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Was nagt denn an Herrn Hunger?

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10.10.2006
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Was nagt denn an Herrn Hunger?

Bevor Hunger aufstand, war schon viel passiert. Zwanzig, einundzwanzig Jahre waren ihm passiert, je nachdem, wann man anfängt zu zählen. Gerade die letzten zwei nicht sehr schön. Und die letzte Nacht – man fragte besser nicht. Niemand fand je am Vorabend großer Tage zur Ruhe, wenn er von ihnen wusste. Cäsar starb ausgeruht. Brutus nicht. Der hatte Ringe unter den Augen.

Hunger stand vor dem Spiegel und massierte sich Feuchtigkeitscreme auf die Augenringe. Zwei Finger breit unter jedes Auge. Als lege er Kriegsbemalung an. Und irgendwie, er wusste wirklich nicht, wie es sich zugetragen hatte, war er spät dran. Die ganze Nacht gewartet und gegrübelt und sich zweimal einen runtergeholt, um müde zu werden, und dann war er spät dran.

Er hetzte das Treppenhaus hinunter, drei Stufen auf einmal, am Treppenrand dann eine Wende, wie ein Schwimmer. Beide Hände gegen die Wand gepatscht, umgedreht und weiter runter. Wenn das einer sah? Anruf an seinen Vater. Und die Vorträge dann!
Über den Marktplatz im Morgen, auf dem Kopfsteinpflaster lief es sich so schlecht, durch die Eisenpforte durch, an der Empfangsdame vorbei, auf seinen Stuhl, an seinen Platz, die Stofftüte unter den Tisch, mit beiden Händen durch die Haare gekämmt und – schon versuchte Hunger so zu wirken, als säße er seit sieben Uhr hier.
Hunger wollte jetzt niemand mehr sein, der die Nacht wach gelegen hatte, weil ein großer Tag bevorstand, Hunger wollte ein Auszubildender in der Stadtverwaltung sein, der sich am Ende seines dritten Lehrjahres wirklich und ehrlich Sorgen darum machte, ob er denn übernommen werden würde oder nicht.
„Der BM will dich sehen! Nach dem Mittag!“, sagte jemand im Vorbeigehen. Hunger nickte knapp. Wie Verräter nicken.

Dann saß Böhm vor ihm, in seiner jovialen Englisch-Lehrer-Art hatte er sich auf den Schreibtisch gesetzt, die massive Wade in Hungers Blickfeld drapiert. Böhm trug ein weichblaues Hemd, eine unifarbene, nur rote Krawatte dazu, auf dem Kopf einen Haarkranz, im Gesicht versteckten sich irgendwo ein Paar Lippen.
„Junge“, sagte er. Die Hand, Hunger sah auf Böhms Hand, sie war nicht so dick und fleischig, wie er dachte. Sie lag dort ganz ruhig. Nicht schwitzig. „Weißt du, ich bin’s ein bisschen leid, dir das immer wieder zu sagen. Aber … ich hab dir’s doch gesagt, du musst einfach mal anziehen.“
Hunger schaute nach oben und nickte.
„Mal Gas geben. Du weißt doch, wie das ist. Wir übernehmen dieses Jahr nur zwei. Das ist dir doch klar, oder?“
Hunger nickte.
„Und deine Leistungen, weißt du, die sind ja nicht schlecht. Und dein Vater, aber das ist auch ein Problem mit deinem Vater, weil man da drauf schauen wird im Parlament. Du weißt ja, wie die Roten sind, wie sieht das denn aus, weißt du, wie das aussieht? Wir müssen parat sein. Also, ich weiß wirklich nicht, was ich noch sagen soll. Die wollen Zeugnisse sehen, wie schaut’s denn in der Berufsschule aus? Junge, du bist nicht der Kronprinz. Mach es uns doch nicht so schwer“, sagte Böhm, und drückte seinen Rücken durch, verzog das Gesicht und hielt sich den Steiß mit zwei Händen. „Einfach mal“, jetzt fuhr er einen Daumen aus und drückte die Hand einige mal nach vorne und wieder zurück, „Gas geben.“
Zum Abschied noch eine Hand auf die Schulter: „Der BM will dich nachher sehen.“

Böhm weg und schon war wieder Raum da. Hunger sah sich um, nicht mehr so wie früher, als er manchmal mit seinem Vater hier war, wenn es irgendetwas zu besprechen gab mit dem alten Bürgermeister. Er hatte an einem Computer gesessen und Karten gespielt, wenn sonst keiner arbeitete. Da nannte man das hier noch die Bürgermeisterei. Jetzt natürlich alles viel moderner. Offene Räume, fließende Übergänge, Gleitzeit. Ein Benjaminus in jeder Ecke, auch andere Büropflanzen. Hatte der BM mal gehört, hatte es von einer Studentin aus der Stadt, die er durchzog wie ein Bulle, dreimal die Woche, viermal die Woche, einen Sommer lang – aber das munkelte man nur, so was hörte man nicht gerne. Hatte von der Studentin, was welche Pflanze machte, wofür sie gut war. Wusste man ja früher alles nicht. Filtern Rauch aus der Luft und Schadstoffe, von den alten Gebäuden – womit man damals gebaut hat, gar nicht auszudenken! Allgemein: Ein viel besseres Arbeitsklima. Weniger Stresshormone. Und schon gar keine Milben.
Und Böhm, da hatte Hunger ein wenig Mitleid, gehörte noch zu der Bürgermeisterei. War jetzt Mittfünfziger, ging auf die Frühpensionierung zu, wenn ihn kein Herzinfarkt vorher erwischte, es war ein Wettrennen: Aortenverschlingung gegen die Entlassungsurkunde an der Wand. Vielleicht auch ein Landesehrenbrief, wenn sich jemand für ihn stark machte.

Dann Torbens Ankunft. Er kam um sieben Uhr zwanzig, weil er auf die Post warten musste. Nie zu spät, immer pünktlich. Und Torben lief nicht, Torben ritt. Ein schwarzes, namenloses Straßenrad, ein Ritual. Über das Kopfsteinpflaster, die Sonne im Rücken, Testosteronspritzer; Helm ab, unter den Arm klemmen, die Posttasche über die Schulter, den Sattel abschrauben, dann kam er rein, grüßte jeden, klopfte auf einen Tisch: „Ich sag mal Guten Morgen!“ und verschwand im Bad, um dann nass herauszukommen, als sei er aus einem Ei geschlüpft. Aus einem riesigen Ei mit viel zu viel Cholesterin.
Torben war ein Watz. Der Vater hatte noch auf dem Bau gearbeitet, die Mutter in einer Wäscherei. Nur zwei Generationen von einem Lastpferd getrennt. Hatte Oberarme wie Hunger Unterschenkel.
Wenn Torben auf einen Schreibtisch klopfte und „Ich sag mal Guten Morgen!“ sagte oder „Und tränk mal einer meinen Gaul!“, dann vibrierte der Tisch nach.
Torben, das Arbeiterkind, der erste aus seiner Familie, der auf eine Berufsschule ging, der erste mit einem Schreibtischjob, in der Verwaltung, der von seinem Köpfchen lebte und von seinem Lächeln. Torben, das Scheiß-Arbeiterkind.
„Na, alter Haken!“, Torben setzte sich neben Hunger, alles wieder wie in der Neunten. „Hab gehört der BM will dich sprechen, gibt’s da was?“
Woher hatte er das gehört? Wer konnte ihm das gesagt haben? Hatte er es auf dem Klo erfahren? Hatte ihn jemand gebrieft, während er ins Ei und wieder herausgestiegen war?
„Nee“, sagte Hunger. „Keine Ahnung.“
„Und nachher? Gehst wieder zu Laura?“, nichts im Gesicht zu erkennen, keine Häme, kein Grinsen. Hunger kannte sich mit so etwas aber auch nicht aus. Da gab es diese Serie auf Vox jeden Dienstag, was Gesichter alles verrieten, wie oft jeder log, was man erkennen konnte. Aber Dienstags war er oft mit Manuela zusammen und dann ging das auch nicht und wenn die Wiederholungen kamen, war er schon viel zu müde, also war das etwas, was ihm entging, ein Wissen, zu dem er keinen Zugang hatte, etwas, das für andere da war, für Leute wie Torben, die sichere Jobs hatten, weil sie Arbeiterkinder waren. Der Scheiß Torben konnte in seinem Gesicht bestimmt lesen wie in einem Booklet.
„Nein“, sagte Hunger. „Also ja, ich weiß nicht, da tut sich nichts. Wir sind nur Freunde. Ich finde das gut, dass jemand mal was macht.“
„Aber eine Tierhandlung? Das ist keine gute Idee. Das muss ihr doch mal wer sagen.“
„Ich find’s gut, also jetzt natürlich vielleicht noch nicht, aber später sicher, wieso nicht? Vielleicht kommen welche aus der Stadt oder die, die studieren, wenn die wieder kommen, die mögen doch so was. Vielleicht mal einen Frosch oder eine Schlange. Und sie braucht ja nicht viel, wohnt ja noch bei ihrer Mutter.“
„Ein Frosch? Wer bei Petris nassem Arsch kauft denn einen Frosch?“ Jetzt ein Lächeln. Ganz dünn und freundlich. „Wollen wir heute Abend noch an den See?“
Hunger nickte. „Aber ich muss dann auch mal anfangen.“

Hunger war nicht der Typ für Zweifel. Dabei hatte er damit gerechnet. Er dachte sie kämen, spätestens beim Frühstück. Neun Uhr, das war so die Zeit, als er dachte, sie kämen. Dafür hatte er sich extra Zeit freigemacht, den Zweifeln einen Termin eingeräumt. Deshalb hatte er am Dienstag Manuela auch gesagt: Nein, wir treffen uns dann nicht. Kein Streicheln irgendwo, kein Zwinkern im Vorbeigehen, kein Kontakt.
Aber Manuela so etwas zu sagen, da hätte Hunger auch versuchen können, ihr klar zu machen, dass sie Manuela hieße und nicht Manu. Und dass man es furchtbar fand, sie Manu zu nennen. Dass es einem die Galle hochtrieb, eine ganz irrationale Wut auslöste, dass man es einfach falsch fand, dass man alles falsch fand.
Aber Manu war Manu und Manu wollte jetzt ein Zeichen.

Manu war jemand, der die Freundin von jemandem war. Manu war eine „plus Eins“, eine „und Begleiterin“. Manu war auch beschädigte Ware, war zweite Wahl als erste ausgegeben, war eindeutig falsch etikettiert.
Aber adrett und fabelhafte Manieren, wie für den Job der Vorzimmerdame gemacht. Strich nun durch die Bürogänge, als triebe sie ein Wind, als wisse sie nicht, wohin sie der nächste Schritt führen könne. Auf Hungers Platz zu, so wie all die vorherigen, so wie jeder Schritt in den letzten Jahren – oder Nein! Vielleicht doch zurück, vielleicht – sie war ja ganz frei und ungezwungen und bestand fast nur aus Vokalen – vielleicht in eine ganz andere Richtung.
Und dann hielt sie an, vor Torben. „Grüß dich!“, ein bäuerliches Grüß dich, so im Vorbeiradeln, dann blieb sie doch ein wenig länger, nur eine Nasenspitze von Hunger entfernt, hielt sie kurz inne. „Schaust“, sagte sie, „Schaust“ – mit a und u und ganz betont – „echt fesch aus auf dem Rad.“ Fesch sagte sie, aus auf sagte sie, Gott, wie Hunger diese Manu hasste!
Und Torben konnte mit alldem nichts anfangen. Für Torben war Manu wie eine Cola light. Einfach keine Kalorien. Torben wollte eine Frau, in die er beißen konnte, auf die er platschen konnte. Torben sagte: „Kommst zum Fußball? Oder mit zum See? Der Haken und ich wollen heute Abend an den See!“
Gegen Hungers Hinterkopf schlug etwas, irgendetwas Gemeines, etwas Kleines und Fieses.
Manus Augen wurden größer, ein Lächeln, falsch, irgendetwas, ganz furchtbar falsch, im Gesicht, ein Auge größer als das andere: „Der Haken und du?“, fragte sie. Nicht mehr genug Vokale in der Stimme. „Ach, da schau an.“
Dann der Blick auf Hunger. „Hast mir was zu sagen?“
Ja, natürlich! Jetzt hier, vor Torben!
„Schaust fesch aus, Manu“, sagte er.
Manu dann: „Gehen wir heut Mittag was essen?“
Eine kleine Pause.
Torben: „Wieso? Hast Appetit auf den Herrn Hunger!“
Ein Wiehern.
Dann irgendwie noch Böhm mit rein: „Da sind ja meine drei Azubis. Entschuldigung. Meine zwei Azubis und meine Azubine.“
Manu dann: „Ach ja, Sebo, der Herr Bürgermeister will dich sehen.“
Sebo!
Torben, als alle weg sind, ganz vertraulich: „Du. Ich hoff, das war okay mit dem See. Ich glaub, die Manu steht auf dich.“
Wie leicht er es ihm machte, ihn zu hassen.

Hunger lebte alleine. In einer kleinen Wohnung einmal quer über den Marktplatz. Hatte dort eine Küche, in der keiner kochte, und ein Bad, in das jeden Sonntag seine Mutter einfiel, um es mit entengelbem Zeug zu polieren, bis es nach Limonen roch.
Er hatte ein Bett, in dem er ab und an mit Manu schlief. Und eine Couch, auf der nie jemand saß, außer sein Vater an Sonntagen, während die Mutter im Bad war.
„Ich find das gut, dass du arbeitest.“
„Ich auch.“
„Hat mein Vater auch von mir verlangt, hab dir doch bestimmt schon oft davon erzählt.“
„Ja. Hast du.“
„Wie soll das denn weitergehen? Sogar wenn – und ich sage wenn – sie dich übernehmen. Du kannst doch ohne Studium nix mehr werden heute.“
Hunger schwieg.
„Karriereleiter zu Ende, verstehst du?“ Einige Gesten: Hände bauten eine Treppe, lagen dann seltsam zitternd im Schoss. „Weißt du, du wirst nicht übernommen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Es steht eine Wahl an, der Volker kann sich das nicht leisten.“
„Der BM entscheidet nicht darüber, wer übernommen wird.“
Sein Vater lachte. „Also, Junge, pass auf. Wir bezahlen dir das alles, aber nur wenn du studierst. Denk ja nicht, dass du hier wohnen bleibst, wenn du dann nicht übernommen wirst. Ach, überleg dir das doch mal alles noch mal. Lass dir das doch mal durch den Kopf gehen. Das ist doch, warum willst du denn nicht studieren? Du hast dann deine Ausbildung fertig und bist zweiundzwanzig. Wir sagen den Leuten jetzt, du machst eine Ausbildung. Der David fängt schon bald sein Praktikum an, du kennst doch den David, mit dem warst du doch auf der Schule, siebtes Semester, und die Corinna ist im Ausland schon. Wenn du die Ausbildung fertig hast, hat sich das mit dem Bund auch erledigt, dann hast du wieder ein Jahr gespart. Und dann fängst du an, eigentlich schon gleich im gehobenen Dienst, das ist doch ideal, hast dann die Ausbildung schon und das Studium, da fängst du doch gleich an mit dreitausend, viertausend im Monat. Und der David ist dann noch AiP-ler. Warum willst du denn nicht studieren? Du solltest dir ernsthafte Gedanken machen. Mach dir einmal ernsthafte Gedanken.“
Hunger hatte auch einen Schemel, auf den niemand je seine Füße legte. Dort saß er sonntags manchmal und nickte, wie auf einem Büßerbänkchen.


