Was ist neu

Und überall die Hölle

Challenge 1. Platz
Challenge 1. Platz
Seniors
Beitritt
08.01.2002
Beiträge
5.120
Zuletzt bearbeitet:

Und überall die Hölle

Am 27. Juli 1943 brachen siebenhundert britische Flugzeuge auf, um einen Bombenteppich von mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen. Durch die besondere Wetterlage begünstigt brannte innerhalb von wenigen Stunden ein Großteil des Hamburger Ostens ab. In dieser Nacht erstickten und verbrannten 30.000 Menschen, fast eine Million wurde obdachlos.

„Da draußen steht eine Nonne", rief Thea.
„Ja, ich weiß, Pastor Mackels hat sie angekündigt", erwiderte Theas Mutter Maria, „sie soll reinkommen."
„Oh, entschuldigen Sie bitte, Sie sitzen ja noch alle bei Tisch, ich wollte Sie nicht beim Mittagessen stören."
„Kein Problem, wir sind fertig. Nehmen Sie Platz", sagte Maria, „und Irma, du räumst bitte den Tisch ab."
„Das ist ungerecht, Günter und Thea können auch mal dran sein", maulte Irma, aber sie erhob sich sofort und griff nach den Esstellern und Bestecken.
„Es geht um ihre kleine Thea, wir könnten sie während der großen Schulferien in unserem Franziskus-Kinderheim auf Nordstrand unterbringen. Wir haben da noch einen Platz frei, weil eine Familie mit ihrem Kind nach Ostpreußen umgezogen ist."
„Ich weiß nicht", sagte Maria an ihren Mann gerichtet, „ich hätte gern alle unsere Kinder bei uns. Was meinst du?"
„Darf ich auch mit nach Nordstrand?", bettelte Irma, „du hast mir schon die Kinderlandverschickung nicht erlaubt."
„Ich werde euch nicht auch noch von denen betreuen lassen."
„Aber Mama, alle meine Freundinnen in Tschechien haben erzählt, dass dort keine Bomben fallen. Und die machen so tolle Sachen da, Ausflüge und ..."
„Das kommt gar nicht in Frage. Und jetzt ist Schluss."
„Leider können wir auch nur die Kleinsten in Nordstrand aufnehmen, da ist nur Platz für rund vierzig Kinder und Irma ist mit ihren elf Jahren schon drüber. Tut mir leid."
„Man munkelt, dass die Briten massive Bombardierungen planen", sagte Marias Ehemann, „da ist es besser, wenn wir Thea nach Nordstrand geben. Dann musst du nur mit Irma und Günter in den Luftschutzkeller. Das ist für dich einfacher."
Maria wiegte den Kopf hin und her.
„Meine Frau ist nachts immer allein mit den Kindern. Ich arbeite bei der Bahn, muss die Züge begleiten, die jede Nacht aus Hamburg rausgefahren werden."
„Also gut, schweren Herzens. Ist vielleicht gar nicht verkehrt, wenn Thea mal eine Weile keinen Luftalarm mitmachen muss. Die reden immer noch vom Endsieg und wer wird regelmäßig bombardiert? Wir!"

Nachdem die Nonne gegangen war, sagte Marias Ehemann: „Bitte sei doch in Zukunft nicht so unvorsichtig, vor einer Fremden so über die Partei herzuziehen."
„So weit kommt es noch, dass ich mir in meiner eigenen Wohnung den Mund verbieten lassen muss. Dieser Hitler und sein totaler Krieg. Feiern wir eigentlich Jubiläum, wenn wir den 150. Luftangriff überlebt haben? Fehlen ja nur noch ein paar."

Am 27. Juli stieg das Thermometer, wie an sehr vielen Tagen in diesem ungewöhnlich heißen Sommer, in Nordstrand auf 30 Grad.
„Darf ich ins Wasser? Es ist so furchtbar heiß", bettelte Thea.
„Nein! Heute nicht und an allen anderen Tagen nicht."
„Nur ein bisschen am Rand?"
„Nein, darfst du nicht, dann wollen es nämlich alle. Und wir können nicht auf euch alle aufpassen."
„Nur einmal kurz mit den Füssen, bitte."
„Auch das nicht, Schluss jetzt! Ihr könnt nach dem Abendbrot noch draußen spielen. Aber um Acht seid ihr alle in euren Betten!"

Gegen 20 Uhr befanden sich alle zwölf Mädchen in ihrem Schlafsaal, es kehrte langsam Ruhe ein und die Betreuerinnen zogen sich in ihre Zimmer zurück.

Nachts wachte Thea von dumpf dröhnenden Geräuschen auf. Sie stieg aus dem Bett und blickte durch eines der Fenster des Schlafsaals nach oben, wo ein Flugzeug nach dem anderen über das Heim hinwegflog.
Dieser endlos grollende Motorenlärm erschütterte das Haus so, dass die Fensterscheiben klirrten und es unter Theas Füssen vibrierte.
Alle Mädchen rannten an die Fenster, Liesel, Theas Freundin drängte sich neben sie.
„Das sind die Engländer, gleich werfen sie die Bomben auf uns."
„Nein, Hilfe!", rief Thea und klammerte sich an Liesels Arm, „wir müssen weglaufen."
Aber da stand bereits eine der Betreuerinnen im Raum:
„Ihr müsst keine Angst haben, die bombardieren uns nicht, die fliegen alle weiter nach Hamburg. Sofort wieder ins Bett und schlafen, euch passiert hier nichts."
Die Mädchen folgten nur zögernd, ein paar weinten.

Thea stieg zu Liesel ins Bett und beide Kinder drückten sich ganz dicht aneinander.
„Ich hab‘ solche Angst", flüsterte Thea.
„Ich auch", sagte Liesel.
„Und wenn die ganzen Bomben jetzt alle auf Hamburg fallen?"
„Wer hat dir erlaubt, in einem fremden Bett zu schlafen? So geht das nicht! Aber sofort raus da, ab in dein Bett!", schimpfte eine Betreuerin, die plötzlich neben Liesels Bett stand.
„Ich hab‘ so große Angst", gestand Thea kleinlaut.
„Was? Das will ich nicht gehört haben. Jetzt wird geschlafen!"

Es dauerte lange, bevor das letzte Mädchen endlich in einen unruhigen Schlaf gefallen war, den das ununterbrochene Brummen der Flugzeugmotoren begleitete.

Am 27. Juli hatte auf einem Flugplatz nahe Cambridge Royal Airforce Sergeant Clifford, den seine Kameraden alle wegen seiner roten Haare Redcliff nannten, den Einsatzbefehl erhalten, Hamburg zu bombardieren.

„Flugwetter gut, Sicht gut, kaum störender Wind, unsere Pathfinder werden die Leuchtmarkierungen zielgenau absetzen. Innerhalb dieser farbigen Eckpunkte wird bombardiert", sagte der Offizier beim Briefing.
„Die ersten Bomber werden wieder rund eine Million Stanniolstreifen abwerfen, um das Radar abzulenken. Die Flak wird wieder keine gezielten Schüsse setzen können und die Nachtjäger werden ohne ihre Radarortungen auskommen müssen", fügte er hinzu.
„Das seh ich aber anders", raunte Redcliffs Funker ihm leise zu, „die Deutschen hatten zwar nur noch dichten Zackennebel auf ihrem Radar, aber die verteufelten Nachtjäger haben uns vor zwei Tagen ganz schön eingeheizt."
Redcliff nickte. ‚Die verdammten Auspuffflammen‘, dachte er, ‚die reinsten Einladungen für den Feind.‘
„Die kennen unsere Achillesferse", sagte er, „so klasse die neuen Lancaster sind, aber mir wäre lieber, wir könnten auch nach unten schießen."
„Ihr werdet kaum auf Gegenwehr stoßen", fuhr der Einsatzoffizier fort, „die Nazis haben ihre Lücken in Stalingrad schließen müssen. Die Flakgeschütze sind jetzt mit Kids besetzt. Die schießen nur blind drauf los."

Redcliff hockte am Rand des Flugfeldes im Gras und sah zu, wie seine viermotorige Lancaster betankt und mit Spreng- und Brandbomben beladen wurde, als der Navigator sich zu ihm setzte.
„Das Bomber Command hat Befehl gegeben, dieses Mal nicht aufgelockert in breiter Gefechtsformation, sondern in eng zusammengefassten Wellen zu fliegen. Sollten die Nazis wieder unseren Funkverkehr zur Basis stören, benötige ich die wachsamen Augen der anderen."
„Klar, ich spreche gleich mit den Männern", sagte Redcliff und zog eine Zigarette aus der ihm angebotenen Packung. Er griff in die Hosentasche seines Overalls, um sein Feuerzeug hervorzuholen, aber sein Navigator kam ihm mit seinem zuvor.
„Wir müssen besonders auf die Wirbelschleppen achten, wenn die Maschine nämlich zu sehr durchgeschaukelt wird, könnten sich die Brandbomben verkeilen", sagte der Navigator.
„Ich weiß, am liebsten wäre dir, wir gingen sanft auf Reiseflughöhe und bewegten danach unsere Ärsche keinen Zentimeter mehr bis zum Abwurf der Bomben. Sag mal, kennst du unseren neuen Bordschützen?"
„Nein, nicht persönlich", sagte der Navigator, „hab mich aber schon umgehört, weil ich wusste, du würdest fragen. Er soll okay sein. Die haben ihn zur RAF geholt, weil er ein verdammt guter MG-Schütze ist. Bisschen schrullig ist er schon. Hat da so‘ ne dicke kantige Ausbuchtung in der Brusttasche und ich sag zu ihm ‚Na, ist da dein gesamter Zigarettenvorrat drin oder weshalb beult es sich so?‘ Daraufhin zieht er eine Bibel aus dem Overall ‚Gehört meiner Anne‘, sagt er, ‚die Drecksnazis haben ihr in Coventry eine verpasst und wenn es mich auch erwischt, hab ich sie gleich dabei, um sie ihr zu geben.‘
„Dieser Krieg nimmt jedem was", sagte Redcliff, „dem einen die Braut, dem andern das Leben, und dem Rest jede Illusion."

„Er hat mich übrigens auch über dich befragt."
„So?"
„Wollte wissen, ob du was drauf hast als Pilot."
Redcliff lachte: „Was hast du geantwortet?"
„Ich habe gesagt, es gibt zwei Sorten von Piloten: Die einen sind die Techniker und die sind vielleicht gar nicht mal schlecht und die anderen, das sind die Virtuosen, die in das Fliegen verliebt sind. Die brennen dafür, in der Luft zu sein. Und jetzt darfste mal raten, von welcher Sorte Redcliff ist."
„Du trägst ja ganz schön dick auf, aber danke, dass du so viel von mir hältst."
„Du hast mir zweimal das Leben gerettet, Redcliff. Mit jedem anderen Piloten läge ich jetzt auf dem Grund der Nordsee."
„Irrtum, ich hab nur mein Leben gerettet und da du mit an Bord warst, ließ sich nicht vermeiden, dass du auch am Leben bliebst."
„Der beste Schutz für die Crew ist ein Pilot, der lebend nach Hause will. Wer sonst ist fünfundzwanzig Mal zurückgekommen?"

Redcliff gab keine Antwort. Seine Augen wurden eng, als er an der Zigarette zog.
„Sag mal, der andere Bordschütze, hat der eigentlich immer noch seinen kleinen Lederkoffer mit dem Whisky und der Havanna dabei?"
„Ja", grinste der Navigator, „der beschützt seinen Koffer immer noch, als sei es sein Leben. Wenn er das weiter so durchzieht, müssen wir das Ding bald in die Checkliste mit aufnehmen."

Gegen 22 Uhr kletterten Redcliff und seine sechs Mann Besatzung in die nagelneue Lancaster mit Doppelseitenleitwerk und Geschützstand. Diese Verbesserungen machten das Flugzeug wendiger.
Im Bombenschacht hingen eine zwei Tonnen schwere Bombe, von den Crews „Cookie" genannt und 300 Brandbomben.
Die Bomben sollten innerhalb des markierten Zielgebiets in den Wohngebieten Hamburgs abgeworfen werden.
Die Hamburger betitelten diese sehr langsam vom Himmel herabsinkenden beleuchteten Teile sarkastisch als „Tannenbäume", weil sie eine ähnliche Form hatten und wie beleuchtete Weihnachtsbäume aussahen.
In der Maschine war es stickig und eng. Um sich während des ohrenbetäubenden Lärms der Propeller überhaupt verständigen zu können, waren alle Besatzungsmitglieder mit Kopfhörern und Mikrofon ausgestattet.
Ab einer Flughöhe von circa 3.000 Metern würden sie Sauerstoffmasken aufsetzen müssen.
Unterhalb von Redcliff saß der Bordingenieur, der nacheinander die vier Motoren anließ und ihm ein Zeichen gab, sobald alle vier gleichmäßig auf fast identischer Umdrehungszahl liefen.
„Hab die Startfreigabe erhalten", meldete euphorisch der Co-Pilot, ein blutjunger Bengel von gerade mal zwanzig Jahren.
’Vor fünf Jahren war ich auch so‘, erinnerte sich Redcliff, ‚aber da musste ich noch nicht Bomben auf Wohngebiete werfen.‘

Sie überflogen den Ärmelkanal und Redcliff forderte seine Leute auf, die Sauerstoffmasken anzulegen.
Um das Risiko zu minimieren, vom Boden aus abgeschossen zu werden oder in das Visier eines Nachtjägers zu geraten, begann Redcliff damit, in stetig ausholenden Schwüngen zu fliegen. Er nahm etwas Gas raus, ging leicht in die Schräglage und drückte den Steuerknüppel runter, um ihn danach wieder hochzuziehen.
Ein kräftezehrendes Unterfangen, weil weder Höhen- noch Seitenruder mit einer Servounterstützung ausgestattet waren.

„Mann, Redcliff, ich werd‘ gleich seekrank", lästerte der Navigator.
„Stimmt", steuerte der Bordingenieur bei, „er sieht schon ganz grün im Gesicht aus." Alle lachten.
„Nur Selbstmörder und Idioten fliegen starr geradeaus", sagte Redcliff.
„Außerdem haben wir wertvollste Fracht dabei, wenn ich so an den kleinen Lederkoffer denke, der sich bei unserem MG-Schützen befindet."
„Hat sich also der Inhalt herumgesprochen", konterte dieser, „aber ich sag euch Leute, so einen Whisky habt ihr in eurem Leben noch nicht getrunken."

Plötzlich knallte es ohrenbetäubend. Ein ungestümer, kräftiger Stoß ging durch die Lancaster, der den Steuerknüppel hart wie Beton gegen Redcliffs Hände schlug, den Co-Piloten zur Seite drückte und die beiden Bordschützen mit ihren Schädeln gegen die Längsspanten schlagen ließ.
„Flak", schrie der Navigator, „wir müssen aus dem Scheinwerfergürtel raus."
Redcliff riss sofort die Maschine herum, tauchte rein in das schützende Schwarz der Nacht. Alle Augenpaare suchten in dieser Dunkelheit angestrengt nach Stellen, wo die Lancaster getroffen sein könnte.
‚Bitte nicht die Tanks‘, dachte Redcliff, ‚bitte auch nicht die Motoren.‘
„Kein Motorenleistungsabfall, Temperaturen in der Norm", kam die rettende Nachricht des Bordingenieurs, als hätte er Redcliffs Gedanken gelesen.
„Alles okay bei euch?", fragte Redcliff und bekam von allen positive Rückmeldungen.
‚Verdammt‘, dachte er, ‚so schnell kann es gehen. Da pinselt so ein Flakjunge mal eben mit seinem Scheinwerfer ziellos den Himmel durch und schon haut uns der nächste seinen Zufallstreffer in die Flanken.‘
„Geschoss könnte den Bombenschacht getroffen haben", mutmaßte der Bordschütze.

„Wir haben unser Ziel gleich erreicht", sagte der Navigator.
„Leicht auszumachen", sagte Redcliff, „ganz Hamburg brennt."
‚Es ist zwar alles andere als einfach, in 15.000 Fuß Höhe eine vollständig verdunkelte Stadt überhaupt auszumachen, aber jetzt in dieses Inferno weitere Brandladungen zu werfen? Das überlebt doch keiner mehr da unten", dachte Redcliff. ‚Aber wenn wir uns weigern, kommen wir alle vor’s Kriegsgericht.‘
„Wir überfliegen in zehn Sekunden die Abwurfposition", teilte der Navigator mit.

Eine Bombe benötigt circa eine halbe Minute, ehe sie aus 4.000 Metern kommend auf dem Grund aufschlägt. In einer parabelförmigen Kurve wirbelt sie herab, wird vom Luftwiderstand gebremst, von den Seitenwinden abgelenkt und wenn sie ein Dach abdeckt, ein Stockwerk durchlöchert, ist der Bomber, der sie abgeworfen hat, schon längst mehrere Kilometer weit weg auf dem Rückflug.

Der Bombenschacht der Lancaster öffnete sich, um zunächst den „Cookie" herabfallen zu lassen, danach klappte der Schacht mit den rund 300 Brandbomben auf, die wie an Bindfäden gehalten gleichmäßig hintereinander Stück für Stück niederfielen.
‚Von wegen Hafenanlagen zerstören und die U-Boot-Produktion auslöschen, so wie es laufend in unseren Zeitungen steht‘, dachte Redcliff, ‚das gehört seit zwei Tagen der Vergangenheit an. Jetzt haben wir Befehl, ganze Stadtteile auszuradieren. Und was passiert dann? Sie werden dasselbe mit uns machen.‘
Aber diese Gedanken, die ihm ein flaues Gefühl im Magen verursachten, schob er beiseite, dafür war jetzt nicht der geringste Raum, um darüber nachzudenken. Sie befanden sich auf dem Rückflug, der genauso gefährlich war wie der Hinflug.

Am 27. Juli heulten drei an- und abschwellende Sirenensignale um 23.40 Uhr: Fliegeralarm. Der Klang war den Hamburgern vertraut und das, was nun folgte, war Routine.
Die drückende Sommerschwüle hatte etliche nicht fest schlafen lassen. Sie wurden auf der Stelle wach. Viele hatten sich bereits bekleidet ins Bett gelegt und schlüpften nun schnell in die Schuhe. Das Luftschutzgepäck, meist ein kleinerer Koffer mit all den wichtigen Papieren, Lebensmittelkarten, Geld, Schmuck und Medikamenten stand griffbereit im Korridor einer jeden Wohnung.
Theas Familie lebte im vierten Stock eines Hauses in der damaligen Hamburger Straße im Stadtteil Altona-Nord. Den Drahtfunk, eine besondere Möglichkeit, über das Radio noch vor den Sirenen gewarnt zu werden, hatte man nicht genutzt, um Stromkosten zu sparen. Der Familie wäre sonst aufgefallen, dass der wegen seiner beruhigend, fast schon einschläfernden Stimme Onkel Baldrian genannte Nachrichtensprecher eine ungewohnte Formulierung gewählt hatte: „Achtung! Achtung! Sehr sehr! starke Anflüge auf Hamburg. In wenigen Minuten fallen die ersten Bomben. Suchen Sie die Luftschutzkeller auf."

Weil Theas Vater nachts arbeitete, war es ihre Mutter, die dafür sorgte, dass Günter und Irma aufwachten und auf der Stelle in den Luftschutzkeller eilten. Ihr strenges Regiment hatte dazu geführt, dass zeitraubende Diskussionen, speziell mit ihrem dreizehnjährigen Günter, der oftmals bei Fliegeralarm liegen bleiben wollte, nicht mehr stattfanden. Beide Kinder fügten sich, rannten die vier Etagen herunter, aus dem Haus heraus, über einen kleinen Hinterhofgarten in einen gesonderten, vom Haus getrennten Luftschutzkeller.

Als sie den Schutzraum erreicht hatten, befanden sich dort erst zwei weitere Personen. Ein Soldat auf Fronturlaub, der seine im ersten Stock wohnenden Eltern besuchte. Ein Nachbar, der im dritten Stock wohnte. Von diesem wussten die Kinder, dass er nicht an Gott glaubte, weil er stets darüber lästerte, dass sie sonntags regelmäßig in die heilige Messe gingen.
„Wo, sind die anderen aus dem Haus?", fragte Maria den Nachbarn aus dem dritten Stock und an den Soldat gerichtet: „Wo bleiben Ihre Eltern denn?"
Sie bekam keine Antwort, denn die Bombardierung begann mit solch einer Wucht, dass die Welt zusammenzustürzen drohte.

Die Kellerinsassen schwiegen in lähmender Angst, die Hölle draußen war um so lauter: Rasend wildes Flakfeuer, dieses unaufhörliche Taktaktaktak, das Heulen fallender Sprengbomben, das Krachen und Splittern, das Bersten und Poltern, das Knallen und Scharren und unheimliche Pfeifen und dazwischen das nicht enden wollende tiefe Brummen der Bomber.
Die elfjährige Irma klammerte sich panisch an den Arm ihrer Mutter. Ihr war egal, dass sie gleich getadelt würde. Aber in dieser Nacht kam von ihrer Mutter kein zurechtweisendes: „Beherrsch dich, du blamierst mich!" Irmas zwei Jahre älterer Bruder Günter blickte nur starr auf seine Schuhe. Er hatte Ober- und Unterkiefer fest aufeinandergepresst, weil er sonst vor Panik mit den Zähnen geklappert hätte.
Die Versteifungen des Kellers knarrten, die Wände knirschten, als würden sie sich verschieben, bei jedem Bombenabwurf bebte der Kellerboden.

Das bleiche Gesicht des Soldaten zeigte sein Entsetzen, er schüttelte immer wieder den Kopf. Dann presste er hervor: „Das ist ja grauenvoll, an der ganzen Front habe ich so was nicht erlebt." Das Kellerlicht fing an zu flackern.
Die Bombeneinschläge rückten immer näher. Immer wuchtiger zu hören, als krachte ein Riese mit gewaltigen Stiefeln in die Häuser und bewegte sich auf ihr Haus zu.
Der Nachbar aus dem dritten Stock fiel unvermittelt auf seine Knie und faltete die Hände zum Gebet. Panisch flehte er: „Herrgott hilf!" ‚Wenn so einer jetzt betet‘, dachte Irma, ‚dann sind wir hier verloren.‘
„Mutti, wir werden sterben", schrie sie und zog bei jeder Detonation den Kopf ein. Mörtel löste sich von der Kellerdecke.

Bomben, die treffen, hört man nicht mehr. Aber diese letzte Bombe, die den Keller traf, hörten die Eingeschlossenen. Ein Fauchen, eine dumpfe unbarmherzige gewaltige Detonation und der Keller war innerhalb einer Sekunde mit rotem Backsteinstaub vernebelt.

Der Riese war angekommen.

Das Kellerlicht, das wie durch ein Wunder nicht ausgegangen war, schaffte es nicht, den dicken roten Schleier zu durchdringen.
Alle husteten, verschluckten sich an der roten Luft.
„Raus, wir müssen hier raus, die Bombe hat vielleicht einen Zeitzünder", sagte wer und die Männer zogen mit vereinten Kräften die Stahltür auf. Doch dahinter rutschten ihnen Schutt, Geröllbrocken, Steine, Holzbalken entgegen.
„Die Treppe ist verschüttet. Hier kommen wir nicht raus. Wir müssen zum Nachbarkeller durchbrechen."
Die Männer schlugen mit Axt und Beil die dafür vorbereitete Öffnung in die Wand. Die auf der anderen Seite der Kellerwand in der Dunkelheit sitzenden Insassen halfen, sie durch das Mauerloch zu sich herüberzuziehen. Maria hatte ihren Notkoffer fest an sich gepresst und nicht aus der Hand gegeben, als sie in den Nachbarkeller durchrutschte. Er enthielt die Lebensgrundlage der gesamten Familie. Dass dies ihre einzige Habe war, wusste sie in diesem Moment noch nicht.
„Unsere Treppe ist auch verschüttet", sagte jemand aus dem Nachbarkeller, „aber man holt uns hier gleich raus."

Als man sie aus einer Öffnung hochgezogen hatte, stand die dreiköpfige Familie ratlos auf der Straße. Es war Nacht und alles in rußgeschwärzten Nebel getaucht. Hinter ihnen ihr brennendes Haus, vor ihnen auf der gegenüberliegenden Straßenseite das lichterloh in Flammen stehende Fotogeschäft, das eine so immense Hitze ausstrahlte, dass man nicht stehenbleiben konnte. Ihnen bot sich ein furchtbares Bild. Die gesamte Straße war zugeschüttet mit Steinen, Geröll, Staub, Asche, Glassplittern, Schutt. Brennende Papierfetzen flogen umher, setzten sich auf Haut und Kleidung, suchten gierig nach Nahrung. Die meisten Häuser brannten, waren zum Teil schon zusammengebrochen. Fassaden waren einfach auf die Straße gekippt. Überall beißender Brandgeruch, der den Atem nahm. Die Augen brannten vom Rauch. Die Lungen stachen. Wohin sollten sie nun?

