Was ist neu

Uns schockt nix mehr, oder?

Zumindest stört es mich weitaus weniger, solche Dinge zu lesen, als zu schreiben. Während des Schreibprozesses ist ja der fiktionale Charakter des Ganzen noch präsenter. Man achtet auf Wortwahl, Stil, auf den Aufbau der Geschichte, also sehr stark auf die technischen Aspekte. Und da entwickelt sich bei mir immer eine sehr große emotionale Distanz.

 

Elisha schrieb:
… ich bin fertig, wenn meine Prots was durchleiden, wobei das bei mir ja eher psychische Leiden sind.

MrPotato schrieb:
Während des Schreibprozesses ist ja der fiktionale Charakter des Ganzen noch präsenter. Man achtet auf Wortwahl, Stil, auf den Aufbau der Geschichte, also sehr stark auf die technischen Aspekte. Und da entwickelt sich bei mir immer eine sehr große emotionale Distanz.

Da scheint es zwei verschiedene Ansätze zu geben, wie man beim schreiben an eine Geschichte herangeht. Ähnliches gibt es auch bei der Schauspielerei: Bei der Method Acting – Dustin Hoffman, Robert De Niro, Johnny Depp, etc. – sollte sich der Schauspieler mit der Rolle vollständig identifizieren, d.h. echte Gefühle entwickeln und buchstäblich in die Haut des Menschen schlüpfen, den er spielt, natürlich auf Basis seiner eigenen Erfahrungen. Dem entgegengesetzt steht zum Beispiel Forderung eines Hitchcocks, daß der Spieler nichts erfinden, sondern nur den Anweisungen des Regisseurs genau befolgen soll. Und Bert Brecht sagte gar, man muß durch Verfremdung Distanz zwischen dem Publikum und dem Geschehen schaffen, damit der Leser oder Zuschauer kritisch bleibt und nicht alles für bare Münzen nimmt.

Ich bediene mich zuweilen beider Methoden, d.h. immer dann, wenn es in einer Szene für mich zu intensiv wird, schweife ich gerne ab und lasse zum Beispiel den Protagonisten plötzlich an Dinge denken, die absolut nichts mit dem zu tun haben, womit er in dem Augenblick beschäftig ist. Besonders beliebt – oder bei Lesern gefürchtet? – sind bei mir Ausflüge in die Welt der Wirtschaft oder der Philosophie, ich finde es schön, wenn der Prot nicht wie aus einem Guß da steht, sondern vielschichtig und manchmal auch wie ungewollt lächerlich daherkommt.

 

"Schock"? Hmm... - "schocken" ist eine der primitivsten Arten, Emotion zu erzeugen. Deshalb ist es, wie man hier in bestimmten Rubriken ("Ich fickte sie durch" oder "Ein Baby, ein Beil und Bumsen") sehen kann, auch so beliebt. Ich halte davon nichts. Viel anspruchsvoller ist es, "echtes" Gefühl hervorzurufen, Grauen oder Mitgefühl etwa.
Ich gehöre auch nicht zu den Abgestumpften. Wenn es mir zu arg wird, breche ich ab. Auch Filme kann ich mir in großer Zahl nicht anschauen - selbst Kill Bill mußte ich ausmachen, weil es mir zu widerwärtig war.

Schockeffekte ertrage ich nicht. Zum einen als Autor, weil sie so einfältig sind, zum anderen als Mensch, weil es mir dabei richtig schlecht geht. Ich habe automatisch und ohne etwas dagegen tun zu können den Gedanken, wie es in der Realität wäre, d.h. mir fehlt da völlig diese Abgrenzung zwischen Fiktion und Wirklichkeit, die man als "Abgestumpftheit" bezeichnen könnte.
Es stimmt aber, daß diese Fiktionsgrenze bei den meisten Menschen schon so ausgeprägt ist, daß sie nichts mehr schocken kann. Außer mir kenne ich niemanden persönlich, der Probleme damit hätte, sich etwa Saw 2 anzuschauen.

Schockeffekte sind für Weicheier. :)

 
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Also sozusagen das kurzzeitige Aussetzen der Bewertung (und somit letztendlich auch der Verfremdung) durch den Verstand? Schock als ein kurzer Augenblick "reiner" Wahrnehmung, der zu einer notwendigen (bewussten) Reflexion über das Wahrgenommene führt?

