Was ist neu

Spuren

Monster-WG
Seniors
Beitritt
18.06.2015
Beiträge
1.327
Zuletzt bearbeitet:

Spuren

Im Death Valley gibt es Steine, die wandern. Spuren zeigen den Weg, den sie zurückgelegt haben, zwanzig, dreißig Meter, manchmal mehr. Es muss der Wind sein, der die Brocken bewegt, doch niemand weiß, wie er das tut. Manche sagen, es geschehe nur, wenn es regne.

Sie fuhren über den Townes Pass in das Tal. Auf einem gelben Schild am Straßenrand stand, man solle die Klimaanlage ausschalten, der Motor drohe zu überhitzen. Sie gehorchten. David saß auf dem Beifahrersitz und studierte die Karte, die der Nationalpark-Broschüre beilag. Danach verstaute er beides im Handschuhfach und blickte nach draußen. Ockerfarbener Fels. Gelbe Grasbüschel, als habe man ausgefranste Pinsel in die Erde gesteckt. Lautlos glitt der Camaro über den Asphalt. Eine nach Leder riechende Raumkapsel, die ihre Insassen so sehr behütete, dass es kein Draußen mehr gab. David drehte sich um und zählte die Wasserflaschen, die auf den Rücksitzen lagen. Alles gut. Am Abend würden sie in Las Vegas sein.
„Stovepipe Wells“, sagte er.
„Ja?“ Es klang, als sei sie soeben erwacht.
„Noch mal tanken. Und Kaffee?“
„Klar.“
„In etwa dreißig Meilen.“
„Okay.“
Im Wageninnern war es noch immer angenehm kühl. Majlen begann leise zu singen. In a minute there, I lost myself, I lost myself. Es war seine Schuld. Er hatte nur diese eine CD gekauft, bevor sie losgefahren waren. Nun war Radiohead in ihrem Kopf und würde ihn nicht wieder verlassen, bis der Urlaub vorbei war. Er machte das Beste daraus, sang mit und traf die Töne ebenso wenig wie Majlen. Sie drehte den Kopf und lächelte. Hinter der Sonnenbrille waren ihre Augen nicht zu erkennen. Es war ein gutes Lächeln, dachte er, sicher ein gutes Lächeln.

Das hellgraue Dach von Stovepipe Wells glänzte im Licht des späten Vormittags. Sie parkten vor dem Gebäude, kein Schatten. Als sie aus dem Wagen stiegen, war David, als erhielte er einen Schlag ins Gesicht. Trockene Wüstenluft, die man nicht einzuatmen wagte, aus Angst, sich die Kehle zu versengen. Er schloss die Augen.
„Scheiße, ist das heiß.“
„Findest du?“, sagte Majlen.
Im Innern gab es einen Souvenirladen und ein winziges Restaurant. Es duftete nach gebratenem Speck. Sie zählten fünf an die Wand gehängte US-Flaggen, setzten sich an die Theke und bekamen wässrigen Kaffee von einer Frau ausgeschenkt, die aussah, als habe man ihrem Körper sämtliche Flüssigkeit entzogen.
„Where are you going?“, fragte die Frau.
„Las Vegas“, sagte Majlen.
Die Frau blickte zur Decke, ein weißer Schleier überzog die Iris ihrer Augen. Vielleicht ist sie blind, dachte David. Aber wie hätte sie dann Kaffee servieren können?
Las Vegas sei kein guter Ort, sagte die Frau. Es sei besser, wieder umzukehren. Sie meine es ernst, da gebe es nichts zu grinsen. Daraufhin hob sie den rechten Arm, als wolle sie einen Eid schwören. Dort wohne der Teufel, sagte sie, und beinahe habe er sie gekriegt, aber nur beinahe. Sie schnalzte mit der Zunge, zog ihr T-Shirt hoch und drehte sich einmal um die eigene Achse. Die Tanzeinlage wurde von zwei Männern, die in einer dunklen Ecke des Diners saßen, mit einem Kichern quittiert.
„Was soll das?“, flüsterte Majlen.
„Sieh doch hin.“ Schlecht verheilte Narben auf Bauch und Rücken, schrundige Spuren der Gewalt.
„Ach so.“ Und etwas lauter: „We’d like to pay now.“
Während Majlen den Wagen tankte, blickte David noch einmal zurück auf das Gebäude. Der Eingang war von großen Holzfässern flankiert, deren ursprüngliche Verwendung sich ihm nicht erschloss. Daneben ein paar Stühle und weiter links, hinter dem Parkplatz, sah er eine Schaukel.

Als sie wieder losfuhren, stand die Sonne im Zenit. Im Wagen war es heiß geworden. David ließ mit einem Knopfdruck das Seitenfenster nach unten gleiten. Es half nichts.
„Schalten wir die Aircondition wieder ein?“, fragte Majlen.
„Die stellen die Schilder wohl kaum zum Spaß hin.“
„Meine Güte! Wir fahren einen Chevrolet.“
„Ich hab's dir ja gesagt.“ David fasste sich an den Hals, formte die Hand zu einer Kralle und begann zu röcheln.
„Hä?“
„Das werden meine letzten Worte sein.“
„Ja. Sehr lustig.“ Kein Lächeln erkennbar. David ahnte nichts Gutes. Er drehte den Schalter und bald darauf kitzelte kühle Luft die Haare an seinen Unterschenkeln.
„Alles klar?“, fragte er.
„Ja.“
„Die Frau war ziemlich schräg, nicht?“
„Mhm.“
„Woher hat sie wohl die Narben?“
„Keine Ahnung. Interessiert mich nicht.“
Majlen zog ihr Programm durch. Drei Wochen Schweigen. Grübeln. Wie immer, wenn ihr ein Urlaub Zeit zum Nachdenken gab. David hatte sich bemüht. „Die Golden Gate ist nebelfrei, schau mal.“ Keine Antwort. „Ich hätte nicht gedacht, dass Chinatown so groß ist.“ Nichts. Er kam sich vor wie ein Vierjähriger, der seiner Mutter auf die Nerven ging. Manchmal hatten sie sich gestritten, immerhin. Das erste Mal, als sie in Zürich das falsche Terminal angesteuert hatten – sag mal, wie kann man dreiundzwanzig mit zweiunddreißig verwechseln? – und der Flieger nach San Francisco beinahe ohne sie abgehoben wäre. Auch gestern. Kurz nach Yosemite hatten sie zweimal wenden müssen, weil er die Karte nicht richtig interpretiert hatte, und Majlen nannte ihn einen verdammten Kretin. Ein Kretin mit Uniabschluss, erwiderte er und dann brachen sie in Lachen aus und später meinte Majlen, sie hätte in dieser Situation selbst den lieben Gott persönlich einen Idioten genannt. Ein kurzer Moment des Glücks, längst aufgezehrt vom Tal des Todes. Hier herrschte die Sonne. Gab Leben und ließ es verdorren. Der Gott der Wüste. Oder die Göttin? David wusste nicht, was besser passte, aber es spielte keine Rolle, fand er. Majlen hatte wieder zu singen begonnen, in genau der Lautstärke, die man wählt, wenn man alleine ist. I lost myself, I lost myself.

Sie überholten ein Wohnmobil, ein schwerfälliges weißes Ungetüm mit aufgeschraubter Satellitenschüssel. Kein Gegenverkehr. Dann kam Furnace Creek, hohe Palmen umsäumten das Anwesen, eine Oase mitten im Staub. Majlen bremste ab. Hinter dem langgezogenen Gebäude konnte man leere Liegestühle erkennen. Im Juli gab es niemanden, der hier Halt machte, der Ort gehörte den Raben, die reglos im Schatten des Vordachs hockten und mit ihrem pechschwarzen Gefieder der Evolutionstheorie widersprachen. Ein Rätsel, wie diese Vögel überleben konnten. Majlen beschleunigte den Wagen wieder und David überlegte, was er zu ihr sagen konnte.
„Kristallwörter?“, fragte er schließlich. Kristallwörter waren auf den ersten Blick unauffällig. Doch wenn man sie näher betrachtete, wenn man sie gegen das Licht hielt, sie ein paar Mal wiederholte, ganz schnell aussprach oder ganz langsam, wie ein Walkman, dessen Batterien zur Neige gehen, dann begannen sie auf einmal zu glitzern. Er war für die gezischten und gepressten Laute zuständig, Majlen für die gedehnten.
„Rhabarberkuchen“, sagte sie nach einigem Überlegen.
„Rehkitz.“
„Muttermal.“
„Schabernack.“
„Baby.“
„Finster.“
„Baby.“
„Hattest du schon.“
„Ich weiß.“
Er schwieg, das Spiel war zu Ende. David schloss die Augen und versuchte, ein wenig zu schlafen.

Sie erreichten Zabriskie Point. Der Aussichtspunkt lag etwas oberhalb der Straße, sie stiegen aus und quälten sich auf die Anhöhe, je eine Literflasche Wasser in der Hand. Sand drang in Davids Schuhe, seine Füße brannten, die Sohlen waren zu dünn. Schweiß rann in seine Augen. Oben angekommen, blickten sie auf die Wüstenlandschaft. Brauner Fels, Stein, Sand. Keine Pflanze, kein Leben.
„Siehst du die Risse? Als habe man in den Fels gekritzelt“, sagte David. Keine Antwort. Majlen blickte zu Boden. Dann nahm sie seine Hand.
„Was ist?“, fragte er.
„Gekritzel“, sagte sie. „Mein Großvater hat jeden Tag Briefe geschrieben. Im Jahr, bevor er starb. Er saß da, kerzengerade, mit ernstem Gesicht, beinahe feierlich. Und schrieb und schrieb.“
„An wen?“
„Es war nur Gekritzel, David. Wellenlinien. Seitenweise. Die Betreuer haben ‚gut gemacht‘ gesagt und ‚wir schicken es ab‘ und seine Schulter getätschelt. Danach haben sie's weggeworfen.“
„Okay.“
„Man schreibt und schreibt und nichts macht einen Sinn.“
Majlen hatte zu weinen begonnen, ihre Hand, die in seiner lag, verkrampfte. David dachte nach.
„Ich ahne, worauf das hinausläuft“, sagte er.
„Ach ja?“ Sie drehte sich um und ging zurück zum Auto. David hatte Mühe, ihr zu folgen. Die Haut auf seinen Wangen brannte.
„Aahh, schön kühl“, sagte er, als er in den Wagen stieg, aber es war zu spät.
„Ich will das jetzt klären.“ Majlen steckte den Zündschlüssel ins Schloss und verschränkte die Arme.
„Hier?“
„Ja, hier. Wieso nicht?“
„Du schweigst mich zehn Tage lang an und auf einmal willst du reden? Nach einem Schlüsselerlebnis am Zabriskie Point?“
„Ach, David. Alles ins Lächerliche ziehen. Bravo! In Wirklichkeit hast auch du nicht gesprochen. ‚Schau mal da!‘ und ‚Sieh mal, wie schön!‘ So reden Neunzigjährige. Immerzu plappern. Aber wenn es um Grundsätzliches geht, bleibst du stumm.“ Sie schlug mit der Faust gegen seinen Oberarm.
„Na gut, reden wir.“
„Okay.“ Sie startete den Wagen und fuhr los. „Warum willst du keine Kinder?“
„Das habe ich nie gesagt.“
„Was denn? Erklär's mir, David. Was hast du gesagt?“
„Dass ich's mir vorstellen kann.“
„Und?“
„Reicht das nicht?“
„Und ich kann mir vorstellen, auf dem Mars zu leben. Nein, das reicht nicht. Wir sind jetzt drei Jahre zusammen. Ich hab' dir von Anfang an gesagt, woran du bist.“
„Ach, Quatsch!“
„Darüber will ich nicht streiten. Du weißt, was ich will. Ich hab's dir gesagt, du hast genickt und seither lenkst du ab.“
„Das muss überdacht werden.“
„Ja, das muss es.“ Die Straße verlief schnurgerade, gegen den Horizont wurde sie schmaler und schmaler und in der Ferne flimmerte die Luft, als beherberge sie Antworten auf alle Fragen der Welt. Das war eine Illusion und David wusste es.
„Das Leben ist sinnlos, also machen wir ein Kind? Das ist nicht wirklich dein Argument, oder?“, sagte er.
„Mach dich nicht über mich lustig. Du sagst jetzt, was Sache ist.“
„Majlen, bitte.“ Er versuchte, ihr eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen.
„Fass mich nicht an.“ Sie trat auf die Bremse, der Wagen kam ins Schlingern und blieb schließlich auf der Gegenfahrbahn stehen. „Antworte, oder ich werfe dich aus dem Wagen.“
„Bist du irre?“
„Ich sag's nicht noch mal.“
David dachte an die Hexe von Stovepipe Wells und an den Teufel, der in Las Vegas auf sie wartete. An die Raben von Furnace Creek. Vielleicht atmeten sie am Morgen, wenn es noch kalt war, tief ein und die Luft kühlte sie den Tag über von innen, bis sie am Abend wieder ausatmeten. Ein vorzeitiges Krächzen und sie mussten sterben.
„Ich möchte schon Kinder“, sagte er dann.
„Aber?“ Majlen hatte die Sonnenbrille abgenommen und starrte ihn an. David schloss die Augen. Bilder in rasender Geschwindigkeit. Ein Vorgeschmack auf diesen Film, der angeblich vor dem Tod abläuft und das gesamte Leben zusammenfasst. Er sah Majlen, wie sie ein Glas gegen die Wand warf. Wie sie mit dem Oberkörper wippte und an ihren Haaren riss. Wie sie auf dem Balkongeländer stand.
„Ich weiß nicht, ob du eine gute Mutter sein kannst.“ Er atmete aus.

