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Und überall die Hölle

Challenge 1. Platz
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08.01.2002
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Und überall die Hölle

Am 27. Juli 1943 brachen siebenhundert britische Flugzeuge auf, um einen Bombenteppich von mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen. Durch die besondere Wetterlage begünstigt brannte innerhalb von wenigen Stunden ein Großteil des Hamburger Ostens ab. In dieser Nacht erstickten und verbrannten 30.000 Menschen, fast eine Million wurde obdachlos.

„Da draußen steht eine Nonne", rief Thea.
„Ja, ich weiß, Pastor Mackels hat sie angekündigt", erwiderte Theas Mutter Maria, „sie soll reinkommen."
„Oh, entschuldigen Sie bitte, Sie sitzen ja noch alle bei Tisch, ich wollte Sie nicht beim Mittagessen stören."
„Kein Problem, wir sind fertig. Nehmen Sie Platz", sagte Maria, „und Irma, du räumst bitte den Tisch ab."
„Das ist ungerecht, Günter und Thea können auch mal dran sein", maulte Irma, aber sie erhob sich sofort und griff nach den Esstellern und Bestecken.
„Es geht um ihre kleine Thea, wir könnten sie während der großen Schulferien in unserem Franziskus-Kinderheim auf Nordstrand unterbringen. Wir haben da noch einen Platz frei, weil eine Familie mit ihrem Kind nach Ostpreußen umgezogen ist."
„Ich weiß nicht", sagte Maria an ihren Mann gerichtet, „ich hätte gern alle unsere Kinder bei uns. Was meinst du?"
„Darf ich auch mit nach Nordstrand?", bettelte Irma, „du hast mir schon die Kinderlandverschickung nicht erlaubt."
„Ich werde euch nicht auch noch von denen betreuen lassen."
„Aber Mama, alle meine Freundinnen in Tschechien haben erzählt, dass dort keine Bomben fallen. Und die machen so tolle Sachen da, Ausflüge und ..."
„Das kommt gar nicht in Frage. Und jetzt ist Schluss."
„Leider können wir auch nur die Kleinsten in Nordstrand aufnehmen, da ist nur Platz für rund vierzig Kinder und Irma ist mit ihren elf Jahren schon drüber. Tut mir leid."
„Man munkelt, dass die Briten massive Bombardierungen planen", sagte Marias Ehemann, „da ist es besser, wenn wir Thea nach Nordstrand geben. Dann musst du nur mit Irma und Günter in den Luftschutzkeller. Das ist für dich einfacher."
Maria wiegte den Kopf hin und her.
„Meine Frau ist nachts immer allein mit den Kindern. Ich arbeite bei der Bahn, muss die Züge begleiten, die jede Nacht aus Hamburg rausgefahren werden."
„Also gut, schweren Herzens. Ist vielleicht gar nicht verkehrt, wenn Thea mal eine Weile keinen Luftalarm mitmachen muss. Die reden immer noch vom Endsieg und wer wird regelmäßig bombardiert? Wir!"

Nachdem die Nonne gegangen war, sagte Marias Ehemann: „Bitte sei doch in Zukunft nicht so unvorsichtig, vor einer Fremden so über die Partei herzuziehen."
„So weit kommt es noch, dass ich mir in meiner eigenen Wohnung den Mund verbieten lassen muss. Dieser Hitler und sein totaler Krieg. Feiern wir eigentlich Jubiläum, wenn wir den 150. Luftangriff überlebt haben? Fehlen ja nur noch ein paar."

Am 27. Juli stieg das Thermometer, wie an sehr vielen Tagen in diesem ungewöhnlich heißen Sommer, in Nordstrand auf 30 Grad.
„Darf ich ins Wasser? Es ist so furchtbar heiß", bettelte Thea.
„Nein! Heute nicht und an allen anderen Tagen nicht."
„Nur ein bisschen am Rand?"
„Nein, darfst du nicht, dann wollen es nämlich alle. Und wir können nicht auf euch alle aufpassen."
„Nur einmal kurz mit den Füssen, bitte."
„Auch das nicht, Schluss jetzt! Ihr könnt nach dem Abendbrot noch draußen spielen. Aber um Acht seid ihr alle in euren Betten!"

Gegen 20 Uhr befanden sich alle zwölf Mädchen in ihrem Schlafsaal, es kehrte langsam Ruhe ein und die Betreuerinnen zogen sich in ihre Zimmer zurück.

Nachts wachte Thea von dumpf dröhnenden Geräuschen auf. Sie stieg aus dem Bett und blickte durch eines der Fenster des Schlafsaals nach oben, wo ein Flugzeug nach dem anderen über das Heim hinwegflog.
Dieser endlos grollende Motorenlärm erschütterte das Haus so, dass die Fensterscheiben klirrten und es unter Theas Füssen vibrierte.
Alle Mädchen rannten an die Fenster, Liesel, Theas Freundin drängte sich neben sie.
„Das sind die Engländer, gleich werfen sie die Bomben auf uns."
„Nein, Hilfe!", rief Thea und klammerte sich an Liesels Arm, „wir müssen weglaufen."
Aber da stand bereits eine der Betreuerinnen im Raum:
„Ihr müsst keine Angst haben, die bombardieren uns nicht, die fliegen alle weiter nach Hamburg. Sofort wieder ins Bett und schlafen, euch passiert hier nichts."
Die Mädchen folgten nur zögernd, ein paar weinten.

Thea stieg zu Liesel ins Bett und beide Kinder drückten sich ganz dicht aneinander.
„Ich hab‘ solche Angst", flüsterte Thea.
„Ich auch", sagte Liesel.
„Und wenn die ganzen Bomben jetzt alle auf Hamburg fallen?"
„Wer hat dir erlaubt, in einem fremden Bett zu schlafen? So geht das nicht! Aber sofort raus da, ab in dein Bett!", schimpfte eine Betreuerin, die plötzlich neben Liesels Bett stand.
„Ich hab‘ so große Angst", gestand Thea kleinlaut.
„Was? Das will ich nicht gehört haben. Jetzt wird geschlafen!"

Es dauerte lange, bevor das letzte Mädchen endlich in einen unruhigen Schlaf gefallen war, den das ununterbrochene Brummen der Flugzeugmotoren begleitete.

Am 27. Juli hatte auf einem Flugplatz nahe Cambridge Royal Airforce Sergeant Clifford, den seine Kameraden alle wegen seiner roten Haare Redcliff nannten, den Einsatzbefehl erhalten, Hamburg zu bombardieren.

„Flugwetter gut, Sicht gut, kaum störender Wind, unsere Pathfinder werden die Leuchtmarkierungen zielgenau absetzen. Innerhalb dieser farbigen Eckpunkte wird bombardiert", sagte der Offizier beim Briefing.
„Die ersten Bomber werden wieder rund eine Million Stanniolstreifen abwerfen, um das Radar abzulenken. Die Flak wird wieder keine gezielten Schüsse setzen können und die Nachtjäger werden ohne ihre Radarortungen auskommen müssen", fügte er hinzu.
„Das seh ich aber anders", raunte Redcliffs Funker ihm leise zu, „die Deutschen hatten zwar nur noch dichten Zackennebel auf ihrem Radar, aber die verteufelten Nachtjäger haben uns vor zwei Tagen ganz schön eingeheizt."
Redcliff nickte. ‚Die verdammten Auspuffflammen‘, dachte er, ‚die reinsten Einladungen für den Feind.‘
„Die kennen unsere Achillesferse", sagte er, „so klasse die neuen Lancaster sind, aber mir wäre lieber, wir könnten auch nach unten schießen."
„Ihr werdet kaum auf Gegenwehr stoßen", fuhr der Einsatzoffizier fort, „die Nazis haben ihre Lücken in Stalingrad schließen müssen. Die Flakgeschütze sind jetzt mit Kids besetzt. Die schießen nur blind drauf los."

Redcliff hockte am Rand des Flugfeldes im Gras und sah zu, wie seine viermotorige Lancaster betankt und mit Spreng- und Brandbomben beladen wurde, als der Navigator sich zu ihm setzte.
„Das Bomber Command hat Befehl gegeben, dieses Mal nicht aufgelockert in breiter Gefechtsformation, sondern in eng zusammengefassten Wellen zu fliegen. Sollten die Nazis wieder unseren Funkverkehr zur Basis stören, benötige ich die wachsamen Augen der anderen."
„Klar, ich spreche gleich mit den Männern", sagte Redcliff und zog eine Zigarette aus der ihm angebotenen Packung. Er griff in die Hosentasche seines Overalls, um sein Feuerzeug hervorzuholen, aber sein Navigator kam ihm mit seinem zuvor.
„Wir müssen besonders auf die Wirbelschleppen achten, wenn die Maschine nämlich zu sehr durchgeschaukelt wird, könnten sich die Brandbomben verkeilen", sagte der Navigator.
„Ich weiß, am liebsten wäre dir, wir gingen sanft auf Reiseflughöhe und bewegten danach unsere Ärsche keinen Zentimeter mehr bis zum Abwurf der Bomben. Sag mal, kennst du unseren neuen Bordschützen?"
„Nein, nicht persönlich", sagte der Navigator, „hab mich aber schon umgehört, weil ich wusste, du würdest fragen. Er soll okay sein. Die haben ihn zur RAF geholt, weil er ein verdammt guter MG-Schütze ist. Bisschen schrullig ist er schon. Hat da so‘ ne dicke kantige Ausbuchtung in der Brusttasche und ich sag zu ihm ‚Na, ist da dein gesamter Zigarettenvorrat drin oder weshalb beult es sich so?‘ Daraufhin zieht er eine Bibel aus dem Overall ‚Gehört meiner Anne‘, sagt er, ‚die Drecksnazis haben ihr in Coventry eine verpasst und wenn es mich auch erwischt, hab ich sie gleich dabei, um sie ihr zu geben.‘
„Dieser Krieg nimmt jedem was", sagte Redcliff, „dem einen die Braut, dem andern das Leben, und dem Rest jede Illusion."

„Er hat mich übrigens auch über dich befragt."
„So?"
„Wollte wissen, ob du was drauf hast als Pilot."
Redcliff lachte: „Was hast du geantwortet?"
„Ich habe gesagt, es gibt zwei Sorten von Piloten: Die einen sind die Techniker und die sind vielleicht gar nicht mal schlecht und die anderen, das sind die Virtuosen, die in das Fliegen verliebt sind. Die brennen dafür, in der Luft zu sein. Und jetzt darfste mal raten, von welcher Sorte Redcliff ist."
„Du trägst ja ganz schön dick auf, aber danke, dass du so viel von mir hältst."
„Du hast mir zweimal das Leben gerettet, Redcliff. Mit jedem anderen Piloten läge ich jetzt auf dem Grund der Nordsee."
„Irrtum, ich hab nur mein Leben gerettet und da du mit an Bord warst, ließ sich nicht vermeiden, dass du auch am Leben bliebst."
„Der beste Schutz für die Crew ist ein Pilot, der lebend nach Hause will. Wer sonst ist fünfundzwanzig Mal zurückgekommen?"

Redcliff gab keine Antwort. Seine Augen wurden eng, als er an der Zigarette zog.
„Sag mal, der andere Bordschütze, hat der eigentlich immer noch seinen kleinen Lederkoffer mit dem Whisky und der Havanna dabei?"
„Ja", grinste der Navigator, „der beschützt seinen Koffer immer noch, als sei es sein Leben. Wenn er das weiter so durchzieht, müssen wir das Ding bald in die Checkliste mit aufnehmen."

Gegen 22 Uhr kletterten Redcliff und seine sechs Mann Besatzung in die nagelneue Lancaster mit Doppelseitenleitwerk und Geschützstand. Diese Verbesserungen machten das Flugzeug wendiger.
Im Bombenschacht hingen eine zwei Tonnen schwere Bombe, von den Crews „Cookie" genannt und 300 Brandbomben.
Die Bomben sollten innerhalb des markierten Zielgebiets in den Wohngebieten Hamburgs abgeworfen werden.
Die Hamburger betitelten diese sehr langsam vom Himmel herabsinkenden beleuchteten Teile sarkastisch als „Tannenbäume", weil sie eine ähnliche Form hatten und wie beleuchtete Weihnachtsbäume aussahen.
In der Maschine war es stickig und eng. Um sich während des ohrenbetäubenden Lärms der Propeller überhaupt verständigen zu können, waren alle Besatzungsmitglieder mit Kopfhörern und Mikrofon ausgestattet.
Ab einer Flughöhe von circa 3.000 Metern würden sie Sauerstoffmasken aufsetzen müssen.
Unterhalb von Redcliff saß der Bordingenieur, der nacheinander die vier Motoren anließ und ihm ein Zeichen gab, sobald alle vier gleichmäßig auf fast identischer Umdrehungszahl liefen.
„Hab die Startfreigabe erhalten", meldete euphorisch der Co-Pilot, ein blutjunger Bengel von gerade mal zwanzig Jahren.
’Vor fünf Jahren war ich auch so‘, erinnerte sich Redcliff, ‚aber da musste ich noch nicht Bomben auf Wohngebiete werfen.‘

Sie überflogen den Ärmelkanal und Redcliff forderte seine Leute auf, die Sauerstoffmasken anzulegen.
Um das Risiko zu minimieren, vom Boden aus abgeschossen zu werden oder in das Visier eines Nachtjägers zu geraten, begann Redcliff damit, in stetig ausholenden Schwüngen zu fliegen. Er nahm etwas Gas raus, ging leicht in die Schräglage und drückte den Steuerknüppel runter, um ihn danach wieder hochzuziehen.
Ein kräftezehrendes Unterfangen, weil weder Höhen- noch Seitenruder mit einer Servounterstützung ausgestattet waren.

„Mann, Redcliff, ich werd‘ gleich seekrank", lästerte der Navigator.
„Stimmt", steuerte der Bordingenieur bei, „er sieht schon ganz grün im Gesicht aus." Alle lachten.
„Nur Selbstmörder und Idioten fliegen starr geradeaus", sagte Redcliff.
„Außerdem haben wir wertvollste Fracht dabei, wenn ich so an den kleinen Lederkoffer denke, der sich bei unserem MG-Schützen befindet."
„Hat sich also der Inhalt herumgesprochen", konterte dieser, „aber ich sag euch Leute, so einen Whisky habt ihr in eurem Leben noch nicht getrunken."

Plötzlich knallte es ohrenbetäubend. Ein ungestümer, kräftiger Stoß ging durch die Lancaster, der den Steuerknüppel hart wie Beton gegen Redcliffs Hände schlug, den Co-Piloten zur Seite drückte und die beiden Bordschützen mit ihren Schädeln gegen die Längsspanten schlagen ließ.
„Flak", schrie der Navigator, „wir müssen aus dem Scheinwerfergürtel raus."
Redcliff riss sofort die Maschine herum, tauchte rein in das schützende Schwarz der Nacht. Alle Augenpaare suchten in dieser Dunkelheit angestrengt nach Stellen, wo die Lancaster getroffen sein könnte.
‚Bitte nicht die Tanks‘, dachte Redcliff, ‚bitte auch nicht die Motoren.‘
„Kein Motorenleistungsabfall, Temperaturen in der Norm", kam die rettende Nachricht des Bordingenieurs, als hätte er Redcliffs Gedanken gelesen.
„Alles okay bei euch?", fragte Redcliff und bekam von allen positive Rückmeldungen.
‚Verdammt‘, dachte er, ‚so schnell kann es gehen. Da pinselt so ein Flakjunge mal eben mit seinem Scheinwerfer ziellos den Himmel durch und schon haut uns der nächste seinen Zufallstreffer in die Flanken.‘
„Geschoss könnte den Bombenschacht getroffen haben", mutmaßte der Bordschütze.

„Wir haben unser Ziel gleich erreicht", sagte der Navigator.
„Leicht auszumachen", sagte Redcliff, „ganz Hamburg brennt."
‚Es ist zwar alles andere als einfach, in 15.000 Fuß Höhe eine vollständig verdunkelte Stadt überhaupt auszumachen, aber jetzt in dieses Inferno weitere Brandladungen zu werfen? Das überlebt doch keiner mehr da unten", dachte Redcliff. ‚Aber wenn wir uns weigern, kommen wir alle vor’s Kriegsgericht.‘
„Wir überfliegen in zehn Sekunden die Abwurfposition", teilte der Navigator mit.

Eine Bombe benötigt circa eine halbe Minute, ehe sie aus 4.000 Metern kommend auf dem Grund aufschlägt. In einer parabelförmigen Kurve wirbelt sie herab, wird vom Luftwiderstand gebremst, von den Seitenwinden abgelenkt und wenn sie ein Dach abdeckt, ein Stockwerk durchlöchert, ist der Bomber, der sie abgeworfen hat, schon längst mehrere Kilometer weit weg auf dem Rückflug.

Der Bombenschacht der Lancaster öffnete sich, um zunächst den „Cookie" herabfallen zu lassen, danach klappte der Schacht mit den rund 300 Brandbomben auf, die wie an Bindfäden gehalten gleichmäßig hintereinander Stück für Stück niederfielen.
‚Von wegen Hafenanlagen zerstören und die U-Boot-Produktion auslöschen, so wie es laufend in unseren Zeitungen steht‘, dachte Redcliff, ‚das gehört seit zwei Tagen der Vergangenheit an. Jetzt haben wir Befehl, ganze Stadtteile auszuradieren. Und was passiert dann? Sie werden dasselbe mit uns machen.‘
Aber diese Gedanken, die ihm ein flaues Gefühl im Magen verursachten, schob er beiseite, dafür war jetzt nicht der geringste Raum, um darüber nachzudenken. Sie befanden sich auf dem Rückflug, der genauso gefährlich war wie der Hinflug.

Am 27. Juli heulten drei an- und abschwellende Sirenensignale um 23.40 Uhr: Fliegeralarm. Der Klang war den Hamburgern vertraut und das, was nun folgte, war Routine.
Die drückende Sommerschwüle hatte etliche nicht fest schlafen lassen. Sie wurden auf der Stelle wach. Viele hatten sich bereits bekleidet ins Bett gelegt und schlüpften nun schnell in die Schuhe. Das Luftschutzgepäck, meist ein kleinerer Koffer mit all den wichtigen Papieren, Lebensmittelkarten, Geld, Schmuck und Medikamenten stand griffbereit im Korridor einer jeden Wohnung.
Theas Familie lebte im vierten Stock eines Hauses in der damaligen Hamburger Straße im Stadtteil Altona-Nord. Den Drahtfunk, eine besondere Möglichkeit, über das Radio noch vor den Sirenen gewarnt zu werden, hatte man nicht genutzt, um Stromkosten zu sparen. Der Familie wäre sonst aufgefallen, dass der wegen seiner beruhigend, fast schon einschläfernden Stimme Onkel Baldrian genannte Nachrichtensprecher eine ungewohnte Formulierung gewählt hatte: „Achtung! Achtung! Sehr sehr! starke Anflüge auf Hamburg. In wenigen Minuten fallen die ersten Bomben. Suchen Sie die Luftschutzkeller auf."

Weil Theas Vater nachts arbeitete, war es ihre Mutter, die dafür sorgte, dass Günter und Irma aufwachten und auf der Stelle in den Luftschutzkeller eilten. Ihr strenges Regiment hatte dazu geführt, dass zeitraubende Diskussionen, speziell mit ihrem dreizehnjährigen Günter, der oftmals bei Fliegeralarm liegen bleiben wollte, nicht mehr stattfanden. Beide Kinder fügten sich, rannten die vier Etagen herunter, aus dem Haus heraus, über einen kleinen Hinterhofgarten in einen gesonderten, vom Haus getrennten Luftschutzkeller.

Als sie den Schutzraum erreicht hatten, befanden sich dort erst zwei weitere Personen. Ein Soldat auf Fronturlaub, der seine im ersten Stock wohnenden Eltern besuchte. Ein Nachbar, der im dritten Stock wohnte. Von diesem wussten die Kinder, dass er nicht an Gott glaubte, weil er stets darüber lästerte, dass sie sonntags regelmäßig in die heilige Messe gingen.
„Wo, sind die anderen aus dem Haus?", fragte Maria den Nachbarn aus dem dritten Stock und an den Soldat gerichtet: „Wo bleiben Ihre Eltern denn?"
Sie bekam keine Antwort, denn die Bombardierung begann mit solch einer Wucht, dass die Welt zusammenzustürzen drohte.

Die Kellerinsassen schwiegen in lähmender Angst, die Hölle draußen war um so lauter: Rasend wildes Flakfeuer, dieses unaufhörliche Taktaktaktak, das Heulen fallender Sprengbomben, das Krachen und Splittern, das Bersten und Poltern, das Knallen und Scharren und unheimliche Pfeifen und dazwischen das nicht enden wollende tiefe Brummen der Bomber.
Die elfjährige Irma klammerte sich panisch an den Arm ihrer Mutter. Ihr war egal, dass sie gleich getadelt würde. Aber in dieser Nacht kam von ihrer Mutter kein zurechtweisendes: „Beherrsch dich, du blamierst mich!" Irmas zwei Jahre älterer Bruder Günter blickte nur starr auf seine Schuhe. Er hatte Ober- und Unterkiefer fest aufeinandergepresst, weil er sonst vor Panik mit den Zähnen geklappert hätte.
Die Versteifungen des Kellers knarrten, die Wände knirschten, als würden sie sich verschieben, bei jedem Bombenabwurf bebte der Kellerboden.

Das bleiche Gesicht des Soldaten zeigte sein Entsetzen, er schüttelte immer wieder den Kopf. Dann presste er hervor: „Das ist ja grauenvoll, an der ganzen Front habe ich so was nicht erlebt." Das Kellerlicht fing an zu flackern.
Die Bombeneinschläge rückten immer näher. Immer wuchtiger zu hören, als krachte ein Riese mit gewaltigen Stiefeln in die Häuser und bewegte sich auf ihr Haus zu.
Der Nachbar aus dem dritten Stock fiel unvermittelt auf seine Knie und faltete die Hände zum Gebet. Panisch flehte er: „Herrgott hilf!" ‚Wenn so einer jetzt betet‘, dachte Irma, ‚dann sind wir hier verloren.‘
„Mutti, wir werden sterben", schrie sie und zog bei jeder Detonation den Kopf ein. Mörtel löste sich von der Kellerdecke.