Sie liefen die Hamburger Straße entlang bis zur Ecke Langenfelder Straße, in der irrigen Hoffnung, dass man doch einfach nur um die Hausecke biegen müsste, um in Sicherheit zu sein. An der Ecke angekommen, sahen sie ihren Irrtum. Auch diese Straße war ein einziges Flammenmeer, das durch Rußschwaden hindurchleuchtete.
Unerträgliche Hitze trieb sie von diesem Flächenbrand zurück, Qualm, der sie zwang, die Augen zuzukneifen und am liebsten nie wieder zu öffnen. Wie ein brausender Orkan peitschten Glutwinde über das Kopfsteinpflaster, zogen brennende Balken mit sich, wirbelten Latten und Dreck, Steine, Scherben auf, entzündeten stämmige, noch vor Stunden gesunde dicht belaubte Bäume. Sie mussten umkehren.

„Zur Schule in der Arnkielstraße, die haben dort einen großen Schulhof, der ist groß, da kann es nicht brennen", rief Maria beiden Kindern zu.
Sie rannten auf die Hamburger Straße zurück, an ihrem nun lichterloh brennenden Haus vorbei und Maria wäre fast der Länge nach hingefallen, als sie einen verzweifelten Blick in den vierten Stock hinaufschickte, wo ihre Wohnung von den gefräßigen Flammen vertilgt wurde.
An der nächsten Ecke schrie jemand „Halt! Die Fassade schwankt schon." Vor ihren entsetzten Augen stürzte die obere Hälfte einer Hausfront mit donnerndem Getöse auf die Straße. Der dunkle Rauch der Brände färbte sich für ein paar Sekunden hell. Die Fassade hatte die Oberleitungen der Straßenbahn mit sich gerissen, sie mussten über diese Drähte steigen, die sich wie lange Würmer wanden und bösartige Stolperfallen bildeten. Maria war bereits ein ganzes Stück vorausgelaufen, hatte ihre Kinder zurückgelassen, als Irma unvermittelt vor einer dieser Schlangen wie angewurzelt stehenblieb. Sie blickte ausdruckslos in das lodernde Feuer eines brennenden Hauses. "Komm", brüllte Günter und wollte sie mit sich ziehen. Aber Irma hatte ihren Beutel mit Brot und Salami, den sie gehorsam bis eben getragen hatte, achtlos fallengelassen und rührte sich nicht. Die Strahlhitze des brennenden Hauses sengte tief in ihren Lungen, die verkrusteten Augen waren ein einziger Schmerz, sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, quälendes Halskratzen. Und ihre Kräfte hatten sie verlassen. Ihr Bruder begriff, was mit ihr los war. Wusste instinktiv, dass sie den Kampf, überleben zu wollen, aufgegeben hatte. Rabiat boxte er sie in den Rücken, weckte ihre Wut auf seine Schläge und mobilisierte damit einen kleinen Rest Willen in ihr. An seiner zerrenden Hand stolperte sie mehr, als dass sie ging, weg von den höllischen Flammen, weiter die Straße hinauf, immer wieder nach links oder rechts ausweichend, um den niederstürzenden Gesteinsbrocken zu entwischen. Aber dann war jäh Schluss. Die Straße, die zur Schule führte, bestand nur noch aus brennenden Häusern, an ein Durchkommen war nicht zu denken.

Sie retteten sich zusammen mit ihrer Mutter in ein noch intakt erscheinendes Haus, getrieben von peinigendem Durst. Vor Stunden hatten sie noch im vierten Stock eine gemütliche Wohnung besessen, jetzt war alles vernichtet und ihre Wünsche reduzierten sich einzig und allein auf einen Becher Wasser.

Sie stiegen in dem noch unversehrten Treppenhaus die Stufen zur ersten Wohnung hoch und öffneten sie. Sie war wie alle Wohnungen bei Bombenalarm gemäß der Hausordnung nicht abgeschlossen, damit die Luftschutzhelfer jederzeit ungehindert löschen konnten. Im selben Moment kamen auch ihre Bewohner aus dem Luftschutzkeller nach oben und das Wunder geschah: Es sprudelte munter Wasser aus dem Hahn in der Küche, als gäbe es da draußen kein Inferno.
„Wir wollen in die Schule Arnkielstraße, aber kommen hier nicht durch und die Langenfelder Straße ist auch ein einziges Flammenmeer", sagte Maria mit angsterfülltem Blick durchs Küchenfenster.
„Sie können über unseren Hinterhof gehen, der Zaun dort grenzt an die Schule, ich hole schnell die Axt und mache dort den Weg frei", sagte der Hausherr.
So schlüpften sie durch dieses in den Zaun geschlagene Loch auf den Schulhof.

„Oh Gott, die Schule brennt ja auch!", sagte Maria entsetzt, als sie das Gebäude erblickte.
Draußen stoben die Funken nur so um sie herum, sie mussten sich gegenseitig laufend die Kleidung abklopfen, damit sie nicht Feuer fing.
Als die kleine Familie in dem Luftschutzkeller der Schule eintraf, hatten schon an die zweihundert Leute dort Unterschlupf gefunden. Hier hofften sie, endlich etwas ausruhen zu können.

Das Feuer der Schule hatte sich jedoch auf die Turnhalle ausgebreitet, die sich direkt vor dem Luftschutzkeller befand. Die Luft im Keller wurde immer stickiger und verbrauchter. Da die Motoren für die Belüftung nicht funktionierten, aber dringend Luft in den Keller hineingebracht werden musste, bedienten zwei Männer eine für diesen Fall vorgesehene Handkurbel. Günter beteiligte sich an dieser kräfteraubenden Tätigkeit. In der Zwischenzeit hatte die in Flammen stehende Turnhalle eine so ungeheure Strahlhitze entwickelt, dass niemand mehr aus dem Keller herausgelangen konnte. So befanden sich die drei für Stunden in einer Falle.

Irma saß neben einem Mädchen, das immer wieder in Schüben weinte und bei dem es die Erwachsenen aufgegeben hatten, es zu trösten. Es kümmerte niemanden mehr. Jeder Einzelne war froh, noch am Leben zu sein.
„Was ist denn passiert?", fragte sie.
„Meine Kaninchen auf dem Balkon", schluchzte das Mädchen, „ich hatte dort zwei weiße im Stall, die sind bestimmt verbrannt."
Und da weinte auch Irma, weil sie die Vorstellung, dass diese schutzlosen Kaninchen nun auf so grausame Weise umgekommen waren, unendlich traurig machte. Die in Flammen stehende Turnhalle verschlechterte die Luft im Luftschutzkeller dramatisch. In dem Raum wurde es durch den Rauch immer dunkler. Es ließ sich nur beißender Rauch in den Keller kurbeln. Es entspann sich ein Streit darüber, ob man lieber nicht mehr Luft hinein sog oder es trotz des unerträglichen Qualms tat, um nicht ersticken zu müssen.

Morgens gegen sechs Uhr war die Turnhalle komplett abgebrannt, es konnte aber wegen der Hitze immer noch niemand aus dem Keller heraus. Sie mussten noch Stunden verharren, bis die Hitze sie durchließ.

Obwohl herrlichstes Sonnenwetter war, blieb Hamburg an diesem Tag dunkel. Eine gigantische Rauchwolke verdeckte die Sonne. Noch gegen Mittag benötigte man elektrisches Licht, um sehen zu können. Die kleine Familie beschloss, in den Schrebergarten der Tante Tine zu fliehen. Sie hofften, dass es dort nicht brannte.
Auf ihrem Weg sahen sie dicke Ascheschichten auf den kahlen Bäumen, die in dieser Nacht alle Blätter abgeworfen hatten. Und sie sahen Tote, gegen Mauern und Bäume gelehnt, ausgestreckt auf dem Gehweg, friedlich am Bordstein sitzend. Neben sich aufrecht stehend ihre Koffer mit dem Allernotwendigsten. Als warteten sie geduldig darauf, dass sich ihre Besitzer gleich wieder erheben, um mit ihnen weiterzugehen.

Am Morgen des 28. Juli hatte sich auf Nordstrand die bedrückende Stimmung wie eine bleischwere Decke auf die Kinder gelegt. Sie wollten wissen, ob die Bomber wirklich alle nach Hamburg geflogen waren und was dort passiert war. Die Betreuerinnen wichen aus und versuchten, die bohrenden Kinderfragen in eine andere Richtung zu lenken. Sie hatten jedoch nicht damit gerechnet, dass siebenjährige Kinder, die um ihre Eltern und Geschwister bangten, sich zu kleinen Erwachsenen verwandelt hatten, die beharrlich und unablässig weiter drängten und ihnen keine Wahl ließen.
„Es gibt keine Telefonverbindung nach Hamburg und auf Post müssen wir warten", sagte eine der Frauen.
„Ich will zu meiner Mama", weinte eines der Kinder und ein weiteres folgte.
„Das geht aber nicht", erwiderte eine der Betreuerinnen.
„Warum geht es nicht? Warum hast du geweint?"

Am Horizont in Richtung Hamburg hatte sich ein seltsames Phänomen gezeigt. Während auf Nordstrand der Tag einen klaren blauen Sommerhimmel hervorbrachte, war über Hamburg gleich einem Vulkan eine glutrote Haube mit einer sich darüber hochauftürmenden dunklen Wolkendecke zu sehen.
„Ganz Hamburg ist kaputt gemacht worden", platzte es aus einer der Frauen heraus, „alle sind tot."

Mit diesem Satz löste sie ein nicht mehr zu bändigendes Entsetzen und Weinen unter den Kindern aus, die sich nicht mehr beruhigten, sondern immer tiefer in Verzweiflung gerieten.
Thea und Liesel saßen auf der Bettkante und hielten sich an den Händen fest.
„Ich bin so traurig", schluchzte Thea und drückte sich an Liesel.
„Und mein Bauch tut weh."
„Ich hab auch so Bauchweh", sagte Liesel ganz leise.
„Du hast wenigstens noch die Greta, die dir dein Papa geschenkt hat", sagte sie zaghaft.
„Ich habe nichts von meinen Eltern."
„Warte", sagte Thea und kniete sich neben das Bett, holte ihren kleinen, braunen Pappmasché-Koffer darunter hervor und ließ dessen Klappverschlüsse aufschnappen.
„Du darfst mit ihr spielen", und sie drückte Liesel die kleine Puppe in den Arm.
„Da ist ja ein Foto von deiner Familie", Liesel zeigte auf das im Innendeckel des Koffers klebende Schwarz-Weiß-Foto.
„Ja, da sind wir alle drauf", sagte Thea und Tränen liefen ihr die Wangen herunter, „Papa hat es mir da reingeklebt, damit es nicht verloren geht."

„Was macht ihr beide da?", fragte eine Betreuerin, „das Bett ist nicht zum Spielen da, pack deinen Koffer sofort weg, Thea! Und beeilt euch, es ist Zeit für unseren Nachmittagsspaziergang."

Thea ging an der Hand einer der Frauen. Gemeinsam wanderten sie auf den kleinen Deich, um auf die Nordsee zu gucken. Aber das in der Sonne glitzernde Wasser konnte Thea nicht mehr begeistern, sie drehte sich weg. Plötzlich schnellte ihr Zeigefinger in Richtung der Landstraße.
„Guck mal, genauso sieht die Uniform meines Papas aus."
„Man richtet nicht den Zeigefinger auf fremde Menschen!"
„Aber die sieht genauso aus, wie bei Papa, der ist nämlich Zugschaffner." Gebannt ließ Thea diesen Mann, der immer näher kam, nicht aus den Augen.

Und dann riss sie sich von der Betreuerin los.
„Papa", schrie sie und rannte so schnell den Deich herunter, dass sie ins Stolpern geriet. „Papa!", rief sie und flog in die Arme des Mannes, der sie hochhob und an sich drückte.

 

"Liebe Freunde, wisst ihr, was das große Problem ist?", … Das große Problem ist, dass Deutschland, dass Europa ihre Männlichkeit verloren haben. Ich sage: Wir müssen unsere Männlichkeit wiederentdecken. Denn nur, wenn wir unsere Männlichkeit wiederentdecken, werden wir mannhaft!" Höcke wird immer lauter. "Und nur, wenn wir mannhaft werden, werden wir wehrhaft. Und wir müssen wehrhaft werden, liebe Freunde!", tönte es am 18.11.2015 zu Erfurt(Björn Höcke in sieben Szenen), und manch schlichtes Gemüt wird auf die Floskel „menneclī(c)h“ (vorsicht, mhd.!) hereinfallen und das mittelalterliche Bild des „bewaffneten“ (= wehrhaften) Mannes für gut heißen

In Anlehnung an eine Aussage, die Friedrichard gemacht hat, könnte ich mir vorstellen, die Geschichte:

Über ihnen die Hölle
Und überall die Hölle
Überall die Hölle
Und über uns die Hölle


Grund genug,

liebe lakita,

noch einmal vorbeizuschauen, das Thema hoch- und wachzuhalten, dass Höcke & Co(nsorten) nicht eines Tages doch Oberwasser gewinnen und ich doch gerade erst an anderer Stelle (zur Ardennenoffensive, welche die Sinnlosigkeit aufzeigt, gegen den Rest der Welt anzutreten– ein Zeichen, dass der GröFaZ in Mengenlehre, Statistik, geschweige Wahrscheinlichkeitsrechnung, kurz, im Umgang mit Zahlen mehr als eine Niete war) gerade erst folgendes Zitat eingestellt habe:

"... hätte sich Deutschland noch bis spät in den Sommer 1945 halten können ... dann
wäre unweigerlich der erste Atombombenabwurf auf eine deutsche Stadt erfolgt. Die
Atombombe war ja nicht aus Furcht vor Japan, sondern vor Deutschland entwickelt worden."
Karl-Heinz Frieser, Militärhistoriker
(https://www.dw.com/de/der-%C3%Bcberlebende-der-ardennenoffensive/a-51647996,
auch: Ardennenoffensive: Hitlers letzter Sieg hätte die Atombombe bedeutet - WELT)

Aber im Bunker (oder Keller) lernt man allemal, was im zivilen Leben verlorengeht und was im Niederländischen „nood leert bidden“ (da braucht‘s keiner Holländisch Kenntnisse, um daraus ein nhd. „Not lehrt beten“ zu erkennen) und plötzlich glaubt und fleht man wieder nach einer höheren Instanz, von der ja schon der oder die Schöpfer des Monotheismus festlegten, dass man seinen Namen nicht missbrauschen, vor allem aber sich kein Bild(nis) von ihm machen solle. Aber viel entscheidender ist, dass die Gebote auch für die Großen dieser Welten und somit der Gesetzgeber / Vormund nicht außerhalb des Gesetzes steht (was dann natürlich auch für Kirchenfürsten gilt).

Aber zum Text, denn je größer die Änderung, umso größer die Gefahren, die lauern - wobei bei mir hier bereits der Blitz einschlug

„Das ist unfair, Günter und Thea können auch mal dran sein", maulte Irma enttäuscht, …
in der Frage, darf das das, „unfair“, die Sprache des Feindes wählen? Nicht erschrecken, ich hab wieder was dazugelernt: Das Wort findet sich seit 1915 (!) im Duden …
„Also gut, schweren Herzens, ist vielleicht gar nicht verkehrt, wenn Thea hier mal raus kommt.
Wie zuvor im Satz „rausgefahren werden“ auch „rauskommen“, ein Wort, kann aber durchaus die alte Schreibweise sein, wie hier
Soweit kommt es noch, dass ich mir in meiner eigenen Wohnung den Mund verbieten lassen muss.
Heute „so weit“ und nur noch als Konjunktion – soweit ich weiß – zusammen.

Die Erzieherinnen hatten dies wegen der drückenden Hitze beschlossen gehabt, denn müdegespielte Kinder würden besser ein- und durchschlafen.
„Gehabt“ kann weg m. E.

Maria hatte ihren Notkoffer fest an sich gepresst und nicht aus der Hand gegeben[,] als sie in den Nachbarkeller durchrutschte.

Wie dem auch wird,

schöne Tage diese Tage wünscht der

Friedel

 

Herzlichen Dank, lieber @Friedrichard
fürs nochmalige Drüberschauen und Raussuchen der Fehler.
Gehe sofort dran (so viel Zeit ist noch vorm Mittagmachenmüssen) alles auszubessern.

"... hätte sich Deutschland noch bis spät in den Sommer 1945 halten können ... dann
wäre unweigerlich der erste Atombombenabwurf auf eine deutsche Stadt erfolgt. Die
Atombombe war ja nicht aus Furcht vor Japan, sondern vor Deutschland entwickelt worden."
Karl-Heinz Frieser, Militärhistoriker
Wie wahr!

in der Frage, darf das das, „unfair“, die Sprache des Feindes wählen? Nicht erschrecken, ich hab wieder was dazugelernt: Das Wort findet sich seit 1915 (!) im Duden …

Oh Mist, ich achte sonst immer drauf, dass die Worte auch in die Zeit passen und dann habe ich sogar noch Glück, dass der Duden auf meiner Seite ist, aber ich werde es trotzdem ändern.

Wie zuvor im Satz „rausgefahren werden“ auch „rauskommen“, ein Wort, kann aber durchaus die alte Schreibweise sein, wie hier
wird in Ordnung gebracht, wie alles andere auch
Heute „so weit“ und nur noch als Konjunktion – soweit ich weiß – zusammen.
wird korrigiert


Höcke ist der eine Kriegstreiber, aber du erwähnst gar nicht AKK, die der festen Überzeugung zu sein scheint, dass wir endlich auch mal militärisch aktiver mitmischen sollen in der Weltpolitik und nicht mehr immer nur die Herbeigerufenen sein sollten. Weiß die wirklich, was sie da redet? Mich gruselt es, wenn ich so etwas lese.

Lieben Gruß
lakita

 

Höcke ist der eine Kriegstreiber, aber du erwähnst gar nicht AKK, die der festen Überzeugung zu sein scheint, dass wir endlich auch mal militärisch aktiver mitmischen sollen in der Weltpolitik und nicht mehr immer nur die Herbeigerufenen sein sollten.

Ach ja, ich vergaß, das gackernde [a'kaka] - irgendwo muss man ja seine Schrottmobilien loswerden, aber immer noch besser, als aus der Deutschland AG eine Filale unterm Black Rock (nicht zu verwechseln mit dem großartigen Spielfilm "Black Robes") zu werden. Aber bekanntermaßen spannt der Landsmann die Pferde erst im Merzen an.

Tschüss & immer noch schöne Tage diese Tage,

Het windje

 

Hallo @lakita
ich habe zwei Bücher in meinem Regal stehen, die mich sehr an den Stil deiner Geschichte erinnert haben (Der Zirkusbrand und Der Untergang der Titanic).
Da wird auch eher berichtend von einem Unglück geschrieben, mit nüchternen Zahlen und man liest die Liebe zum Detail und den Fleiß beim Faktensammeln. Dazwischen folgt man dann aber auch einigen Personen, erfährt ihr Schicksal und kriegt so einen tieferen, anekdotischen Bezug zum Thema. So klingt dein Text auch auf mich und ich mag den Ansatz.
Was mich beim Lesen deines Textes gestört hat, sind die Dialoge. Gerade dort willst du ja vermutlich Empathie und Nähe wecken, allerdings klingen sie sehr konstruiert und "leblos". Vielleicht hilft es schon, wenn du sie mal laut liest. Sehr oft dachte ich "So spricht weder ein Erwachsener, noch ein Kind, noch überhaupt jemand in dieser Situation."
Ich habe mal ein paar Beispiele vom Anfang herausgesucht:

Ich werde euch nicht von diesen Verbrechern auch noch betreuen lassen.
Grammatikalisch (vermutlich) richtig, aber allein die Satzstellung klingt weit weg von der Sprache, die ich nutzen würde.
"Ich werde euch von diesen Verbrechern nicht auch noch betreuen lassen."
So würde ich es ausdrücken. Beim Sprechen nimmt man die "nicht auch noch"-Konstruktion eher nicht auseinander.
Merkst du den Unterschied?
Aber Mama, alle meine Freundinnen sind da und die haben erzählt, dass dort keine Bomben fallen, in Tschechien.
Hier hatte ich das Gefühl, du willst mir total viele Infos geben, was im "Reportage-Teil" total in Ordnung finde. Hier geht es aber um ein kleines Mädchen und die Satzstellung klingt wieder komisch. Meine Zehnjährige vergisst beim Erzählen (vor allem unter Stress) sehr oft, dass ich nicht immer alle Infos habe, um sie zu verstehen. Sie würde sich nie so elaboriert und kompliziert ausdrücken. Da würde eher sowas kommen wie: "Aber Mama, alle aus der Klasse sind in Tschechien. Und Gisela hat erzählt, dass es da keine Bomben gibt.
„Sie müssen nämlich wissen, dass meine Frau nachts immer allein mit den Kindern ist. Ich arbeite bei der Bahn und da muss ich die Züge begleiten, die zur Sicherheit jede Nacht aus Hamburg rausgefahren werden."
Noch so ein Infodump, der sich in den "Emotions"-Teil geschlichen hat.
Wie beim letzten Mal werden erneut rund eine Million Stanniolstreifen abgeworfen, um das deutsche Radar abzulenken. Bei eurem heutigen Einsatz wird die Flak wieder keine gezielten Schüsse setzen können und die Nachtjäger werden ohne ihre Radarortungen auskommen müssen"
Hier auch. Warum muss er erklären, welcher Nationalität das Radar ist? Warum muss er erzählen, dass es eine Million Streifen werden? Wenn ich mir so ein Briefing vorstelle, dann eher in zügigen Sätzen, ohne Verben, ohne überflüssige, weil den Akteuren bekannten, Infos.
"Es wird wie beim letzten Mal laufen. Wir werfen Staniol ab. Im Bestfall gibt es also kein (Kraut)Radar, keine Flak und blinde Nachtjäger."
es gibt immer sonne und solche Piloten.
Ich würde es im Geschriebenen gar nicht nutzen, sondern "Solche und solche" schreiben. Wenn du "so ne" nutzen willst, dann aber so.

Wie oben schon gesagt, ich finde den Ansatz gut, ich mag die Mischung aus Fakten und Einzelschicksalen. Bei Letzterem (vor allem in der Umsetzung der Dialoge) ist noch Luft nach oben.

man liest sich
huxley

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @lakita,

Historik ist nicht mein Steckenpferd, daher bin ich sicher keine gute "Kontrollinstanz" in Sachen: Was war wann wie wo mit wem und wer hat wen wann angegriffen. Da gibt es, wenn ich die vorigen Kommentare überfliege, so manch einen klugen Kopf und klugen Friedel ;) - die sind mir so weit voraus ist, da hänge ich mich gar nicht erst dran. Ich möchte Dir als "schlichte" Leserin einfach den Eindruck schildern, der beim Lesen entstanden ist. Es gibt nur wenige Stellen, an denen ich ins Stolpern geraten bin. Welche das sind und wieso weshalb, dazu später mehr.
Was ich dir gern dalassen möchte, ist die Freude, die du mir beim Lesen gemacht hast.
Du hast es geschafft, den Krieg, der an Trauma und Drama und Leid kaum zu überbieten ist, mit leisen Passagen greifbar zu machen, so dass mir an mancher Stelle beim Lesen die Buchstaben vor Augen verschwommen sind. Das war wirklich schön, so ergriffen zu sein. Den Text als so lebendig zu empfinden, dass ganz automatisch Bilder in mir entstanden sind. Danke für so eine schöne und beeindruckend recherchierte Arbeit. Das macht Lust auf ein ganzes Buch.

Thea stieg zu Liesel ins Bett und beide Kinder drückten sich ganz dicht aneinander.
"Ich hab‘ solche Angst", flüsterte Thea.
"Ich auch", sagte Liesel.
„Und wenn die ganzen Bomben jetzt alle auf Hamburg fallen?"
"Wer hat dir erlaubt, in einem fremden Bett zu schlafen? So geht das nicht! Aber sofort raus da, ab in dein Bett!", schimpfte eine Betreuerin, die plötzlich neben Liesels Bett stand.
"Ich hab‘ so große Angst", gestand Thea kleinlaut.
"Was? Das will ich nicht gehört haben. Reiß dich zusammen, Kind!"
Ein Dialog, der für meinen Geschmack sehr natürlich rüberkommt, ich sehe, höre, "fühle" die beiden Mädchen und ihre Angst. Die Flugzeuge donnern über ihre Köpfe, der Boden vibriert. Ich wüsste nicht, was mir da noch fehlen sollte, um die Angst zu spüren, außer ein hauchdünn geflüstertes "Ich habe Angst" von einem kleinen Mädchen, das sich dicht an ein anderes drängt. Abgesehen von dem abschließenden "Reiß dich zusammen, Kind!", das nach meinem Empfinden auch durch eine Form von "Ruhe jetzt und schlafen!" ersetzt werden könnte, denn auch daraus würde hervorgehen, dass mit Sicherheit gerade die Betreuerin spricht. Reiß dich zusammen und dann noch Kind, das liegt mir ein bisschen quer im Bauch und erscheint ein wenig steif, aber der Rest des Dialoges und auch der vorangegangene Absatz mit dem Mädchen, das sagt: "Das sind die Engländer!" - für mich war das sehr greifbar.