Majlen fuhr den Wagen weg von der Straße, Schotter knirschte unter den Reifen. Dann stoppte sie.
„Steig aus.“
„Bitte?“
„Du steigst jetzt aus.“ Sie löste den Sicherheitsgurt, griff nach einer Flasche, die auf dem Rücksitz hinter ihm lag, und warf sie ihm in den Schoß.
„Lass uns vernünftig reden.“
„Genug geredet.“ Sie stieg aus, ging um den Wagen herum und riss die Tür auf seiner Seite auf. „Warum bist du mit mir zusammen?“
„Was jetzt?“
„Arschloch!“ Sie packte ihn am T-Shirt, ihre Fingernägel gruben sich in seinen Nacken „Du kommst jetzt da raus.“
„Okay.“ Er stieg aus und sie standen sich gegenüber.
„Was machen wir in dieser gottverdammten Wüste? Was soll das überhaupt? Ich meine, wir beide?“, fragte sie. Sie blickte nach oben, als erwarte sie göttliche Inspiration. Und auf einmal ganz ruhig: „Ums Ficken geht's. Nicht wahr?“
„Ach Quatsch.“
„Doch, doch! Ficken? Ja du, das kann sie super. Ein Kind in die Welt setzten, nein du, das lieber nicht, wie? Dazu ist sie nicht so geeignet, die Irre.“ Sie hob die Hände neben ihren Kopf und streckte die Zeigefinger in die Höhe. Teufelshörner. Dann glitt sie mit der Zunge über ihre Lippen. „Also gut. Komm, ficken wir.“
„Hör auf!“
Aber sie hörte nicht auf. Sie griff unter ihren Rock, zog den Slip aus und warf ihn in den Sand. Dann stieg sie auf die Kühlerhaube und setzte sich darauf.
„Komm, David. Rosa Muschi. So, wie du's magst.“ Sie schob den Rock hoch, spreizte die Beine und er konnte sie tatsächlich sehen, ihre Muschi. Er bekam eine Erektion. David blickte an sich hinunter, als sei es die erste seines Lebens. Dreiundvierzig Grad, kurz vor dem Kollaps, vor sich eine Furie. Und er stand da, mit einem zuckenden Schwanz in der Hose. Sein Sperma würde verdampfen, bevor es rauskäme.
„Aua! Scheiße!“ Majlen sprang auf. „Heiß!“ Sie hüpfte von der Kühlerhaube, klappte den Fahrersitz herunter und warf sich bäuchlings auf die schmalen Rücksitze. Die Wasserflaschen kullerten zu Boden. „Verdammter Idiot!“, schluchzte sie und David wusste nicht, wen sie damit meinte. Sie hatte den Rock noch immer hochgezogen. Ihr Hintern war feuerrot, die Haut sah aus, als platze sie gleich. David schraubte eine der Flaschen auf und goss Wasser über die verbrannten Stellen.
„Aahh!“ Majlen wimmerte noch immer, nun aber mischten sich kurze glucksende Lacher dazwischen. Es klang, als hätte sie Schluckauf. „Verdammter Idiot“, sagte sie.
„Du bist verrückt“, sagte David. „Echt crazy.“
„Und du bist ein geiler Bock.“
Sie beschlossen, nach Furnace Creek zurückzufahren und dort zu übernachten. David übernahm das Steuer. Sand war in den Camaro gedrungen, die Hitze hatte sich festgesetzt, Majlen jammerte.

Zu ihrer Überraschung waren sie nicht die einzigen Gäste. Als sie eincheckten, wurden sie von einem Pärchen mit tätowierten Gesichtern gemustert, das in der Vorhalle saß. Später, als sie ihr Zimmer bezogen, konnten sie nebenan einen Mann husten hören. Die Klimaanlage surrte, sie hatten sie bis zum Anschlag aufgedreht. Eine Flasche Four Roses stand auf dem Nachttisch, der Whiskey schimmerte im einfallenden Abendlicht honigfarben. Majlen hatte daraus getrunken, ohne Glas, als handle es sich um Mineralwasser. Nun lag sie nackt auf dem großen Kingsize-Bett, David kniete neben ihr. Er hielt ihr die Body Lotion vor die Nase, die er aus ihrem Koffer geholt hatte und die nach Rosmarin duftete.
„Soll ich den Typen an der Rezeption fragen? Die haben vielleicht was Besseres. Was Medizinisches.“
„Schon okay“, murmelte Majlen ins Kissen. David schmierte sich etwas von der Lotion auf die Fingerspitzen und trug sie vorsichtig auf.
„Aua!“ Majlen hob den Kopf.
„Sorry.“
„Ist nicht schlimm. Nur diese eine Stelle.“
„Wieso hast du das erst so spät bemerkt? Das frage ich mich die ganze Zeit.“
„Weiß nicht.“ Sie sprach wieder ins Kissen. „Denkst du, ich bin verrückt?“
„Nein“, antwortete er. Kein Zögern. „Es ist die Hitze. Die wühlt sich ins Hirn und dann fließt Strom, wo er nicht sollte. Ich hab‘ den ganzen Tag Todesvisionen gehabt.“ Das war reichlich übertrieben, aber David hoffte, dass es helfe. Er hatte begonnen, ihren Rücken zu streicheln.
„Einmal habe ich versucht, den Nagel meines Zeigefingers abzulösen“, sagte Majlen. „Mit einem Messer.“
„Zsss.“ Er sog Luft zwischen die Zähne, ihm wurde schwindlig.
„Nicht aufhören, David, das ist schön.“ Sie seufzte leise. „Das war lange bevor ich dich kennengelernt habe. Ich war betrunken, weißt du, also so richtig.“
„Okay.“
„Ich sollte dir so was nicht erzählen.“ Sie begann zu summen, so wie man ein Einschlaflied summt, und er küsste ihren Nacken. Dann rollte er sich neben sie und schloss die Augen. Er war müde.
„Mein Slip“, sagte Majlen. „Der liegt immer noch draußen in der Wüste.“
„Macht doch nichts.“ David stellte sich vor, wie ein Rabe hoch zur Sonne flog, das schwarze Stück Stoff im gelben Schnabel. Bevor ich dich kennengelernt habe. Er erinnerte sich, wie er Majlen das erste Mal gesehen hatte, auf einer Studentenparty im Keller eines Freundes. Das Blau ihrer Augen glich der Kühlflüssigkeit, die man im Innern von Eisschränken fand. Ihre Lippen waren schmal, besonders die obere. Unter ihrem Pullover zeichneten sich winzige Brüste ab. Er hatte sich vorgestellt, wie sie ihn küsste, und gespürt, wie sich seine Hoden sanft zusammenzogen, um ihre warme Zustimmung zu geben. Dann hatte er in ihre Augen gesehen und sich vorgestellt, wie sie einem Kätzchen die Kehle durchschnitt. Auch das hatte gepasst. Und die letzten drei Jahre hatten nichts geändert. Meine Majlen, meine irre Majlen, flüsterte er und schlief ein, während er mit den Daumen die Nägel seiner Zeigefinger rieb.

Jemand hämmerte gegen die Tür. Davids Kopf schmerzte.
„You have to check out!“
„One moment, please.“
Die Flasche war bis auf einen kleinen Rest leer, es sah nicht mehr aus wie Honig, sondern wie dunkle Pisse, die auf eine üble Krankheit hinwies. Spuren. Majlen lag neben ihm und schnarchte. Er rüttelte leicht an ihrer Schulter.
„Majlen, wir müssen.“
„Eh?“
„Auschecken.“
„Mir ist schlecht.“
„Okay.“
„Können wir nicht hierbleiben?“
David ging zur Rezeption und bezahlte für eine weitere Nacht. Dann ging er zum Frühstücksraum, bestellte eine Kanne Kaffee und ließ zwei Brötchen mitgehen, die auf einem verwaisten Tisch gelegen hatten. Das tätowierte Paar blickte ihn an, der Mann räusperte sich und sagte, man solle den Dieb halten, worauf er loslachte und sich die Ornamente auf seinem Gesicht zu schiefen Gebilden verzerrten.

Es gab einen Pool. Nachdem sie nochmal eine Stunde geschlafen hatten, holten sie sich eine Cola und stiegen ins Wasser, das ihnen bis zu den Schultern reichte. Die einzige Möglichkeit, sich draußen aufzuhalten. Sie standen nebeneinander, hatten die Arme auf den Rand des Bassins gelegt und starrten in das hellbraune Nichts der Wüste. Majlen trug einen Strohhut und einen türkisfarbenen Bikini. Selbst verkatert sah sie fantastisch aus, dachte David.
„Alles klar?“, fragte er. Besser, er brachte das Gespräch wieder in Gang. Dosiert und vernünftig.
„Wie? Ja, alles gut.“
„Das will mir nicht mehr aus dem Kopf.“
„Was?“
„Das mit dem Nagel.“
„Ja?“
„Ich meine, wie konntest du so was tun?“
„Was?“
„Dir den Fingernagel wegschneiden.“
„Wovon sprichst du?“
„Was du mir gestern erzählt hast.“
„Ich hab' echt keine Ahnung, was du meinst.“
„Warst du so betrunken, dass du nichts mehr davon weißt?“
„Na ja, ich habe die Flasche nicht allein leergemacht, David.“ Sie lachte. David war, als streiche jemand über sein Haar. Er drehte sich um und sah einen Raben, der am anderen Ende des Pools stand und seinen Schnabel mit schnellen Bewegungen ins Wasser tauchte.
„Egal“, sagte er. Die Hitze ließ einen am eigenen Verstand zweifeln.
„Ich habe auch Narben“, sagte Majlen.
„Das weiß ich.“
„Ich spinne manchmal. Ich hab' Krisen.“
„Mhm.“
„Ich bin impulsiv.“
„Ja.“
„Aber ich wäre eine gute Mutter.“
„Okay.“
„Ich würde mein Leben geben, damit es meinem Kind gut geht.“ Majlen sah ihn an. „Nimm die Sonnenbrille ab. Ich will deine Augen sehen.“ David erinnerte sich an die Ärztin, die ihm einen Holzspatel in den Mund geschoben hatte, damals, bevor er sich die Mandeln entfernen lassen musste. Weshalb kamen ihm immer diese seltsamen Gedanken?
„Und?“
„Du glaubst mir nicht.“ Sie drehte den Kopf wieder ab. Er hätte zurücknehmen können, was er gesagt hatte. Aber er wollte aufrichtig sein.
„Es ist nicht einfach.“
„Wieso bist du mit mir zusammen, wenn du das wirklich denkst?“, fragte sie.
„Du bist der faszinierendste Mensch, den ich kenne.“
„So eine verfluchte Floskel!“ Sie schlug mit der Hand aufs Wasser.
„Wenn du es so siehst.“ David ließ sich nicht beirren. „Ich denke, wir sollten warten.“
„Warten, worauf?“
„Bis es dir besser geht. Bis du stabiler bist“, sagte er. Sie sah ihn an, ließ etwas Wasser in ihren offenen Mund fließen, schloss den Mund, das Wasser rann über ihr Kinn. Dann tauchte sie unter. Sie schwamm zur anderen Seite und stieg aus dem Pool.
„Gehen wir essen“, sagte sie, während sie nach einem Handtuch griff, um sich die Haare zu trocknen.