Bomben, die treffen, hört man nicht mehr. Aber diese letzte Bombe, die den Keller traf, hörten die Eingeschlossenen. Ein Fauchen, eine dumpfe unbarmherzige gewaltige Detonation und der Keller war innerhalb einer Sekunde mit rotem Backsteinstaub vernebelt.

Der Riese war angekommen.

Das Kellerlicht, das wie durch ein Wunder nicht ausgegangen war, schaffte es nicht, den dicken roten Schleier zu durchdringen.
Alle husteten, verschluckten sich an der roten Luft.
„Raus, wir müssen hier raus, die Bombe hat vielleicht einen Zeitzünder", sagte wer und die Männer zogen mit vereinten Kräften die Stahltür auf. Doch dahinter rutschten ihnen Schutt, Geröllbrocken, Steine, Holzbalken entgegen.
„Die Treppe ist verschüttet. Hier kommen wir nicht raus. Wir müssen zum Nachbarkeller durchbrechen."
Die Männer schlugen mit Axt und Beil die dafür vorbereitete Öffnung in die Wand. Die auf der anderen Seite der Kellerwand in der Dunkelheit sitzenden Insassen halfen, sie durch das Mauerloch zu sich herüberzuziehen. Maria hatte ihren Notkoffer fest an sich gepresst und nicht aus der Hand gegeben, als sie in den Nachbarkeller durchrutschte. Er enthielt die Lebensgrundlage der gesamten Familie. Dass dies ihre einzige Habe war, wusste sie in diesem Moment noch nicht.
„Unsere Treppe ist auch verschüttet", sagte jemand aus dem Nachbarkeller, „aber man holt uns hier gleich raus."

Als man sie aus einer Öffnung hochgezogen hatte, stand die dreiköpfige Familie ratlos auf der Straße. Es war Nacht und alles in rußgeschwärzten Nebel getaucht. Hinter ihnen ihr brennendes Haus, vor ihnen auf der gegenüberliegenden Straßenseite das lichterloh in Flammen stehende Fotogeschäft, das eine so immense Hitze ausstrahlte, dass man nicht stehenbleiben konnte. Ihnen bot sich ein furchtbares Bild. Die gesamte Straße war zugeschüttet mit Steinen, Geröll, Staub, Asche, Glassplittern, Schutt. Brennende Papierfetzen flogen umher, setzten sich auf Haut und Kleidung, suchten gierig nach Nahrung. Die meisten Häuser brannten, waren zum Teil schon zusammengebrochen. Fassaden waren einfach auf die Straße gekippt. Überall beißender Brandgeruch, der den Atem nahm. Die Augen brannten vom Rauch. Die Lungen stachen. Wohin sollten sie nun?

Sie liefen die Hamburger Straße entlang bis zur Ecke Langenfelder Straße, in der irrigen Hoffnung, dass man doch einfach nur um die Hausecke biegen müsste, um in Sicherheit zu sein. An der Ecke angekommen, sahen sie ihren Irrtum. Auch diese Straße war ein einziges Flammenmeer, das durch Rußschwaden hindurchleuchtete.
Unerträgliche Hitze trieb sie von diesem Flächenbrand zurück, Qualm, der sie zwang, die Augen zuzukneifen und am liebsten nie wieder zu öffnen. Wie ein brausender Orkan peitschten Glutwinde über das Kopfsteinpflaster, zogen brennende Balken mit sich, wirbelten Latten und Dreck, Steine, Scherben auf, entzündeten stämmige, noch vor Stunden gesunde dicht belaubte Bäume. Sie mussten umkehren.

„Zur Schule in der Arnkielstraße, die haben dort einen großen Schulhof, der ist groß, da kann es nicht brennen", rief Maria beiden Kindern zu.
Sie rannten auf die Hamburger Straße zurück, an ihrem nun lichterloh brennenden Haus vorbei und Maria wäre fast der Länge nach hingefallen, als sie einen verzweifelten Blick in den vierten Stock hinaufschickte, wo ihre Wohnung von den gefräßigen Flammen vertilgt wurde.
An der nächsten Ecke schrie jemand „Halt! Die Fassade schwankt schon." Vor ihren entsetzten Augen stürzte die obere Hälfte einer Hausfront mit donnerndem Getöse auf die Straße. Der dunkle Rauch der Brände färbte sich für ein paar Sekunden hell. Die Fassade hatte die Oberleitungen der Straßenbahn mit sich gerissen, sie mussten über diese Drähte steigen, die sich wie lange Würmer wanden und bösartige Stolperfallen bildeten. Maria war bereits ein ganzes Stück vorausgelaufen, hatte ihre Kinder zurückgelassen, als Irma unvermittelt vor einer dieser Schlangen wie angewurzelt stehenblieb. Sie blickte ausdruckslos in das lodernde Feuer eines brennenden Hauses. "Komm", brüllte Günter und wollte sie mit sich ziehen. Aber Irma hatte ihren Beutel mit Brot und Salami, den sie gehorsam bis eben getragen hatte, achtlos fallengelassen und rührte sich nicht. Die Strahlhitze des brennenden Hauses sengte tief in ihren Lungen, die verkrusteten Augen waren ein einziger Schmerz, sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, quälendes Halskratzen. Und ihre Kräfte hatten sie verlassen. Ihr Bruder begriff, was mit ihr los war. Wusste instinktiv, dass sie den Kampf, überleben zu wollen, aufgegeben hatte. Rabiat boxte er sie in den Rücken, weckte ihre Wut auf seine Schläge und mobilisierte damit einen kleinen Rest Willen in ihr. An seiner zerrenden Hand stolperte sie mehr, als dass sie ging, weg von den höllischen Flammen, weiter die Straße hinauf, immer wieder nach links oder rechts ausweichend, um den niederstürzenden Gesteinsbrocken zu entwischen. Aber dann war jäh Schluss. Die Straße, die zur Schule führte, bestand nur noch aus brennenden Häusern, an ein Durchkommen war nicht zu denken.

Sie retteten sich zusammen mit ihrer Mutter in ein noch intakt erscheinendes Haus, getrieben von peinigendem Durst. Vor Stunden hatten sie noch im vierten Stock eine gemütliche Wohnung besessen, jetzt war alles vernichtet und ihre Wünsche reduzierten sich einzig und allein auf einen Becher Wasser.

Sie stiegen in dem noch unversehrten Treppenhaus die Stufen zur ersten Wohnung hoch und öffneten sie. Sie war wie alle Wohnungen bei Bombenalarm gemäß der Hausordnung nicht abgeschlossen, damit die Luftschutzhelfer jederzeit ungehindert löschen konnten. Im selben Moment kamen auch ihre Bewohner aus dem Luftschutzkeller nach oben und das Wunder geschah: Es sprudelte munter Wasser aus dem Hahn in der Küche, als gäbe es da draußen kein Inferno.
„Wir wollen in die Schule Arnkielstraße, aber kommen hier nicht durch und die Langenfelder Straße ist auch ein einziges Flammenmeer", sagte Maria mit angsterfülltem Blick durchs Küchenfenster.
„Sie können über unseren Hinterhof gehen, der Zaun dort grenzt an die Schule, ich hole schnell die Axt und mache dort den Weg frei", sagte der Hausherr.
So schlüpften sie durch dieses in den Zaun geschlagene Loch auf den Schulhof.

„Oh Gott, die Schule brennt ja auch!", sagte Maria entsetzt, als sie das Gebäude erblickte.
Draußen stoben die Funken nur so um sie herum, sie mussten sich gegenseitig laufend die Kleidung abklopfen, damit sie nicht Feuer fing.
Als die kleine Familie in dem Luftschutzkeller der Schule eintraf, hatten schon an die zweihundert Leute dort Unterschlupf gefunden. Hier hofften sie, endlich etwas ausruhen zu können.

Das Feuer der Schule hatte sich jedoch auf die Turnhalle ausgebreitet, die sich direkt vor dem Luftschutzkeller befand. Die Luft im Keller wurde immer stickiger und verbrauchter. Da die Motoren für die Belüftung nicht funktionierten, aber dringend Luft in den Keller hineingebracht werden musste, bedienten zwei Männer eine für diesen Fall vorgesehene Handkurbel. Günter beteiligte sich an dieser kräfteraubenden Tätigkeit. In der Zwischenzeit hatte die in Flammen stehende Turnhalle eine so ungeheure Strahlhitze entwickelt, dass niemand mehr aus dem Keller herausgelangen konnte. So befanden sich die drei für Stunden in einer Falle.

Irma saß neben einem Mädchen, das immer wieder in Schüben weinte und bei dem es die Erwachsenen aufgegeben hatten, es zu trösten. Es kümmerte niemanden mehr. Jeder Einzelne war froh, noch am Leben zu sein.
„Was ist denn passiert?", fragte sie.
„Meine Kaninchen auf dem Balkon", schluchzte das Mädchen, „ich hatte dort zwei weiße im Stall, die sind bestimmt verbrannt."
Und da weinte auch Irma, weil sie die Vorstellung, dass diese schutzlosen Kaninchen nun auf so grausame Weise umgekommen waren, unendlich traurig machte. Die in Flammen stehende Turnhalle verschlechterte die Luft im Luftschutzkeller dramatisch. In dem Raum wurde es durch den Rauch immer dunkler. Es ließ sich nur beißender Rauch in den Keller kurbeln. Es entspann sich ein Streit darüber, ob man lieber nicht mehr Luft hinein sog oder es trotz des unerträglichen Qualms tat, um nicht ersticken zu müssen.

Morgens gegen sechs Uhr war die Turnhalle komplett abgebrannt, es konnte aber wegen der Hitze immer noch niemand aus dem Keller heraus. Sie mussten noch Stunden verharren, bis die Hitze sie durchließ.

Obwohl herrlichstes Sonnenwetter war, blieb Hamburg an diesem Tag dunkel. Eine gigantische Rauchwolke verdeckte die Sonne. Noch gegen Mittag benötigte man elektrisches Licht, um sehen zu können. Die kleine Familie beschloss, in den Schrebergarten der Tante Tine zu fliehen. Sie hofften, dass es dort nicht brannte.
Auf ihrem Weg sahen sie dicke Ascheschichten auf den kahlen Bäumen, die in dieser Nacht alle Blätter abgeworfen hatten. Und sie sahen Tote, gegen Mauern und Bäume gelehnt, ausgestreckt auf dem Gehweg, friedlich am Bordstein sitzend. Neben sich aufrecht stehend ihre Koffer mit dem Allernotwendigsten. Als warteten sie geduldig darauf, dass sich ihre Besitzer gleich wieder erheben, um mit ihnen weiterzugehen.

Am Morgen des 28. Juli hatte sich auf Nordstrand die bedrückende Stimmung wie eine bleischwere Decke auf die Kinder gelegt. Sie wollten wissen, ob die Bomber wirklich alle nach Hamburg geflogen waren und was dort passiert war. Die Betreuerinnen wichen aus und versuchten, die bohrenden Kinderfragen in eine andere Richtung zu lenken. Sie hatten jedoch nicht damit gerechnet, dass siebenjährige Kinder, die um ihre Eltern und Geschwister bangten, sich zu kleinen Erwachsenen verwandelt hatten, die beharrlich und unablässig weiter drängten und ihnen keine Wahl ließen.
„Es gibt keine Telefonverbindung nach Hamburg und auf Post müssen wir warten", sagte eine der Frauen.
„Ich will zu meiner Mama", weinte eines der Kinder und ein weiteres folgte.
„Das geht aber nicht", erwiderte eine der Betreuerinnen.
„Warum geht es nicht? Warum hast du geweint?"

Am Horizont in Richtung Hamburg hatte sich ein seltsames Phänomen gezeigt. Während auf Nordstrand der Tag einen klaren blauen Sommerhimmel hervorbrachte, war über Hamburg gleich einem Vulkan eine glutrote Haube mit einer sich darüber hochauftürmenden dunklen Wolkendecke zu sehen.
„Ganz Hamburg ist kaputt gemacht worden", platzte es aus einer der Frauen heraus, „alle sind tot."

Mit diesem Satz löste sie ein nicht mehr zu bändigendes Entsetzen und Weinen unter den Kindern aus, die sich nicht mehr beruhigten, sondern immer tiefer in Verzweiflung gerieten.
Thea und Liesel saßen auf der Bettkante und hielten sich an den Händen fest.
„Ich bin so traurig", schluchzte Thea und drückte sich an Liesel.
„Und mein Bauch tut weh."
„Ich hab auch so Bauchweh", sagte Liesel ganz leise.
„Du hast wenigstens noch die Greta, die dir dein Papa geschenkt hat", sagte sie zaghaft.
„Ich habe nichts von meinen Eltern."
„Warte", sagte Thea und kniete sich neben das Bett, holte ihren kleinen, braunen Pappmasché-Koffer darunter hervor und ließ dessen Klappverschlüsse aufschnappen.
„Du darfst mit ihr spielen", und sie drückte Liesel die kleine Puppe in den Arm.
„Da ist ja ein Foto von deiner Familie", Liesel zeigte auf das im Innendeckel des Koffers klebende Schwarz-Weiß-Foto.
„Ja, da sind wir alle drauf", sagte Thea und Tränen liefen ihr die Wangen herunter, „Papa hat es mir da reingeklebt, damit es nicht verloren geht."

„Was macht ihr beide da?", fragte eine Betreuerin, „das Bett ist nicht zum Spielen da, pack deinen Koffer sofort weg, Thea! Und beeilt euch, es ist Zeit für unseren Nachmittagsspaziergang."

Thea ging an der Hand einer der Frauen. Gemeinsam wanderten sie auf den kleinen Deich, um auf die Nordsee zu gucken. Aber das in der Sonne glitzernde Wasser konnte Thea nicht mehr begeistern, sie drehte sich weg. Plötzlich schnellte ihr Zeigefinger in Richtung der Landstraße.
„Guck mal, genauso sieht die Uniform meines Papas aus."
„Man richtet nicht den Zeigefinger auf fremde Menschen!"
„Aber die sieht genauso aus, wie bei Papa, der ist nämlich Zugschaffner." Gebannt ließ Thea diesen Mann, der immer näher kam, nicht aus den Augen.

Und dann riss sie sich von der Betreuerin los.
„Papa", schrie sie und rannte so schnell den Deich herunter, dass sie ins Stolpern geriet. „Papa!", rief sie und flog in die Arme des Mannes, der sie hochhob und an sich drückte.

 

So kann man sich natürlich auch der Diskussion entziehen. Aber jut, so isset, du hast Recht, und ich bin der Arsch! Thanks a lot!

 

Nö, es gibt auch grau, nicht nur schwarz oder weiss. Wenn du die Diskussion fortführen willst, gern. *ärmelaufkrempel*, aber bitte nicht hier. Ich brauch dafür keine Bühne.

 
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Hallo @lakita und @jimmysalaryman,

ich will mich nicht einmischen und tue es doch, denn ich finde es vom Ansatz her sehr interessant, worin der Konflikt liegt und ich glaube, und deswegen schreibe ich überhaupt, dass ich und damit vielleicht auch andere etwas daraus lernen können.

Deswegen versuche ich meine Gedanken auf den Punkt zu bringen, mit der Gefahr zwischen die Fronten zu geraten, was ich gar nicht möchte, sondern ich möchte zurück zum Text gehen.

Ich sehe diesen Text als eine Art Erzählung, die faktenorientiert einen geschichtlichen Abschnitt erzählt, verwoben mit fiktiven Elementen.

Beim Lesen des Textes dachte ich an Schüler, so im Alter ab 13-14 aufwärts, für die dieser Text ein gute Erfahrung sein könnte. Ich habe das noch nicht probiert, aber kann mir das sehr gut vorstellen.

Unter diesem Aspekt habe ich den Text gelesen und kommentiert, denn dafür halte ich ihn hervorragend geeignet.

Er scheint mir gut recherchiert zu sein, bringt auch durch die fiktiven Elemente die verschiedenen Aspekte des Krieges näher, die Fragen auf welcher Seite man steht, welche moralischen Elemente es gibt, welches Leid erzeugt wird, etc.

Andererseits ist er nicht zu kompliziert und auch nicht zu emotional, nicht zu schockierend, nicht zu komplex. Jetzt kann man sich fragen, ob man jungen Menschen im oben genannten Alter nicht mehr zumuten kann. Das ist eine schwierige Frage. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Kinder sehr schnell dicht machen in dem Alter, wenn es emotional zu fordernd wird.

Deswegen finde ich auch das Ende, das vielleicht nahe am Kitsch ist, gut gewählt, denn meine Kinder z. B. bräuchten so etwas, denn ansonsten wären sie emotional völlig überfordert und nicht bereit, weiter in das Thema einzutauchen und darüber zu diskutieren.

Andererseits sind aus meiner Sicht Jimmys Einwände berechtigt, wenn man einen entsprechenden Maßstab an den Text legt.

Für mich stellt sich also an dieser Stelle die Frage, an wen sich der Text richtet und was ich der Zielgruppe zumuten kann oder muss und inwieweit der angelegte Maßstab dazu passt.

Dazu gehe mal ein wenig plakativ durch Jimmys Kommentar und versuche das unter dem Aspekt der von mir gewählten Zielgruppe zu beleuchten:

Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, war die siebenjährige Thea im katholischen St. Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand. Ihre Eltern und Geschwister waren in Hamburg geblieben.
Nach diesem Einstieg hatte ich im Grunde keine Lust mehr weiterzulesen. Das klingt wie in einer Doku von diesem Knop, so unheilvoll, und auch manipulativ: Und was passiert DANN?, soll man sich fragen, aber das ist eben alles, es ist nur ein Konstrukt. Warum nichts Szenisches? Oder gar nicht, den Leser einfach in die Situation werfen und es ihn selbst entdecken lassen?

Meine Kinder müssten erst einmal verortet werden. Die haben noch kein großes Hintergrundwissen in dem Alter über den zweiten Weltkrieg. Wenn man die einfach in den Text wirft, tun sie sich wahrscheinlich sehr schwer zu begreifen was passiert.

Wahrscheinlich wäre ich erst einmal damit beschäftigt, diese wenigen Fakten zu erklären. So viele Flugzeuge? Was sind Brandbomben? Wie können die Eltern die Kinder ins Heim geben, etc.

Nein, wir bleiben lieber politisch korrekt, dafür sind unsere Kinder jetzt eben tot. Na und? Das steckt da so implizit drin. Das ist erstens einfach nur noch der Holzhammer - Hitlergegnerin, die so weit geht, dass sie ihren eigenen Kindern Gefahren aussetzt, da frage ich mich, was ist das für eine Mutter? Die kommt ja gar nicht in dieses moralische Dilemma, und das finde ich fragwürdig. Wenn man mal unter Literaten fragt, dann sind natürlich immer ALLE Großeltern ausgesprochene Nazi-Gegner gewesen, wenn es nach dem Literaturbetrieb gehen würde, dann war Deutschland durchsetzt mit Widerstand, der muss im Grunde größer und zahlreicher als die NSDAP gewesen sein. Also, meine beiden Opas waren überzeugte Nazis, der eine sogar in der SS, und er hat sicher zahlreiche Kriegsverbrechen begangen. Bei jedem dieser Menschen steckt aber eine schwierige Entscheidung dahinter, warum sie die Dinge tun, warum sie sich für das eine oder das andere Lager entscheiden, es ist nie diese eine fatalistische Idee. Das hier im Text ist blanker Populismus.

Ja, da gebe ich Dir völlig recht. Ich bin da auch drüber gestolpert, weil nämlich auch meine Erfahrung ist, dass es nur sehr wenig echte Gegner gab, und die meisten doch irgendetwas irgendwie gut fanden.

Die Frage ist, wie man das der von mir gewählten Zielgruppe näher bringt. Das ist unglaublich schwer zu erklären, diese Zusammenhänge, die menschlichen Zwänge, die zu bestimmten Handlungen führen, die Spannung zwischen Mutter und politischer Haltung, etc. Da steckt so viel dahinter.

Ich bin da auch ratlos. Den kritisierten Abschnitt würden meine Kinder verstehen, weil er eine klare Haltung vorgibt, aber das müsste man mit ihnen eingehend diskutieren, was das überhaupt bedeutet Hitlergegnerin zu sein.

Er war viel mehr enthusiastischer Pilot als Patriot. Für ihn waren die Einsätze bisher nur in fliegerischer Hinsicht spannend gewesen. Das Fliegen war seine Leidenschaft, nicht das Töten des Feindes.
Ich kann gar nicht glauben, was ich hier lese. Kaum einer überlebt mehr als 30 Einsätze, unser Redcliff hat schon 25, seine Uhr tickt, aber alles, was er so denkt, ist: Ich bin nicht priviligiert, ich werde im zivilen Leben nicht mehr fliegen können, also, hey, fuck it!, riskieren wir das einfach mal, und ups, nebenbei laden wir noch ein paar tausend Bomben ab. Das ist ja ein total nihilistischer Charakter, der nur für seine eigenen, egoistischen Werte steht. Klar, im Krieg tummeln sich die Opportunisten, die Karrieristen, und vor allem im NS-Staat war das so, aber jetzt einen Tommy dahinstellen und den so motivieren? Ich weiß nicht.

Ich habe Redcliff gar nicht als tieferen Charakter wahrgenommen. Für mich ist das ein Symbol dafür, dass Menschen aus unterschiedlichsten Motiven handeln, eine Art Diskussionsanker, mit dem man ein Gespräch mit der von mir angenommenen Zielgruppe aufziehen kann, ob jeder der eine Bombe abwirft das aus Mordlust tut.