„Was meinst du, was der BM von dir will?“, Torben sagte es in einem ganz normalen Ton, war nicht zu lesen. Torben, die Scheiß-Sphinx.
„Ich weiß nicht“, sagte Hunger und starrte auf den Monitor. „Sicher nichts Ernstes.“
„Die übernehmen bestimmt drei. Das ist doch alles Quatsch, weißt du. Böhm sagt das nur, um uns Druck zu machen. Aber die haben schon immer alle übernommen.“
„Dieses Jahr geht keiner, ich hab das nachgesehen, als ich in der Perso war. Es gehen erst wieder welche 2014.“
Torben nun still, die Hände auf die Schreibtischkante gelegt. Jeden Moment konnte er ein riesiges Stück herausreißen. Horrorgeschichten: Ältere Brüder von Freunden, Kreissparkasse, erstmals seit der Gründung nicht einen Azubi übernommen. Hunger hatte jede einzelne ebenso gehört.
„Und Manuela übernehmen sie bestimmt, die ist ja schon auf dem Platz. Die hat den sicher. Also entweder du oder ich.“
Torben zischte: „Hör auf das zu sagen.“
„Die werden eh dich nehmen.“
„Du kannst doch immer noch studieren gehen.“
Hunger drückte das Rückgrat durch.
„Wann will er dich sehen?“
„Nach dem Mittag.“
„Sagst mir dann Bescheid, ja?“
Hunger nickte.
„Du, Torben, das mit dem See. Lass uns das ein andermal machen, okay?“

Und Hunger hatte keinen Ersatzplan. Hatte es vermieden, sich einen zu überlegen. War der Ansicht, wenn man einen zweiten Plan hätte, dann schwäche das den ersten. In Hungers Esse brannte nur genug Feuer, um einen Plan zu schmieden.
Auf die Frage, wo er sich denn in fünf Jahren sähe?, hätte er klar antworten können:
Er würde immer noch jeden morgen über den Marktplatz gehen. Auch seine Wohnung hätte er noch. Aber er würde nicht mehr alleine darin wohnen. Und vielleicht hätte er auch noch ein Haustier. Mehr als eins. Ganz viele hätte er. Frösche, Fische, Katzen, Vögel. Ganz viele hätte er. Ihr zu liebe.

Manu aß. Das Kauen fand in ihren Fingern statt. Sie zerrupfte Weißbrot, als wolle sie eine Ente zerteilen. Überall kleine Flöckchen. Ihre Finger kannten keine Grenzen, über den ganzen Tisch im Einsatz, an der Fingerspitze Brotreste, saugten Sauce aus den Tellern.
Hunger sah ihr auf die Finger, damit er ihr nicht auf den Mund sehen musste.
Manu redete: „Ich bin aufgeregt.“
Manu redete die ganze Zeit, aber in der falschen Reihenfolge, es war alles nicht richtig.
Manu sagte: „Der ist doch echt pervers, das macht den an. Ich glaube so sind Machtmenschen. Ich musste gar nicht viel machen, nur ein paar Andeutungen und schon hatten wir einen … Termin dafür. Er hat das auch nicht groß erwähnt. Ein Termin einfach. Wie für einen Zahnarzt.“
Manu sagte nichts, sondern nahm einen Schluck Cola light und ließ ihn lange im Mund hin und her schwappen, wie eine Waschung.
Manu sagte: „Ich tu das nur für uns, ich hoffe das weißt du. Gott, und du willst echt nicht studieren? Dein Vater bezahlt dir das doch bestimmt, ich könnte auch studieren. Na ja, oder ich mach irgendwo noch eine Lehre oder ich jobbe. Weißt du, viele jobben. So ein Sabbatjob. Wir brauchen ja nicht viel Geld am Anfang.“
Manu sagte: „So ein bisschen Angst habe ich schon. Mann, wir dürfen echt nie jemanden davon erzählen das ist ganz - schön - eklig.“ Mit Pausen zwischen ganz und schön, und schön und eklig.
Manu sagte: „Geschieht dem Torben auch ganz recht, du weißt ja, was das für einer ist und wie der zu uns Mädchen war. Früher.“
Unter dem Tisch stieß sie ihn mit ihrem Fuß an. Nichts Sexuelles, jedenfalls nicht von seiner Seite, es war etwas, das sie einmal gesehen hatte, das Stupsen unter dem Tisch, die Erotik die Wade zu streicheln, aber sie war viel zu aufgeregt, viel zu berauscht für jede Zärtlichkeit. Und ihre Finger: Das arme Brot. An Hungers Wade nur das Stupsen, das tolle Gestuppse eines weißen Vogels. Einer Manu, die flatterte, wenn er sie nahm, die keinen Takt hatte und keinen Rhythmus, die ihn gar nicht mitbekam, die nur sie war.
„Er kann studieren.“
„Wer?“ Der tolldreiste Vogel!
„Torben, Torben kann bestimmt studieren.“
„Der Bock? Klar, wieso nicht?“
„Ich muss noch mal wohin.“
Manu schaute sich um, nach links und rechts, „Pass auf, dass dich niemand sieht!“ Dann lachte sie und tippte einen Brot-Finger auf seinen Teller. „Herrlich.“

Hunger hatte vorgehabt, sie nicht zu besuchen. Fand es schwach. Brauchte es nicht.
Und – wenn er ehrlich zu sich war – wusste Hunger: Er wollte nicht, dass Laura mit der Sache etwas zu tun hatte. Laura war etwas, das auf ihn wartete, nichts das er jetzt tun musste. Laura war die Füllung einer sauren Frucht. Etwas, für das man litt. Etwas, das einem passierte.
Hunger musste den Stadtberg hinunter, bis zu ihrem Laden. Und der Laden war wie eine andere Welt. Es war eine Idiotie. Sie hatte eine Tierhandlung inmitten von Wohnhäusern. Ein Schaufenster mit Käfigen darin und einer lächerlichen roten Schrift, die irgendjemand in Microsoft Word gefunden hatte.
Laura, die im Fünfjahresplan eine so wichtige Rolle spielte, war für Hunger ein Rätsel.
Als er durch die Tür ging, klang ein Glockespiel und aus einem Hinterzimmer – Perlen vor der Tür, diese hässlichen schwarz-gelben Klickerperlen als Türvorhang – kam sie dann, die Schaumgeborene. Hunger verstand sie nicht, es machte ihn ganz schwindlig.
Und auf Lauras Gesicht: Enttäuschung. War ja klar, er kam zu oft, viel zu oft kam er, und er kaufte nie etwas. Die Wohnung viel zu klein. War nur hier, um sie zu stören, um durch die Reihen zu schleichen, mit Vögeln, und einer Echse, mit einer langen Zunge, und es waren nicht einmal viele Tiere da, vor allem Futter, ein paar Fische, aber man könne auch bestellen, das sei gar kein Problem. Und am Anfang, als sie noch oft mit ihm geredet hatte, bevor er zu oft gefragt hatte, ob man denn einen Kaffee nehmen und sich vielleicht einmal -, vor alledem kam die Sprache ja auch auf die Stadt mit der großen Tierhandlung und alles vorrätig und Fische in den Regenbogenfarben, aber die Hoffnung, dass man doch hier kaufe. Vor Ort, persönlicher.
Sie war ein Rätsel. Und jetzt auf ihrem Gesicht die Enttäuschung, dass wieder kein Kunde gekommen war, sondern nur er. Kein Prinz, der achttausend Zierfische kaufte und dann noch Nemo für seinen Sohn und der riesige Teichanlagen bevölkern oder Flamingos wollte für einen Schlossgarten. Nur er.
„Hey, alles klar? Kann ich dir was zeigen?“
„Frösche“, sagte Hunger. „Ich glaube, ich möchte ein paar Frösche kaufen:“
Laura kicherte. Mit einer Hand strich sie Haare hinter ihr Ohr. Dann geriet sie in Bewegung, richtig zackig ging es zu, die Bewegungen klar und kantig, es wurde ein Karton hervorgeholt mit Luftlöchern darin, alles sehr professionell, Hunger war stolz, und es wurden handverlesene Frösche für vierzig Euro darin untergebracht. Und hatte er sie wirklich so oft nach einem Kaffee gefragt? War das nicht alles nur eine Einbildung? Eine Idiotie seinerseits?
Und als er die Frösche unter dem Arm hatte, und Laura schon zur Hälfte hinter den Klinkerperlen verschwunden war, hörte er ihre Stimme. „Mach’s gut.“
„Hey“, sagte Hunger.
„Ja?“
„Wie läuft denn der Laden?“
Sie lächelte. „Es geht uns gut.“ Verschwand hinter den Perlen, aber dann: „Und bei dir?“
Den Kopf hatte sie noch einmal herausgestreckt!
„Oh“, sagte Hunger. „Ich hab jetzt einen Termin. Der BM will mich sprechen.“
„Der BM?“, fragte sie und zog die Augenbrauen hoch, ihn zu verspotten.
Hunger freute sich.