Sie saßen einander wortlos gegenüber, der Kellner war sehr freundlich. Rinderschädel hingen an der Wand, in der Ecke wachte ein Adler, er sah ziemlich echt aus. Sie bestellten eine Flasche Four Roses, die sie mit aufs Zimmer nahmen. David blickte auf die Uhr, nahm ein paar Schlucke und legte sich aufs Bett. Fünf Uhr nachmittags. Er schlief ein, während Majlen noch im Bad war.

David schreckte hoch. Kalter Schweiß bedeckte seine Stirn, es war dunkel und viel zu kalt im Zimmer. Er suchte nach einer Decke. Dann hörte er einen Wagen wegfahren und er wusste instinktiv, dass er nach einem Zettel suchen musste. Er machte das Licht an und fand ihn direkt neben sich liegen. Es waren nur fünf Zeilen.

Wenn du so über mich denkst,
kann ich nicht mehr mit dir sein.
Nimm du den gebuchten Flug.
Ich werde früher fliegen.
M.

Er rannte nach draußen, doch er sah nicht einmal mehr die Rücklichter des Camaros. David setzte sich auf den Parkplatz. Kein Geräusch, nichts. Noch nie hatte er einen solch klaren Sternenhimmel gesehen. In der Schule hatte er ein paar Sternbilder gelernt, aber jetzt fiel ihm keines mehr ein. Er ging zurück ins Zimmer und legte den Zettel in die Bibel, die im Nachttisch lag, der richtige Ort für Majlens Worte, wie er fand. Zwischen altem und neuem Testament. Dann trank er den Whiskey leer und packte seine Sachen. Das Flugticket hatte sie ihm in den Koffer gelegt. Geld, Pass, alles da. Er war sich sicher, dass sie nach San Francisco zurückgefahren war. Nachdem er sich die Zähne geputzt hatte, legte er sich aufs Bett. Keine seltsamen Gedanken mehr, sein Kopf war leer.

Als es dämmerte, ging er zur Straße. Zunächst wartete er vor dem Gebäude, dann aber ging er in Richtung Zabriskie Point, nicht zu weit, er konnte Furnace Creek noch immer sehen. Das verlieh der Sache eine gewisse Dramatik und erhöhte die Wahrscheinlichkeit, mitgenommen zu werden. Zwei Wagen in einer Stunde, ferne Lichter zunächst, dann näher und näher kommend, an ihm vorbei. Der nächste Fahrer hatte Mitleid. Es saß in einem alten Ford.
„Las Vegas?“
„Okay.“ Der Mann rümpfte die Nase, als David seinen Koffer auf die Rückbank wuchtete. Er setzte sich nach vorne, der Mann spuckte aus dem Fenster und fuhr los. David blickte in den Seitenspiegel. Sanftes Morgenlicht, weiche Sandhügel, nicht zu dieser Welt gehörend. Nur die Steine hinterließen Spuren, in diesem Tal, das Gott aus seinem Gedächtnis gestrichen hatte. David lehnte sich zurück und schloss die Augen. In ein paar Stunden würde er in Las Vegas sein. Und dort durfte der Teufel mit ihm tun, was er wollte.

 

Da ist sie wieder. Die berühmte pfefferkornige, verhaltene Schreibweise, drei Zeilen, in denen drei Seiten stecken. Dieses Mal die Geschichte einer gestörten Liebe. Und wieder lässt du, das empfinde ich mittlerweile fast als ein Markenzeichen deinerseits, deine Protagonisten und die Natur auch eine Beziehung eingehen. Als würde die Wüste mit ihrer Dürre und Tödlichkeit die Verlorenheit dieser Liebe widerspiegeln.
Ich habe dies Geschichte gerne gelesen, weil du so schön schreibst. Aber es ist auch furchtbar bedrückend, was die beiden hier so alles unausgesprochen lassen. Und unausgesprochen bleibt vieles auch für den Leser. An manchen Stellen hätte ich gerne ein bisschen mehr gewusst. Aber das liegt vermutlich weniger an deiner Geschichte als Mangel, sondern daran, dass sie ein paar Ecken in das Leserhirn pflanzt. Man will wissen, was mit dieser Frau los ist. Warum sie so schmerzunempfindlich ist, solche Fantasien hat, wie, sich den Fingernagel abzulösen, und man fragt sich, ob an dem Mann nicht mehr Gestörtes ist, als man auf den ersten Blick denkt. Denn er hat ja schon die Vorstellung, dass sie Kätzchen tötet, da lernt er sie gerade kennen. Er scheint oder ist von der scheinbaren oder tatsächlichen Gestörtheit seiner Freundin ja geradezu fasziniert. Man kommt da halt auf so Ideen, ob er ihre Gestörtheit nicht fast ein wenig übertreibt oder sie sogar fördert. Aber gut, das würde jetzt als Interpretation so direkt nicht aus deinem Txt hervorgehen. Aber ich finde, inhaltlich spielst du mit diesen Facetten.

Und jetzt noch ein bisschen Detail:

Im Death Valley gibt es Steine, die wandern. Spuren im Sand zeigen den Weg, den sie zurückgelegt haben, zwanzig, dreißig Meter, manchmal mehr. Es muss der Wind sein, der die Brocken bewegt, doch niemand weiß, wie er das tut. Manche sagen, es geschehe nur, wenn es regne.
Es gibt ja viele, die sagen, man solle nicht mit einer Wetterbeschreibung anfangen oder einer Landschaft. Und hier sieht man: Wenn man das so macht wie du, dann darf ruhig jede zweite Geschichte mit Landschaft oder Wetter beginnen. Warum das klappt, das ist, weil du da gleich ein sehr eindrückliches Bild setzt. Steine, diese schweren unbeweglichen Biester, und doch gibt es unbekannte Gewalten die sie fortbewegen. Schön ist es dann auch, wie du genau dieses Landschaftsbild später (am Ende) wieder aufgreifst. Wenn die beiden auseinander sind und nur noch eine sanfthügelige Landschaft zu sehen ist und von der Liebe der beiden nichts bleibt als das, was die Steine gesehen haben.

Um zu überleben, mussten sie Abstand halten. Jeder für sich allein im Kampf gegen Dürre und Tod.
Das ging ihn nichts an.
Das war mir hier an dieser Stelle zu kryptisch. Im Nachhinein denke ich, du machst da schon einen Bezug auf die Beziehung der beiden. Aber dann sollte das deutlicher werden. Ich war (so mein Leseeindruck) noch viel zu sehr in der Beschreibung der Landschaft, so dass ich diese beiden Sätze auch direkt auf die Landschaft bezogen habe. Hab mich also gefragt, was das soll.

Eine nach Leder riechende Raumkapsel, die ihre Insassen so sehr behütete, dass es kein Draußen mehr gab.
Ich bin jetzt überkritisch, aber das Bild wirkte, so schön es ist, auf mich zu überladen. Weil du die Beziehung der beiden noch gar nicht realiter angekündigt oder angezeigt hast, sondern auch hier wieder nur über eine Symbolik. Erst die Gleichsetzung der Fahrt oder der Liebe der beiden mit der Tödlichkeit der Landschaft, dann hier mit dem Auto. Mein persönlicher Geschmack: Ich würd die Stelle etwas abmildern. Die erste (oben das

Es war ein gutes Lächeln, dachte er, sicher ein gutes Lächeln.
Ja - und das ist eine gute Stelle. Wie nur durch die kleine Wiederholung und die Einführung von "sicher" Zweifel gesät wird. Haste gut gemacht, Pfefferchen.

Und jetzt muss ich fürs erste mal schließen. Ich will raus, das Wetter ist so schön.
Exzellente Geschichte. Bedrückend, aber ein wunderbares Biest von einer Geschichte, das einen an den Haken nimmt und so schnell nicht wieder loslässt.
Bis die Tage.
Novak

 

Lieber Peeperkorn,
wieder eine Wahnsinnsgeschichte von dir, in der enorm viel Arbeit steckt und die sprachlich sehr gelungen ist. Ich bewundere, wie du es schaffst, die Atmosphäre der Landschaft und das, was sich zwischen den beiden abspielt, durch die vielen Details wunderbar nachvollziehbar zu machen. Das hält einen schon fest und man möchte einfach weiterlesen.

Aber ich hatte auch ein paar andere Gedanken beim Lesen: Mir kommt es so vor, als habe der Autor hier dramaturgisch die Handlung in eine für sie passende Umgebung gestellt. Die Wortkargheit der Protagonistin (ihr Schweigen wird allerdings nur behauptet) und die Restringiertheit der Interaktionen spiegelt sich in der Tristesse und Öde der Landschaft wider. Es gelingt dir wunderbar diese Landschaft, die uns allen aus Western und anderen Filmen bekannt ist, sprachlich darzustellen und erfahrbar zu machen. Natürlich begibst du dich in die Nähe des Klischees, aber das kann gar nicht anders sein bei einer Umgebung, die wir – wie gesagt – schon so oft gesehen haben.

Daneben ein paar Schaukelstühle und weiter links, hinter dem Parkplatz, sah er eine Schaukel, die sich trotz Windstille hin und her bewegte, so als sei eben noch ein Kind darauf gesessen und mit dem letzten Schwung abgesprungen.
Diese Schaukelstühle und dann dazu die Schaukel. Ein sehr schönes Bild, allerdings auch ein schon oft benutztes.

Die Beziehung wird mir allerdings nicht so richtig klar: Er liebt sie, möchte mit ihr zusammen bleiben, obwohl sie verrückt ist. Was ist ihre Verrücktheit? Sie ist immer noch labil, steht an einer Stelle. Aber konkret kann ich ihre psychische Erkrankung nicht einordnen. Vielleicht ist sie manisch-depressiv? Auf jeden Fall ist sie der Grund, warum er kein Kind mit ihr haben möchte. Und auf diesen Punkt kommen sie immer wieder zurück. Seine Haltung ist dabei eindeutig: Er kann sich vorstellen, ein Kind zu haben, aber eben nicht mit ihr. Und so ist auch das Ende ein konsequentes und kommt für mich irgendwie nicht überraschend. (Und natürlich erinnert mich die Grundidee an die ‚Berge wie weiße Elefanten’.)

All das schmälert aber für mich in keiner Weise den Lesegenuss. Es sind die vielen gut gestalteten Details und die Akribie, mit der du sie ausstattest, die für mich deine Geschichte lesenswert machen.

Zwei Kleinigkeiten, die mir Word anzeigt: ‚noch mal’, ‚so was’.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Novak

Und wieder lässt du, das empfinde ich mittlerweile fast als ein Markenzeichen deinerseits, deine Protagonisten und die Natur auch eine Beziehung eingehen. Als würde die Wüste mit ihrer Dürre und Tödlichkeit die Verlorenheit dieser Liebe widerspiegeln.

Stimmt. Mir gefällt dieses Spiel mit Innen - Aussen. Ich finde das eine spannende Möglichkeit, psychologische Studien zu gestalten, ohne psychologisches Vokabular zu verwenden. Aber das will gut austariert werden und ich bin mir bewusst, dass ich hier ziemlich dick auftrage, an die Grenze gehe - siehe auch den entsprechenden Kommentar von barnhelm.

An manchen Stellen hätte ich gerne ein bisschen mehr gewusst. Aber das liegt vermutlich weniger an deiner Geschichte als Mangel, sondern daran, dass sie ein paar Ecken in das Leserhirn pflanzt.

