Deine Prota wird sich immer wieder verwandeln. Ich für mich hätte bei der Nachbarin am (Kranken?)Bett den Zweifel in deren Augen ein wenig verstärkt.

Vier Hände, die nun ineinander liegen; schwer zu sagen, welche zu wem gehören ... Mina rinnen Tränen übers Gesicht, die sie mit einem unserer Handrücken trocknet, weil sie mich nicht loslässt.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Prota ganz gern loslassen würde. Es ist so schön. eine Möwe zu sein.


Hast du gut gemacht!

wieselmaus

 

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