„Siehst du den kleinen Lederkoffer, den er neben sich stehen hat? Den soll er angeblich immer bei sich haben. Soll die teuerste Flasche Whisky drin sein und eine Havanna und sonst nichts."
„Verstehe", Redcliff grinste wissend, „so einer ist er also. Unter uns Piloten waren ja schon eh eine Menge Sonderlinge, da ist unser MG-Schütze mit dem Köfferchen ja fast normal."
Auch so ein sonderbarer Dialog. Die steigen da gleich in den Bomber, immer im Hinterkopf, dass sie vielleicht abgeschossen werden UND das auch sie selbst den Tod bringen, aber alles, worüber sie reden, ist der MG-Schütze mit dem Koffer. Woher hat der überhaupt Whisky und Zigarren? England war doch total ausgehungert? Und warum trägt er die im Köfferchen mit rum? Die sitzen ja nicht im Schützengraben, wo man denken könnte, vor der entscheidenden Schlacht noch einmal feiern. Ich könnte verstehen, wenn die so herumwitzeln, aber dieses Witzeln eigentlich ihre Angst verstecken soll, ihre Unsicherheit, aber das lese ich da nicht raus, es ist einfach zu oberflächlich. Schrullig ist auch so ein Wort, was ich in diesem Kontext unpassend finde.

Auch das ist für mich nur ein Symbol dafür, dass selbst im Krieg eine gewisse "Normalität" oder Routine Einzug hält, aber auch ein gewisser Aberglaube, also wieder so ein Diskussionsanker, über den man in eine tiefergehende Diskussion einsteigen kann und sehen kann, wie weit die Zielgruppe mitkommt.

‚Von wegen Hafenanlagen zerstören und die U-Boot-Produktion auslöschen, so wie es laufend in der Presse stand‘, dachte Redcliff, ‚wenn die wüssten, dass wir ganze Stadtteile ausradieren sollen.‘
Moment. Eben sagt der Erzähler: es hieß. Die Einäscherung von Hamburg ist das Ziel. Das ist ja eine Befehlskette. Ist es nun der Befehl oder nicht? Wer soll da nicht genau Bescheid wissen? Wer agiert denn da eigenmächtig? Und hier fehlt mir auch eindeutig die individuelle, moralische Komponente. Der Gedanke, unschuldiges Leben auszulöschen, naja, der ist etwas anwidernd, aber hey, that's war. Wenn er ein echtes Problem damit hat, würde er das zur Sprache bringen. Er würde nachfragen, ist das ernst gemeint, gibt es diesen Befehl, was sagt die Stabsleitung dazu, oder einem Kollegen sich offenbaren, was hälst du davon?, ist das richtig? Fehlt hier. Hier fehlt dieses Bedenken, und auch, auf der anderen Seite, das Abgestumpfte, das den Krieg ausmacht, was der Krieg aus denjenigen macht, die ihn führen müssen. Menschen sterben, eventuell auch ein paar Unschuldige? Egal. Hauptsache ich überlebe. Das könnte ich nachvollziehen, so eine Do or die Einstellung, etwas Sozialdarwinismus, das nackte Überleben. Die oder ich. Die sind ja selbst Schuld! Alles Nazis!

Wieder so ein Diskussionsanker: Befehle müssen ausgeführt werden, obwohl man als einzelner Soldat moralisch womöglich angewidert ist. Das ist ja meiner angenommenen Zielgruppe völlig fremd und löst hoffentlich Deine Fragen bei ihnen aus, die man dann in einer Diskussion vertiefen kann.

Der Riese war angekommen.
Das hier ist auch so eine Verniedlichung, ich kann das gar nicht richtig beschreiben, ich finde, so etwas gehört sich nicht, einen Bombeneinschlag so zu beschreiben. Das empfinde ich als ungebührlich irgendwie, als unpassend. Ich denke immer an die Opfer, die dann da mit herausquellenden Gedärmen liegen und elendig verbrennen, und der Erzähler so: Der Riese war angekommen. Puh.

Ich habe das als "kindgerechte" Umschreibung wahrgenommen. Wenn Du meinen Kindern das so darstellen würdest, wie Du es hier dann weiter unten schreibst ("Gedärme"), würden die, glaube ich, sofort abbrechen. Das würde die wirklich völlig überfordern.

Der Mann war damals sich über 80, aber er trug diese Angst und diesen Schmerz immer noch mit sich herum, und auch den Verlust seiner Kameraden. Das soll jetzt nicht nach Landser-Romantik klingen, aber solche Erfahrungen prägen eben extrem, und von diesen individuellen Empfindungen, von dieser absoluten Nacktheit, da lese ich leider in deinem Text wenig.

Das wäre aus meiner Sicht ein ganz anderer Ansatz und käme dann von der individuellen Erfahrungsseite her. Das finde ich auch einen wichtigen Punkt und funktioniert bei Kindern in dem Alter gut. Die Schwierigkeit ist nur, dass man als Erwachsener da oft ganz viele Fakten, die man kennt, zwischen den Zeilen mitliest, welche die Kinder in dem Alter nicht wirklich kennen.

Welche Funktion hat hier Redcliff?

Wie ich oben geschrieben habe, er liefert (plakative) Diskussionsanker.

Bei deinem Text habe ich irgendwie das Gefühl, das ist zwar irgendwie schlimm, aber am Ende sind doch alle wieder ganz glücklich. Der Tommy durfte fliegen, die Kinder haben auch überlebt, Wohnung kaputt, naja, geht aber, und Papa sitzt im Zug. Ist das ein Bild, das wir vom Krieg haben sollten?

Für meine von mir anvisierte Zielgruppe wäre das schon alles furchtbar genug und noch mehr kaum erträglich. Die wären völlig fertig und würden das nicht so wahrnehmen, wie Du es vermutest oder andeutest.

Ich weiß jetzt natürlich nicht, welche Zielgruppe Lakita vor Augen hatte, aber aus den genannten Gründen halte ich für die angenommene Zielgruppe den Text für sehr gut.

Die spannende Frage für mich ist, ob man die aufgeworfenen Punkte in den Griff bekommt und dann der Text immer noch für die Zielgruppe geeignet wäre, da bin ich momentan etwas ratlos.

Ich kann nur aus Erfahrung sagen, dass Kinder in dem Alter Dinge nicht an sich ranlassen, wenn sie zu heftig werden und dann dichtmachen oder abblocken und dann keine Diskussion mehr möglich ist.

Daher empfand ich diese Gewichtung hier als sehr gut geeignet, für Kinder ab 13-14, da sie es an sich ranlassen können, aber wahrscheinlich nicht überfordert werden.

Also, was passiert, wenn man die zurecht aufgeworfenen Punkte von Jimmy umsetzt? Kann der Text dann noch geeignet sein für den von mir genannten Zweck?

Oder provokanter ausgedrückt: wie viel Literatur kann man der von mir angenommenen Zielgruppe zumuten?

Gruß
Geschichtenwerker

 

@Geschichtenwerker,

sei mir nicht böse, aber du liest das hier unter deiner hochindividuellen Folie, es sei eine Kindergeschichte. Ich lese demnächst auch eine Horrorgeschichte und frage dann den Autoren, na also, wo ist denn hier die versprochene Erotik? Und sage dann: Ich hab das eben als Erotikgeschichte gelesen, so what? Das ist so ein naturalistischer Fehlschluss: Sollen und nicht sein. Wenn das eine Geschichte dezidiert für Kinder sein soll oder sollte, könnte man das einfach taggen. It's that easy. Ich lese den Text nach meinen eigenen Kriterien und habe dazu Anmerkungen gemacht. Du kommentierst meinen Kommentar und erklärst, wie das deine Kinder wohl sehen würden, bzw ob die das auch verstehen oder nicht sogar überfordert sind ... das ist mir einfach eine Spur zu hoch, sorry.

Gruss, Jimmy

 

@Geschichtenwerker,

ich finde es zwar einerseits in Ordnung, dass du versuchst diesen Text jimmysalaryman für 13-14 jährige schmackhaft zu machen, aber du hättest ihn sicherlich mehr erfreut, wenn du den dazu gehörigen Nachsatz nicht weggelassen hättest, der da hätte dann lauten müssen, "ansonsten ist der Text unbrauchbar".
Nungut, auch jimmysalaryman wird zwischen den Zeilen lesen.
Als Abfallprodukt darf ich mich dann drüber freuen, dass der Text sehr wahrscheinlich bei diesen Jugendlichen funktionieren wird. Und da tu ich sogar. Ich bin froh, das du es so siehst, denn sicherlich ist schön, wenn ein Text aus der Sicht der breiten Masse ein guter ist, aber es gibt unendlich viele Texte, die nur eine kleine Publikumsgruppe erreicht. Also alles gut.

@ jimmysalaryman

Hallo,

Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, war die siebenjährige Thea im katholischen St. Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand. Ihre Eltern und Geschwister waren in Hamburg geblieben.

Nach diesem Einstieg hatte ich im Grunde keine Lust mehr weiterzulesen. Das klingt wie in einer Doku von diesem Knop, so unheilvoll, und auch manipulativ:

Das ist hier bereits die erste Ungehobeltheit, die du mir um die Ohren bügelst. Nur, weil dir ein Knop bereits zu den Augen rauskommt, wird er mir als abschreckendes Beispiel serviert, als müsste ich auch noch verantworten, dass dich diese Fernsehsendung anödet. Dann guck sie nicht!
Aber mir dann noch obendrein vorzuwerfen, jetzt so unheilvoll und auch manipulativ daher zu kommen, hat für mich bereits klargestellt, ah da ärgert sich jemand und lässt jetzt seine Wut an mir aus. Ich hoffe, du hattest danach keine mehr oder wenigstensw ab und zu mal dich wohl gefühlt so schön fett ironisch von oben herab zu kommen.

Seit wann ist es neuerdings manipulativ, wenn ein Autor in einer Eingangsszene darstellt, wo sich der Prota befindet und was da gerade passiert und wann das alles stattfindet?
Du hättest mir gerne vorwerfen können, dass ich hier hölzern und nicht sehr literarisch anfange. Das hätte ich dir auch abgenommen als ehrliche Kritik, aber nein, du musstest hier gleich mit voller Wucht wie ein LKW ins Schaufenster.

Und was passiert DANN?,
Da du die Geschichte bereits gelesen haben wirst, als du dies hier geschrieben hast, wusstest du, dass es munter so weiter gehen würde mit tausend Möglichkeiten, ironisch drauf zu hauen.

soll man sich fragen, aber das ist eben alles, es ist nur ein Konstrukt. Warum nichts Szenisches? Oder gar nicht, den Leser einfach in die Situation werfen und es ihn selbst entdecken lassen?

Ja, hätte ich. Aber ich wollte mich zum einen nicht so lange mit all den Details aufhalten und Szenisches wäre deutlich textlich länger geworden und andererseits wollte ich zum eigentlichen Geschehen gelangen. Ich hätte insgesamt, was im übrigen auch für die Szenen mit Redcliff gilt, so viel zu schreiben, dass es für einen Roman ausgereicht hätte. Ich wollte aber keinen Roman.
Weil ich mir sicher bin, dass ich damit niemanden erreiche.
Ich weiß, dass für dich dies und überhaupt alle anderen Argumente nicht zählen werden, aber ich werde sie dennoch hier aufschreiben,.

Theas Mutter, eine Hitlergegnerin, die schon sehr früh über ihn sagte, dass dieser Mann nur Unheil bringen würde, hatte sich standhaft geweigert, ihre Kinder in die nationalsozialistischen Einrichtungen namens Kinderlandverschickung zu geben.

Nein, wir bleiben lieber politisch korrekt, dafür sind unsere Kinder jetzt eben tot. Na und? Das steckt da so implizit drin. Das ist erstens einfach nur noch der Holzhammer - Hitlergegnerin, die so weit geht, dass sie ihren eigenen Kindern Gefahren aussetzt, da frage ich mich, was ist das für eine Mutter? Die kommt ja gar nicht in dieses moralische Dilemma, und das finde ich fragwürdig. Wenn man mal unter Literaten fragt, dann sind natürlich immer ALLE Großeltern ausgesprochene Nazi-Gegner gewesen, wenn es nach dem Literaturbetrieb gehen würde, dann war Deutschland durchsetzt mit Widerstand, der muss im Grunde größer und zahlreicher als die NSDAP gewesen sein. Also, meine beiden Opas waren überzeugte Nazis, der eine sogar in der SS, und er hat sicher zahlreiche Kriegsverbrechen begangen. Bei jedem dieser Menschen steckt aber eine schwierige Entscheidung dahinter, warum sie die Dinge tun, warum sie sich für das eine oder das andere Lager entscheiden, es ist nie diese eine fatalistische Idee. Das hier im Text ist blanker Populismus.

Mir hier blanken Populismus vorzuwerfen, grenzt eigentlich schon an eine satte Beleidigung. Du kannst gerne beschreiben, dass du den Eindruck hast, dass alle, die über diese Zeit schreiben, sich bemühen politisch korrekt zu sein und dass dich das langweilt, aber ich bin mir gerade super sicher, dass du, hätte ich Maria nicht zur Hitlergegnerin gemacht, dich darüber aufgeregt hättest, dass ich effektheischerisch hier eine Figur erschaffe, nur damit jeder sagt:; oh, ha, das ist ja mal was Neues, ein glühende Hitlerverehrerin....
Dir hat meine Geschichte schlicht nicht gefallen und oder vielleicht doch, eignete sie sich doch hervorragend zum genüsslichen Draufhauen. Dass ist mich darüber ärgere, weil das mit konstruktiver Krikik eher wenig zu tun hat, wirst du vermutlich gar nicht verstehen,
Und wieso hast du denn eigentlich nicht erkannt, dass in diesem Fall, eine Hitlergegnerin zu sein, tatsächlich einen Konflikt in sich birgt?Ist dir nicht klar geworden, dass alle, die linientreu waren, ihre Kinder sicher in die Kinderlandverschickung schicken konnten und dass Maria mit ihrer ach so wunderbar korrekten politischen Meinung ihren Kindern damit den ganzen Bombennächtgen ausgesetzt hatte?
Und mal ganz offen gefragt, wenn dies hier ein ganze Stück weit zufällig meine Familiengeschichte ist, wieso muss ich dann ausgerechnet einem unzufriedenen Kritiker zuliebe alles umschreiben? Ich wüsst nicht, was ich davon hätte, ausser, dass ich den Sachverhalt verdrehte,.

Aber hier auf Nordstrand lauerte die Todesgefahr unmittelbar über ihren Köpfen, war durch die Vibration in den Füßen zu spüren, zum Greifen nahe, am Klirren der Fenster zu hören, das sich mit dem unaufhörlichen Brummen der Maschinen vermischte.

Die Todesgefahr steckt hier aber nur in den Worten. Das liest sich wie Hanni und Nanni im Landschulheim und plötzlich sind da ganz furchtbar viele Flugzeuge am Himmel. Wo fliegen die hin? Die fliegen nach Hamburg und zerbomben alles, und ach ja, wahrscheinlich werden alle eure Eltern dabei sterben. Die Angst, die diese Kinder empfunden haben müssen, diese ganz essentielle, durchdringende Angst, alles zu verlieren, als Waisen aufwachsen zu müssen, eine Angst, die sie gar nicht begreifen können, die sie nicht verstehen, das steckt alles in diesem Bild, wo der Himmel schwarz wird vor lauter Bombern. Aber ich spüre da nichts von. Ich kriege da nicht mal ein Bild von im Kopf hin - ich meine, das Bild, Bomber, Himmel, Gefahr, das ist ja schon eine eigene Trope in der Medienlandschaft und schon oft gebraucht worden. Ich würde mir da auch was anderes überlegen, vielleicht hören sie nur die Bomber, aber sehen sie nicht.

Bis auf, dass du hier den Rahmen der Sachlichkeit teils gehörig verlässt, denn mir Hanni und Nanni vorzuwerfen, ist schlicht hochtendenziöses Kritisieren mit ziemlich unsachlichen Mitteln, du versuchst mich nämlich lächerlich zu machen, aber nein, das bilde ich mir nur ein, nicht wahr? Also bis auf diese Ausrutscher gehe ich komplett mit deiner Kritik konform, sowas kann man deutlich besser schildern. Vielleicht gelingt es mir noch irgendwann, das schlicht eindringlicher zu schildern,

In Windeseile verbreiteten sich unter den Kindern die grässlichsten Gerüchte.

In Windeseile. Das passt sprachlich in ein Kinderbuch. Ich finde dieses Thema hier ernst, aber mir fehlt das sprachliche Äquivalent, mir fehlt die Schwerkraft. Grässliche Gerüchte. Was soll das sein? Warum hier keine Szene? Ist gar nicht so einfach, Kinder so etwas sagen zu lassen in ihrer Ahnungslosigkeit, da muss man sich schon richtig anstrengen. Das ist auch etwas lazy writing, du nimmst hier einfach eine Abkürzung, wo man aber viel eher das Makro bräuchte.

Ja, ok, akzeptiert. Ich bin da deiner Meinung.

Er war viel mehr enthusiastischer Pilot als Patriot. Für ihn waren die Einsätze bisher nur in fliegerischer Hinsicht spannend gewesen. Das Fliegen war seine Leidenschaft, nicht das Töten des Feindes.

Ich kann gar nicht glauben, was ich hier lese. Kaum einer überlebt mehr als 30 Einsätze, unser Redcliff hat schon 25, seine Uhr tickt, aber alles, was er so denkt, ist: Ich bin nicht priviligiert, ich werde im zivilen Leben nicht mehr fliegen können, also, hey, fuck it!, riskieren wir das einfach mal, und ups, nebenbei laden wir noch ein paar tausend Bomben ab. Das ist ja ein total nihilistischer Charakter, der nur für seine eigenen, egoistischen Werte steht.

Nur, weil er dir nicht gefällt, der Redcliff, wird er jetzt von dir zerfleischt. Übrigens sind das seine Motive gewesen Pilot bei der RAF zu werden, und ich habe nirgendwo geschrieben, dass er deswegen zur RAF gegangen ist, weil er nicht in die zivile Luftfahrt mehr konnte. Viele Piloten konnten nach den Krieg in die zivile Luftfahrt wechseln und dann waren auch solche dabei, wie Redcliff, die es sich ansich finanziell nicht leisten konnten, oder glaubst du etwa die Fluglizenz zu erwerben kostet nicht mehr als den Kfz-Führerschein zu machen? Ich kenne nur die heutigen Preise und da geht unter 70.000 Euro nichts, um Verkehrsflugzeugführer zu werden,
Klar, im Krieg tummeln sich die Opportunisten, die Karrieristen, und vor allem im NS-Staat war das so, aber jetzt einen Tommy dahinstellen und den so motivieren? Ich weiß nicht.

Aber ich weiß es.

„Siehst du den kleinen Lederkoffer, den er neben sich stehen hat? Den soll er angeblich immer bei sich haben. Soll die teuerste Flasche Whisky drin sein und eine Havanna und sonst nichts."
„Verstehe", Redcliff grinste wissend, „so einer ist er also. Unter uns Piloten waren ja schon eh eine Menge Sonderlinge, da ist unser MG-Schütze mit dem Köfferchen ja fast normal."

Auch so ein sonderbarer Dialog. Die steigen da gleich in den Bomber, immer im Hinterkopf, dass sie vielleicht abgeschossen werden UND das auch sie selbst den Tod bringen, aber alles, worüber sie reden, ist der MG-Schütze mit dem Koffer. Woher hat der überhaupt Whisky und Zigarren? England war doch total ausgehungert? Und warum trägt er die im Köfferchen mit rum?

Jetzt mal im Ernst, glaubst du wirklich, dass die besser im Flugfeldrand sitzen sollen und mit den Zähnen klappern sollten vor lauter Angst, dass sie gleich abgeschossen vom Himmel geholt werden, was für ein Männerbild von damals hast du da grad im Kopf? Sollen sie jetzt für dich flennen?
Die hatten Schiss, aber unter Männern dürfte das nicht seinen Ausdruck darin finden, dass sie es äussern wie wir Frauen es tun. Da quatscht man über die skurrilsten Themen, lenkt sich ab und da ist so ein Typ, mit Köfferchen und Whisky das gefundene Fressen zu lockeren Ablenkung.
Als der erste Kritiker fragte, ob es angehen könne, dass der MG-Schütze Whisky mit ins Flugzeug nimmt, habe ich mich nochmals bei einem Piloten erkundigt, ob es so gewesen sein könnte. Der meinte ja und Platz sei da auch genug in den Flugzeugen gewesen, um das Köfferchen in eine Ecke zu stecken und skurril seien etliche Piloten, erst recht die Flugstaffeln damals im Krieg, die hätten teils Hunde als Maskottchen mitgenommen.

Die sitzen ja nicht im Schützengraben, wo man denken könnte, vor der entscheidenden Schlacht noch einmal feiern. Ich könnte verstehen, wenn die so herumwitzeln, aber dieses Witzeln eigentlich ihre Angst verstecken soll, ihre Unsicherheit, aber das lese ich da nicht raus, es ist einfach zu oberflächlich. Schrullig ist auch so ein Wort, was ich in diesem Kontext unpassend finde.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass ich die beiden mehr miteinander witzeln lasse, schrullig finde ich eigentlich nicht schlecht als Begriff, jedenfalls wenn wir beide es als Begriff wie Marotten verstehen,.

‚Von wegen Hafenanlagen zerstören und die U-Boot-Produktion auslöschen, so wie es laufend in der Presse stand‘, dachte Redcliff, ‚wenn die wüssten, dass wir ganze Stadtteile ausradieren sollen.‘

Moment. Eben sagt der Erzähler: es hieß. Die Einäscherung von Hamburg ist das Ziel. Das ist ja eine Befehlskette. Ist es nun der Befehl oder nicht? Wer soll da nicht genau Bescheid wissen? Wer agiert denn da eigenmächtig?
Du bist der erste, der es nicht verstanden hat. Befehl kam von Marschall Harris, die Piloten wussten, dass sie Bevölkerung bombardieren sollten, wie sollten sie es denn auch nicht gewusst haben, sie hatten ja die Bombenabwurfkoordinaten, aber die Zivilbevölkerung in Britannien wusste es nicht en detail, denen hat die Presse immerzu mitgeteilt, dass bombardiert wird, um die Hafenanlagen zu zerstören und die U-Boot-Produktion zu beenden.

Und hier fehlt mir auch eindeutig die individuelle, moralische Komponente. Der Gedanke, unschuldiges Leben auszulöschen, naja, der ist etwas anwidernd, aber hey, that's war. Wenn er ein echtes Problem damit hat, würde er das zur Sprache bringen.