Als ich versucht habe, Kritik zu antizipieren - mittlerweile stehen eh etwa ein Dutzend imaginäre Wortkrieger hinter mir, wenn ich überarbeite (zum Glück nicht, wenn ich schreibe) - habe ich mir auch gedacht, dass das ein Knackpunkt sein könnte. Über David wollte ich eh nichts schreiben, das wollte ich zeigen - ich komme später noch mal darauf zurück. Aber auch von Majlen haben wir nur eine Momentaufnahme - ich wollte keine psychologischen Hintergründe liefern, borderline oder was auch immer, denn das würde eben die Ecken in den Lerserhirnen abschleifen.

und man fragt sich, ob an dem Mann nicht mehr Gestörtes ist, als man auf den ersten Blick denkt. Denn er hat ja schon die Vorstellung, dass sie Kätzchen tötet, da lernt er sie gerade kennen. Er scheint oder ist von der scheinbaren oder tatsächlichen Gestörtheit seiner Freundin ja geradezu fasziniert. Man kommt da halt auf so Ideen, ob er ihre Gestörtheit nicht fast ein wenig übertreibt oder sie sogar fördert.

Yeah! Das freut mich, das war eines meiner Ziele. Ich wollte möglichst wenig über David sagen und im Leser Zweifel säen.

Es gibt ja viele, die sagen, man solle nicht mit einer Wetterbeschreibung anfangen oder einer Landschaft.

Habe ich kürzlich auch mal wieder gelesen und ich hätte diesen Einstieg beinahe gestrichen, aber dann habe ich mir gedacht: "Scheiss drauf, ich mach's trotzdem." Aber das ist noch nicht sakrosankt, mal schauen, ob da noch was an Kritik kommt.

Ich bin jetzt überkritisch, aber das Bild wirkte, so schön es ist, auf mich zu überladen. Weil du die Beziehung der beiden noch gar nicht realiter angekündigt oder angezeigt hast, sondern auch hier wieder nur über eine Symbolik. Erst die Gleichsetzung der Fahrt oder der Liebe der beiden mit der Tödlichkeit der Landschaft, dann hier mit dem Auto. Mein persönlicher Geschmack: Ich würd die Stelle etwas abmildern.

Ne, ne, du hast recht. Das sind zwei Symboliken auf engem Raum, die zudem einander widersprechen. Da wollte ich zu viel. Ich habe das Todeszeugs rausgenommen und nur die Kaspel behalten, die ich ja später noch mal brauche ("Die Kaspsel ist zersprungen"). Ein wertvoller Hinweis, danke.

Bedrückend, aber ein wunderbares Biest von einer Geschichte, das einen an den Haken nimmt und so schnell nicht wieder loslässt.

Das freut mich, Novak. Danke für deine Zeit und ja, ab in die Sonne, wenn sie mal da ist. Hier ist's grau in grau.

Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn der Teufel in Las Vegas wohnte, dann war er hier zur Welt gekommen.

Hallo Peeperkorn,

müssen junge Leute immer so übertreiben,

„Ich möchte schon Kinder“, sagte er …,
wenn doch offensichtlich das erste schon problematisch erscheint, mögen sie sich noch so sehr mögen. „Möchte“ ist der Konjunktiv irrealis der Sichmögenden. Womit ich die folgende ausgezeichnete Geschichte – kann man von Dir überhaupt etwas anderes erwarten? - vom Hitzepol der Welt für meine Verhältnisse ausreichend nacherzählt habe, nicht ohne daraufhinzuweisen, dass die Anasazi "die ältesten Leute" in der Fremdbezeichnung durch ihre mächtigen nördlichen Nachbarn, die Dine, die ihrerseits uns in der Fremdbezeichnung Navajo/Navaho bekannter sind, und unter denen ein seltsames, sesshaftes Völkchen von 6.000 Seelen, die Hopi, sich als Nachkommen der A. fühlen. Der Name der Anasazi wird bleiben, so lange die Cliff-dwellings - quasi "unverrückbare" Steine - bestehen.

Deine Geschichte muss nicht nur erlesen, sondern vor allem bei elf Seiten Text unter Courier 12 pt (altes Schreibmaschinenformat), wenn auch ohne Formatierung von 60 Anschlägen/Zeile und 30 Zeilen/Seite ausgedru(e)ckt wurde. Es dürften also gut und gern zwölf und eher mehr Seiten Standardmanuskript sein. Für mich ist's mal wieder der nahezu perfekte Text!, merzen wir ein paar Flusen aus

und in der Ferne flimmerte die Luft[,] als beherberge sie Antworten auf alle Fragen der Welt.
Sie blickte nach oben[,] als erwarte sie göttliche Inspiration.
Wer nun glaubt, das wäre eine Kommaschwäche, irrt. Es ist Flüchtigkeit, denn anders lässt sich nicht erklären, dass bei Konstruktionen mit den vergleichenden Konjunktionen ansonsten alles korrekt verläuft. Nun mag man sagen, bei der Textlänge wäre Flüchtigkeit kein Kunststück. Aber dafür taucht der erste Beleg viel zu früh auf ...

Hier wäre m. E. wegen der Hoffnung Konjunktiv angesagt.

Das war reichlich übertrieben, aber David hoffte, dass es half.
Wenn "hülfe" - was ich übrigens klanglich sehr schön finde - zu abgefahren seine sollte, täte es auch ein "helfe".

Eine letzte Flüchtigkeit, hier aber mit angemessenem Abstand zum Beginn der Erzählung QUOTE]„Das war lange bevor ich dich kennengelernt habe. Ich war betrunken, weißt du, also so richtig.["]
„Okay.“[/QUOTE]

Puh, jetzt muss ich mir erst einmal den Schweiß abwischen ...

Gern gelesen vom

Dante Friedchen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Peeperkorn,

nimmst du auch Lob entgegen von Wortkriegern, die nur zum Fußvolk gehören? Dann sag ich's gerne: großartig, unter die Haut gehend, nachhaltig.

Ich wünschte, ich bekäme einmal ein kleines Stück Dialog hin, wie es dir über Seiten hinweg gelingt.
Und Sexszenen, die, wie du, zeigen, warum Sex so existentiell wichtig für eine Geschichte ist.

"Es war ein gutes Lächeln, dachte er, sicher ein gutes Lächeln."

Hier dachte ich zuerst, nach "sicher" fehlt ein Komma. Aber natürlich fehlt es nicht, sondern ist ein früher Hinweis auf die fragile Beziehung.

Vieles, was schon lobend erwähnt wurde (und noch wird, da bin ich sicher) sehe ich genauso. Ich bin gespannt, was die Kritikermeute noch im Köcher hat.

Herzliche Grüße

wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe barnhelm

Aber ich hatte auch ein paar andere Gedanken beim Lesen: Mir kommt es so vor, als habe der Autor hier dramaturgisch die Handlung in eine für sie passende Umgebung gestellt. [...] Natürlich begibst du dich in die Nähe des Klischees, aber das kann gar nicht anders sein bei einer Umgebung, die wir – wie gesagt – schon so oft gesehen haben.

Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Immerhin darf ich sagen, dass ich vor rund 15 Jahren (mit einer Frau :)) durchs Death Valley gefahren bin - es war sehr schön und eindrücklich. Vor allem die Stimmung habe ich aus der Erinnerung zu rekonstruieren versucht, aber ich habe auch mit Landkarten und Bildern gearbeitet. Und ja: Zuerst war die Landschaft und die Idee, so eine Art Mini-Road-Movie zu schreiben. Und da hat halt der Beziehungskonflikt gut gepasst, gebe ich zu. :)

Diese Schaukelstühle und dann dazu die Schaukel. Ein sehr schönes Bild, allerdings auch ein schon oft benutztes.

Das erste ist eine Beschreibung anhand eines Bildes (Fässer und Schaukelstühle). Die Schaukel habe ich dann noch dazugedichtet. Du hast recht. In einer ersten Reaktion habe ich aus den Schaukelstühlen zumindest mal normale Stühle gemacht. Vielleicht werde ich hier aber noch stärker eingreifen.

Die Beziehung wird mir allerdings nicht so richtig klar: Er liebt sie, möchte mit ihr zusammen bleiben, obwohl sie verrückt ist. Was ist ihre Verrücktheit? Sie ist immer noch labil, steht an einer Stelle.

Ja. Du hast in solchen Dingen ein gutes Gespür. Ich glaube, da bin ich einfach an meinen Grenzen - klingt doof, aber so empfinde ich es zur Zeit. Ich wollte schauen, über welche Strecke ich eine Geschichte mit nur zwei Protagonisten erzählen kann, die möglichst intensiv bleibt. Es sind 4000 Wörter geworden, immerhin. Ich habe an einigen Stellen Rückblenden geplant und z.T. auch geschrieben, die deine Fragen (zu Majlen) beantworten könnten. Aber das hat den Text in meinen Augen rumpelig gemacht, die Intensität der Situation ging verloren. Ich bewundere Autorinnen und Autoren, die mit solchen Rückblenden arbeiten können, welche die Dinge plausibel machen und erklären, ohne erklärend zu wirken. Ich glaube, wenn man an eine längere Erzählung / Roman ran möchte, dann müsste man das in den Griff bekommen. Ich bin dennoch zufrieden mit dem Zwischenergebnis und behaupte jetzt also: "Das wollte ich so." Habe ich ja oben in meiner Antwort an Novak ein bisschen so gemacht. :)
Aber dass sich David ausschliesslich aus dem Dialog und aus seiner Wahrnehmungsweise heraus zeigt, daran würde ich auf alle Fälle festhalten wollen.

Und natürlich erinnert mich die Grundidee an die ‚Berge wie weiße Elefanten’

Und auch hier gebe ich dir recht. Einen Originalitätspreis gewinne ich mit dieser Geschichte nicht, aber ich hoffe, dass sie mich erzählerisch weitergebracht hat.

Jetzt habe ich nur die kritischen Bemerkungen rausgepickt, also ...

All das schmälert aber für mich in keiner Weise den Lesegenuss.

Das freut mich sehr.

Danke für diese äusserst hilfreichen Rückmeldungen und die beiden Leerzeichen zwischen "noch mal" und "so was".

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hei peeperkorn,

ich lese mich hier, meist durch die neuen Geschichten, durch und bin hocherfreut an deine geraten zu sein. Es brauchte keine fünf Zeilen, ich war sofort drin. Habe alles "gesehen" und fast wäre mir auch warm geworden. Und das alles, obwohl dein Text ein recht "männlicher" ist. Der Stil klingt mir hart in den Ohren, einige Vergleiche (Kristallwörter mit den Batterien eines Walkman zu vergleichen, oder ihre Augenfarbe mit der Kühlflüssigkeit eines Eisschrankes )
Bei mir ist deine Rechnung aufgegangen: ich will gar nichts wissen über die beiden. Die stehen in der Wüste und führen ein abscheuliches Grundsatzgespräch, das zum Glück ohne happy ending auskommt.
Ich habe sie gerne begleitet, wenn auch nicht gemocht. Aber vielleicht war die Story gerade deswegen so spannend zu lesen. (Sehr schön, auch mal direkt mit dem Autor in Kontakt zu treten ;) - war mir bisher nie vergönnt.)

Herzlichen Dank für diesen Ausflug, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedel

Puh, jetzt muss ich mir erst einmal den Schweiß abwischen ...

Du, das verstehe ich wörtlich, mir scheint, du seist noch nicht ganz auf dem Damm, denn ...

nicht ohne daraufhinzuweisen, dass die Anasazi "die ältesten Leute" in der Fremdbezeichnung durch ihre mächtigen nördlichen Nachbarn, die Dine, die ihrerseits uns in der Fremdbezeichnung Navajo/Navaho bekannter sind, und unter denen ein seltsames, sesshaftes Völkchen von 6.000 Seelen, die Hopi, sich als Nachkommen der A. fühlen.

Wer wen und wo das Verb?

Aber im Ernst: Weiterhin gute Besserung, falls ich mit meiner Ferndiagnose richtig liegen sollte.

Es dürften also gut und gern zwölf und eher mehr Seiten Standardmanuskript sein.

Ja, ich taste mich (in einem zweiten Anlauf) an längere Texte heran.

Wer nun glaubt, das wäre eine Kommaschwäche, irrt. Es ist Flüchtigkeit, denn anders lässt sich nicht erklären, dass bei Konstruktionen mit den vergleichenden Konjunktionen ansonsten alles korrekt verläuft.

Hatte schon irgendeine seltsame Erklärung verfasst, aber nein, du hast recht.
Auch die beiden anderen Flusen werden korrigiert, ich habe "helfe" genommen.

Ganz herzlichen Dank, lieber Friedel, der du stets edle Politur mitbringst.

Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Wahnsinn, Peeperkorn!
(Solltest du an konstruktiver Kritik und Verbesserungsvorschlägen interessiert sein, brauchst du jetzt gar nicht weiterlesen.)