Die Szene mit den Mädchen im Schlafraum und den Flugzeugen über den Köpfen beendest Du mit einem Satz, der runtergeht wie warmer Kakao mit Marshmallows.

Es dauerte lange, bevor das letzte Mädchen endlich in einen unruhigen Schlaf fiel, den das ununterbrochene Gebrumm der Flugzeugmotoren begleitete.
:herz:

Die Strenge der Betreuerinnen, die sich durch den ganzen Text zieht, hinterfrage ich kein Stück. Es liest sich logisch, falls man das so sagen kann. Dass hier eher harsches Krisenmanagement, statt Kinderseelen-Betreuung an der Tagesordnung ist, ist nachvollziehbar, wenn nicht sogar überlebenswichtig? Darauf spielst Du auch an in einem Abschnitt am Ende an, eine dieser vielen Stellen, an denen ich dachte "mit vielen Details gespickt und psychologisch gut um die Ecke gedacht", denn Du hast an so vieles gedacht, das erstmal nicht so furchtbar erwähnenswert scheint, aber im Gesamtbild rund und natürlich wirkt:

Weil Theas Vater nachts arbeitete, war es ihre Mutter, die mit strengem Regiment dafür sorgte, dass Günter und Irma aufwachten und auf der Stelle in den Luftschutzkeller eilten. Ihre erbarmungslose fordernde Art hatte dazu geführt, dass zeitraubende Diskussionen, speziell mit ihrem dreizehnjährigen Günter, der oftmals bei Fliegeralarm einfach im Bett bleiben wollte, nicht mehr stattfanden.
:thumbsup: Wirklich gut.

Genauso wie dieses Detail, das nur am Rande erwähnt wird und kaum eine Rolle spielt, mir aber gut in Erinnerung geblieben ist:

Bisschen schrullig ist er schon. Hat da so‘ ne dicke kantige Ausbuchtung in der Brusttasche und ich sag zu ihm ‚Na, führst du deinen gesamten Zigarettenvorrat mit dir oder weshalb beult sich das da so?‘ Daraufhin zieht er eine Bibel aus dem Overall und sagt: ‚Die gehört meiner Anne, die Drecksnazis haben ihr in Coventry eine verpasst und wenn es mich auch erwischt, hab ich sie gleich dabei, um sie ihr zu geben.‘
So gut. Der Navigator, den ich mir genau so vorstelle, dass er so ein Zeichen der Liebe natürlich schrullig finden muss. Und den Gedanken überhaupt mit Anne und der Bibel in der Brusttasche. Das Maximum dessen, was an "Gefühlsduselei" in einer solchen Szene kurz vor Abflug denkbar erscheint und es wird im Dialog beiläufig als Eigenart interpretiert. Genial.

Nochmal zu den Betreuerinnen:

„Ganz Hamburg ist kaputt gemacht worden", platzte es aus einer der Frauen heraus, „alle sind tot."
Das ist schroff. Bitterböse. Löst natürlich eine Tränenflut und ein Entsetzen bei den Kindern aus. Man fragt sich 'Wie kann sie nur?' und gleichzeitig weiß man es auch: es ist ein Zeichen von absoluter Hilflosigkeit, Verzweiflung, Angst, Panik und vor allem Überforderung. Ich finde diesen Satz so toll, wie man ihn angesichts seiner Grausamkeit eben toll finden kann. ;)

"Hm, dieser Scheißkrieg nimmt jedem was", sagte Redcliff, "dem einen die Braut, dem andern das Leben, und allen anderen jede Illusion."
Trocken. Absurd. Und doch real, weil der menschliche Verstand immer irgendeinen Weg sucht, um mit dem Erlebten irgendwie zurecht zu kommen. Und wenn am Ende nur Zynismus bleibt.

Noch ein Beispiel für fühlbare Augenblicke, wenn auch chronologisch wild durcheinander:
Der Dialog zu Beginn zwischen den Eltern und der Kirchenmitarbeiterin.

„Sie müssen nämlich wissen, dass
:lol: Oh Nein! Ich hab mir die Hände überm Kopf zusammen geschlagen, während ich meine und viele andere Mütter leibhaftig vor mir stehen sehen habe, die private Informationen an Menschen ausplaudern, die es eigentlich nicht zu interessieren hat oder interessiert, und die dann mit "Sie MÜSSEN nämlich wissen" beginnen. Auch, wenn hier der Vater spricht, für mich ist das ein sehr natürlich wirkender Gesprächsfetzen.

Und auch dieser Part, wenn auch ohne Dialog.

Sie hatten jedoch nicht damit gerechnet, dass siebenjährige Kinder, die um ihre Eltern und Geschwister bangten, sich zu kleinen Erwachsenen verwandelt hatten, die beharrlich und unablässig weiter drängten und ihnen keine Wahl ließen.
Was sollten sie auch sonst tun? Wie könnten sie sich damit zufrieden geben, still im Eck sitzen zu müssen? Dass Du das beschreibst, bringt mir die Not der Kinder, die ohnehin bedrückend greifbar ist, noch ein Stückchen näher.

Es gibt aber auch Stellen, die mir beim Lesen eher widerstreben, anstatt sich geschmeidig einzufügen:

Also gut, schweren Herzens, ist vielleicht gar nicht verkehrt, wenn Thea hier mal rauskommt. Dieses ewige Gerenne bei Luftalarm geht auch mir langsam auf die Nerven. Die faseln immer noch vom Endsieg
Hier isses ja auch schön, aber wennse mal rauskommt, wärs auch ganz nett?
Ewige Gerenne und faseln. Irgendwie wirkt es so salopp. Bei ewigem Gerenne denke ich intuitiv an Weihnachtseinkäufe.
Dieser Hitler und sein totaler Krieg.
Ich weiß nicht, aber zum Glück musst Du es wissen. :)

Ich habe noch Zitate gesammelt, weil mich die Vielfalt der Details beeindruckt hat.
"nicht aufgelockert in breiter Gefechtsformation, sondern in eng zusammengefassten Wellen"
"in ausholenden Schwüngen zu fliegen", "weil weder Höhen- noch Seitenruder mit einer Servounterstützung ausgestattet waren" um nur kurz drei Beispiele zu nennen, da das ja von anderen auch schon viel gelobt wurde. Nur hier im Gesamten, weil ich es besonders gut fand:

Plötzlich knallte es ohrenbetäubend. Ein ungestümer, kräftiger Stoß ging durch die Lancaster, der den Steuerknüppel hart wie Beton gegen Redcliffs Hände schlug, den Co-Piloten zur Seite drückte und die beiden Bordschützen mit ihren Schädeln gegen die Längsspanten schlagen ließ.
„Flak", schrie der Navigator
was mich erzählerisch total packt und dann
Eine Bombe benötigt circa eine halbe Minute, ehe sie aus 4000 Metern kommend auf dem Grund aufschlägt. In einer parabelförmigen Kurve wirbelt sie herab, wird vom Luftwiderstand gebremst, von den Seitenwinden abgelenkt und wenn sie ein Dach, ein Stockwerk durchlöchert, ist der Bomber, der sie abgeworfen hat, schon längst mehrere Kilometer weit weg auf dem Rückflug.
dieser Abschnitt, in dem Du stilistisch in einen Bericht wechselst, der mich aber nicht raushaut, sondern für einen kurzen Verschnauf-Moment sorgt, weil mein Hirn sofort weiß "ah gut, puuuuh - ein paar Fakten, ein bisschen Distanz zum haarsträubenden Geschehen - von wegen! Es wird noch schlimmer. Und wieder ergreift mich die Tragweite der Worte die dort stehen. :sconf:

Das machst Du echt gut. Hin und wieder auch so kleine Versionen davon, wie

Bomben, die treffen, hört man nicht mehr.
Das ist so wuchtig, grausam, endgültig und zugleich in so schöne Worte verpackt, dass ich es mir nicht anmaßen würde, auch nur einen Augenblick den Wahrheitsgehalt dieser Aussage anzuzweifeln. Ich glaube Dir jedes Wort und könnte nur heulen.

So. Jetzt noch ein letztes Lob, denn den Nachbarn aus dem dritten Stock zu erfinden, ist wieder so eine Nuance, so eine Feinheit, die als Sinnbild einfach toll funktioniert.

Ein Nachbar, der im 3. Stock wohnte und von dem die Kinder wussten, dass er nicht an Gott glaubte, weil er stets darüber lästerte, dass sie sonntags regelmäßig in die heilige Messe gingen
und der dann auf die Knie fällt und zu Gott betet. Auch wenn es unangemessen ist, aber :lol:.

Wie Du im Übrigen den Koffer an vielen Stellen einbettest (als Notfallkoffer, Whiskey-Koffer, Pappmascheekoffer, der Koffer mit dem Allernotwendigsten) ist im Sinne der challenge aus meiner Sicht mehr als erfüllt und gelungen. Zumal der Koffer im Krieg ja - blöd gesagt - eine überaus entscheidende Rolle trägt. Und so empfinde ich den Notfallkoffer ebenso real, wie den kleinen Lederkoffer, der Whiskey und eine Havanna und in meiner Vorstellung noch das an den Rändern zerfetzte Foto einer jungen Frau enthält. Schön gelöst von Dir.

Hier noch, was ich als "störend" empfand.

Ihnen wurde tatsächlich von außen geholfen.
Für meine Ohren so ein unschönes Wort. Es soll ausdrücken, dass ihnen entgegen ihrer Erwartung geholfen wurde. Aber es ginge tatsächlich vielleicht auch anders. :)
Die Augen brannten vom Rauch.
dicht gefolgt von
Rauch, der sie zwang, die Augen zuzukneifen und am liebsten nie wieder zu öffnen.
Doppeltes Bild. Dabei hast du an einer der Stellen auch noch den stechenden Qualm in den Lungen (nicht so, aber so ähnlich) im Text. Da bräuchte es den Rauch in den Augen womöglich nicht zweimal.

Und dann gibt es zwei Stellen, verzeih mir, wenn ich albern werde:

Gemeinsam erklommen sie den kleinen Deich,
und
Thea durfte, wie alle anderen auch, noch nicht einmal mit den nackten Füßen im Meereswasser patschen.
Also diese beiden Worte kommen in diesem ganzen Horrorszenario plötzlich mit einem feinen Tee-Service ums Eck und gesellen sich sodann bei Kaminfeuer und Keksen zu feiner Runde?
Könnten sie nicht vielleicht auch anders den Deich "bezwingen" oder gleich oben ankommen. Und das Meereswasser, ich weiß nicht, ob so gewollt, und falls es einen Grund für Dich hat, warum Du dem Meer ein es anhängst, dann will ich mich hüten, was zu sagen. Nur würde ich über Meerwasser weniger stolpern oder schmunzeln. Oder in die See, das Meer. Du wirst die "richtige" Version schon finden.

Und wenn es auch letztlich noch ein kleines Happy-End im großen Elend gibt, schmälert das nicht die Wirkkraft des Titels "Und überall die Hölle".

Liebe @lakita,
deine Geschichte hat mich gefesselt, abgeholt und mitgenommen. Danke.
Und frohe Weihnachtstage. :xmas:

Frieda Kartell

 

Hallo lakita,

da ist sie also, deine Geschichte über die Fliegerangriffe auf Hamburg. Auch die Silberstreifen kommen drin vor, so wie du es unter meiner gleichnamigen Geschichte angekündigt hast. :)

ich habe die vielen Kommentare nicht gelesen, kann also sein, dass sich was doppelt.

Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, befand sich die siebenjährige Thea im katholischen Sankt Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand.
Hier fielen mir die ZDF-Sendungen von Guido Knopp ein. Diese History-Filme sind so aufgebaut wie deine Geschichte. Historische Fakten, dann kommen Schauspieler und es werden einige Szenen nachgespielt, dann wieder Fakten usw.
Ich persönlich mag diese Sendungen gerne. Als Geschichte finde ich's ein wenig schwierig.

„Darf ich auch mit nach Nordstrand?", bettelte Irma, „du hast mir schon die Kinderlandverschickung nicht erlaubt."
Würde ein Kind von Kinderlandverschickung sprechen?

Am 27. Juli stieg das Thermometer wie an sehr vielen Tagen in diesem ungewöhnlich heißen Sommer auf 30 Grad.
Hier wieder so ein Infodump.

"Ich hab‘ so große Angst", gestand Thea kleinlaut.
"Was? Das will ich nicht gehört haben. Reiß dich zusammen, Kind!"
Ja, kann ich mir gut vorstellen dass die Betreuer so gehandelt haben.

„Wie beim letzten Mal werden erneut rund eine Million Stanniolstreifen abgeworfen, um das deutsche Radar abzulenken.
Da werden die Silberstreifen erwähnt. Die Szene, wie sie eingesetzt werden, hätte ich ich gerne gelesen.

„Ich weiß"(LEERZEICHEN),schmunzelte Redcliff,

es gibt immer sonne und solche Piloten.
sonne?

"Sag ich ja, der beste Schutz für einen Navigator ist ein Pilot, der lebend nach Hause will. (WARUM ZEILENWECHSEL?)
Und 25 Einsätze lebend zu überstehen, das macht dir nicht jeder nach."

Redcliff schaute ernst, (PUNKT statt KOMMA)"Ich
fragte er: (WARUM ZEILENWECHSEL?)
„Sag mal,

’Vor fünf Jahren war ich auch noch so besessen und ungestüm, wenn ich im Cockpit saß‘, erinnerte sich Redcliff, ‚aber da musste ich auch noch nicht Bomben auf Wohngebiete werfen.‘
Ich fände es besser zu lesen, wenn die Gedanken kursiv wären, zumal es bei den Gänsefüßchen ein kleines Durcheinander gibt. Mal beginnst du mit Gänsefüßchen unten, mal oben.

‚Und auf dieses Inferno werfen wir jetzt noch eine weitere Brandladung. Das überlebt da unten keiner mehr‘, dachte er, ‚aber wenn wir unsere Bomben nicht abwerfen, komme ich mit der gesamten Besatzung vors Kriegsgericht.‘
Der zweite Satz ... Hm. Denkt er das tatsächlich? Er hat doch schon viele Angriffe geflogen.

Eine Bombe benötigt circa eine halbe Minute, ehe sie aus 4000 Metern kommend auf dem Grund aufschlägt. In einer parabelförmigen Kurve wirbelt sie herab, wird vom Luftwiderstand gebremst, von den Seitenwinden abgelenkt und wenn sie ein Dach, ein Stockwerk durchlöchert, ist der Bomber, der sie abgeworfen hat, schon längst mehrere Kilometer weit weg auf dem Rückflug.
Gut recherchiert. Aber für mich zu sehr Info.

im 4. Stock
vierten

zur 1. Wohnung
ersten

Dein Text wirkt auf mich, als hättest du die Infos, Daten und Fakten zuerst gehabt und drumherum eine Geschichte gebastelt. Sicherlich erreichst du damit eine große Zielgruppe/Zuhörerschar, die an Berichte über den Zweiten Weltkrieg interessiert ist.
Um das Thema zum Beispiel jungen Leuten zugänglich zu machen (Schulklasse z.B..), würde ich persönlich die Infos herausnehmen und separat rüberbringen.

Hat mir dennoch gut gefallen.

Wünsche dir frohe Tage.
Liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo @lakita

ich konnte mit dem Text nichts anfangen. Es gibt unzählige Dokumentationen über den Krieg. Da muss schon etwas Besonderes geschehen, um mein Interesse zu wecken. Mir gelingt es zu keinem Zeitpunkt, zu einer der Figuren eine Beziehung aufzubauen. Das liegt sicher an dem berichtenden Erzählstil, aber auch an der klischeehaften Charakterisierung.
Die vielen historischen Details interessieren mich in einer fiktiven Geschichte nicht. Ich hätte nichts dagegen, wenn sie elegant mit der Geschichte verwoben wären. Aber in Deinem Text höre ich ständig einen Lehrer, der mich von der Geschichte ablenkt.

Schönen Gruß!
Kellerkind

 

Puh! Harte Kost.
Und schon allein daher: Danke für diese Geschichte!
Mir wurde mehr als einmal vorgeworfen, allzu Unerfreuliches in einen Text gegossen zu haben. Was man "kennt" und lieber meidet, möchte man wohl eher nicht in einer Kurzgeschichte lesen. Und da schreit alles in mir: DANN ERST RECHT!
Ein paar Eindrücke nach dem zweiten Lesen:

„Also gut, schweren Herzens, ist vielleicht gar nicht verkehrt, wenn Thea hier mal rauskommt. Dieses ewige Gerenne bei Luftalarm geht auch mir langsam auf die Nerven. Die faseln immer noch vom Endsieg und wer wird regelmäßig bombardiert? Wir!"
So isses. Manchen Zeitgenossen muss man das wohl ausgiebig plakativ vor die hohle Stirn hauen.
Redcliff hockte am Rande des Flugfeldes im Gras
Gefühlt unnötig. Aber Geschmackssache.
"Hm, dieser Scheißkrieg nimmt jedem was", sagte Redcliff, "dem einen die Braut, dem andern das Leben, und allen anderen jede Illusion."
Jeder Scheißkrieg!
Viele hatten sich bereits bekleidet ins Bett gelegt
Passt für mich nicht recht. Geht auch ganz ohne oder mit "noch".
Bei nochmaligem Nachdenken auch Geschmackssache.
Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, befand sich die siebenjährige Thea im katholischen Sankt Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand.
Ein Einstieg, der mich gleich gepackt hat. Ich werfe hier die Reihenfolge ducheinander ... Sorry.
noch einmal vorbeizuschauen, das Thema hoch- und wachzuhalten, dass Höcke & Co(nsorten) nicht eines Tages doch Oberwasser gewinnen
Dem ist nicht viel hinzuzufügen.

(Auch) ansonsten habe ich die Kommentare nur überflogen. Ich bleibe dabei. Es gibt gute Gründe und hinreichend Motivation, solch eine Geschichte zu schreiben.

Ich brauche hier nicht mehr Nähe zu den Charakteren, es ist eine Kurzgeschichte, kein Roman. Emotionen kommen (zumindest bei mir) schon allein durch die Vorstellung des Infernos auf. Mein erster Gedanke war, ob du wohl damals dabei warst. So viele Details, klar, die lassen sich recherchieren, man muss es aber auch machen. Und das hast du ordentlich.

Auch wenn das Thema nicht gefällt, die Geschichte tut es. Gut gemacht!
Liebe Grüße
Joyce

 

Liebe lakita,

ich möchte die Feiertage nutzen, um noch ein paar Koffer-Geschichten zu lesen und zu kommentieren. Nun bin ich gleich an so ein monumentales Textstück geraten, puhh!

Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, befand sich die siebenjährige Thea im katholischen Sankt Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand.

Das ist ein für mich schwieriger Anfang für eine KG. Ich höre da eine Stimme aus dem Off, die nur dazu da ist, Informationen weiterzugeben. Dazu noch soviele Zahlen in einem Satz. Ich bin mir sicher, dass man das alles sehr subtil innerhalb des Textes einflechten könnte. Für mich hat das in der aktuellen Form in Ansätzen sogar etwas fast Satirisches an sich, also natürlich nicht vom Inhalt her, aber die Form, wie die Information rübergebracht wird. Ich höre diesen Satz immer, wenn ich ihn lese und mit mit einer bestimmten Betonung wird es einfach komisch, ich kann das nicht anders erklären, sorry. Vielleicht, weil zwei Extreme dargestellt werden.

Mein Anfang wäre:

„Da draußen steht eine Frau von der Kirche", rief Thea aufgeregt.

„Du weißt warum ich keinen von euch in diese Naziheime gegeben habe. Ich werde euch nicht von diesen Verbrechern auch noch betreuen lassen."
Das ist mir zu gestelzt, ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Mutter (dazu noch im Beisein von Fremden, Obacht: Feind) so mit ihrem Kind spricht.

„Leider können wir auch nur die Kleinsten in Nordstrand aufnehmen, da ist ja nur Platz für rund 40 Kinder und Irma ist mit ihren elf Jahren schon drüber. Tut mir leid."
vierzig ist einfach schöner in einer Kurzgeschichte

„Sie müssen nämlich wissen, dass meine Frau nachts immer allein mit den Kindern ist. Ich arbeite bei der Bahn und da muss ich die Züge begleiten, die zur Sicherheit jede Nacht aus Hamburg rausgefahren werden."

Mach doch Dialoge einfacher. Vielleicht so:

Er wandte sich der Besucherin zu:
"Ich bin nachts nicht da, ich habe Schichtdienst bei der Bahn."

Nochmal zurück zu der Frau von der Kirche:

„Da draußen steht eine Frau von der Kirche", rief Thea aufgeregt.
Nachdem die Kirchenmitarbeiterin gegangen war,

Ich dachte zuerst, als ich den Satz mit Thea gelesen habe, dass das eine Nonne ist und Thea durch die schwarze Robe die Frau als jemand von der Kirche zuordnen kann.
Dann lese ich was von einer Kirchenmitarbeiterin, also ist es keine Nonne mit schwarzem Gewand.
Wie kann dann Thea wissen, dass die Frau von der Kirche kommt?

Du weißt doch gar nicht, ob diese Frau nicht hingeht und dich jetzt meldet. Und die fackeln nicht lange, die Nazis."
Fettes unbedingt weg, der Leser ist ja nicht blöd. Da komme ich mir vor, als muss der Autor nochmals sicher gehen, dass der Leser kapiert, von wem die Sprache ist.

Am 27. Juli stieg das Thermometer wie an sehr vielen Tagen in diesem ungewöhnlich heißen Sommer auf 30 Grad.
Naja, das tut ja nichts wirklich zur Sache, weil wir ja wissen, dass Thea im Sommer an die Nordsee kommt.

Den Kindern war verboten, in der Nordsee baden. Die meisten konnten noch gar nicht schwimmen und den wenigen Betreuerinnen war die Beaufsichtigung deswegen zu riskant.
Verständlich.
Thea durfte, wie alle anderen auch, noch nicht einmal mit den nackten Füßen im Meereswasser patschen.
Trotz Hitze auch verständlich. Vielleicht 2-3 Betreuerinnen für 40 Kinder? Da kommt mal eine große Welle und schwuppdiwupp -


Gegen 20 Uhr befanden sich alle zwölf Mädchen in ihrem Schlafsaal, es kehrte langsam Ruhe ein und die Betreuerinnen zogen sich in ihre Zimmer zurück.
Ich finde durchgehend viele genaue Zeit- und Datumsangaben für die erzählerische Seite des Textes kontraproduktiv. Das macht das auch so dokumentarisch, so reportagehaftig.
Gehe doch mal alle konkreten Zahlen auf die Frage durch, ob sie notwendig sind.
Juli, 20 Uhr - da hat die Sonne noch eine Stunde. Also könnte man auch schreiben:
Im hochsommerlichen Abendlicht befanden sich ...
Ihre Freundin Liesel war aufgewacht und auch aus dem Bett geschlüpft.
Logischer fände ich:
Ihre Freundin Liesel war auch aufgewacht und auch aus dem Bett geschlüpft.


"Ich hab‘ so große Angst", gestand Thea kleinlaut.
"Was? Das will ich nicht gehört haben. Reiß dich zusammen, Kind!"
Meine Güte, was wurde da alles falsch gemacht. :(

Es dauerte lange, bevor das letzte Mädchen endlich in einen unruhigen Schlaf fiel, den das ununterbrochene Gebrumm der Flugzeugmotoren begleitete.
Gebrumme

Der ganze Abschnitt mit Redcliff war mir sowas von zu lang und ausschweifend - ich wollte das gar nicht lesen, diese ganzen technischen Details, ich wollte wissen, wie die Geschichte weiter geht - ich habe das wirklich nicht mit Herzblut durchgelesen und kann dir deshalb für diesen Abschnitt auch keine Verbesserungen etc. liefern.