Ja, würde er wohl, aber jetzt sitzt er im Flugzeug, es geht gleich los und da hat er dafür zu sorgen, dass er heil wieder zurückfliegen kann.

Er würde nachfragen, ist das ernst gemeint, gibt es diesen Befehl, was sagt die Stabsleitung dazu, oder einem Kollegen sich offenbaren, was hälst du davon?, ist das richtig? Fehlt hier.
Ja, hat er vielleicht sogar schon, aber garantiert werden die Piloten das nicht kurz vor ihrem Flugbefehl diskutieren, sie werden sich damit nicht belasten, es tatsächlich für die Zeit des Flugs beiseite schieben, erst die Pflicht, danach die Moral.
Ich dachte eigentlich, dass ich das klar genug dargestellt habe.


Hier fehlt dieses Bedenken, und auch, auf der anderen Seite, das Abgestumpfte, das den Krieg ausmacht, was der Krieg aus denjenigen macht, die ihn führen müssen. Menschen sterben, eventuell auch ein paar Unschuldige? Egal. Hauptsache ich überlebe. Das könnte ich nachvollziehen, so eine Do or die Einstellung, etwas Sozialdarwinismus, das nackte Überleben. Die oder ich. Die sind ja selbst Schuld! Alles Nazis!

Wäre sicherlich eine Idee, da noch etwas anzufügen, aber in der Situation kurz vor dem Start, er sitzt ja schon in der Maschine, werde ich kaum große lange Gedankengänge hinzufügen können. Ich versuch mir was zu überlegen.

Das Luftschutzgepäck, meist ein kleinerer Koffer mit all den wichtigen Papieren, Lebensmittelkarten, Geld, Schmuck und sonstigen lebenswichtigen Dingen, stand griffbereit meist im Korridor einer jeden Wohnung.

Das klingt so, als gingen die gleich auf einen Familienausflug. Ist Geld und Schmuck lebenswichtig? Im Grunde ist das so etwas wie der letzte Koffer, ein Bild, das für sich steht. Das wäre im Zweifel alles, was diese Leute aus ihrem alten, ursprünglichen Leben mitnehmen, ihre Existenz. Das ist ein dramatisches und tragisches Bild, aber es kommt hier nicht zum Tragen, weil es so lapidar erzählt wird. Das ist nicht aufgeladen, dieses Bild.

Ich verstehe, dass dir hier die Szene nicht intensiv genug ist. Aber ich glaube nicht, dass wenn etwas in Routine übergeht, Dramatik entwickeln kann, wie denn? Die hatten eben alles, was ihnen wichtig war und was nicht ne halbe Tonne wog in ihrem Koffer. Und weshalb du dich aufregst, dass sie da auch ihren Schmuck reingepackt hatten, zeigt, dass du beim Lesen und Aufregen mit einer gewissen Weltfremdheit geschlagen bist.
Es war lapidar, es war Routine, das war in Hamburg der Alltag, dass man laufend wegen des Bombenalarms in die Keller oder Bunker musste. Vor diesem Großangriff hatten die das schon 140 mal hinter sich. Das habe ich auch in der Geshichte geschrieben.

„Mutti, wir werden sterben", schrie sie und zog bei jeder Detonation den Kopf ein.
Haben Kinder so eine Vorstellung vom Tod? Wissen die genau, was passiert, können die sich so einen Plan machen? Ich bezweifel das.
Diese Äusserung gefällt mir selbst nicht gut. Ich werde nach einer Verbesserung trachten, denn ich glaube auch, dass Kinder da anders reden würden. Ich habe das Glück, hierzu eine Zeugin befragen zu können, vielleicht erinnert sie sich noch an ihr damaliges Gefühl.

Der Riese war angekommen.
Das hier ist auch so eine Verniedlichung, ich kann das gar nicht richtig beschreiben, ich finde, so etwas gehört sich nicht, einen Bombeneinschlag so zu beschreiben. Das empfinde ich als ungebührlich irgendwie, als unpassend. Ich denke immer an die Opfer, die dann da mit herausquellenden Gedärmen liegen und elendig verbrennen, und der Erzähler so: Der Riese war angekommen. Puh.

An dieser Stelle bin ich garantiert komplett betriebsblind, weil ich hier zufällig exakt das wieder gegeben habe, was man mir berichtet hat. Wenn das nicht nur bei dir, sondern auch anderen Lesern unangenehm aufstößt, muss ich es ändern, auch wenn es als Gefühl so erlebt wurde, denn schließlich geht es darum, das Gefühl, dort eingeschlossen in einem Keller zu hocken und abwarten zu müssen bis man stirbt, rüberzubringen. Solltest du der einzige sein, der sich daran stört, werde ich es nicht ändern.

Vor Stunden hatten sie noch im 4. Stock eine gemütliche Wohnung besessen, jetzt war alles vernichtet und ihre Wünsche reduzierten sich einzig und allein auf einen Becher Wasser.
Das ist die Essenz deines Textes. So ist Krieg. Eben noch alles wie gewohnt, plötzlich rennst du um dein Leben. Plötzlich hast du nichts mehr. Das sind ja immense individuelle und auch psychologische Umwälzungen, die in den Kriegswirren entstehen.
Das ist mir zu verkürzt, zu sagen, so ist Krieg. Krieg ist Angst, Horror und die Frage, was macht die Psyche und der Körper mit einem , wenn man in ununterbrochener Todesangst ist. Wann bricht so ein Mensch zusammen und steigt freiwillig aus dieser Dauerfolter aus? Und wie steigt er aus? Wird er zum übermenschlichen Kämpfer oder setzt er sich irgendwo mitten in den Flammen hin und ergibt sich dem Tod? (so wie es Irma vorhatte)

Ich habe viele ältere Kunden gehabt, als ich 1994 mit meiner Lehre angefangen habe, und die haben sehr oft und ausführlich über den Krieg erzählt. Einer brachte mir mal eine Kiste mit, mit selbstgemachten 6x6 Photographien von der Front aus Russland. Er hatte einen Partisanenangriff überlebt, weil er sich im richtigen Moment, rein zufällig, nach etwas auf dem Boden liegenden gebückt hat. Keiner seiner kleinen Einheit überlebte, nur er, und dann musste er sich durch die feindlichen Linien schlagen. Der Mann war damals sich über 80, aber er trug diese Angst und diesen Schmerz immer noch mit sich herum, und auch den Verlust seiner Kameraden. Das soll jetzt nicht nach Landser-Romantik klingen, aber solche Erfahrungen prägen eben extrem, und von diesen individuellen Empfindungen, von dieser absoluten Nacktheit, da lese ich leider in deinem Text wenig.
Oh ja, es gibt unendlich viele dieser Schicksale, dass Menschen Dinge aushalten mussten, die für uns unvorstellbar sind zumal in der Ansammlung an schlimmsten Situationen. ABER diese Erinnerungen, die einen ein Leben lang begleiten, entstehen erst nach solchen Situationen, meine Protagonisten sind mittendrin.
Du verlangst von mir, dass sie sich bereits verhalten bzw, denken und fühlen als seien sie schon Jahre davon weg.

Welche Funktion hat hier Redcliff?
Ich dachte, den hast du mir schon um die Ohren geschlagen, jetzt nochmals?

Mir wird das nicht klar. Wenn es da jetzt wenigstens eine Szene geben würde, wo er zu seinem Vorgesetzten sagt: Diesen Befehl führe ich nicht aus, weil Unschuldige sterben werden.
Wozu brauchst du das? Soll er jetzt unbedingt zum nachdenklichen Helden werden? Das ist er nicht. Der war beim Militär, warst du beim Bund? Nein, vermutlich nicht. Befehl ist Befehl, entweder du gehst raus aus der Truppe oder du bist drin, aber wenn du drin bist, hast du zu gehorchen und wenn du das nicht tust oder hinterfragst, kommst du in Kriegszeiten vor das Kriegsgericht und da waren die Briten nicht anders als die Deutschen. Da wurde schnell gehandelt, damit der Rest der Truppe weiß, was mit Soldaten passiert, die sog,. Wehrzersetzung, so hieß es in Deutschland, betreiben.Redcliff war sein eigener Gefangener des Systems, dem er sich angeschlossen hat. Der konnte nicht mehr wählen. Der konnte nur noch das tun, was man ihm befohlen hat.
Wozu sollte er sich gegen diese Erkenntnisse stemmen, ich wollte hier keinen Helden schaffen. Auch ein Saint-Exupéry, der im 2. Weltkrieg flog, konnte sich dem nicht entziehen.

Oder der Befehl an sich nur mit Magenschmerzen gegeben wird, das auch bei den Tommies bedrückte Stimmung herrscht. Das kommt mir fast schon ein klein wenig revanchistisch vor: Naja, die Tommies, die haben aber auch ... ja, nachdem die Deutschen der ganzen Welt den Krieg erklärt hatten. Die Tommies waren sicherlich auch nicht so sonderlich scharf auf die V2. Wie die Truppe so einen Einsatz sieht, wie sie das empfindet, also die Frage, wen töten wir und warum?, da wird im Text ja gar nicht drauf eingegangen.

Ist das dein Ernst, dass du mir vorwirfst, dass ich das nicht schildere? Was, wenn ich das oben Geschriebene noch erweitere, sage: darüber haben die vermutlich gar nicht nachgedacht. Kurz vor dem Flug nicht, da schon gar nicht, aber vermutlich auch nie davor oder danach. Die haben einfach getan, was sie sollten. Was hast du denn für ein Bild von Soldaten?
Das finde ich irritierend, um ehrlich zu sein.

Da geht es dann um schrullige Typen und mir wird viel über Bomben und Technik erklärt, was sicher interessant ist, aber mir in dem Kontext zu dem restlichen Inhalt einfach zu überpräsent ist, und auch gar nicht dahin gehört. Cookie, das ist interessant, aber nicht, wenn mir das der Erzähler als Info dumped, sondern wenn ein Soldat das da mit einem Stift draufschreibt zum Beispiel.
Dass mit dem schrullig habe ich schon beantwortet, dass ich hier überpräsent inhaltlich bin, sehe ich auch, kann es aber nicht ändern, weil ich nicht den Redcliffteil in seiner Gewichtung überborden lassen möchte. Ich wollte nur zeigen, dass auch das Bombenabwerfen nicht risikolos war, aber auch, was allein so ein Flugzeug an Bomben und damit Unheil zu bringen vermochte. Für mich unvorstellbar, dass dies mehr als 700 mal passierte in einer Nacht.Das wollte ich damit deutlich machen.

Das Ende, natürlich findet sie ihren Papa. Nahe am Kitsch.
Du und Geschichtenwerker, ihr seid die einzigen, die das Ende für Kitsch halten. Aber ich frage anders, was hätte sich an der Aussage der Geschichte denn geändert, wenn ich die kleine Thea elternlos gelassen hätte? Nichts. Krieg ist auch mit diesem Happy End grausam.

Deswegen mag ich zum Beispiel Saving Private Ryan so - er wird gerettet, aber alle anderen gehen drauf. War es das wert? War es dieser eine Mann wert? Wiegt dieses Leben den Tod so vieler andere Männer, die in keiner persönlichen Beziehung zu diesem standen, auf? Was wäre das für ein Film, wenn am Schluss alle überleben?

All deine Fragen sind nicht mein Ansatz in dieser Geschichte.
Ich hege die Hoffnung, dass nach dem Lesen der Geschichte der Leser ein wenig das Gefühl bekommen hat, dass Kriege etwas sind, was er möglichst nicht erleben möchte. Ich bin noch mit dem Satz, den meine Eltern immer wieder gesagt haben "NIE WIEDER KRIEG!" aufgewachsen und mein Wunsch war und ist es, dass er weiterhin oberstes Gebot für alle bleibt.

Man könnte diese Frage gar nicht stellen. Bei deinem Text habe ich irgendwie das Gefühl, das ist zwar irgendwie schlimm, aber am Ende sind doch alle wieder ganz glücklich. Der Tommy durfte fliegen, die Kinder haben auch überlebt, Wohnung kaputt, naja, geht aber, und Papa sitzt im Zug. Ist das ein Bild, das wir vom Krieg haben sollten?
Jetzt wirst du wieder ironisch und machst dich lustig, aber wundern tut es an dieser Stelle ja nicht mehr. Dass du nicht ein gutes Wort an dieser Geschichte gelassen hast, macht mir klar, dass ich in deinen Augen das Ding lieber einstampfen sollte. Vieleicht solltest du dann in Zukunft deine ja auch kostbare Zeit lieber für nicht so aussichtlose Produkte verschwenden, denn du setzt dich ansonsten meinem Eindruck aus, dass es dir auch darum ging, so ein wenig dein eigenes Ego aufzupolieren, indem du ganz grandios aufzeigst, was für ein Schmarrn da geschrieben wurde. Hast du das wirklich nötig?

Liebe Grüße
lakita

 

Naja, also ich weiß nicht. Scheint mir jetzt eine etwas emotionale Antwort zu sein, dafür, dass du hier schwer dafür warst, eben gerade so etwas unter dem Text zu vermeiden. Du hast da jetzt so einen Haufen persönlicher Anschuldigungen drin, Draufhauen, Ego aufpolieren, Ironie, lächerlich machen, aber ganz im Ernst, ich glaube, das sind wirklich alles Projektionen von dir. Ich habe dir konkret am Text aufgezeigt, warum ich finde, dass der Text für mich (!) nicht funktioniert. Du musst nicht mit mir einer Meinung sein. Du kannst sie sogar im Ganzen ablehnen. Ich glaube, ein solcher Text, mit einem solchen schweren, schwierigen und aufgeladenen Inhalt benötigt eine andere Herangehensweise. Ich habe nirgends behauptet, dass ich nicht daran glaube, dass du das nicht kannst. In dieser aktuellen Form funktioniert er für mich aber noch nicht. Deswegen sind wir hier. Um an Texten zu arbeiten, in dem wir auf die Meinungen anderer Autoren hören. Oder auch nicht, und so seinen Standpunkt zum eigenen Text verfestigt. Wenn mir dein Text scheißegal wäre, hätte ich ihn nicht kommentiert. Ich kann verstehen, wenn dir meine Art manchmal zu salopp ist, aber ich bin eben Rheinländer, da redet und schreibt man öfters so, wie einem die Schnauze gewachsen ist. Ich kann mich auch dran erinnern, daa du ebenfalls kein Kind von Traurigkeit bist. Austeilen ja, Einstecken nein? Außerdem ist mir das Schreiben wichtig, ich nehme das sehr ernst, und ich versuche, auch jeden Text mit dem gebührenden Ernst zu lesen und zu kommentieren. Bin ich da verbissen? Vielleicht. Aber ich will mich gar nicht rechtfertigen. Nun fürchte ich, wird das hier nichts mehr, das sind die Fronten wohl verhärtet. Ich kann mit einem Dissens jedenfalls gut leben.

 

@jimmysalaryman

Nun fürchte ich, wird das hier nichts mehr, das sind die Fronten wohl verhärtet. Ich kann mit einem Dissens jedenfalls gut leben.
Also mit einem Dissens kann ich auch gut leben. Sonst hätte ich nicht meinen Beruf ausüben können, denn da ist man laufend mit Leuten überkreuz.
Aber für mich ist unser Disput jetzt auch ausgeschrieben, denke ich, sicherlich wirst du es auch so sehen. Ich habe versucht, dir auf jeden deiner Kritikpunkte dezidiert zu antworten, gleichsam noch meine persönlichen Befindlichkeiten hierzu mit reingesemmelt und somit haben wir beide unsere Positionen und Gedanken ausgetauscht, ähm, naja am Ende hat jeder seine Meinung fast behalten, aber das sollte jetzt auch nicht polemisch rüberkommen.
Ich weiß, dass du hart kritisierst und genau das nehme ich dir auch nicht übel. Mir hat der Ton auf der Metaebene teils missfallen und ja, ich bin in dieser Hinsicht mit sensiblen Antennen ausgestattet.
Selbstverständlich will ich dir mit meiner Antwort nicht das Wort abschneiden.
Aber für mich ist alles gut (bis auf die Geschichte, die an Stellen noch verbessert gehört, aber darüber ging es ja die ganze Zeit.)

Gute Nacht
lakita

 

Guten Morgen @lakita,
So um bei der Challenge adäquat wählen zu können muss ich noch ein paar Geschichten lesen und ja, für meinen eigenen Schweinehund, auch einen Kommentar dar lassen.
Ich sage es dir gleich Historik ist nicht meine Welt. Von daher wird es bei mir wohl nur Anregungen geben, wenn etwas, für mich, unschön klingt, ich hoffe das ist okay. Ach und ich habe die anderen Kommentare nicht gelesen, wenn sich also was doppeln sollte, tut es mir leid, dann ignorier das einfach :-D
So dann werde ich mal starten. :-)

denn vom Spielen müde Kinder schliefen besser ein und durch.
Ich glaube hier fehlt etwas.
aus dem Luftschutzkeller oder Bunker
ich bin kein Experte aber es ist jetzt das Zweite mal das du es so benennst. Ich kenne die beiden Worte aber nicht in unmittelbarer Abhängigkeit. Sagt man das wirklich so?
„Sofort wieder ins Bett und schlafen, euch passiert hier nichts", befahl eine Erzieherin. Die aufgewühlten Mädchen folgten nur zögernd, ein paar weinten.
Ich weiß nicht ob es die richtige Reaktion ist, sie in der Sitaution wieder ins Bett zu schicken und mal ehrlich, schlafen tut doch jetzt auch keiner mehr.
"Wer hat dir erlaubt, in einem fremden Bett zu schlafen? So geht das nicht! Aber sofort raus da, ab in dein Bett!", schimpfte eine Betreuerin, die plötzlich neben Liesels Bett stand.
"Ich hab‘ solche Angst", gestand Thea kleinlaut.
"Was? Das will ich nicht gehört haben. Reiß dich zusammen, Kind!"
naja vielleicht war das früher auch einfach so.
den das ununterbrochene Gebrumm der Flugzeugmotoren begleitete.
denn? ich würde an Ende noch ein sie setzten. Ich weiß das dein Satz so auch korrekt ist, aber ich findem, da fehlt was.
„Außerdem haben wir wertvollste Fracht dabei,
ich würde einfach wertvolle Fracht schreiben.
‚Von wegen Hafenanlagen zerstören und die U-Boot-Produktion auslöschen, so wie es laufend in der Presse stand‘, dachte Redcliff, ‚wenn die wüssten, dass wir ganze Stadtteile ausradieren.‘ Aber diesen ihn anwidernden Gedanken schob er beiseite, dafür war jetzt nicht der geringste Raum, um darüber nachzudenken.
genau den selben Satz hast du weiter oben schon geschrieben.
Mit brausender orkanartiger Geschwindigkeit
müsste zwischen brausend und orkanartig nicht ein Komma stehen?
erwiderte eine der Betreuerinnen, der die Kinder mit ihren prüfenden Blicken die rotgeweinten Augen angesehen hatten.
irgendwie finde ich den Satz komisch formuliert, da solltest du nochmal schauen. und müsste es nicht heißt: die den Kindern...

Liebe Lakita, entgegen meiner Annahme muss ich zu geben, dass mich dein Text doch irgendwann mitgenommen hat. Die Szene der Familie war mitfühlend und treffend beschrieben, ich hatte förmlich das Gefühl, mit ihnen über die Straße zu laufen. Kein schönes, eher beklemmendes Gefühl.
Dein Schreibstil finde ich sehr angenehm, man kann dir gut folgen und du hast einen schönen Rhythmus, ich glaube das war die erste Geschichte die ich von dir gelesen haben aber wahrscheinlich nicht die letzte.

Die stellen mit Thea und den Kindern hätte ich nicht zwingend gebraucht. Die bildeten jetzt zwar einen Rahmen aber haben mich irgendwie aus der düsteren Stimmung gerissen.
Vielleicht war das ja so beabsichtig, aber ich fand es dadurch schleppend am Anfang. Und das Ende hat mich dann wieder aus dieser angesapnnten Stimmung geholt, aber nicht im positiven sonder eher zum negativen. Ich finde du hast den Kinderheim part nicht so geschrieben das ich mitfühlen kann. Mhh ich weiß gerade nicht wie ich das ausdrücken soll.
Ich konnte besser mit der Mutter und den anderen mitfühlen als sie durch das brennende Hamburg gegangen sind, als mit den weinenden Kindern in ihren Betten. Aber vielleicht liegt das einfach an mir.

Wie dem auch sei. Als ich den Tag Historik gelesen habe dachte ich nur, naja was solls, gehört zur Challenge musste eben lesen und dann ist gut. Aber du hast es geschafft mich positiv zu überraschen und auf deine Reise durch Hamburg mit zu nehmen.

Gern gelesen.
Liebe Grüße
Shey :-)

 

ließ, dessen Klappverschlüsse aufschnappen.
Noch was: Komma weg ?.