Nicht vielen Geschichten, mal abgesehen von meinen eigenen, gelingt es, von den ersten Zeilen weg einen Film in meinem Kopf ablaufen zu lassen, also quasi durchgängig bebildert zu sein. Diese hier ist wieder einmal eine dieser sternschnuppenseltenen Geschichten und nach den fünfzehn Minuten des Lesens fühlte ich mich, als hätte ich jetzt einen zweieinhalbstündigen Film gesehen. Kein Witz, und selbst jetzt, Stunden nach der Lektüre habe ich die Bilder noch im Kopf.
Woran liegt das? Ich glaube nicht, dass es die aus unzähligen Filmen sattsam bekannte Kulisse ist (meine Güte, wann guck ich schon Filme?), auch nicht diese beinahe klassisch zu nennende Roadmovie-Situation, nein, ich glaube, das liegt einzig an deiner Sprache, bzw. an der Art wie du mit der Sprache umgehst, wie du mit sorgsam gewählten Worten ungemein eindrückliche Bilder skizzierst … das Pinselgras, die Raben, die ockerfarbene Hitze … ja, mag schon sein, dass du dich da bekannter Topoi bedienst, quasi am kollektiven Unterbewusstsein unserer Generation rührst, einer Generation, die mit einschlägig konnotierten Motiven groß geworden ist, sei es jetzt durch Filme wie Paris, Texas oder Bücher von Philippe Djian oder Robert Olmstead, ja, das mag hinzukommen, aber das ist es nicht, was mich so begeistert an diesem Text - so sehr begeistert, dass ich jetzt vollkommen vorbehaltlos nur lobe und lobe und lobe - nein, es ist wie gesagt vor allem die stilistische Präzision und Brillanz, mit der du mich voll erwischt hast.
Und natürlich die beiden Figuren, Majlen und David. Auch die in Wahrheit nur skizziert, allerdings nicht mit spitzem Bleistift, sondern mit kräftigen Pinselstrichen. Ein klassisches, tragisches Liebespaar hast du hier gemalt, das mich, ob von dir beabsichtigt oder nicht, natürlich sofort an Zorg und Betty denken ließ.

Ich fang jetzt gar nicht erst mit Zitieren an, du weißt vermutlich selbst, was für großartige Sätze und Dialoge dir hier gelungen sind.
Nur einen Satz, weil ich den so besonders süß (sorry) fand:

[David dachte] … an die Raben von Furnace Creek. Vielleicht atmeten sie am Morgen, wenn es noch kalt war, tief ein und die Luft kühlte sie den Tag über von innen, bis sie am Abend wieder ausatmeten. Ein vorzeitiges Krächzen und sie mussten sterben.

Moooment!
Einen Verbesserungsvorschlag hab ich doch:

David blickte an sich herunter,
hinunter bzw. hinab

Ach ja, und noch einen:
Der Vorschlag wird dir jetzt wahrscheinlich nicht gefallen, Peeperkorn, schon klar, die Stelle ist vermutlich einer deiner Darlings im Text. Trotzdem, denk mal drüber nach:

David blickte auf die Uhr, nahm ein paar Schlucke und legte sich aufs Bett. Fünf Uhr nachmittags. Er schlief ein, während Majlen noch im Bad war.
Zäher Schleim tropfte aus Majlens Mundwinkeln. Was ist los, fragte er und sie stöhnte, es kommt raus, rief sie und er sah zwischen ihre Beine, da war überall Blut und noch mehr Schleim und etwas zwischen ihren Beinen zuckte, es zuckte und dann kroch es heraus, direkt aus ihrer Muschi und krächzte, es krächzte und spuckte Blut und statt Augen hatte es Fingernägel. Es wand sich und plumpste auf den Boden und dann sah es ihn mit seinen Fingernagelaugen an.
David schreckte hoch. Kalter Schweiß bedeckte seine Stirn, es war dunkel und viel zu kalt im Zimmer. Er suchte nach einer Decke. Dann hörte er einen Wagen wegfahren und er wusste instinktiv, dass er nach einem Zettel suchen musste. Er machte das Licht an und fand ihn direkt neben sich liegen. Es waren nur vier Zeilen.
Nach nur wenigen Worten ahnte ich, dass ich da von einem Alptraum lese, ja, und dann noch diese Fingernagelaugen … nö, das war mir einfach zu plakativ, zu Holzhammer. Kam mir beinahe so vor, als hätte sich in einen Wim Wenders-Film eine Szene aus Scary Movie verirrt.
Vor allem auch, weil das, was sich in den nächsten Zeilen offenbart, für David ja der wahre Alptraum ist. Nicht das blutige, schleimige Dingsbums machte mir beim Lesen Gänsehaut, sondern die bekam ich so richtig erst in den folgenden Zeilen.
Wenn du mutig bist, streichst du den Alptraum ersatzlos. Dafür bekämest du für die Story 100 offshore-Punkte anstatt lächerlicher 98,5.

Ist für mich mit Abstand die beste Geschichte der letzten Monate hier im Forum, mein ich ernst.

offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

du wirst es sicher verkraften, wenn ich mich diesmal nicht dem Lob anschließen kann.

Mir ist das alles viel zu offensichtlich. Den Exotismus verwendest du hier recht effektheischend, und damit etablierst du primär eine Kulisse. Was dann geschieht, spielt keine Rolle, denn dieses Geschehen vor Kulisse kontextualisiert sich mit den Bildern, die sich bereits im Kanon befinden. Ich denke an "Natural Born Killers", an "True Romance", wo der Naturalismus, das Öde, die Leere, die Weite ein Gegenspieler der Figuren ist, der eigentliche Antagonist, eine Kraft, die immanent ist. Bei dir ist das aber wie eine Leinwand, die Natur, das setting, das ist in der Narration nicht verankert. Es sorgt dafür, dass Leser sich wohlfühlen können, aber es ist nichts Zwingendes.

Dann die Dialoge. Ich glaube deinen Figuren nicht. Sie klingen nicht echt. Die Gespräche, vor allem das am Zabriskie Point, die Geschichte mit dem Opa und alles, das wirkt so unvermittelt, aufgesetzt. Nicht pointiert genug. Es ist auch so, dass sich da nichts offenbart, die Charaktere vermitteln sich nicht.

„Das ist alles so sinnlos.“ Sie zeigte auf die Ödnis, die vor ihnen lag.

Ein Beispiel. Ich habe zuerst gedacht, ich habe mich verlesen. Das klingt wirklich ein wenig nach Düsterkitsch, oder? Der folgende Dialog, wo sie um den heißen Brei herumreden - das klingt für mich auch nicht auf den Punkt. Da verlierst du dich in Allgemeinplätzen, das sind oft Worthülsen.

„Warum bist du mit mir zusammen?“
„Weil ich dich liebe.“

Hier zum Beispiel. Sprechen Menschen so? Paare die auf der Kippe stehen? Ich nehme das den Figuren nicht ab, und dann kriegt der Text natürlich ein Glaubwürdigkeitsproblem. Ich denke, du hast den sound für diese Figuren (noch) nicht, explizit hier in diesem Text, das wirkt auf mich noch sehr unentschlossen und beliebig. Vielleicht liegt es daran, dass du den Konflikt nicht verschärfen möchtest, es wird zwar einigermaßen viel geredet, aber wenig gesagt. Ich glaube, es wäre sinnvoller, das prägnanter zu gestalten. Wahrheiten aussprechen, dann wird diese Szene tief.

Du liest grade den Setz, der hat ja auch oft so Bilder, mich hat dieses an ihn erinnert:

Eine nach Leder riechende Raumkapsel, die ihre Insassen so sehr behütete, dass es kein Draußen mehr gab.

Du hast einige solcher Sätze in dem Text. Meine Meinung: Hier passt es nicht so gut. Mir ist das zu viel, du nimmst wieder mehr Umwege, auch weil die Kulisse natürlich einen dazu verlockt, das mit den Raben etc. Ich denke, das sollte für sich selbst stehen, eher auf die Figuren fokussieren. Auch das mit dem Teufel, der in Texas wohnt. Das sind so Versatzstücke, so Zitate, wenn die erwähnt werden, so viel Raum bekommen, dann denke ich, da muss da was dran sein, dann muss der Text diese Verwendung auch rechtfertigen.

Jau, sind so meine Gedanken zum Text.

Grus, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo wieselmaus

Hat mich sehr gefreut, dass du wieder reingeschaut hast. Und ich habe mich noch immer nicht revanchiert. :(

nimmst du auch Lob entgegen von Wortkriegern, die nur zum Fußvolk gehören?

Das ist ein Scherz, klar. Würde aber ernst genommen dem Charakter des Forums nicht gerecht.

Ich wünschte, ich bekäme einmal ein kleines Stück Dialog hin, wie es dir über Seiten hinweg gelingt.

Das ist wirklich eine schräge Sache. In echten Gesprächen kapiere ich manchmal einfachste Ironie nicht. Als Kind habe ich mehr gelesen als geredet. Das hat sich ausgewachsen, ich bin jetzt einigermassen in der Lage, normale Gespräche zu führen. :) Dennoch, wenn ich Dialoge schreibe, stelle ich mir nicht vor, wie zwei Menschen reden, sondern wie ich ein gutes Buch mit guten Dialogen lese. Aber ich habe jetzt ebenfalls damit begonnen, mit dem Tonband Gespräche aufzunehmen.

Ich bin gespannt, was die Kritikermeute noch im Köcher hat.

Und ich erst!

Ganz herzlichen Dank für deine Worte, wieselmaus

Hey Kanji

Und das alles, obwohl dein Text ein recht "männlicher" ist.

Das habe ich jetzt noch nie gehört. Was soll ich dazu sagen? Ich schwanke zwischen: "Oje, das wollte ich nicht!" und "Ich fühle mich geehrt!" Das "obwohl" gibt mir allerdings schon zu denken. ;)

Der Stil klingt mir hart in den Ohren, einige Vergleiche (Kristallwörter mit den Batterien eines Walkman zu vergleichen, oder ihre Augenfarbe mit der Kühlflüssigkeit eines Eisschrankes

Okay, das kann ich einordnen, die Kristallwörter wurden aber nicht mit den Batterien verglichen, aber das war so ein Bandwurmsatz und ich habe befürchtet, dass da die Übersicht verloren gehen könnte. Und die Kühlflüssigkeit. Die habe ich als Kind mal gesehen. Also nicht, dass ich wüsste, wie das funktionert, nur weil ich ein Mann bin. :)

Ich habe sie gerne begleitet, wenn auch nicht gemocht. Aber vielleicht war die Story gerade deswegen so spannend zu lesen.

Das freut mich sehr. Ist ja immer so ne Sache mit den sympathischen/unsympathischen Figuren.

Kanji, ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar!

Liebe Grüsse an euch beide
Peeperkorn

 

Lieber Peeperkorn,
ich glaube, das wird jetzt wieder eine Aufzählung meiner Lieblingsstellen, da ich an deiner Geschichte fast nichts auzusetzen habe, außer, dass mich die Sache mit der Klimaanlage irritiert hat. Wieso soll man die dann ausschalten, wenn man sie am Nötigsten braucht?

Es war ein gutes Lächeln, dachte er, sicher ein gutes Lächeln.

Beeindruckend, wie du mit diesem kleinen Satz schon die ganze Natur ihrer Beziehung ausdrückst, wie er sie belauert, wie es offenbar auch ein nicht-gutes Lächeln gibt.

Daneben ein paar Schaukelstühle und weiter links, hinter dem Parkplatz, sah er eine Schaukel, die sich trotz Windstille hin und her bewegte, so als sei eben noch ein Kind darauf gesessen und mit dem letzten Schwung abgesprungen. Aber da war niemand.

Das Kind, das nicht da sein wird, kündigt sich schon leise als Thema an. Wunderschön.

Der Wagen besaß eine Trennscheibe, dachte David, so wie bei diesen Taxis. Nur dass sie links von rechts abtrennte, unsichtbar war und Majlen dabei half, ihr Urlaubsprogramm durchzuziehen. Drei Wochen Schweigen.

Eins von diesen starken Bildern, man spürt sofort, was du meinst.