Warum Frösche? Man weiß es nicht.
So war Laura. Manchmal dachte Hunger, dass er weniger sie mochte, als sich, wenn er bei ihr war.
Aber so reden alle Männer und die Stadtverwaltung ist kein Platz dafür.

„Herr Bürgermeister, der junge Herr Hunger ist jetzt da“, sagte Manuela, während sie auf den Knopf drückte.
„Soll warten“, kam es zur Antwort. „Kommen Sie erstmal rein, Diktat aufnehmen.“
Manuela erhob sich und strich über den Kragen ihrer Bluse, als wäre noch der Straßenstaub darauf, Brotkrümel von heimlichen Treffen, sie klopfte mit dem Fingerknöchel gegen die schwere Tür, öffnete sie dann einen Spalt und streckte den Kopf hinein und hinten den Po heraus, zog sich ins Büro und es kam wieder die Stimme: „Machen Sie doch die Tür zu!“
Manuela schloss die Tür und ließ Hunger alleine mit sich.
Die Frösche standen unter seinem Stuhl. Sie bekamen sicher genug Luft durch die Löcher, da musste er sich keine Sorgen machen. Die Frösche waren etwas für später, das, was gleich passierte war jetzt wichtiger.
Hunger strich mit der einen Hand die andere, und dann mit der anderen die eine, und Hunger dachte nicht, er gähnte und er streckte sich, er lagerte Gewicht von einer Pobacke auf die andere und vermied es, an etwas zu denken, an irgendetwas zu denken. Jetzt zu verschwinden, würde nichts mehr bringen. Jetzt war es getan und die Frösche würden auf ihn warten.
„Kommen Sie rein“, knisterte es auf einmal im Vorzimmer.

Der Bürgermeister saß hinter einem wuchtigen Schreibtisch. Von der Rückseite des Monitors konnte man einen Apfel erkennen, der angebissen war.
„Grüß dich, Sebastian“, sagte der Bürgermeister, stand aber nicht auf. „Setz dich doch.“ Der BM war Mitte dreißig, ein Self-made-man, eine Zierde seiner Partei. Abitur mit achtzehn, BWL mit zweiundzwanzig, sechs Jahre Unternehmensberatung dann, Consulting vor allem zwei Jahre selbstständig, und schon Bürgermeister. Irgendwie schien die Zeit für ihn viel langsamer zu laufen. Hungers Vater sagte, der BM werde bald MdL, vielleicht sogar MdB. Frage war nicht mehr ob, sondern nur noch wann. Hänge mit Legislaturperioden zusammen.
„Warum wollten Sie mich denn sehen, Herr Bürgermeister?“
„Ach“, sagte der BM und atmete tief aus. „Nur eine Kleinigkeit, mich hat da was gejuckt. Deine Noten sind wirklich gut, ich hab da nur Gutes“, der BM räusperte sich und schloss die Augen, „über dich gehört.“ Seine Hände waren nicht zu erkennen, nur der Oberkörper war zu sehen.
„Hast du dir das überlegt mit dem Studium, Sebastian? Dein Vater hat mich noch mal“, eine weitere Pause, „angerufen und gebeten, ob ich da vielleicht – nicht mit, nicht mit dir sprechen kann.“
„Wir können ihm ja sagen, wir hätten gesprochen.“
Der Bürgermeister lächelte und schloss dabei die Augen, seine linke Schulter zuckte.
„Liegt dir noch was auf dem Herzen?“, fragte er.
Hunger schüttelte den Kopf, er bekam den Satz nicht so raus, wie er wollte, er hatte ihn zu oft geübt und jetzt war alles nicht richtig, die Atmung nicht, das Gefühl nicht, er sagte: „Nagt etwas an Ihnen?“, aber es hörte sich nicht so stark an. Der Bürgermeister zuckte dennoch zusammen und die Farbe lief ihm aus dem Gesicht. Jetzt sah er ein bisschen aus wie ein Bankfachangestellter, der sich mit einem Bausparvertrag zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte, und sich eine Absicherung von seinem Chef holen musste. Oder nein, so sah er gar nicht aus. Er sah aus wie jemand, der mit den Händen in der Keksdose erwischt wurde.
Hunger nickte, wünschte „Einen schönen Tag“ und ließ den BM am Schreibtisch und Manu unter dem Schreibtisch zurück. Im Vorzimmer hob er die Frösche auf. Doch als Hunger aus dem leeren Vorzimmer entflüchten wollte, hörte er die Tür hinter sich aufgehen: Manu war aus dem Büro gekommen, ordnete nun ihren Rock, strich ihn mit fahrigen Fingern grade, fuhr sich mit einer Hand über die Lippen. Am selben Abend noch ließ Hunger die Frösche frei.

 
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Hallo Quinn,

um deine KG, eine KG diesen Umfangs, ordentlich und umfassend zu kritisieren müsste man (ich wenigstens) sie ausdrucken, sie markieren, sie verbessern. Habe ich alles nicht getan und trotzdem möchte ich dir meine Meinung so differenziert wie möglich schildern.

Hunger hat mich erst einmal an das Buch Hoffmans Hunger von Leon de Winter erinnert. Dein Prot ist da eher ein Kontrast, ein Hungerhaken. Allerdings ist die Träge Art und Weise, die neue, alte, konservative Art vielleicht ein bisschen ähnlich.

Das in Szene setzen deines Charakters durch die Sprache und ihre (menschlichen) Wiederholungen, ist dir wirklich sehr gut gelungen:

Dann Torbens Ankunft. Er kam um sieben Uhr zwanzig, weil er auf die Post warten musste. Nie zu spät, immer pünktlich.

Aber auch viele andere Stellen fallen sprachlich positiv auf. Einen Blick fürs bildliche:
In Hungers Esse brannte nur genug Feuer, um einen Plan zu schmieden.

Einen Blick fürs Detail:
Zwei Finger breit unter jedes Auge. Als lege er Kriegsbemalung an.

Ich mag! Und ein schönes Porträt kommt dabei auch heraus. Ich denke kritisieren könnte man das Fehlen eines aktiven Konflikts. Eine seichte Form von Hass kommt im Hunger zwar auf, man nimmt ihm aber nie mehr als einen leichten Ärger ab. Natürlich passt diese Passivität der Geschichte (inhaltlich) wie die Faust ins Gretchen.
Vor allem der Anfang hat mich begeistert, was ja angeblich gut für einen text sein soll. Axel Hacke macht das oft ganz ähnlich. Ist so eine direkte Ansprache, mit leichtem Schmunzeln. Dieser Humor in der Beobachtung geht nachher verloren, was wahrscheinlich passender ist.
Also im großen und ganzen habe ich hier wirklich nichts auszusetzen.