Es könnte sein, dass du die Bemerkung missverstanden hast. Die Flammen, die bei diesen Flugzeugen aus dem Auspuff schießen, sind für die Nachtjäger, wenn sie ohne Radarortung fliegen mussten, das einzige Mittel, um den Gegner aufzuspüren, neben der Flakbeleuchtung, die teils wie eine Art Mauer an den Aussenkanten Deutschlands installiert worden war und neben vielleicht der Mondhelligkeit bei gutem Wetter.
Ja, nein, das hab ich schon richtig verstanden. Wenn der Prot denkt, die Auspuffe verraten ihre Position, dann könnte er das auch so sagen, gern sarkastisch, und nicht verklausuliert/eigensinnig. "Einladung" ist da suboptimal. Das würde nur passen bei unkonventionellen, überraschenden Angriffsmanövern wie an der Grenze zu Deutschland die Hosen runterzulassen und dem 3. Reich den blanken Arsch entgegen zu strecken -> "Einladung zur Vergewaltigung" könnte man da als Kritik eines solchen Manövers anbringen.
Und ich wollte auch noch deutlich machen, dass da nicht insgeasmt 7 Mann im Flugzeug sitzen und Däumchen drehen, sondern das es damals noch so war, dass alle Mann dringend gebraucht wurden.
Als ich nämlich bei meinen Recherchen las, dass neben Pilot und Co-Pilot, ein Funker, ein Navigator, ein Bordingenieur und 2 MG-Schützen dabei waren, habe ich mich gefragt, wieso die (bis auf die Schützen) alle erforderlich waren. Deswegen an dieser Stelle so ausführlich.
Auch hier: Nicht den Inhalt habe ich kritisiert, sondern den Stil. Du willst ja auch nicht, dass der Leser denkt, die fünf anderen sitzen da nur, um sich verquere Formulierungen auszudenken für das, was da passiert.
'An dieser Stelle kann ich dir gedanklich leider nicht folgen. Du schlägst tatsächlich vor, DAS ALLES zu streichen?
Das würde die Geschichte entstellen.
Irgendwo hab ich gelesen, dass eine Kurzgeschichte maximal zwei Schauplätze abdecken sollte. Du hast drei (Redcliff u. Co., Theas Famiie, Thea und Landheim), und wohl wahr, das ist gefühlt zu viel und wenn du dich bei der Arbeit an dem Text vielleicht stellenweise verzettelt haben solltest: Das könnte die Ursache gewesen sein. Und von alles streichen hab ich nichts gesagt. Für den Handlungsablauf ist meines Erachtens jedenfalls nur wichtig: Familie sucht Schutz vor den Bomben - wo ist Theas Vater, der wird ja später wichtig- wo ist Gott. Ersteres ist im Vergleich zu übergewichtig.

 

Moin, moin @lakita,

damit wir Sonntag auch schön was zum diskutieren haben, ist heute Deine Challenge-Geschichte dran. Ihrer Länge und meinem nicht sehr ordnungsliebenden Kopf geschuldet, gehe ich einfach der Reihenfolge nach die Zitate durch, ich hoffe Du verzeihst das Chaos.
Zusammenfassend schon mal vorweg, ich mag die Geschichte, habe aber wirklich einige Fragen. Der Rest ist natürlich wie immer ganz subjektiv ...

siebenjährige Thea im katholischen St. Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand. Ihre Eltern und Geschwister waren in Hamburg geblieben.
Ich hab es mit den ersten Sätzen und hier springe ich hin und her. Erst die Bomben auf HH, dann Thea auf Nordstrand, dann wieder die Eltern und Geschwister in HH. Wo spielt die Geschichte denn nun? Das klärt sich nachher, aber erstmal hab ich vor und zurück gelesen.

bereits rund 140 mal aus der Luft angegriffen worden.
Ich bin mir sicher, Du hast unglaublich viel Recherche-Arbeit geleistet An vielen Stellen finde ich die Details unglaublich gut, hier ist es mir zu präzise. Und das"rund" macht es so "mathematisch".

denn eigentlich sollte die Familie während dieser bedrohlichen Zeiten an einem Ort zusammen bleiben.
Reine Unwissenheit meinerseits, warum sind die anderen Geschwister, also zumindest die Schwester nicht auch weg?

. Den Kindern war verboten, in der Nordsee zu baden. Man hatte bereits im Vorwege den Eltern untersagt, Badeanzüge einzupacken. Und Thea durfte, wie alle anderen auch, noch nicht einmal mit den nackten Füßen im Meereswasser patschen.
sicherlich richtig recherchiert - aber warum war das so? Ich will hier keinen Info-Dump, aber das wären doch tolle Infos in den Gesprächen, dafür verzichte ich dann gerne auf ein paar technische Details.

Gegen 20 Uhr befanden sich alle zwölf Mädchen in ihrem Schlafsaal, es kehrte langsam Ruhe ein und die Betreuerinnen zogen sich in ihre Zimmer zurück.

Eine ganze Zeit später wachte das erste Mädchen davon auf, dass die Fensterscheiben klirrten und über dem Haus ein dumpfes Motorenbrummen zu hören war.

Der erste Satz ist kein technisches Detail, eher so ein Logbucheintrag. Ich kann mich einfach nicht entscheiden, ob Du diesen krassen Wechsel zwischen Tagebuch/Bericht und menschlichem Erleben mit Absicht gewählt hast oder ich die Struktur einfach nur nicht verstehe. Sorry, ich habe es nicht geschafft alle Komms im Auge zu behalten, wenn Du jetzt was doppelt erklären musst.
Den zweiten Teil finde ich um Längen beeindruckender und auch lesenswerter. Uff, vielleicht ist es aber auch einfach Geschmackssache?

, wuchs unter den Kindern aus der anfänglichen Unruhe schiere Angst.
hier will ich immer ein Wort einfügen - "erwuchs" oder "schiere Angst herauf", auch als Ellipse hakt es in meinen Ohren

„Das sind die Engländer, gleich werden sie Bomben auf uns werfen."
und mit diesem Satz hätte ich das davor nicht gebraucht, traue mir als Leserin doch etwas mehr zu

erlösende Entwarnungssignal ertönte und sie wieder aus dem Luftschutzkeller oder Bunker hinaus durften.
auch hier, die Erklärung des zweiten Satzteiles braucht man eigentlich nicht, noch sollte doch jeder den Ablauf schonmal gelesen haben (wenn auch zum Glück nicht erlebt)

Aber hier auf Nordstrand lauerte die Todesgefahr unmittelbar über ihren Köpfen, war durch die Vibration in den Füßen zu spüren, zum Greifen nahe, am Klirren der Fenster zu hören, das sich mit dem unaufhörlichen Brummen der Maschinen vermischte.
„Die fliegen alle nach Hamburg, macht euch keine Sorgen, die Flugzeuge wollen hier nichts bombardieren."
Das beruhigte die Mädchen nicht.
Auch wieder erst der allgemeine Ablauf, dann die persönliche Variation. Gefühlt ist es eine Wiederholung und ich werde zwischen den beiden Stilen hin und her gerissen. Darüber möchte ich Sonntag gerne mal Aug in Aug mit Dir reden. Interessante Schreibweise, ich kann Sie nur nicht verstehen.

Thea stieg zu Liesel ins Bett und beide Kinder drückten sich ganz dicht aneinander.
"Ich hab‘ solche Angst", sagte Thea.
"Ich auch", sagte Liesel.
Ja, das ist greifbar!

Bisher war er all den Angriffen der deutschen Nachtjäger und der Flakgeschütze lebend entkommen, weshalb er unter seinen Kameraden besonders geschätzt wurde.
Stutz! Wird er deshalb geschätzt? Dann müsste es meiner Meinung nach mit seinem fliegerischen Können begründet werden. Das "reine Entkommen" ist Glückssache - dafür würde er maximal beneidet vielleicht bewundert werden ...

rund eine Million Stanniolstreifen abgeworfen, um das deutsche Radar abzulenken.
ah, da sind sie wieder. Interessantes Detail, das mir neu war

hre Flakgeschütze mit blutjungen unerfahrenen Jugendlichen besetzt, meist noch Schülern",
ich mag Adjektive und gute Beschreibungen, aber das ist schon ziemlich dicke

„Das Bomber Command hat ja Befehl gegeben,
Kleinkram, aber braucht es das "ja"?

Unter uns Piloten waren ja schon eh eine Menge Sonderlinge, da ist unser MG-Schütze mit dem Köfferchen ja fast normal."
Feinschliffbedarf oder -option?

in den Wohngebieten Hamburgs abgeworfen werden.
Die Hamburger betitelten diese sehr langsam vom Himmel herabsinkenden beleuchteten Teile sarkastisch als „Tannenbäume", weil sie eine ähnliche Form hatten und wie beleuchtete Weihnachtsbäume aussahen. Es hieß, dass das Bomber Command die Einäscherung Hamburgs zum Ziel hatte.
Hier hätte ich gerne eine Hinweis, warum die Wohngebiete erklärtes Ziel waren ...

mit einer Servounterstützung ausgestattet waren.
gab es die echt schon?

„Wir haben unser Ziel gleich erreicht", sagte der Navigator.
ach, das kommt der Satz in meinem TomTom her?

„weite Teile Hamburgs sind hell erleuchtet. Es scheinen ganze Stadtteile zu brennen."
hier wäre meiner Meinung nach eine gute Einsatzmöglichkeit für das nette Wort "anscheinend", denn erleuchtet ist HH ja nicht wirklich

Das Bomber Command hatte die Einäscherung Hamburgs befohlen.
Den Satz hattest Du vor gar nicht so vielen Zeilen schon mal

‚Von wegen Hafenanlagen zerstören und die U-Boot-Produktion auslöschen, so wie es laufend in der Presse stand‘, dachte Redcliff, ‚wenn die Bürger wüssten, dass wir ganze Stadtteile ausradieren.‘
hier wäre sonst die zweite Option, den gedanken hinter dem Einsatz gegen die Zivielbevölkerung einzubringen

fast schon einschläfernden Stimme Onkel Baldrian genannte Nachrichtensprecher
nette Detail, ich will tatsächlich wissen, wie viel Recherche Du betrieben hast

dass für alle anderen Hausbewohner ein Durchkommen zum Luftschutzkeller lebensgefährlich geworden war.
wieder so ein Erklärsatz. Versteh mich nicht falsch, ich mag Tell, aber das sind so gefühlslastige Stellen und ich kriege sie nur als Info.davor sind die drei noch recht in Eile, aber unbehelligt in den Luftschutzraum, und mit einmal schaffen es die anderen nicht. Also hätte ich schon Einschläge, Rauch, Panik erwartet.

Die elfjährige Irma klammerte sich panisch an den Arm ihrer Mutter. Ihr war egal, dass sie gleich getadelt würde. Aber in dieser Nacht kam kein vernichtendes: "Beherrsch dich, du blamierst mich!" von ihrer Mutter. Irmas zwei Jahre älterer Bruder Günter blickte nur starr auf seine Schuhe, er hatte Ober- und Unterkiefer fest aufeinandergepresst, weil er sonst vor Panik mit den Zähnen geklappert hätte.
starke Stelle, auch wenn mir der Zugang zu der gefühlskalten Mutter völlig versperrt bleibt, sie ist einfach nie Thema

Das Kellerlicht fing an zu flackern, blieb dann aber stabil.
mir zu technisch

Maria hatte ihren Notkoffer fest an sich gepresst
ah, da ist er ja!

Nun stand die dreiköpfige Familie ratlos auf der Straße, hinter ihnen ihr brennendes Haus,
Überall beißender Brandgeruch, der den Atem nahm. Die Augen brannten vom Rauch. Die Lungen stachen. Wohin sollten sie nun?
auch wieder dieser gefühlte Wiederspruch, erster Satz ist wie ein Logeintrag und ich bin verwirrt, denn in meinem Kopffilm sind sie ja auf die brennende Straße hinaus gerettet worden, mit aller dazugehörigen Aufregung. Der zweite Teil reicht es dann nach, aber da habe ich ja meine KOpf schon geschüttelt.

Unerträgliche Hitze trieb sie zurück, Rauch, der sie zwang, die Augen zuzukneifen und am liebsten nie wieder zu öffnen. Mit brausender orkanartiger Geschwindigkeit peitschten Glutwinde über das Kopfsteinpflaster, zogen brennende Balken mit sich, wirbelten Latten und Dreck, Steine, Scherben auf, entzündeten stämmige, noch vor Stunden gesunde dicke Bäume.
hier bin ich mitten drin

„Meine Kaninchen auf dem Balkon", schluchzte das Mädchen, „ich hatte dort zwei weiße im Stall, die sind bestimmt verbrannt."
Und da weinte auch Irma, weil sie die Vorstellung, dass diese schutzlosen Kaninchen nun auf so grausame Weise umgekommen waren, unendlich traurig machte.
auch eine tolle Stelle, soweit man das bei dem Inhalt überhaupt sagen darf

An eine noch unzerstörte Mauer hatte jemand in großen Buchstaben mit Kreide geschrieben: „Wo war Gott?"
gab es das wirklich? Hart?

„Ganz Hamburg ist kaputt gemacht worden", platzte es aus einer der Frauen heraus, „alle sind tot."
oh man, die Lady von der Charitas sind aber echte Hexen. Hättest Du mir nicht eine nette gönne können?

„Das ist mein Papa", schrie sie und rannte so schnell den Deich herunter, dass sie am Saum angekommen ins Stolpern geriet. „Papa!", rief sie und flog in die Arme des Mannes, der sie hochhob und an sich drückte.
Na gut, der Schluss versöhnt mich. Ich mag heile Welt! Allerdings rein Inhaltsmäßig kommt es schon recht überraschend und ohne Hinführung. Lass uns drüber reden!

Also wirklich als Geschichte sehr gerne gelesen, viele Denkanstöße drin, viel Schreibtechnisches, was ich hinterfrage oder Dich noch mit löchern werde. Ich freue mich, das Du wieder aktiver im Wortkriegerland zurück bist
Beste Wünsche
witch

 

Hallo @lakita,

Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, war die siebenjährige Thea im katholischen St. Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand.
Den Einstieg finde ich gut gemacht. Du hattest vorher glaube ich auch bei dem Alter eine Zahl? Ich find das gut, das schafft so eine Distanz die im Gegensatz zu dem Inhalt steht.

Leider zieht sich dieser berichtende Stil weiter durch den Text.Und das wird mir dann zu viel.

Theas Mutter, eine Hitlergegnerin, die schon sehr früh über ihn sagte, dass dieser Mann nur Unheil bringen würde, hatte sich standhaft geweigert, ihre Kinder in die nationalsozialistischen Einrichtungen namens Kinderlandverschickung zu geben. Dort waren sie vor den Bomben sicherer, denn diese Heime befanden sich meist in Bayern und Tschechien, Landstriche in denen es praktisch keine Luftangriffe gab. Die kleine Thea hatte mit ihrer Familie schon oft in den Luftschutzkeller oder Bunker flüchten müssen, denn Hamburg war bereits rund 140 mal aus der Luft angegriffen worden.
Als die Caritas anbot, das Kind während der Ferien auf Nordstrand unterzubringen, gaben Theas Eltern nach heftigem Widerstreben am Ende nach, denn eigentlich sollte die Familie während dieser bedrohlichen Zeiten an einem Ort zusammen bleiben.
In diesem Abschnitt hast du drei Nebensätze mit denn. Das wirkt auf mich unnatürlich, etwas gestelzt, berichtend eben. So wie ich es in einem Schulbuch erwarten würde.

Auch als es um das Schwimmverbot geht, berichtest du nur. So langsam würde ich mir eine szenische Darstellung wünschen. Ich persönlich finde es ermüdend, wenn ich länger berichtende Passagen lese, und gerade am Anfang musst du den Leser ja erstmal in die Geschichte ziehen.

Eine ganze Zeit später wachte das erste Mädchen davon auf, dass die Fensterscheiben klirrten und über dem Haus ein dumpfes Motorenbrummen zu hören war.
Auch Thea wachte auf und sah ihre Freundin Liesel bibbernd am Fenster stehen.
Warum wacht nicht einfach Thea von dem Lärm auf?

Sie legte ihre kleine Hand auf das Fensterglas, damit es nicht mehr so stark vibrierte, aber das klirrende Geräusch hörte nicht auf, weil all die anderen Fensterscheiben zitterten, so sehr erschütterten die überfliegenden Bomber das Heim.
Ich wäre gerne näher bei Thea. Es geht doch nicht um die Scheiben. Es geht um sie, ihre Angst, die Vibrationen, die durch ihren Körper kriechen, ihr Tränen in die Augen treiben.

Das beruhigte die Mädchen nicht.
Es zieht sich durch den Text. Das ist mir einfach zu erzählen. Ich bau da keine Verbindung auf, fühle nicht mit.

"Wer hat dir erlaubt, in einem fremden Bett zu schlafen? So geht das nicht! Aber sofort raus da, ab in dein Bett!", schimpfte eine Betreuerin, die plötzlich neben Liesels Bett stand.
Warum sind die Betreuerinnen so arschig?

Bisher war er all den Angriffen der deutschen Nachtjäger und der Flakgeschütze lebend entkommen, weshalb er unter seinen Kameraden besonders geschätzt wurde.
Das finde ich einen merkwürdigen Satz. Natürlich lebt er noch, sonst würde er nicht mehr fliegen.

Und da er nicht zur reichen Oberschicht gehörte, sich also kein eigenes Flugzeug leisten konnte, war sein Dienst bei der Royal Airforce eine der wenigen Möglichkeiten, seiner Passion nachzugehen.
Wow, man muss das Fliegen sehr lieben, um dafür bereit zu sein, andere Menschen zu töten.

Das Bomber Command hat ja Befehl gegeben, dieses Mal nicht aufgelockert in breiter Gefechtsformation, sondern in eng zusammengefassten Wellen zu fliegen.
....
Wir müssen besonders auf die Wirbelschleppen achten, wenn die Maschine nämlich zu sehr durchgeschaukelt wird, könnten sich die Brandbomben verkeilen
Dieses Gespräch finde ich anstrengend. Das ist mir zu viel Info ohne Emotion, ohne Handlung.

Alle lachten.
Dieser kurze Satz stört mich immens und er zeigt genau das, was mich an der gesamten Geschichte stört. Ich habe keine richtige Szene vor Augen. Da fehlen die Details. Ich sehe Pappfiguren ihre Münder aufreißen und höre das Lachen einer Sitcom.

Ich höre hier mal auf. Ich denke, es bringt dir wenig, wenn ich mich andauernd wiederhole.

Ich lese ab und zu auch wirklich gerne historische Romane. Auch wenn dort viel über eine bestimmte Zeit vermittelt wird, stehen doch bestimmte Figuren und ihre Beziehungen im Fokus. Bei dir kommt es mir so vor, als wäre dir die Vermittlung von historischen Daten und Fakten wichtiger gewesen. Es gibt bestimmt Leute denen das gefällt, aber mir ist das zu trocken. Ich bräuchte mehr Show, mehr Szenen, bei denen ich näher an die Leute komme.

Hoffe, du findest in meinem kurzem Feedback doch etwas nützliches für dich. Ansonsten können wir ja morgen ausführlicher diskutieren. Ich freu mich! :)

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hallo @Shey ,


Ich sage es dir gleich Historik ist nicht meine Welt. Von daher wird es bei mir wohl nur Anregungen geben, wenn etwas, für mich, unschön klingt, ich hoffe das ist okay.
herzlichen Dank, dass du dich, obwohl es ja doch viel Text war und es nicht dein Thema war, durch die ganze Geschichte gearbeitet hast. Danke dafür.

ich bin kein Experte aber es ist jetzt das Zweite mal das du es so benennst. Ich kenne die beiden Worte aber nicht in unmittelbarer Abhängigkeit. Sagt man das wirklich so?
Deine Frage zu Luftschutzkeller und Bunker ist etwas seltsam, es könnte aber sein, dass du da etwas missverstehst. Der Luftschutzkeller war damals meist unter dem jeweiligen Wohnhaus befindlich, ein ganz normaler Keller, in welchem normalerweise die Leute ihren Kohlen- und Kartoffelvorrat, die Einmachgläser etc lagerten. Ein Teil dieser Keller wurde dann zum sog. Luftschutzkeller umfunktioniert, meist mehr schlecht als recht, er wurde also ein wenig mehr abgestützt und es wurde zum Keller des Nachbarhauses, so es denn eines gab, eine Art Durchbruch vorbereitet, damit man, falls man selbst eingeschlossen war, dorthin fliegen konnte und der Luftschutzkeller bekam eine Eisentür mit Verriegelung. Der Bunker war, es gab einige Bunker in Hamburg, ein spezielles Gebäude, in das mehrere Hundert Person passten und dessen Mauern meterdick waren, also bombensicher waren. Im Prinzip hatte der Hamburger die Wahl, ob er in den Luftschutzkeller ging oder in einen Bunker, wobei natürlich der Bunker ein Verlassen des Wohngebäudes mit sich brachte, man war also nicht in der Lage vielleicht selbst Löscharbeiten zu verrichten und man musste vor allen Dingen erstmal dorthin gelangen. Das waren eventuell auch mal 1-2 Kilometer zu laufen, was, wenn bereits Bomben runterkommen, tödlich enden konnte. Hoffe, habe deine Frage damit beantwortet.
Falls es überhaupt deine Frage war.

Ich weiß nicht ob es die richtige Reaktion ist, sie in der Sitaution wieder ins Bett zu schicken und mal ehrlich, schlafen tut doch jetzt auch keiner mehr.
Die Betreuerinnen waren einerseits selbst hilflos und früher hat man einfach viel härter durchgegriffen bei Kindern. Kinder hatten einfach zu gehorchen, es wurde nicht so viel Rücksicht auf Kindesinteressen genommen damals. Das will ich damit verdeutlichen.

naja vielleicht war das früher auch einfach so.
ja

ich würde einfach wertvolle Fracht schreiben.
Verstehe, was du meinst, ich muss mal drüber nachdenken, will eh mir die Pilotenszenen nochmals anschauen (nur wann? ich habe noch nicht mal alle Geschichte gelesen, geschweige denn kritisiert), ich wollte mit dem Wort "wertvollsten" auch so etwas Ironie reinbringen. Ob mir das gelungen ist, muss ich mir nochmals anschauen.

genau den selben Satz hast du weiter oben schon geschrieben.
Stimmt, hatte ihn vorgezogen dorthin und hier vergessen zu löschen, erledigt. Danke.

müsste zwischen brausend und orkanartig nicht ein Komma stehen?
Ich glaube, du hast Recht. Hol ich noch nach.
Ich finde du hast den Kinderheim part nicht so geschrieben das ich mitfühlen kann. Mhh ich weiß gerade nicht wie ich das ausdrücken soll.
Diese Kritik erhalte ich praktisch von jedem 2. Kritiker, ich werde diesen gesamten Teil nochmals überarbeiten und versuchen, ihn näher an den Leser zu bringen.
Insoweit ist es gut, dass du es auch nochmals erwähnst.

Dein Schreibstil finde ich sehr angenehm, man kann dir gut folgen und du hast einen schönen Rhythmus, ich glaube das war die erste Geschichte die ich von dir gelesen haben aber wahrscheinlich nicht die letzte.
Dankeschön für dein liebes Lob. Tut gut.