„Kristallwörter?“, fragte er schließlich. Kristallwörter waren Wörter, die man aus dem Massiv der deutschen Sprache herausschlagen musste. Auf den ersten Blick unauffällig, aber wenn man sie länger betrachtete, wenn man sie gegen das Licht hielt, sie ein paar Mal wiederholte, ganz schnell aussprach oder ganz langsam, wie ein Walkman, dessen Batterien zur Neige gehen, dann begannen sie auf einmal zu glitzern. Majlen war für die gedehnten Laute zuständig, er für die gezischten und gepressten.

Ein sehr, sehr intellektuelles Spiel. Deine Texte erweitern auch immer den Horizont. Ich werde mal drauf achten. Und in diesem Spiel sagt sie, worum es geht. Raffiniert!

„Du schweigst mich zehn Tage lang an und auf einmal willst du reden? Nach Schlüsselerlebnis am Zabriskie Point?“
„Ach, David. Alles ins Lächerliche ziehen. Bravo! In Wirklichkeit hast auch du nicht gesprochen. ‚Schau mal da!‘ und ‚Sieh mal, wie schön!‘ So reden Neunzigjährige. Immerzu plappern. Aber wenn es um Grundsätzliches geht, bleibst du stumm.“

Jetzt, wo sie redet, denkt man, irgendwie hat sie recht. Erste Zweifel an seiner Wahrnehmung.

„Ich weiß nicht, ob du eine gute Mutter sein kannst.“ Er atmete aus.

Gerade, wenn ein Text viel Geheimnisvolles, Unausgesprochenes hat, dürstet man nach solchen Stellen. Ich finde es super, dass du ihn hier nicht noch weiter rumeiern läßt.

„Komm, David. Rosa Muschi. So, wie du’s magst.“ Sie schob den Rock hoch, spreizte die Beine und er konnte sie tatsächlich sehen, ihre Muschi. Er bekam eine Erektion. David blickte an sich hinunter, als sei es die erste seines Lebens. Dreiundvierzig Grad, kurz vor dem Kollaps, vor sich eine Furie. Und er stand da, mit einem zuckenden Schwanz in der Hose. Sein Sperma würde verdampfen, bevor es rauskäme.
„Aua! Scheiße!“ Majlen sprang auf. „Heiß!“ Sie hüpfte von der Kühlerhaube, klappte den Fahrersitz herunter und warf sich bäuchlings auf die schmalen Rücksitze. Die Wasserflaschen kullerten zu Boden. „Verdammter Idiot!“, schluchzte sie und David wusste nicht, wen sie damit meinte. Sie hatte den Rock noch immer hochgezogen. Ihr Hintern war feuerrot, die Haut sah aus, als platze sie gleich. David schraubte eine der Flaschen auf und goss Wasser über die verbrannten Stellen.

Absolut gelungen die Stelle. Tragisch, erotisch und komisch-absurd.

„Mein Slip“, sagte Majlen. „Der liegt immer noch draußen in der Wüste.“
„Macht doch nichts.“ David stellte sich vor, wie ein Rabe hoch zur Sonne flog, das schwarze Stück Stoff im gelben Schnabel.

Er ging zurück ins Zimmer und legte den Zettel in die Bibel, die im Nachttisch lag, der richtige Ort für Majlens Worte, wie er fand. Zwischen altem und neuem Testament.

Beides schön.

Was den Traum betrifft, so finde ich den auch nicht unbedingt nötig.

Am Ende ist man fast überrascht, dass nichts Schlimmeres passiert ist.

Und dort durfte der Teufel mit ihm tun, was er wollte.

Ein starker Schluss.

Lieber Peeperkorn, ich bin begeistert.

Lieber Grüße von Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey offshore

Ist ja peinlich, das zuzugeben, aber bis auf „Paris, Texas“ sagen mit all die Namen und Autoren nichts. Aber das mit dem kollektiven Unterbewusstsein, das hat schon was, man hat eben diese Bilder im Kopf.
Dass du die Passage mit den Raben, die kalte Luft einatmen, zitiert hast, freut mich ungemein, die ist mein Liebling.

Der Vorschlag wird dir jetzt wahrscheinlich nicht gefallen, Peeperkorn, schon klar, die Stelle ist vermutlich einer deiner Darlings im Text. Trotzdem, denk mal drüber nach

Stimmt, war ein Liebling. Habe ich ohne mit der Wimper zu zucken gestrichen. Denn du hast Recht. Ist wie ein Kartentrick mitten in der Theateraufführung. Geht die Aufführung schief, ist da wenigstens noch der Trick. Aber nachdem die Aufführung einigermassen gelungen ist, kann man den Trick gut weglassen. Und mit einem Klick 1.5 Offshore-Punkte? Mach ich sofort!

Ist für mich mit Abstand die beste Geschichte der letzten Monate hier im Forum, mein ich ernst.

Danke!

Lieber Gruss
Peeperkorn

Hallo Jimmy

du wirst es sicher verkraften, wenn ich mich diesmal nicht dem Lob anschließen kann.
Zunächst: Das ist ein wirklich toller Kommentar, den du mir hier gibst, ganz ehrlich. Der fühlt sich an, wie ein Juckreiz, hinten am Rücken, wo man sich nicht kratzen kann und das spricht für ihn. Ich kann all deine Vorbehalte nachvollziehen, da ist nichts, wo ich denke, da hast du den Text nicht durchschaut, im Gegenteil.

Den Exotismus verwendest du hier recht effektheischend, und damit etablierst du primär eine Kulisse.

Ich mache daraus zwei Aussagen: Erstens effektheischend, zweitens Kulisse. Ich hoffe, dich richtig verstanden zu haben, wenn ich das folgendermassen ergänze: Effektheischend, weil blosse Kulisse.

Ich sehe den Punkt. Die Landschaft ist in erster Linie symbolisch angelegt, soll auf die Beziehung verweisen. Aber sie ist auch als reale Landschaft angelegt. Die Hitze soll in die Körper der Protagonisten dringen, sie soll sie irre machen und den Konflikt überhaupt erst auslösen. Und in dieser Funktion ist das vielleicht tatsächlich zu wenig.
Ich vermute, das liegt (auch) daran, dass ich vor allem visuell beschreibe, aus der Kapsel heraus gewissermassen. Wenn die Kapsel aber zerspringt, wenn die Hitze eindringt, da behaupte ich eher, das nimmt viel weniger Raum ein. Ich werde den Text dahingehend durchsehen, dass ich die Landschaft stärker spürbar machen kann. Die Landschaft müsste mit den Figuren zumindest minimal interagieren, da hast du Recht, sie bedrohen, die Beziehung direkt bedrohen. Da geh ich noch mal drüber. Dann wird die Natur hoffentlich zwingender, wird in der Geschichte stärker verankert.

Dann die Dialoge. Ich glaube deinen Figuren nicht. Sie klingen nicht echt.

Üble Sache. Kann ich aber annehmen. Die Beispiele, die du rausgepickt hast, sind gut gewählt. Ich wollte zuweilen halt auch das floskelhafte von Davids Antworten, vor allem unter Druck. Daher dieses „ich liebe dich“ und an einer Stelle wirft es ihm Majlen sogar vor. Aber auch hier werde ich noch mal drüber gehen …

Vielleicht liegt es daran, dass du den Konflikt nicht verschärfen möchtest, es wird zwar einigermaßen viel geredet, aber wenig gesagt. Ich glaube, es wäre sinnvoller, das prägnanter zu gestalten. Wahrheiten aussprechen, dann wird diese Szene tief.

… und diese Vermutung als Hypothese nehmen. Dorthin gehen, wo es weh tut, das war meine Aufgabe und ich werde schauen, ob ich noch ein, zwei Schritte weiter gehen kann.

Du liest grade den Setz, der hat ja auch oft so Bilder, mich hat dieses an ihn erinnert.

War ja klar. Irgendeiner wird’s schon merken. Tatsächlich gibt’s sogar eine ähnliche Stelle, die ich aber - bitte glaub mir – gelesen habe, nachdem ich den Satz geschrieben habe. Ich habe sogar eine Stelle (Autoscheibe als Kinolenwand) gestrichen, weil die dort steht.

Aber dass ich in diesem Text mich von Setz habe inspirieren lassen – geb ich zu. Hat Spass gemacht, werde ich in passender Dosierung weiterhin versuchen. Dass es für dich zu viel war, kann ich nachvollziehen, aber ich lasse es mal so. Den Hinweis „Mach keine Umwege“, den nehme ich aber gerne mit.

Hey, Jimmy, hab vielen Dank für deinen Kommentar, ich denke, der wird nachhallen und seine Wirkung hoffentlich auch in weiteren meiner Texte entfalten.

Liebe Grüsse
Peeperkorn

 

Hallo Pepperkorn,
mich hat Deine Geschichte sofort eingefangen, was wohl auch daran liegt, dass sie mich in eine Gegend führte, die ich genauso in Erinnerung habe.
Das Paar, dessen Beziehung die Landschaft widerspiegelt und umgekehrt, ist sehr eindrucksvoll.
Es gibt Zeiten, da ist jedes Wort mehr zu viel. Die "Wüstenluft" und das "als stopfe man ihm Sand in die Kehle" umschreibt es sehr treffend.
Beeindruckt hat mich auch, wie Du die unlogische Hysterie der Frau in Sprache und Bilder umgesetzt hast.
Du hast auch die Stimmung im Tal des Todes sehr treffend eingefangen und Geschichten, die sich um diesen Landstrich ranken, mit Deiner verwoben. Echt super!

Es gab für mich allerdings zwei Sätze, die für mich einen Bruch darstellen. Warum, dass kann ich nicht genau sagen, sie passen für mich nicht ins Bild oder in die Stimmung.
- "Die Kapsel war zersprungen."
- "wie sie einem Kätzchen die Kehle durchschnitt"
Grüsse mej

 

Hallo Peeperkorn,

Ich habe schon die erste Fassung gelesen, es aber nie geschafft, zu kommentieren … Sind jetzt vielleicht ein paar Doppler zu den anderen Kommentaren drin …

Den Anfang und das Ende mit den Steinen bzw. den Spuren im Sand finde ich als Rahmen richtig gut.

man solle die Klimaanlage ausschalten.
Warum denn?

Es war seine Schuld. Er hatte nur diese eine CD gekauft,
Wenn es ihm auf die Nervne ginge, könnte er doch anstatt dessen das Autoradio anmachen … :D

Es war ein gutes Lächeln, dachte er, sicher ein gutes Lächeln.
Da kommt schon die erste kleine Andeutung auf die Beziehungskrise. Sehr gut.

Das Gebäude duckte sich in den Sand,
„das Gebäude duckte sich“ … Ernst, ick hör dir trapsen … :Pfeif:

in der Mitte war das Dach durchbrochen und ein zweiter Stock gebaut worden.
Das klingt merkwürdig. Als wäre ein zweiter Stock auf das kaputte Dach gebaut worden.

„Findest du?“, sagte (FRAGTE) Majlen.

In Las Vegas wohne der Teufel.
Diese ganze Teufelgeschichte wird nicht so richtig weitergeführt, außer mit den Teufelshörnen später und kurz am Ende. Schade.

sah er eine Schaukel, die sich trotz Windstille hin und her bewegte, so als sei eben noch ein Kind darauf gesessen
Es spitzt sich zu … Gut.

Als sie wieder losfuhren, stand die Sonne im Zenit. Im Wagen war es heiß geworden.
Gab es eigentlich kein Dach, unter dem sie hätten parken können?

Kein Lächeln erkennbar. David ahnte nichts Gutes.
Oh, es wird immer schlimmer …

Ihm kam dieses seltsame Kraut in den Sinn, dessen Samenkapseln blitzschnell zersprangen, wenn man sie anfasste.
Was für ein Kraut ist das denn?

„In seinem letzten Lebensjahr“, sagte sie, „hat mein Großvater jeden Tag Briefe geschrieben.
Wie kommt die den auf einmal darauf?

David dachte nach. Sollte er die Samenkapsel berühren?
Hat er denn eine Kapsel oder denkt er nur daran? Das ist mir hier nicht klar.

Die Kapsel war zersprungen.
Mysteriös … Das Auto oder der Samen? :)

Die Sache mit der Schmerzunempfindlichkeit will mir nicht so richtig gefallen. Wozu das Ganze? Würde auch ohne gehen. Bin etwas zwiespältig … Vor allem, weil er das mit den Nägeln ja vorher nicht wusste. Wieso fand er sie denn überhaupt irre?