 
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Zitat von krilliäm
Zitat:
Krilliams Mosche ist ja als standartbeispiel herangezogen worden. Meiner Meinung nach schon ein ziemlich asozialer Text

:heul:

Man krilliam, du weißt doch ... die Ebene Mosche, ein in der Literatur feststehender Begriff!

Zitat von someday
Habe den Trailer zum Film gesehen und bin unter mein Bett gekrochen. Aber das hat jetzt glaub ich nichts mit dem Thread zu tun. *hüstel*
Hab den Trailer nicht gesehen, aber bei dem Film bin ich fast eingeschlafen, weil ich ihn 0 gruselig fand.
Ich erinnere mich, ein Stephen King Buch gelesen zu haben, irgendwann mitten in der Nacht. Ich brauchte es mir nicht einmal bildlich vorzustellen und trotzdem bekam ich Angst.
Und S.K. Bücher find ich auch net gruselig (aber schon gut) :p

 

Ja bin ich. :rolleyes: Ich sag ja nicht, dass ich mich bei Filmen noch nie gegruselt habe. :rolleyes:
Und wenn sich jmd bei diesem Film/solchen Büchern gruselt: Das ist doch sogar besser, da das ja die Intention ist. Aber na ja, denk einfach nicht, hate um jeden Preis, ist schon gut so. Mich schockts jedenfalls nicht mehr :D

 
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Man krilliam, du weißt doch ... die Ebene Mosche, ein in der Literatur feststehender Begriff!
ich war nur geschockt :D

p.s. vielleicht auch der richtige zeitpunkt um mosche mal in schutz zu nehmen.
für die diskussion die hier geführt wird, taugt die story als abschreckendes beispiel nicht, weil sie eigentlich nicht schockierend ist. es spielt in einem rohen, agressiven milleu und es passieren alltägliche sachen, aber schocken. also bitte. die hätte auch vor zwanzig jahren nicht geschockt.
da gibts hier und woanders weitaus üblere geschichten.

dank an Nachtschatten

servus
le Bolderson

 

Zitat von someday
Von wem oder was wurdest du abgehärtet?
tja, eisernes Training in den Hochebenen von Iran ... (Insider)
Zitat von Nacht-
stimmts tserk? hrhr
ja (sogar wirklich)
Zitat von krill
dank an Nachtschatten
wieso bedankt krilli sich bei Nacht- und wofür? :susp:

 

Da ist mir an einer anderen Geschichte - Pub Marsienne - aufgefallen:
Ich fand die Geschichte zwar in der Wortwahl recht deftig, aber ich habe gelacht und mir keine Gedanken weiter gemacht. Andere Kritiker bemängeln jetzt dass sich der Autor über seinen prot lustig macht und ihn beleidigt. Mal abgesehen davon, dass Beleidigungen und Spott weniger schwerwiegend sind wie Mord und Seen voll Blut und Körperteilen - ich würde mich auch aufregen, wenn eine Geschichte real existierende benachteiligte Menschen, seien sie nun fett oder behindert (ich bin beides), beleidigt. Aber Geschichten mit Prots, die ganz offensichtlich nicht real sind, regen mich nicht auf. Das mag politisch unkorrekt sein, und ich weiss auch nicht genau, woran es liegt. Aber ich nehme diese Prots nicht als echte Menschen (eher wie Mangas, die ja im prüden Japan z.B. spitze Öhrchen bekommen, damit allen klar ist, dass sich da keine Menschen verlustieren).

 

um deine neudierde zu stillen werter tserk:
Nachtschatten hat mich auf einen fehler in meinem posting hingewiesen, dem galt mein dank.

 

Ich glaube ihr habt noch nie einen richtigen Schock gehabt.:D Wer von euch wurde schon traumatisiert durch Entführung Unfall pipapo. Dann wisst ihr was ein Schock ist. Dann schaltest du ein Überlebenslicht an, oder einen Überlebensknopf aus. Du siehst dich als fremde Person, die agiert ohne zu reagieren.

schockiert ist man, wenn die Wahrnehmung entsprechend gereizt wird. Bei manchen ist die Reizschwelle hoch, bei manchen niedrig. Außerdem wird die Reizschwelle immer höher, je öfter man sie reizt. Das Gehirn lernt den Reiz als harmlos herauszufiltern.

 

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