Aber du hast es geschafft mich positiv zu überraschen und auf deine Reise durch Hamburg mit zu nehmen.
Danke, das freut mich wirklich sehr.


Hallo @wörtherr,

lieben Dank, dass du nochmals antwortest, damit wir mehr Klarheit schaffen können.

Ja, nein, das hab ich schon richtig verstanden. Wenn der Prot denkt, die Auspuffe verraten ihre Position, dann könnte er das auch so sagen, gern sarkastisch, und nicht verklausuliert/eigensinnig. "Einladung" ist da suboptimal. Das würde nur passen bei unkonventionellen, überraschenden Angriffsmanövern wie an der Grenze zu Deutschland die Hosen runterzulassen und dem 3. Reich den blanken Arsch entgegen zu strecken -> "Einladung zur Vergewaltigung" könnte man da als Kritik eines solchen Manövers anbringen.
Ich verstehe, was du meinst. Ich möchte es gerne sarkastisch oder auch zynisch darstellen, denn die Piloten reden und denken ja als Profis und nicht als Erklärende. Ich wollte eh die gesamte Redcliffgeschichte nochmals genau daraufhin anschauen, wo ich noch was verändern kann, da werde ich mir auch deinen Hinweis nochmals durch den Kopf gehen lassen.

Auch hier: Nicht den Inhalt habe ich kritisiert, sondern den Stil. Du willst ja auch nicht, dass der Leser denkt, die fünf anderen sitzen da nur, um sich verquere Formulierungen auszudenken für das, was da passiert.
Ja, verstehe, siehe einen Absatz vorher.

Irgendwo hab ich gelesen, dass eine Kurzgeschichte maximal zwei Schauplätze abdecken sollte.
Ich kenne zwar diese Regel nicht, aber deswegen könnte es durchaus sein, dass es sie gibt. Ich glaube, das Wichtigste ist jedoch, dass sie noch verständlich bleibt. Da ist es dann, wenn sie es bleibt, egal, wieviele Schauplätze es gibt. Ich könnte mir auch eine Geschichte vorstellen, in der in einem Hochhaus jedes Stockwerk etwas zu erzählen hat, solange für den Leser eine erkennbare Klammer gegeben ist.
Danke nochmals für deine Mühe!


Hallo @greenwitch ,


Zusammenfassend schon mal vorweg, ich mag die Geschichte, habe aber wirklich einige Fragen.
So arg viel haben wir ja nun gar nicht über die Geschichte geredet beim Treffen, aber das lag eindeutig daran, dass wir spannendere Themen hatten. Fand ich jedenfalls.
Herzlichen Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast, meine Geschichte zu lesen, immerhin ist sie ja recht lang geraten.
Ich hatte eigentlich befürchtet, dass sie kaum einer lesen würde, gerade wegen der Länge.

Ich hab es mit den ersten Sätzen und hier springe ich hin und her. Erst die Bomben auf HH, dann Thea auf Nordstrand, dann wieder die Eltern und Geschwister in HH. Wo spielt die Geschichte denn nun? Das klärt sich nachher, aber erstmal hab ich vor und zurück gelesen.
Du befindest dich mit deiner kritischen Anmerkung durchaus in guter Gesellschaft, es gab hier bisher etliche, die es ebenfalls mir angekreidet haben und ich kann auch hier nur wiederholend sagen, dass ich vorhabe, die Szene mit Thea und überhaupt auf Nordstrand nochmals umzuschreiben, ich will es jedenfalls gerne versuchen und je mehr Tage ins Land ziehen, desto mehr Distanz gibt mir die Möglichkeit, selbstkritisch an den Text heran zu gehen.
Ich verstehe auch jeden Fall die Kritik. (was ja schon mal die halbe Miete ist).

Reine Unwissenheit meinerseits, warum sind die anderen Geschwister, also zumindest die Schwester nicht auch weg?
Die Caritas hatte nur die Lütten aufgenommen, Irma war 11. Thea 7. Und es hätte ja grundsätzlich die Möglichkeit gegeben, alle ! Kinder in die Kinderlandverschickung zu geben.

sicherlich richtig recherchiert - aber warum war das so? Ich will hier keinen Info-Dump, aber das wären doch tolle Infos in den Gesprächen, dafür verzichte ich dann gerne auf ein paar technische Details.
Stimmt, vielleicht sollte ich das bei der Überarbeitung einfügen, weshalb die Kinder nicht in der Nordsee baden durften. Das macht Sinn.

Der erste Satz ist kein technisches Detail, eher so ein Logbucheintrag.
Ich weiß, werde es überarbeiten.

hier will ich immer ein Wort einfügen - "erwuchs" oder "schiere Angst herauf", auch als Ellipse hakt es in meinen Ohren
Vermutlich wird bei meiner Überarbeitung es eh noch wieder ganz anders formuliert werden. (ich frage mich nur, wann ich das machen kann, weil ich ja noch viele Geschichten lesen und kommentieren möchte, so jedenfalls mein Challengeanspruch an mich selbst.)

und mit diesem Satz hätte ich das davor nicht gebraucht, traue mir als Leserin doch etwas mehr zu
Ja, werde ich kürzen. Ist eigentlich immer mein Reden, dass man dem Leser auch was zutrauen muss. Der ist ja kein Kleinkind. Werde die Erklärung, dass das die Engländer sind, streichen.
auch hier, die Erklärung des zweiten Satzteiles braucht man eigentlich nicht, noch sollte doch jeder den Ablauf schonmal gelesen haben (wenn auch zum Glück nicht erlebt)
Sehe ich auch so, dass der Leser von allein drauf kommt, wie es bei Entwarnung dann abläuft. Werde ich ändern.

Stutz! Wird er deshalb geschätzt? Dann müsste es meiner Meinung nach mit seinem fliegerischen Können begründet werden. Das "reine Entkommen" ist Glückssache - dafür würde er maximal beneidet vielleicht bewundert werden ...
Ich will an die Redcliffgeschichte auch nochmals ran, und natürlich bewundern ihn die Männer wegen seiner fliegerischen Leistungen, die ihn bisher haben überleben lassen, das muss deutlicher an dieser Stelle werden.

Hier hätte ich gerne eine Hinweis, warum die Wohngebiete erklärtes Ziel waren ...
Das kommt an sich später, aber ich werde mir das nochmals anschauen, was da geändert werden muss, um es klarer zu machen, weshalb es so war.

gab es die echt schon?
Ja, das Patent für die Servolenkung gab es schon deutlich früher, war aber halt noch längst nicht überall zur Erleichterung eingebaut.

hier wäre meiner Meinung nach eine gute Einsatzmöglichkeit für das nette Wort "anscheinend", denn erleuchtet ist HH ja nicht wirklich
Ja, da muss ich noch was verändern, denn es wird an dieser Stelle nicht deutlich, dass Hamburg durch die Flammen erleuchtet ist. Normalerweise waren alle deutschen Städte, aber auch bei den Briten war es so, absolut verdunkelt, also stockfinster. Man hat sehr akribisch darauf geachtet, dass die Fensterverdunkelungen kein Lichtlein herausließen.
In meinen Recherchen habe ich gelesen, dass auch so mancher Bomber Hamburg nicht gefunden hat und vorbei geflogen ist. Leider wurden aber die Bomben so oder so abgeworfen, es hat dann andere Gebiete getroffen und Menschen getötet.

Den Satz hattest Du vor gar nicht so vielen Zeilen schon mal
gelöscht, der sollte da nicht stehen bleiben.

wieder so ein Erklärsatz. Versteh mich nicht falsch, ich mag Tell, aber das sind so gefühlslastige Stellen und ich kriege sie nur als Info.davor sind die drei noch recht in Eile, aber unbehelligt in den Luftschutzraum, und mit einmal schaffen es die anderen nicht. Also hätte ich schon Einschläge, Rauch, Panik erwartet.
Ich habe mir überlegt, dass sich das die Insassen im Keller fragen werden, ich werde da noch ein Stückchen Dialog einfügen.

starke Stelle, auch wenn mir der Zugang zu der gefühlskalten Mutter völlig versperrt bleibt, sie ist einfach nie Thema
danke

mir zu technisch
ändere ich

auch wieder dieser gefühlte Wiederspruch, erster Satz ist wie ein Logeintrag und ich bin verwirrt, denn in meinem Kopffilm sind sie ja auf die brennende Straße hinaus gerettet worden, mit aller dazugehörigen Aufregung. Der zweite Teil reicht es dann nach, aber da habe ich ja meine KOpf schon geschüttelt.
Verstehe, ich werde mich dazu noch was überlegen.
Auf jeden Fall herzlichen Dank für deine Textarbeit und das Lesen und Kritisieren und Loben.


Hallo @Nichtgeburtstagskind,

auch dir lieben Dank, dass du wenigstens bis zu Hälfte der Geschichte durchgehalten hast, obwohl es dir von Anfang an nicht gefallen hat.

Den Einstieg finde ich gut gemacht. Du hattest vorher glaube ich auch bei dem Alter eine Zahl? Ich find das gut, das schafft so eine Distanz die im Gegensatz zu dem Inhalt steht.
Danke

Leider zieht sich dieser berichtende Stil weiter durch den Text.Und das wird mir dann zu viel.
Ja, das verstehe ich.
Das wird sich vermutlich nach einer Überarbeitung geändert haben. Hoffe ich.

In diesem Abschnitt hast du drei Nebensätze mit denn. Das wirkt auf mich unnatürlich, etwas gestelzt, berichtend eben. So wie ich es in einem Schulbuch erwarten würde.
Stimmt, da ich den gesamten Abschnitt vermutlich ändern werde, ich weiß es noch nicht so genau, was ich da mache, wird es vermutlich nicht mehr so dastehen, aber sollte es doch, werde ich diese Sätze ändern. Das dreifache "denn" ist schnell beseitigt.

Auch als es um das Schwimmverbot geht, berichtest du nur. So langsam würde ich mir eine szenische Darstellung wünschen. Ich persönlich finde es ermüdend, wenn ich länger berichtende Passagen lese, und gerade am Anfang musst du den Leser ja erstmal in die Geschichte ziehen.
Ja, verstehe ich, wird überarbeitet.

Warum wacht nicht einfach Thea von dem Lärm auf?
Ja, könnte ich vielleicht so abändern. Stimmt.

Ich wäre gerne näher bei Thea. Es geht doch nicht um die Scheiben. Es geht um sie, ihre Angst, die Vibrationen, die durch ihren Körper kriechen, ihr Tränen in die Augen treiben.
Verstehe.

Es zieht sich durch den Text. Das ist mir einfach zu erzählen. Ich bau da keine Verbindung auf, fühle nicht mit.
Verstehe.

Warum sind die Betreuerinnen so arschig?
Damals waren Betreuerinnen nicht so kindbezogen wie heute. Ich tue mich damit sehr schwer, das in der Geschichte zu erklären. Ich denke, es muss vielleicht anders dargestellt werden, dass es dem Leser eher gelingt, zu verstehen, dass sie damals so drauf waren. Dann kommen dazu keine Fragen oder Vorwürfe. Mal sehen, ob mir das so gelingt.
Schwierig, finde ich.

Das finde ich einen merkwürdigen Satz. Natürlich lebt er noch, sonst würde er nicht mehr fliegen.
Er lebt noch, weil er ein guter Pilot ist und fliegerisch in der Lage war, sich mehrere Male zu retten. Aber das werde ich noch besser darstellen. Ich lese da bei einigen der Leser, auch bei dir, so eine seltsame Abneigung heraus gegen Redcliff, die ich mir nicht so ganz erklären kann.

Dieses Gespräch finde ich anstrengend. Das ist mir zu viel Info ohne Emotion, ohne Handlung.
Piloten reden nicht gefühlsduselig, sondern in ihrer Fachsprache. An dieser Stelle sind Emotionen sehr kontra. ABER ich verstehe, dass ich es nicht geschafft habe, den Leser schon vorher ins Cockpit mitzunehmen, weil darin lebendige Wesen sitzen. Ich habe eh vor, nochmals über die Redcliff-Szene zu schauen, vielleicht gelingt es mir, ihn dem Leser näher zu bringen.

Ich sehe Pappfiguren ihre Münder aufreißen und höre das Lachen einer Sitcom.
Deine vernichtende Kritik ist angekommen.

Ich höre hier mal auf. Ich denke, es bringt dir wenig, wenn ich mich andauernd wiederhole.
Sehr schade.

Hoffe, du findest in meinem kurzem Feedback doch etwas nützliches für dich.
absolut

Auch dir danke, dass du trotzdem bis dahin gelesen und mir Feedback gegeben hast.


Liebe Grüße an euch alle

lakita

 

Hallo @lakita,

mir gefällt die Geschichte sehr gut, man erahnt die Arbeit, die Du Dir mit der Recherche gemacht hast. Den Anfang finde ich allerdings recht mühsam, doch je länger ich gelesen habe, desto mehr Gefallen habe ich an ihr gefunden, bis ich schlussendlich richtig mitfieberte.

Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, war die siebenjährige Thea im katholischen St. Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand. Ihre Eltern und Geschwister waren in Hamburg geblieben.

Puh, das sind mir zu viele zahlenlastige Infos in einem Satz, und dann ist es auch noch der erste. @Nichtgeburtstagskind lobt die daraus resultierende Distanz, die auf aber geradezu abschreckend wirkt. In zwei Sätzen spricht man hier außerdem von drei verschiedenen Schauplätzen (Aufbruch in England nach Hamburg, Nordstrand, Hamburg), das ist mir persönlich einfach zu viel. Es ist ein reiner Informationstext zur Geschichte, reiner tell.

Zudem verrät der Infotext auch schon zu viel, jedenfalls meiner Meinung nach. Lass die Leser doch zusammen mit den Protagonisten auf der Insel mitfiebern, ob sie die Insel angreifen oder etwa Hamburg.

Theas Mutter, eine Hitlergegnerin, die schon sehr früh über ihn sagte, dass dieser Mann nur Unheil bringen würde

Unnötig kompliziert.
Theas Mutter wusste schon sehr früh, dass Hitler nur Unheil bringen würde.

hatte sich standhaft geweigert, ihre Kinder in die nationalsozialistischen Einrichtungen namens Kinderlandverschickung zu geben. Dort waren sie vor den Bomben sicherer, denn diese Heime befanden sich meist in Bayern und Tschechien, Landstriche in denen es praktisch keine Luftangriffe gab. Die kleine Thea hatte mit ihrer Familie schon oft in den Luftschutzkeller oder Bunker flüchten müssen, denn Hamburg war bereits rund 140 mal aus der Luft angegriffen worden.
Als die Caritas anbot, das Kind während der Ferien auf Nordstrand unterzubringen, gaben Theas Eltern nach heftigem Widerstreben am Ende nach, denn eigentlich sollte die Familie während dieser bedrohlichen Zeit

Das ist mir zu beschreibend und auch zu chaotisch. Du schreibst, dass sich Thea auf der Insel befindet. Dann schreibst Du von der Kinderlandverschickung, gegen die sich die Mutter währte, und beschreibst sie kurz. Dann schreibst Du, dass sie da eben nicht ist, sondern sich im Rahmen der Caritas dort aufhält.

Mach es doch stringent und chronologisch, oder lasse diesen Infotext besser einfach weg. Diese Informationen kann man später problemlos in Dialoge oder Gedanken unterbringen. Der Leser erfährt somit ebensoviel, hat aber dabei das Gefühl, eine Geschichte zu lesen.

Auch am 27. Juli stieg das Thermometer auf 30 Grad.

Hier musste ich das Datum abgleichen, die Folge der Informationsüberflutung. Ja, ist noch derselbe, dann schreibe das besser so.

Sie legte ihre kleine Hand auf das Fensterglas, damit es nicht mehr so stark vibrierte, aber das klirrende Geräusch hörte nicht auf, weil all die anderen Fensterscheiben zitterten, so sehr erschütterten die überfliegenden Bomber das Heim.

Hier wird die Folge vor der Ursache erzählt. Lass das Fenster erst vibrieren und sie dann die Hand auflegen.

kannten das bange(,) endlose Warten

Vibration in den Füßen

In den Füßen vibriert nichts, sondern unter den Füßen.

dich zusammen, Kind!"

Es dauerte lange, bevor das letzte Mädchen endlich in einen unruhigen Schlaf fiel, den das ununterbrochene Gebrumm der Flugzeugmotoren begleitete.

Am 27.


Den Satz hättest Du auch mit den oberen Abschnitt verbinden können. Und warum so viele Leerzeilen? Eine reicht.

und seine sechs Mann Besatzung

sechs Mann starke Besatzung?

Bombe, makaber liebevoll „Cookie" genannt und an die 3000 Brandbomben.

Hier würde ich einen Tausenderpunkt setzen, das machst Du an anderen Stellen auch.

circa 3000

Hier auch.

aus 4000 Metern

Ebenso.

wegen seiner beruhigend, fast schon einschläfernden Stimme

beruhigenden

hatte: „ Achtung! Achtung! Sehr sehr! starke Anflüge auf Hamburg.

Leerzeichen nach dem Anführungsstrich, Ausrufezeichen im Satz.

befanden sich dort erst zwei weitere Personen.

"nur" statt "erst"

Wenn so einer, der eigentlich Atheist ist, jetzt betet, dachte Irma, dann sind wir hier verloren.

Eine Elfjährige in den 40er Jahren kennt und verwendet den Begriff "Atheist"? "der eigentlich nicht an Gott glaubt" wäre meine Wahl.

nicht aus der Hand gegeben(,) als sie in den Nachbarkeller durchrutschte.

„Meine Kaninchen auf dem Balkon", schluchzte das Mädchen, „ich hatte dort zwei weiße im Stall, die sind bestimmt verbrannt."

Sehr gute Stelle! Ich hätte bei dem Einstieg nicht damit gerechnet, dass es so emotional wird.

An eine noch unzerstörte Mauer hatte jemand in großen Buchstaben mit Kreide geschrieben: „Wo war Gott?"

Das kaufe ich nicht ganz ab, zwei Gründe:
- Es ist ja noch derselbe Tag, die Leute sind noch mitten im Geschehen. "Wo ist Gott?", müsste es daher lauten.
- Du lässt den Atheisten beten, diese Reaktion scheint mir glaubwürdiger als eine etwas platte Quasi-Gotteslästerung, wenn man den Glauben stärker denn je benötigt. Ich schlage einen etwas doppelbödigeren Text vor, "Lobet Gott für seine Taten!", oder derlei.

Das ist mein Papa", schrie sie und rannte so schnell den Deich herunter, dass sie am Saum angekommen ins Stolpern geriet. „Papa!", rief sie und flog in die Arme des Mannes, der sie hochhob und an sich drückte.

Schönes Ende und damit meine Lieblingsstelle in diesem Text!

Viele Grüße

Ephraim

 

Hallo @lakita,

ursprünglich war mein Plan, den Kommentar bereits gestern, verbunden mit einem Geburtstagsglückwunsch (Dezembergeburtstage finde ich sympathisch, allein, weil es mir selbst so geht) loszuschicken, aber, aber, Wind, Erkältung, Tohuwabohu... insofern im Nachhinein alles Gute!

Zum Text: ein relevantes Thema, eins, an das man erinnern darf, eins, das an das historische Gedächtnis anknüpft (auch neben der großen Schuld, dem Holocaust, den deutschen Bürokraten und Schäferhundsschrecken).
Ein alter Mann, mit dem ich vor lnager Zeit sprach, hat von der Bombennacht erzählt, die Frankfurt vernichtet hat. Er flüchtete sich mit seiner Familie in einer Bunker nahe des Römers. Als sie am nächsten Tag wieder rausgekrochen sind, gab es Frankfurt nicht mehr. So hat er das gesagt. Frankfurt war ausgelöscht. Heute sieht man die Fake-Fassaden und kann sich nicht vorstellen, was damals passiert ist.
Meine Großmutter berichtete nit zitternder Stimme von den Bomben, die auf Stuttgart fielen, dass Menschen auf dem Asphalt festgeklebt sind, so viel Hitze haben die Phosphorbomben verbreitet.
Ja, über die Bombennächte zu schreiben finde ich wichtig.

Der Text schafft es das historische Geschehen realistisch zu beschreiben, verpackt in das Schicksal einer Familie. Die Fliegerhandlung hätte es mMn gar nicht gebraucht - und die sehe ich aus mehreren Gründen auch kritisch (der Pilot, der sich so gar nicht für die Wirkung seines Tuns interessiert, der Kerl, der einen Koffer mit Whiskey und Havanna dabei hat - wann raucht der die Havanna, nach dem Abwurf der Bomben etwa? Wenn ja, wäre das eine lohnenswerte Szene gewesen). Die Struktur des Textes ist zwar bieder, mit viel Tell, recht einfachen Charakteren, einer schnell antizipierbaren Handlung angereichert, passt aber letztlich zu dem, was erzählt werden soll. Sprachlich und stilistisch klingt das Ganze souverän, ohne Hinglights in die eine oder andere Richtung.


Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, war die siebenjährige Thea im katholischen St. Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand. Ihre Eltern und Geschwister waren in Hamburg geblieben.
schon eine Menge Info-Dump

Man hatte bereits im Vorwege den Eltern untersagt, Badeanzüge einzupacken.
im Vorhinein?

Als die brummenden Geräusche der Flugzeuge nicht endeten, wuchs unter den Kindern aus der anfänglichen Unruhe schiere Angst.
hätte man drastischer schildern können

„Die fliegen alle nach Hamburg, macht euch keine Sorgen, die Flugzeuge wollen hier nichts bombardieren."
Das beruhigte die Mädchen nicht.
na ja, wie sollte die das auch beruhigen

"Ich hab‘ solche Angst", gestand Thea kleinlaut.
"Was? Das will ich nicht gehört haben. Reiß dich zusammen, Kind!"
die Stelle finde ich wiederum authentisch, kann ich mir gut vorstellen, dass 40er-Jahre-Denke so klingt

Für ihn waren die Einsätze bisher nur in fliegerischer Hinsicht spannend gewesen. Das Fliegen war seine Leidenschaft, nicht das Töten des Feindes.
Klar, würde jeder Kampfpilot womöglich so sagen, da erwarte ich aber von der Autorin die Innensicht, weil du das so weit weg, so berichtend schilderst, bleibt die Stelle für mich unglaubwürdig

„Wie beim letzten Mal werden erneut rund eine Million Stanniolstreifen abgeworfen, um das deutsche Radar abzulenken.
hast du das recherchiert? Interessantes Detail

In der Maschine war es stickig und eng. Um sich während des ohrenbetäubenden Lärms der Propeller überhaupt verständigen zu können, waren alle Besatzungsmitglieder mit Kopfhörern und Mikrophon ausgestattet.
auch die Stelle erzählst du von außen, besser wäre es mMn die Geräusche zu beschreiben.

Ein kräftezehrendes Unterfangen, weil weder Höhen- noch Seitenruder mit einer Servounterstützung ausgestattet waren.
auch hier ein Detail, an das ich gar nicht gedacht habe

„Unschwer auszumachen, da brennt schon so einiges", sagte Redcliff, „weite Teile Hamburgs sind hell erleuchtet. Es scheinen ganze Stadtteile zu brennen."
okay, und das schaut der sich ganz cool an, nee

um die Hansestadt in grauenhafte Zustände zu versetzen.
grauenhafte Zustände, mm, hört sich fast verniedlichend an

Mehr Hausbewohner erschienen nicht. Die Bombardierungen hatten mit einer derartigen Wucht begonnen, dass für alle anderen Hausbewohner ein Durchkommen zum Luftschutzkeller lebensgefährlich geworden war.
im Haus bleiben ist auch lebensgefährlich

Die Bombeneinschläge rückten immer näher. Immer wuchtiger zu hören, als krachte ein Riese mit gewaltigen Stiefeln in die Häuser und bewegte sich auf ihr Haus zu.
schönes Bild

vor ihnen auf der gegenüberliegenden Straßenseite das lichterloh in Flammen stehende Fotogeschäft, dass eine so immense Hitze ausstrahlte, dass man nicht stehen bleiben konnte. Ihnen bot sich ein furchtbares Bild.
hier hättest du auch näher rangehen, beschreiben können, was sie spüren

Vor Stunden hatten sie noch im 4. Stock eine gemütliche Wohnung besessen, jetzt war alles vernichtet und ihre Wünsche reduzierten sich einzig und allein auf einen Becher Wasser.
ja, die bittere Wahrheit

Obwohl herrlichstes Sonnenwetter war, blieb Hamburg an diesem Tag dunkel, eine gigantische Rauchwolke verdeckte die Sonne. Noch gegen Mittag benötigte man elektrisches Licht, um sehen zu können.
das Sonnenwetter, das sie ja gar nicht sehen können, würde ich streichen

An eine noch unzerstörte Mauer hatte jemand in großen Buchstaben mit Kreide geschrieben: „Wo war Gott?"
Gott hat sich wahrscheinlich die Havanna angezündet und geheult

Während auf Nordstrand der Tag einen klaren blauen Sommerhimmel hervorbrachte, war über Hamburg gleich einem Vulkan eine glutrote Haube mit einer sich darüber hochauftürmenden dunklen Wolkendecke zu sehen gewesen.
weiter oben lese ich fast dasselbe Bild

viele Adventsgrüße
Isegrims

 

Lieber @Ephraim Escher und
lieber @Isegrims ,

euch beiden herzlichen Dank für das Feedback und die Textarbeit, die ich, das schon mal als Vornewegfazit, in
fast jedem Punkt mit euch teile und auch vorhabe, daran zu arbeiten (nur wann in dieser Zeit?). Soweit ich also euch jeweils nicht im Detail etwas dazu geantwortet habe, könnt ihr davon ausgehen, dass ich an dem Hinweis arbeiten und es in der Geschichte ändern will.

@Ephraim Escher


Den Anfang finde ich allerdings recht mühsam, doch je länger ich gelesen habe, desto mehr Gefallen habe ich an ihr gefunden, bis ich schlussendlich richtig mitfieberte.
Der Anfang und der gesamte erste Teil mit Thea auf Nordstrand ist insgesamt nicht gut gelungen, hier werde ich noch gehörig daran arbeiten müssen und alles etwas näher dran formulieren.
Meine Grundbefürchtung, weshalb ich auch so viel Input aus der distanzierten Erzählperspektive geschrieben habe, war die, dass ich dachte, das Ganze wird dann viel zu lang und keiner mag es mehr lesen.
Im Grunde genommen ist es Stoff für einen ganzen Roman, aber genau den wollte ich nicht schreiben, einfach deswegen, weil ich glaube, der wird erst recht nicht gelesen. Wenn ich jemanden erreichen möchte, dann in Form einer Geschichte. So mein Ansatz.
Das rechtfertigt allerdings nicht völlig unliterarisches Handeln, also Schreiben.

Puh, das sind mir zu viele zahlenlastige Infos in einem Satz,
Verstehe und akzeptiert.

. Es ist ein reiner Informationstext zur Geschichte, reiner tell.
Ja, muss geändert werden.

Lass die Leser doch zusammen mit den Protagonisten auf der Insel mitfiebern, ob sie die Insel angreifen oder etwa Hamburg.
Das ist keine schlechte Idee, ich werde das erwägen.

nnötig kompliziert.
Theas Mutter wusste schon sehr früh, dass Hitler nur Unheil bringen würde.
Stimmt, wird aber eventuell noch ganz anders dargestellt werden. Mal sehen, was ich daraus mache.

Das ist mir zu beschreibend und auch zu chaotisch. Du schreibst, dass sich Thea auf der Insel befindet. Dann schreibst Du von der Kinderlandverschickung, gegen die sich die Mutter währte, und beschreibst sie kurz. Dann schreibst Du, dass sie da eben nicht ist, sondern sich im Rahmen der Caritas dort aufhält.

Mach es doch stringent und chronologisch, oder lasse diesen Infotext besser einfach weg. Diese Informationen kann man später problemlos in Dialoge oder Gedanken unterbringen. Der Leser erfährt somit ebensoviel, hat aber dabei das Gefühl, eine Geschichte zu lesen.

Naja, siehe oben, ich werde es ändern, aber bleibe bei meiner Sorge, dass es alles zu lang wird.

Hier wird die Folge vor der Ursache erzählt. Lass das Fenster erst vibrieren und sie dann die Hand auflegen.
wird geändert

In den Füßen vibriert nichts, sondern unter den Füßen.
Auch, wenn ich nicht so ganz deiner Meinung bin, aber klar, kann ich klarer formulieren.

Den Satz hättest Du auch mit den oberen Abschnitt verbinden können. Und warum so viele Leerzeilen? Eine reicht.
Wird korrigiert.

sechs Mann starke Besatzung?
Ja, hat mich bei meiner Recherche auch gewundert, ist aber so: Pilot, Co-Pilot, Navigator, Bordingenieur, Funker, zwei Bordschützen. Ich glaube mir, die hatten alle sehr viel zu tun im Flugzeug.

Hier würde ich einen Tausenderpunkt setzen, das machst Du an anderen Stellen auch.
Mach ich, auch bei den anderen.

Eine Elfjährige in den 40er Jahren kennt und verwendet den Begriff "Atheist"? "der eigentlich nicht an Gott glaubt" wäre meine Wahl.
Stimme dir z u, das werde ich ändern.

Das kaufe ich nicht ganz ab, zwei Gründe:
- Es ist ja noch derselbe Tag, die Leute sind noch mitten im Geschehen. "Wo ist Gott?", müsste es daher lauten.
- Du lässt den Atheisten beten, diese Reaktion scheint mir glaubwürdiger als eine etwas platte Quasi-Gotteslästerung, wenn man den Glauben stärker denn je benötigt. Ich schlage einen etwas doppelbödigeren Text vor, "Lobet Gott für seine Taten!", oder derlei.
Das war am nächsten Tag, da waren bereits alle, die ausgebombt waren auf der Flucht, also auf Quartierssuche, der Rest auf der Suche nach den Verwandten und ihnen nahestehenden Personen, ob die noch leben.
Es wurden damals jede Menge Infos mit Kreide an die noch heilen Mauerstücke der Häuser geschriebenm, um auf diese Weise den Verwandten mitzuteilen, wo man sich treffen und überhaupt wieder finden kann.
Post, Telefon gab es praktisch nicht mehr.

Auf jeden Fall möchte ich nicht versäumen, dir für deine akribische und hilfreiche Textarbeit zu danken.


Lieber @Isegrims .

ursprünglich war mein Plan, den Kommentar bereits gestern, verbunden mit einem Geburtstagsglückwunsch (Dezembergeburtstage finde ich sympathisch, allein, weil es mir selbst so geht) loszuschicken, aber, aber, Wind, Erkältung, Tohuwabohu... insofern im Nachhinein alles Gute!
Kein Stress, aber super nette Idee, dein Vorhaben. Dankeschön!

Zum Text: ein relevantes Thema, eins, an das man erinnern darf, eins, das an das historische Gedächtnis anknüpft (auch neben der großen Schuld, dem Holocaust, den deutschen Bürokraten und Schäferhundsschrecken).
Genau, das ist mein Ansatz. Ich möchte ein wenig gegen da Vergessen tun.

Heute sieht man die Fake-Fassaden und kann sich nicht vorstellen, was damals passiert ist.
Genau so sehe ich es auch. Ich bin mit dem Satz: "Nie wieder Krieg!" aufgewachsen. Die Generationen nach mir nicht (mehr). Es wird Zeit, dass dieser Satz wieder mehr Gewicht erhält.

Meine Großmutter berichtete nit zitternder Stimme von den Bomben, die auf Stuttgart fielen, dass Menschen auf dem Asphalt festgeklebt sind, so viel Hitze haben die Phosphorbomben verbreitet.
Das hab ich in den Zeitzeugenberichten auch gelesen. Dieses Phosphor war teuflisch. Es brannte quasi ohne Flamme, wie Säure einfach weiter und hat viele furchtbare Verletzungen hervorgerufen, weil es so tückisch war. Einer der Gründe, weshalb überall in den Häusern Eimer mit Sand standen, denn Phosphor ließ sich nicht mit Wasser löschen, nur mit Sand oder anderen Materialien ersticken.
Hamburg hatte damals nicht sehr asphaltierte Straßen, sonst wären wohl darauf noch mehr Menschen als es so schon der Fall war nur wegen der Phosphorbomben umgekommen.
Die Fliegerhandlung hätte es mMn gar nicht gebraucht - und die sehe ich aus mehreren Gründen auch kritisch
Das verstehe ich sehr gut. Ich bin manchmal im Zweifel, ob ich diesen Part der Bombardierung überhaupt drin lassen soll. Zumindestens, wenn der Teil bleibt, dann muss ich Redcliff und seiner Mannschaft noch ein anderes Gepräge geben.
An dem Koffer mit dem Whisky etc, haben sich einige Kritiker gestört, das könnte man natürlich auch weglassen, ohne dass es der Geschichte etwas nehmen würde. Aber es geht insgesamt darum, überhaupt der Flugzeugbesatzung noch ein differenzierteres gedankliches Verhalten zu erschreiben. Mal sehen, ob es mir gelingt.

Klar, würde jeder Kampfpilot womöglich so sagen, da erwarte ich aber von der Autorin die Innensicht, weil du das so weit weg, so berichtend schilderst, bleibt die Stelle für mich unglaubwürdig
Verstehe...siehe meinen Komm davor bitte.

hast du das recherchiert? Interessantes Detail
Hast du zufällig die Geschichte von @GoMusic , ich glaube seine letzte vor dem Challenge gelesen?Da greift er just diesen Punkt auf, bei ihm sind es Kinder, die damit spielen.
Ja, es gab auf beiden Seiten, bei den Briten diese Stanniolstreifen zur Ablenkung des Radars, die nannten es Windows, bei den Deutschen lagen dieselben Streifen auch schon bereit, die nannten es Düppel. Man hatte offensichtlich noch Vorbehalte gehabt, diese auf deutscher Seite in Großbritannien einzusetzen, weil es dann umgekehrt ebenfalls zu Einsatz gekommen wäre.
So waren es die Briten, die sich dieses Tricks erfolgreich bedienten.

im Haus bleiben ist auch lebensgefährlich
Absolut, aber der Weg von einem Haus zum anderen war bereits unter Bombardement, so dass die Bewohner wohl zwischen Pest und Cholera wählen mussten.

das Sonnenwetter, das sie ja gar nicht sehen können, würde ich streichen
Vielleicht muss ich es anders formulieren. Alle Zeitzeugen greifen dieses Phänomen als etwas noch nie Dagewesenes auf und berichten davon, dass Hamburg im Dunkeln lag, aber ein Stück weit aus der Stadt raus war strahlender Sonnenschein.

weiter oben lese ich fast dasselbe Bild
Nicht ganz dasselbe Bild. In der Stadt selbst war vor lauter Rauch und Asche, die in unbeschreiblicher Dichte umherflog keine rötliche Erleuchtung, es war alles graues Dunkel, kaum Sicht.

Auch dir ein herzliches Dankeschön fürs Lesen dieser doch recht langen Geschichte und dein konstruktives Feedback.

Liebe Grüße an euch beide
lakita

 

Das verstehe ich sehr gut. Ich bin manchmal im Zweifel, ob ich diesen Part der Bombardierung überhaupt drin lassen soll. Zumindestens, wenn der Teil bleibt, dann muss ich Redcliff und seiner Mannschaft noch ein anderes Gepräge geben.
ein kurzer Gedanke noch: wenn du der britischen Mannschaft etwas Tiefe geben möchtest, könntest du einen Dialog wiedergeben, der zeigt, dass sie in ihrer Pflichterfüllung gefangen sind, oder die Gedanken des Piloten für einen Augenblick schwanken lassen, zeigen, dass er einen Job erledigen, einen Befehl ausführen muss, dass er aber doch an seine eigene Familie, an die Bombardierung Londons zum Beispiel denkt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe lakita,
mir gefällt die Grundidee deiner Geschichte, die Angst der Kinder mit den Geschehnissen in Hamburg zu verknüpfen. Ja, ich könnte mich sogar mit der Parallelhandlung englischer Bomberpilot anfreunden. Aber ich hab ein Riesenproblem mit deiner Geschichte: Ich fühl mich total überfallen und überfrachtet von diesen unzähligen Infos und dem berichtenden Stil. Also all das, was deine anderen Kommentatoren so geschätzt haben, das missfällt mir gerade. Ich könnte auch sagen: Mir fehlt die Gewichtung deiner Geschichte. Oder anders ausgedrückt, ich habe hier das Gefühl, dein Schwerpunkt ist die gesamte historische Situation, nicht so sehr ein Charakter, ein bestimmter Konflikt in einem Menschen oder auch in mehreren. Sondern da wird über alles hinweggewischt, alles so ein bisschen übergangen. Wird sehr berichtend, zusammenfassend, tippt alles an, geht aber nicht in die Tiefe eines Konflikts.
Mir tut das leid, dass ich da so rigoros bin, ich würde dir gerne was anderes schreiben. Aber ist jetzt hier einfach mal so.
Mal im Einzelnen: Für mich ist gründliche Recherche und der Versuch, ein Thema möglichst gründlich zu erfassen eine Grundvoraussetzung vom Geschichtenschreiben. Und diese Grundvoraussetzung hast du perfekt erfüllt. Aber dann, nach der Recherche, geht es ja erst los. Ich denke mir, dann muss man doch total schauen und überlegen, was man braucht, um diese bestimmte Situation mit ihren Facetten zu erzählen. Man muss sich trauen, wegzulassen. Du hingegen wählst aus meiner Sicht nicht genügend aus. Traust dich nicht, radikaler zu sein, kritischer mit deinem Recherchewissen umzugehen und ich fürchte umgekehrt, dass dieses profunde Wissen nun dazu führt, dass du nicht mehr konzentrierst und fokussierst auf das, was du zeigen willst, dich eben nicht traust, ein bestimmtes Beispiel herauszugreifen, sondern alles alles alles erzählen willst.
Und dieses allumfassende übergenaue Berichten über diese Nacht macht dann deinen Stil in dieser Geschichte sehr berichtend. Etwas, was ich aus deinen sonstigen Geschichten gar nicht kenne.
Es gibt sogar ein paar Stellen, wo ich ein bisschen gejault habe, aber da mag auch Geschmack eine Rolle spielen.
Ach lakita, ich hab mich ganz schön rumgedrückt um einen Kommentar zu deiner Geschichte, wollte halt nichts Negatives schreiben, gerade bei dir. Aber dann fand ich mich auch ein bisschen feige und ich hoffe sowieso, du wirst mein Feedback einordnen können.

Ich geh mal ein paar Textstellen durch:

Wo war Gott?
Das war so eine Jaulstelle, klingt wie ein Konsaliktitel. Ja, was soll das höhere Wesen schon gemacht haben als zuzugucken? Es wird doch eh vor jeden Karren gespannt. Kriegsgegner berufen sich auf ihn. Kriegstreiber aller möglichen Religionen genauso, die lassen sich den Krieg absegnen. Ich will damit niemanden, der an Gott glaubt, ärgern, mir geht es darum, dass der Titel hier etwas Reißerisches hat. Wäre in der Geschichte ein religiös motivierter Konflikt installiert, könnte ich ihn nachvollziehen. So aber hat er was Melodramatisches.

Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, war die siebenjährige Thea im katholischen St. Franziskus Kinderheim auf der Halbinsel Nordstrand. Ihre Eltern und Geschwister waren in Hamburg geblieben.
Das ist für mich ein typisches Beispiel für diesen berichtenden Stil. Es ist reportagenartig. Du gehst nicht rein in die Szene, sondern fasst zusammen. Kann man natürlich so machen, gibt ja kein Gebot, wie man Geschichten anzufangen hat, aber klar ist natürlich auch, man hält den Leser auf Distanz. Und wenn das immer so weitergeht,ist es aus meiner Sicht ein beweis dafür, dass man eben nicht einen Konflikt ausgewählt und in ihn reingegangen ist.

Theas Mutter, eine Hitlergegnerin, die schon sehr früh über ihn sagte, dass dieser Mann nur Unheil bringen würde, hatte sich standhaft geweigert, ihre Kinder in die nationalsozialistischen Einrichtungen namens Kinderlandverschickung zu geben.
Dort waren sie vor den Bomben sicherer, denn diese Heime befanden sich meist in Bayern und Tschechien, Landstriche in denen es praktisch keine Luftangriffe gab. Die kleine Thea hatte mit ihrer Familie schon oft in den Luftschutzkeller oder Bunker flüchten müssen, denn Hamburg war bereits rund 140 mal aus der Luft angegriffen worden.
Als die Caritas anbot, das Kind während der Ferien auf Nordstrand unterzubringen, gaben Theas Eltern nach heftigem Widerstreben am Ende nach, denn eigentlich sollte die Familie während dieser bedrohlichen Zeiten an einem Ort zusammen bleiben.
Das ist ein Beispiel dafür, wo ich mich frage, was das soll. Falsch ausgedrückt. Wo ich mir wahnsinnig sicher bin, dass du die Geschichte hier nur aufblähst durch dein Wissen und die Angst, du könntest missverstanden werden oder etwas vergessen haben. Du brauchst das weder für die Flucht der Familie in Hamburg, noch für die kleinen Mädchen im Heim, noch für den Bomberpiloten. Das ist totales Hintergrundwissen, Rechercheableger, die du dir innerhalb der Geschichte völlig sparen kannst.

Sie legte ihre kleine Hand auf das Fensterglas, damit es nicht mehr so stark vibrierte, aber das klirrende Geräusch hörte nicht auf, weil all die anderen Fensterscheiben zitterten, so sehr erschütterten die überfliegenden Bomber das Heim.
Naja, die "kleine" Hand geht mir grad auch ein bisschen zu sehr Richtung Melodrama, da fühl ich mich ein bisschen manipuliert, und ich merks auch noch. :D Aber das kannst du ruhig unter das Kapitel nörgeliges Novak ablegen. Sonst gefällt mir das hier. Da bin ich bei den Kindern und ihren Wahrnehmungen.

"Wer hat dir erlaubt, in einem fremden Bett zu schlafen? So geht das nicht! Aber sofort raus da, ab in dein Bett!", schimpfte eine Betreuerin, die plötzlich neben Liesels Bett stand.
"Ich hab‘ solche Angst", gestand Thea kleinlaut.
"Was? Das will ich nicht gehört haben. Reiß dich zusammen, Kind!"
Diese Stelle hat mich beeindruckt, weil die so hart sind, diese Betreuerinnen. Ja, selbst, wenn ihnen der Arsch auf Grundeis geht, die Kinderheimdamen waren echt harter Stoff. Das war übrigens auch nach dem 2. Weltkrieg noch so. kann ich aus eigeneer Erfahrung erzählen. Heute ist das anders. Boahh, die waren damals drauf. War halt eine Erziehung: Gelobt sei, was hart macht. Bettnässende Kinder hat man so zu erziehen versucht, dass man die verunreinigten Laken beim Mittagessen oder Frühstück allen Kindern zeigte. Das war 1965 oder 1966.

Er war viel mehr enthusiastischer Pilot als Patriot. Für ihn waren die Einsätze bisher nur in fliegerischer Hinsicht spannend gewesen. Das Fliegen war seine Leidenschaft, nicht das Töten des Feindes. Und da er nicht zur reichen Oberschicht gehörte, sich also kein eigenes Flugzeug leisten konnte, war sein Dienst bei der Royal Airforce eine der wenigen Möglichkeiten, seiner Passion nachzugehen.
Du sparst dir die Charakterisierung des Mannes. Das klingt, als wäre der mal eben aus sportlichen Gründen zur RAF gegangen. Eigentlich ein Guter. Der will doch nichts Böses, wollte nur bisschen fliegen. Dass es in der Realität auch solche Piloten gegeben haben mag, will ich gar nicht abstreiten. Aber wenn wir Geschichten schreiben, dann benutzen wir doch die Realität, wir ordnen ihr uns doch nicht unter. Wir inszenieren die Realität doch ganz bewusst als bestimmte Fiktion. Irgendein echter Charakter ist doch Ausgangspunkt, um meinen Geschichtenfinger auf bestimmte Stellen zu legen, um etwas zu zeigen, was mir wichtig ist Wir wollen doch was mit den Geschichten. Hier, wenn man den Mann schon so zusammenfasst, was macht denn das mit ihm, wenn die Flüge gar nicht seinen sportlichen Ambitionen diesen, sondern dazu, Städte und Menschen auszuradieren? Das ist doch ein Konflikt. Gut, dieser Konflikt hätte nicht in deiner Geschichte gepasst. Aber ein anderer sehr wohl, der, dass Feuerstürme hüben wie drüben von oben angeordnete Strategien sind, und die Exekutoren, die Piloten, in aller Regel überzeugt von der Richtigkeit ihres Tuns und möglicherweise selbst Leidtragende der Angriffe auf ihre Städte. Oder im bewusstsein der Unrechtmäßigkeit der Nazis und der bevölkerung gleich mit. Ich will darauf raus, dass alle Menschen Opfer sind der politischen Entscheidungen ihrer Regierenden. Die auf der einen Seite der Grenze und die auf der anderen auch. Dass die Angriffe und Bombardements diverser Städte in Zusammenarbeit von RAF und US-Luftwaffe gezielte und geplante Zerstörungen waren, mit dem Zweck, den Willen der Bevölkerung zu brechen, das ist bei dir so ein Nebenprodukt. Du zeigst es dann zwar später. Aber den Piloten so zu zeichnen, als würde er das nicht wissen oder als wäre er von der Richtigkeit seines Tuns nicht überzeugt, das wirkt so unentschieden. Britische Städte waren doch auch von heftigen Luftangriffen betroffen, so dass mit Sicherheit britische Piloten von der Richtigkeit ihres Tuns überzeugt waren. Es würde die Geschichte vermutlich länger machen, aber ich hätte es hier für eine ganz wunderbare Gelegenheit gehalten, dieses jeweilige Bewusstsein von Rechtmäßigkeit der eigenen kriegerischen Handlung und der Richtigkeit des jeweiligen Feindbildes miteinander verfeindeter Nationen mal gegeneinanderzusetzen. In ihrer Wirkung auf die jeweilige Bevölkerung. Es wäre für mich tragischer und ernsthafter gewesen, dieser Bomberpilot wäre ebenso betroffen gewesen von Verlust bzw. von der Gerechtigkeit seines Handelns. Es wäre für mich die Mglichkeit einer Antikriegsgeschichte gewesen, zu zeigen, dass jedes Volk von seinen Regenten aufgewiegelt wurde/wird. Und jeder glaubt, er hat Recht.

„Siehst du den kleinen Lederkoffer, den er neben sich stehen hat? Den soll er angeblich immer bei sich haben. Soll die teuerste Flasche Whisky drin sein und eine Havanna und sonst nichts."
Ja, also der Koffer ist auch nur drin, weil das Thema so heißt. Gibs zu! :p

Die Flucht dann in Hamburg vor den Flammen fand ich sehr spannend geschrieben. Das Happyend hat mich gefreut.

Ja, so viel zu deiner Geschichte.
Viele Grüße von Novak

 

Liebe @Novak,

herzlichen Dank für dein warmherziges Feedback, ich verstehe deine Bauchschmerzen sehr gut, du bist übrigens absolut nicht die einzige, die dieses Kritik übt, da gibt es mehrere und ich kann euch alle sehr gut verstehen.
Du hättest also gar nicht so vorsichtig in deiner Kritik sein müssen.
Den Anfangssatz werde ich vermutlich so stehen lassen, weil er sofort ins das richtige Geschehen reinzieht und innerhalb eines Satzes klar wird, wo, was, wer und wann. Ja, der Satz ist sehr berichtend und nicht literarisch aber ich verfolge mit dieser Geschichte im Grunde genommen etwas Unmögliches, ich möchte einerseits ein wichtiges Stück Historie aufzeigen, um dem Vergessen vorzubeugen, andererseits möchte ich eine Geschichte erzählen, aber mit dem Anspruch, dass der Leser danach für sich resümiert, wie grausam Krieg damals gewesen ist und wie wichtig es ist, heutzutage jede Form von Krieg zu vermeiden.
Das soll alles mit dieser Geschichte erreicht werden und das bedeutet, dass immer irgendetwas auf der Strecke bleiben wird.
Berichte ich zu viel Historisches, geht die Geschichte verloren, gehe ich zu sehr ins Literarische laufe ich Gefahr, dass dies als spannende Geschichte nur einen gewissen Unterhaltswert erzielt.
Und was mich auch veranlasst hat, den Fehler zu begehen, die Figuren teils sehr schnitmustermäßig oder gar gar nicht zu zeichnen, war meine Furcht davor, dass diese Geschichte viel zu lang werden würde und sie am Ende dann auch keiner mehr liest.
Das nur zur Erklärung, weshalb es dort so steht, aber nicht als Entschuldigung, denn ich werde und muss einiges ändern.

Gleich nach dem Anfangssatz werde ich das Nachfolgende versuchen in eine lebendigere Handlung einzubauen, denn mir war wichtig, aufzuzeigen, was es für die Kinder bedeutete, wenn die Eltern Hitlergegner waren. Sie nämlich wurden dann eben nicht in die sog. Kinderlandverschickung gegeben, sie waren dann eben nicht vor den Bomben sicher untergebracht, sondern sie lebten dann wie ihre Eltern mittendrin in der täglichen Gefahr.
Aber ich will auch aufzeigen,was es für die Kinder bedeutete, wenn sie wie Thea in einer anderen Einrichtung untergebracht waren. Die Kälte, die damals durch das unbedingte Einfordern von Gehorsam und Disziplin zwischen den Betreuerinnen und den Kindern existierte war mir ebenfalls wichtig zu dokumentieren. Die Kinder wurden nicht getröstet, ihre Ängste wurden nicht gemildert, sondern sie wurden allein gelassen und in das Korsett gehorsam sein zu müssen, gepresst.

Redcliff ist von vielen als zu wenig Figur bemängelt worden und ich hoffe, dass es mir gelingt, ihn gleichsam, so wie du es beschrieben hast, darzustellen, als einer, der natürlich nicht von Grund auf böse oder von Grund auf ein Ignorant ist, sondern der zerissen ist wie alle es damals vermutlich waren. Diese Mischung aus, das sind die Feinde und wenn wir sie nicht töten, töten sie uns und eigentlich kann man aber doch nicht ganze Städte in Schutt und Asche legen, das sind doch auch nur so schlichte Leute wie du und ich und dieser Wut, die Nazis haben uns angegriffen, Leute, die man kannte, getötet und bedrohen uns ununterbrochen, das alles fortsetzen zuwollen, dagegen muss man sich wehren und dem Bewusstsein, du musst jetzt machen, was befohlen wurde, sonst kommst du vors Kriegsgericht wegen Befehlsveweigerung. Vielleicht gelingt mir ja,Redcliff mehr Leben einzuhauchen.
Ja, den Koffer kann ich beim Bordschützen weglassen.
Vielleicht haben sie ein Maskottchen, einen Hund dabei. Mal sehen.

Und die Sache mit "wo war Gott", ja sie ist irgendwie etwas, wo ich für mich selbst sagen würde, dass sich mir diese Fragen gar nicht stellen würden, weil ich an keinen Gott glaube. Es fällt mir daher schwer, das insoweit vehement zu verteidigen. Ich hatte bei einem der Zeitzeugenberichte gelesen, dass es wo mit Kreide an einer Wand stand. Ich denke fast, ich werde es komplett streichen, es bedarf dieser Pathetik eigentlich nicht.
Aber dann habe ich sofort das Problem, dass ich einen neuen Titel suchen muss.

In Anlehnung an eine Aussage, die Friedrichard gemacht hat, könnte ich mir vorstellen, die Geschichte:

Über ihnen die Hölle
Und überall die Hölle
Überall die Hölle
Und über uns die Hölle

Da bin ich noch ganz offen.

Auf jeden Fall danke ich dir herzlich für dein konstruktives Feedback.

Lieben Gruß
lakita

 

Liebe lakita,

Als am 27. Juli 1943 über 700 britische Flugzeuge aufbrachen, um mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben auf Hamburg abzuwerfen, ...
100.000, das muss man sich mal vorstellen! Auf Hamburg. Wahnsinn. Aber das ist krieg ja immer.

Auch am 27. Juli stieg das Thermometer auf 30 Grad. Den Kindern war verboten, in der Nordsee zu baden. Man hatte bereits im Vorwege den Eltern untersagt, Badeanzüge einzupacken. Und Thea durfte, wie alle anderen auch, noch nicht einmal mit den nackten Füßen im Meereswasser patschen.
Hart.

Gegen 20 Uhr befanden sich alle zwölf Mädchen in ihrem Schlafsaal, es kehrte langsam Ruhe ein und die Betreuerinnen zogen sich in ihre Zimmer zurück.
Bis ungefähr hier habe ich gebraucht, um mich auf deinen Erzähler einzulassen. Da kann man mal sehen, wie sehr Lesegewohnheiten prägen. Aber ja, gern auch mal anders.

Thea stieg zu Liesel ins Bett und beide Kinder drückten sich ganz dicht aneinander.
"Ich hab‘ solche Angst", sagte Thea.
"Ich auch", sagte Liesel.
"Wer hat dir erlaubt, in einem fremden Bett zu schlafen? So geht das nicht! Aber sofort raus da, ab in dein Bett!", schimpfte eine Betreuerin, die plötzlich neben Liesels Bett stand.
"Ich hab‘ solche Angst", gestand Thea kleinlaut.
"Was? Das will ich nicht gehört haben. Reiß dich zusammen, Kind!"
In Punkto Erziehung waren das auch gruselige Zeiten.

„Siehst du den kleinen Lederkoffer, den er neben sich stehen hat? Den soll er angeblich immer bei sich haben. Soll die teuerste Flasche Whisky drin sein und eine Havanna und sonst nichts."
„Verstehe", Redcliff grinste wissend, „so einer ist er also. Unter uns Piloten waren ja schon eh eine Menge Sonderlinge, da ist unser MG-Schütze mit dem Köfferchen ja fast normal."
Nice.

Eine Bombe benötigt circa eine halbe Minute, ehe sie aus 4000 Metern kommend auf dem Grund aufschlägt. In einer parabelförmigen Kurve wirbelt sie herab, wird vom Luftwiderstand gebremst, ...
Ich bin die ganze Zeit erstaunt, was Du alles recherchiert hast. Also, ich geh mal davon aus, dass die ganzen Daten in der Geschichte auch stimmen.

Aber diesen ihn anwidernden Gedanken schob er beiseite, dafür war jetzt nicht der geringste Raum, um darüber nachzudenken. Sie befanden sich auf dem Rückflug, der genauso gefährlich war wie der Hinflug.
Schade eigentlich. Ich fand es gut, dass Du auch auf die andere Seite schaust, auch dort die Menschen zeigst. Wenn man nicht in gut und böse unterscheiden kann, wird »Krieg« gleich noch hirnrissiger. Aber das menschliche, die Zweifel, die Wut, die Angst, die Fragen die man sich da oben so stellt - was da eben alles so mitfliegt, das kommt ja recht kurz. Mir hätte ein umgekehrtes Verhältnis von Technik vs. Mensch besser gefallen. Aber Technik ist jetzt auch viel weniger meins, vielleicht haben da andere Leser mehr Freude dran.

Der achtzehnjährige Sohn Paul hatte Luftschutzdienst, was bedeutete, dass er draußen blieb, um etwaige Brände im Haus zu löschen.
Wow, der ist noch in Hamburg. Aber eigentlich egal, wo den Müttern die Söhne genommen werden. Zu Hause, an der Front ... alles nur furchtbar.

Rasend wildes Flakfeuer, dieses unaufhörliche Taktaktaktak, das Heulen fallender Sprengbomben, das Krachen und Splittern, das Bersten und Poltern, das Knallen und Scharren und unheimliches Pfeifen und dazwischen das nicht enden wollende tiefe Brummen der Bomber. Über ihnen war die Hölle.
Von solchen sprachlichen Spielereien hätte ich gern noch paar mehr gehabt.

An eine noch unzerstörte Mauer hatte jemand in großen Buchstaben mit Kreide geschrieben: „Wo war Gott?"
Da musste ich kurz schmunzeln, gab es doch auch das Challengethema: An der Mauer stand mit Kreide - und kurz dachte ich, wenn ich damals mit einer solchen Geschichte angefangen hätte, wäre ich heute auch damit fertig :).

Während auf Nordstrand der Tag einen klaren blauen Sommerhimmel hervorbrachte, war über Hamburg gleich einem Vulkan eine glutrote Haube mit einer sich darüber hochauftürmenden dunklen Wolkendecke zu sehen gewesen.
Das muss wirklich ein sehr gewaltiges Bild gewesen sein.

Liesel blieb stumm, sie wusste keinen Rat, sie plagten dieselben Fragen.
„Zeigst du mir nochmal deine kleine Puppe, die dir dein Papa geschenkt hat?", fragte sie ...
Echt jetzt, sie denkt in diesem Moment an eine Puppe? Das fand ich jetzt wirklich schräg.

„Was macht ihr beide da?", fragte eine Betreuerin, „das Bett ist nicht zum Spielen da, pack deinen Koffer sofort weg, Thea! Und beeilt euch, es ist Zeit für unseren Nachmittagsspaziergang."
Boah! Diese Betreuerinnen. Aber so war das mal.

„Das ist mein Papa", schrie sie und rannte so schnell den Deich herunter, dass sie am Saum angekommen ins Stolpern geriet. „Papa!", rief sie und flog in die Arme des Mannes, der sie hochhob und an sich drückte.
Na, das ist ja mal gut ausgegangen für die kleine Familie. bis auf den Brandschutzbruder, von dem wissen wir ja bisher noch nichts.

Ja, danke für die Geschichtsstunde. Ich verstehe, warum Du dich hier als Autorin stark zurückgenommen hast, warum Du so sehr auf Fakten setzt, aber ganz ehrlich, bisschen mehr lakita-Sprachspiele hätte ich mir gewünscht. Aber man kann nicht alles haben und ich bin nur einmal mehr froh, mein Leben im hier und jetzt leben zu dürfen.

Vielen Dank für deine Geschichte. Und den Krieg, den hat nicht Gott gemacht, sondern die Menschen. Viele Kriege sind von Menschen gemacht, die an Götter glauben.
Jetzt muss ich dringend ein Gegenprogramm starten. Ich bekomme die Bilder immer so schlecht wieder los.

Beste Grüße, Fliege

 

Liebe @Fliege ,

herzlichen Dank für dein wohlwollendes Feedback und ich bin froh, dass du die Geschichte in genau dem Licht siehst, in die ich sie stellen wollte. Da atme ich direkt ein wenig auf. Es waren auch schon einige unter den Kritikern, die meine Ansätze erkannten, aber je mehr desto besser natürlich.

Ich habe, dies vorweg, an mehreren Stellen etwas verändert. Zunächst einmal wird der Titel geändert in "Und überall die Hölle"
Ich habe auch schon Novak angeschrieben, aber falls du es früher lesen solltest als sie, bitte ich dich, den Titel zu verändern.
Lieben Dank!
Ich habe nämlich genau die Passage auch gestrichen, die auf den Titel hinweist, weil es mir doch zu pathetisch vorkam und ich fühle mich deutlich wohler als Nichtgläubige, nicht auch so etwas dann auch noch in einer Geschichte verwenden zu müssen.
Das ist so ein wenig "kill your Darlings", mit der Zeit kann man erkennen, dass nicht jeder Darling auch wirklich einer ist.

Den Anfang bis auf den Anfangssatz habe ich umgeschrieben, hoffentlich ist er eingängiger geworden. Und ich habe versucht, Redcliff mehr Gesicht zu geben.
Aber der Reihe nach:

100.000, das muss man sich mal vorstellen! Auf Hamburg. Wahnsinn. Aber das ist krieg ja immer.
Mich hat bei meinen Recherchen genau diese unglaubliche Menge auch total erschreckt, genau das wollte ich erreichen beim Leser. Dass er genau erstaunt ist, wieviel das war.

Bis ungefähr hier habe ich gebraucht, um mich auf deinen Erzähler einzulassen. Da kann man mal sehen, wie sehr Lesegewohnheiten prägen. Aber ja, gern auch mal anders.
Wie schon gesagt, ich habe versucht, den Anfang etwas weniger von aussen kommend umzuschreiben, aber natürlich bleibt ein ganzer Teil tell und nicht show. Sicherlich kann man alles in den show-Modus bringen, aber dann ist das hier keine Geschichte mehr, sondern ein Roman.

In Punkto Erziehung waren das auch gruselige Zeiten.
Aus unserer Sicht war es so, ja und ich garantiere dir, die Generationen nach uns denken dasselbe von uns under Erziehung, die wir erlitten haben. Das ist wohl Gesetz.
Aber man hat schon damals wirklich ganz viele Dinge ganz anders betrachtet und viel weniger kindgerecht gehandelt als heute.
Ich bin die ganze Zeit erstaunt, was Du alles recherchiert hast. Also, ich geh mal davon aus, dass die ganzen Daten in der Geschichte auch stimmen.
Stimmt, ich habe wirklich viel recherchiert, und ja, alle Daten stimmen, da bin ich pingelig.

Schade eigentlich. Ich fand es gut, dass Du auch auf die andere Seite schaust, auch dort die Menschen zeigst. Wenn man nicht in gut und böse unterscheiden kann, wird »Krieg« gleich noch hirnrissiger. Aber das menschliche, die Zweifel, die Wut, die Angst, die Fragen die man sich da oben so stellt - was da eben alles so mitfliegt, das kommt ja recht kurz. Mir hätte ein umgekehrtes Verhältnis von Technik vs. Mensch besser gefallen. Aber Technik ist jetzt auch viel weniger meins, vielleicht haben da andere Leser mehr Freude dran.
Ich hoffe, ich habe Redcliff lebendiger gemacht. Vielleicht reicht es noch nicht, mal sehen.

Wow, der ist noch in Hamburg. Aber eigentlich egal, wo den Müttern die Söhne genommen werden. Zu Hause, an der Front ... alles nur furchtbar.
Mein Onkel Paul wurde tatsächlich dann noch eine Woche später eingezogen, weil er in dem passenden Alter war und man jeden einzog. So makaber alles. Ich habe aber, auch wenn mich meine Familie vermutlich dafür angreifen wird, Paul ganz aus der Geschichte gestrichen. Man soll Fäden,die man angefangen hat, auch weiter spinnen und genau das tue ich aus Plot- und vor allen Dingen Zeitgründen hier nicht.

Da musste ich kurz schmunzeln, gab es doch auch das Challengethema: An der Mauer stand mit Kreide - und kurz dachte ich, wenn ich damals mit einer solchen Geschichte angefangen hätte, wäre ich heute auch damit fertig :).
Wie schon oben erwähnt, komplett gestrichen.

Echt jetzt, sie denkt in diesem Moment an eine Puppe? Das fand ich jetzt wirklich schräg.
Das hab ich anders formuliert, jetzt wird Liesel sagen, dass Thea ja wenigstens noch vom Vater diese Erinnerung hat, der ihr die Puppe geschenkt hat und Thea gibt sie ihr, damit sie damit spielen kann, weil Liesel nichts mehr von ihrer Familie hat.
Boah! Diese Betreuerinnen. Aber so war das mal.
Ja, so war es früher, aber es gab wohl auch immer welche, die einfach ihr Herz dabei hatten und sich auch entsprechend verhalten haben. Du weißt, diese zeitlosen guten Geister, die durch alle Epochen hindurch immer mal wieder unter uns sind und einfach nur Gutes tun.

Ja, danke für die Geschichtsstunde. Ich verstehe, warum Du dich hier als Autorin stark zurückgenommen hast, warum Du so sehr auf Fakten setzt, aber ganz ehrlich, bisschen mehr lakita-Sprachspiele hätte ich mir gewünscht. Aber man kann nicht alles haben und ich bin nur einmal mehr froh, mein Leben im hier und jetzt leben zu dürfen.

Danke, danke, dass du es verstehst, warum ich so distanziert geschrieben habe. Vielleicht gelingt es mir an noch mehr Stellen ein bisschen mehr literarisch zu werden.
An vielen Stellen möchte ich wirklich nur informieren, weil ich ja den Hintergrund mitgeben möchte. Ich habe schon gewusst, weshalb ich mich immer vor dieser Geschichte gedrückt habe, obwohl ich auf der anderen Seite immer mal alles festhalten wollte. Es ist ein bisschen die Quadratur des Kreises, etwas Historisches zu beschreiben und gleichfalls jemandem, der sich das alles ja gar nicht vorstellen kann, ein Fenster dahin zu öffnen und ihn in diese Zeit zu führen und trotzdem literarisch zu bleiben.
Dazu schreibe ich einfach nicht gut genug, um das so genial hinzubekommen, dass niemandem auffällt, dass er eine spannende Geschichte liest und gleichsam mit eine Geschichtsstunde verpasst bekommt, aus der er am Ende mit dem Gedanken rausgeht: Nie wieder Krieg!
Aber ich hab es wenigstens versucht.

Vielen Dank für deine Geschichte. Und den Krieg, den hat nicht Gott gemacht, sondern die Menschen. Viele Kriege sind von Menschen gemacht, die an Götter glauben.
Jetzt muss ich dringend ein Gegenprogramm starten. Ich bekomme die Bilder immer so schlecht wieder los.
Wie wahr! Gott hat mit einem Krieg nichts zu tun, sondern die Menschen. Kriege sind ausschließlich menschengemacht. Wohl wahr, was du schreibst.
Oh ja, das mit dem Gegenprogramm kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich habe in den Recherchetagen so manche Nacht, wenn ich so alles nochmals überdacht hatte, geweint.
Ich bin froh, dass ich den Zeitdruck hatte, die Geschichte für den Wettbewerb einreichen zu wollen. Ich wäre vor lauter traurigem Gefühl bestimmt jetzt noch nicht damit fertig.

Lieben Dank für dein Feedback und schöne Weihnachten!

Lieben Gruß
lakita

 

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