Sehr gern gelesen!

Grüße,

nikonotiz

PS: Gut, dass du zur Länge stehst. Die braucht die Geschichte um sich zu entfalten.

 

Hallo Quinn,

„Und deine Leitungen, weißt du, die sind ja nicht schlecht
Meinst du Leistungen?

es war immer ein Ritual.
Bei einem Ritual find ich das immer unpassend

Hatte er es auf dem Bad erfahren?
hää??

Und Torben konnte damit alles nichts anfangen.
Und Torben konnte mit all dem nichts anfangen. Das wäre für mich besser zu lesen.
eine Ausbildung .Der David fängt schon bald sein Praktikum an
Da ist doch ein Punkt verrutscht!

und die Corinna ist im Ausland schon.

die ist da ja auf dem Platz schon.

hört sich komisch an, weil das schon am Ende ist.

Muss das nochmal lesen. Das sind nur ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind.

Gruß

Herrlollek

 

Hallo,
es ist schade, dass die letzte Szene so unverständlich war. Ich habe das Ende nun geändert. Hoffentlich wird jetzt klarer, dass die Geschichte auch einen "aktiven Konflikt" hat.

Dass nur so als schnelle Rückmeldung, weil ich selbst weiß, wie ärgerlich eine Geschichte ist mit einem derart unklaren Ende.

Gruß
Quinn

 

Hallo nikonotiz,

um deine KG, eine KG diesen Umfangs, ordentlich und umfassend zu kritisieren müsste man (ich wenigstens) sie ausdrucken, sie markieren, sie verbessern. Habe ich alles nicht getan und trotzdem möchte ich dir meine Meinung so differenziert wie möglich schildern.
Das ist auch gut so, Hauptsache ich als Autor kriege Meinungen dazu.

Hunger hat mich erst einmal an das Buch Hoffmans Hunger von Leon de Winter erinnert. Dein Prot ist da eher ein Kontrast, ein Hungerhaken. Allerdings ist die Träge Art und Weise, die neue, alte, konservative Art vielleicht ein bisschen ähnlich.
Also Hunger wird als „Haken“ bezeichnet von Torben, etwas das ihn nicht gerade freut. :)
Ist interessant wie du ihn siehst, diese „konservative“ Art. Also gut, der Job ist ein bisschen spießig und der Wunsch alleine zu wohnen vielleicht, aber ich finde die Ziele und die Mittel, die er einsetzt um die zu erreichen, die finde ich nicht konservativ.
Ich kenn aber auch die Vorlage nicht.

Ich denke kritisieren könnte man das Fehlen eines aktiven Konflikts. Eine seichte Form von Hass kommt im Hunger zwar auf, man nimmt ihm aber nie mehr als einen leichten Ärger ab. Natürlich passt diese Passivität der Geschichte (inhaltlich) wie die Faust ins Gretchen.
Ja, das war wieder ärgerlich. Es ist so, die ganze Geschichte ist aufs Ende hingeschrieben, mit dem Wissen aufs Ende hin, und in jeder Szene wird eine Kanone aufgestellt, die auf das Ende schießt.
Ich war dann gestern zumindest milde entsetzt, als ich gemerkt habe: Kein Mensch versteht das Ende! :) Und ohne das Ende ist die Geschichte ein Achselzucken, weil erst dadurch es möglich wird, die Geschichte „neu zu denken“, und sie zusammenzusetzen.
Und dann werden die Leute sauer .Und schlimme Dinge passieren, deshalb hab ich gestern noch ganz speziell und deutlich reingeschrieben, was es da mit dem Ende auf sich hat.
Das war als Pointe geplant, aber nicht als „Super-Duper-Meta-Geheimnis“ das sich dem Leser nie erschließt, und ich hab gestern noch mit 3 Leuten gesprochen und keiner hat das gesehen, also ist das einfach mein Fehler. Ich krieg es nicht hin, dem Leser etwas subtil zu vermitteln. Ich bin da zu blind, was den Text angeht. Das ärgert mich auch jedes Mal. Man muss Dinge ultimativ auflösen und klar machen, sonst ist das jedes Mal ein Griff ins Klo.
Bei Purpur hat bis heute noch keiner verstanden, dass Malta ein Fake war. :) Und wenn man dem Leser dann sagt: Aber hier und hier und hier, da steht das doch! Da sind Hinweise! Alles wurscht, werden sie nur noch wütender. Würde ich Lesungen machen, wäre ich schon gesteinigt worden!

Also das soll keine Publikumsbeschimpfung werden, aber das ist ein Mechanismus, der mir – bis jetzt immer noch nicht – vollständig klar wird. Man kann Hinweise geben, so viel wie man will, die Pointe muss eindeutig sein auf der Plot-Ebene.

Das hab ich – auch durch deinen Kommentar – gestern wieder gelernt und dafür danke ich dir!

Vor allem der Anfang hat mich begeistert, was ja angeblich gut für einen text sein soll. Axel Hacke macht das oft ganz ähnlich. Ist so eine direkte Ansprache, mit leichtem Schmunzeln. Dieser Humor in der Beobachtung geht nachher verloren, was wahrscheinlich passender ist.
Axel Hacke kenn ich sogar mal, da hat mir strudel ein paar Stücke angedreht, der ist wirklich sehr komisch, wobei ich ihn gar nicht als Autor betrachtet habe, sondern als Kolumnisten.
Die Geschichte hier hat einen Verlauf auch, sie wird, je näher sie dem Ende kommt, ruhiger. Am Anfang ist sie – genau wie Hunger auch – völlig überdreht.

Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen konnte, danke für den Kommentar
Quinn

Hey herrlollek,

den Kleinkram arbeite ich ein, ist bestimmt so auf dieser Schiene noch verdammt viel zu finden. Ist bei meinen Texten immer so. ;)

Gruß
Quinn

 

Hallo Quinn,

meine Interpretation: Hunger erpresst den Bürgermeister mit Manus Hilfe, zwingt ihn, ihn in ein reguläres Dienstverhältnis zu übernehmen und setzt Torben an die Luft. Dass Manu sich unter dem Schreibtisch befindet, bedeutet vermutlich, dass sie (*nach Umschreibung such*) französisch übt.

Gelungen finde ich diesen Text nicht, weil die Bewegung fehlt. Da wird endlos lang beschrieben, wie Leute und Umstände sind, aber die Protagonisten tun wenig. Sie reden. Dabei finden sie sich sympathisch oder unsympathisch und machen Pläne, aber niemand liebt oder hasst oder handelt. Das kommt mir vor wie ein stehender Zug: Man sieht viele Einzelheiten, aber das Ding bewegt sich nicht.

Heute also kein Lob. ;)

Freundliche Grüße,

Berg

 

Hallo Berg,

ich kann deine Kritik gut nachvollziehen. Es ist sicher richtig, dass die Geschichte nicht so aufgebaut ist, dass sie sich von einem Punkt a über b auf c zubewegt. Sondern die Idee war, dass Punkt a schon vorbei ist, Punkt c beschlossen und in der Geschichte zeigen sich die Auswirkungen und Vorbedingungen davon und auch die Frage, ob das noch zu verhindern ist.

Also du hast absolut Recht, mit dem, was du sagst, ich würde es nur anders bewerten. Aber ist klar, wenn ich die Komposition blöd finden würde, hätte ich die anders gewählt. :)
Ich muss sagen, dass mich solche Formen des Erzählens selbst interessieren, dieser ganze Kram: ungewöhnliche Komposition, unzuverlässiger Erzähler, Mosaikperspektiven, verschiedenen Zeitebenen, Chronologiespielereien, parallele Handlungsstränge - ich bin da ein großer Fan von.

Also danke für deine Kritik, du hast absolut Recht. Ich würd's nur anders bewerten, aber sonst hätte ich die Geschichte ja nicht geschrieben.
Quinn

 

Hallo Quinn

Hunger nickte knapp. Wie Verräter nicken.

An dieser Stelle kapierte ich nicht, weshalb Hunger ein Verräter sein sollte. Sein zu spät kommen konnte es nicht sein.

Es ist nicht an uns, ihn zu verurteilen. Wir haben Verständnis für ihn. Wenn nicht jetzt, dann vielleicht später, wenn sich die Schwaden des Rauchs etwas verzogen haben und uns einen klareren Blick auf den jungen Mann dort gönnen, von dem wir und von dem ein jeder weiß, dass er sieben Minuten zu spät an seinem Platz gesessen hatte.

Ah doch. Aber ist dies nicht etwas konstruiert? Ein Verräter an der Stadtverwaltung infolge Zeitdiebstahl. Wäre da Dieb nicht vielleicht treffender? Na ja, vielleicht Verrat an der Sache?

die massive Wade in Hungers Blickfeld drapiert.

Entschuldige bitte, :lol: :lol:, das drapierte Bild ist zum Schreien. Wo nimmst du nur immer solche Kombinationsgaben her.

„Nagt etwas an Ihnen?

Starke Worte, für einen Azubi und ein exorbitant riskantes Verhalten eines Bürgermeisters. (Oder hatte ich da in meiner Wahrnehmung einen Filmschnitt gemacht und ausgeblendet? :D) Als Parallele kam mir spontan eine Szene aus dem Film „Malizia“ von Samperi in den Sinn, allerdings mit umgekehrten Rollen (BM – Manu). Aber letztlich war mir nicht transparent, wohin das führen sollte, wenn nicht in einen dreifachen Untergang - oder Nötigung. Ja, der Verräter macht hier nun Sinn.

Es ist nicht an uns, ihn zu verurteilen.

Schön ironischer Schlusssatz.

Die Geschichte ist schön ruhig erzählt, mit viel Wortwitz ausstaffiert und zugleich so angelegt, dass ich sie beim Lesen nicht einfach dahinplätschern lassen konnte. Die Satzbildungen verlangten Aufmerksamkeit. Das Fehlen eines „aktiven Konflikts“ nahm ich nicht so streng wahr, ist solcher mit der Haltung von Hunger doch latent gegeben.

War mir ein Vergnügen.

Gruss

Anakreon

 

An der Zeile des Bischofs der Goten Wulfila steht

hlaif unsarana þana sinteinan gif uns himma daga,
woraus wir heute noch ohne Schwierigkeit „hlaif“ als den Laib / das Brot erkennen, „unsarana“ als uns, „gif“ als geben und „daga“ als den Tag erkennen können. So müsste die heutige buchstabengetreue Übersetzung lauten „unser regelmäßiges Brot gib uns heute“, dass wir die Zeile getrost im Luther-Deutschen als „unser täglich Brot gib uns heute“ erkennen, auf dass wir vor Not, vor allem aber dem Hunger bewahrt bleiben, denn noch das althochdeutsche „hungar“ hat weniger in den Magyaren seine Quelle, sondern wie das gotische „huhrus“ im Brennen und / oder brennenden Verlangen. Aber wer wünscht sich schon in meiner Generation, wie Dein Protagonist nach Couplands generation X in der Generation Praktikum aufgewachsen zu sein,

lieber Quinn,

Jetzt sah er ein bisschen aus wie ein Bankfachangestellter, der sich mit einem Bausparvertrag zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte, und sich eine Absicherung von seinem Chef holen musste –
ein schöner Rollentausch – bankster’s handyman, wie im richtigen Leben.
Eine Idiotie seinerseits?
Eher meinerseits,
Warum Frösche? Man weiß es nicht.
Und ich bin Fisch, wie sollt’ ich es wissen, der ich froh sein kann, nicht zum Fischstäbchen zu mutieren oder Karriere gemacht zu haben?

Und doch’n bissken Kleinkrämer – schließlich wohnen mehr denn zwo Seelen in meinem Brüstchen (selbst der größte Schnupfen findet in der kleinsten Nase seinen Platz):

… nur das Stupsen, das tolle Gestuppse …
¿stupsen / Gestuppse? Souper oder Suppe?

…, klang ein Glockespiel …
Will ich zwar nicht an die große Glocke hängen, aber gönn der Glocke ein n.

And finally -
ein „Fehlschlag“ –
wie ich’s mal nennen möchte aus der Erfahrung meines drei-Finger-Suchsystems, in der jede Tastenberührung einem Einschlag gleichkommt und das erfolgreicher als es in Libyen je sein könnte – also ein „Fehlschlag“ zum Ende der wörtlichen Rede:

„Ich glaube, ich möchte ein paar Frösche kaufen:“

Was ich vermisse, vielleicht ich Dummbax auch gar nicht erkenne, wären literarische Bezüge dergestalt
Von der Rückseite des Monitors konnte man einen Apfel erkennen, der angebissen war, vielleicht von Eva,
was mich dann an meine Schillergüsse erinnert, ohne dass man da einen Bezug herstellen kann / sollte.

Nun, ein Hungerödem wird mich klapprig dürren Kerl wohl weniger befallen und doch: Ging’s, es gäbe hier vor Ort itzo ’n Wodka (statt der Friedenspfeife – ich bin Nichtraucher) und’n Maibock, auf dass die Säfte wieder steigen.

Gruß

Friedel

 

Hallo Anakreon,

An dieser Stelle kapierte ich nicht, weshalb Hunger ein Verräter sein sollte. Sein zu spät kommen konnte es nicht sein.
Das ist ja die Eingangsfrage: Was nagt an ihm? Zum Glück kann man das noch nicht nach einem Absatz wissen, sonst hätte ich mir ja böse was vermasselt. :)
Die Idee hinter dem Text, also der Spannungsbogen, des Textes steckt in diesem Titel. Was nagt denn an ihm, was ist mit ihm nicht in Ordnung.

Na ja, vielleicht Verrat an der Sache?
Ja, das ist dieser auktoriale Erzähler hier … dieses zu spät kommen bei Hunger … das ist ja genau das, was ihn in diese Lage bringt. Er ist schlechter als Torben. Und jeder weiß das. Es sagt ihm ja auch jeder: „Deine Leistungen sind gut!“ Das ist so … „Du bist nett!“

das drapierte Bild ist zum Schreien. Wo nimmst du nur immer solche Kombinationsgaben her.
Mir kommt das beim Schreiben gar nicht so schräg vor. Die Böhm-Figur soll so sein. Jemand, der sich ins Bild drängt. Der Platz braucht, weil er auch merkt, dass er ihn nicht mehr hat.

Starke Worte, für einen Azubi und ein exorbitant riskantes Verhalten eines Bürgermeisters.
Kann man Hunger da nicht sehen, wie er vor dem Spiegel wochenlang diesen einen Satz geübt hat? :)
Der BM – ja, natürlich, aber ich finde das in der Figur glaubwürdig, sie kriegt ja nicht viel Platz. Und mal ehrlich … ein Name: Bill Clinton. :)
Also man hätte dem BM vielleicht eine Szene mehr gönnen können, das Bild von ihm wird nur indirekt gezeichnet.

Aber letztlich war mir nicht transparent, wohin das führen sollte, wenn nicht in einen dreifachen Untergang - oder Nötigung.
Ich dachte, das wär klar. Der BM ist dadurch erpressbar und gezwungen, Manu und Hunger zu übernehmen. Und was kann es besseres geben, als den Chef im Sack zu haben? Wenn der wirklich eine Karriere macht, kann er ja auch Leute „mitnehmen“. Persönlicher Referent Hunger!
Das wundert mich, aber es stimmt, es ist nicht explizit gesagt, was der Sinn dieser Aktion ist, ich dachte, es ist klar, dass Hunger unbedingt „übernommen“ werden möchte, weil es x Szenen gibt, die darauf hinweisen.
Aber es stimmt, das ist schon alles „a mess“, wie der Engländer sagt. Manu labert da noch rein, und der Vater und es ist alles ein Durcheinander hier.

Die Satzbildungen verlangten Aufmerksamkeit.
Ich fürchte, die ganze Geschichte fordert viel Aufmerksamkeit. Das ist auch eine dieser Nummern, an der ich sehr lange saß, bis ich sie zusammenhatte. Also da hab ich als Autor auch eher das Bestreben, die Geschichte beschäftige den Leser (auch wenn sie ihm furchtbar auf den Geist geht), als dass er sie konsumiert, Beifall klatscht, sich aus dem Stuhl hebt und weg ist sie.

Freut mich, dass sie dir gefallen konnte! Dann kann ich mich wenigstens erhobenen Hauptes vor Berg zeigen!

Gruß
Quinn


Hallo Friedrichard,

ja … Hunger hat auch die Bedeutung „Gier“ im englischen. Es ist schon ein zum Teil sprechender Name, wenn auch nicht so überdeutlich. Es ist ja schon eine Art von „Hunger“ und „Gier“, die zu nichts Gutem führt. Beim Stillen einer Gier tritt keine Zufriedenheit auf, keine sättigende, „gute“ Zufriedenheit. In so fern passt der Name schon.

Generation Praktikum … ja. Ich denke das stimmt schon. Ich habe zumindest versucht, das aufzugreifen und die Geschichte nicht „entkommen“ zu lassen. Vielleicht sind sie mir zu knapp geraten, und zu dicht an Klischees, die wieder etwas Komisches haben, aber im Kern sind es schon Figuren aus unserer Zeit, hoffe ich.

Die literarischen Bezüge hier sind kurz gehalten. Ich bin auch kein Freund von zu vielen außertextlichen Bezügen. Dass er in der Situation den angenagten Apfel von Apple mit dem Sündenfall in Verbindung bringt, liegt glaub ich auf der Hand. Das ist auch ein modernes „popkulturelles“ Motiv, wenn man so will. Dieser Apfel von Apple taucht auch so in Fernsehserien auf, mit genau dieser Sünde-Konnotation.
Ansonsten ein bisschen Brutus, die Frösche – das reicht dann auch an Außertextlichem, es ist ja schon eine Geschichte in den Niederungen des Alltags, da ist mir zu viel Poesie unangebracht.
Und – das schöne ist – der auktoriale Erzähler in der Geschichte sieht es so wie ich!

Danke dir für deinen Kommentar
Quinn

Ich merke schon, das wird eine Geschichte, die ich einfach mal selbst interpretiere! Immer ein gutes Zeichen!. Ach, ich geh in Meta-Threads schreiben.

 
Zuletzt bearbeitet:

Nur kurz

Als lege er Kriegsbemalung an.
Konjunktiv II legte

LG
GD

Lieber Quinn,

Ich habe meine Mittagspause genutzt, um die Geschichte zu lesen. Daher hatte ich nicht die Zeit, ausführlicher zu schreiben.
Diese Geschichte ist sprachlich durch den Erzählstil anders, als man es bei Kurzgeschichten erwartet. Ich mag auktoriale Erzählstimmen. Nur hatte ich den Eindruck, dass dann und wann doch der Indikativ zu gebrauchen war, oder der Konjunktiv nicht richtig gesetzt war. Inhaltlich war mir die Erzählung zu gesprenkelt und zu weitschweifig angelegt. Den Schluss vor Augen, war ich entäuscht. Eine Pointe gegen Ende habe ich nicht erwartet. Ich habe mich durch den Text bemüht, in der Hoffnung, dass mir die Erzählstimme etwas Bedeutsames mitzuteilen hat. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass Hunger einen Treffer unterhalb der Gürtellinie geplant hat und niemals hätte ich das als einen Verrat empfunden, wie die Erzählstimme es angedeutet hat.

Daher war die Geschichte für mich nicht so überzeugend. Ein Erzähler, der allwissend ist, sollte meiner Meinung nach daher auch nicht wertend vorgreifen und die Wertung dem Leser überlassen.

Nochmals liebe Grüße
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,

ist schade, dass der Text nicht das leisten konnte, was du dir von einem Text mit einer auktorialen Erzählstimme versprichst. Ich hab nicht die Absicht, dem Leser mit einer auktorialen Erzählstimme etwas "Bedeutendes" mitzuteilen, auf die Idee bin ich gar nicht gekommen, was sollte das auch sein?
Die Wertung in dieser Geschichte ist, glaube ich, ganz deutlich dem Leser überallassen, der letzte Satz ... überhaupt der ganze auktoriale Erzähler ist nicht so bierernst gemeint, wie es wohl den Anschein hat. Die Idee hinter dem letzten Satz - Anakreon hat das glaube ich gesagt - ist schon ironisch.

Es ist für mich als Autor natürlich nicht schön, wenn die Dinge, auf die ich beim Schreiben wert gelegt habe, auf die Handlung eben und auf die Pointe, nicht gut ankommen.
Dann hat der Text einfach auf ganzer Linie versagt.
Der Texte hier hatte eine klare Absicht:
Es wird eine Situation vorgestellt. Es wird gesagt, da hat jemand eine schwerwiegende Entscheidung getroffen, deren Ausführung noch bevorsteht. Es wird gezeigt, warum er diese Entscheidung trifft. Es wird gezeigt, was diese Entscheidung ist. Und es wird gezeigt, was diese Entscheidung auslöst.

Und dafür habe ich versucht, einen Rahmen zu finden. Das kann man auf jeden Fall ablehnen, mir weht für die Geschichte auch ein eisiger Wind entgegen. Ich hab schon ganz kalte Hände! ;) Ich find das nicht toll, aber ich find das in dem Fall auch gar nicht so schlimm.

Aus deinem Kommentar nehme ich mit, dass die Geschichte durch den auktorialen Erzähler einen Ablauf verspricht und Erwartungen weckt, die die Geschichte selbst dann nicht erfüllt und enttäuscht. Der auktoriale Erzähler ist sicher ungewohnt hier, er taucht ja auch nur an einigen Stellen auf, ich fand der gibt dem Text schon eine gewisse Note.

Danke dir für deine Kritik
Quinn

 

Die Wertung in dieser Geschichte ist, glaube ich, ganz deutlich dem Leser überallassen, der letzte Satz ... überhaupt der ganze auktoriale Erzähler ist nicht so bierernst gemeint, wie es wohl den Anschein hat. Die Idee hinter dem letzten Satz - Anakreon hat das glaube ich gesagt - ist schon ironisch.

Na der Sinn des allwissenden Erzählens ist doch, dass der Leser und der Erzähler sich ein Wertesystem teilen ;)
Der Leser der dieses Wertesystem nicht teilt, wird also mit der Geschichte weniger anfangen können. Wenn mich diese Geschichte enttäuscht, dann doch nur, dass ich offenbar die Ironie nicht lesen konnte ... ;)

Kurz und gut, wenn mir die Erzählstimme den Vergleich mit Brutus und Cäsar anstimmt und den Verrat ankündigt, erwarte ich etwas in der Art. Am Ende war es aber nur eine peinliche Situation, die mir erzählt wurde.

GD

 

Kurz und gut, wenn mir die Erzählstimme den Vergleich mit Brutus und Cäsar anstimmt und den Verrat ankündigt, erwarte ich etwas in der Art. Am Ende war es aber nur eine peinliche Situation, die mir erzählt wurde.
Echt? Das macht mich fertig, für mich war das, aus dieser Situation des Auszubildenden heraus, ein riesiges tiefeinschneidendes, lebensveränderndes Ereignis.
Ich meine das völlig ohne Ironie, das ist etwas, das sein ganzes Leben prägen wird, dieser Moment. Weil es ihn doch auch auf ewig an Manu kettet z.B. Das ist der metaphorische Verlust der Unschuld hier.

Das erklärt wahrscheinlich, warum die Geschichte in meinem Kopf viel supertoller ist als beim Leser. Diese letzte Szene wird so als Pösschen wahrgenommen, dabei meinte ich das schon sehr ernst.
"Peinliche Situation" - woah, also wenn man das so wertet, dann ist die ganze Geschichte echt scheiße. Ich dachte das rechtfertigt den Aufriss da.

VIelleicht kann ich ja der Verrohung der Welt die Schuld dafür geben, dass man das so mit einem Achselzucken abtun kann.

 

Hallo Quinn,

ich hab die Geschichte nicht ganz geschafft, aber hier meine Meinung:

Sie ist gut geschrieben, man merkt, dass du dir da viele Gedanken gemacht und das aufwändig ausgearbeitet hast.

Den Stil fand ich mit der Zeit aber immer anstrengender, ab und zu hast du so abgehackte Sachen, wo ich steckengeblieben bin und erstmal nachvollziehen musste, wie das jetzt gemeint ist. Beispiel vom Anfang:

Gerade die letzten zwei nicht sehr schön.
Fand ich anstrengend.

Zur Struktur:
Da wird Hunger beschrieben ...
Dann wird Böhm beschrieben ...
Dann wird Torben beschrieben ...
Dann wird Manuela beschrieben ...
Dann werden Hungers Eltern beschrieben ...
Und dann bin ich ausgestiegen. Klar, es gibt auch eine Handlungsebene, aber die kam mir zu kurz. Stattdessen las ich endlose Beschreibungen (die waren gut gemacht und mit manch nettem Kniff, aber es bleiben Beschreibungen), und das hat mich irgendwann gelangweilt. Ich hätte mir mehr Aktion dabei gewünscht.

Zu der Erzählerstimme kann ich nicht soviel sagen, trat ja noch nicht oft in Erscheinung, aber ich hatte nichts gegen sie. Ist halt so eine gemütliche "Schauen wir mal, was unser Held so treibt, kommt mit"-Stimme.

Zwei kleine Anmerkungen:

„Hab gehört der BM will dich sprechen, gibt’s da was?“
gehört, der

Torben konnte in seinem Gesicht bestimmt lesen wie in einem Booklet.
Ist ja löblich, dass du die Phrase "wie in einem Buch lesen" vermeiden willst, aber Booklet??

Ja, also, wie gesagt; gut gemacht, aber hat mich nicht bei der Stange gehalten.
Hoffe, du kannst damit was anfangen.

Viele Grüße,
Maeuser

P.S.: Der Titel ist witzig. :)

 

Hey Maeuser,

Sie ist gut geschrieben, man merkt, dass du dir da viele Gedanken gemacht und das aufwändig ausgearbeitet hast.
Das freut mich.

Den Stil fand ich mit der Zeit aber immer anstrengender, ab und zu hast du so abgehackte Sachen, wo ich steckengeblieben bin und erstmal nachvollziehen musste, wie das jetzt gemeint ist.
Ja ... das kann ich verstehen, das ist immer schwierig.


Zur Struktur:
Da wird Hunger beschrieben ...
Dann wird Böhm beschrieben ...
Dann wird Torben beschrieben ...
Dann wird Manuela beschrieben ...
Dann werden Hungers Eltern beschrieben ...
Und dann bin ich ausgestiegen. Klar, es gibt auch eine Handlungsebene, aber die kam mir zu kurz. Stattdessen las ich endlose Beschreibungen (die waren gut gemacht und mit manch nettem Kniff, aber es bleiben Beschreibungen), und das hat mich irgendwann gelangweilt. Ich hätte mir mehr Aktion dabei gewünscht.
Ja, das stimmt. So kann man das auf jeden Fall sehen ,das ist nicht zu entkräften. Ich finde schon, dass es immer wenn jemand beschrieben wird, auch mehr Licht auf Hungers Situation wirft, es geht ja nicht nur darum, Böhm zu beschreiben, sondern immer Hunger mit. Also das war die Idee, dass mit diesem Vorstellen der Figuren auch immer klarer wird, was mit Hunger los ist.
Aber es ist klar, es ist ein statisches Erzählen, das hat Berg ja auch so empfunden. Ich würde das nicht so negativ sehen, aber ich hab da auch keine Distanz, ich weiß nicht, wie man es anders schreiben sollte, um die Idee umzusetzen.


Zu der Erzählerstimme kann ich nicht soviel sagen, trat ja noch nicht oft in Erscheinung, aber ich hatte nichts gegen sie. Ist halt so eine gemütliche "Schauen wir mal, was unser Held so treibt, kommt mit"-Stimme.

Hoffe, du kannst damit was anfangen.
Ja, auf jeden Fall. Vielen Dank!
Quinn

 

Ich meine das völlig ohne Ironie, das ist etwas, das sein ganzes Leben prägen wird, dieser Moment. Weil es ihn doch auch auf ewig an Manu kettet z.B. Das ist der metaphorische Verlust der Unschuld hier.
:confused: methaphorischer Verlust der Unschuld?
Fazit dieser Geschichte:ein Azubi in einer angestaubten Verwaltungseinheit lernt, dass man nur voran kommt, wenn man Gelegenheiten nutzt.:whocares:

 

Fazit dieser Geschichte:ein Azubi in einer angestaubten Verwaltungseinheit lernt, dass man nur voran kommt, wenn man Gelegenheiten nutzt.:whocares:
Der bringt eine Bekannte dazu, indem er ihre falsche Versprechungen macht, dem Bürgermeister unter dem Schreibtisch einen zu blasen, während er selbst zugegenen ist, um damit die Entlassung eines Freundes zu erpressen.

Wie viel härter soll es denn noch sein? Soll ich noch ein paar Kleinkinder umbringen, oder was? :)

 

Hallo Quinn

nur zwei Anmerkungen zum Titel, der hat mich gleich mit bestimmten Leseerwartungen in die Geschichte geschickt. 1. Habe ich bei Hunger eine ganz andere Figur erwartet, jemanden mit Biss und Kraft, so Marke hungrig sein nach Freiheit, Anerkennung ... irgendwas, klar. Na ja, eben den erwarteten Hunger habe ich hier vllt gesucht und nicht gefunden, dein Held wird zwischen seinen Fronten aufgerieben, bäumt sich aber nicht auf oder so, der macht auf mich wirklich nicht den Eindruck, hungrig zu sein - zernagt wird er, das passt schon.
2. Das Fragezeichen. Bei dieser Ausrufezeichen-Diskussion war ich unentschlossen, ob man das machen sollte oder nicht, aber beim Fragezeichen bin ich entschlossen dagegen, das wirkt auf mich als bekäme ich einen Suchauftrag, um den Text nach Autorenintention zu durchforsten - kann mir vorstellen, dass das Leute ärgert, vor allem, wenn sie nichts finden und sich dann vllt fühlen wie vor einer Sphinx.

Grüße
Kubus

 

Ihr macht mich fertig.
Nach der Logik müsste "Wer hat Angst vor Virgina Wolfe?" ein Buch sein, in dem man die ganze Zeit rätselt, wen diese jungfräuliche Wolfsfrau denn letzlich umbringen wird. :)

Okay, ich sehe ein, die Geschichte funktioniert nicht so, wie ich es gern hätte. Und es bringt ja nichts, die Schuld bei den Lesern zu suchen.
Dann geh ich in mich und schreib was anderes, ohne Zombies aber.

 

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