Die Flasche war bis auf einen kleinen Rest leer, es sah nicht mehr aus wie Honig, sondern wie dunkle Pisse, die auf eine üble Krankheit hinwies. Spuren.
Eine der schönsten Stellen! :thumbsup:

Majlen und er hatten keine Spuren hinterlassen. Nichts deutete darauf hin, dass sie jemals ein Paar gewesen waren.
Na ja. Der Allgemeinsatz passt nicht ganz. Es wird ja wohl irgendwas geben. Zuhause. Fotos.
Vielleicht so?
Majlen und er hatten keine Spuren hinterlassen. Nichts deutete darauf hin, dass sie jemals hier gewesen waren.

Hat mir sehr gut gefallen Die bildlichen Vergleiche gefallen mir auch.
Prima!

Schönen Tag und liebe Grüße,
GoMusic

 

Liebe Chutney

Freut mich sehr, dass du reingeschaut hast.

ich glaube, das wird jetzt wieder eine Aufzählung meiner Lieblingsstellen

So was lese ich ganz gerne. :) Ich hab kürzlich grad noch an einer anderen Stelle geschrieben, dass ich auch recht viel mitnehmen kann, wenn ich lese, was gut funktioniert.

außer, dass mich die Sache mit der Klimaanlage irritiert hat. Wieso soll man die dann ausschalten, wenn man sie am Nötigsten braucht?

Ja, die Schilder, die dort rumstehen, sind etwas ausführlicher: "Avoid overheating. Turn AC off" Wo innen gekühlt wird, da wird es aussen heiss. Das Auto könnte überhitzen.

Beeindruckend, wie du mit diesem kleinen Satz schon die ganze Natur ihrer Beziehung ausdrückst, wie er sie belauert, wie es offenbar auch ein nicht-gutes Lächeln gibt.

Die Stelle wurde jetzt schon mehrfach erwähnt, das merke ich mir auf alle Fälle.

Ein sehr, sehr intellektuelles Spiel.

Solche Wortspiele eignen sich auch gut zum gemeinsam Einschlafen. :)

Absolut gelungen die Stelle. Tragisch, erotisch und komisch-absurd.

Das freut mich sehr, da hatte ich meine Zweifel, weil das etwas an die Grenzen des Plausiblen stösst.

Was den Traum betrifft, so finde ich den auch nicht unbedingt nötig.

Ist gestrichen.

Liebe Chutney, ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar!


Hallo mej

mich hat Deine Geschichte sofort eingefangen, was wohl auch daran liegt, dass sie mich in eine Gegend führte, die ich genauso in Erinnerung habe.

Das freut mich besonders. Ich war gespannt, wie Leute das lesen, die wirklich dort waren.

Es gab für mich allerdings zwei Sätze, die für mich einen Bruch darstellen. Warum, dass kann ich nicht genau sagen, sie passen für mich nicht ins Bild oder in die Stimmung.
- "Die Kapsel war zersprungen."
- "wie sie einem Kätzchen die Kehle durchschnitt"

Den ersten Satz schrieb ich, um die Wende anzuzeigen. Die Kapsel (Auto), die die beiden vor der Aussenwelt geschützt hat, ist implodiert, und das Springkraut, d.h. Majlen ist explodiert. Insofern ist es schon gut, wenn dieser Satz etwas herausragt, weil er tatsächlich eine neue Stimmung anzeigen soll.

Beim zweiten Satz kann ich das sehr gut nachvollziehen. Ich bin ebenfalls nicht ganz glücklich damit. Ich wollte hier ein letztes Mal zeigen, dass dieser David vielleicht selbst ein etwas seltsamer Kerl ist, denn wer denkt so was, beim ersten Anblick einer Frau? Aber vielleicht ist das zu grob, das kommt ziemlich unvermittelt, da hast du schon recht. Ich werde das noch mal überdenken.

Lieben Dank für deine Ausführungen

Liebe Grüsse euch beiden
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Peeperkorn,


Im Death Valley gibt es Steine, die wandern. Spuren im Sand zeigen den Weg, den sie zurückgelegt haben, zwanzig, dreißig Meter, manchmal mehr. Es muss der Wind sein, der die Brocken bewegt, doch niemand weiß, wie er das tut. Manche sagen, es geschehe nur, wenn es regne.

Das muss ja eine Sage sein: Der Wind bewegt zwar Steine, also muss eine immense Kraft haben, aber der Sand, der die Spuren hinterläßt, ist wohl davor festgeklebt oder die Spuren einzementiert worden.

Eine nach Leder riechende Raumkapsel, die ihre Insassen so sehr behütete, dass es kein Draußen mehr gab. David drehte sich um und zählte die Wasserflaschen, die auf den Rücksitzen lagen. Alles gut. Am Abend würden sie in Las Vegas sein.
Alles gut? Für mich war das Wasserflaschenzählen ein Wink zu einer unheilvollen Szene. So als würde ihnen etwas mitten auf der Piste passieren, ein Motorschaden, ein Unfall, Überfall, was weiß ich. Und das Wasser geht aus und es ist sowas von heiß, dass die Lippen platzen und jedes Schlucken zur Qual wird. Darauf habe ich gewartet. Okay, war so nicht. :shy:

Es war ein gutes Lächeln, dachte er, sicher ein gutes Lächeln.
Schn mehrfach erwähnt, ich nochmal: Klasse Satz.

Das hellgraue Dach von Stovepipe Wells glänzte im Licht des späten Vormittags. Das Gebäude duckte sich in den Sand, in der Mitte war das Dach durchbrochen und ein zweiter Stock gebaut worden.
He, ich hab Ahnung vom Bau - aber mit dieser Beschreibung kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie in der Mitte das Dach durchgebrochen worden ist und die weitere Etage draufkam.
Als David aus dem Wagen stieg, war ihm, als dringe die Wüstenluft direkt in sein Hirn. Er stützte sich an der Autotür ab, schloss die Augen und atmete vorsichtig ein.
„Scheiße, ist das heiß.“
„Findest du?“, sagte Majlen.
Auf Jimmys Kommentar schriebst du, dass du versuchen willst, aus der Hintergrundsituation Wüste mehr an die Protagonisten ranzulassen, dass es stimmiger, verwobener wird. Habe ich das richtig verstanden?
Gerade zitierte Stelle wäre dafür prädestiniert. Ich finde das als körperliche Erfahrbarkeit nicht so gut beschrieben, wenn die Wüstenluft ins Hirn dringt. Das geht mir in eine Metaebene rein. Bei so krassen Temperaturunterschieden haut es einem fast um, da ist eine Wand, es ist ein unangenehmes heißes Luftbad, das einen umgibt, jedesmal ist man aufs Neue erstaunt, obwohl man den Effekt ja kennt, wenn man frisch aus dem Auto steigt. Das muss lebhafter - leibhaftiger - werden, finde ich.
Im Innern gab es einen Souvenirladen und ein winziges Restaurant. Es duftete nach gebratenem Speck. Sie zählten fünf an die Wand gehängte US-Flaggen,
stehen die echt da und zählen sie ab? Oder ist das eine umständliche Beschreibung, dass da fünf hängen? Ich finde diesen Satz verbesserungswürdig.

setzten sich an die Theke und bekamen wässrigen Kaffee von einer spindeldürren Frau ausgeschenkt, die aussah, als habe man ihrem Körper sämtliche Flüssigkeit entzogen.
streichen, redundant.


Der Eingang war von großen Holzfässern flankiert, deren ursprüngliche Verwendung sich ihm nicht erschloss. Daneben ein paar Schaukelstühle und weiter links, hinter dem Parkplatz, sah er eine Schaukel,
Wolltest du nicht Schaukel bei Schaukelstühlen löschen? Irgendwas hatte ich doch gelesen.
Ein Rätsel, wie diese Vögel überleben konnten. Majlen beschleunigte den Wagen wieder und David überlegte, wie er Kontakt zu ihr herstellen konnte.
Kontakt finde ich etwas zu sachlich. Eher sowas wie: ... wie er sie zum Reden bringen konnte (könnte?)/wie er es schaffen konnte, dass sie mit ihm sprechen würde ...

„Kristallwörter?“, fragte er schließlich. Kristallwörter waren Wörter, die man aus dem Massiv der deutschen Sprache herausschlagen musste.
Auf den ersten Blick unauffällig, aber wenn man sie länger betrachtete, wenn man sie gegen das Licht hielt, sie ein paar Mal wiederholte, ganz schnell aussprach oder ganz langsam, wie ein Walkman, dessen Batterien zur Neige gehen, dann begannen sie auf einmal zu glitzern. Majlen war für die gedehnten Laute zuständig, er für die gezischten und gepressten.
Hmmm ... das ist mir irgendwie zu gewollt, das fühlt sich nicht an, als wäre das wirklich ein Spiel, das sie an einem kalten Winterabend vor dem Kamin erfunden haben oder so. Das fällt für mich aus der Erzählmelodie heraus, nur schon: aus dem Massiv der deutschen Sprache herausschlagen musste wie pathetisch, nee, das ist nicht meines.

Sie erreichten Zabriskie Point. Der Aussichtspunkt lag etwas oberhalb der Straße, sie stiegen aus und quälten sich auf die Anhöhe, je eine Literflasche Wasser in der Hand. Die Sonne brannte unerbittlich, während sie auf die Wüstenlandschaft blickten.
Wieder raus aus dem Auto. Da kannst du nachlegen mit der Leibhaftigkeit. Majlen hat partout ihre Flipflops nicht gegen die Halbschuhe wechseln wollen, beim Aufstieg rutschte sie dauernd aus den Teilen auf den sengenden Sand, das tat weh; David sagte ihr zweimal, bevor sie den Weg losgingen, sie solle die Schuhe wechseln, was sie mit ihrem Dickkopf nicht wollte. Irgend sowas. Er hatte keinen Sonnenhut auf und es tat auf dem Schädel weh - das Wasser erwärmte sich innerhalb von kurzer Zeit zu einer Pissbrühe ...

Der braune Siltstein war gefurcht, als habe ein Gigant seine gespreizten Finger durch das Land gezogen. Von weitem sah die Oberfläche des Steins aus wie die spröde Haut eines menschlichen Ellenbogens.
Leider habe ich keinerlei räumliche Vorstellung von diesem Stein. Ist das ein Gebirgszug, ein Hochplateau, ein Findling in großem Ausmaß, sind das Bodenplatten? Ich kann mich nicht verorten.
„Ja, hier. Wieso nicht?“
„Du schweigst mich zehn Tage lang an und auf einmal willst du reden? Nach DEM Schlüsselerlebnis am Zabriskie Point?“
da fehlt das Wort

„Fass mich nicht an.“ Sie trat auf die Bremse, der Wagen kam ins Schlingern und blieb schließlich auf der Gegenfahrbahn stehen. „Antworte, oder ich werfe dich aus dem Wagen.“
Ich glaub es ihr und warte drauf.

David schloss die Augen. Bilder in rasender Geschwindigkeit. Ein Vorgeschmack auf diesen Film, der vor dem Tod abläuft und das gesamte Leben zusammenfasst. Er sah Majlen, wie sie ein Glas gegen die Wand warf. Wie sie mit dem Oberkörper wippte und an ihren Haaren riss. Wie sie auf dem Balkongeländer stand.
Ich behaupte, diese rasenden Bilder sind vielleicht nur in Todesangst so als schneller Kinofilm, der nicht bewusst gesteuert wird, zu sehen. Ich hatte mal einen Autounfall und bin zwei-drei Sekunden durch die Luft geflogen und dachte wirklich, ich sterbe. Diesen ominöse Lebensfilm habe ich nicht mal da gehabt.

„Ich weiß nicht, ob du eine gute Mutter sein kannst.“ Er atmete aus.
Der Satz muss her, keine Frage. Nach dem Geeiere muss man als Leser endlich mal wissen, wieso die so angepisst ist. Jedoch stelle ich die Frage in den Raum, ob gut wirklich das trifft, was David meint.
Natürlich wird sie gut sein, sie ist ja kein Ekelpaket, sonst wäre er nicht mit ihr zuzsammen - aber wird sie verantwortungsvoll sein können mit ihren Ausrastern? Ist sie zuverlässig? Ich würde eher zu so einem Wort tendieren.


„Du steigst jetzt aus.“ Sie löste den Sicherheitsgurt, griff nach einer Flasche, die auf dem Rücksitz hinter ihm lag, und warf sie ihm auf den Schoss.
... und warf sie ihm in den Schoss (auf das ß verzichte ich, Herr Eidgenosse)


„Beruhige dich.“
„Echt jetzt? Der vorbildliche Vater. Bittet das kleine Kind, sich zu beruhigen.“
Wieso kommt sie da auf ein Vaterbild, das finde ich jetzt etwas zu gewollt - jeder kann doch einen anderen bitten, sich zu beruhigen. Das ist doch keine spezielle Situation zwischen Eltern und Kind.


„Doch, doch! Ficken? Ja du, das kann sie super. Ein Kind in die Welt setzten, nein du, das lieber nicht, gell? Dazu ist sie nicht so geeignet, die Irre.“
Das gell muss unbedingt raus und einem was weichen oder nichts mehr hintendran.


Sie hob die Hände neben ihren Kopf und streckte die Zeigefinger in die Höhe. Teufelshörner. Dann glitt sie mit der Zunge über ihre Lippen. „Also gut. Komm, ficken wir.“
„Hör auf!“
Aber sie hörte nicht auf. Sie griff unter ihren Rock, zog den Slip aus und warf ihn in den Sand. Dann stieg sie auf die Kühlerhaube und setzte sich darauf.
„Komm, David. Rosa Muschi. So, wie du’s magst.“ Sie schob den Rock hoch, spreizte die Beine und er konnte sie tatsächlich sehen, ihre Muschi. Er bekam eine Erektion. David blickte an sich hinunter, als sei es die erste seines Lebens. Dreiundvierzig Grad, kurz vor dem Kollaps, vor sich eine Furie. Und er stand da, mit einem zuckenden Schwanz in der Hose. Sein Sperma würde verdampfen, bevor es rauskäme.
Gefällt mir gut.

„Du glaubst mir nicht.“ Sie drehte den Kopf wieder ab. Er hätte zurücknehmen können, was er gesagt hatte. Aber er wollte aufrichtig sein.
„Es ist nicht einfach.“
„Wieso bist du mit mir zusammen, wenn du das wirklich denkst?“, fragte sie.
„Du bist der faszinierendste Mensch, den ich kenne.“
Es ist ja sehr wohl ein Unterschied, ob sich ein erwachsener Mann entscheidet, mit einer verrückten Frau zusammen zu sein und aus freien Willen mitträgt, was mit ihr so passiert - oder ob man ein kleines Kind in die Welt setzt, das erstmal jahrelang auf die Fürsorgepflicht der Eltern angewiesen ist. Majlen will das nicht unterscheiden (wollen?). Ein Dilemma für David.

„So eine verfluchte Floskel!“ Sie schlug mit der Hand aufs Wasser.
„Wenn du es so siehst.“ David ließ sich nicht beirren. „Ich liebe dich. Aber ich denke, wir sollten warten.“
„Warten, worauf?“
„Bis es dir besser geht. Bis du stabiler bist“, sagte er.
So ein Hosenscheißer. Dabei weiß er genau, dass sich so etwas nicht herauswächst. David hat ein schlechtes Gefühl, wenn er daran denkt, dass er die Verantwortung mitträgt, ein Kind in die Welt zu setzen und eigentlich, ja, eigentlich denke ich, liebt er sie auch nicht wirklich so, wie man einen Menschen lieben könnte. Wenn es so wäre, würde er doch sagen: Scheiß drauf, wir bekommen das hin. Ich bin ja auch noch da und kann immer dann helfen, Obacht geben, wenn Majlen grade mit sich selbst beschäftigt ist.
Vielleicht hat David auch Angst, dass ein Kind das Verrückte vererbt bekommt und da er sich über sich selber manchmal auch unsicher ist, das im potenzierten Chaos landen könnte. Wer weiß.

Sie saßen einander wortlos gegenüber, der Kellner war sehr freundlich. Rinderschädel hingen an der Wand,

in der Ecke wachte ein Adler aus Wachs oder Kunststoff, er sah ziemlich echt aus.
:D also wenn man das Wachs oder den Kunststoff schon sieht, kann er ja wohl wirklich nicht besonders echt aussehen - wieso hängt da kein ausgestopfter, das käme dem doch schon näher.

. Nichts deutete darauf hin, dass sie jemals ein Paar gewesen waren.
Stimmt doch nicht :teach:
Er ging zurück ins Zimmer und legte den Zettel in die Bibel, die im Nachttisch lag, der richtige Ort für Majlens Worte, wie er fand.

Auch wenn ich einiges rausgepickt habe, möchte ich dir gerne sagen, dass mir die Geschichte gut reingelaufen ist. Da war einiges gut durchröngt, also die Worte nah an dem, was mit den zweien passiert.
Du arbeitest wirklich an den Texten und ich finde, es lohnt sich.

Majlen und David sind auch gar nicht wirklich zu greifen, das müssen sie auch nicht sein, so gibt es mehr Spielraum, was grade besonders David, im Innersten umtreibt. Wahrscheinlich weiß er es selber nicht. ;)

Einen Kritikpunkt bzw. Verständnisfrage habe ich aber, was ich innerhalb des Textes nicht als Antwort gefunden habe, mir aber wichtig erscheint:

Wieso eskaliert denn diese Frage des Kinderkriegens grade im Urlaub? Ich meine, die sind seit drei Jahren zusammen, dann macht man einen Urlaubstrip zusammen, der kostet Geld, da freut man sich drauf, will Dinge unternehmen und dann fällt der schnippischen Majlen nichts besseres ein, als den Urlaub wegen dieser - zugegebenermaßen wichtigen - Frage zu versauen.
Das kann ja gut sein, dass das grade in der Situation so hochkommen muss, aber ich hätte gerne eine Erklärung dafür. So wirkt der Konflikt etwas in die Landschaft gestellt.

Liebe Grüße
bernadette

 

Ciao GoMusic

Schön, dass du reingeschaut hast. Da freue ich mich jeweils sehr, du hast (unter anderem) einen guten Blick fürs Praktische, Bodenständige im positiven Sinne. Das ist jeweils sehr hilfreich.

Die Klimaanlage. Ja, darüber ist Chutney schon gestolpert. Vielleicht mache ich das noch klarer. (Der Motor droht zu überhitzen).

Wenn es ihm auf die Nervne ginge, könnte er doch anstatt dessen das Autoradio anmachen.

Ich weiss auch nicht, weshalb wir das damals nicht gemacht haben (wir hatten tatsächlich nur eine Radiohead- und eine Frank Zappa-CD dabei, die wir uns abwechselnd angehört haben. Vielleicht ein defektes Radio?

„das Gebäude duckte sich“ … Ernst, ick hör dir trapsen … :Pfeif:

Ja, eine kleine Reminiszenz an offshores letzten Text. Und der Kerl hat’s nicht mal bemerkt – oder zumindest nichts gesagt.

Diese ganze Teufelgeschichte wird nicht so richtig weitergeführt, außer mit den Teufelshörnen später und kurz am Ende. Schade.

Jimmy hat in diesem Zusammenhang von „Versatzstücken“ gesprochen. Hat keine echte Funktion, soll bloss Stimmung machen. Das schaue ich mir noch mal an.

Gab es eigentlich kein Dach, unter dem sie hätten parken können?

Du, das nützt nichts. Wir hatten 42 Grad.

Was für ein Kraut ist das denn?

Springkraut. Musst du unbedingt mal ausprobieren, also anfassen. Ist lustig.

Wie kommt die den auf einmal darauf?

Guter Punkt. Ich glaube, das muss ich besser vorbereiten. Gekritzel im Sand, sagt David und dann …

Hat er denn eine Kapsel oder denkt er nur daran? Das ist mir hier nicht klar.

Ne, das stellt er sich bloss vor. Kommt ihm in den Sinn, weil auch Majlen jeden Moment platzen könnte. Gehört zu seiner etwas seltsamen Gedankenwelt.

Mysteriös … Das Auto oder der Samen? :)

Beides natürlich!

Die Sache mit der Schmerzunempfindlichkeit will mir nicht so richtig gefallen. Wozu das Ganze?

Um plausibel zu machen, dass Majlen so lange auf der Kühlerhaube gesessen hat, dass sie sich verbrennen konnte. Aber ist vielleicht gar nicht nötig. Weil, du hast schon recht, es etwas seltsam ist.

Wieso fand er sie denn überhaupt irre?

Da hab ich drei Bilder: Majlen wirft ein Glas gegen die Wand, wippt mit dem Oberkörper und steht auf dem Balkongeländer. Dachte mir, diese Bilder reichen und wollte / konnte nicht mit ausführlichen Rückblenden arbeiten.

Na ja. Der Allgemeinsatz passt nicht ganz. Es wird ja wohl irgendwas geben. Zuhause. Fotos.
Vielleicht so?
Majlen und er hatten keine Spuren hinterlassen. Nichts deutete darauf hin, dass sie jemals hier gewesen waren.

Werde ich ändern, danke für den Hinweis.

Hey, ganz herzlichen Dank für deine Zeit und genaue Lektüre. Hat mir wieder mal sehr geholfen.

Gruss
Peeperkorn

 

Hey bernadette

Wow, hab vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Der Schaukelstuhl (wieder) zum Stuhl, da ist was schiefgegangen. Die Redundanz ist weg, das Schlüsselerlebnis hat ein "einem" gekriegt, die Flasche fliegt in den Schoss (mit Eszett, das hat mein Rechtschreibeprogramm nicht angezeigt, natürlich!), das "gell" ist weg, der Adler sieht nur noch echt aus, der Satz mit "nichts erinnert daran" ist geändert.

Was ich noch angehen werde, ist die Bechreibung der wandernden Steine; Sand ist hier falsch. (Also die gibt's wirklich, aber die Spuren sind auf härterer Unterlage), die Beschreibung des zweiten Stocks bei Stovepipe Wells, die Beschreibung bei Zabriskie Point, den Dialog mit "Der Vater sagt, beruhige dich." Das sind alles sehr gute Punkte, die werde ich einarbeiten, wenn ich, wohl am Samstag, mich nochmal intensiver ransetze. Deine Hinweise, an welchen Stellen ich die Interaktion mit der Natur verstärken könnte, finde ich ebenfalls überzeugend.

Bleibt noch:

stehen die echt da und zählen sie ab? [...]

Hmmm ... das ist mir irgendwie zu gewollt, das fühlt sich nicht an, als wäre das wirklich ein Spiel, das sie an einem kalten Winterabend vor dem Kamin erfunden haben oder so. Das fällt für mich aus der Erzählmelodie heraus, nur schon: aus dem Massiv der deutschen Sprache herausschlagen musste wie pathetisch, nee, das ist nicht meines.


Ja, ich wollte die Figuren schon auch als etwas intellektuell skizzieren. Ich zumindest zähle häufig Dinge, die ich sehe. :) Und ich mache auch solche Spiele (ab und zu). Bei der Formulierung: "aus dem Massiv ..." gebe ich dir Recht, das werde ich auch noch angehen.

Der Satz muss her, keine Frage. Nach dem Geeiere muss man als Leser endlich mal wissen, wieso die so angepisst ist. Jedoch stelle ich die Frage in den Raum, ob gut wirklich das trifft, was David meint.

Auch das eine gute Frage. Muss ich drüber nachdenken.

Wieso eskaliert denn diese Frage des Kinderkriegens grade im Urlaub? Ich meine, die sind seit drei Jahren zusammen, dann macht man einen Urlaubstrip zusammen, der kostet Geld, da freut man sich drauf, will Dinge unternehmen und dann fällt der schnippischen Majlen nichts besseres ein, als den Urlaub wegen dieser - zugegebenermaßen wichtigen - Frage zu versauen.

Das ist eigene Erfahrung, d.h. ich kannte da mal wen ... Immer im Urlaub fand sie Zeit, über alle Probleme nachzudenken. Ich hatte dazu sogar einen Satz in der Geschichte, vielleicht tue ich den wieder rein.


Liebe bernadette, ganz herzlichen Dank für diese Hinweise, auch deine Gedanken zu Davids Charakter habe ich sehr gerne gelesen. Freut mich, dass dich der Text angesprochen hat.

Gruss
Peeperkorn

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom