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Schwalbensommer

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07.09.2014
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Schwalbensommer

Zuerst schrie Nicole die Katze des Nachbarn an. Aber die fühlte sich gar nicht gemeint, so ungerührt, wie sie ihre Pfote leckte. Zu Recht. Denn nicht sie war es, die den Schwalbenküken auf dem Pflaster den Tod gebracht hatte. Überall verstreut lagen die Brocken des zerplatzten Nestes, dazwischen die kleinen Leiber. Hoch oben unter dem Dachüberstand klebten dunkle Ränder an der Fassade, dort wo wochenlang die Schwalbeneltern ein- und ausgeflogen waren. Auch jetzt umflatterten sie die Stelle, als gäbe es dort noch etwas zu tun. Sonst war es still im Garten.
Vielleicht war das Nest abgerissen, als sie ihren Mann beim Frühstücken beobachtet hatte. Oder eben erst, während sie gepackt hatte. Langsam setzte sie den Koffer ab.
Eines der Küken drehte den Kopf ein wenig, zuckte mit den Flügelansätzen. Und dann noch eins.
„Oh, nein“, murmelte Nicole. „Ihr habt doch gar keine Chance.“ Aber als die Katze aufstand, sich dehnte und auf den Weg machte, stürzte sie zu den beiden Überlebenden und nahm sie hoch. Ihr Gewicht war kaum spürbar, nur die winzigen Krallen kitzelten auf der Haut, als sie sich in ihre Handkuhle duckten, die Augen geschlossen, die grauweißen Federn wie Flusen. Nicole schien es, als könnte sie ihren Schock fühlen, die Betäubung nach dem Aufprall aus fünf Metern Höhe.

Mit dem Ellbogen drückte sie die Klinke der Hintertür auf und rief nach ihrem Mann. Aus seinem Büro kam keine Reaktion. Nachdem sie mehrfach gegen die Tür getreten hatte, riss er sie auf, Kopfhörer um den Hals geklemmt. Seine Augen lagen noch tiefer in den Höhlen als sonst.
„Was gibt’s? Bist du fertig mit Packen?“
Dann sah er, was sie in den Händen hielt.
„Aha. Die Katze.“
„Nein, das Nest ist abgestürzt. Da liegen noch drei tote Küken.“
„Ja und jetzt?“
Sie wollte wieder irgendwo gegentreten, schreien, aber das kleine Leben in ihren Händen vertrug keine weitere Erschütterung.
„Haben wir irgendeinen Karton? Die Eltern flattern da noch rum. Vielleicht füttern sie sie noch.“
„Jetzt hast du sie ja schon angefasst.“
„Ja, weil die Katze da rumläuft. Was hätte ich denn machen sollen?“
„Die Katze hätte das Problem gelöst.“
Jetzt schrie sie doch: „Dann geh halt wieder in deine Butze!“
„Gut.“ Er schloss die Tür.

In einen Erdbeerkarton legte sie Brocken des Nestes, damit es vertrauter wirkte. Dabei ekelte sie sich vor den Maden und kleinen, schwarzen Käfern, die sich im Lehm bewegten. Dann stellte sie den Karton nach draußen auf eine Fensterbank, unerreichbar für die Katze. Die Küken saßen eng aneinandergedrückt, vielleicht froren sie. Nicole stand zweifelnd davor, holte ein Handtuch, um sie abzudecken, nahm es wieder weg, damit die Vogeleltern ihre Küken finden könnten.
Wieder einmal dachte sie an Julian. Eigentlich war es nicht der heutige Julian, den sie vermisste, sondern der Schuljunge, für den das eine aufregende Sache gewesen wäre. Er wäre losgesaust, Fliegen fangen, hätte recherchiert und ihr ständig von seinen Ergebnissen berichtet. Aber Julian war jetzt schon ein halbes Jahr in Rostock. Sie machte ein Foto und schickte es ihm, mit der Unterschrift: “Rettungsaktion für abgestürzte Schwalbenbabys“.
Als sie den Küken nachmittags mit der Pinzette Fliegen hinhielt, sperrte das eine den gelben Schnabel auf und nahm die Fliege an. Das andere blieb verkrümmt sitzen, den Schnabel geschlossen, was ihm einen beleidigten Ausdruck gab. Der kleine Brustkorb hob und senkte sich hektisch. Von Zeit zu Zeit zuckten beide, schüttelten sich und schlugen mit den Flügeln. Nicole ersetzte die Lehmbrocken im Karton durch Küchenkrepp und brachte ihn ins Badezimmer. Abends lag ein Küken regungslos da. Über seine Augen hatten sich dünne Häutchen gezogen. In ihre Traurigkeit schob sich ein Gedanke: Wären doch bloß beide gleich mit dem Aufprall gestorben. Doch dann legte das zweite Küken den Kopf in den Nacken, sperrte den Schnabel auf und piepste um sein Leben.

„Nur fürs Protokoll: Erst willst du abhauen, weil du es unerträglich findest, dass ich einen gebrauchten Zahnstocher auf dem Tisch liegenlasse. Und jetzt bleibst du doch, weil du mich brauchst, um ein Schwalbenbaby zu retten.“ Thomas stand mit verschränkten Armen an der Spüle gelehnt.
„Ich bleibe, weil ich das Schwalbenbaby retten will. Was du dazu tust, bleibt dir überlassen.“
„Nimm es doch mit zu deiner Schwester.“
„Wo soll ich denn da bitte Fliegen fangen?“
„Was ist mit Regenwürmern? Körnern?“
„Fressen Schwalben nicht. Das muss was sein, was gerade noch geflogen ist.“
„Aha, und wie stellst du dir das morgen vor, wenn du Dienst hast?“
„Ich frage Nina. Ich sage ihr, dass du zwar da bist, aber dass du mit dem Küken nichts zu tun haben willst.“
„Du willst mich als Arschloch hinstellen.“
„Was soll ich denn machen?“
Wie er sich zusammenriss, durchatmete.
„Ruf doch im Tierheim an.“
„Hab ich schon.“
„Und?"
„Ich soll das Küken unter einen Busch setzen. Andere Tiereltern hätten auch Kinder.“
Er lachte auf.
„Wusste ich, dass dir das gefällt“, sagte sie.

Die Welt war fliegenfrei, morgens um sechs. Zum Verzweifeln fliegenfrei. Mit der Klatsche in der einen und einem Glas in der anderen Hand lief Nicole durch den Garten, suchte den Fenchel ab, die Kiwi, die sich über der Pergola wölbte.
Im Badezimmer piepste das Küken, seit Nicole aufs Klo gegangen war. Obwohl sie sich leise herangeschlichen hatte, hatte es sofort seinen Kopf unter dem Flügel hervorgezogen und losgelegt. Sein Betteln hatte sie dazu gebracht, in Nachtshirt und Shorts nach draußen zu stürzen, wo sich heute ein heißer Tag ankündigte. Im Gewächshaus, in dem in diesem Jahr nur ein paar Tomatenpflanzen vertrockneten, fing sie eine einzige Fliege. Zugleich hofften dort viele Spinnen in ihren Netzen auf Beute, genau wie die Schwalben hoch oben am Himmel, alle schienen zu warten und Nicole wartete heute mit ihnen.
Eine halbe Stunde später lag die weiße Hauswand in der Sonne und jetzt saßen sie da, schwarze, fette Brummer, benommen von der Nacht und noch viel zu träge, um sich zu retten, wenn die Klatsche auf sie niederging. Und sie, die schon manche Fliege behutsam durch das Fenster nach draußen geleitet hatte, zählte triumphierend die Leichen in ihrem Glas.

Thomas putzte sich die Zähne, während sie fütterte. Sobald sich die Pinzette mit der Fliege näherte, erhöhte das Küken die Piepsfrequenz, reckte den halbnackten Hals, schluckte zweimal und riss den Schnabel wieder auf.
„Das wäre was für Julian gewesen“, sagte sie.
„Hat der sich noch mal gemeldet?“
„Ich habe ihm ein Foto von dem Küken geschickt.“
„Und?“
„Daumen hoch und Smiley.“
„Aha.“
„Willst du nochmal gucken, wie das mit der Pinzette geht?“
„Nee, das kriege ich gerade noch hin.“

Leichter wurde es mit den Heimchen aus der Zoohandlung. Sie lebten in einer Plastikdose, wurden zwei Stunden tiefgefroren, dann schnitt Nicole die Beine ab, wegen der Widerhaken. Mittags, wenn die Sonne richtig knallte, war es Zeit für die grün glänzenden Mistfliegen. Thomas ließ die Hintertür offenstehen, trank in der Küche Kaffee, während sie einflogen, und erlegte sie, wenn sie sich vorne an der Fensterscheibe gefangen hatten. Das Küken schluckte alles und riss nach jedem Bissen den Schnabel wieder auf. Irgendwann würde es mehr verlangen. Flugstunden. Unterricht im Jagen. Das, was nur Schwalbeneltern bieten konnten. Über Google fand Nicole Frau Witte.

Kilometerweit zogen sich neben der Autobahn die Flächen mit den Solarpanelen hin. Dazwischen vertrocknete Felder. Während sich das Küken auf ihrem Schoß in Dauerschleife eingepiepst hatte, dozierte Thomas über effektiven Altruismus. „Was wir hier machen, ist genau das Gegenteil. Vier Stunden Autofahrt für einen Vogel. Die Kosten, den CO2-Ausstoß und unsere Zeit musst du da mal gegenrechnen. Und morgen frisst du wieder dein Hühnchen. Das kommt auch noch dazu.“
„Die Stunde ist rum“, sagte sie. “Hältst du mal beim nächsten Parkplatz?“
Sie hatten das Kunstnest im Karton als Reisebox zweckentfremdet, nachdem es seinen eigentlichen Sinn nicht erfüllt hatte, den Rückführungsversuch zu den Eltern. Obwohl das Küken den ganzen Tag aus Leibeskräften gepiepst hatte, waren sie, vier Tage nach dem Absturz des Nestes, nicht mehr erschienen. Stattdessen war Nicole stündlich zum Füttern auf die Leiter geklettert. Also Plan B. Frau Witte betrieb ihre Wildvogelauffangstation ein Stück hinter Hamburg. Die Autobahn vor ihnen flirrte in der Hitze. Nicole bestand darauf, die Klimaanlage nur minimal zu nutzen, damit das Küken keinen Zug bekam. Thomas widersprach nicht, obwohl die Haare in seinem Nacken klatschnass waren. Vielleicht war er auch nur erschöpft von dem, worüber sie schwiegen. Sie war erschöpft. In den letzten Tagen hatte sie den Kulturbeutel und ein paar T-Shirts wieder ausgepackt.
An der Raststätte fotografierte sie Thomas, wie er dem Küken eine Fliege hinhielt, erwischte den Moment, wo es den Schnabel weit aufgerissen hatte und ihn anzusehen schien. Als er schief in die Kamera lächelte, drückte sie nochmal auf den Auslöser.
„Hier sind wir schon mal gewesen“, sagte er, während sie die Fotos an Julian schickte. Unterschrift: Raubtierfütterung.
„Hm?“
„Hier an der Tankstelle waren wir schon mal, damals, als wir zu Westernhagen gefahren sind.“
„Westernhagen, das ist ja ewig her. Da kannten wir uns doch noch kaum. Und da haben wir auch hier gehalten? Dass du dich an die Tankstelle erinnerst.“
„Da vorne beim Eingang hast du gestanden und mit deiner Freundin gequatscht, mit dieser … - na egal, wie die hieß. Du hast gesagt: Der Typ sieht aus wie ein Schwein, aber ich krieg' nen nassen Schlüpfer, wenn ich mich dahin setze, wo der gesessen hat.“
„Was?!“
„Ja, das hast du damals über mich gesagt. Zu der – wie hieß die noch?“
„Das muss Gabi gewesen sein. Hat die das gleich weitergeplappert, oder was?“
„Nö, ich stand auf der anderen Seite vom Regal. Ich hab's gehört.“
„Und da bist du heute noch gekränkt.“
„Na, wie man's nimmt, der zweite Teil von dem Satz war ja in Ordnung.“
Sie prustete los.
„Keine Ahnung, ob ich das echt gesagt habe. Bist du sicher? Hast du mir nie erzählt.“
„Nee?“
„Außerdem lag ich ja mit dem Schwein gar nicht so falsch. Wenn man bedenkt, wie du dich dann verhalten hast.“ Sie schob einen Lacher hinterher, aber zu spät.
„Nicht schon wieder.“ Er gab ihr den Karton mit dem Küken rüber und ließ den Motor an.
„Was soll das denn heißen, „nicht schon wieder“? Wann habe ich denn das letzte Mal davon geredet? Vor zehn Jahren vielleicht.“
„Ich bin zurückgekommen.“ Er setzte zurück.
„Ja, aber da konnte Julian schon ganze Sätze reden.“
„Ich bin wiedergekommen. Ich bin geblieben. Ich bin mit zu deinem Therapeuten gegangen.“
„Zweimal, dann nicht mehr.“
„Das war öfter.“
„Nein.“
„Doch, und es hat nichts gebracht.“ Er trat aufs Gaspedal.
„Dir hat es nichts gebracht.“
„Das ist verdammt lang her. Ich war damals einfach nicht so weit. “
„Ich auch nicht. Und ich konnte mich nicht verpissen. Jetzt ras doch nicht so.“
„Ich will heute nochmal irgendwann ankommen.“
„Du hast dir noch ne wilde Jugend gemacht, schön Interrail in Griechenland, deine tolle WG mit deinen Mädels, und ich saß da und hatte Angst, dass Julian den Keuchhusten nicht überlebt.“
„Das hatten wir alles schon mal.“
„Oh, sorry, sorry, dass ich dich langweile!“
Sie biss die Zähne zusammen und sah aus dem Fenster. Das Küken piepste und sie dachte, dass sie zu wenig Fliegen mitgenommen hatten. Dann hörte sie ein zweites Geräusch. Von Thomas. Er pfiff ein leises, nervöses Lied.
„Alles klar?“, schnappte sie. „Soll ich dich ablösen mit dem Fahren?“
„Alles klar“, sagte er. Die Autobahn wurde voller und er wechselte mehrmals die Spur. Ihr Kleid klebte am Körper. Das Licht tat weh in den Augen, sodass sie die Sonnenbrille aufsetzte.
„Weißt du was?“, sagte er schließlich.
„Was?“
„Manche Dinge sind einfach kaputt. Da lässt sich nichts mehr machen. Da kann man sich abstrampeln, wie man will.“
„Du hast dich abgestrampelt?“
„Ja.“

Kurz nachdem sie die Autobahn verlassen hatten, machte das Navi schlapp. Zuerst funktionierte es noch sporadisch, aber irgendwann erschien nur noch die Anzeige „Suche GPS-Signal“. Das Kartenmaterial im Seitenfach war veraltet. Nicole fragte, was mit dem Navi los sei. Thomas erklärte was mit Linux, dass das mit dem Update nicht funktioniert hatte, aber sie hörte nicht richtig hin und er brach ab. „Wieso fragst du dann überhaupt?“ Das Küken bekam die letzte Fliege. Sie zog den Deckel des Kartons etwas tiefer, damit es schlief und seine Energien sparte, aber es piepste unter dem Deckel weiter. Julian schickte wieder einen Daumenhoch-Smiley. Sie fuhren umher, sie schwitzten, fragten an zwei Tankstellen, schienen sich in Spiralen dem Zielort zu nähern. Die Dörfer, durch die sie fuhren, wurden immer leerer, wirkten unecht in der grellen Sonne. Ein Junge, der an einer Bushaltestelle saß, aktivierte sein Smartphone und hielt es ihnen vor die Nase, aber sobald sie weiterfuhren, hatten sie schon wieder die Hälfte vergessen. Als Nicole sich gerade fragte, ob sie bis zum Ende ihres Lebens mit ihrem Mann und einem verhungernden Küken im Kreis herumfahren würde, fanden sie das Ortsschild, das sie suchten. Eine alte Frau erklärte umständlich den Weg aus dem Dorf hinaus zu dem Hof. Sie stritten sich von Kreuzung zu Kreuzung, zuletzt darüber, ob der schmale Weg rechts als Straße zählte. Schließlich bogen sie dort ein, doch der Weg verengte sich immer weiter und endete auf einem Acker, zwischen Korn und Knick. Thomas legte schwer atmend seinen Kopf auf die Nackenstütze.
„Das Küken klingt leiser“, sagte sie, „irgendwie entkräftet.“
Er stöhnte auf: „Ich hör das auch, ich bin nicht taub.“
Das Navi mischte sich ein: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“

Als sie ausstiegen, sahen sie es, ein Stück weiter, hinter Bäumen: ein rotes Hausdach.
„So“, sagte er, „wir nehmen jetzt den Vogel und gehen zu Fuß. Liefern ihn ab und kümmern uns dann um das Auto.“
„Sollten wir nicht lieber ...“
„Ich will das jetzt abliefern und gut. Schließ den Wagen ab.“
Er nahm den Karton und lief los.
„Warte.“ Sie riss ihre Tasche mit dem Portemonnaie vom Rücksitz. „Warte!“, rief sie ihm nach, aber er drehte sich nicht um, stapfte unbeirrt weiter in den Wald. Stolperte und fiel hin. Sie schrie auf.
„Bleib da!“, rief er. “Es ist hier irgendwo, nicht dass du drauftrittst. Es ist ein Stück weggeflattert.“
„Siehst du es denn?“
„Nein, im Moment noch nicht.“
„Toll, ganz toll!“, brüllte sie. „Aber du musstest ja losrennen!“
„Halt die Klappe!“
„Wo willst du das denn hier im Gestrüpp finden? Jetzt haben wir es versaut. Das war's. Jetzt kann es hier verhungern oder gefressen werden!“
„Sei still, verdammt nochmal, sei endlich still!“
Sie hielt inne, sah ihm zu, wie er sich mühsam aufrichtete, das Gesicht verzog. Seine Hose war dreckig am Knie.
„Bist du verletzt?“
„Nein. Psst.“ Er hob die Hand. Es knackte leise im Wald. Sie lauschten, versuchten auf dem Waldboden etwas zu erkennen. Übelkeit stieg in ihr auf. Dieses Küken hatte so um sein Überleben gekämpft. Thomas zog ein Taschentuch heraus und wischte den Schweiß von der Stirn.
„Okay“, sagte er, “wir suchen jetzt hier jeden Quadratzentimeter ab. Am besten durchkämmen wir die Stelle von dem Baum da aus. Weiter kann es nicht gekommen sein.“
„Durchkämmen“, sagte sie.
„Ja, durchkämmen.“
Vorsichtig setzten sie einen Schritt vor den anderen, schoben Farn und Blätter zur Seite. Sie fragte sich, ob sie es überhaupt spüren würde, das Küken unter ihrem Schuh, hockte sich hin, watschelte so weiter, bis ihre Oberschenkelmuskeln brannten. Thomas ging gebückt.
„Es ist bestimmt schon tot“, sagte sie.
„Da ist es doch!“ Er lachte.
Es saß, perfekt getarnt, in einem Blätterhaufen. Als Nicole es auf die Hand nahm, wickelte es seine Kralle um ihren Finger, guckte und piepste leise.
„Es lebt!“ Sie richtete sich lächelnd auf. Thomas machte eine Bewegung, als wolle er seine Hände um ihre legen. Dann hielt er inne und wandte sich ab.
„Ich hole den Karton.“

Sie näherten sich dem Gebäude von hinten, wie Diebe. Und genauso sahen es offenbar auch die beiden Hofhunde, die ihnen bellend entgegensprangen. Bis eine Stimme sie stoppte.
„Rico, Hermann! Aus! Hierher!“
Eine große Frau mit braunen Locken hielt ein Handy in der Hand und winkte mit der anderen.
„Kommen Sie ruhig, ich sperr die beiden ein. Einen Moment, ich telefoniere gerade noch.“
Sie schob die Hunde hinter den Zaun, schloss das Tor und zeigte auf eine Bank, neben einer großen Voliere, während sie ziemlich genau dasselbe Telefonat führte wie mit Nicole einige Tage vorher: „Nein, auf keinen Fall extra Wasser, die Fliegen reichen völlig aus ... Es läuft rückwärts, weil es versucht den Kot abzusetzen … Ja, sie hängen das Hinterteil normalerweise über die Nestkante ... Wie lange ist das her? … Dann würde sich ein Rückführungsversuch zu den Eltern lohnen … Doch, nach zwei Tagen klappt das meistens noch … Wo kommen Sie denn her?“
Sie saßen nebeneinander und warteten. Das Küken war still und Nicole hatte Angst, es würde doch noch sterben, nur weil diese Frau so lange telefonierte.

In der Mitte der Scheune stand, wie eine Insel, eine alte Couchgarnitur. Nester klebten unter den Balken und Schwalben flogen umher. In der Ecke eine schmale Tür. Frau Witte lief lachend und redend voraus.
„Wundern Sie sich nicht über das Chaos in meiner Küche. Das war heute der zwanzigste Anruf. Ich komme zu nichts anderem.“
Hinter der Küche, in einem weiteren Raum, standen lauter kleine gestrickte Höhlen auf einem Tisch. Als Nicole das Küken überreichte, fing es leise an zu piepsen und sie dachte an den Tag, als sie Julian zum ersten Mal in die Krippe gebracht hatte. Sie hoffte so sehr, dass die Frau lächelte, dass sie sah, wie besonders dieses Küken war.
Die Brille auf die Nasenspitze geschoben, sodass sie darüber hinwegschauen konnte, leuchtete Frau Witte mit einer kleinen Lampe unter die Flügel, betastete das Küken ausführlich, untersuchte den Hals und nickte.
„Da haben wir also eine kleine Mehlschwalbe. Das passt wunderbar. Ich werde sie zu meinem anderen Neuzugang setzen, der wird sich freuen. Eine Schwalbe zum Ankuscheln ist doch viel schöner als eine Wärmelampe.“
„Meinen Sie, sie hat eine Chance?“
„Aber sicher. Sie wirkt zwar etwas schlapp, ist aber unversehrt.“
Hinter ihr atmete Thomas aus.

In der Küche überbrühte Frau Witte tiefgefrorene Heimchenleiber mit kochendem Wasser und gab sie in ein Sieb zum Abtropfen. Thomas hatte sein Bein hochgelegt und trug wenig zum Gespräch bei, aber Nicole hatte das Bedürfnis, alles noch einmal genau zu erzählen.
„Das ist noch nie passiert. Wir haben da seit Jahren Schwalben an der Stelle. Aber es war wochenlang so heiß, wahrscheinlich ist der Lehm irgendwie ausgetrocknet und dann ist es abgerissen.“
Frau Witte schüttelte den Kopf.
„Es liegt meistens an Parasiten. Es gibt weniger Insekten, deshalb können die Eltern nicht mehr in der dichten Frequenz füttern wie früher. Eigentlich wäre das nicht so schlimm, nur brauchen die Jungen länger, um sich zu entwickeln. Die Sommer werden wärmer. Und wenn dann ein paar heiße Tage kommen, dann vermehren sich die Parasiten, die immer im Nest sind, explosionsartig und fressen die Küken bei lebendigem Leibe auf. Oft stürzen die sich sogar in Panik aus dem Nest. Und in Ihrem Fall haben sie wohl so herumgezappelt, dass das Nest abgerissen ist.“
Nicole erinnert sich an das Gewimmel in den Lehmbrocken. „Heißt das, das passiert jetzt öfter?“
Frau Witte nickte.
„Ich habe immer Bauwannen mit Stroh unter meinen Nestern stehen. Wenn das erste Küken rausstürzt, fällt es ins Stroh und ich kann sofort reagieren.“
Auf der Fensterbank regte sich etwas. Direkt neben der Spüle, auf der sich das Geschirr türmte, trippelte ein Vogel, dessen lange Beine im rechten Winkel zur Seite abgeknickt waren. Frau Witte lächelte.
„Eine Bachstelze. Eigentlich ist sie schon eine alte Oma, aber im vorigen Jahr ist sie gerne noch draußen ihre Runden geflogen.“
„Sie leben richtig mit den Vögeln zusammen.“
„Bis letzte Woche hatte ich hier in der Küche sogar eine Rabenkrähe, die musste vier Wochen lang eine Schiene am Bein tragen. Da musste ich mir echt was einfallen lassen, das sind so hochintelligente Vögel, die kriegen Depressionen, wenn sie sich langweilen. Am Ende habe ich ihr sogar Xylophonspielen beigebracht, mit dem Klöppel im Schnabel.“
„Nein, echt? Und jetzt?“
„Ist sie wieder ausgewildert.“
Thomas lachte. „Was für ein Aufriss. Ehrlich, wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir das Ganze dem Lauf der Natur überlassen.“ Er sah Nicoles Blick. „Ist so.“
Frau Witte füllte die Heimchenrümpfe in eine Schüssel um.
„Wenn man nicht die Zeit hat, das durchzuziehen, ist das auch die bessere Lösung. Das ist viel Aufwand das stündliche Füttern, sich informieren, das kann nicht jeder. Wenn man es falsch macht, verlängert man nur unnötig das Leiden. So, nun wollen wir den kleinen Kerl mal stärken.“
Nicole lief hinter ihr her.
„Im Grunde war es Zufall, dass wir uns kümmern konnten. Unser Sohn wollte für ein paar Tage kommen. Wir hatten uns die Zeit extra freigeschaufelt. Und dann hat er kurz vorher abgesagt, weil er für seine Klausuren lernen muss. “
„Oder was man auf Erstsemesterpartys so lernt“, rief Thomas aus der Küche, worauf Nicole gezwungen lachte.
Frau Witte griff die Heimchen mit der Pinzette, schaute über ihren Brillenrand und bediente abwechselnd die beiden aufgesperrten Schnäbel.
„Na, die zwei scheinen sich ja gut zu verstehen“, murmelte sie.
„Frisst es?“, rief Thomas.
„Kann man wohl sagen.“
„Na super, dann haben wir den heißesten Tag des Jahres wenigstens nicht umsonst auf der Autobahn verbracht.“
„Jetzt komm doch mal gucken. Das ist so süß“, sagte Nicole.
„Ich glaube es auch so.“ Er trank einen Schluck Wasser.
„Soll ich Sie gleich nochmal herumführen?“, fragte Frau Witte.
Nicole sah Thomas in der Küche abwehrend fuchteln.
„Ja, gerne“, sagte sie.

Der Geruch von fünf verschiedenen Fliegenzuchten vermischte sich mit dem Duft aufgeschnittener Apfelsinen im Vorzimmer des Überwinterungszimmers. Im Päppelraum war der Boden mit einem dichten Teppich von einer nichtfliegenden Fliegensorte bedeckt, für vorübergehend flugunfähige Vögel, die dort umherhüpften. Sie hörten Geschichten von neurologischen Störungen bei Meisenküken durch Insektizide, von abgerissenen Schwalbennestern bei Bauvorhaben und von Glasfronten an prämierter Architektur, die zur tödlichen Falle wurden.
Schließlich gelangten sie zu einer großen Voliere voller Ziervögel. „Eigentlich nehme ich nur Wildvögel auf, aber das war eine Notaufnahme. Die waren in einem erbärmlichen Zustand und wurden beschlagnahmt.“ Sobald sie die Voliere betraten, klebte ein Wellensittich auf Nicoles Fuß, ließ sich eine Weile mitnehmen, flog dann auf ihre Schulter und schmiegte sich an ihren Hals. „Auch aus einem Tierheim. Ich habe ihn Pepe genannt. Der arme Kerl ist fehlgeprägt auf Menschen, der ist so penetrant, in jedem normalen Haushalt würden sie ihn nach einem halben Tag an die Wand schmeißen.“ Pepe flatterte weiter und hängte sich vorne an das rechte Glas von Thomas Sonnenbrille. „Passen sie beim Rausgehen auf, dass er nicht durch die Schleuse mitkommt. So einen Leckerbissen würden sich die Krähen nicht entgehen lassen.“ Sie wandte sich dem Ausgang zu. Nicole sah ihren Mann an, der mit unbewegtem Gesicht dastand, während der Vogel zärtlich an seiner Augenbraue knabberte.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Chutney,
ich habe noch deine Chicks on Speed-Story vom letzten Jahr im Kopf und bin sehr gespannt, was du heute hier einstellst, der Titel deutet schon mal Ähnliches an.

Vielleicht war er auch nur erschöpft von dem, worüber sie schwiegen.
schön.

Sie war erschöpft. In den letzen Tagen hatte sie den Kulturbeutel und ein paar T-Shirts wieder ausgepackt.
letzten

Unterschrift: Raubtierfütterung(Punkt)
„Hm?“

Das muß Gabi gewesen sein
muss

„Was soll das denn heißen, „nicht schon wieder“? Wann habe ich denn das letzte Mal davon geredet? Vor zehn Jahren vielleicht.“
würde das `nicht schon wieder´ in einzelne Zeichen setzen. Nicht in diese, die richtigen finde ich nur bei Word.

„Außerdem lag ich ja wohl mit dem Schwein gar nicht so falsch. Wenn man bedenkt, wie du dich dann verhalten hast.“ Sie schob einen Lacher hinterher, aber zu spät.
auch sehr nah und gut.

„Nein“
Punkt

„Das ist verdammt lang her. Ich war damals einfach nicht so weit.(Leerzeichen weg)“

Da läßt sich nichts mehr machen
lässt

so dass sie die Sonnenbrille aufsetzte
Duden empfiehlt sodass

machte der Navi schlapp
nicht das Navi(gationsgerät)?

ob der schmale Weg rechts als Strasse zählte
Straße.

Thomas lachte:(Leerzeichen)„Was für ein Aufriss

Ich bin dir gerne gefolgt durch diese Geschichte über Entfremdung, vergebliche Versuche und den heldenhaften Einsatz der Prota und Frau Wittes. Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass andere Leser aufgrund des speziellen Themas und der Länge vorher aussteigen, was nichts heißen muss, außer, dass der neben dem, was sich auf Paarebene abspielt, der tierlastige Plot sicherlich Geschmacksache ist.
Schön zeigst du die eingeschliffenen Mechanismen in dieser kaputten Partnerschaft, die aktuell im Nichtverletzungs-Agreement verharrt. Und dann kommt dieses Küken ins Haus und es gibt das wieder, dieses gemeinsame Ding (nach dem Auszug des Sohnes), das alte Verletzungen und gemeinsame Erlebnisse anklingen lässt und doch nur wieder in die Sackgasse führt. Das Küken überlebt, immerhin, aber die zu erwartenden Probleme für die Zukunft, die du uns nahelegst, geben zu denken und machen das Einzelindividuum wertvoll.

Peace, linktofink

 

Liebe @Chutney,

ich bin ganz ehrlich: Anfangs dachte ich, puh, ganz schön viel Gerede über Vogelküken. Da ich deine Art zu schreiben aber sehr mag, bin ich dran geblieben. Dies nur als kleine Anmerkung vorneweg, ich will damit auch gar nicht unbedingt sagen, dass du da kürzen solltest oder so, aber an diese Geschichte muss man ruhig und besonnen herangehen, zumindest ich musste das. Denn bei mir war es so, dass sich mir erst erschloss, warum du so eine Konzentration auf diese(s) Küken legst, als es anfing, zwischen den beiden zu brodeln.

Ich überlege, ob man schon direkt mit dem ersten Dialog anfangen könnte, damit das gleich unmittelbarer wird. Also verletzte Küken und kaputte Ehe. Beides gleich spürbar im ersten Absatz. So irgendwie. Aber das ist natürlich nur ein Vorschlag, damit du den Leser ein klein bisschen schneller hineinziehst.

Wie sich das Ganze dann entwickelt, fand ich aber schmerzhaft schön. Wie das Küken dafür sorgt, dass die Wunden neu aufreißen, das hast du gut erzählt, das fühlt sich sehr echt an. Vor allem die kleinen hellen Momente, in denen man spürt, da ist noch so etwas wie Wärme zwischen dem Paar, ein Funke, der aber dann leider auch schnell wieder verglüht. Das fand ich schmerzhaft, aber auch nachvollziehbar. Manchmal hilft alles "abstrampeln" nichts mehr, wie sagt er so schön: Manche Dinge sind einfach kaputt. Natürlich liegt "kaputt" und "sich abstrampeln" im Auge des Betrachters, manche Menschen können ewig kämpfen, andere geben sehr schnell auf. Hier erahne ich so ein Ungleichgewicht. Und das tut weh.
Erklärt auch Nicoles fast schon verzweifeltes Kämpfen um das kleine Küken. Fast wirkt es so, als ob das Küken für die Ehe/Beziehung steht. Wenn sie es nicht schafft, das kleine Ding zu retten, dann ist alles andere auch im Arsch. Hm, vielleicht interpretiere ich da aber auch zu viel, wer weiß.

Ich habe das gerne gelesen, Chutney.
Liebe Grüße
RinaWu

 

Liebe Chutney,

och, das hätte ich jetzt noch paar hundert Seiten weiter lesen können :). Aber klar, ich bin hier auch eindeutig die Zielgruppe und da gäbe es doch noch so viel zu erzählen, wenn sie denn zurück ins Haus kommen und sie ihren Koffer nimmt, zur Schwester zieht und all diese Rückblenden erst ... Also ich habe mich in deinem Text sehr wohl gefühlt. Ist auch so schön langsam und "Sommergefühle" schaden gerade auch nicht.

Denn nicht sie war es, die den Schwalbenküken auf dem Pflaster den Tod gebracht hatte.
Oh, nein!

Auch jetzt umflatterten sie die Stelle, als gäbe es dort noch etwas zu tun.
Ich hatte mal ein brütendes Grauschnäpperpärchen im Vogelfutterhaus. Doofer Platz und natürlich wurde das Nest geräubert, ob vom Eichhörnchen oder Eichelhäher weiß ich nicht, aber die armen Kleinen und die armen Eltern. Es war so furchtbar. Natur ist so gemein!

Vielleicht war es geschehen, als sie ihren Mann beim Frühstücken beobachtete. Aber dann hätten sie den Knall vor dem Fenster bestimmt gehört.
Meinste das macht einen solchen Krach?

Nachdem sie mehrfach gegen die Tür getreten hatte, riß/riss er sie auf. Seine Augen lagen noch tiefer in den Höhlen als sonst.

„Ja, weil die Katze da rumläuft. Was hätte ich denn machen sollen?“
„Die Katze hätte das Problem gelöst.“
Jetzt schrie sie doch: „Dann geh halt wieder in deine Butze!“
„Gut.“ Er schloß/schloss die Tür.
Oha. Ja, so ist also daheim bei denen.

Dabei ekelte sie sich über das Ungeziefer, das im Lehm umherkroch, stellte schließlich den Karton nach draussen/draußen auf einen Sims, unerreichbar für die Katze.

Wieder einmal sehnte sie sich nach Julian. Eigentlich war es nicht der heutige Julian, den sie vermißte/vermisste, sondern der Schuljunge, für den das eine aufregende Sache gewesen wäre.
Was da los bei Dir? :)

„Du willst mich als Arschloch hinstellen.“
„Was soll ich denn machen?“
Wie er sich zusammenriss, durchatmete.
„Ruf doch im Tierheim an.“
„Hab ich schon.“
„Und?"
„Ich soll das Küken unter einen Busch setzen. Andere Tiereltern hätten auch Kinder.“
Er lachte auf.
„Wusste ich, dass dir das gefällt.“
Ja, manche Menschen können einfach nicht so, wie von der Natur gedacht.

Sein Betteln hatte sie dazu gebracht, in Nachtshirt und Shorts nach draussen/draußen zu stürzen, wo sich heute ein heißer Tag ankündigte.

Im Gewächshaus, in dem in diesem Jahr nur wenige Tomatenpflanzen vertrockneten, fing sie eine einzige Fliege. Zugleich hofften dort viele Spinnen in ihren Netzen ebenfalls auf Beute, genau wie die Schwalben hoch oben am Himmel, alle schienen zu warten und Nicole wartete heute mit ihnen.
Nice!

Und sie, die schon manche Fliege behutsam durch das Fenster nach draußen geleitet hatte, zählte triumphierend die Leichen in ihrem Glas.
hehe

Thomas putzte sich die Zähne, während sie fütterte. Sobald sich die Pinzette mit der Fliege näherte, erhöhte das Küken die Piepsfrequenz, reckte den halbnackten Hals, schluckte zweimal und riß/riss den Schnabel wieder auf.

„Willst du nochmal gucken, wie das mit der Pinzette geht?“
„Nee, das kriege ich grade noch hin.“
Ach, schau an. Ja, Arschloch will man bei den Nachbarn nicht sein. Und wahrscheinlich hat er ja doch irgendwo ein Herz in sich, immerhin hatte sie sich ja mal in ihn verliebt.

Thomas widersprach nicht, obwohl die Haare in seinem Nacken klatschnass waren.
Ja, trotz der Logik doch erwischt. Mitgegangen, mitgefangen. Wenn man erst mal so ein Ersatzpapa ist, dann auch ganz.

Vielleicht war er auch nur erschöpft von dem, worüber sie schwiegen. Sie war erschöpft.
Reicht. Die Dialoge davor sprechen ja schon in ganzen Bildern.

„Hier an der Raststätte waren wir schon mal, damals, als wir zu Westernhagen gefahren sind.“
„Echt? Da kannten wir uns doch noch kaum. Und da haben wir auch hier gehalten? Dass du dich an die Raststätte erinnerst.“
„Da vorne beim Eingang hast du gestanden und mit deiner Freundin gequatscht, mit dieser … - na egal, wie die hieß. Du hast gesagt: der Typ sieht aus wie ein Schwein, aber ich krieg' nen nassen Schlüpfer, wenn ich mich dahin setze, wo der gesessen hat.“
Oh, da kommt ja richtig was von ihm. Und klar, so wie das begonnen hat, konnte aus den beiden nur ein Paar werden :D.

„Außerdem lag ich ja wohl mit dem Schwein gar nicht so falsch. Wenn man bedenkt, wie du dich dann verhalten hast.“ Sie schob einen Lacher hinterher, aber zu spät.
Und wieder vorbei der Moment.

„Ich bin zurückgekommen.“ Er setzte zurück.
„Ja, aber da konnte Julian schon ganze Sätze reden.“
Okay ...

„Ich bin wiedergekommen. Ich bin geblieben. Ich bin mit zu deinem Therapeuten gegangen.“
„Zweimal, dann nicht mehr.“
„Das war öfter.“
„Nein.“
„Doch, und es hat nichts gebracht.“ Er trat aufs Gaspedal.
Dialoge sind echt gut.

„Und ich will lebendig ankommen, verstehst du? Ich will leben. Du hast dir noch ne wilde Jugend gemacht, schön Interrail in Griechenland, mit deinen Mädels, deine WG, wo ihr euer dreckiges Geschirr einfach in die Badewanne gestellt habt, ha wie lustig. Und ich saß da und hatte Angst, dass Julian den Keuchhusten nicht überlebt.“
Wenn sie ihm das nie verziehen hat, grenzt es eigentlich schon an ein Wunder, dass die beiden da jetzt noch zusammen im Auto sitzen.

„Weißt du was?“, sagte er schließlich.
„Was?“
„Manche Dinge sind einfach kaputt. Da lässt sich nichts mehr machen. Da kann man sich abstrampeln, wie man will.“
„Du hast dich abgestrampelt?“
„Ja.“
Sag ich doch.

Kurz nachdem sie die Autobahn verlassen hatten, machte das Navi schlapp. Zuerst funktionierte er/es noch sporadisch, aber irgendwann erschien nur noch die Anzeige „Suche GPS-Signal“.

... aber sie hörte nicht richtig hin und er brach ab. „Wieso fragst du dann überhaupt?“
Ich kann das ja bei dem Thema verstehen, aber er gibt sich ja nun gerade wirklich Mühe - ich bin geneigt die Seiten zu wechseln.

Julian schickte wieder einen Daumenhoch-Smiley.
Irgendwie ist geil, dass man von den Kindern nach deren Nestflucht nur noch Smilies bekommt :D.

Sie stritten sich von Kreuzung zu Kreuzung, zuletzt darüber, ob der schmale Weg rechts als Straße zählte.

„Das Küken klingt leiser“, sagte sie, „irgendwie entkräftet.“
Er stöhnte auf: „Ich hör das auch, ich bin nicht taub.“
Ach, je. Weiß auch nicht, man möchte ja beide nehmen und schütteln, bin mir aber nicht sicher, ob das reicht.

„Warte.“ Sie riß/riss ihre Tasche mit dem Portemonnaie vom Rücksitz.

„Sei still, verdammt nochmal, sei endlich still!“
Und das meint er sicher nicht nur für den Moment. Für mich könnte die Sturzszene aber echt bisschen straffer sein, die führt ja so richtig zu nichts.

„Es lebt!“ Sie richtete sich lächelnd auf. Thomas machte eine Bewegung, als wolle er seine Hände um ihre legen. Dann hielt er inne und wandte sich ab.
Sag doch, er ist gar nicht so ein Ekel. Sie konnte ihm nur nie verzeihen.

Der Rest ist zwar interessant, aber eigentlich bringt es die Geschichte nicht weiter, außer dass man das Vögelchen in guten Händen weiß. Oder ich habe unaufmerksam gelesen. Obwohl, die Parasiten, die dem Nachwuchs schaden - das ist schon hübsch auch, so als Parallele, aber gibt mir eigentlich keine neue Info.
Mutter hat sich all die Jahren um die Aufzucht gekümmert, dann ist der Sohn ausgeflogen, die Stille zog ein, die Ablenkung weg, alte - nicht abgeheilte Wunden - verschaffen sich wieder mehr Platz und Raum. Das Schwalbenmini haben sie gerettet, ob es ein Anfang sein kann, weiß nicht, dazu finde ich kaum einen Hinweis, sie geht ja keinen Zentimeter auf ihn zu. Jetzt kam der Koffer nicht zum Einsatz, der Schwalbensturz hat ihnen noch etwas Zeit verschafft, ob die beiden sie nutzen? Keine Ahnung.

Viel über Schwalben gelernt und auch sonst sehr gern gelesen!
Liebe Grüße, Fliege

 

Hallo @Chutney,

am Anfang dachte ich, metaphorisch versucht sie da ihre Ehe/Beziehung zu retten, das' der Vogel. Das war mir fast ein bisschen flach, aber im Laufe der Geschichte habe ich gemerkt, es liegt ja auch komplizierter. An dem Vogel zeigt sich halt, was die beiden auseinander getrieben hat. Er so ein bisschen Spaßgesellschaft, Leben ist kein Ponyhof, kann ich auch nicht ändern, trinke ich halt einen in Griechenland. Sie so Hippie. Oder nee. Verantwortungsbewusster, erwachsener? Sich kümmernd? Wobei er seine Einstellung wohl für die eigentlich erwachsene hält. Schon nicht einfach. Die waren von Anfang an so, aber man merkt's halt erst, wenn man 24/7 aufeinander hängt. Gut fand ich auch das Gespräch im Auto, wo er ihr ihre Ökobilanz für die Vogelrettung vorhält. Dieses "Ist doch eh alles im Eimer, also wen juckt's?" vs "Ich rette die Welt or die trying". Da kollidieren die Ansichten übers Leben, das fand ich gut herausgestellt. Klar hätte ich es besser gefunden, wenn sie gemerkt hätte, dass der Vogel Menschenblut zum Überleben braucht, aber ich bin jetzt auch nicht das Maß aller Dinge. Gute Story.

riß er sie
riss ... oder ist das Schweiz oder so?

Sie nahm einen Erdbeerkarton, und legte einige Trümmer des Nestes hinein
Bin bei Komma vor und selbst unsicher manchmal, aber was folgt ist ja kein richtiger Satz, darum wirkt die Pause auf mich unnatürlich.

vermißte
Okay, scheint Absicht zu sein.

Sie machte ein Foto und schickte es ihm, mit der Unterschrift: “Rettungsaktion für abgestürzte Schwalbenbabys“.
Das finde ich ganz interessant, das gar nicht mehr dazu zu sagen, per Handy, per WhattsApp, weil klar, ist halt in so gut wie jedermanns Alltag angekommen.

Erst willst du abhauen, weil du es unerträglich findest, dass ich einen gebrauchten Zahnstocher auf dem Tisch liegenlasse.
Hier habe ich mich gefragt: Wenn's dem Ende entgegen geht, nach längerer Beziehung, klar, dann gerät man wegen Kleinigkeiten aneinander. Aber weiß das nicht echt jeder, dass es eigentlich um was anderes geht, dass der andere einen jetzt nicht aus seinem Leben schmeißt, weil man den Pudding schon wieder mit der Kuchengabel isst?

Mit der Klatsche in der einen und einem Glas in der anderen Hand lief Nicole durch den Garten, suchte den Fenchel ab, die Kiwi, die sich über der Pergola wölbte.
Draußen 'ne Fliege fangen? Das ist ja wie im Kung-Fu-Film.

grün, glänzenden Mistfliegen
Grün bezieht sich als Adverb auf glänzenden.

Thomas ließ die Hintertür aufstehen,
Nichts gegen Umgangssprache, um einen Text flockiger zu machen, aber hier bin ich kurz gestolpert.

Die Kosten, den CO2-Ausstoß und unsere Zeit musst du da mal gegenrechnen. Und morgen frisst du wieder dein Hühnchen. Das kommt auch noch dazu.
Das finde ich gut, wie hier die Unterschiede in den Persönlichkeiten aufgedeckt werden. Worum es eben wirklich geht, wenn über Zahnstocher geschimpft wird.

Unterschrift: Raubtierfütterung
.

Jetzt rase nicht so.
"rase" ist zu korrekt für wörtliche Rede.

„Und ich will lebendig ankommen, verstehst du? Ich will leben. Du hast dir noch ne wilde Jugend gemacht, schön Interrail in Griechenland, mit deinen Mädels, deine WG, wo ihr euer dreckiges Geschirr einfach in die Badewanne gestellt habt, ha wie lustig. Und ich saß da und hatte Angst, dass Julian den Keuchhusten nicht überlebt.
Ihr Gedankensprung geht mir da ein bisschen weit, sodass ich die Autorin höre, der mir diese Interrail-Info geben will.

Manche Dinge sind einfach kaputt. Da lässt sich nichts mehr machen.
Darum geht's.

das das mit dem Update
dass das

fanden sie das Ortsschild, dass sie suchten.
das (welches)

Am Ende habe ich ihr sogar Xylophonspielen beigebracht, mit dem Klöppel im Schnabel.
Jetzt würde ich machen, dass ich da raus komme.

So nun wollen wir den
So,

Und Nicole sah ihren Mann an, der mit unbewegtem Gesicht dastand, während der Vogel zärtlich an seiner Augenbraue knabberte.
Den letzten Satz fänd ich stärker ohne eigenen Absatz und ohne Und. Beides sind so Elemente, die sagen: So, pass auf, jetzt kommt's nämlich. Weniger explizit haut aber meistens viel krasser rein.

Viele Grüße
JC

 

@linktofink , @RinaWu und @Fliege ,
erst einmal ganz herzlichen Dank für eure tollen Kommentare. Ich habe ganz viele Fehler korrigiert und werde insbesondere beim nächsten Mal auf die ss/ß Thematik achten. (ist ja eigentlich nicht so schwer :shy:)
Anlass für die Geschichte war eine tatsächliche Schwalbenbabyrettungsaktion in diesem Sommer, die allerdings sehr viel harmonischer ablief. Und der Koffer inspirierte mich dann zu einem Ehedrama.

Hallo @linktofink,
was für ein schöner Kommentar. Du bist ja superflott, was für mich natürlich prima war und dann hast du mir freundlicherweise auch noch so viele Fehler rausgepickt.

ich habe noch deine Chicks on Speed-Story vom letzten Jahr im Kopf und bin sehr gespannt, was du heute hier einstellst, der Titel deutet schon mal Ähnliches an.
Ja, ich habe gedacht, was einmal funktioniert hat ... :D
Aber diese Geschichte ist dann einfach nicht so lustig geworden.

Ich bin dir gerne gefolgt durch diese Geschichte über Entfremdung, vergebliche Versuche und den heldenhaften Einsatz der Prota und Frau Wittes.
Das freut mich und der Thomas hat sich ja auch eingesetzt, letztlich.

Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass andere Leser aufgrund des speziellen Themas und der Länge vorher aussteigen, was nichts heißen muss, außer, dass der neben dem, was sich auf Paarebene abspielt, der tierlastige Plot sicherlich Geschmacksache ist.
Das stimmt und da bin ich auch sehr interessiert an den Rückmeldungen. Es scheint für dich nicht zuviel gewesen zu sein. (oder du wärst ausgestiegen, wenn es nicht die Challenge wäre?) Eigentlich hat der Text zwei Themen, die zwar etwas miteinander zu tun haben, aber ich bin mir auch nicht sicher, ob es funktioniert.

Schön zeigst du die eingeschliffenen Mechanismen in dieser kaputten Partnerschaft, die aktuell im Nichtverletzungs-Agreement verharrt. Und dann kommt dieses Küken ins Haus und es gibt das wieder, dieses gemeinsame Ding (nach dem Auszug des Sohnes), das alte Verletzungen und gemeinsame Erlebnisse anklingen lässt und doch nur wieder in die Sackgasse führt.
gut ausgedrückt, "Nichtverletzungs-Agreement", das merke ich mir. Überhaupt fühle ich mich von dir voll verstanden, das war es, was ich erzählen wollte. Vielleicht sehe ich diese Ehe sogar ein bisschen weniger pessimistisch, @RinaWu schreibt von Lichtpunkten. Aber da sind schon sehr eingefahrene Mechanismen, das stimmt.

Das Küken überlebt, immerhin, aber die zu erwartenden Probleme für die Zukunft, die du uns nahelegst, geben zu denken und machen das Einzelindividuum wertvoll.
Ja, das ist vielleicht das dritte Thema, das, was mit der Welt passiert.

Ich danke dir, @linktofink, das war sehr wertvoll für mich.
Herzliche Grüße von Chutney


Liebe @RinaWu ,
auch über deinen Kommentar habe ich mich sehr gefreut. Du hast da ein paar wichtige Punkte angesprochen.

ich bin ganz ehrlich: Anfangs dachte ich, puh, ganz schön viel Gerede über Vogelküken.
Zuviel? Ja, es geht recht ruhig los und erstmal lange um die Küken.

Da ich deine Art zu schreiben aber sehr mag, bin ich dran geblieben.
:kuss:

Ich überlege, ob man schon direkt mit dem ersten Dialog anfangen könnte, damit das gleich unmittelbarer wird. Also verletzte Küken und kaputte Ehe.
Oh ja, ich habe es mir angeschaut, das würde tatsächlich gehen. Ist vielleicht sogar eine gute Idee und wäre ein knackigerer Einstieg. Aber fällt mir gerade noch echt schwer, solange, wie ich an dem ersten Abschnitt gefeilt habe. Ich behalte es im Kopf!

Wie sich das Ganze dann entwickelt, fand ich aber schmerzhaft schön.
Oh danke!

Vor allem die kleinen hellen Momente, in denen man spürt, da ist noch so etwas wie Wärme zwischen dem Paar, ein Funke, der aber dann leider auch schnell wieder verglüht.
Ich freu mich, dass du diese Momente auch wahrnimmst.

Manchmal hilft alles "abstrampeln" nichts mehr, wie sagt er so schön: Manche Dinge sind einfach kaputt. Natürlich liegt "kaputt" und "sich abstrampeln" im Auge des Betrachters, manche Menschen können ewig kämpfen, andere geben sehr schnell auf. Hier erahne ich so ein Ungleichgewicht. Und das tut weh.
Ja, das ist gut ausgedrückt.

Erklärt auch Nicoles fast schon verzweifeltes Kämpfen um das kleine Küken. Fast wirkt es so, als ob das Küken für die Ehe/Beziehung steht. Wenn sie es nicht schafft, das kleine Ding zu retten, dann ist alles andere auch im Arsch.
Hm, vielleicht interpretiere ich da aber auch zu viel, wer weiß.
Doch, sowas kam mir beim Schreiben auch in den Kopf, dass das Küken für das steht, was noch übrig ist. Und es greift das Thema auf, das die Grundverletzung in dieser Beziehung ist. Es geht wieder darum, sich gemeinsam um etwas zu kümmern.

Liebe Rina, das hat mir ganz viel gebracht. Herzlichen Dank dafür!
Liebe Grüße von Chutney


Liebe @Fliege,
ich hatte ja ein etwas schlechtes Gewissen, soviele Fliegen, die in der Geschichte umgebracht werden ...
Aber du scheinst es mit Fassung zu tragen, das ist schön.

och, das hätte ich jetzt noch paar hundert Seiten weiter lesen können
Oh wie schön!

Aber klar, ich bin hier auch eindeutig die Zielgruppe und da gäbe es doch noch so viel zu erzählen, wenn sie denn zurück ins Haus kommen und sie ihren Koffer nimmt, zur Schwester zieht und all diese Rückblenden erst ...
Zwischendurch habe ich auch gedacht, man könnte daraus einen Roman machen, schon allein aus der Autofahrt.

Ist auch so schön langsam und "Sommergefühle" schaden gerade auch nicht.
Ja, die Geschichte ist ziemlich ruhig erzählt. Das habt ihr alle drei irgendwie erwähnt, ohne euch so direkt zu beklagen. Mal sehen, ob noch welche kommen, die sich echt gelangweilt haben.

Ich hatte mal ein brütendes Grauschnäpperpärchen im Vogelfutterhaus. Doofer Platz und natürlich wurde das Nest geräubert, ob vom Eichhörnchen oder Eichelhäher weiß ich nicht, aber die armen Kleinen und die armen Eltern. Es war so furchtbar. Natur ist so gemein!
Irgendwie ja. Tja und die Eichhörnchen sind ja auch so süß ...


Vielleicht war es geschehen, als sie ihren Mann beim Frühstücken beobachtete. Aber dann hätten sie den Knall vor dem Fenster bestimmt gehört.
Meinste das macht einen solchen Krach?
Doch, ich glaube, direkt vor dem Fenster würde man das hören. Oder? Aus fünf Metern Höhe? Ich bin mir nicht ganz sicher.

Ach, schau an. Ja, Arschloch will man bei den Nachbarn nicht sein. Und wahrscheinlich hat er ja doch irgendwo ein Herz in sich, immerhin hatte sie sich ja mal in ihn verliebt.
Klar hat er das.

Vielleicht war er auch nur erschöpft von dem, worüber sie schwiegen. Sie war erschöpft.
Reicht. Die Dialoge davor sprechen ja schon in ganzen Bildern.
Meinst du, ich soll die beiden Sätze weglassen? @linktofink fand die ganz gut. Ich überlege noch.

Wenn sie ihm das nie verziehen hat, grenzt es eigentlich schon an ein Wunder, dass die beiden da jetzt noch zusammen im Auto sitzen.
Vielleicht hatte sie zwischendurch vergessen, dass sie ihm noch nicht verziehen hat. Oder sie packt das jetzt aus, wo sie sich wieder gekränkt fühlt.

Ich kann das ja bei dem Thema verstehen, aber er gibt sich ja nun gerade wirklich Mühe - ich bin geneigt die Seiten zu wechseln.
Da bin ich aber froh. Mir ist schon daran gelegen, dass man hier nicht wirklich Partei ergreifen kann. Dass die Verletzungen und diese Schleifen, in denen die hängen, eher als tragisch empfunden werden. Und er kommt ja erst ziemlich hart rüber, aber eigentlich steht er an ihrer Seite, wenns drauf ankommt.

Julian schickte wieder einen Daumenhoch-Smiley.
Irgendwie ist geil, dass man von den Kindern nach deren Nestflucht nur noch Smilies bekommt :D.
Ja, das soll so ein Running Gag sein. Hätte ich noch öfter machen können.

Und das meint er sicher nicht nur für den Moment. Für mich könnte die Sturzszene aber echt bisschen straffer sein, die führt ja so richtig zu nichts.
Aber es zeigt sich ja schon, dass sie es selbst in dieser Situation noch hinkriegen. Und der Moment der Nähe war mir auch wichtig.

Sag doch, er ist gar nicht so ein Ekel. Sie konnte ihm nur nie verzeihen.
Ja

Der Rest ist zwar interessant, aber eigentlich bringt es die Geschichte nicht weiter, außer dass man das Vögelchen in guten Händen weiß.
Das stimmt und ich habe auch ernsthaft überlegt, an dieser Stelle aufzuhören. Dann hätte ich aber all die interessanten Erlebnisse bei der Vogelretterin nicht mehr erzählen können, da wäre ein fettes Darling zu killen. Ich merke es mir.

Mutter hat sich all die Jahren um die Aufzucht gekümmert, dann ist der Sohn ausgeflogen, die Stille zog ein, die Ablenkung weg, alte - nicht abgeheilte Wunden - verschaffen sich wieder mehr Platz und Raum. Das Schwalbenmini haben sie gerettet, ob es ein Anfang sein kann, weiß nicht, dazu finde ich kaum einen Hinweis, sie geht ja keinen Zentimeter auf ihn zu.
Ja, das trifft schon genau den Moment, mit dem die Geschichte endet. Mit der Möglichkeit, dass sie jetzt auf ihn zugeht.

Viel über Schwalben gelernt und auch sonst sehr gern gelesen!

Herzlichen Dank, liebe Fliege, das war ein toller Kommentar, du hast mir einiges zum Nachdenken gegeben.
Liebe Grüße von Chutney

 

Meinst du, ich soll die beiden Sätze weglassen? @linktofink fand die ganz gut. Ich überlege noch.
Auf gar keinen Fall! Ich meinte eher, dass die so für sich stehen können, weil man sie in ihrer ganzen Tragik durch die Vorarbeit erfässt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Chutney,

auch ich habe deine Geschichte wirklich gerne gelesen. Mir gefällt, wie du die Situation dieses Ehepaars anhand seines Umgangs mit dem Vogel-Problem darstellst. Das liest sich sehr gut und flüssig. Zum Ende hin wurde es mir ein bisschen zu viel, was ich da an Informationen über Frau Witte und ihr Tun erhalte. Da fing ich an, etwas querzulesen.

Von Anfang an charakterisierst du deine beiden Hauptfiguren sehr gut und es fällt mir leicht, sie mir vorzustellen. Nicole in ihrer genervten Aggressivität, von der ich eigentlich auch am Ende nicht so recht weiß, wo sie herrührt, und Thomas, der dröge und ironisch-sarkastisch auf seine Frau und ihre Bemühungen reagiert, sich manchmal wegbeamt, ihr letztendlich aber doch zur Seite steht. Beide nehmen sich keine Zeit für eine Aufarbeitung des Status quo ihrer Ehe: Sie packt mehr oder weniger ernsthaft den Koffer, ihm gelingt es nicht, seinem spontanen Bedürfnis, die Hände auf ihre zu legen, nachzugeben. Und so verändert sich auch nicht viel in deiner Geschichte. Alle Aufregung mit dem kleinen Vogel und alle Bemühungen, ihm zu helfen, führen nicht dazu, dass die beiden einander näher kommen. Ein bisschen vorbelastet durch amerikanische Kurzgeschichten hatte ich am Anfang erwartet, dass mir die gemeinsame Rettungsaktion Konkreteres über die zwischen den beiden schwelenden Probleme vermitteln würde. Aber am Ende weiß ich nicht viel mehr als am Anfang: Ja, der Thomas hat sich wie ein Schwein benommen, ist abgehauen, hat sie allein gelassen, ist erst nach ein paar Jahren wieder aufgetaucht. Aber das ist doch mehr als ein Jahrzehnt her. Haben sie das die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt, ist das die Erklärung für Nicols Ausbruchsversuch? Der vergessene Zahnstocher ist nur der Anlass, nicht die Ursache der jetzigen Situation. Dieses so ausgiebige Sich-kümmern Nicols um den kleinen Vogel scheint mir auf ein Defizit hinzudeuten. Ist da bei ihr (oder sogar bei beiden) nach dem Auszug ihres Sohnes eine Leere entstanden, die sie nicht oder noch nicht füllen können?

Und ich will lebendig ankommen, verstehst du? Ich will leben.
Nicole möchte leben, was immer sie damit meint. Da schimmert so etwas wie Sinnsuche durch.

Mir gefällt der Thomas in seiner drögen ironisch-sarkastischen Art eigentlich ganz gut, zumindest haben mich manche seiner Äußerungen schmunzeln lassen:

… , dozierte Thomas über effektiven Altruismus. „Was wir hier machen, ist genau das Gegenteil. Vier Stunden Autofahrt für einen Vogel. Die Kosten, den CO2-Ausstoß und unsere Zeit musst du da mal gegenrechnen. Und morgen frisst du wieder dein Hühnchen. Das kommt auch noch dazu.“
Meine absolute Lieblingsszene dann die, als die beiden nach dem verschwundenen Vögelchen suchen:
"Warte.“ ... Sie schrie auf.
„Bleib da!“, rief er. “Es ist hier irgendwo, nicht dass du drauftrittst. Es ist ein Stück weggeflattert.“
...
„Toll, ganz toll!“, brüllte sie. “Aber du mußtest (musstest) ja losrennen!“
„Halt die Klappe!!!“
... Jetzt kann es hier verhungern oder gefressen werden!“
„Sei still, verdammt nochmal, sei endlich still!“
...
„Bist du verletzt?“
...
„Okay“, sagte er, “wir suchen jetzt hier jeden Quadratzentimeter ab. Am besten durchkämmen wir die Stelle von dem Baum da aus. Weiter kann es nicht gekommen sein.“
„Durchkämmen“, sagte sie.
„Ja, durchkämmen.“
...
Es ist bestimmt schon tot“, sagte sie.
„Da ist es doch!“ Er lachte.
Es saß, perfekt getarnt, in einem Blätterhaufen. Als Nicole es auf die Hand nahm, wickelte es seine Kralle um ihren Finger, guckte und piepste leise.
„Es lebt!“ Sie richtete sich lächelnd auf. Thomas machte eine Bewegung, als wolle er seine Hände um ihre legen. Dann hielt er inne und wandte sich ab.

Hier bringst du alles noch einmal richtig auf den Punkt: Nicoles Gereiztheit, ihre Theatralik, Thomas Genervtheit von ihren Überreaktionen, seine Unsicherheit, sich ihr zu nähern usw. Ich glaube, die beiden haben noch eine Chance, wenn sie sich darauf besinnen, dass sie eigentlich ganz gute Kumpel sind und als Paar immer noch gut funktionieren.

Nicole sah ihren Mann an, der mit unbewegtem Gesicht dastand, während der Vogel zärtlich an seiner Augenbraue knabberte.
Da muss doch auch in Nicole Zärtlichkeit aufkommen. Ich fand diesen Schluss auf jeden Fall sehr zum Schmunzeln und einen Schimmer von Hoffnung in sich tragend.

Eine schön ausgedachte und von mir mit Genuss gelesene Geschichte.

Liebe Grüße
barnhelm

*) Korinthen:

Es gibt noch ein paar ss/ß-Schwachstellen. Grundsätzlich gilt ja, dass auf einen kurz gesprochenen Vokal 'ss' (Fluss) folgt, auf einen lang gesprochenen 'ß' (Fuß), nach ei, au usw. (draußen) nie ss. Kopiere den Text in Word, dann zeigt dir das Programm die noch nicht korrigierten Stellen.

Zuerst funktionierte er noch sporadisch, aber irgendwann erschien nur noch die Anzeige
Es ist das Navi, was du ja auch schon verbessert hast.

Sie nahm einen Erdbeerkarton, und legte einige Trümmer des Nestes hinein,
Hier würde mir ‚Reste‘ oder 'Teile' besser gefallen. Trümmer kennen ich nur von massiveren Sachen.

 

Hallo @Proof,

Klar hätte ich es besser gefunden, wenn sie gemerkt hätte, dass der Vogel Menschenblut zum Überleben braucht, aber ich bin jetzt auch nicht das Maß aller Dinge.
:lol: Ehrlich, ich bin beeindruckt, dass du eine Geschichte mit dem Titel "Schwalbensommer" liest, aber immerhin hast du mich auch zum Horrorlesen verführt und ich habe es nicht bereut.

Gute Story.
Wow, und dann das noch! Dankeschön!

Er so ein bisschen Spaßgesellschaft, Leben ist kein Ponyhof, kann ich auch nicht ändern, trinke ich halt einen in Griechenland. Sie so Hippie. Oder nee. Verantwortungsbewusster, erwachsener? Sich kümmernd? Wobei er seine Einstellung wohl für die eigentlich erwachsene hält. Schon nicht einfach.
Ihr Gedankensprung geht mir da ein bisschen weit, sodass ich die Autorin höre, der mir diese Interrail-Info geben will.
Diese ganze Stelle will ich mir doch nochmal in Ruhe vornehmen. Speziell mit dem zweiten Punkt gebe ich dir recht, das wirkt doch ziemlich konstruiert. Und was ich für die beiden so im Hinterkopf hatte, ist vielleicht ein bisschen kompliziert. Damals ist er erst abgehauen, hatte Angst vor der Verantwortung, aber dass er die ganze Zeit nur happy war und gefeiert hat, ist doch mehr ihre Fantasie. Und jetzt, wo der Junge aus dem Haus ist und das Älterwerden herandräut, wird er eher gemütlich und sie kriegt die Krise. Sowas.


Hier habe ich mich gefragt: Wenn's dem Ende entgegen geht, nach längerer Beziehung, klar, dann gerät man wegen Kleinigkeiten aneinander. Aber weiß das nicht echt jeder, dass es eigentlich um was anderes geht, dass der andere einen jetzt nicht aus seinem Leben schmeißt, weil man den Pudding schon wieder mit der Kuchengabel isst?
Ja, aber er ist jetzt nicht der Typ, der sagt: "Hey, das steckt doch was anderes dahinter. Lass uns mal darüber reden." Ich seh da halt so eine Ehe: Sie ständig genervt. Er zieht sich zurück.

Draußen 'ne Fliege fangen? Das ist ja wie im Kung-Fu-Film.
Man kanns ja mal versuchen. Die Schwalbeneltern schaffen das ja auch. ;)

Nichts gegen Umgangssprache, um einen Text flockiger zu machen, aber hier bin ich kurz gestolpert.
Jetzt ist die Tür "offen gelassen".

Das finde ich gut, wie hier die Unterschiede in den Persönlichkeiten aufgedeckt werden. Worum es eben wirklich geht, wenn über Zahnstocher geschimpft wird.
Ja, und noch dahinter eben so ein paar Verletzungen, damals und heute.

"rase" ist zu korrekt für wörtliche Rede.
Hab ich jetzt abgekürzt in "Ras' nicht so."

Manche Dinge sind einfach kaputt. Da lässt sich nichts mehr machen.
Darum geht's.
Ja. vielleicht auch um die Resignation.

Am Ende habe ich ihr sogar Xylophonspielen beigebracht, mit dem Klöppel im Schnabel.
Jetzt würde ich machen, dass ich da raus komme.
:D Ich hätte es gerne gesehen.

Den letzten Satz fänd ich stärker ohne eigenen Absatz und ohne Und. Beides sind so Elemente, die sagen: So, pass auf, jetzt kommt's nämlich. Weniger explizit haut aber meistens viel krasser rein.
Auch ein wichtiger Hinweis. Das habe ich schon direkt geändert.

Lieber Proof , ich danke dir, das war sehr aufschlussreich für mich.

Herzliche Grüße von Chutney

Und dir, liebe @Fliege auch nochmal dankeschön fürs Melden. :herz:
Dann lasse ich es so.


Liebe @barnhelm,
ich habe mich riesig gefreut, dass du jetzt wieder hier aufgetaucht bist und hab' zwischendurch öfter mal an dich gedacht. Hatten wir zwei nicht auch mal so ein Roadmovie zum vorletzten Gathering? Inclusive Naviproblem? ;)

auch ich habe deine Geschichte wirklich gerne gelesen. Mir gefällt, wie du die Situation dieses Ehepaars anhand seines Umgangs mit dem Vogel-Problem darstellst.
Dankeschön!

Zum Ende hin wurde es mir ein bisschen zu viel, was ich da an Informationen über Frau Witte und ihr Tun erhalte. Da fing ich an, etwas querzulesen.
Wichtige Rückmeldung für mich. Ja, da ist es möglicherweise etwas mit mir durchgegangen. Der Abschnitt, bevor sie zu den Ziervögeln kommen, wäre auch ein Streichkandidat. (Obwohl ich das mit den Fliegenzuchten und den Apfelsinen so hübsch finde) Genau wie der allererste Abschnitt der Geschichte. Ich ringe noch mit mir.

Von Anfang an charakterisierst du deine beiden Hauptfiguren sehr gut und es fällt mir leicht, sie mir vorzustellen.
Oh, schön.

Nicole in ihrer genervten Aggressivität, von der ich eigentlich auch am Ende nicht so recht weiß, wo sie herrührt, und Thomas, der dröge und ironisch-sarkastisch auf seine Frau und ihre Bemühungen reagiert, sich manchmal wegbeamt, ihr letztendlich aber doch zur Seite steht.
Aber am Ende weiß ich nicht viel mehr als am Anfang: Ja, der Thomas hat sich wie ein Schwein benommen, ist abgehauen, hat sie allein gelassen, ist erst nach ein paar Jahren wieder aufgetaucht. Aber das ist doch mehr als ein Jahrzehnt her. Haben sie das die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt, ist das die Erklärung für Nicols Ausbruchsversuch?
Da verstehe ich dich so, dass das unbefriedigend ist, es nicht zu wissen. Andererseits hast du ein paar Vermutungen, die meine Vorstellung genau treffen. Ob ich das noch klarer machen sollte? Es gibt diese Stelle im Auto, wo sie über die Vergangenheit reden, da will ich sowieso nochmal ran. Auslöser für ihre Gereiztheit ist eher die Krise in der Gegenwart und dann kommt das alte Thema als Widergänger.

Dieses so ausgiebige Sich-kümmern Nicols um den kleinen Vogel scheint mir auf ein Defizit hinzudeuten. Ist da bei ihr (oder sogar bei beiden) nach dem Auszug ihres Sohnes eine Leere entstanden, die sie nicht oder noch nicht füllen können?
Nicole möchte leben, was immer sie damit meint. Da schimmert so etwas wie Sinnsuche durch.
Ja, so meinte ich das.

Sie packt mehr oder weniger ernsthaft den Koffer,
ja, so sehe ich das auch

Und so verändert sich auch nicht viel in deiner Geschichte.
Alle Aufregung mit dem kleinen Vogel und alle Bemühungen, ihm zu helfen, führen nicht dazu, dass die beiden einander näher kommen.
Ich wollte, dass diese Fahrt etwas von ihnen zeigt, die Verletzungen, die destruktiven Muster, aber auch die Sehnsucht dahinter, die Chancen. Ein richtiges Happy end wäre mir zu kitschig vorgekommen, zumal ja auch noch das Küken überlebt.

Mir gefällt der Thomas in seiner drögen ironisch-sarkastischen Art eigentlich ganz gut, zumindest haben mich manche seiner Äußerungen schmunzeln lassen:
Hier bringst du alles noch einmal richtig auf den Punkt: Nicoles Gereiztheit, ihre Theatralik, Thomas Genervtheit von ihren Überreaktionen, seine Unsicherheit, sich ihr zu nähern usw. Ich glaube, die beiden haben noch eine Chance, wenn sie sich darauf besinnen, dass sie eigentlich ganz gute Kumpel sind und als Paar immer noch gut funktionieren.
Ich freue mich, dass du das so empfindest, denn ich sehe das Ganze zwar auf der Kippe, aber auch nicht hoffnungslos. Kann sein, dass sie sich trennen, kann sein, dass sie sich solange durchnörgeln und mauern, bis einer stirbt und kann sein, dass sie die Kurve noch kriegen.

Da muss doch auch in Nicole Zärtlichkeit aufkommen. Ich fand diesen Schluss auf jeden Fall sehr zum Schmunzeln und einen Schimmer von Hoffnung in sich tragend.
Ja, so war es gedacht.

Liebe Barnhelm, ich danke dir für deine Gedanken zu meinem Text, für dein Lob und für die Punkte, mit denen ich mich noch beschäftigen werde. Und aus den Trümmern habe ich Brocken gemacht.

Herzliche Grüße von Chutney

 

Hey @Chutney ,

Zuerst schrie Nicole die Katze vom Nachbarn an. Aber die fühlte sich gar nicht gemeint, so ungerührt, wie sie ihre Pfote leckte. Zu Recht.

Also wieder eine Tiergeschichte, wenn auch ohne Hühner und Drogen.

Auch jetzt umflatterten sie die Stelle, als gäbe es dort noch etwas zu tun. Es war so still im Garten, als hätte jemand den Ton abgedreht.

Zweimal als und hätte /gäbe. Würde einen der beiden Sätze ändern.

„Ja, weil die Katze da rumläuft. Was hätte ich denn machen sollen?“
„Die Katze hätte das Problem gelöst.“

Ich mag die Schlagfertigkeit, mit denen beide immer wieder den anderen Ehepartner konntern. Das wirkt auf eine spezielle Art und Weise vertraut: Man foppt sich zwar, aber immer irgendwie so, dass der andere es noch mit einem Lächeln abtun kann. Zumindest meistens.

„Ich soll das Küken unter einen Busch setzen. Andere Tiereltern hätten auch Kinder.“
Er lachte auf.
„Wusste ich, dass dir das gefällt.“

Aber hier war mir, zusammen mit der Erwähnung von dem Julian, relativ schnell klar, wohin das Schwalbenjunges führt. Thomas scheint erst spät in seine Familienrolle reingefunden zu haben, wenn überhaupt. Am Ende scheint es ja einen Ausblick darauf zu geben. Vielleicht ist es Nicoles Langweile, vielleicht einfach nur der Ehemann, der das stille Haus auch nicht viel lebendiger macht, dass sie wieder eine Aufgabe braucht, etwas, um das man sich kümmern kann. Julian macht ja jetzt Erstsemesterpartys unsicher.

Das war öfter.“
„Nein.“
„Doch, und es hat nichts gebracht.“ Er trat aufs Gaspedal.
„Dir hat es nichts gebracht.“
„Das ist verdammt lang her. Ich war damals einfach nicht so weit. “
„Ich auch nicht. Und ich konnte mich nicht verpissen. Jetzt ras' doch nicht so.“
„Ich will heute nochmal irgendwann ankommen.“
„Und ich will lebendig ankommen, verstehst du? Ich will leben. Du hast dir noch ne wilde Jugend gemacht, schön Interrail in Griechenland, mit deinen Mädels, deine WG, wo ihr euer dreckiges Geschirr einfach in die Badewanne gestellt habt, ha wie lustig. Und ich saß da und hatte Angst, dass Julian den Keuchhusten nicht überlebt.“
„Das hatten wir alles schon mal.“
„Oh, sorry, sorry, dass ich dich langweile!“

Ich fande den ganzen Dialog großartig, ich zitiere mal nur einen Teil, sonst kommt wieder ein Mod an und schimpft. Für mich kam das Thema um Treue und Verwantwortung irgenwie unerwartet: ich hatte gedacht, dass es jetzt um Julian geht, vielleicht auch um seine Beziehung zum Vater. Stattdessen ist das Eheleben an sich im Vordergrund.

So viel oder wenig von mir. Hat mir gefallen :thumbsup:.

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hallo @Chutney,

wir haben es wohl beide mit schwierigen Paaren, nur dass bei Dir der Koffer eine kleine Nebenrolle hat, dafür ein Küken fast die Hauptrolle.

Zunächst ein paar Kleinigkeiten (Tippfehler):

Zuerst funktionierte er noch sporadisch, aber irgendwann erschien nur noch die Anzeige „Suche GPS-Signal“
Müsste "es" heißen -> bezieht sich auf das Navi(gationsgerät).

Der Navi mischte sich ein: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“
Das Navi

“Aber du mußtest ja losrennen!“

"Musstest"

Zum Text:

Der hat mir gut gefallen, auch wenn für mich die Kükenpflege etwas zu viel Raum einnimmt und die Paarkonstellation zu wenig. Mich hätte noch mehr die Spannung in der Beziehung interessiert, wo die beiden stehen, ob es noch Hoffnung gibt (sieht ja eher düster aus), vielleicht auch ein paar mehr Dialoge, um etwas mehr Dynamik in den Text zu bekommen. Ein wenig mehr Entwicklung könnte auch noch stattfinden, die beiden bewegen sich ja eigentlich nicht wirklich aufeinander zu (oder weg), sondern verharren in ihrer festgefahrenen Situation.

Das ist natürlich alles Geschmackssache, wie viel Dynamik möchte ich, wie viel Entwicklung, etc. Damit kämpfe ich auch immer wieder. Oftmals denke ich mir, dass in der Hinsicht das Genre Kurzgeschichte auch undankbar ist, weil man eigentlich immer nur ans Verkürzen und Verdichten denkt. Natürlich gibt es auch Kurzgeschichten, die mehr Raum einnehmen, aber ich habe dann immer den kleinen Teufel auf der Schulter sitzen, dem es nicht schnell genug geht. Das Problem habe ich bei Romanen nicht, da hat man eine andere Erwartungshaltung, da will man sich ja Zeit nehmen.

Ist wohl eher auch mein ureigenstes Problem.

Also, wenn Du aus meiner Sicht etwas optimieren könntest, dann vielleicht vorsichtig kürzen und ein wenig mehr Fokus auf das Paar.

Aber ansonsten habe ich das wirklich sehr gerne gelesen.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Doch, da ist noch viel mehr Gefühl zwischen den beiden, als sie sich eingestehen können und wollen und auch mehr, als man beim ersten Leben erkennt. Ich sehe da echt eine Chance, dass sie wieder zusammenfinden und weiß du warum, liebe @Chutney ?
Thomas murrt und spottet zwar über die Schwalbenrettung, macht eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf, aber letztendlich ist er engagiert, damit dieses winzige Wesen überlebt. Und das ist doch für jemanden, der die eigene Brut einst im Stich ließ, eine beachtliche Leistung. Er ist ein anderer geworden und das beweist er seiner Nicole durch Handeln. Für mich ist Thomas der Held der Geschichte.
Und hier der Beweis für Hoffnung:

„Es lebt!“ Sie richtete sich lächelnd auf. Thomas machte eine Bewegung, als wolle er seine Hände um ihre legen. Dann hielt er inne und wandte sich ab.
„Ich hole den Karton.“

Ja, ich komme den beiden Figuren sehr nahe und will dir sagen, weil es dir wichtig ist, sie nehmen sich nichts, sind gleichrangige Kampfhähne (um im gefiedertem Jargon zu bleiben :lol:), wenn es darum geht, im kindischen verbalen Schlagabtausch die Oberhand zu behalten. Wobei natürlich schnell klar wird, dass sie damit die eigentliche Krise nur zudecken. Übrigens gefallen mir die Dialoge sehr gut, sind lebensecht und haben Schmunzelpotential.

Es ist schon erstaunlich, wie sich eine Geschichte verwandeln kann, je öfter man sie liest. Zuerst war der Vogel-Plot dominant, beim zweiten Lesen trat die Beziehungsproblematik in den Vordergrund und ich war zu einer Synchronisation beide Stränge in der Lage. Trotzdem kommt jetzt das große ABER:
Die Gewichtung der Paarproblematik und die Schwalbenrettung erscheinen mir nicht ausgewogen. Die Informationen über Bachstelze und Krähe sind sicher interessant (und total anschaulich beschrieben), für die eigentliche Geschichte bleiben sie ohne Bedeutung und zögern nur den Schluss hinaus. Aber das ist öfters das Handicap, wenn wir wahre Begebenheiten in Geschichten verwandeln. Also mir geht das so, ich kann schwer entscheiden, was ist wirklich wichtig, was bringt die Geschichte vorwärts und was ist nur schmückendes Beiwerk.

Erbsen hab ich auch gezählt:

Eine von den halbfertigen Schwalben am Boden drehte den Kopf ein wenig, zuckte mit dem, was mal Flügel werden sollten. Und dann noch eine.
Was meinst du? Sah Nicole die andere Schwalbe jetzt erst oder zuckte die zweite auch mit dem Flügel. Denke, die Ellipse ist hier zu unkonkret.

Dabei ekelte sie sich über das Ungeziefer
Kann man sich nicht nur vor etwas ekeln?

Nicole ersetzte die Lehmbrocken des Kartons durch Küchenkrepp und brachte es ins Badezimmer.
brachte ihn, den Karton ins Badezimmer

bei der Korrektur durchgeschlüpft?

schluckte zweimal und riß den Schnabel wieder auf.
Da mußte ich mir echt was einfallen
verlängert man nur nunnötig das Leiden.
aber das war ein Notaufnahme.

Du hast gesagt: der Typ sieht aus wie ein Schwein
Die Aussage habe ich sofort buchstäblich genommen und Herr Knopp, eine Figur von W. Busch, ist vor meinem geistigen Auge erschienen, als er vor dem gut gefüllten Teller sitzt, die Serviette so gebunden, dass die beiden Enden hochstehen. Man hat den Eindruck, als wären es Schweinsohren, die angewachsen sind.

doch der Weg verengte immer weiter und endete auf einem Acker,
ich kenne nur verengte sich,

Und jetzt ein paar meiner Lieblingsstellen:

Ihr Gewicht war kaum spürbar, nur die winzigen Krallen kitzelten auf der Haut, als sie sich in ihre Handkuhle duckten, die Augen geschlossen, die grauweißen Federn wie Flusen.
Sehr gut beschrieben, jeder hätte das Bedürfnis, das Küken zu retten

„Ich soll das Küken unter einen Busch setzen. Andere Tiereltern hätten auch Kinder.“
Er lachte auf.
„Wusste ich, dass dir das gefällt.“
sehr schön beobachtet

Vielleicht war er auch nur erschöpft von dem, worüber sie schwiegen.
mag ich auch sehr, sie schweigen über das Wesentliche, genau

Das Küken klingt leiser“, sagte sie, „irgendwie entkräftet.“
Er stöhnte auf: „Ich hör das auch, ich bin nicht taub.“
Das Navi mischte sich ein: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“
:D

Die Sommer werden wärmer. Und wenn dann ein paar heiße Tage kommen, dann vermehren sich die Parasiten, die immer im Nest sind, explosionsartig und fressen die Küken bei lebendigem Leibe auf. Oft stürzen die sich sogar in Panik aus dem Nest. Und in Ihrem Fall haben sie wohl so herumgezappelt, dass das Nest abgerissen ist.“
spannende Information für mich, finde ich wichtig im Gesamtkonzept des Textes

„Soll ich Sie gleich nochmal herumführen?“, fragte Frau Witte.
Nicole sah Thomas in der Küche abwehrend fuchteln.
„Ja, gerne“, sagte sie.
kleine Geste - große Wirkung

Deine Geschichte, liebe Chutney, hat mir sehr gut gefallen, besonders die lebensnahen, knappen Dialoge, die mich trotz unterschwelliger Aggression oft zum Schmunzeln gebracht haben.


Liebe Grüße von peregrina

 

Lieber @Meuvind,

Thomas scheint erst spät in seine Familienrolle reingefunden zu haben, wenn überhaupt. Am Ende scheint es ja einen Ausblick darauf zu geben. Vielleicht ist es Nicoles Langweile, vielleicht einfach nur der Ehemann, der das stille Haus auch nicht viel lebendiger macht, dass sie wieder eine Aufgabe braucht, etwas, um das man sich kümmern kann. Julian macht ja jetzt Erstsemesterpartys unsicher.
Ja, so sehe ich das auch, ein Paar im Umbruch, das sich jetzt neu erfinden müsste.

Zweimal als und hätte /gäbe. Würde einen der beiden Sätze ändern.
Habe ich geändert, danke!

Ich mag die Schlagfertigkeit, mit denen beide immer wieder den anderen Ehepartner konntern. Das wirkt auf eine spezielle Art und Weise vertraut: Man foppt sich zwar, aber immer irgendwie so, dass der andere es noch mit einem Lächeln abtun kann. Zumindest meistens.
Ja, man kennt einander gut. Ihn wollte ich eher trocken haben und sie angespannter. Schön, dass das für dich passt.

Ich fande den ganzen Dialog großartig,
Dankeschön!:)

Für mich kam das Thema um Treue und Verwantwortung irgenwie unerwartet: ich hatte gedacht, dass es jetzt um Julian geht, vielleicht auch um seine Beziehung zum Vater. Stattdessen ist das Eheleben an sich im Vordergrund.
Ja, das stimmt, es geht eher um die Abwesenheit von Julian, der damals Anlass für die große Verletzung war, als er geboren wurde und jetzt wieder die Krise auslöst mit seinem Auszug. Ich habe so das Bild, dass das Verhältnis zur Mutter enger ist, zum Vater vielleicht sogar unkomplizierter.

So viel oder wenig von mir. Hat mir gefallen :thumbsup:.
Das war eine ganze Menge, Meuvind, ich danke dir sehr für deine Einschätzung und dein Lob!

Liebe Grüße von Chutney

Hallo @Geschichtenwerker ,

wir haben es wohl beide mit schwierigen Paaren, nur dass bei Dir der Koffer eine kleine Nebenrolle hat, dafür ein Küken fast die Hauptrolle.
Ja, als ich deinen Text kommentiert habe, habe ich auch kurz überlegt, ob ich schreibe: Achtung, von mir kommt auch noch so ein Ehepaar-Dings. Der Koffer sollte eigentlich am Ende nochmal auftauchen, aber dann passte das auf einmal nicht mehr und jetzt ist es wirklich nur was "mit Koffer" geworden. Falls ich den ersten Abschnitt wirklich streiche, wird es noch weniger.

Der hat mir gut gefallen, auch wenn für mich die Kükenpflege etwas zu viel Raum einnimmt und die Paarkonstellation zu wenig.
Aha, also auch du. Ich habe jetzt schon ein bisschen am Ende gekürzt, als sie herumgeführt werden, der Igel ist weg und so, aber vielleicht wird es noch mehr.

Ein wenig mehr Entwicklung könnte auch noch stattfinden, die beiden bewegen sich ja eigentlich nicht wirklich aufeinander zu (oder weg), sondern verharren in ihrer festgefahrenen Situation.
Ja, das stimmt. Vielleicht haben sie aber doch auf dem Weg etwas voneinander erfahren und sie haben zusammen etwas geschafft. Trotz allem.

Oftmals denke ich mir, dass in der Hinsicht das Genre Kurzgeschichte auch undankbar ist, weil man eigentlich immer nur ans Verkürzen und Verdichten denkt.
Interessanter Gedanke. Das ist eigentlich gerade das, was ich an Kurzgeschichten mag. Aber hier gab es so dies und das, was ich doch unbedingt noch erzählen musste, da fiel das Kürzen schwerer.

Also, wenn Du aus meiner Sicht etwas optimieren könntest, dann vielleicht vorsichtig kürzen und ein wenig mehr Fokus auf das Paar.
Ich bleibe dran.

Aber ansonsten habe ich das wirklich sehr gerne gelesen.
Das freut mich. Ganz herzlichen Dank, Geschichtenwerker, das war eine wichtige Rückmeldung für mich.

Liebe Grüße von Chutney

Liebe @peregrina ,
auch dir ganz großen Dank für deine Ideen zu meinem Text und dein Mitgefühl für meine Protagonisten. Schön, dass du an sie glaubst.

Doch, da ist noch viel mehr Gefühl zwischen den beiden, als sie sich eingestehen können und wollen und auch mehr, als man beim ersten Leben erkennt.
Das glaube ich auch, allerdings ist das alles auch ziemlich verschüttet von beidseitigen Verletzungen.

Thomas murrt und spottet zwar über die Schwalbenrettung, macht eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf, aber letztendlich ist er engagiert, damit dieses winzige Wesen überlebt.
Ja. Ich glaube wegen seiner Ehe und weil er kein Arschloch sein will und ein bisschen auch wegen dem Küken.

Übrigens gefallen mir die Dialoge sehr gut, sind lebensecht und haben Schmunzelpotential.
Das freut mich, dankeschön!

Es ist schon erstaunlich, wie sich eine Geschichte verwandeln kann, je öfter man sie liest. Zuerst war der Vogel-Plot dominant, beim zweiten Lesen trat die Beziehungsproblematik in den Vordergrund und ich war zu einer Synchronisation beide Stränge in der Lage.
Interessant, wie du das beschreibst. Ich überlege noch, was ich tun könnte, um die Stränge noch mehr miteinander zu verweben.

Die Gewichtung der Paarproblematik und die Schwalbenrettung erscheinen mir nicht ausgewogen. Die Informationen über Bachstelze und Krähe sind sicher interessant (und total anschaulich beschrieben), für die eigentliche Geschichte bleiben sie ohne Bedeutung und zögern nur den Schluss hinaus. Aber das ist öfters das Handicap, wenn wir wahre Begebenheiten in Geschichten verwandeln.
Also Bachstelze und Krähe raus? Andererseits illustrieren die so schön den eigentümlichen Ort, an dem die beiden sich befinden. Hach, da kann ich mich noch nicht trennen. Den Igel am Ende habe ich schonmal rausgenommen und die politische Arbeit von Frau Witte.

Eine von den halbfertigen Schwalben am Boden drehte den Kopf ein wenig, zuckte mit dem, was mal Flügel werden sollten. Und dann noch eine.
Was meinst du? Sah Nicole die andere Schwalbe jetzt erst oder zuckte die zweite auch mit dem Flügel. Denke, die Ellipse ist hier zu unkonkret.
Hier kann ich nicht ganz folgen. Bezieht es sich nicht konkret auf das Zucken? Es kommt mir umständlich vor zu schreiben: Und dann bewegte sich noch eine. Aber ich behalte das mal im Kopf.

Dabei ekelte sie sich über das Ungeziefer
Kann man sich nicht nur vor etwas ekeln?
:idee: die ganze Zeit hatte ich das dumpfe Gefühl, dass da was nicht stimmte. Danke!

Du hast gesagt: der Typ sieht aus wie ein Schwein
Die Aussage habe ich sofort buchstäblich genommen und Herr Knopp, eine Figur von W. Busch, ist vor meinem geistigen Auge erschienen, als er vor dem gut gefüllten Teller sitzt, die Serviette so gebunden, dass die beiden Enden hochstehen. Man hat den Eindruck, als wären es Schweinsohren, die angewachsen sind.
Ehrlich gesagt, das ist ein Zitat, das hat eine Freundin mal zu mir gesagt und sie meinte das auch wortwörtlich. :Pfeif: Ich war mir nicht ganz sicher, ob es hier so reinpasst, aber bisher hat sich niemand beschwert.

spannende Information für mich, finde ich wichtig im Gesamtkonzept des Textes
Ja, auch sowas, wo ich nicht sicher bin, ob es literarisch wertvoll ist, aber es war mir wichtig. Schön, dass du das auch so siehst.

Deine Geschichte, liebe Chutney, hat mir sehr gut gefallen, besonders die lebensnahen, knappen Dialoge, die mich trotz unterschwelliger Aggression oft zum Schmunzeln gebracht haben.

Herzlichen Dank, Peregrina, ich habe mich sehr gefreut. Bis bald und liebe Grüße

von Chutney:herz:

 
Zuletzt bearbeitet:

„Die Liebe ist sehr launisch. Das einzig Beständige an ihr ist der Wandel. Man sollte sich sicher sein, dass es kein dauerhafter Zustand ist. Deshalb ist der größte Feind der Liebe der Versuch, sie zu konservieren. Das Gegenteil von Freiheit ist der Feind der Liebe. Das Begrenzende.“ Michael Thalheimer, Nr. 3 unter http://www.zeit.de/2013/52/was-ist-liebe

„Ja, weil die Katze da rumläuft. Was hätte ich denn machen sollen?“
„Die Katze hätte das Problem gelöst.“
Jetzt schrie sie doch: „Dann geh halt wieder in deine Butze!

Hoppla, da steckt viel Symbolik in der Schwalbe, die bekanntlich alleine noch keinen Frühling (so die ursprüngliche Redewendung, keine Ahnung, warum es sofort der Sommer sein muss) macht und aus dem hohen oder tiefen Flug der Schwalbe oft auf kommendes gutes oder schlechtes Wetter geschlossen wird, wiewohl der Zugvogel nur dem Flug seiner Beute – fliegende Insekten – folgt.

Liebe Chutney, -

ich hoffe, dass die Nachwirkung einer 65-Jahr-Feier nicht allzu sehr anzumerken ist -

wobei diese privaten Nachkommen der Heinz Sielmann, Horst Stern und Bernhard Grzimek vergessen, dass das beobachtete Verhalten der Schwalbe naturbedingt durch den Flug der Insekten bestimmt wird - sozusagen eine „Schwalbe“ der Naturbeobachtung - und da ist schon viel Symbolik am Anfang in Deiner feinen Geschichte mit dem Verlust des warmen Nestes und dem Versuch, zu retten, was zu retten ist. Und da zeigstu schön auf, dass Leben und Liebe (die sich ja nicht auf unser animalisches Erbe beschränkt, wie man gelegentlich den Eindruck haben muss) einer gemeinsamen Fahrt durch die Wirrnisse des Lebens gleicht, dass ich an den großen Theatermann Michael Thalheiner (s. o., aus einem der besten Zeitmagazine überhaupt!) erinnert werde, der auf die Frage, was Liebe sei, in die Nähe des Gottesbeweises bringt, denn ob es sie gibt oder daran gezweifelt, es gibt den Liebesbeweis. Also alles schon gesagt, also heute nur, was ich auch mit dickem Kopf kann,
kleine (is‘ ja schonüberwiegend erledigt, Übersehnisse:)

Eine von den halbfertigen Schwalben am Boden drehte den Kopf ein wenig, …
„halbfertig“ muss einen Verehrer Horst Stern u. a. eher befremden – ist nicht ein Neugeborenes immer schon ein Mensch, ein Küken aber kein vollständiger Vogel?
„Oh,
nein“, murmelte Nicole. “Ihr habt doch wirklich überhaupt keine Chance.“
(Gänsefüßchen … kann sein, dass der Anfang oder der zwote Satz insgesamt korrigiert wurde ...
a) Besser „erschien es“, sonst müsstestu – wie beim „brauchen“ („wer brauchen ohne zu gebraucht, braucht brauchen gar nicht zu gebrauchen) – einen Infitiv mit „zu“ konstruieren
b) das „als (ob)“ ist ja alles andere als wirklich, also irreal. Ein Fall für den Konj. irrealis, „als könnte sie ...“

Thomas stand mit verschränkten Armen an die Spüle gelehnt.
Vorsicht, bevor die Fälle-Falle zuschnappt (kann sie auch bei mir, also keine Panik!): Hm, Thomas lehnte sich „an die Spüle“, dann stand er „angelehnt an der Spüle“

„Eine Bachstelze. Eigentlich ist sie schon eine alte Oma, aber im vorigen Jahr ist sie gerne noch drau[ß]en ihre Runden geflogen.“

Gern gelesen vom

Friedel

 

Liebe @Chutney,

noch mal ich, zum Abgleich.

Also Bachstelze und Krähe raus? Andererseits illustrieren die so schön den eigentümlichen Ort, an dem die beiden sich befinden. Hach, da kann ich mich noch nicht trennen. Den Igel am Ende habe ich schonmal rausgenommen und die politische Arbeit von Frau Witte.

Das hatte ich noch nicht gesehen, dass du schon gekürzt hast.
Verstehe schon, dass es schmerzt, sich von ganzen Passagen zu trennen. Aber kannst du ja scheibchenweise tun.

Was meinst du? Sah Nicole die andere Schwalbe jetzt erst oder zuckte die zweite auch mit dem Flügel. Denke, die Ellipse ist hier zu unkonkret.
Hier kann ich nicht ganz folgen. Bezieht es sich nicht konkret auf das Zucken? Es kommt mir umständlich vor zu schreiben: Und dann bewegte sich noch eine. Aber ich behalte das mal im Kopf.
Nee, vergiss mal besser.
Eine von den halbfertigen Schwalben am Boden drehte den Kopf ein wenig, zuckte mit dem, was mal Flügel werden sollten. Und dann noch eine.
Und dann noch eine bezieht sich eindeutig aufs Zucken. Logisch!
Manchmal bin ich päpstlicher als der Papst.

Ehrlich gesagt, das ist ein Zitat, das hat eine Freundin mal zu mir gesagt und sie meinte das auch wortwörtlich. Ich war mir nicht ganz sicher, ob es hier so reinpasst, aber bisher hat sich niemand beschwert.
Eine Schwalbe macht ja bekanntlich noch keinen Sommer. Und ich sage ja auch nicht, dass du das Schwein verändern sollst. Ich wollte dich nur wissen lassen, welche Bilder sich auftun können. Die nachfolgende Unterhaltung macht klar, wie das Schwein zu verstehen ist.

Ach, noch eine Bemerkung zum Schluss, hatte ich ganz vergessen:

Nicole sah ihren Mann an, der mit unbewegtem Gesicht dastand, während der Vogel zärtlich an seiner Augenbraue knabberte.
Dass Thomas das zulässt, war ebenfalls für mich Anlass zu glauben, es besteht noch Hoffnung für die beiden. Und ich denke, dass der Wellensittich vom Fleck weg adoptiert werden wird. :)

Das war’s auf die Schnelle.

Liebe Grüße von peregrina

 

Liebe @Chutney,
jetzt komme ich endlich auch bei dir vorbei.
Deine Dialoge sind einfach klasse: Sie sind glaubwürdig, knackig und du transportierst in ihnen trotzdem so viel Inhalt - du charakterisierst deine Protas Ratz-Fatz mit diesen paar Sätzen, dass ich sie sofort zu kennen glaube.

„Haben wir irgendeinen Karton? Die Eltern flattern da noch rum. Vielleicht füttern sie sie noch.“
„Jetzt hast du sie ja schon angefasst.“
„Ja, weil die Katze da rumläuft. Was hätte ich denn machen sollen?“
„Die Katze hätte das Problem gelöst.“
Jetzt schrie sie doch: „Dann geh halt wieder in deine Butze!“
„Gut.“ Er schloss die Tür.
Ich fühle ja schon mit Nicole, so von Frau zu Frau, aber den Thomas mit seiner knappen, ironischen, unaufgeregten Art, den finde ich ganz klasse …
stellte schließlich den Karton nach draußen auf einen Sims, unerreichbar für die Katze.
Glaube ich fast nicht, dass der Sims für die Katze unerreichbar ist. Aber, na gut, ich kenne weder den Sims noch die Katze …
Wieder einmal sehnte sie sich nach Julian. Eigentlich war es nicht der heutige Julian, den sie vermisste, sondern der Schuljunge, für den das eine aufregende Sache gewesen wäre.
Den ersten Satz finde ich zu tellig, mit dem „sehnte“. Im zweiten zeigst du ja, dass sie das tut. Vllt.: Wieder musste sie an Julian denken - oder sowas.
„Ruf doch im Tierheim an.“
„Hab ich schon.“
„Und?"
„Ich soll das Küken unter einen Busch setzen. Andere Tiereltern hätten auch Kinder.“
Er lachte auf.
„Wusste ich, dass dir das gefällt“, sagte sie.
Und mir … gefällt das auch … :sealed: Und ich sehe an Stellen wie dieser, lese es zumindest so für mich, dass es für deine Protas noch Hoffnung gibt.
Sobald sich die Pinzette mit der Fliege näherte, erhöhte das Küken die Piepsfrequenz, reckte den halbnackten Hals, schluckte zweimal und riss den Schnabel wieder auf.
Diese ganze Vogelfütterei und die damit einhergehenden Umstände beschreibst du einfach herrlich!
Leichter wurde es mit den Heimchen aus der Zoohandlung. Sie lebten in einer Plastikdose, wurden zwei Stunden tiefgefroren, dann schnitt Nicole die Beine ab, wegen der Widerhaken.
Ich habe den Eindruck, du kennst dich tatsächlich damit aus. Dieses ganze Insider-Wissen. (Aber die armen Heimchen überhaupt! Die haben doch auch Eltern! :eek:)
Thomas ließ die Hintertür offenstehen, trank in der Küche Kaffee, während sie einflogen, und erlegte sie, wenn sie sich vorne an der Fensterscheibe gefangen hatten.
Die beiden sind schon ein eingespieltes Team
Während sich das Küken auf ihrem Schoß in Dauerschleife eingepiepst hatte,
süß :herz:
dozierte Thomas über effektiven Altruismus. „Was wir hier machen, ist genau das Gegenteil. Vier Stunden Autofahrt für einen Vogel. Die Kosten, den CO2-Ausstoß und unsere Zeit musst du da mal gegenrechnen. Und morgen frisst du wieder dein Hühnchen.
Ich sag’s ja: Ich mag den Thomas. Das ist wirklich schön an deiner Geschichte, dass da so viel Witz drinsteckt, ohne, dass es klamaukig wird, und dass trotzdem diese Ehekrise in ihrer Tragik ernstgenommen wird.
An der Raststätte fotografierte sie Thomas, wie er dem Küken eine Fliege hinhielt, erwischte den Moment, wo es den Schnabel weit aufgerissen hatte und ihn anzusehen schien. Als er schief in die Kamera lächelte, drückte sie nochmal auf den Auslöser.
Na, mir kann keiner erzählen, dass da nix mehr ist.
Du hast gesagt: der Typ sieht aus wie ein Schwein,
Ich weiß zwar nicht, wie ich mir Thomas durch diesen Schweinsvergleich vorstellen soll, aber genau das finde ich hier sehr reizvoll. Weil es ja so ist, dass man sich manchmal zu Menschen hingezogen fühlt, die einem äußerlich gar nicht zusagen, wenn sie eben eine bestimmte Ausstrahlung haben
Als Nicole sich gerade fragte, ob sie bis zum Ende ihres Lebens mit ihrem Mann und einem verhungernden Küken im Kreis herumfahren würde,
Diese ganze Roadtrip-Szene, die immer enger werdenden Straßen, die Orientierungslosigkeit und das Ende auf dem Acker, das gefällt mir sehr:
Sie stritten sich von Kreuzung zu Kreuzung, zuletzt darüber, ob der schmale Weg rechts als Straße zählte.
Weil es ja auch einfach ein schönes Sinnbild für den Zustand ihrer Beziehung ist.
Das Navi mischte sich ein: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“
Haha!
„Es ist bestimmt schon tot“, sagte sie.
„Da ist es doch!“ Er lachte.
Es saß, perfekt getarnt, in einem Blätterhaufen. Als Nicole es auf die Hand nahm, wickelte es seine Kralle um ihren Finger, guckte und piepste leise.
„Es lebt!“ Sie richtete sich lächelnd auf. Thomas machte eine Bewegung, als wolle er seine Hände um ihre legen. Dann hielt er inne und wandte sich ab.
Und hier, liebe Chutney, könnte für mich ein wunderbarer Schluss sein. Ich weiß, gemein, wenn noch so viel schöner Text folgt (und das ist er ja auch, da sind tolle Stellen drin!), aber mir hätte es gereicht, dass sie es jetzt fast zu Frau Witte geschafft haben. Ich hätte das ganze Vogelwissen, was dann noch kommt, nicht mehr gebraucht. Ich hätte das Küken trotzdem in sicherer Obhut gewähnt und ruhig schlafen können. Der Schlagabtausch, den deine beiden Protas sich dort nochmal liefern, ist zwar nett, aber es kommt nichts mehr Neues: Die Hoffnung, dass es eine Annäherung geben kann, aber auch den steinigen Weg, auf dem sie erfolgen müsste – das habe ich vorher schon super schön gesehen.
Wie auch immer, ich habe es sehr, sehr gerne gelsen.
Liebe Grüße von Raindog

 

Liebe Chutney,

wirklich schön geschrieben, deine Geschichte. Habe die gerne gelesen. Die Art, wie du schreibst, gefällt mir.

Überall verstreut lagen die Brocken des zerplatzten Nestes,
Hm.passen Brocken zum Nest? Stelle mir unter Brocken etwas Schweres, Hartes, Festes vor.

Vielleicht war es geschehen, als sie ihren Mann beim Frühstücken beobachtete.
Ich würde hier "beobachtet hatte" schreiben.

halbfertigen Schwalben
:lol:

Nicole schien es, als könne sie ihren Schock fühlen, die Betäubung nach dem Aufprall aus fünf Metern Höhe.
Hier dachte ich erst, es wäre eine Schwalbenflüsterer-Story.

aber das kleine Leben in ihren Händen vertrug keine weitere Erschütterung.
Sehr schön.

„Die Katze hätte das Problem gelöst.“
Ups. Herzlos.
Aber irgendwie typisch Mann.

Zugleich hofften dort viele Spinnen in ihren Netzen ebenfalls auf Beute, genau wie die Schwalben hoch oben am Himmel, alle schienen zu warten und Nicole wartete heute mit ihnen.
Wunderbar. Einer der vielen schönen Sätze.

Und sie, die schon manche Fliege behutsam durch das Fenster nach draußen geleitet hatte, zählte triumphierend die Leichen in ihrem Glas.
Würde Nicole hier an Leichen denken? Vielleicht eher "Futter im Glas"?

„Willst du nochmal gucken, wie das mit der Pinzette geht?“
„Nee, das kriege ich gerade noch hin.“
Irgendwie fehlt mir hier die Szene, wie sie ihn überredet hat.

Über Google fand Nicole, was sie brauchte. Sie fand Frau Witte.
:lol:

Jetzt ras' doch nicht so
ras
Apostroph beim Verb mit Endung-e i.d.R. nicht notwendig.

Die Dörfer, durch die sie fuhren, wurden immer leerer, wirkten unecht in der grellen Sonne.
:thumbsup:

Er stöhnte auf: „Ich hör das auch, ich bin nicht taub.“
Das Navi mischte sich ein: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“
Herrlich! Witzig!

„Oh, nein“, murmelte Nicole. “Ihr
„Toll, ganz toll!“, brüllte sie. “Aber
Da sind Gänsefüßchen falsch rum.

Sie näherten sich dem Gebäude von hinten, wie Diebe. Und genauso sahen es offenbar auch die beiden Hofhunde, die ihnen bellend entgegensprangen. Bis eine Stimme sie stoppte.
„Rico, Hermann! Aus! Hierher!“
Super! Und dann noch die Namen!

Das Küken war still und Nicole hatte Angst, es würde jetzt noch sterben, nur weil diese Frau so lange telefonierte.
Ich kann gar nicht mehr aufhören, meine Lieblingssätze aufzuzeigen.

Nicole sah Thomas in der Küche abwehrend fuchteln.
„Ja, gerne“, sagte sie.
Klasse.

Und was für eine Rolle spielte nun der Koffer?

Hat mir gut gefallen. Aus dem Leben gegriffen.

Schönen Abend und liebe Grüße,
GoMusic

 

Liebe @Chutney
Mich interessiert das Thema Küken-Rettungs-Aufzucht nicht besonders. Trotzdem habe ich die ganze Geschichte gelesen (und nicht quer!) Sie ist einfach plastisch und lebendig, voller wunderbarer Details, und da liest man sich gern auch mal in etwas hinein, über das man selbst nie und nimmer geschrieben hätte.
Und ich habe mir auch Zeit genommen (und sie auch gebraucht) für Gedanken danach. Für mich ist es eine optimistische Geschichte. Ich dachte kurz mal unterwegs, als das Piepsen immer leiser wurde, dass sie ankommen und der Vogel ist genauso tot wie ihre Beziehung.
Aber nein. Er lebt, er wird aufgezogen und der Mann, der sie mit ihrem Baby sitzen gelassen hatte und der jetzt die ganze Aktion völlig bescheuert findet, begleitet sie, weil er sich einer Sache, die nur ihr wichtig ist, annehmen kann. Wenn da kein Potential in der Beziehung steckt!!!
Eine andere Frage hat mich auch noch beschäftigt. Ist der Anteil, den die Beziehung einnimmt, zu klein?
Nein, ich finde nicht. Gerade dadurch, dass es einen anderen Hauptstrang gibt, bekommt sie Bedeutung. Man lauert beim Lesen förmlich darauf.
Ich gestehe, dass ich mich, wenn die Geschichten eine bestimmte Länge übersteigen, gern mal vorm Lesen drücke.
Ich habe es diesmal nicht gemacht. Eine sehr gute Entscheidung!
Ganz lieben Gruß, Chutney!
wander

 

Lieber @Friedrichard ,

wie schön, dass du mir deine Gedanken da gelassen hast.

Hoppla, da steckt viel Symbolik in der Schwalbe,
Du hast mir noch einmal einen wunderbaren Blick auf meine Geschichte eröffnet (und das mit dickem Kopf!):

- und da ist schon viel Symbolik am Anfang in Deiner feinen Geschichte mit dem Verlust des warmen Nestes und dem Versuch, zu retten, was zu retten ist. Und da zeigstu schön auf, dass Leben und Liebe (die sich ja nicht auf unser animalisches Erbe beschränkt, wie man gelegentlich den Eindruck haben muss) einer gemeinsamen Fahrt durch die Wirrnisse des Lebens gleicht, dass ich an den großen Theatermann Michael Thalheiner (s. o., aus einem der besten Zeitmagazine überhaupt!) erinnert werde, der auf die Frage, was Liebe sei, in die Nähe des Gottesbeweises bringt, denn ob es sie gibt oder daran gezweifelt, es gibt den Liebesbeweis.
Den Satz rahme ich mir. Ja, im Grunde geht es in meiner Geschichte auch um einen Liebesbeweis. Danke!

„halbfertig“ muss einen Verehrer Horst Stern u. a. eher befremden – ist nicht ein Neugeborenes immer schon ein Mensch, ein Küken aber kein vollständiger Vogel?
Oh, da bringst du mich zum nachdenken. Ich fand es eine naheliegende Assoziation, wenn man so kleine halbf ... also Küken anschaut. Bei Menschen würde ich wahrscheinlich salopp im Mutterleib von "halbfertig" sprechen. Aber ich will die Vögelchen nicht beleidigen und habe jetzt nochmal "Küken" geschrieben.

(Gänsefüßchen … kann sein, dass der Anfang oder der zwote Satz insgesamt korrigiert wurde ...
a) Besser „erschien es“, sonst müsstestu – wie beim „brauchen“ („wer brauchen ohne zu gebraucht, braucht brauchen gar nicht zu gebrauchen) – einen Infitiv mit „zu“ konstruieren
b) das „als (ob)“ ist ja alles andere als wirklich, also irreal. Ein Fall für den Konj. irrealis, „als könnte sie ...“
Gänsefüßchen sind verändert. Und du meinst, ich sollte schreiben: "Nicole erschien es, als könnte sie ihren Schock fühlen, die Betäubung nach dem Aufprall aus fünf Metern Höhe."
anstatt:
"Nicole schien es, als könne sie ihren Schock fühlen, die Betäubung nach dem Aufprall aus fünf Metern Höhe." ?
Bestimmt hast du grammatikalisch recht. Aber ich finde, es klingt schöner in der zweiten Variante, poetischer. Wie weit lassen sich denn so Regeln biegen?

Vorsicht, bevor die Fälle-Falle zuschnappt (kann sie auch bei mir, also keine Panik!): Hm, Thomas lehnte sich „an die Spüle“, dann stand er „angelehnt an der Spüle“
Ist geändert, danke!

Lieber Friedel, du hast mir mit deinem Kommentar eine große Freude gemacht!

Liebe Grüße von Chutney


Liebe @peregrina,

dir ganz herzlichen Dank fürs nochmal reinschauen!

Verstehe schon, dass es schmerzt, sich von ganzen Passagen zu trennen. Aber kannst du ja scheibchenweise tun.
Ja, ich glaube, so mache ich es.

Dass Thomas das zulässt, war ebenfalls für mich Anlass zu glauben, es besteht noch Hoffnung für die beiden. Und ich denke, dass der Wellensittich vom Fleck weg adoptiert werden wird. :)
Na, ich denke, Frau Witte hatte da nicht ganz unrecht, dass das ziemlich nervig wird. Aber ich denke auch, das ist irgendwie ein zerbrechlicher Moment. Und auch einer der Hoffnung in sich birgt.

Vielen, vielen Dank, Peregrina!

Liebe Grüße von Chutney


Liebe @Raindog

jetzt komme ich endlich auch bei dir vorbei.
Oh, das müsste ich bei so vielen sagen, die Liste ist lang und das nicht nur von Challenge-Geschichten.
Ich freu mich sehr, das du vorbeikommst und habe deine Worte mit einem breiten geschmeichelten Lächeln gelesen. Bis dann der Showstopper kam. ;)
Bestimmt hast du recht, der zweite Teil ist wie das Echo von dem Ersten, was die Thematik betrifft. Aber ich glaube, ich kann noch nicht darauf verzichten. Vielleicht, weil der Anfangsimpuls war, die Geschichte der Schwalbe zu erzählen. Und wie mich diese Frau bei der Auffangstation beeindruckt hat und was ich da erfahren habe. Wie du schon vermutet hast, eine reale Erfahrung des letzten Sommers. Klar, was die Leute eigentlich interessiert, ist die Beziehung und mir würde es wahrscheinlich genauso gehen. Angedeutet wurde es schon mehrfach, dass der zweite Teil entbehrlich wäre. Du hast dich da eindeutig positioniert. Danke dafür. Ich scheine meine Geschichten immer entweder zu früh oder zu spät abzubrechen. Und vielleicht tue ich es irgendwann, die Szene beenden, als sie den Vogel wiederfinden und auch den allerersten Absatz der Geschichte kürzen, was auch ein Vorschlag war. Oder ich müsste zwei Geschichten draus machen.

Aber erstmal genieße ich:herz::

Deine Dialoge sind einfach klasse: Sie sind glaubwürdig, knackig und du transportierst in ihnen trotzdem so viel Inhalt - du charakterisierst deine Protas Ratz-Fatz mit diesen paar Sätzen, dass ich sie sofort zu kennen glaube.
:shy:

Ich fühle ja schon mit Nicole, so von Frau zu Frau, aber den Thomas mit seiner knappen, ironischen, unaufgeregten Art, den finde ich ganz klasse …
Ich mag ihn auch.

Glaube ich fast nicht, dass der Sims für die Katze unerreichbar ist. Aber, na gut, ich kenne weder den Sims noch die Katze …
Vielleicht wäre es gefährlich geworden, wenn sie da schon gepiepst hätten.

Den ersten Satz finde ich zu tellig, mit dem „sehnte“. Im zweiten zeigst du ja, dass sie das tut. Vllt.: Wieder musste sie an Julian denken - oder sowas.
Stimmt, habe ich geändert, danke!

Und mir … gefällt das auch … :sealed: Und ich sehe an Stellen wie dieser, lese es zumindest so für mich, dass es für deine Protas noch Hoffnung gibt.
Ja, sie kennen sich gut. Da ist auch viel Vertrautheit.

Diese ganze Vogelfütterei und die damit einhergehenden Umstände beschreibst du einfach herrlich!
Oh, das freut mich aber, da hatte ich auch Sorge, dass es langweilen könnte.

Ich habe den Eindruck, du kennst dich tatsächlich damit aus. Dieses ganze Insider-Wissen. (Aber die armen Heimchen überhaupt! Die haben doch auch Eltern! :eek:)
Was die Heimchen betrifft, da musste ich auch schlucken. Ganz ehrlich.

Ich sag’s ja: Ich mag den Thomas. Das ist wirklich schön an deiner Geschichte, dass da so viel Witz drinsteckt, ohne, dass es klamaukig wird, und dass trotzdem diese Ehekrise in ihrer Tragik ernstgenommen wird.
Das ist ein tolles Kompliment, Raindog, vielen Dank.

Ich weiß zwar nicht, wie ich mir Thomas durch diesen Schweinsvergleich vorstellen soll, aber genau das finde ich hier sehr reizvoll. Weil es ja so ist, dass man sich manchmal zu Menschen hingezogen fühlt, die einem äußerlich gar nicht zusagen, wenn sie eben eine bestimmte Ausstrahlung haben
Ja, genauso ist es.

Und hier, liebe Chutney, könnte für mich ein wunderbarer Schluss sein.
Die Hoffnung, dass es eine Annäherung geben kann, aber auch den steinigen Weg, auf dem sie erfolgen müsste – das habe ich vorher schon super schön gesehen.
Ich werde es in meinem Herzen bewegen ...

Wie auch immer, ich habe es sehr, sehr gerne gelsen.

Vielen Dank, liebe Raindog, dein Kommentar hat mich sehr ermutigt und zum Nachdenken gebracht.

Liebe Grüße von Chutney


Lieber @GoMusic ,

ah, der Mann mit dem ganz geheimnisvollen Koffer schaut bei mir rein, wie schön!

Die Art, wie du schreibst, gefällt mir.
Oh, danke.:shy:


Hm.passen Brocken zum Nest? Stelle mir unter Brocken etwas Schweres, Hartes, Festes vor.
Mehlschwalben bauen ja so kugelige Nester aus Lehm, mit einem kleinen Loch. Das sind richtige Brocken, die da runterkommen. @barnhelm hatte der Ausdruck "Trümmer" gestört, den ich geändert habe. Aber es sind auf jeden Fall nicht nur Zweige, die da runterkommen.

Ich würde hier "beobachtet hatte" schreiben.
Ja, habe ich geändert, danke.

halbfertigen Schwalben
:lol:
Tja, das habe ich jetzt aber auch geändert, weil Friedel das diskriminierend fand. :shy:

Hier dachte ich erst, es wäre eine Schwalbenflüsterer-Story.
:D Ich habe mich gerade noch beherrscht.

Ups. Herzlos.
Aber irgendwie typisch Mann.
Findest du?

Würde Nicole hier an Leichen denken? Vielleicht eher "Futter im Glas"?
Naja, wenn man sonst jede Fliege rettet und guten Flug wünscht, dann sind das im Glas schon Leichen. Ich meinte es so, dass sie hier selber durchaus die Ironie wahrnimmt.

Irgendwie fehlt mir hier die Szene, wie sie ihn überredet hat.
Die Szene davor weist vielleicht schon ein bisschen in die Richtung, wie sie ihn "überredet". Und auch das danach, ihre gemeinsame Geschichte. Ich hatte gehofft, dass sich dabei diese Lücke hier schließt. Aber das ist eine interessante Rückmeldung. Mal gucken, ob sich noch mehr beschweren.

ras
Apostroph beim Verb mit Endung-e i.d.R. nicht notwendig.
Danke, ist geändert.

Herrlich! Witzig!
:cool:

Super! Und dann noch die Namen!
Echt viele Tiere in der Geschichte.

Ich kann gar nicht mehr aufhören, meine Lieblingssätze aufzuzeigen.
Musst du doch auch gar nicht. :D

Und was für eine Rolle spielte nun der Koffer?
Eine Kleinere, als ich ursprünglich geplant hatte. In der jetzigen Version, hatte sie ihn gepackt, um erstmal zu ihrer Schwester abzuhauen und stellt ihn ab, als sie die vögel sieht. Die Ehe war erstarrt, ein paar freie Tage und der Sohn ist doch nicht gekommen, um der Puffer zu sein. Sie hat irgendeine Kleinigkeit genommen, um sich aufzuregen. Und da sind ihr die Küken vor die Füße gefallen. Im Verlauf packt sie ja so langsam wieder aus. Und vielleicht am Ende ganz.

Hat mir gut gefallen. Aus dem Leben gegriffen.
Herzlichen Dank, GoMusic, es hat mich sehr gefreut!

Liebe Grüße von Chutney


Lieber @wander ,

ich freue mich, dass du auch dabei bist, bei der Challenge. Vielen Dank für deinen schönen Kommentar, du hast da ein paar Punkte zur Sprache gebracht, die ein Problem sein könnten, und mich dann doch eher beruhigt.

Mich interessiert das Thema Küken-Rettungs-Aufzucht nicht besonders. Trotzdem habe ich die ganze Geschichte gelesen (und nicht quer!) Sie ist einfach plastisch und lebendig, voller wunderbarer Details, und da liest man sich gern auch mal in etwas hinein, über das man selbst nie und nimmer geschrieben hätte.
Vielleicht wäre mir da sogar ähnlich gegangen, dass ich das spontan nicht so spannend gefunden hätte. Aber das Erlebnis hat mich schon ziemlich bewegt. Komischerweise habe ich mich beim Schreiben noch nie so reduziert gefühlt, im Vergleich zum mündlichen Erzählen, wo ich Mimik, Gestik und Stimme zur Verfügung habe. Nicht umsonst musste ja die Ehekrise dazu. Insofern bin ich froh, dass ich dich bei der Stange halten konnte.

Für mich ist es eine optimistische Geschichte.
In Bezug auf die Beziehung und auf die gerettete Schwalbe denke ich das auch.

Aber nein. Er lebt, er wird aufgezogen und der Mann, der sie mit ihrem Baby sitzen gelassen hatte und der jetzt die ganze Aktion völlig bescheuert findet, begleitet sie, weil er sich einer Sache, die nur ihr wichtig ist, annehmen kann. Wenn da kein Potential in der Beziehung steckt!!!
Ja, darum ging es mir eigentlich, dass man das Potential wahrnimmt, aber auch das, was diese Beziehung lähmt.

Eine andere Frage hat mich auch noch beschäftigt. Ist der Anteil, den die Beziehung einnimmt, zu klein?
Sehr spannend für mich, denn das war bisher ein Hauptkritikpunkt.

Nein, ich finde nicht. Gerade dadurch, dass es einen anderen Hauptstrang gibt, bekommt sie Bedeutung. Man lauert beim Lesen förmlich darauf.
Aha, ein interessanter Aspekt. Die Schwalbenstory als retardierendes Element sozusagen. Momentan freue ich mich doch, wenn jemand nicht sagt "kürzen".

Ich gestehe, dass ich mich, wenn die Geschichten eine bestimmte Länge übersteigen, gern mal vorm Lesen drücke.
Ich habe es diesmal nicht gemacht. Eine sehr gute Entscheidung!
Das ist ja ein schönes Kompliment! Vielen herzlichen Dank für deine Gedanken zu meiner Geschichte, wander, das war sehr interessant für mich.

Liebe Grüße von Chutney

 

Bestimmt hast du grammatikalisch recht. Aber ich finde, es klingt schöner in der zweiten Variante, poetischer. Wie weit lassen sich denn so Regeln biegen?

Bis sie brechen - wie alles eben.

Aber ich sach ma', trau Dich, Traudel, wir Poeten müssen zusammenhalten,

liebe Chutney!

Schöenen zwoten Advent wünscht das

Dante Friedchen

 

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