Weißt du, dass ist für mich eine Situation gewesen, als wenn mir jemand was Spannendes erzählt und dann in so ein Nebenschauplatz rutscht, wo ich denke: Mann, komm' doch bitte wieder zum roten Faden.

Also insofern hast du für mich erzählerisch den Fehler gemacht, mich auf Thea und deren Familie "heiß" zu machen und dann stellst du diesen Topf quasi zur Seite und fängst mit einer anderen Story auf neuer Flamme an, während mir der Magen knurrt.

Vielleicht fahren technikbegeisterte Menschen mehr auf diesen Redcliff-Part ab, deine Leistung als Autorin mal ganz auf die Seite gestellt, aber weniger ist manchmal mehr. Jedenfalls für mich in dieser Geschichte.


Wegen der drückenden Sommerschwüle hatten etliche nicht fest schlafen können und waren auf der Stelle wach.

Naja, wenn ich nicht schlafen kann, bin ich schon wach - auf der Stelle wach sein bedeutet für mich: sofort aufwachen (aber geschlafen haben und dann gleich da sein.) Gibt es da verschiedene Bezeichnungen/Interpretationen dafür?

Viele hatten sich bereits bekleidet ins Bett gelegt und schlüpften nun schnell in die Schuhe. Das Luftschutzgepäck, meist ein kleinerer Koffer mit all den wichtigen Papieren, Lebensmittelkarten, Geld, Schmuck und lebenswichtigen Medikamenten stand griffbereit meist im Korridor einer jeden Wohnung.

Hier ein Beispiel, wie ich mir vorstellen könnte, deine Informationsflut zu dämmen:
Das Luftschutzgepäck mit dem Wichtigsten stand griffbereit im Korridor einer jeden Wohnung.

Der Leser weiß doch aus eigener Erfahrung, was das Wichtigste ist: Papiere, Geld, Schmuck ... das muss ich als Autor nicht erwähnen. Zudem für jeden noch ein Teil des Wichtigsten dazukommt, der individuell, und deswegen nicht nennbar ist.

Theas Familie lebte im 4. Stock eines Hauses in der damaligen Hamburger Straße im Stadtteil Altona-Nord.

vierten / wieso in der damaligen?


Den Drahtfunk, eine besondere Möglichkeit, über das Radio noch vor den Sirenen gewarnt zu werden, hatte man nicht genutzt, um Stromkosten zu sparen.

Der Familie wäre sonst aufgefallen, dass der wegen seiner beruhigend, fast schon einschläfernden Stimme Onkel Baldrian genannte Nachrichtensprecher eine ungewohnte Formulierung gewählt hatte: „ Achtung! Achtung! Sehr sehr! starke Anflüge auf Hamburg. In wenigen Minuten fallen die ersten Bomben. Suchen Sie die Luftschutzkeller auf."
Ist das für den Verlauf der Geschichte wichtig? Ich finde nicht.

Weil Theas Vater nachts arbeitete, war es ihre Mutter, die mit strengem Regiment dafür sorgte, dass Günter und Irma aufwachten und auf der Stelle in den Luftschutzkeller eilten.
Fettes wissen wir als Leser -
deswegen kann man gleich fortfahren mit:

Die Mutter in ihrer erbarmungslose fordernde Art hatte dazu geführt, dass zeitraubende Diskussionen, speziell mit ihrem dreizehnjährigen Günter, der oftmals bei Fliegeralarm einfach im Bett bleiben wollte, nicht mehr stattfanden.

„Wo, sind die anderen aus dem Haus?", fragte Maria den Nachbarn aus dem 3. Stock und an den Soldat gerichtet: „Wo bleiben Ihre Eltern denn?"
Aber die Antwort benötigte sie nicht, denn die Bombardierungen hatten mit einer derartigen Wucht begonnen, dass klar war, die Hölle befand sich bereits direkt über ihnen.
Die Frage stellt sich nach den kommenden Ereignissen nicht mehr - aber ich frage mich als Leser, wieso du diese Fragen überhaupt ins Spiel gebracht hast, wenn sie danach verpuffen.
Während der Fragerei hätte ich gerne eine Antwort gehabt - es gab in dem Moment ja eine Erklärung dafür.

Bomben, die treffen, hört man nicht mehr. Aber diese letzte Bombe, die den Keller traf, hörten die Eingeschlossenen. Ein Fauchen, eine dumpfe unbarmherzige gewaltige Detonation und der Keller war innerhalb einer Sekunde mit rotem Backsteinstaub vernebelt.
Der Riese war angekommen.
Dieses ganze Setting finde ich toll beschrieben. Aber der Riese - mit der Bezeichnung werde ich nicht warm.
Vor Stunden hatten sie noch im 4. Stock eine gemütliche Wohnung besessen, jetzt war alles vernichtet und ihre Wünsche reduzierten sich einzig und allein auf einen Becher Wasser.
Toller Satz - und bitte vierter Stock


Sie stiegen in dem noch intakten Treppenhaus die Stufen zur 1. Wohnung hoch und öffneten sie.
Noch ein letztes Mal dafür, alle Zahlen bitte auszuschreiben.
„Wir wollen in die Schule Arnkielstraße, aber kommen hier nicht durch und die Langenfelder Straße ist auch ein einziges Flammenmeer", berichtete Maria.
berichtete ist für mich schon ein Killer; für mich wäre da ein Punkt besser und dann ein direkter Bezug auf Maria, dass man weiß, wer gesprochen hat - . z.B. Maria starrte auf die brennenden Fassaden und kein Muskel im Gesicht regte sich.

Als die kleine Familie in dem Luftschutzkeller der Schule eintraf, denn draußen stoben die Funken nur so um sie herum, so dass sie sich laufend gegenseitig die Kleidung abklopfen mussten, um ein Entzünden des Stoffs zu verhindern, hatten schon an die 200 Leute dort Unterschlupf gefunden.
Sehr umständlich formuliert.
Vielleicht eher: Sie mussten sich gegenseitig laufend die Kleidung abklopfen, damit sie nicht anfingen, zu brennen. So war der Luftschutzkeller der Schule Ziel von vielen, wohl an die zweihundert Menschen hatten dort Unterschlupf gefunden.

Morgens gegen 6 Uhr war die Turnhalle komplett abgebrannt, es konnte aber wegen der Hitze immer noch niemand aus dem Keller heraus.
Obwohl herrlichstes Sonnenwetter war, blieb Hamburg an diesem Tag dunkel. Eine gigantische Rauchwolke verdeckte die Sonne. Noch gegen Mittag benötigte man elektrisches Licht, um sehen zu können. Die kleine Familie beschloss, in den Schrebergarten der Tante Tine zu fliehen. Sie hofften, dass es dort nicht brannte.
Da fehlt ein Übergang, weil der Leser denkt immer noch, dass man nicht aus dem Bunker raus kann.


Auf ihrem Weg sahen sie dicke Ascheschichten auf den kahlen Bäumen, die in dieser Nacht alle Blätter abgeworfen hatten. Und sie sahen Tote, gegen Mauern und Bäume gelehnt, ausgestreckt auf dem Gehweg, friedlich am Bordstein sitzend. Neben sich aufrecht stehend ihre Koffer mit dem Allernotwendigsten. Als warteten sie geduldig darauf, dass sich ihre Besitzer gleich wieder erheben, um mit ihnen weiterzugehen.
Das hat für mich so eine fast außerirdische Szenerie. Ich weiß nicht, ob so ein Bombenabwurf eine "freeze"-Situation entstehen lassen kann, weil es so heiß wird, dass die Menschen quasi beim Bombenabwurf in dem Moment eine solche Hitze abbekommen, dass sie wie Statuen stehen, lehnen, sitzen bleiben. Ich habe das fotodokumentarisch noch nie gesehen und das wäre im 2. WK gut möglich gewesen.

Was ich sagen will: diese Szene ist mir etwas zu spacy. Die Menschen hören doch die Bomber anfliegen, suchen Deckung oder sind auf der Flucht ... aber da lehnt sich doch keiner an eine Mauer oder wird irgendwo genüßlich sitzen.

„Ganz Hamburg ist kaputt gemacht worden", platzte es aus einer der Frauen heraus, „alle sind tot."
Blöder gehts nimmer.

„Jetzt bin ich ganz allein auf dieser Welt", schluchzte Thea und drückte sich an Liesel.
Ich vermute eher, dass sich dass sich Thea Gedanken darüber macht, was mit ihrer Mutter und Geschwister passiert ist und nicht sich in den Vordergrund stellt.

„Papa", schrie sie und rannte so schnell den Deich herunter, dass sie am Saum angekommen ins Stolpern geriet. „Papa!", rief sie und flog in die Arme des Mannes, der sie hochhob und an sich drückte.

Für den Leser ist die Geschichte nun ein Happy-End. Die Mutter mit den zwei Kindern hat überlebt und Papa besucht Klein-Thea - wieso überhaupt?

Aber um etwas gut werden zu lassen, muss man loslassen können. Das ist in Beziehungen gleich wie in Texten - ich fände es toll, wenn du dich von bestimmten Dingen rückstandslos lösen könntest, das wäre:
- die ganzen Zahlen in Ziffern - außer Jahreszahlen und über 1000 - bitte ausschreiben.
- Details, gerade bei Redcliff, hinterfragen. Nicht das, was dich am meisten Arbeit gekostet hat, ist das, was das gemeine Volk am meisten begeistert.
- Dialoge nochmals überprüfen - redet man tatsächlich so im Alltag?
- Infodumping überprüfen - ich weiß, dass der 2. WK Horror war - aber muss ich alle Einzelheiten wissen, um ergriffen zu sein?

Ich ziehe den Hut vor deiner Arbeit, lakita, mit dem Text. Recherche, die Länge, da hast du dich wirklich reingehängt. Ich habe jetzt blöderweise nur Textstellen zitiert, die ich moniert habe, die ich dir zeigen möchte, dass du die Möglichkeit hast, darüber nachzudenken, ob man es ändern könnte.
Genauso gibt es unzählige gute Sätze in deinem Text, die in meinem Kommentar keine Beachtung finden. Sorry dafür. Immerhin schenke ich dir den Weihnachtsabend. :gelb:

Rundum gesagt: Viel Fleißarbeit, viel Recherche - zu wenig Mumm, zu kürzen. Aber man muss dir zugestehen, dass du nun wieder auferstanden in den Ring getreten bist und sehr motivierst warst - uns deine Bandbreite gezeigt hast - und nun mal meiner Ansicht nach auch gerne streichen kannst.

Alles Gute fürs weitere Bearbeiten vom Text
bernadette

 

Hallo
@Huxley
@Frieda Kartell
@GoMusic
@Kellerkind
@joycec
@bernadette

euch allen vorneweg fröhliche Weihnachten!

Und habt herzlichen Dank für eure Zeit, denn immerhin ist die Geschichte ja nicht gerade als kurz zu bezeichnen und eure Mühe, mir euer Feedback und eure Kritik zu schreiben. Das weiß ich sehr zu schätzen, hab ich doch gar nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet in diesen Tagen sich so viele von euch die Zeit nehmen.
Ich geh jetzt einfach mal der Reihe nach vor:

@Huxley,

dir recht herzlichen Dank für deine hilfreiche Kritik.

Was mich beim Lesen deines Textes gestört hat, sind die Dialoge. Gerade dort willst du ja vermutlich Empathie und Nähe wecken, allerdings klingen sie sehr konstruiert und "leblos". Vielleicht hilft es schon, wenn du sie mal laut liest. Sehr oft dachte ich "So spricht weder ein Erwachsener, noch ein Kind, noch überhaupt jemand in dieser Situation."

Versprochen! Ich lese noch mehrmals laut drüber, ist es meine Methode, Unpassendes aufzuspüren und dank eurer hilfreichen Hinweise, werde ich ja auch schon auf einiges aufmerksam gemacht.

"Ich werde euch von diesen Verbrechern nicht auch noch betreuen lassen."
So würde ich es ausdrücken. Beim Sprechen nimmt man die "nicht auch noch"-Konstruktion eher nicht auseinander.
Merkst du den Unterschied?
Jaaaa, frage mich, wieso ich das so formuliert habe. Manchmal hat man Tomaten auf den Augen.

"Aber Mama, alle aus der Klasse sind in Tschechien. Und Gisela hat erzählt, dass es da keine Bomben gibt.
Werde da auch noch drüber gehen.

Warum muss er erklären, welcher Nationalität das Radar ist?
Stimmt, das muss weg.

Warum muss er erzählen, dass es eine Million Streifen werden? Wenn ich mir so ein Briefing vorstelle, dann eher in zügigen Sätzen, ohne Verben, ohne überflüssige, weil den Akteuren bekannten, Infos.
"Es wird wie beim letzten Mal laufen. Wir werfen Staniol ab. Im Bestfall gibt es also kein (Kraut)Radar, keine Flak und blinde Nachtjäger."
Naja, da ist ein wenig der Hintergrund, dass erst einen Tag zuvor (oder waren es zwei Tage zuvor) erstmals ! diese Stanniolstreifen eingesetzt worden sind. Es war also für alle ein Novum, das durchaus etwas erklärt werden durfte, fand ich. Ich gehe aber auch da nochmals gedanklich drüber und ändere es, wenn ich Bedarf verspüre. Aber deine Frage ist im Prinzip absolut berechtigt.

Ich würde es im Geschriebenen gar nicht nutzen, sondern "Solche und solche" schreiben. Wenn du "so ne" nutzen willst, dann aber so.
Stimmt, ist eine saublöde Formulierung, die mir von Anfang an nicht behagte. Ändere ich.

Wie oben schon gesagt, ich finde den Ansatz gut, ich mag die Mischung aus Fakten und Einzelschicksalen. Bei Letzterem (vor allem in der Umsetzung der Dialoge) ist noch Luft nach oben.
Mich beruhigt, dass du den Ansatz in Ordnung findest, eine Mischung aus Fakten und Einzelschicksalen zu beschreiben. Gerade an dieser Mischung entzünden sich hier die Geister ganz gehörig. Die einen halten gerade deswegen den Text für unerträglich, weil als Geschichte unlesbar, die anderen empfinden es als nachvollziehbar bis hin zu hilfreich, dieses Infos zu erhalten.

Was die Verbesserung der Dialoge anbelangt, da stimme ich dir zu. Aber ich bin auch echt jemand, der so seine Zeit benötigt, um das Brett vorm Kopf oder sind es die Augen, weggedrückt bekommt.
Dir nochmals herzlichen Dank!!! Hat mir sehr geholfen.

@Frieda Kartell ,

ich glaube so viel Lob auf an einem Stück hat noch keiner vor dir hier dagelassen und darum freut es mich ganz besonders, dass du mich so viel lobst. Nein, dies gilt all denen, die es jetzt auch noch neben dir lesen, ich werde deswegen nicht gleich abheben und mich feiern, aber ich habe mich natürlich über all dein Lob, gerade in Anbetracht all der, teils herben Kritik, sehr gefreut.
Vielleicht ist es gerade die Mischung aus Lob und Kritik, die man als Autor benötigt, um sich weiter zu entwickeln. Das eine benötigt man, um sich zu bewegen und nicht auf seinem Stand der Fähigkeiten faul sitzen zu bleiben, das andere, um die Energie dafür aufzubringen, sich immer weiter zu entwickeln.

Ich möchte Dir als "schlichte" Leserin einfach den Eindruck schildern, der beim Lesen entstanden ist.
Gibt es den schlichten Leser überhaupt? Du meinst damit, dass dir das historische Theme vielleicht nicht so geläufig ist? Wenn ja, gerade für Leser wie dich habe ich die Informationen reingepackt, damit ich all diejenigen mit in die damalige Zeit nehmen kann, die vielleicht nicht so arg viel darüber wissen. Und ich muss gestehen: obwohl ich viele Berichte meiner Verwandten kenne, die hier in Hamburg während dieser Zeit hier lebten und zum Teil noch leben und obwohl ich selbst ja Hamburgerin bin, habe ich vieles an neuen Erkenntnissen aus den Büchern entnommen. Ich war überrascht, was ich alles nicht wusste und was zum Teil auch einen andren Blick auf die damalige Situation geworfen hat.

Was ich dir gern dalassen möchte, ist die Freude, die du mir beim Lesen gemacht hast.
Lieben Dank!

Du hast es geschafft, den Krieg, der an Trauma und Drama und Leid kaum zu überbieten ist, mit leisen Passagen greifbar zu machen, so dass mir an mancher Stelle beim Lesen die Buchstaben vor Augen verschwommen sind.
Großes Danke, genau das war mein Anliegen. Ich schreibe nicht oft Geschichten, mit denen ich etwas ausser schlichter Unterhaltung erreichen möchte, aber bei dieser Geschichte war es mir sehr wichtig, dass der Leser nach meinem Text einen Eindruck davon bekommen hat, wie unermesslich furchtbar Krieg ist, der damalige und jeder, den wir heutzutage anzetteln, egal wo auf dieser Welt.

Das war wirklich schön, so ergriffen zu sein. Den Text als so lebendig zu empfinden, dass ganz automatisch Bilder in mir entstanden sind.
Wow, Dankeschön!

Danke für so eine schöne und beeindruckend recherchierte Arbeit. Das macht Lust auf ein ganzes Buch.
Noch so ein großes Lob! Vielen lieben Dank dafür.

"Reiß dich zusammen, Kind!", das nach meinem Empfinden auch durch eine Form von "Ruhe jetzt und schlafen!" ersetzt werden könnte,
Ich werde es mir nochmals laut vorlesen und beide Möglichkeiten, denn deine finde ich nicht schlecht, überprüfen, welche treffender klingt. Danke dafür.
Dass hier eher harsches Krisenmanagement, statt Kinderseelen-Betreuung an der Tagesordnung ist, ist nachvollziehbar, wenn nicht sogar überlebenswichtig? Darauf spielst Du auch an in einem Abschnitt am Ende an, eine dieser vielen Stellen, an denen ich dachte "mit vielen Details gespickt und psychologisch gut um die Ecke gedacht", denn Du hast an so vieles gedacht, das erstmal nicht so furchtbar erwähnenswert scheint, aber im Gesamtbild rund und natürlich wirkt:
Ja, ich denke, es hatte etwas Überlebenswichtiges, so hart auch mit Kindern umzugehen, wenn auch in dieser Zeit man eh den Kindern einen anderen Stellenwert gab als heute. Es war halt überlebenswichtig, dass sie gehorchten und nicht durchdrehten und sich und die Familie dadurch in Gefahr brachten, indem sie sich verweigerten oder sperrten. Ich denke da ganz besonders an den Fliegeralarm, wenn es da wegen der Kinder, die nicht gehorchten, zu Verzögerungen gekommen wäre, hätten manche Familien die schützenden Bunker nicht mehr erreicht oder eben auch die Luftschutzkeller.

Und den Gedanken überhaupt mit Anne und der Bibel in der Brusttasche. Das Maximum dessen, was an "Gefühlsduselei" in einer solchen Szene kurz vor Abflug denkbar erscheint und es wird im Dialog beiläufig als Eigenart interpretiert. Genial.
Danke, so hatte ich es mir gedacht. Männer reden über Gefühle, aber eben so sachlich sie es nur können.

Oh Nein! Ich hab mir die Hände überm Kopf zusammen geschlagen, während ich meine und viele andere Mütter leibhaftig vor mir stehen sehen habe, die private Informationen an Menschen ausplaudern, die es eigentlich nicht zu interessieren hat oder interessiert, und die dann mit "Sie MÜSSEN nämlich wissen" beginnen. Auch, wenn hier der Vater spricht, für mich ist das ein sehr natürlich wirkender Gesprächsfetzen.
Ich meine zu erinnern, dass ein Stück weiter einer der Kritiker, mir gerade diesen Satz um die Ohren gehauen hat als einer, der unnatürlich wirkt. Mal sehen, ob ich es mit dem "Sie müssen wissen.."überhaupt als Satzanfang benötige.

Hier isses ja auch schön, aber wennse mal rauskommt, wärs auch ganz nett?
Ewige Gerenne und faseln. Irgendwie wirkt es so salopp. Bei ewigem Gerenne denke ich intuitiv an Weihnachtseinkäufe.
Oh ja, du hast Recht, das ist misslungen, ich werde da flugs drüber gehen und versuchen, es besser zu formulieren. Danke für deinen Hinweis.

dieser Abschnitt, in dem Du stilistisch in einen Bericht wechselst, der mich aber nicht raushaut, sondern für einen kurzen Verschnauf-Moment sorgt, weil mein Hirn sofort weiß "ah gut, puuuuh - ein paar Fakten, ein bisschen Distanz zum haarsträubenden Geschehen - von wegen! Es wird noch schlimmer. Und wieder ergreift mich die Tragweite der Worte die dort stehen. :sconf:
Irgendwie ist es schön, dass du genau auf das reagierst, wie ich es mir gedacht habe. Ja, ich will hier sachlich informieren und etwas abkühlen, aber eigentlich steckt in der Info noch viel mehr Grausames.

Für meine Ohren so ein unschönes Wort. Es soll ausdrücken, dass ihnen entgegen ihrer Erwartung geholfen wurde. Aber es ginge tatsächlich vielleicht auch anders.
Stimmt, werde ich ändern. Klingt irgendwie, wo du es erwähnst, nun auch in meinen Ohren nicht ideal.

Doppeltes Bild. Dabei hast du an einer der Stellen auch noch den stechenden Qualm in den Lungen (nicht so, aber so ähnlich) im Text. Da bräuchte es den Rauch in den Augen womöglich nicht zweimal.
Ich habe mir die Stellen mit Rauch in meiner Story mal markiert, da ist eindeutig zu viel an Wortwiederholungen, da muss ich ran und es ändern.

Also diese beiden Worte kommen in diesem ganzen Horrorszenario plötzlich mit einem feinen Tee-Service ums Eck und gesellen sich sodann bei Kaminfeuer und Keksen zu feiner Runde?
Könnten sie nicht vielleicht auch anders den Deich "bezwingen" oder gleich oben ankommen. Und das Meereswasser, ich weiß nicht, ob so gewollt, und falls es einen Grund für Dich hat, warum Du dem Meer ein es anhängst, dann will ich mich hüten, was zu sagen. Nur würde ich über Meerwasser weniger stolpern oder schmunzeln. Oder in die See, das Meer. Du wirst die "richtige" Version schon finden.
Auch diese beiden Worte werde ich mal genauer unter die Lupe nehmen. Ich denke, die müssen geändert werden.

Hab lieben Dank für dein großes, wohltuendes Lob und deine konstruktive Textkritik!

@GoMusic
Dir auch herzlichen Dank für deine Kritik und deine kritischen Anmerkungen. Und danke, für das Lesen, denn es war ja doch recht viel Zeitaufwand.

Hier fielen mir die ZDF-Sendungen von Guido Knopp ein. Diese History-Filme sind so aufgebaut wie deine Geschichte. Historische Fakten, dann kommen Schauspieler und es werden einige Szenen nachgespielt, dann wieder Fakten usw.
Ich persönlich mag diese Sendungen gerne. Als Geschichte finde ich's ein wenig schwierig.
Dass der Guido Knopp bei Wortkriegern so beliebt ist, verwundert mich sehr, denn du bist jetzt der dritte, der es explizit erwähnt.
Ja und genau diese Mischung aus historischen Fakten und Geschichte fliegt mir hier laufend um die Ohren und ich kann dagegen auch tatsächlich nichts machen, denn wenn ich alle Fakten in der Story behalten möchte und genau das möchte ich aus bestimmten Gründen, dann bin ich im Bereich einer Romanlänge, wenn ich alles, was es an Fakten gibt, sauber in Geschichtenform reinbringe. Einen Roman wollte ich aber nicht schreiben, weil ich die Hoffnung habe, dass eine Geschichte, wenn auch eine rechte lange eher gelesen wird als ein Roman.
Ich habe wirklich selten Ambitionen bei meinen Geschichten, etwas Bestimmtes erreichen zu wollen, aber bei dieser Geschichte habe ich es.
Und genau deswegen muss ich es eben mal hinnehmen, dass mir genau diese Intention vorgehalten wird, das verstehe ich ja auch gut.

Würde ein Kind von Kinderlandverschickung sprechen?
JA! Denn auch früher war ein Heim, ein Heim, nämlich eines, in welches Kinder kamen, die keine Eltern mehr hatten. Und mir ist wichtig, dass jeder Leser weiß, dass es sich um eine besondere Art von Verbringung der Kinder gehandelt hat. Wer von den jungen Lesern weiß denn davon überhaupt? Also, dass ein sehr großer Teil der Kinder behördlicherseits gesponsort weggebracht wurde, um vor den Bomben sicherer zu sein und natürlich mal so ganz nebenbei indoktriniert zu werden? Kaum einer. Ich sehe das Problem, muss hier aber zwischen zwei Übeln wählen und das heißt für mich, da ich ja keinen Roman schreiben möchte, dass ich so manche Info, einfach mehr oder weniger plump im Text unterbringen muss.

Hier wieder so ein Infodump.
Ja, siehe einen Absatz zuvor.

Da werden die Silberstreifen erwähnt. Die Szene, wie sie eingesetzt werden, hätte ich ich gerne gelesen.
Wie sie abgesetzt werden, hätte jetzt nicht in meine Pilotenszene gepasst. Es waren im Prinzip die vorausfliegenden Bomber, die diese Streifen einfach abgeworfen haben. Da sie eine Weile brauchten, um auf den Boden zu sinken, hatten die nachfliegenden Flugzeuge dann den Vorteil davon.
Dies nur als Info privat für dich. In der Geschichte wüsste ich jetzt nicht, wie ich das dort unterbringen kann, ohne nicht zu sehr abzuschweifen oder alternativ getadelt zu werden, wieder nur Infos zu bringen und keine Geschichte.

sonne?
Ach, das hab ich schon weiter oben, Huxley hatte es auch bemängelt, mitgeteilt, ja, das klingt blöd, wird auf jeden Fall geändert.

Ich fände es besser zu lesen, wenn die Gedanken kursiv wären, zumal es bei den Gänsefüßchen ein kleines Durcheinander gibt. Mal beginnst du mit Gänsefüßchen unten, mal oben.
Gute Idee, werde ich auf jeden Fall machen.
Und diese unterschiedlichen Anführungszeichen sind entstanden, weil ich hier vor Ort meinen Text bearbeitet habe, ich muss also da dann auch nochmals ran und es ebenmäßig alles umschreiben. Wird aber erledigt.

Der zweite Satz ... Hm. Denkt er das tatsächlich? Er hat doch schon viele Angriffe geflogen.
Ich werde über diese Stelle nochmals gehen, vielleicht gelingt mir eine bessere überzeugendere Formulierung
Gut recherchiert. Aber für mich zu sehr Info.
Danke für dein Lob und klar, ich verstehe total die Kritik dazu.

vierten
ersten
ändere ich

Dein Text wirkt auf mich, als hättest du die Infos, Daten und Fakten zuerst gehabt und drumherum eine Geschichte gebastelt. Sicherlich erreichst du damit eine große Zielgruppe/Zuhörerschar, die an Berichte über den Zweiten Weltkrieg interessiert ist.
Also ich hatte tatsächlich zuerst einen Teil der Geschichte und dann habe ich zusätzlich recherchiert und es hat sich noch einiges an Material draufgesattelt.

Um das Thema zum Beispiel jungen Leuten zugänglich zu machen (Schulklasse z.B..), würde ich persönlich die Infos herausnehmen und separat rüberbringen.
Wenn ich Geschichtenwerker und Friedrichard richtig verstanden habe, dann schlagen gerade die beiden vor, es so zu lassen und ungekürzt an Schulklassen etc. zu geben. Ich denke auch, dass die Hintergrundinfos nicht separat sein sollten, sondern an den Stellen stehen sollten, wo sie passieren. Sonst müssten die Lehrer das Einsortieren mit den Schülern machen. Das glaube ich nicht unbedingt einen zusätzlichen Lerneffekt auslösen dürfte.

Hat mir dennoch gut gefallen.
Das ist lieb von dir, dass du es nochmals erwähnst. DANKE!

Dir nochmals herzlichen Dank für die Mühe und Hilfe!

@Kellerkind

ich konnte mit dem Text nichts anfangen. Es gibt unzählige Dokumentationen über den Krieg. Da muss schon etwas Besonderes geschehen, um mein Interesse zu wecken.

Einerseits freut es mich, in dir jemanden vorgefunden zu haben, dem ich nichts Neues habe mitteilen können, denn es steht vieles in diesem Text, was darauf abzielt auch Informationen von damals zu vermitteln, aber andererseits war die Intention dieses Textes auch nicht, darüber hinaus zu gehen. Ich will damit sagen, dass ich nicht vorhatte, eine reine fiktive Geschichte zu schreiben, in der es schlicht nur um den Thrill geht.
Und ich werde mich hüten, dir vorzuwerfen, dass genau das du erwartet hast, denn immerhin befinden wir uns hier auf einer Literatur- und nicht Dokumentenseite.
Ich kann aber mit deiner berechtigten Kritik gerade deswegen leben, weil ich ja auch nichts Beonderes habe schreiben wollen, sondern nur das, was auch passiert ist.

Mir gelingt es zu keinem Zeitpunkt, zu einer der Figuren eine Beziehung aufzubauen. Das liegt sicher an dem berichtenden Erzählstil, aber auch an der klischeehaften Charakterisierung.
Dieser Vorwurf trifft mich schon etwas, weil ich mir eigentlich Mühe gegeben habe, den Figuren etwas Leben einzuhauchen. Ich vermute, dass sie dir deswegen so blass vorkommen, weil ich sie ja auch nicht konsequent in eine Geschichte bette und natürlich, weil ich in diesem Fall sie einfach nicht gut genug entwickelt habe. Ich habe noch viel zu lernen, dies wird sicherlich ein Bereich sein, der sich in den nächsten Jahren verbessern sollte. Insoweit ist es gut, dass du auf dieses Manko hinweist.

Die vielen historischen Details interessieren mich in einer fiktiven Geschichte nicht.
Konsequenterweise dann nicht, völlig klar.

Aber in Deinem Text höre ich ständig einen Lehrer, der mich von der Geschichte ablenkt.
Da allerdings möchte ich vorsichtig fragen, ob du da nicht mehr Opfer einer traumatisierten Schulerfahrung bist als schlicht ein enttäuschter Leser, der seinem Unmut nun noch ein bisschen mehr Wumm erteilt. Ich kann ehrlich nichts dafür, dass du vielleicht schlechte, dich belastende schulische Erfahrungen gemacht hast, so dass es dir nicht gelingt, eine Information von einer Belehrung zu unterscheiden. Belehren wollte ich dich nämlich mitnichten. Wozu auch?
Ich danke dir sehr für deinen Verriss. Verrisse sind, wie ich schon oben geschrieben habe, immer dazu da, etwas zu bewegen, insoweit habe sie ihre absolute Berechtigung und machen Sinn.


@joycec

Dir gilt auch mein herzlicher Dank für deine Kritik und dein Lob und lieben Dank für die Zeit, die du investiert hast.

Puh! Harte Kost.
Und schon allein daher: Danke für diese Geschichte!
Ja, ist harte Kost und glaube mir, ich hatte, weil man sich ja auch in alles hineinversetzen muss, keine richtige Freude dabei. Ich war wirklich froh, als ich mit der Geschichte fertig war und hätte es den Challenge nicht gegeben, hätte ich das Teil vermutlich noch länger vor mir her geschoben.

Gefühlt unnötig. Aber Geschmackssache.
e wird gestrichen, stimme dir zu

Passt für mich nicht recht. Geht auch ganz ohne oder mit "noch".
Bei nochmaligem Nachdenken auch Geschmackssache.
"bereits" streiche ich, klingt so besser und ist auch nicht nötig.

Ein Einstieg, der mich gleich gepackt hat.
Ich werde ihn noch etwas schlanker machen, aber Dankeschön, dass du ihn gut findest, denn bei vielen anderen Kritikern fliegt er mir wegen seiner reinen Informationsabgabe um die Ohren.
Da freut es einen natürlich auch, wenn es Gegenmeinungen gibt.

(Auch) ansonsten habe ich die Kommentare nur überflogen. Ich bleibe dabei. Es gibt gute Gründe und hinreichend Motivation, solch eine Geschichte zu schreiben.
Ganz großes DANKE! Ja, so habe ich auch gedacht und dies ist meine Intention gewesen, einfach Erinnerungen zu retten (ein paar meiner Verwandten leben ja noch), damit so etwas als Mahnung für alle die wirken kann (ob es das tut, vermag ich leider nicht zu erahnen), die allzu leichtfertig das Wort "Krieg" benutzen, um damit Politik zu gestalten. Krieg darf in all unseren Köpfen nie eine Option mehr sein. Es gibt nicht einen einzigen Grund, wo auch immer auf dieser Welt für Krieg. Aber mir drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass ich mittlerweile zur Minderheit gehöre, die so (in den Augen der anderen weltfremd) denkt und fordert.
Deshalb diese Geschichte.

Ich brauche hier nicht mehr Nähe zu den Charakteren, es ist eine Kurzgeschichte, kein Roman. Emotionen kommen (zumindest bei mir) schon allein durch die Vorstellung des Infernos auf. Mein erster Gedanke war, ob du wohl damals dabei warst. So viele Details, klar, die lassen sich recherchieren, man muss es aber auch machen. Und das hast du ordentlich.
Danke für diese mentale Unterstützung. Ich kann die anderen Kritiker aber durchaus verstehen, wenn sie das Fehlen tieferer Charaktere bemängeln, denn sie erwarten hier eine klassische Geschichte, die ich ja nicht abliefere. Insoweit freut es mich einerseits, dass du mein Konzept der Mischung aus Historik und Geschichte nachvollziehen kannst, ich kann aber auch die Kritik der anderen verstehen.
Nein, ich bin Baujahr 1953, also ein Wirtschaftswunderkind. Aber ich habe viel von meinen Eltern über diese Zeit geschildert bekommen und all die Jahre, seitdem ich schreibe, gedacht, dass ich es unbedingt einfangen und aufschreiben muss, damit diese Erinnerungen vielleicht doch noch zu etwas nutze sind.
Einige Details habe ich aus sehr Sachbüchern entnommen, soweit sie in das Setting passten.

Auch wenn das Thema nicht gefällt, die Geschichte tut es. Gut gemacht!
Lieben Dank für dein Lob!
Dir auch nochmals an dieser Stelle großen Dank für deine Mühe, diese lange Geschichte genauer unter die Lupe zu nehmen, deine Textkritik und dein Lob, das wirklich gut tut.


@bernadette
Ich danke dir herzlich dafür, dass du deine Weihnachtsfreizeit extra für diese lange Geschichte verwendet hast. Das weiß ich sehr zu schätzen.

ich möchte die Feiertage nutzen, um noch ein paar Koffer-Geschichten zu lesen und zu kommentieren. Nun bin ich gleich an so ein monumentales Textstück geraten, puhh!
Tut mir leid, dass ich dir keine fröhlichere Geschichte präsentieren konnte.
Ich gestehe, ich habe auch eine Weile gezögert, ob ich das Thema "irgendwas mit Koffer" tatsächlich mit solch einer Geschichte nutzen ´kann.

Das ist ein für mich schwieriger Anfang für eine KG. Ich höre da eine Stimme aus dem Off, die nur dazu da ist, Informationen weiterzugeben. Dazu noch soviele Zahlen in einem Satz.
Also ich verstehe dich in dem Sinne so, dass du natürlich eine klassische Geschichte erwartet hast und dann der Anfangssatz ja schon mal so rein gar nicht danach klingt. Oder willst du etwa andeuten, dass zuviele Infos auf einmal auftauchen? Ich habe vor, den Satz etwas schlanker zu machen, aber die Zahlen müssen bleiben, weil es mir um genau diese Nacht geht und um keine andere und weil ausgerechnet in dieser Nacht Hamburg die meisten Opfer, nämlich 30.000 Tote zu beklagen hatte.

Ich bin mir sicher, dass man das alles sehr subtil innerhalb des Textes einflechten könnte.
Nein, dazu fehlt mir das Talent!
Ich kann mir mit meinen Fähigkeiten nur vorstellen, es mit sehr sehr viel mehr Text einzuflechten und dann wären wir bei einer Romanlänge. Ich möchte aber genau dieses Thema nicht in Form eines Romans darstellen, weil das erst recht nicht gelesen würde.


Für mich hat das in der aktuellen Form in Ansätzen sogar etwas fast Satirisches an sich, also natürlich nicht vom Inhalt her, aber die Form, wie die Information rübergebracht wird.
Das ist eine erstaunliche Sichtweise, aber ich werde es eh ändern und vielleicht verschwindet dann dieses Gefühl dadurch auch.

Mein Anfang wäre:
Ja, aus deiner Sicht nachvollziehbar, aber für mich nicht möglich, weil ich tatsächlich möchte, dass der Leser sofort weiß, wohin diese Geschichte läuft. Wenn ich nur mit dem ja tatsächlich harmlosen Gespräch anfange, dann führe ich den Leser auf die falsche Fährte.

Das ist mir zu gestelzt, ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Mutter (dazu noch im Beisein von Fremden, Obacht: Feind) so mit ihrem Kind spricht.
Da gehe ich auf jeden Fall nochmals drüber.

vierzig ist einfach schöner in einer Kurzgeschichte
Ja, werde die Zahlen ausschreiben, da beuge ich mich den Wünschen mehrerer, kein Problem.

Mach doch Dialoge einfacher. Vielleicht so:

Er wandte sich der Besucherin zu:
"Ich bin nachts nicht da, ich habe Schichtdienst bei der Bahn."

Ich werde diese Aussage von Theas Vater noch etwas ändern, aber es war ja nicht ein klassischer Schichtdienst, sondern er war jede! Nacht nicht da, weil er die vor den Bomben in Schutz gebrachten Züge begleitete.
Wenn ich nur von Schichtdienst schreibe, dann wirkt das so normal. Mir ging es darum, dass hier jemand nicht schützend bei seiner Familie bleiben durfte, weil die Züge in Sicherheit gebracht werden mussten, der einzelne musste zurückstecken, um für das Gemeinwohl Sorge zu tragen. Darum ging es mir.
(nur am Rande: er ist dann kurz darauf in den Kampf gegen Russland noch eingezogen worden, dann waren Soldaten am Ende wichtiger als Zugschaffner, dort in Gefangenschaft geraten und erst lange Jahre später frei gekommen, früh verstorben).

Ich dachte zuerst, als ich den Satz mit Thea gelesen habe, dass das eine Nonne ist und Thea durch die schwarze Robe die Frau als jemand von der Kirche zuordnen kann.
Da hast du mich auf eine gute Idee gebracht. Perfekt. Danke. Ich frage mich, wieso ich nicht selbst drauf gekommen bin.

Fettes unbedingt weg, der Leser ist ja nicht blöd. Da komme ich mir vor, als muss der Autor nochmals sicher gehen, dass der Leser kapiert, von wem die Sprache ist.
Ja, ok, Nazis streiche ich.
Allerdings bin ich mir keineswegs sicher, ob wirklich jeder weiß, wen die beiden nun meinen.
Aber im Dialog untereinander würden sie das natürlich nicht mehr erwähnen müssen.

Naja, das tut ja nichts wirklich zur Sache, weil wir ja wissen, dass Thea im Sommer an die Nordsee kommt.
Doch, für mich tut es was zur Sache. 1. Weil sich ja Thea auf das Baden freut und dann enttäuscht wird, sie hat also gar nichts davon, dass sie am Meer ist und 2. weil dieser Sommer 43 außergewöhnlich heiß war, sämtliches Material in Hamburg war knochentrocken, der damalige Hausbau enthielt ausser den Fassaden und Wänden Holzdecken und Holzböden, Parkett oder schlichtere Holzlatten und Treppenhäuser aus Stein gab es damals noch nicht.
Die Flammen hatten sehr leichtes Spiel, gerade weil dieser Sommer so heiß war. Indirekt möchte ich das damit mitteilen, für denjenigen, der sich darüber ein Gesamtbild machen möchte.
In dieser Nacht kam es nämlich wegen dieser Hitze und der allgemeinen Trockenheit zu einem grausigen Phänomen, dass die meisten der Opfer nicht durch die Bomben direkt oder einstürzende Häuser umgekommen sind, sondern durch die Brände, die einigen Stadtteilen einen nicht mehr messbaren Orkan ausgelöst hatten und zu einem Feuersturm eines unvorstellbaren Ausmaßes geführt haben. Die Leute konnten sich nicht mehr wegen des Orkans auf den Straßen halten, wurden einfach dahin weggerissen, wohin sie die Flammen haben wollten. Desweiteren sind unzählige in ihren Kellern erstickt, die hatten kein Sauerstoff mehr oder es tötete Kohlenmonoxid sie.

Ich finde durchgehend viele genaue Zeit- und Datumsangaben für die erzählerische Seite des Textes kontraproduktiv. Das macht das auch so dokumentarisch, so reportagehaftig.
Gehe doch mal alle konkreten Zahlen auf die Frage durch, ob sie notwendig sind.
Juli, 20 Uhr - da hat die Sonne noch eine Stunde. Also könnte man auch schreiben:
Im hochsommerlichen Abendlicht befanden sich ...
Ich hatte nicht vor, eine reine fiktive spannende Geschichte zu schreiben und insoweit verstehe ich dich und jeden anderen Kritiker auch sofort, dass man mir das ankreidet. Ich möchte diese Zahlen beibehalten, sie machen für meine Intention sehr viel Sinn. Und ja, dass diese Geschichte dann konsequenterweise dokumentarisch und reportagehaftig wirkt, dass akzeptiere ich sofort als Kritik.
Sollte sie am Ende für die überwiegende Anzahl von Teilnehmern/Kritikern genau deswegen nicht mehr als Geschichte hier auf diese Internetseiten gehören, dann bin ich auch damit einverstanden, wenn wie entfernt wird.

Logischer fände ich:
Ihre Freundin Liesel war auch aufgewacht und auch aus dem Bett geschlüpft.
Stimmt, ändere ich.

Meine Güte, was wurde da alles falsch gemacht. :(
Und in 50 Jahren werden die Menschen über unsere Kinderziehungs- und Behandlungsmethoden den Kopf schütteln.

Gebrumme
ändere ich

Der ganze Abschnitt mit Redcliff war mir sowas von zu lang und ausschweifend - ich wollte das gar nicht lesen, diese ganzen technischen Details, ich wollte wissen, wie die Geschichte weiter geht - ich habe das wirklich nicht mit Herzblut durchgelesen und kann dir deshalb für diesen Abschnitt auch keine Verbesserungen etc. liefern.
Sicherlich ist jedes Wort überflüssig und zu lang, wenn man den gesamten Teil für überflüssig hält. Ich wollte diesen Teil deswegen mit reinnehmen, weil ich denke, es ist auch wichtig, die Gegenseite zu erleben. Das waren nicht einfach die Bomber, die da flogen und abwarfen. Da saßen auch Menschen drin, die unter Todesgefahr flogen. Auch die hatten Angst. Darum ging es mir.

Weißt du, dass ist für mich eine Situation gewesen, als wenn mir jemand was Spannendes erzählt und dann in so ein Nebenschauplatz rutscht, wo ich denke: Mann, komm' doch bitte wieder zum roten Faden.
Ja, verstehe ich. Wenn dir die Geschichte ausreicht, ohne diesen Mittelteil, dann nimmt es dir doch keiner übel, ich schon gar nicht, wenn du ihn einfach nur überfliegst.
Oder liest du ununterbrochen alles in einem Roman akribisch durch? Sobald eine Stelle kommt, die man selbst für obsolet hält, wird man halt schneller.
Solange du dann trotzdem noch im Grunde genommen dabei bleibst, ist doch alles gut.
Schlimm fände ich, wenn man dann auch für den Rest des Textes nicht mehr beachtet wird, nur weil der Mittelteil für überflüssig gehalten wird.

Also insofern hast du für mich erzählerisch den Fehler gemacht, mich auf Thea und deren Familie "heiß" zu machen und dann stellst du diesen Topf quasi zur Seite und fängst mit einer anderen Story auf neuer Flamme an, während mir der Magen knurrt.
Ist mir klar.

Naja, wenn ich nicht schlafen kann, bin ich schon wach - auf der Stelle wach sein bedeutet für mich: sofort aufwachen (aber geschlafen haben und dann gleich da sein.) Gibt es da verschiedene Bezeichnungen/Interpretationen dafür?
Ich bin mir nicht ganz sicher, was du meinst. Ich hatte ja geschrieben: "Wegen der drückenden Sommerschwüle hatten etliche nicht fest schlafen können und waren auf der Stelle wach."
Ich könnte allenfalls aus "waren" "wurden" machen. Denn wenn ich nicht fest schlafe, dann bin ich schneller wach, als wenn man mich aus dem Tiefschlaf holen muss. Aber vielleicht habe ich ja grad ein Brett vor dem Kopf, weil ich deinen Kritikpunkt nicht erkenne.


Hier ein Beispiel, wie ich mir vorstellen könnte, deine Informationsflut zu dämmen:
Das Luftschutzgepäck mit dem Wichtigsten stand griffbereit im Korridor einer jeden Wohnung.
Der Leser weiß doch aus eigener Erfahrung, was das Wichtigste ist: Papiere, Geld, Schmuck ... das muss ich als Autor nicht erwähnen. Zudem für jeden noch ein Teil des Wichtigsten dazukommt, der individuell, und deswegen nicht nennbar ist.
Darüber werde ich nachdenken. Es würde Sinn machen, einfach nur vom Wichtigsten zu schreiben. Wenn aber dieser Text auch Leser erreichen soll, die sich keine Vorstellung davon machen, was das Wichtigste sein könnte? Und diese kleine, aber ich finde nicht unwichtige Information, dass es damals schon die wichtigsten Lebensmittel nur auf Lebensmittelkarte gab (ich war immer davon ausgegangen, dass das erst nach dem Krieg der Fall war) kann ich dann leider in die Tonne packen. Ich weiß noch nicht, ob du zusammen mit jimmysalaryman, der sich glaube ich auch daran störte, die einzigen seid, die sich daran stören.

vierten / wieso in der damaligen?
ändere ich.
"damaligen" ist jetzt eine Info für den Hamburger als Leser, denn die heutige sog. "Hamburger Straße" liegt mittlerweile in einem ganz anderen Stadtteil als damals.
In der jetzt so benannten Hamburger Straße sind damals in der Nacht 700 Menschen in einem schlecht gebauten Luftschutzbunker unterhalb von Karstadt ums Leben gekommen. Ich wollte daher unbedingt vermeiden, dass ich den Leser dann durcheinander bringe, wenn er "Hamburger Straße" liest.


Ist das für den Verlauf der Geschichte wichtig? Ich finde nicht.
Sie wären eher aufgestanden. Weil der Drahtfunkt vor den Sirenen erfolgte. Es ist für mich ein Stück Lokalkolorit, nicht für die Geschichte lebensnotwendig, aber ein Detail, dass sie wirklichkeitsnher macht. Ich glaube nicht, dass das Herausstreichen dieses Absatzes in deinen Augen meine Geschichte wirklich "rettet".

Fettes wissen wir als Leser -
deswegen kann man gleich fortfahren mit:

Die Mutter in ihrer erbarmungslose fordernde Art hatte dazu geführt, dass zeitraubende Diskussionen, speziell mit ihrem dreizehnjährigen Günter, der oftmals bei Fliegeralarm einfach im Bett bleiben wollte, nicht mehr stattfanden.

Ja, DU erinnerst dich, aber auch jeder andere? Die Erwähnung taucht ja bereits zu Beginn auf, dann folgt ein völlig anderer Teil und bis dahin hat vielleicht doch so mancher es schon vergessen? Wir gehen immer davon aus, dass Leute mit dem Aufmerksamkeitspotential, das wir an das Lesen anlegen, diese Geschichten lesen. Ich glaube, das ist ein Fehler. Womit ich natürlich nicht gesagt haben will, dass man sich ständig wiederholen darf.


Die Frage stellt sich nach den kommenden Ereignissen nicht mehr - aber ich frage mich als Leser, wieso du diese Fragen überhaupt ins Spiel gebracht hast, wenn sie danach verpuffen.
Während der Fragerei hätte ich gerne eine Antwort gehabt - es gab in dem Moment ja eine Erklärung dafür.
Seltsamerweise habe ich jetzt an dieser Stelle das Gefühl, dass du ungehalten bist. Ich verstehe aber deinen Einwand so, dass dir diese Stelle zu umständlich formuliert vorkommt.
Ich habe sie mir gerade nochmals intensiv angeschaut und finde das nicht, aber schließe nicht aus, dass ich in einigen Tagen (vielleicht aber braucht es noch mehr Zeit) genau das erkenne, was dich grad so angefressen erscheinen lässt.

Dieses ganze Setting finde ich toll beschrieben. Aber der Riese - mit der Bezeichnung werde ich nicht warm.
Einerseits ist dies eine Vokabel, die mein Vater verwendet hat, gewesen und natürlich bin ich nicht so vermessen, zu behaupten, was er schildert ist für mich als Autorin Gesetz. In dieses offene Messer laufe ich nicht. Andererseits ist mir aber auch selbst nichts bisher eingefallen, was mir idealer klingt. Vielleicht bin ich wirklich in diesem Punkt an meine bisherigen Grenzen der Darstellung geraten, keine Ahnung. Ich verstehe deine Kritik, denn Riese klingt kindlich, verspielt und so als würde man das verniedlichen wollen. Aber im Moment würde, so befürchte ich, eine Veränderung nur zu einer Verschlimmbesserung führen. Vielleicht später.

Noch ein letztes Mal dafür, alle Zahlen bitte auszuschreiben.
ja!

berichtete ist für mich schon ein Killer; für mich wäre da ein Punkt besser und dann ein direkter Bezug auf Maria, dass man weiß, wer gesprochen hat - . z.B. Maria starrte auf die brennenden Fassaden und kein Muskel im Gesicht regte sich.
das ändere ich.

Sehr umständlich formuliert.
Vielleicht eher: Sie mussten sich gegenseitig laufend die Kleidung abklopfen, damit sie nicht anfingen, zu brennen. So war der Luftschutzkeller der Schule Ziel von vielen, wohl an die zweihundert Menschen hatten dort Unterschlupf gefunden.
Ja, das ändere ich auch.

Da fehlt ein Übergang, weil der Leser denkt immer noch, dass man nicht aus dem Bunker raus kann.
Stimmt, muss ich noch etwas hinzufügen.

Das hat für mich so eine fast außerirdische Szenerie. Ich weiß nicht, ob so ein Bombenabwurf eine "freeze"-Situation entstehen lassen kann, weil es so heiß wird, dass die Menschen quasi beim Bombenabwurf in dem Moment eine solche Hitze abbekommen, dass sie wie Statuen stehen, lehnen, sitzen bleiben. Ich habe das fotodokumentarisch noch nie gesehen und das wäre im 2. WK gut möglich gewesen.
Das ist interessant, dass du von Fotodokumentation sprichst.
Es gibt so ein Foto und genau das war für mich der Anlass, es so darzustellen. Da sitzen Menschen, alle mit ihren Koffern seitlich abgestellt, gegen Bäume gelehnt und Mauern oder liegen wie schlafend auf der Straße, dem Gehweg. Diese Leute sind hochwahrscheinlich, weil sie ja keine Brandspuren haben, daran verstorben, dass sie Kohlenmonoxid eingeatmet haben, auf offener Straße, wo kein Mensch so etwas je vermuten würde, weil sich dieses Gas sofort verflüchtigen würde und nur noch in ungefährlicher Konzentration vorkommt. Aber gerade dieser furchtbare Feuersturm hat dieses seltsame Gas offensichtlich in so hoher Konzentration auf die Straßen gedrückt, dass die Menschen dort einfach unendlich müde geworden sind, sich hingesetzt haben und mit jedem weiteren Atemzug Kohlenmonoxid eingeatmet haben.
Ich wünschte, ich könnte dir dieses Foto zeigen, ich habe die Bücher alle zurück gegeben, sollte ich es nochmals in die Hände bekommen, schicke ich dir eine Kopie zu.
Mit vielen Worten: ja es gab mindestens eine solche Szene. Immerhin muss man bedenken, dass kaum ein Überlebender am darauf folgenden Tag in der Stimmung war, jetzt Fotos zu machen, nur um etwas für später zu dokumentieren. Die Menschen waren alle unterwegs, um sich zu retten. Da denkt man nicht an später. Es gibt deshalb wenige Fotos und trotzdem dennoch erstaunlich viele.

Was ich sagen will: diese Szene ist mir etwas zu spacy. Die Menschen hören doch die Bomber anfliegen, suchen Deckung oder sind auf der Flucht ... aber da lehnt sich doch keiner an eine Mauer oder wird irgendwo genüßlich sitzen.
Ich denke, dass viele zu spät unterwegs waren, so wie in dem Haus, in dem sich Maria mit den Kindern befand und viele sind aus den Luftschutzkellern geflohen, weil sie wegen der heftigen Brände dort keine Luft mehr bekamen.
Aber draußen lauerte dann in einigen Stadtteilen diese Gefahr des Kohlenmonoxids und des orkanartigen Feuersturms, der, so die Zeugenberichte, die Menschen einfach irgendwohin geschleudert hat und sogar dickste Bäume entwurzelt hat.

Ich vermute eher, dass sich dass sich Thea Gedanken darüber macht, was mit ihrer Mutter und Geschwister passiert ist und nicht sich in den Vordergrund stellt.
Ich hatte es so darzustellen versucht, dass die Betreuerinnen ihnen keine Wahl lassen, indem sie mitteilen, dass alle ! tot sind. Davon gehen die Kinder aus. Wie sollen so lütte Wesen denn unterscheiden, dass es keine richtige Antwort war und auch nicht wahr?

Für den Leser ist die Geschichte nun ein Happy-End. Die Mutter mit den zwei Kindern hat überlebt und Papa besucht Klein-Thea - wieso überhaupt?
Wieso er seine Tochter besucht? Wirkte das auf dich wie ein Besuch? Dann muss ich noch was anfügen. Was allerdings den Schluss etwas unnötig in die Länge ziehen würde. Ein Vater, der bei der Eisenbahn ist, also weiß, wie er geschickt die Möglichkeiten nutzen kann und weiß, dass seine Tochter von sämtlichen Informationen abgeschnitten ist, denn in Hamburg ging kein Telefon und keine Post mehr, geschweige denn Telegramme, der ahnt sicherlich, in welchen Ängsten das Kind steckt. Ich dachte, das sei klar und auch, dass er sie nun mitnimmt.


Aber um etwas gut werden zu lassen, muss man loslassen können. Das ist in Beziehungen gleich wie in Texten - ich fände es toll, wenn du dich von bestimmten Dingen rückstandslos lösen könntest, das wäre:
- die ganzen Zahlen in Ziffern - außer Jahreszahlen und über 1000 - bitte ausschreiben.
- Details, gerade bei Redcliff, hinterfragen. Nicht das, was dich am meisten Arbeit gekostet hat, ist das, was das gemeine Volk am meisten begeistert.
- Dialoge nochmals überprüfen - redet man tatsächlich so im Alltag?
- Infodumping überprüfen - ich weiß, dass der 2. WK Horror war - aber muss ich alle Einzelheiten wissen, um ergriffen zu sein?
Ich werde drüber nachdenken, soweit ich dir nicht schon dazu abschließend geantwortet habe.

Ich ziehe den Hut vor deiner Arbeit, lakita, mit dem Text. Recherche, die Länge, da hast du dich wirklich reingehängt.
Naja, Recherche und Länge sind ja kein Kriterium für eine gute Geschichte, wie man sieht, aber trotzdem danke, für dein Lob und die Anerkennung.

Immerhin schenke ich dir den Weihnachtsabend. :gelb:
Und das weiß ich sehr zu schätzen, ich danke dir herzlich für all deine Anmerkungen, Anregungen und kritischen Fragen und konstruktiven Texthilfen. Und ich danke für deinen Zeitaufwand und dein Lob.

Alles Gute fürs weitere Bearbeiten vom Text
bernadette
Ich werde mein Bestes zu geben versuchen.


Euch allen liebe Grüße und Dank

 

Hallo @lakita

Da allerdings möchte ich vorsichtig fragen, ob du da nicht mehr Opfer einer traumatisierten Schulerfahrung bist als schlicht ein enttäuschter Leser, der seinem Unmut nun noch ein bisschen mehr Wumm erteilt.
[...] was darauf abzielt auch Informationen von damals zu vermitteln, aber andererseits war die Intention dieses Textes auch nicht, darüber hinaus zu gehen

Von einem langjährigen Wortkrieger hatte ich nicht erwartet, dass meine Textkritik auf der persönlichen Ebene pariert wird. Die Zitate deuten auf einen Widerspruch; du unterstellst mir, dass ich Deinen Text aufgrund eines nebulösen Traumas als zu belehrend empfinde, und bestätigst ein paar Zeilen zuvor, dass Vermittlung von Informationen, also Belehrung, Deine einzige Motivation für diesen Text ist.
Nun gut.
Davon abgesehen läuft Deine Vermutung auch noch in die falsche Richtung. Da ich mich nicht in einem Autorenforum angemeldet habe, um über mein Privatleben zu tratschen, gehe ich nicht weiter darauf ein.
Ich kann Dir aber versichern: Wenn ich den Frust auf mein Leben ablassen möchte, dann tu ich das an geeigneteren Stellen.
In diesem Forum äußere ich mich weitgehend emotionsfrei zu Texten unter literarischen Aspekten. Ich bin auch nicht enttäuscht von irgendwelchen Texten, solange es nicht meine eigenen sind. Schließlich habe ich kein überteuertes Buch gekauft, sondern stöbere durch eine gratis Textsammlung.

Die von der fiktiven Ebene deutlich herausgehobene Belehrung, gemeinhin als Infodumping bezeichnet, ist in meinen Augen ein Merkmal für schlechten literarischen Stil. Es verhindert den emotionalen Zugang zu den Figuren, setzt den Erzähler, wenn nicht sogar den Autor, ins Rampenlicht und zerstört das, in diesem Text ohnehin spärlich ausgearbeitete Spannungsmoment.
Im Übrigen ist es unerheblich, ob hier reale Figuren und Vorgänge beschrieben werden. Es handelt sich um einen fiktiven, literarischen Text, und da sind Klischees zu vermeiden. Zeitzeugenberichte erscheinen umso glaubwürdiger, je weniger sie gefiltert werden. Dagegen hat fiktive Literatur, mit Ausnahme spezieller Genres, die Pflicht zu filtern.
Das ist meine Meinung zum Text und jeder Neuling im Forum hätte das von mir oder anderen Foristen in ähnlicher Weise um die Ohren gehauen bekommen.
Ich wäre Dir dankbar, wenn Du zukünftig, bei allem verständlichen Ärger, auf Mutmaßungen bezüglich meiner Lebenserfahrungen oder meines Charakters verzichten könntest. Das ist auch schlechter Stil und zeugt von mangelndem Respekt meiner nicht-fiktiven Person gegenüber.

Schönen Gruß!
Kellerkind

 

Liebe @lakita ,

mir gefällt die Idee, den Plot an drei Orten spielen zu lassen, auf der Insel, in Hamburg und über Hamburg. Besonders die Szenen in Hamburg während der Bombardierung geben einen Eindruck von der entsetzlichen Situation, in der sich die Menschen befanden. Ich musste dabei an eine demenzkranke Frau denken, die immer an einen Ampelmast klopfte und dachte, dass darin ihre Schwester verschüttet sei, immer rief, sie solle versuchen herauszukommen.
Ich glaube aber, dass du die Leser schonst, indem es für die Protagonisten eine Happy End gibt. Der Text wäre stärker, wenn nicht alle aus der Familie überleben. Wenn du wirklich ein Gefühl für die Hölle, die die Menschen durchgemacht haben, geben willst, darf sich der Leser am Ende nicht erleichtert zurücklehnen.


Am 27. Juli 1943 brachen über siebenhundert britische Flugzeuge auf, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen.
Das sind die Fakten und ich nehme in deinem Text das Anliegen wahr, zu zeigen, was das für die Menschen bedeutet hat. Momentan schwirren auch wieder Zahlen durch die Nachrichten, über das Steigen der Rüstungsexporte, nach Ungarn, nach Ägypten, alles Zahlen, hinter denen sich die Greuel, die damit angerichtet werden, verbergen.

Am 27. Juli stieg das Thermometer, wie an sehr vielen Tagen in diesem ungewöhnlich heißen Sommer, in Nordstrand auf 30 Grad.
Ich würde hier weitermachen. Die Szene in der Küche ist später dazugekommen, glaube ich, die empfinde ich von den Dialogen her, die vor allem Informationen transportieren sollen, viel schwächer, als jetzt die Szene im Kinderheim. Ein Kind ist auf der Insel, der Rest der Familie in der Stadt, die Mutter ist während des Angriffs mit den Kindern allein, weil der Vater arbeitet oder an der Front ist. Ich persönlich bräuchte da keine genaue Erklärung bzw., so wie der Text gestrickt ist, wäre das für mich im Tell-Modus okay.


„Wer hat dir erlaubt, in einem fremden Bett zu schlafen? So geht das nicht! Aber sofort raus da, ab in dein Bett!", schimpfte eine Betreuerin, die plötzlich neben Liesels Bett stand.
„Ich hab‘ so große Angst", gestand Thea kleinlaut.
„Was? Das will ich nicht gehört haben. Jetzt wird geschlafen!"
Ich habe vor über zwanzig Jahren mal in einer psychiatrischen Klinik Akten von geistig behinderten Patienten gelesen, die nach dem Krieg im Kinderheim auf Sylt aufgewachsen waren. (und erlebt, wie sie damals immer noch behandelt wurden) Da wehte mich was an, was ich hier auch bei dir finde. Die schwarze Pädagogik der Nazis. Die Betreuerinnen hier sind ja nicht böse, die sind selbst so sozialisiert und es waren Notzeiten.


„Ihr werdet kaum auf Gegenwehr stoßen", fuhr der Einsatzoffizier fort, „die Nazis haben ihre immensen Lücken in Stalingrad schließen müssen und ihre Flakgeschütze mit blutjungen unerfahrenen Jugendlichen besetzt, meist noch Schülern", grinste er schadenfroh, „die schießen nur blind drauf los."
Das ist so ein Beispiel für einen Satz, den ich viel zu ordentlich ausformuliert finde, für wörtliche Rede in dieser Situation. "immensen" "blutjungen unerfahrenen"

Redcliff schaute ernst, „Ich weiß, die Abschussquote ist ernüchternd hoch," und dann dachte er, ‚und mit jedem weiteren Einsatz steigt mein Risiko.‘
"ernüchternd" ist mir z.B. auch zuviel.


Gegen 22 Uhr kletterten Redcliff und seine sechs Mann Besatzung in das neueste Modell eines Lancasterbombers mit Doppelseitenleitwerk und Geschützstand. Diese Verbesserungen machten das Flugzeug wendiger und erweiterten die Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten im Vergleich zu den Vormodellen.
Im Bombenschacht hingen eine zwei Tonnen schwere Bombe, makaber liebevoll „Cookie" genannt und an die 3.000 Brandbomben.
Solche Informationen passen für mich gut zum Text. Da gibt es immer wieder den Kontrast zwischen der nüchternen Techniksprache, die hier fast genießerisch die Vorzüge der Bomber beschreibt und dem späteren Erleben der Opfer. Dennoch würde ich die technischen Daten noch reduzieren, aber das ist auch nicht so mein Interesse.

‚Und auf dieses Inferno werfen wir jetzt weitere Brandladungen. Das überlebt da unten keiner mehr‘, dachte er, ‚aber wenn wir unsere Bomben nicht abwerfen, komme ich mit der gesamten Besatzung vors Kriegsgericht.‘
Das denkt der in dem Moment nicht, das kann ich mir nicht vorstellen, das ist doch alles schon gelaufen. Das ist die Erklärung für die Leser.

Eine Bombe benötigt circa eine halbe Minute, ehe sie aus 4.000 Metern kommend auf dem Grund aufschlägt. In einer parabelförmigen Kurve wirbelt sie herab, wird vom Luftwiderstand gebremst, von den Seitenwinden abgelenkt und wenn sie ein Dach, ein Stockwerk durchlöchert, ist der Bomber, der sie abgeworfen hat, schon längst mehrere Kilometer weit weg auf dem Rückflug.
Der Bombenschacht der Lancaster öffnete sich, um zunächst den „Cookie" herabfallen zu lassen, danach klappte der Schacht mit den rund 3.000 Brandbomben auf, die wie an Bindfäden gehalten gleichmäßig hintereinander Stück für Stück niederfielen, um die Hansestadt in grauenhafte Zustände zu versetzen.
Wieder wie oben, das Nüchterne finde ich hier gut. "Grauenhaft" macht es schwächer, finde ich, da kaust du mir etwas vor.

Aber diesen ihn anwidernden Gedanken schob er beiseite, dafür war jetzt nicht der geringste Raum, um darüber nachzudenken.
Deshalb würde ich den Gedanken auch weglassen. Das wirkt umständlich.


Theas Familie lebte im vierten Stock eines Hauses in der damaligen Hamburger Straße im Stadtteil Altona-Nord. Den Drahtfunk, eine besondere Möglichkeit, über das Radio noch vor den Sirenen gewarnt zu werden, hatte man nicht genutzt, um Stromkosten zu sparen. Der Familie wäre sonst aufgefallen, dass der wegen seiner beruhigend, fast schon einschläfernden Stimme Onkel Baldrian genannte Nachrichtensprecher eine ungewohnte Formulierung gewählt hatte: „ Achtung! Achtung! Sehr sehr! starke Anflüge auf Hamburg. In wenigen Minuten fallen die ersten Bomben. Suchen Sie die Luftschutzkeller auf."
Das finde ich interessant. Auch die nachfolgende Beschreibung. Sie berührt mich etwas mehr auf der geistigen, als auf der Gefühlsebene. Ich erfahre, wie man damals versuchte sich zu retten, wie sehr die Menschen in der Falle saßen. Diese ganze Szene habe ich gespannt verfolgt. Es ist ein Text, aus dem ich etwas lerne.

Bomben, die treffen, hört man nicht mehr.
Das lässt einen schlucken.

Sie wären sonst erbarmungslos im Feuersturm umgekommen. Entweder verbrannt oder spätestens an Sauerstoffmangel oder Kohlenmonoxid erstickt, so wie in dieser Nacht unendlich viele Hamburger.
Das ist ein Beispiel dafür, warum ich doch in Distanz bleibe, beim Lesen. Hier wird es technisch und es ist der Blick von außen. "erbarmungslos" "unendlich", das sind hier Adjektive, die eher erzählen als zeigen.


Auf ihrem Weg sahen sie dicke Ascheschichten auf den kahlen Bäumen, die in dieser Nacht alle Blätter abgeworfen hatten. Und sie sahen Tote, gegen Mauern und Bäume gelehnt, ausgestreckt auf dem Gehweg, friedlich am Bordstein sitzend. Neben sich aufrecht stehend ihre Koffer mit dem Allernotwendigsten. Als warteten sie geduldig darauf, dass sich ihre Besitzer gleich wieder erheben, um mit ihnen weiterzugehen.
Hier ein Gegenbeispiel. Das ist eine starke Stelle

Am Morgen des 28. Juli 1943 hatte sich auf Nordstrand die bedrückende Stimmung unter den Kindern gesteigert.
Die Szenen auf der Insel finde ich sehr gelungen.

Am Horizont in Richtung Hamburg hatte sich ein seltsames Phänomen gezeigt, das die Betreuerinnen als das grausige Ergebnis der völligen Zerstörung der Stadt gedeutet hatten.
Den Teil würde ich weglassen, denn ich will das als Leserin deuten.

„Das geht aber nicht", erwiderte eine der Betreuerinnen, der die Kinder mit ihren prüfenden Blicken die rotgeweinten Augen angesehen hatten.
„Warum geht es nicht? Warum hast du geweint?"
Auch hier fände ich es stärker ohne das Fettgedruckte. Es ist inhaltlich mit der nächsten wörtlichen Rede doppelt.

Liebe Lakita, jetzt hatte ich einiges zu meckern, aber es ist interessant, was das Nüchterne, Berichtende auslösen kann. Ich habe doch vieles aus deinem Text erfahren, was mir nicht so genau klar war. Das ist ein ziemlich monumentales Ding und jeder dieser drei Orte hätte schon für sich eine eigene Geschichte gegeben. Danke dafür und liebe Grüße

von Chutney

 

Liebe @Chutney ,

herzlichen Dank, dass du dich dieses langen Textes angenommen hast und mir jede Menge wertvolle Textverbesserungsvorschläge gemacht hast.
Es ist verrückt. Immer, wenn ich es überhaupt schaffe, meinen Text zu überarbeiten, gerate ich in so einen Zwischenbaumundborke-Zustand. Ich denke dann meist, ok, jetzt müsste er eigentlich in Ordnung sein der Text und eine andere Stimme in mir sagt: wie kommst du darauf, dass du so perfekt bist, die werden schon noch was finden, und die erste Stimme erwidert dann ganz vollmundig: und was bitteschön soll das sein?

Ja und nun kommst du und ich habe die Antwort. *schmunzel*
Und ich kann praktisch mit allem, was du anführst, auch was anfangen und werde folglich nochmals an die Veränderungen gehen.
Mittlerweile hat sich nämlich bei mir auch dieses Fensterchen geöffnet, das meist mit Brettern vernagelt ist und wo dahinter dann die ganzen Lieblings schlummern in der Finsternis.
Soweit es also um die Einkürzung, all der von dir vorgeschlagenen und durchgestrichenen Passagen geht, kann ich dir fast vollständig folgen.
Aber nun in medias res:

mir gefällt die Idee, den Plot an drei Orten spielen zu lassen, auf der Insel, in Hamburg und über Hamburg. Besonders die Szenen in Hamburg während der Bombardierung geben einen Eindruck von der entsetzlichen Situation, in der sich die Menschen befanden.
Danke. Es freut mich, dass du es so siehst. Und ich weiß, dass dir auch bewusst ist, was so eine Mitteilung mit den Kindern macht, die erfahren, dass ihre Eltern und Geschwister alle umgekommen sind. Die 'Bombennächte im Bunker, Luftschutzkeller und all die anderen Belastungen haben bei all diesen Menschen lebenslang ihre Spuren hinterlassen.
Sie alle tragen lebenslang einen Teil des Krieges noch in sich.

Ich musste dabei an eine demenzkranke Frau denken, die immer an einen Ampelmast klopfte und dachte, dass darin ihre Schwester verschüttet sei, immer rief, sie solle versuchen herauszukommen.
Genau das sind die möglichen Auswirkungen.
Ich glaube aber, dass du die Leser schonst, indem es für die Protagonisten eine Happy End gibt.
Ich hatte es nicht auf diese Schonung angelegt, sondern bin hier schlicht bei dem tatsächlichen Ende geblieben, aber ich verstehe sofort, wie du es meinst. Der bittere Nachgeschmack soll bleiben, damit etwas bewirkt wird.
Es gab hier zwischendrin bei den Kritikern den Hinweis, dass diese Geschichte sich für Schüler oder überhaupt Jugendliche eignen könnte und da wäre es dann für die jungen Leser eher annehmbar, wenn es ein Happy End gibt.
Man kann es ja absolut leicht entfernen, es sind praktisch die letzten paar Sätze. Die Geschichte könnte mit der Szene enden, in der Thea und Liesel aus dem Schlafsaal gejagt werden.
Wenn du wirklich ein Gefühl für die Hölle, die die Menschen durchgemacht haben, geben willst, darf sich der Leser am Ende nicht erleichtert zurücklehnen.
Ja.

alles Zahlen, hinter denen sich die Greuel, die damit angerichtet werden, verbergen.
Genau so sehe ich es auch. Es besteht eigentlich, was aber wohl menschlich ist, immer die Gefahr der Gewöhnung. Bekommen wir täglich die Zahlen genannt, die uns ermöglichen zu erkennen, mit welcher grausigen Wucht hier Kriegsmaterial zum Einsatz kommt und was das für die Menschenleben bedeutet, dann folgen wir irgendwann nicht mehr diesem Pfad der Übersetzung der Zahlen in Menschenopfer. Bekommen wir ununterbrochen die furchterregendsten Entstellungen und Verletzungen der Kriegsopfer zu sehen, stumpfen wir hier ab und schauen nur noch bei Massengräbern hin.

Ich würde hier weitermachen. Die Szene in der Küche ist später dazugekommen, glaube ich,
Ja, die Küchenszene habe ich später geschrieben, vorher standen da nur Informationen und Fakten, ich habe versucht, genau die in den Dialog zu packen.

Die schwarze Pädagogik der Nazis. Die Betreuerinnen hier sind ja nicht böse, die sind selbst so sozialisiert und es waren Notzeiten.
Genau, die Betreuerinnen sind unter Umständen ganz liebe Frauen gewesen, die die Kinder auch wirklich gern gehabt haben, aber zum einen war es damals deutlich härter als heute und zum anderen darf man nicht übersehen, dass in diesen Kriegszeiten, Kinder, die nicht gehorchten, sich und die Familie unnötig in große Gefahr bringen konnten. Ein Kind, dass völlig durchdreht, weil es irrsinnige Angst hat und das erst beruhigt werden muss, kostet wertvolle Zeit, um in den Schutzraum zu gelangen. So wie niemandem damit gedient war, wenn innerhalb eines Bunkers mit mehreren hundert Wartenden eine Panik ausbrach. Wir würden heute mit Tiefenentspannung all so etwas zu verhindern suchen, damals setzte man harte Disziplin ein und manchmal wünschte ich, ich könnte schon in die Zukunft schauen und erfahren, was die Generationen nach mir für Methoden anwenen werden. Vielleicht werden wir dann durch Roboter beruhigt und im schlimmsten Falle lahm gelegt?

Das ist so ein Beispiel für einen Satz, den ich viel zu ordentlich ausformuliert finde, für wörtliche Rede in dieser Situation. "immensen" "blutjungen unerfahrenen"
Ja, erkenne ich auch, nehme ich was raus.

ernüchternd" ist mir z.B. auch zuviel.
Ebenfalls, ich erkenne es, ich werde es ändern.

Dennoch würde ich die technischen Daten noch reduzieren, aber das ist auch nicht so mein Interesse.
Da habe ich noch so eine Sperre in mir, aber kommt Zeit, kommt auch dazu irgendwann meine Bereitschaft.

Das denkt der in dem Moment nicht, das kann ich mir nicht vorstellen, das ist doch alles schon gelaufen. Das ist die Erklärung für die Leser
Es stand ursprünglich nicht darin und ich gebe dir Recht, dass es sehr wahrscheinlich nicht seine Gedanken in solch einem Moment sind, aber ich hatte das Gefühl, es müsste da rein, weil z.B. jimmysalaryman mir vorwarf, dass Redcliff nicht genügend reflektiere und wieso er denn nicht sich weigere, die Bomben abzuwerfen. Ich wollte damit deutlich machen, für all diejenigen, denen auch dieser Gedanke kommt, dass das früher absolut nicht ging. Im Übrigen auch heute nicht. Es kann keiner bei der Bundeswehr erstmal sich hinstellen und diskutieren, ob er schießen möchte oder nicht, wenn er den Befehl dazu erhält. Das vergessen wir immer so gern, weil wir halt nicht in diesem Befehlssystem drin stecken.
Ich habe an dieser Stelle auch etwas Bauchschmerzen, ob ich da nicht zuviel mitteile, möchte es aber noch stehenlassen. Ändert sich vielleicht noch.

Wieder wie oben, das Nüchterne finde ich hier gut. "Grauenhaft" macht es schwächer, finde ich, da kaust du mir etwas vor.
Stimmt und genau das möchte ich nicht, ich werde es streichen.

Deshalb würde ich den Gedanken auch weglassen. Das wirkt umständlich.
Ich verstehe deinen Einwand, aber auch hier bin ich mir noch nicht so sicher, ob ich es mir leisten möchte, es ganz zu lassen oder anders zu formulieren.
Hier ein Gegenbeispiel. Das ist eine starke Stelle
Dankeschön.Das bedeutet mir war, denn ich habe bei meinen Recherchen dieses Foto gesehen, das ich im Grunde genommen da beschreibe und das mich irre berührt hat. All diese Personen, die da einfach wie schlafend auf der Straße liegen oder wo gegenlehnen und all diese braunen Einheitskoffer neben ihnen.

Die Szenen auf der Insel finde ich sehr gelungen.
Lieben Dank!
Den Teil würde ich weglassen, denn ich will das als Leserin deuten.
Da zögere ich noch ein wenig. Darf ich dem Leser zutrauen, dass er auch sieht, was die Betreuerinnen sehen? Ich schau mir die Stelle gleich mal unter dem Aspekt der Streichung genau an.

Auch hier fände ich es stärker ohne das Fettgedruckte. Es ist inhaltlich mit der nächsten wörtlichen Rede doppelt.
Stimmt, es reicht, wenn eines der Kinder fragt, weshalb sie geweint hat, um zu wissen, dass das Kind es richtig sieht.

Liebe Lakita, jetzt hatte ich einiges zu meckern,
Nee, das hielt sich absolut in Grenzen. Alles gut. Und ich habe damit sehr viel anfangen können.


aber es ist interessant, was das Nüchterne, Berichtende auslösen kann. Ich habe doch vieles aus deinem Text erfahren, was mir nicht so genau klar war. Das ist ein ziemlich monumentales Ding und jeder dieser drei Orte hätte schon für sich eine eigene Geschichte gegeben. Danke dafür und liebe Grüße
Ich habe bei meinen Recherchen auch viel gelernt, was ich vorher noch nicht wusste. Und mir sind einige Zusammenhänge klarer geworden. Danke für dein Lob. Aber ebenfalls lieben Dank für die Textkritik.
Lieben Gruß
lakita

 

Ich noch mal, wenn ich darf, hat nix mit dem Luftkrieg zu tun -

liebe lakita,

aber das ZDF will wohl - lt. letzter "Zeit" dieses Jahr und zugleich erster Zeit der 2020er - eine Neuverfilmung des "Boots" senden, das schon "privat" gesendet wurde und nebenbei "Fakes" verbreitet (Titel des Zeitkomms "Auch Deutsche unter den Tätern" von Lars Weisbrod, Die Zeit Nr. 1, 27. Dezember 2019, S. 51. Da ich den Roman und auch die Biografie des Buchheim-Sohnes über seinen Vater kenne (letzteres eher ein Rachefeldzug), gilt es vor der Neuverfilmung zu warnen. Geschichtsklitterung pur.

Da weiß man erst, was man hierorts für Schätze findet!

Tschüss, guten Rutsch und bis bald

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @lakita,

viele Kommentare, ich habe natürlich nicht jeden komplett durchgelesen, aber beim Lesen der Geschichte dachte ich so: War da nicht was? Ach stimmt, ein Streit mit @jimmysalaryman. Da hänge ich mich jetzt nicht rein, mir ist nur beim Schreiben meines eigenen Komms aufgefallen: Tatsächlich überschneide ich mich an einer Stelle mit ihm, eine andere sehe ich ganz anders.

Diese Schlafsaalszene, wenn die Flieger darüber hinweg "brummen" und Thea ihnen hinterher sieht - ich fand das saustark. Das Bild habe ich so klar vor Augen, das Geräusch im Ohr, ich brauche da nix Weiteres, um die Angst des Kindes erahnen zu können. Auch dieses wohl nachträglich eingefügte "Hilfe, nicht werfen", ich kann da nur für mich sprechen, aber ich finde das unnötig, das ist einfach so ein gutes Bild, das bleibt bei mir definitiv von der Geschichte hängen.

Was ich ähnlich wie Jimmy sehe ist diese irritierende Korrektheit der Figuren. Das ist so der Klassiker bei historischen Stoffen, dass der römische Kaufmann denkt, das mit der Sklaverei ist eigentlich auch nicht richtig, wegen der Menschenrechte, weil es uns halt aus heutiger Sicht schwerfällt, den als Protagonisten zu akzeptieren und uns mit ihm zu freuen, wenn er drei nubische Bademädchen zum Preis von zweien abgestaubt hat.

Ich finde den Ansatz der Geschichte toll, beide Seiten zu zeigen, aber Hitlergegner hier und Bomberpiloten mit Gewissensbissen da, das ist halt schon sehr bequem. Es geht ja nicht darum, dass es das nicht gegeben hat, aber als Figuren in dieser Geschichte ... das kostet mich als Leser nichts. Ein Bomber, der aus Überzeugung ganze Straßenzüge plattmacht und dem es dabei scheißegal ist, ob da Göring selbst oder nur irgendeine Liese mit ihrem Klaus wohnt, weil das die deutsche Bombe, die seinen Bruder verdampft hat, auch nicht interessiert hat, und wenn ich dann als Leser sage: Der macht was Falsches und findet es richtig und ich kann ihn verstehen, das ist ja das eigentliche Ding. Bei einem deiner Briten ist das ja so, aber eben nur bei einer Nebenfigur. Auf deutscher Seite genau so. Eine glühende Hitlerverehrerin wäre das andere Extrem, aber die Geschichte würde meines Erachtens an Glaubwürdigkeit gewinnen zum Beispiel durch jemanden, der jetzt um seine Kinder bangt und sich in den Arsch beißt, weil er das alles wie so viele zwölf Jahre zuvor für eine unheimlich gute Idee gehalten hat.

Den Ton/Stil mochte ich, was mir nur aufgefallen ist, ist so ein Hang zum Auserklären, zum Zuviel-Sagen, damit es jeder versteht. Manchmal macht der Erzähler das, manchmal die Figuren. Beispiele folgen.

Am 27. Juli 1943 brachen über siebenhundert britische Flugzeuge auf, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen.
Die umgangssprachliche Verwendung von "über" passt nicht richtig und auch ich würde überlegen, ob du diese Einleitung wirklich brauchst. "Ein paar Sonntage vor dem Abwurf spielte Thea ..." und dann kommen eben die Puzzleteile zusammen, spätestens, wenn einer "Hitler" sagt. Es ist ja Literatur, keine Geschichte wie im Geschichtsbuch.

Am Anfang hast du mit "enttäuscht" und "aufgeregt" Beschreibungen davon, wie Leute etwas sagen, später noch ein paar Mal, würde ich alles rausnehmen.

Franziskus Kinderheim
Koppeln, meine ich

„Du weißt warum ich keinen von euch in diese Naziheime gegeben habe. Ich werde euch nicht auch noch von diesen Verbrechern betreuen lassen."
Ohne den ersten Satz klingt es echter. Warum sollte die Mutter noch einmal darauf hinweisen, dass es hier doch um Nazis geht? Die sind seit mehr als zehn Jahren an der Macht.

Dieser Hitler bringt nur Unheil.
Holzhammer.

Bitte sei doch in Zukunft ein bisschen vorsichtiger mit deinen Äußerungen über die Nazis. Du weißt doch gar nicht, ob diese Frau nicht hingeht und dich jetzt meldet. Und die fackeln nicht lange.
Auch hier würde ich mir viel mehr zwischen den Zeilen wünschen: "Du musst mal ein bisschen aufpassen, was du vor anderen Leuten sagst." Und Punkt. Mündiger Leser. Wobei es zu dem Zeitpunkt glaube ich schon recht akut war: "Sag mal, bist du nicht ganz dicht (wenn's die Redewendung schon gab), vor einer Fremden so über die Partei herzuziehen?"

Nachts wachte Thea von dumpf brummenden Geräuschen auf. Sie stieg aus dem Bett und blickte durch eines der Fenster des Schlafsaals nach oben, wo ein Flugzeug nach dem anderen über das Heim hinwegflog.
Ich find's geil. Also, als Szene jetzt. Als Kunst. Du weißt, was ich meine.

Flakgeschütze mit unerfahrenen Jugendlichen besetzt, meist noch Schülern", grinste er schadenfroh,
Später schmunzelt er auch noch etwas. Das sind so fehlgeleitete Versuche, eine Wiederholung von "sagte" zu vermeiden. "Flakgeschütze mit Jugendlichen besetzt." Er grinste. "Meist noch Kinder."

und zog eine Zigarette aus der ihm angebotenen Packung, griff in die Hosentasche seines Overalls, um sein Feuerzeug hervorzuholen, aber sein Navigator kam ihm mit seinem zuvor.
Ich würde einen Punkt nach Packung machen und dann "Er griff in die ..."

führst du deinen gesamten Zigarettenvorrat mit dir
Das klingt sehr kompliziert für palavernde Soldaten.

das macht dir nicht jeder nach."
Die Redewendung heißt "Das macht dir keiner nach"

makaber liebevoll „Cookie"
Statt dieser Wertung, auf die ich auch allein komme, würde ich lieber einen Satz zum Hintergrund des Namens lesen.

aber wir kommen vor's Kriegsgericht, wenn wir den Befehl verweigern.'
Das war so eine Stelle, an der ich das gedacht habe: Mit diesen Figuren da geht die Schreiberin kein Risiko ein. Das sind die Guten.

Das ist ja grauenvoll, an der ganzen Westfront habe ich sowas nicht erlebt
Das klingt merkwürdig, weil es so explizit die Westfront ist. Jeder weiß, Ostfront, megahart, bei Minus 40 Grad isst man sich gegenseitig auf, also war er natürlich "nur" an der Westfront, damit keiner sagt "Na, jetzt hör aber auf".

„Unsere Treppe ist auch verschüttet", sagten die Leute aus dem Nachbarkeller, „aber man holt uns hier gleich raus."
So geschrieben sagen das mehrere Leute gleichzeitig, quasi im Chor.

Mit brausender, orkanartiger Geschwindigkeit peitschten Glutwinde über das Kopfsteinpflaster, zogen brennende Balken mit sich, wirbelten Latten und Dreck, Steine, Scherben auf, entzündeten stämmige, noch vor Stunden gesunde dicke Bäume.
Den Feuersturm finde ich sehr gut beschrieben, meine Lieblingsszene nach dem Schlafsaal. Wobei die ja zusammengehören, zuerst zieht quasi der Wind auf. (Nachtrag: Wie ein Orkan peitschten Glutwinde, "orkanartig" ist so Wetterbericht)

Sie wären sonst erbarmungslos im Feuersturm umgekommen.
Dass du das Wort direkt benutzt, finde ich nicht ganz so gelungen. Ich wollte an dieser Stelle anmerken, dass ich lieber etwas Konkretes hätte, aber das kommt dann einen Satz später. Diese allgemeine Feststellung brauchst du also nicht.

Halt! Die Fassade schwankt schon", vor ihren entsetzten Augen stürzte die obere Hälfte einer Hausfront mit donnerndem Getöse und unter immenser Staubaufwirbelung auf die Straße.
schon." Vor ihren ...

getrieben von peinigendem Durst.
Das ist das zweite Mal Durst. Beschreib doch lieber die klebrige Zunge oder den kratzenden Hals.

Vor Stunden hatten sie noch im vierten Stock eine gemütliche Wohnung besessen, jetzt war alles vernichtet und ihre Wünsche reduzierten sich einzig und allein auf einen Becher Wasser.
Das ist so: Was haben wir also heute gelernt?

hatte sich jedoch auf die vor dem Luftschutzkellereingang befindliche Turnhalle
"die sich befindliche Turnhalle" klingt sehr bürokratisch.

„Jetzt bin ich ganz allein auf dieser Welt"
Das höre ich kein Kind sagen.

Viele Grüße
JC

 

Lieber @Proof ,

herzlichen Dank für deine ausführliche konstruktive Kritik, mit der ich sehr viel anfangen konnte. Die Korrekturen bzw. Veränderungen habe ich bereits vorgenommen. An manchen Stellen ist mir deine Kritik durchaus bewusst, immerhin liegst du ja mit einigen Punkten exakt im Trend des Gros der Kritiker und insoweit hab ich mich bereits an die Punkte gut gewöhnen können, aber ich kann leider noch nicht an allen Stellen einfach alles beiseite schieben und es ändern.
Ich merke, dass so manches vielleicht noch etwas Zeit benötigt.

Auf jeden Fall ist deine Textarbeit sehr hilfreich gewesen. Lieben Dank dafür.

Im einzelnen:

Ach stimmt, ein Streit mit
Also Streit ist noch eher heftiger. Ich habe seine Kritikpunkte bis auf ganz wenige ja eingesehen, das war nie die Frage. Mir gefiel nur seine Verpackung nicht.

Diese Schlafsaalszene, wenn die Flieger darüber hinweg "brummen" und Thea ihnen hinterher sieht - ich fand das saustark
Dankeschön!
Was ich ähnlich wie Jimmy sehe ist diese irritierende Korrektheit der Figuren.
Ich verstehe euch beide natürlich. Aber du schreibst selbst, dass das andere Extrem dann auch Drüber wäre und meine Intention war überhaupt nicht, auf die Frage verlagert, ob Maria nun pro oder gegen Hitler war. Es ging mir darum aufzuzeigen, dass ihre Gegnerschaft zum einen bei ihren Kindern, zumindestens bei Irma großen Unmut hervorrief, die sich ausgeschlossen fühlte und, worauf es mir noch mehr ankam, zur Folge hatte, dass Marias Kinder auch ganz brutal die Bombennächte miterleiden mussten. Ich hatte ehrlich gar nicht im Fokus, dass ich damit ein Klischee bediene.
Wenn ich also deinem durchaus passablen Beispiel folgen würde, wäre meine Intention diesen Widerspruch bezüglich der Auswirkungen auf die Kinder nicht mehr aufzeigen zu können. Ich müsste dann nämlich viel mehr über Marias politische Einstellung und ihren Wandel einbringen in den Text. Zum einen wüsste ich gar nicht, wie und zum anderen würde das die Geschichte in die Länge ziehen.
Ab einer bestimmten Länge wird diese Geschichte zum Lesemonstrum.
Ich hatte eh schon die Befürchtung, dass mir genau das laufend vorgehalten wird.

Ich finde den Ansatz der Geschichte toll, beide Seiten zu zeigen, aber Hitlergegner hier und Bomberpiloten mit Gewissensbissen da, das ist halt schon sehr bequem.
Danke für das Lob und ich verstehe auch zugleich die Kritik.
Ja, ich gebe dir Recht, es wirkt dann etwas holzschnittartig und ich verschenke hier Möglichkeiten, der Qualität der Geschichte noch ein wenig mehr Niveau zu geben.
In meinem Kopf rotiert auch laufend die Frage, ob ich, da ich ja an Marias Part nicht so richtig ran möchte, bei Redcliff noch was ändern sollte.
Das ist aber noch sehr kraus in meinem Hirn und benötigt noch ein wenig Reifezeit.

Ein Bomber, der aus Überzeugung ganze Straßenzüge plattmacht und dem es dabei scheißegal ist, ob da Göring selbst oder nur irgendeine Liese mit ihrem Klaus wohnt, weil das die deutsche Bombe, die seinen Bruder verdampft hat, auch nicht interessiert hat, und wenn ich dann als Leser sage: Der macht was Falsches und findet es richtig und ich kann ihn verstehen, das ist ja das eigentliche Ding.
Kann ich sofort nachvollziehen, so wie du es mir hier schreibst.
Wie gesagt, das Thema, es hier zu verändern nagt bereits an mir.

aber die Geschichte würde meines Erachtens an Glaubwürdigkeit gewinnen zum Beispiel durch jemanden, der jetzt um seine Kinder bangt und sich in den Arsch beißt, weil er das alles wie so viele zwölf Jahre zuvor für eine unheimlich gute Idee gehalten hat.
Gute Idee, aber ich habe ja oben schon geschrieben, was dann mein Dilemma dann wäre.

Den Ton/Stil mochte ich, was mir nur aufgefallen ist, ist so ein Hang zum Auserklären, zum Zuviel-Sagen, damit es jeder versteht.
Stimmt. Je mehr Abstand ich zur Geschichte bekomme, desto mehr verschwindet und wird gestrichen von mir.

Die umgangssprachliche Verwendung von "über" passt nicht richtig
Einverstanden. Ich habe jetzt einfach es geändert in die genaue Anzahl, es waren nämlich exakt, die Briten waren mindestens genau so akribische Bürokraten wie die Deutschen 739 Bomber.

ich würde überlegen, ob du diese Einleitung wirklich brauchst. "Ein paar Sonntage vor dem Abwurf spielte Thea ..." und dann kommen eben die Puzzleteile zusammen, spätestens, wenn einer "Hitler" sagt.
Das haben fast alle Kritiker angemahnt. Ich sehe mich aber ausser Stande genau diese im ersten Satz befindlichen Informationen im Text so unterzubringen, dass sie in ihrer Wuchtigkeit auch wirken.
Es ist selbst heute unvorstellbar viel an Bomben gewesen. Allein schon die Anzahl an Flugzeugen, ich weiß nicht wo du wohnst, aber stelle dir mal einfach vor, da würden heute 739 Flugzeuge innerhalb von ca. 2-4 Stunden laufend drüber fliegen.
Es geht mir auch um das spezielle Datum. Die Nacht vom 27. auf den 28. Juli war die Nacht, in der aufgrund der massiven Bombardierungen und der klimatischen Verhältnisse dieser Feuersturm entstand. Etwas, womit, auch wenn man es nachträglich physikalisch hat erklären können, nie zuvor jemand gerechnet hat. Wenn ich die Daten aus dem Anfangssatz irgendwo geschickt im Text unterbringe, befürchte ich, dass die Aussage dabei untergeht.
Oder anders gesagt:ich fühle mich in diesem Punkt noch überfordert, es so elegant zu lösen, dass niemand darüber stolpert, dass er all diese Infos bekommen hat. Da fehlt mir noch viel an guter Schreibtechnik, es souverän zu lösen.

Am Anfang hast du mit "enttäuscht" und "aufgeregt" Beschreibungen davon, wie Leute etwas sagen, später noch ein paar Mal, würde ich alles rausnehmen.
Ja, korrekt, ich bin schon dabei, es zu entfernen.

Koppeln, meine ich
ja erledigt

Ohne den ersten Satz klingt es echter. Warum sollte die Mutter noch einmal darauf hinweisen, dass es hier doch um Nazis geht? Die sind seit mehr als zehn Jahren an der Macht.
Habe ihn gestrichen.

Holzhammer.
Der ist jetzt ganz verschwunden.

auch hier würde ich mir viel mehr zwischen den Zeilen wünschen: "Du musst mal ein bisschen aufpassen, was du vor anderen Leuten sagst." Und Punkt. Mündiger Leser. Wobei es zu dem Zeitpunkt glaube ich schon recht akut war: "Sag mal, bist du nicht ganz dicht (wenn's die Redewendung schon gab), vor einer Fremden so über die Partei herzuziehen?"
Ich habe was aus deinen Formulierungsvorschlägen gebastelt. Danke für deine Vorschläge.

Später schmunzelt er auch noch etwas. Das sind so fehlgeleitete Versuche, eine Wiederholung von "sagte" zu vermeiden. "Flakgeschütze mit Jugendlichen besetzt." Er grinste. "Meist noch Kinder."
Hab ich verändert.

Ich würde einen Punkt nach Packung machen und dann "Er griff in die ..."
Jo, habe ich gemacht.

Das klingt sehr kompliziert für palavernde Soldaten.
Hab es verschlankt.

Die Redewendung heißt "Das macht dir keiner nach"
Hab ich geändert, ich wollte zwar noch mit einbezogen haben, dass die wenigstens mehr als 25 Flugeinsätze überlebten, aber von dieser Info kann ich mich dann auch trennen.

Statt dieser Wertung, auf die ich auch allein komme, würde ich lieber einen Satz zum Hintergrund des Namens lesen.
Da müsste ich nachforschen, die Zeit wollte ich mir jetzt aber nicht nehmen. Wäre aber durchaus eine gute Möglichkeit.

Das war so eine Stelle, an der ich das gedacht habe: Mit diesen Figuren da geht die Schreiberin kein Risiko ein. Das sind die Guten.
lächel, ja ich weiß.

Das klingt merkwürdig, weil es so explizit die Westfront ist. Jeder weiß, Ostfront, megahart, bei Minus 40 Grad isst man sich gegenseitig auf, also war er natürlich "nur" an der Westfront, damit keiner sagt "Na, jetzt hör aber auf".
Ich habe einfach nur Front draus gemacht, dann kommt keiner auf die Idee mir Tendenzen vorzuhalten.

So geschrieben sagen das mehrere Leute gleichzeitig, quasi im Chor.
Hab ich geändert.

Den Feuersturm finde ich sehr gut beschrieben, meine Lieblingsszene nach dem Schlafsaal. Wobei die ja zusammengehören, zuerst zieht quasi der Wind auf. (Nachtrag: Wie ein Orkan peitschten Glutwinde, "orkanartig" ist so Wetterbericht)
Hab ich auch geändert.

Dass du das Wort direkt benutzt, finde ich nicht ganz so gelungen. Ich wollte an dieser Stelle anmerken, dass ich lieber etwas Konkretes hätte, aber das kommt dann einen Satz später. Diese allgemeine Feststellung brauchst du also nicht.
Hab den Satz gestrichen, der dich störte.

schon." Vor ihren ...
Geändert.

Das ist das zweite Mal Durst. Beschreib doch lieber die klebrige Zunge oder den kratzenden Hals.
Geändert.

Das ist so: Was haben wir also heute gelernt?
Da möchte ich mich noch nicht trennen, weil es nicht nur "was haben wir heute gelernt" ist, sondern ich wollte klarmachen, dass binnen weniger Stunden man von einem intakten Leben reduziert wird, auf den einzigen Wunsch, ein bisschen Wasser trinken zu können.
Ich habe übrigens in den Zeugenberichten das ganz oft gelesen, dass sie Leute vor Durst fast umgekommen sind.
Die sind ja nicht wie wir heutzutage alle mit einer Wasserflasche in der Hand rumgelaufen.

"die sich befindliche Turnhalle" klingt sehr bürokratisch.
Stimmt, hab ich geändert.

Das höre ich kein Kind sagen.
Ja, stimme dir zu. Gefällt mir selbst nicht.
Ich habe versucht es zu ändern, also dieser Satz ist auf jeden Fall gestrichen.
Thea ist ja erst sieben Jahre alt, ich hab ihr Bauchweh und schlichte Traurigkeit in den Dialog gegeben. Hoffe, dass es jetzt besser ist.

Nochmals, großen Dank für deine konstruktive Textarbeit, deine Einschätzungen, dein Lob und deine Formulierungsvorschläge.
Ich weiß das alles sehr zu schätzen.

Lieben Gruß
lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @lakita,

ich habe meinen ersten Komm. zu deinem Text schon vor einem Monat geschrieben. Dadurch und durch deine zwischenzeitlichen Überarbeitungen existiert also ein gewisser Abstand, den ich nutzen möchte, um einen zweiten, anderen Blick auf den Text zu werfen.

Am 27. Juli 1943 brachen siebenhundert britische Flugzeuge auf, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen.
Die Schwierigkeit bei dem Text ist ja die Balance zwischen der Vermittlung der reinen Fakten, die vom literarischen Punkt gesehen als Infodump rüberkommen (müssen) und der Darstellung des menschlichen Leids und Horrors durch die Figuren und den Plot.
An der Stelle würde ich es ev. als eine Art Einführung kursiv setzen und um die Information ergänzen, wie viele Menschen starben und wie viel der Stadtfläche Hamburgs zerstört wurden. Das würde für mich persönlich nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip dazugehören. Wenn ich einen Text unter dem Gesichtspunkt Historik lese, bin ich auch geneigt, diese Fakten anzunehmen, auch wenn sie nicht literarisch dargestellt sind.

Ein paar Sonntage zuvor in Hamburg:
Da habe ich mich beim Lesen gefragt, ob es den Satz braucht, denn eigentlich erschließt sich die zeitliche Ansiedelung des Textes im Nachgang. Und durch die Einführung ist das Thema bereits gesetzt.
Edit: Du schreibst ja im nächsten Absatz das Datum nochmal, also ist klar, dass es sich um den 27. Juli handelt.

Zu dem nachfolgenden Dialog, den ich sehr gelungen finde, habe ich nur drei Anmerkungen.

„Ich werde euch nicht auch noch von diesen Verbrechern betreuen lassen."
Das "Verbrechern" finde ich an der Stelle viel zu stark und würde es durch "Leute" ersetzen. Ich denke nicht, dass im vierten Kriegsjahr und im zehnten Jahr der Nazidiktatur jemand so unbedarft über Nazis geäußert hat - auch nicht gegenüber einer Nonne, die in erster Linie doch eine Fremde ist.

Ich arbeite bei der Bahn, muss die Züge begleiten, die zur Sicherheit jede Nacht aus Hamburg rausgefahren werden
Da ist wieder der Punkt, was kann der Leser ohne weitere Erläuterung verstehen. Ich denke, die Nonne wird wissen warum, die (und der Text) braucht die Erklärung nicht und ich als Leser kann es mir denken.

Die faseln immer noch vom Endsieg
Wenn du schriebst: die reden immer noch vom Endsieg, wäre es mMn als Kritik am Regime deutlich und gefährlich genug. Der Rest, den sie sagt, als die Nonne weg ist, kann ja stehenbleiben.

Der Absatz "Am 27. Juli …" ist schon etwas tellig und könnte aufgelöst werden z.B. durch einen Dialog (nur mal so aus der Hüfte geschossen):
"Darf ich ins Wasser? Es ist so furchtbar heiß."
"Nein, darfst du nicht, dann wollen es nämlich alle. Und wir können nicht auf euch alle aufpassen."
"Wenigstens mit den Füßen kurz rein? ich hab mich so auf das Wasser gefreut."
"Auch das nicht, Schluss jetzt! Ihr könnt nach dem Abendbrot noch draußen spielen und euch austoben. Aber um Acht seid ihr alle in euern Betten."
Was du noch an Infos unterbringen möchtest, könntest du dazwischenflechten.

Den Absatz mit den dumpf brummenden Geräuschen finde ich wieder sehr gelungen. da würde ich nur den hier:

Ihre Freundin Liesel war auch aufgewacht und aus dem Bett geschlüpft.
etwas umformulieren, denn es klingt so, als wären nur die beiden Mädchen wach. Und die Liesel braucht die Thea ja nur, um sich später an dem Arm festzuhalten. Vllt. schreibst du (so in etwa): Alle Mädchen rannten an die Fenster, ihre Freundin Liesel drängte sich neben sie.

Aber da stand bereits eine der Betreuerinnen im Raum, die mit gebieterischer Stimme verkündete:
Den Halbsatz brauch es so erklärend nicht, denn du zeigst uns ja, was (und somit auch wie) sie sagt.

Die aufgewühlten Mädchen folgten nur zögernd
Das Zögern sagt ja schon, dass sie nicht ins Bett zurückwollen, weil sie sich so große Sorgen machen. Du schreibst ja direkt danach auch: „Ich hab‘ solche Angst", flüsterte Thea.

Es dauerte lange, bevor das letzte Mädchen endlich in einen unruhigen Schlaf fiel, den das ununterbrochene Gebrumme der Flugzeugmotoren begleitete.
an der Stelle fände ich das PQP besser:
"Es dauerte lange, bis das letzte Mädchen endlich in den Schlaf gefallen war, begleitet vom anhaltenden Gebrumme der Flugzeugmotoren."

Den Switch nach Cambridge finde ich von der Plotkonstruktion her gut, weil er zeigt, was passieren wird.

„Flugwetter gut, Sicht gut, kaum störender Wind, unsere Pathfinder werden die Leuchtmarkierungen heute zielgenau absetzen können. Innerhalb dieser farbigen Eckpunkte wird bombardiert", sagte der Offizier beim Briefing.
Wie beim letzten Mal werden erneut rund eine Million(Die ersten Bomber werden wieder) Stanniolstreifen (abwerfen)von den ersten Bombern abgeworfen, um das Radar abzulenken. Bei eurem heutigen Einsatz wird die Flak (wird) wieder keine gezielten Schüsse setzen können und die Nachtjäger werden ohne ihre Radarortungen auskommen müssen", fügte er hinzu
Es ist ja ein Briefing direkt vor dem Flug, allen ist klar, dass es um heute geht und es werden knapp die notwendigsten Infos weitergereicht.
„Ihr werdet kaum auf Gegenwehr stoßen", fuhr der Einsatzoffizier fort, „die Nazis haben ihre immensen Lücken in Stalingrad (geschlossen) schließen müssen und ihre Flakgeschütze mit (Kids) unerfahrenen Jugendlichen besetzt. meist noch Schülern. Die schießen nur blind drauf los."
Ich hab das mal zusammengestrichen bis auf die Fakten, die für die Bord-Crew von belang sind.

Klar, das veranlasse ich, spreche gleich mit den Männern
das klingt so Amtsdeutsch, vllt. "das geb ich weiter"?

Er hat mich übrigens auch nach dir befragt
Müsste es nicht heißen: Er hat mich auch nach dir gefragt, oder: Er mich über dich befragt?

Der ganze Absatz scheint sehr intensiv umgearbeitet mit klugen, gelungenen Dialogen, gut gemacht. Das Detail mit der Bibel ist neu(?) und gefällt mir, auch der Spruch über den Krieg und die Sätze über Redcliffs Flugkünste. Einzig hier:

„Irrtum, ich hab nur mein Leben gerettet und du warst zufällig mit an Bord", lachte Redcliff, „da ließ sich das nicht vermeiden, dass du auch am Leben bliebst."
würde ich schärfen. Der eingeschobene Redebegleitsatz ist son bisschen lahm.
"Irrtum, ich hab nur mein Leben gerettet und da du mit an Bord warst, ließ sich nicht vermeiden, dass du auch am Leben bleibst." Fände ich etwas knackiger.

„Sag ich ja, der beste Schutz für einen Navigator ist ein Pilot, der lebend nach Hause will. Und fünfundzwanzig Einsätze lebend zu überstehen, das macht dir kaum keiner nach."
Redcliff schaute ernst, „Ich weiß, die Abschussquote ist hoch," und dann dachte er, ‚und mit jedem weiteren Einsatz steigt mein Risiko.‘ Um diesen Gedanken sofort wieder wegzuschieben, fragte er:
Da stört mich der Plauderton etwas. Und die Info (Abschussquote) steht so offensichtlich vorne. Das ergibt sich alles aus dem Zusammenhang. Das fände ich näher, unmittelbarer stärker.
"Der beste Schutz für die Crew ist ein Pilot, der lebend nach Hause will. Wer sonst ist fünfundzwanzig Mal zurückgekommen?" Redcliff gab keine Antwort. Seine Augen wurden eng, als er an der Zigarette zog. „Sag mal, der andere Bordschütze, hat der eigentlich immer noch …"
Dann wechselt er das Thema, um der Antwort aus dem Weg zu gehen, weißt?

Gegen 22 Uhr kletterten Redcliff und seine sechs Mann Besatzung in das neueste Modell eines Lancasterbombers
in die nagelneue Lancaster ...

Diese Verbesserungen machten das Flugzeug wendiger und erweiterten die Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten im Vergleich zu den Vormodellen.
Die für den Leser wichtige Info ist: das neue Flugzeug ist wendiger, der Rest ist zum Verständnis nicht nötig.

Im Bombenschacht hingen eine zwei Tonnen schwere Bombe, makaber liebevoll (von den Crews) „Cookie" genannt und an die 3.000 Brandbomben.
die Bewertung würde ich rausnehmen.

Die Bomben sollten innerhalb des von den vorausfliegenden Pathfindern mit farbigen Leuchtmitteln markierten Zielgebiets in den Wohngebieten Hamburgs abgeworfen werden.
Dass die Pathfinder die Leuchtmarkierungen setzen, hattest du vorher schon.

Die Hamburger betitelten diese sehr langsam vom Himmel herabsinkenden beleuchteten Teile sarkastisch als „Tannenbäume", weil sie eine ähnliche Form hatten und wie beleuchtete Weihnachtsbäume aussahen.
Ich verstehe, dass du diese Info unterbringen möchtest, weil sie einen Kontrast darstellt, doch es ist natürlich auch an der Stelle schwierig, da du zum einen den Focus von der Crew zu den hamburgern hin wechselst und zum anderen wieder das Problem des "Infotainments" besteht. Würde ich nochmal auf den Prüfstand stellen.

Mikrophon
Duden_Empfehlung: Mikrofon

Ab einer Flughöhe von circa 3.000 Metern würden sie zudem Sauerstoffmasken aufsetzen müssen.
Unterhalb von Redcliff saß der Bordingenieur, der nacheinander die vier Motoren anließ und ihm ein Zeichen gab, sobald alle vier gleichmäßig auf fast identischer Umdrehungszahl liefen.
:sealed:

„Hab soeben die Startfreigabe erhalten", meldete (euphorisch) der zu Redcliffs Rechten sitzende Co-Pilot, ein blutjunger Bengel von gerade mal zwanzig Jahren, dessen Flugbegeisterung diejenige Redcliffs deutlich überflügelte
Es ist laut, die Motoren dröhnen, sie reden nur das Notwendigste. Auch mir als Leser würde es direkter besser gefallen.

‘Vor fünf Jahren war ich (genauso) auch noch so besessen und ungestüm, wenn ich im Cockpit saß, erinnerte sich Redcliff, ‚aber da musste ich auch noch nicht Bomben auf Wohngebiete werfen.‘
Du bist im Kopf des Piloten, er weiß, wie er war und mir als Leser reicht es mit dem Bomben auf Wohngebiete völlig als Erklärung. Den Rest kann ich mir denken. Vertraue auf die Leser.

Um das Risiko zu minimieren, vom Boden aus abgeschossen zu werden oder in das Visier eines Nachtjägers zu geraten, begann Redcliff damit, in ausholenden Schwüngen zu fliegen. Er nahm etwas Gas raus, ging leicht in die Schräglage und drückte den Steuerknüppel runter, um ihn danach wieder hochzuziehen und so fort. Ein kräftezehrendes Unterfangen, (das er ständig wiederholte.) weil weder Höhen- noch Seitenruder mit einer Servounterstützung ausgestattet waren.
Ich weiß die Servolenkung …, aber braucht es das wirklich? ;)

Den „Mann, Redcliff, ich werde gleich seekrank"-Dialog finde ich wieder stark.

Alle Augenpaare suchten in dieser Dunkelheit angestrengt nach den (hellen) Stellen, wo die Lancaster getroffen sein könnte.

„Leicht auszumachen", sagte Redcliff, „weite Teile Hamburgs sind hell erleuchtet. Da stehen ganze Stadtteile in Flammen."
Ich glaube, ich würde einfach : "ganz Hamburg brennt" schreiben.

Bei seinen bisherigen Angriffsflügen hatte er es alles andere als einfach gehabt, in 15.000 Fuß Höhe eine vollständig verdunkelte Großstadt wie Hamburg überhaupt auszumachen.
Bisschen mehr Innsensicht des Piloten fände ich besser: Es war leichter, Bomben auf verdunkelte Ziele abzuwerfen, jetzt gab es keine Ausflüchte.

Keine Zeit mehr
Fortsetzung folgt ...

Weiter geht´s:

Eine Bombe benötigt circa eine halbe Minute, ehe sie aus 4.000 Metern kommend auf dem Grund aufschlägt. In einer parabelförmigen Kurve wirbelt sie herab, wird vom Luftwiderstand gebremst, von den Seitenwinden abgelenkt und wenn sie ein Dach, ein Stockwerk durchlöchert, ist der Bomber, der sie abgeworfen hat, schon längst mehrere Kilometer weit weg auf dem Rückflug.
Das vllt. auch wieder kursiv als Infoblock gekennzeichnet.

Das Bomber Command hatte die Einäscherung Hamburgs befohlen.
‚Von wegen Hafenanlagen zerstören und die U-Boot-Produktion auslöschen, so wie es laufend in unseren Zeitungen steht‘, dachte Redcliff, ‚das gehört seit zwei Tagen der Vergangenheit an. Jetzt haben wir Befehl(Komma) ganze Stadtteile auszuradieren(, Hamburg einzuäschern, ohne Rücksicht auf Zivilisten). Und was passiert dann? Sie machen dasselbe mit uns.‘
Der erste Satz ergibt sich aus den Gedanken des Piloten (fett)
Den letzten Satz würde ich ins Futur I setzen: "Sie werden dasselbe mit uns machen." oder: "Sie werden es auf gleiche Art vergelten."

Aber diesen ihn anwidernden Gedanken schob er beiseite, dafür war jetzt nicht der geringste Raum, um darüber nachzudenken. Sie befanden sich auf dem Rückflug, der genauso gefährlich und unbehaglich war wie der Hinflug.
Damit ist ja quasi der Redcliff-Einschub beendet. Was mir bei ihm final fehlt, ist das schlechte Gefühl im Bauch, denn er hat das in vollem Bewusstsein getan, er weiß genau, was er tut. Stattdessen schiebt er die Vergeltungsfurcht beiseite und konzentriert sich auf den Rückflug.
Wenn sich ihm der Magen umdrehen würde, wenn er den Knopf drückt oder den Befehl gibt, wäre er mir menschlich näher.

Der Klang war den Hamburgern vertraut und ihnen zur Routine geworden, was jeder nun zu tun hatte.
Würde ich leicht begradigen: Der Klang war den Hamburgern vertraut und das, was nun folgte, war Routine.

Wegen der drückenden Sommerschwüle hatten etliche nicht fest schlafen können und wurden auf der Stelle wach.
Vorschlag: Die drückende Schwüle hatte viele nicht schlafen lassen, der Rest wachte mit den ersten Detonationen auf.

Das Luftschutzgepäck, meist ein kleinerer Koffer mit all den wichtigen Papieren, Lebensmittelkarten, Geld, Schmuck und lebenswichtigen Medikamenten stand griffbereit meist im Korridor einer jeden Wohnung.

Weil Theas Vater nachts arbeitete, war es ihre (die) Mutter, die mit strengem Regiment dafür sorgte, dass Günter und Irma aufwachten und auf der Stelle in den Luftschutzkeller eilten. Ihre erbarmungslose fordernde (deutliche/direkte) Art hatte dazu geführt, dass zeitraubende Diskussionen, speziell mit ihrem (dem) dreizehnjährigen Günter, der oftmals bei Fliegeralarm einfach im Bett (liegen)bleiben wollte, nicht mehr stattfanden. Beide Kinder fügten sich, rannten die vier Etagen herunter, aus dem Haus heraus, über einen kleinen Hinterhofgarten in einen gesonderten, vom Haus getrennten Luftschutzkeller.
Auch hier: die Wertungen den Leser vornehmen lassen.

Als die dreiköpfige Kleinfamilie (sie) den Luftschutzkeller erreicht hatte
die Anzahl ergibt sich aus dem Satz davor.

Ein Nachbar, der im dritten Stock wohnte und von dem die Kinder wussten, dass er nicht an Gott glaubte, weil er stets darüber lästerte, dass sie sonntags regelmäßig in die heilige Messe gingen und ein Soldat auf Fronturlaub, der seine im ersten Stock wohnenden Eltern besuchte.
Für mich zu viele nachgeschachtelte Nebensätze, die auf den Leser einprasseln. Würde ich vereinfachen:
Ein Soldat auf Fronturlaub und der Nachbar aus dem dritten Stock. Von dem wussten sie, dass er nicht an Gott glaubte, weil er sich stets darüber lustig machte, dass sie sonntags in die Kirche gingen.

Aber die Antwort benötigte sie nicht, denn die Bombardierungen hatten mit einer derartigen Wucht begonnen, dass klar war, die Hölle befand sich bereits direkt über ihnen. Die Kellerinsassen schwiegen in lähmender Angst, man lauschte auf die Geräusche, die mit Wucht von draußen eindrangen.
Sie bekam keine Antwort, denn die Bombardierung begann mit solch einer Wucht, dass die Welt zusammenzustürzen drohte. Die Kellerinsassen schwiegen in lähmender Angst, die Hölle draußen war um so lauter: Rasend wildes Flakfeuer … Nur als Vorschlag.

das Knallen und Scharren und unheimliches Pfeifen

Die Reaktionen der Kinder und des Soldaten sind glaubhaft und nah. Highlight: ‚Wenn so einer jetzt betet‘, dachte Irma, ‚dann sind wir hier verloren.‘ Sehr guter Absatz, auch der nächste mit dem Riesen.

Die Männer schlugen mit Axt und Beil eine (die) bereits vorsorglich (dafür) vorbereitete Öffnung in die Wand.

dass man nicht stehen bleiben konnte
stehenbleiben konnte.

An der Ecke angekommen, konnten sie einen weiten Teil dieser Straße überblicken. Nein, nicht überblicken, es war Nacht und alles war in russgeschwärzten Nebel getaucht, aber in dieser Straße stießen sie auf ein Flammenmeer.
Das fette würde ich nicht stehenlassen, das widerspricht sich.
An der Ecke angekommen, sahen sie ihren Irrtum. Auch diese Straße war ein einziges Flammenmeer, das durch dunkle Rußschwaden hindurchleuchtete.
Die Info mit der Nacht würde ich vorher bringen, als sie aus dem Keller gezogen werden, denn sie merken es ja nicht erst jetzt, oder? ;)

Sie mussten umkehren, (sonst wären sie verbrannt oder erstickt). Sie wären sonst verbrannt oder spätestens an Sauerstoffmangel oder Kohlenmonoxid erstickt, so wie in dieser Nacht unendlich viele Hamburger.
Der Fokus verschiebt sich innerhalb des eines Satzes von der Familie zu vielen Hamburgern, die Infos würde ich streichen.
Der Absatz vor dem Satz ist saustark.

An der nächsten Ecke schrie jemand „Halt! Die Fassade schwankt schon." Vor ihren entsetzten Augen stürzte die obere Hälfte einer Hausfront mit donnerndem Getöse und unter immenser Staubaufwirbelung auf die Straße, wo sie riesige Staubwolken aufwirbelte.

sie mussten sich gegenseitig laufend die Kleidung abklopfen, um ein Entzünden des Stoffs zu verhindern.
…, damit sie nicht Feuer fing.

die sich direkt vor dem Luftschutzkellereingang befand
Wortungetüm, Eingang vom Keller

So befanden sich die drei für Stunden in einer Falle, von der sie nicht wussten, ob sie darin umkommen würden.
darin umkommen, da fehlt mir der semantische Bezug zur Falle. Vllt. "von der sie nicht wussten, ob sie ihr jemals wieder entkommen würden."

Jeder war froh, in diesem Moment überhaupt noch zu leben.
Jeder Einzelne war froh, noch am Leben zu sein.

Sie mussten noch Stunden verharren(Komma) bis die Hitze sie durchließ.

Noch gegen Mittag benötigte man elektrisches Licht, um (durch die Rauchschwaden) sehen zu können.

Auf ihrem Weg sahen sie dicke Ascheschichten auf den kahlen Bäumen, die in dieser Nacht alle Blätter abgeworfen hatten. Und sie sahen Tote, gegen Mauern und Bäume gelehnt, ausgestreckt auf dem Gehweg, friedlich am Bordstein sitzend. Neben sich aufrecht stehend ihre Koffer mit dem Allernotwendigsten. Als warteten sie geduldig darauf, dass sich ihre Besitzer gleich wieder erheben, um mit ihnen weiterzugehen.
Oft sind es die leisen Töne, die den Schrecken viel besser transportieren als das Getöse. das ist dir hier wunderbar gelungen.

Am Morgen des 28. Juli hatte sich auf Nordstrand die bedrückende Stimmung unter den Kindern gesteigert.
Ich würde eher mit einem Bild arbeiten: ... hatte sich die bedrückende Stimmung auf die Kinder gelegt, wie eine zu schwere Decke.
Auch das hier ist stark: „Warum geht es nicht? Warum hast du geweint?"

war über Hamburg gleich einem Vulkan eine glutrote Haube mit einer sich darüber hochauftürmenden dunklen Wolkendecke zu sehen gewesen.
Da du das Phänomen beschreibst und vergleichst, würde ich im Perfekt bleiben.

Mit diesem vernichtenden Satz löste sie ein nicht mehr zu bändigendes Entsetzen
Der Leser kann sich denken, wie verheerend dieser Satz ankommt.

Aufgelöst saßen Thea und Liesel (saßen) auf der Bettkante und hielten sich an den Händen fest.
Wie es ihnen geht, zeigst du in dem folgenden Dialog.

braunen Pappmaschékoffer
Pappmasché-Koffer, da kein etablierter begriff.

„Da ist ja ein Foto von deiner Familie", Liesel zeigte auf das im Innendeckel des Koffers klebende Schwarz-Weiß-Foto.
„Ja, da sind wir alle drauf", sagte Thea und Tränen liefen ihr die Wangen herunter,
Das sagt alles.

Und dann riss sie sich von der Betreuerin unvermittelt los.

so schnell den Deich herunter, dass sie am Saum angekommen ins Stolpern geriet.

Ich sag es nur mal in aller Klarheit: Ich seh das alles als Vorschlag, als Anregung. Das sind die Sachen, die mir beim Lesen durch den Kopf schossen. Auch wenn du nichts änderst, bleibt dein Text ein Highlight dieser Challenge.

Peace, linktofink

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber @linktofink ,

boah...ich bin geplättet, dass du meinen gesamten langen Text mit so viel Akribie und Engagement nochmalks durchgeackert hast. Ich weiß, wieviel Zeit es dich gekostet haben muss und ich bin ehrlich beschämt, dass du dir diese ganze Mühe gegeben hast. Aber ich verspreche dir, es irgendwie und -wann wieder gut zu machen.
Ich stehe echt tief in der Kreide bei dir. All diese wunderbaren Verbesserungsvorschläge noch dazu.
DANKE, DANKE, DANKE!

Ich habe es mir alles genau durchgelesen und werde spätestens mich spätestens morgen an die Veränderungen machen, heute ist irgendwie bei mir die Energie ein wenig raus, um jetzt hochkonzentriert daran zu arbeiten.
Aber ich kann jetzt schon mitteilen, dass ich zu geschätzten 95% all deine Hinweise aufgreifen werde, um sie zu ändern und zu einem großen Teil sogar in den von dir vorgeschlagenen Formulierungen. Das alles ist mir eine riesengroße Hilfe.

Das ist ja schon ganz massive Lektoratsarbeit, die du da geleistet hast. Nochmals herzlichen Dank dafür und auch für ein Lob. Jetzt bin ich noch so einen Tag vor Jahresschluss richtig gerührt.

Lieben Gruß
lakita

 

gerne ;) und falls wir uns nicht mehr lesen, guten Rutsch nach 2020.

 

@linktofink ,

ich steh dabei lieber :D

Aber stimmt, ist ja bald soweit, herzlichen Dank, dir und allen, die es noch lesen sollten auf diesem Wege ein gutes Jahr 2020 !

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom