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Schutzengel!

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10.10.2006
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Schutzengel!

Während draußen die Straßenzüge Leipzigs an ihm vorbeikrochen, als hätten sie etwas zu verbergen, drückte sich Frank in die Umarmung eines Straßenbahnsitzes, aß Nic-Nacs aus der Tüte und versuchte seine Mutter zu ignorieren, die vier Monate nach ihrem Tod besser aussah als je zuvor.
„Ich weiß wirklich nicht-“
„Womit ich das verdient habe“, half Frank aus.
„Wie du dich davon ernähren kannst.“
Frank warf sich eine Handvoll Nüsschen in den Rachen.
„Ich verstehe immer noch nicht, wie du eigentlich deinen Lebensunterhalt bestreitest.“
„Kaum zu glauben, wo du doch vierundzwanzig Stunden am Tag über mir rumgluckst.“
„Als hätte ich mir das ausgesucht“, sagte seine Mutter, tätschelte aber freundlich seinen Oberschenkel.
„Lass das“, zischte Frank und sah in ihre Richtung. Verdammt, seine Mutter sah aus wie vierundzwanzig. Fünfundzwanzig höchstens. Kupferrotes Haar, mildfrische Augen und unter dem kuschelblauen Wollpullover zeichneten sich zwei – Nein!
„Wenn du nur offener für meine Pokeridee wärst, könnte ich mir auch mal wieder eine richtige Mahlzeit leisten.“
In seiner Phantasie sah sich Frank oft mit Sonnenbrille und Hut an einem Glastisch sitzen, während seine Mutter durch den Raum schlich und kiebitzte, um ihm die Blätter seiner Mitspieler zu verraten.
„Glücksspiel“, sagte seine Mutter, verschränkte die Arme unter den Brüsten und machte ein langgezogenes Zischgeräusch.
Nach einer Weile des Schweigens, in der Frank die restlichen Nacs verputzte, fing sie natürlich wieder an: „Können wir nach Hause, meine Serie fängt bald an?“
„Ich hasse es, dir das zu sagen, aber die haben die Schwarzwaldklinik vor zwanzig Jahren abgesetzt.“
„Ich mein doch nicht die, ich mein die mit den netten Ärztinnen, die alle so verrückt sind, und dieser Asiatin. Also“, seine Mutter schubste ihm in die Seite, „die wäre doch etwas für dich. Die würde dich auf Vordermann kriegen.“
„Das ist keine Serie, das ist Volksverhetzung“, quetschte Frank zwischen seinen Zähnen heraus. „Und wenn ich noch einmal sehen muss, wie da irgendwer irgendwen-“
„Ist da noch frei?“
Frank sah auf, seine Mutter auch.
„Untersteh dich!“, zischte sie.
„Ja, natürlich“, sagte Frank und lächelte, als sich eine junge Frau auf seine Mutter setzte, und ihm über einem blauen Eastpak-Rucksack ein Händchen entgegenstreckte – ohne Ring, wie Frank bemerkte – und sagte: „Katja. Reden Sie häufig mit sich selbst?“
Seine Mutter hatte sich währenddessen von ihrem Platz und aus Katja erhoben und stand nun wie ein Racheengel über ihnen, hielt sich dabei mit einer Hand an einer Stange fest und schwankte übertrieben nach links und rechts, wenn die S-Bahn auch nur über einen Huppel fuhr.
„Ich red nicht mit mir selbst“, sagte Frank. „Nur mit meiner toten Mutter.“
„Dann können Sie tote Menschen sehen?“, fragte Katja, lächelte dabei und zeigte unheimlich viel Zahn.
„Nee, nur meine Mutter. Mein Arzt sagt, das sei ein moralisches Korrektiv.“
„Pah“, schnaubte seine Mutter. „Du erinnerst mich an deinen Vater, wenn du so lügst.“
„So eine Art Geist der Weihnacht wie bei Dickens?“
„Schutzengel!“, schnarrte jemand.
„Belassen wir es doch bei moralischem Korrektiv. Und welche Art von Verrücktheit bringt Sie dazu, sich neben fremde Männer zu setzen, die mit sich selbst sprechen?“
„Oh“, sagte Katja und strich zärtlich über ihren Rucksack. „Das ist beruflich, ich arbeite in der Psychiatrie. Wollen wir mal einen Kaffee trinken?“

Acht Wochen später

„Das ist doch verrückt. Du kennst sie wie lange? Zwei Wochen?“
„Zehn“, zischte Frank und drückte auf den Knopf des Aufzugs.
„Ich kannte deinen Vater vier Jahre, bevor wir wussten, dass es etwas Ernstes ist, und du fragst sie nach zwei Wochen, ob sie mit dir zusammenzieht.“
„Zehn!“
„Und dann wunderst du dich, warum sie nicht mehr anruft.“
„Da ist was passiert, ich kann das fühlen.“
„Wieso? Benutzt du das Ding als Wünschelrute?“, fragte seine Mutter und zeigte mit dem kleinen Finger in Richtung von Franks Hose. Sie war in den letzten Wochen garstig geworden, also noch garstiger, vor allem seit Frank angefangen hatte, mit Katja zu schlafen.
Der Aufzug kam mit einem Ruck zum Stehen; Frank zog den Reißverschluss seines Pullovers bis nach oben, weil er fand, er müsse nun irgendein Signal setzen, und stieg festen Schrittes aus dem Aufzug. Seine Mutter tippelte hinter ihm her.
„Frank“, sagte Frank zum Erstbesten, der ihm in dem weiß getünchten Korridor über den Weg lief, streckte eine Hand aus und ergänzte nach einer Händeschüttelpause: „Der neue Pfleger.“
Der andere war ein bartloser Fleischberg mit blankem Schädel. „Gregor“, sagte er. Und: „Der alte Pfleger“, was er so witzig fand, dass er lächelte.
Seine Mutter schnüffelte hinter ihm, laut hörbar. „Hier riecht es. Ich fühle mich nicht wohl. Wir sollten gehen. Ich glaube, hier passiert nichts Gutes.“
Frank wedelte mit einer Hand hinter seinem Rücken, während er die andere erhob und drauflos plapperte.
„Ja, ich muss jetzt auch weg. Du hast wohl die Friedhofsschicht erwischt“, sagte der Fleischberg, als Frank eine Pause machte. „Na ja, es gibt hier nicht viel zu beachten. Nur nicht die Nudel in den Salat stecken.“ Er lachte, sein Kinn lachte mit. „Oder wenigstens, nicht dabei erwischen lassen.“
„Nudel in den Salat?“, fragte Franks Mutter.
„Ja, ja. Schon klar. Jahrelange Berufserfahrung in Bingen“, plapperte Frank. „Noch irgendwas Besonderes?“
Der Koloss hatte sich an Frank vorbei in den Aufzug gezwängt und rief noch: „Passen Sie auf den Alten auf, der ist gruselig.“
„Hat er wirklich gruselig gesagt?“, fragte seine Mutter.
Frank wollte den Reißverschluss seines Pullovers noch weiter nach oben ziehen, doch das ging nicht, also drehte er sich um und ging auf eine Insassin zu, die in einem Rollstuhl im Gang saß. Er fasste ihr an den bohnenstangengleichen Oberarm – ihr Klinikhemd war mit blauen Blümchen bestickt und fühlte sich an wie ein Leichentuch – und sagte, weil er das so für richtig hielt: „Na, wo gehören wir denn hin? Kennen wir denn eine Katja?“
Die Frau sah ihn mit Kuhaugen an, etwas Sabber tropfte aus ihrem Mundwinkel.
„Ah, Nudelsalat! Jetzt versteh ich das“, sagte jemand hinter ihm.

„Kannst du nicht irgendwelche Geisterkräfte benutzen, um rauszufinden, wo sie ist?“
Seine Mutter lächelte, wie man ein kleines Kind anlächelt, das danach gefragt hat, ob der Mond aus Käse sei, zog eine Augenbraue hoch und sagte: „Ich kann meinen gesunden Menschenverstand benutzen und dir sagen, dass sie dich nicht sehen will.“
„Vielen Dank.“ Frank ging weiter über den Linoleumgang. Er schien gar kein Ende zu nehmen, links und rechts waren Türen, vor ihm immer weiter nur Gang und an der Decke bei jedem zwölften Schritt ein Neonlicht.
Frank rüttelte von Zeit zu Zeit an einer der Türen, jede verschlossen, und als er sich schließlich entschied, an einer Tür stehen zu bleiben, an der Klinke zu rütteln und zu ziehen und dagegen zu klopfen und laut zu fragen, ob denn da jemand drin sei, sagte jemand: „Meine Grabesquellen sagen mir: Schau im Aufenthaltsraum nach.“ Und zeigte mit dem kleinen Finger auf eine Tür den Gang runter, neben der mit goldener Schrift auf schwarzem Grund „Aufenthaltsraum“ stand.
Frank zog seinen Reißverschluss etwas nach unten, um ihn dann viel energischer nach oben zu ziehen.

„Der Mann hatte Recht, das ist gruselig. Wie lang ist der Korridor denn? Das müssen doch mindestens achthundert Meter gewesen sein.“
„Ja, weil dein räumliches Vorstellungsvermögen ja immer legendär war, Mama. Wie war das? Rückwärts einparken.“
„Es hatte geschneit!“
Frank öffnete die Tür zu einem miefigen Räumchen mit Kaffeemaschine, Kühlschrank, Obervitrine, Mikrowelle, Fernseher und einem gammeligen Rätselheftchen.
„Oh“, sagte seine Mutter und beugte sich sofort über das Heftchen.
Frank wendete sich ab, weil der Hintern seiner Mutter die Jeans spannte, und sah in den Kühlschrank: Vielleicht konnte er sich einen Burito warm machen, das war das mexikanische Gegenstück zu Nic-Nacs.
„Verbrennungsrückstand mit vier Buchstaben“, murmelte jemand, während Frank in den leeren Kühlschrank starrte.
„Russ“, sagte Frank.
Und hinter ihm: „Angenehm. Vincent.“
„Mariaundjosef, den hab ich nicht kommen hören“, sagte seine Mutter. Hinter Frank war ein zahnlos lächelnder Greis in einem Rollstuhl aufgetaucht, sein Mund war mit Blut beschmiert.

Seine Mutter hatte sich hinter dem Mann aufgebaut und roch an dessen Haupt, das nur von einem schlohweißen Haarkranz geziert wurde.
Frank schüttelte den Kopf und sagte: „Hallo, wie geht es uns denn heute? Haben wir denn Zutritt zu diesem Aufenthaltsraum und was haben wir denn mit unserem Mund da gemacht? Haben wir versucht, unsere Zunge zu verschlucken?“
Der Greis lachte meckernd. Die Mikrowellentür schlug auf und zu. Franks Mutter schreckte von dem Alten zurück.
„Katja hat mir von Ihnen erzählt“, sagte der Greis und fasste mit Spindelfingern nach den Rädern seines Rollstuhls.
„Sie kannten – kennen Katja?“, korrigierte Frank.
„Ja, ja“, sagte der Alte, sein Kopf wippte mit jedem Wort, als habe er kein Rückgrat. „Oft, oft. Ein so liebes Mädchen. Hat mir oft von Ihnen erzählt. Hab ihr gesagt, es ist nicht gut hier. Er kommt nachts. Wissen Sie. Nachts kommt er.“
„Wer?“, fragten Frank und seine Mutter im Chor.
„Oh, er“, der Kopf wippte wieder. „Er kommt schon bald, hehe. Er ist groß, wissen Sie. Groß ist er.“
„Und er hat Katja?“
„Ja ja, he he. Oh“, der Alte führte eine Hand zum Ohr und formte einen Trichter.
Das Rätselheft hüpfte auf und ab, auch der Kühlschrank wippte hoch und runter. Seine Mutter drehte den Kopf hinter sich.
„Sie sollten jetzt wirklich gehen“, riet Vincent. Doch da hatte Frank seine Mutter schon am Handgelenk gepackt und war wieder draußen auf dem Flur. Fast meinte er den Alten noch flüstern zu hören, als die Tür ins Schloss fiel. Doch das konnte nicht sein. Der Greis konnte unmöglich gesagt haben: „Sie sehen einfach fabelhaft aus, Mademoiselle.“

Auf dem Korridor wippte das Linoleum mit und da wo eben noch weißer Horizont gewesen war mit Neonlampen alle zwölf Schritte, so weit das Auge reichte, ragte nun eine schwarze Masse vor ihm auf, vielleicht zehn, elf Lampen entfernt.
„In drei Teufels Namen“, sagte Frank.
„Was ist das?“, fragte seine Mutter.
Dann rollte das Dunkel auf sie zu, eine Lampe ging aus, die Erschütterungen auf dem Boden wurden stärker. Die nächste Lampe zersprang unter Getöse.
„Lauf!“, schrie Frank, wirbelte herum und rannte aus Leibeskräften.

Die Lunge brannte, die Muskeln in seinen Waden schmerzten, seine Mutter war wie ein Schemen an seiner Seite und feuerte ihn an: „Los, jetzt. Komm. Es kann nicht mehr weit sein“, doch vor ihm war nur ein weißes Nichts. Ein Korridor.
Schweiß hatte Franks Brauen durchweicht und tropfte nun salzig in seine Augen.
Der Boden bebte.
„Okay, okay, okay“, Frank hielt an, drückte seine Hände auf die Knie und röchelte. „Das ist doch Wahnsinn“, er drehte den Kopf in Richtung des Schwarz. „Da ist nichts, da passiert gar nichts.“
Er kauerte sich an eine der weichen Wände und atmete schwer, seine Mutter drückte ihm die Hand.
„Du weißt, dass ich dich liebe, oder?“, fragte sie.
Doch Frank hatte den Kopf in Richtung des schwarzen Nichts gedreht, die Augen zu Schlitzen verengt, lugte in die riesige, stapfende, verschlingende Dunkelheit und ballte die Hände zu Fäusten.
„Okay, eine Waffe“, sagte Frank. „Das ist immer der Fehler von den Typen in den Filmen. Die haben nie eine Waffe“, seine Fäuste öffneten und schlossen sich wieder.
Er meinte nun Schemen in dem Dunkel zu erkennen, einen Koloss, noch viel größer als der Fleischberg vom Aufzug, so groß, dass er bis an die Decke reichte, und fast von Wand zu Wand. Frank versuchte richtig zu atmen. Durch die Nase ein, durch den Mund aus. Es war mehr ein Hecheln.
Der Moloch war schon zu nahe, viel zu nahe. Und wegrennen konnte er nicht mehr. Vielleicht - wenn er sich einfach nur fest genug an die Wand presste, so als wäre er in einem Tunnel und ein ICE raste auf ihn zu?
„Schnell da oben!“, rief seine Mutter und zeigte auf eine Luke an der Decke.
„Das ist viel zu hoch“, protestierte er, stieß sich aber von der Wand ab – der Boden bebte immer stärker - und versuchte sich fest genug vom Linoleum abzudrücken, um nach oben zu gelangen. Der Boden gab unter seinen Füßen nach, so dass er meinte, aus nassem Sand zu springen.
„Mach was!“, schrie er, während er sprang.
„Ich bin nur ein moralisches Korrektiv!“, schrie seine Mutter zurück.
„Nein“, Frank sprang, „Schutzengel!“, schrie er. „Schutzengel!“
Er hörte, wie seine Mutter Luft in ihre toten Lungen sog und starrte auf den Koloss, der auf ihn zusteuerte. Menschenähnlich, dachte Frank. Wenigstens ist es menschenähnlich. Er war nackt, dicke Muskelstränge zeichneten sich unter seiner glänzend-schwarzen Haut ab, sein Gesicht war eine glatte Oberfläche, keine Nase, keine Augen, keine Ohren, kein Mund, nichts, er schien nur aus gewaltigen Armen und Beinen zu bestehen und einem muskelbepackten Torso.
Eine der Pranken des Molochs spannte sich zu einer Faust von der Größe eines Kleinwagens. Und Frank sprang erneut nach oben, vierzig, fünfzig Zentimeter fehlten, und er musste ja auch noch die Klappe da aufbekommen. Wer weiß, wie die gesichert war. Ach, er starrte nach vorne. Wenigstens starb er spektakulär. In dem Albtraum eines anderen.
Ein letztes Mal, bevor ihn das Viech überrollen würde, sprang er nach oben, spürte eine zarte Umklammerung an seinem Handgelenk und wurde nach oben gerissen
Er kauerte sich flach auf den Boden des Heizungsschachtes, während sich der Moloch unter ihm seinen Weg fraß, atmete schwer aus und starrte in die mildfrischen Augen seiner Mutter. „Ich hab dir doch gesagt: Schutzengel“, sagte sie, bevor sie sich flach auf den Bauch fallen ließ.

„Ich glaub, es ist weg“, sagte seine Mutter und zog ihren Kopf aus der Öffnung wieder nach oben.
Frank lag auf dem Rücken und atmete. War ein tolles Gefühl, einfach zu atmen, jeden Muskel in seinem Körper doppelt zu spüren, und die in seinen Beinen dreifach.
„Hier sind wir sicher“, sagte Frank. „Es ist viel zu groß.“
„Was immer es auch ist.“
„Was immer es auch ist. Moment mal.“
„Ja, mein Sohn“, irgendetwas, das Frank gar nicht gefiel, hatte sich in ihre Stimme geschlichen, „für den ich über mich selbst hinausgewachsen bin und dem ich soeben zum zweiten Mal das Leben geschenkt habe.“
„Du hättest das gar nicht tun können, ich meine: Du bist doch nicht wirklich du. Du bist nur ein moralisches-“
„Schutzengel“, sagte sie. „Ich kann es nicht fassen, dass du wieder davon anfängst. Nach allem, was ich für dich getan habe.“
„Ja, ist ja gut“, sagte Frank. Er wusste nicht so recht: Sollte es ihn freuen, dass er nicht verrückt war, sondern … besessen? Oh Gott, er hatte vor seiner Mutter mit einer fremden Frau geschlafen! Bisher hatte er angenommen, er hatte es nur vor einem irgendwie abartigen Teil seiner selbst getan.
„Wir müssen hier weg, Katja finden!“
„Bist du noch bei Trost?“
„Was schlägst du denn vor?“
„Einfach hier bleiben, bis die nächste Schicht anfängt.“ Wieder ein Zischgeräusch.
„Okay“, sagte Frank, legte sich flach auf den Rücken und versuchte, die Implikationen zu verdrängen, die das alles nun mit sich brachte.
„Vielleicht“, setzte seine Mutter an. „Können wir jetzt mal über unsere Beziehung sprechen, jetzt wo klar ist, dass ich-“
„Was? Was willst du? Einen eigenen Fernseher, oder was?“
„Oh, Oh“, machte seine Mutter.
Frank schreckte hoch.
„Kriech!“

Frank quetschte sich durch den Schacht, robbte auf seinen Unterarmen entlang und jedes Mal, wenn er sich umdrehen wollte, sah er in das Gesicht seiner Mutter, die „Kriech! Kriech doch endlich“ schrie.
„Was ist denn da?“, schrie Frank, seine Kehle brannte.
„Zähne!“, kam es zurück. „Krallen! Jetzt mach!“
Du bist eine Maschine, dachte Frank. Eine reine Maschine. Arme und Körper, Arme nach vorne, absetzen, und Ziiiehen. Arme nach vorne, absetzen und Ziiiiehen. Du hast keine Muskeln, die schmerzen, du hast kein Blut, da ist Öl und da sind Drähte und Ziiiiehen.

Da ist nichts, was Brennen kann an deinen Oberarmen, dein Bauch kann nicht weh tun, da ist nichts, was schrammt und schwitzt und quetscht und Galle spuckt und Feuer schreit und brennt. Da ist Stahl auf Stahl und zieh und du bist eine Maschine.
Etwas jagte ihm seine Krallen in die Ferse, Frank schoss Wasser in die Augen, er drehte sich um: Ein finstres Geschöpf mit Krallen lang wie Zimmermannsnägeln und Zähnen spitz wie Haifischfänge hatte sich in seine Ferse gehackt, seine Mutter drosch mit ihren Fäustchen auf es ein, doch das Viech öffnete den Kiefer und Frank trat ihm mit aller Kraft in die Schnauze, das Wesen zischte und zuckte.
Frank erkannte noch, dass seine Mutter versuchte, dem Wesen die Daumen in seine lidlosen Augen zu rammen, da kroch er auch schon weiter.
Und Frank, die Maschine, spürte, wie er leckte, Flüssigkeit verlor, es tropfte aus ihm, es strömte, er biss auf seine Zähne, die Zunge torkelte in seinem Mund wie ein waidwundes Tier. Seine Mutter schrie hinter ihm, jammerte und kreischte; er meinte das feurige Sabbern des Dämons zu hören, als seine Hände vor ihm plötzlich keinen Halt mehr fanden und er kopfüber in den Abgrund fiel.

„Na, haben wir uns weh getan? Sind wir hingefallen?“
Frank hörte das Quietschen von Rädern und spuckte etwas Blut. Er fuhr mit der Zunge im Mund herum, ein Vorderzahn war abgebrochen.
Frank drückte mit den Handflächen auf den Boden – Stein, wie konnte der Boden denn aus Stein sein? – und sah sich um. Er war in einem riesigen, weißen Operationssaal mit Fackeln an den Wänden. Der Moloch thronte schwarz über dem Greis in seinem Rollstuhl, der zahnlos lächelte, und in seiner Pranke hielt er, als wäre sie eine Barbiepuppe, Katja. Oh, Katja.
„Wissen Sie, seit mir Katja von Ihnen beiden erzählt hat, brenne ich darauf, Sie kennen zu lernen. Wissen Sie, wie selten unsere Gabe ist?“
Frank versuchte erneut sich aufzurichten, er hatte das Gefühl, als würde etwas auf seinem Rücken liegen und als er den Kopf nach hinten drehte, zischte ihn ein schwarzes Geschöpf an, leckte mit einer pockigen Zunge über seine Wange. Widerhaken rissen Wunden. Frank schrie.
Katja wimmerte, der Moloch streichelte ihr mit dem Zeigefinger seiner anderen Hand über den Kopf. Der Finger war so groß wie ein dicker Achtjähriger.
„Außerköperliche Projektion, fantastisch, nicht wahr? Mein Leben lang dachte ich, ich sei der einzige mit dieser Gabe. Und dann, Sie können meine Überraschung bestimmt verstehen, als ich von Ihrem speziellen Fall hörte? Wo ist sie denn? Möchten Sie sich nicht zu uns gesellen, Mademoiselle?“
„Nein, bleib weg, Mutter!“, schrie Frank, die Zunge ratschte über sein Ohr und riss ein kleines Stück heraus.
„Ich fürchte, ich muss insistieren.“
„Schon gut, schon gut“, seine Mutter löste sich aus der Dunkelheit des Raums, die kupferroten Haare flackerten im Licht der Operationssaalfackeln. Sie war wunderschön, fand Frank nun.
„Es tut mir leid, dass ich gezwungen war, bestimmte Unannehmlichkeiten auf Ihre Schultern zu laden. Sehen Sie es als eine Art … Belastungstest.“ Der Alte fuhr mit seinem Rollstuhl auf Franks Mutter zu. „Mademoiselle, darf ich denn darauf hoffen, Ihre Hand zu berühren.“
Grazil reichte sie ihm die Hand, und er presste seinen zahnlosen Mund auf den Handrücken. Es schmatzte, Frank wandte sich ab, versuchte zu erkennen, ob sich Katja in den gewaltigen Armen des Wesens überhaupt noch bewegte.
„Sie haben sie wunderbar hinbekommen. Sie schmeckt sogar echt. Schauen Sie“, sagte der Greis, „ein ganzes Leben hab ich Ihnen voraus und das Beste, was mir gelingt, ist dieses da“, er zeigte auf den Moloch, „und jenes dort“, er zeigte in Franks Richtung. „Können Sie mir zeigen, wie es geht? Können Sie es mich“, sein Kopf wippte, „lehren? Oder müssen wir bestimmte Ablenkungen vorher noch beseitigen?“

Katja baumelte in den Pranken des Riesen hin und her, Frank wusste nicht, wie weit es von dort nach unten gehen würde.
„Das ist ein Missverständnis“, hörte er seine Mutter sagen. „Ich bin keine Projektion, wissen Sie.“
„Ach, Nein?“, fragte Vincent und zu Frank gewandt: „Es kann reden. Wie wunderbar es reden kann.“
Seine Mutter wedelte mit einer Hand hinter ihrem Rücken, als wolle sie ihm ein Zeichen geben, Frank hatte das Gefühl, dass der Druck auf ihm nachließ, offenbar war das Krallenwesen genau wie sein Meister abgelenkt.
„Nein“, sagte seine Mutter, „kommen Sie her“, sie spitzte ihre Lippen, „ich verrate Ihnen das Geheimnis.“
Der Greis fuhr seinen Rollstuhl näher heran, Franks Mutter beugte sich über ihn, roch an seinem Kopf, brachte den Mund dicht an sein runzliges Ohr.
Frank stöhnte auf, drückte sich vom Steinboden ab, das Vieh fiel hinter ihm zu Boden, kreischte auf, Frank jagte nach vorne.
„Ein Schutzengel!“, hörte er seine Mutter brüllen. Sie griff nach dem Kopf des Alten, eine Hand an die Schläfe, die andere ans Kinn, und drehte mit einem gewaltigen Ruck. Der Moloch vor ihm zerbröselte. Die Pranke, die eben noch Katja gehalten hatte, löste sich in Nichts auf. Das Vieh hinter ihm schrie immer lauter und lauter, Frank hetzte nach vorne, stolperte – seine Ferse -, Katja fiel. „Schnell“, rief seine Mutter, Frank rannte und humpelte und sprang das letzte Stück, breitete die Arme wie zu einem Falltuch aus, schloss die Augen - er war zu spät, viel zu spät! -, und da, wie ein Apfel, fiel Katja ihm in die Arme.

„Du bist ganz leicht“, sagte Frank. „So leicht hab ich dich gar nicht in Erinnerung. Dir geht es doch gut, oder? Alles in Ordnung?“ Frank setzte sie vor sich ab, hielt ihr Gesicht mit beiden Händen und presste sie an sich. Sie drückte die Nase in jene Kuhle, wo sein Schlüsselbein in den Hals überging.
„Mir geht es gut.“ Und irgendwie, so pervers es war, Frank war nie glücklicher, so nahe wie in jenem Moment, so lebendig, hatte er sich nie vorher gefühlt. Katja sagte: „Du Frank. Ich dachte, ich würde sterben“
„Nein, nein“, sagte Frank und erkannte etwas hinter Katjas Schultern.. „Alles ist gut, wirklich alles ist gut.“
„Du bist mein Held.“
„Ja“, sagte Frank mit freudloser Stimme. „Das kann man wohl so sagen. Aber“, er löste sich von ihr, „vergessen wir auch meine Mutter nicht.“
Die wischte ihre Hände an der Jeans ab und bei jedem Ruck stieß sie ein Wort aus: „Was ich nicht alles für dich tue. Und dankt man es mir? Nein!“
„Oh!“, sagte Katja. „Jetzt kann ich sie ja sehen. Frank, warum hast du mir nicht gesagt, wie wunderschön sie ist? Und das ist deine Mutter? Freut mich, Sie kennen zu lernen! Ich habe schon so viel von Ihnen gehört.“
Frank erstarrte. Seine Mutter drehte ihren Kopf zur Seite.
„Was denn? Hab ich was Falsches gesagt?“
„Nein“, sagte Frank. „Es ist alles gut. Komm her, ich will dich nur festhalten, schau dich nicht um.“ Er drückte sie an sich, über ihre Schulter hinweg konnte er ihren zerschmetterten Leichnam sehen.

 

Hallo Quinn!

Der Geschichte folgt einem bekannten Muster: Zwei Menschen, die in einer engen Beziehung zueinander stehen, zwischen denen ständig eine halbernste Spannung besteht, stehen einander am gefährlichen Höhepunkt der Geschichte bedingungslos bei. Natürlich ist das keine Horrorgeschichte, denn der hauptsächliche Akzent liegt auf diesen ständigen, kleinen Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Sohn. Die Horroranteile kann ich nicht recht ernst nehmen. Man weiß ja von Beginn an: Mit so einer Mama an der Seite des Helden kann eigentlich nicht wirklich was schief gehen. Und wenn ich die Horroranteile mit der Charakterisierung des Helden als Versager verbinde (und er bleibt ja bis zum Ende ein Versager, seine Mama ist es, die alles richtet und für einen vorerst guten Ausgang sorgt, deswegen auch die „Freudlosigkeit“ bei Frank, als Katja ihn am Ende einen „Helden“ nennt), dann ist der Horror nur ein Symbol für das beängstigende Leben draußen (die Straßen Leipzigs sind unheimlich, Frank drückt sich in den beschützenden Straßenbahnsitz). So lange der Held es noch bequem hat, ist seine Mutter nur ein „moralisches Korrektiv“, sobald es ernst und gefährlich wird, ist sie der „Schutzengel!“ – aus eigener Kraft meistert dieser Frank die Gefahren nicht.
Auf irgendeine verquere Weise ist es also eine Geschichte über einen jungen Mann, der eigentlich seine Mutter begehrenswert findet (die Mutter wird äußerlich viel genauer und erotisch anziehender beschrieben als Katja, die hat nur zuviel Zähne, sonst gibt es kein erotisches Merkmal an ihr) und nicht von ihr loskommt. Die Figur der Katja bleibt sehr blass, ihr einziges Merkmal ist, dass sie Psychiaterin ist, liebt er sie deswegen, weil er sich von ihr die Befreiung von seinem „moralischen Korrektiv“ erhofft? Jedenfalls weiß man nicht so recht, was er eigentlich an dieser Katja findet.

Das Ende ist ja nicht deswegen schrecklich, weil Katja in Wirklichkeit tot ist, sondern weil Frank jetzt zwei Schutzengel am Hals hat, und die beiden werden aller Voraussicht nach nicht gut miteinander auskommen. Frank wird in Zukunft, wie jeder bürgerliche Mann, zwei Schutzengel am Hals haben, die er nie mehr loswird: Seine Mutter und seine Frau. :D


Während draußen die Straßenzüge Leipzigs an ihm vorbei krochen, als hätten sie etwas zu verbergen, drückte sich Frank in die Umarmung eines Straßenbahnsitzes, aß Nic-Nacs aus der Tüte und versuchte seine Mutter zu ignorieren, die vier Monate nach ihrem Tod besser aussah als je zuvor.
zusammen: vorbeikrochen
ja, das ist schon ein interessanter Beginn: viele athmosphärische Akzente sozusagen, viele verschiedene "Gewürze" - die Straßen Leipzigs: fremd und bisschen unheimlich, die Straßenbahn als Wohnzimmer, sie gibt Geborgenheit (Umarmung des Straßenbahnsitzes), es ist ja anscheinend auch sonst niemand da in der Straßenbahn (außer die dritte wichtige Person, Katja, natürlich), wo fährt er eigentlich hin? – das ist nebensächlich, Charakterisierung des Helden über seine Essgewohnheiten – klingt nach einem verfressenen Versager, der Junkfood in sich reinstopft (in dem Aufenthaltsraum denkt er ja auch sofort an Buritos), und die Ironie, dass die Mutter vier Monate nach ihrem Tod besser aussieht als zuvor: Ähm ja, vier Monate nach dem Tod sieht normalerweise niemand mehr gut aus. Das heißt, mit dem ersten Satz gibst du dem Leser gleich eine kleine "Geschmacks"-Explosion.
und ihm über einen blauen Eastpak-Rucksack ein Händchen
einem
Seine Mutter hatte sich währenddessen von ihrem Platz und aus Katja erhoben und stand nun wie ein Racheengel über ihnen, hielt sich dabei mit einer Hand an einer Stange fest und schwankte übertrieben nach links und rechts, wenn die S-Bahn auch nur über einen Huppel fuhr.
ich habe nie verstanden, welchen physikalischen Gesetzen solche Geister eigentlich folgen, also du machst es wie in den Filmen: Man kann zwar durch diese Geister durchgehen und die können auch durch alles durch, Wände und so, aber trotzdem Kleidung tragen und sich an Stangen festhalten und schwanken und durch den Boden fallen die auch nicht. Sehr merkwürdig!
Das ist das große logische Problem in der Geschichte, das allerdings sogar thematisiert wird: Wie kann die Mama ihn hochreißen, wenn sie doch ein Geist ist, aber Vincent ist fasziniert, dass er ihre Hand berühren, küssen kann, sie ist also schon ein besonderer Geist, diese Mama (da wär noch das Problem, warum Vincent sie überhaupt sieht). Und auch die Pointe funktioniert ja nur, weil Katja noch immer körperlich ist, obwohl sie ja bereits aus ihrem Körper heraus ist! Sehr merkwürdig! Und wie kann Vincent durch „außerkörperliche Projektion“ etwas erschaffen, das seine Krallen in Franks Ferse jagt, sich also sehr materialisiert?
Der Aufzug kam mit einem Ruck zum stehen
groß: Stehen
Der andere war ein bartloser Fleischberg, mit blankem Schädel
ohne Komma
während er die andere erhob und drauf los plapperte
zusammen: drauflosplapperte
die in einem Rollstuhl im Gang saß
in Österreich sagt man: am Gang - und ich finde, das würde hier besser klingen
Er fasste sie an den bohnengleichen Oberarm
Bohnen sind runde, kleine Dinger, RUND, KUGELIG, also nicht geeignet als Bildspender für einen Oberarm - ich würde "bohnenstangengleichen" nehmen ... und ich würde ja: „er fasste ihr an den“ … sagen
etwas Sabber tropfte auf ihrem Mundwinkel
aus
links und rechte waren Türen
rechts
Er hörte wie seine Mutter Luft in ihre toten Lungen sog
Komma: hörte, wie
Er war nackt, dicke Muskelstränge zeichneten sich unter seinem glänzend-schwarzen Körper ab
steht der auf seinen Muskelsträngen? ;) - zeichneten sich unter seiner glänzend-schwarzen Haut ab
jeden Muskel in seinem Körper doppelt zu spüren, und die in seinen Beinen dreimal
dreifach statt dreimal
Da ist nichts was Brennen kann an deinen Oberarmen
Komma und klein: nichts, was brennen …
er hatte das Gefühl als würde etwas auf seinem Rücken liegen und als er den Kopf nach hinten drehte
Komma: Gefühl, als …
Und dann, sie können meine Überraschung bestimmt verstehen, als ich von ihrem speziellen Fall hörte
groß: Sie … Ihrem
bestimmte Unannehmlichkeiten auf ihre Schultern zu laden. Sehen Sie es als eine Art, Belastungstest.“
groß: Ihre – Komma weg
ihre Hand zu berühren
groß: Ihre
„Sie haben Sie wunderbar hinbekommen
klein: sie
jenes dort“, er zeigt in Franks Richtung
zeigte
„Ach, Nein?“, fragte Vincent
klein: nein
sie spitze ihre Lippen
spitzte
Ich habe schon so viel von ihnen gehört
groß: Ihnen
so nahe wie in jenem Moment, so lebendig, hatte er sich nie vorher gefühlt
wem nahe?

Tatsächlich gehen alle Teile der Geschichte gut zusammen. Sie ist sehr vergnüglich zu lesen.

Gruß
Andrea

 

Hallo Quinn

Verblüffend und köstlich diese Idee - wenigstens für mich als in diesem Genre wenig Erfahrenem - die Gegenwart einer verstorbenen Mutter als moralisches Korrektiv und schizophren wahrnehmbar als personifizierter Schutzengel. Was sich in der S-Bahn humorvoll anbahnt, nimmt in der Psychiatrie einen albtraumhaften Verlauf, wobei der Spannungsbogen durchgehend ungebrochen ist. In einzelnen Teilen musste ich Sätze wohl zweimal lesen, da der Sinn sich nicht auf Anhieb einstellte. Doch bei genauer Betrachtung, gelungene Wortspiele, wie etwa im Schlusssatz:

„Nein“, sagte Frank. „Es ist alles gut. Komm her, ich will dich nur festhalten, schau dich nicht um.“ Er drückte sie an sich, über ihre Schulter hinweg konnte er ihren zerschmetterten Leichnam sehen.

Meine Gedanken schweiften kurz ab zu Ekel, den Film von Polanski, den ich vor einigen Jahrzehnten sah. Was sich dort in einem schlichten Kühlschrank irreal realisierte, wurde in dieser Geschichte in einer anderen Form genüsslich zelebriert.

Mit grossem Schmunzeln gelesen.

Gruss

Anakreon

 

Hi Quinn,
Eine tolle Geschichte, die sich die Empfehlung verdient. Humor und Grusel gekonnt gemixt. Eine Perfekte geschriebene GEschichte. REcht viel mehr gibts da nicht zu meckern:

einem gammeligem Rätselheftchen.
gammeligen
„Lauf“, schrie Frank, wirbelte herum und rannte aus Leibeskräften.
Rufzeichen nach Lauf


LG
Bernhard

 

Hallo Unbeliever,

Und das ist, wie ich finde, ein gutes Zeichen. Wenn ich in einer Geschichte nicht mehr die Buchstaben, sondern nur noch die beabsichtigten Bilder sehe, funktioniert es. Sehr gut hingekriegt!
Das ist toll, wenn das funktioniert.


Bei dem Monster fühlte ich mich dann sehr an das aktuelle Videospiel "Alan Wake" erinnert. Das soll keine Kritik sein, denn das Spiel ist sehr gut ;-) Weiß nicht, ob du's kennst, bzw. ob du überhaupt spielst, und ich will dir auch gar nicht unterstellen, dass die Inspiration zu deinem Viech von da stammt, aber mich hat's daran erinnert.
Nee, gar nix. Sowas spiel ich net. Das Monster – oder die zwei Monster – sind ja sehr generisch, die tauchen in dieser Form sicher öfter auf, weil sie Urängste bedienen. Der Moloch als Urgewalt, wie ein Mammut (deshalb hat jeder vernünftige Mensch auch Sauschiss vor nem Nashorn), und das andere Wesen funktioniert wohl, weil es in dieser klaustrophobischen Röhre agiert und man wehrlos ist.
Also das sind Archetypen.

Da wurde ähnlich versucht, was lustiges mit Horror zu verbinden. Ich fand das Buch sehr gelungen, da es meiner Meinung nach sehr schwer ist, ein wenig Witz in eine Geschichte zu bringen. Und das erst recht in einer Horrorgeschichte.
Ich versteh das nicht so ganz, weil ich mit Buffy und Scream groß geworden bin, das lief so als ich 14, 15, 16 war. Also für mich ist die Kombination Horror (oder „Horror“) und Komik so was wie Erdbeeren mit Schlagsahne. Ich weiß auch nicht, warum das hier so eine Debatte auslösen konnte.

Und da du das für mich ähnlich gut hingekriegt hast, gibt's von mir eine Empfehlung. Die erste, die ich hier vergebe, weil es die Geschichte wirklich verdient!
Das freut mich, vielen Dank.

In einer klassischen Gruselgeschichte braucht es meiner Meinung nach aber doch ein größeres Maß an Realismus. Sonst funktioniert es nicht.
Ja, das mag schon sein. Ich finde klassische Gruselgeschichten nicht sonderlich zeitgemäß. Ich brauch die nicht.

Keine Marsmenschen und UFOs, sondern Existenzen, die wir gar nicht begreifen können, und denen wir völlig egal sind, da unser kümmerliches Weltbild für sie nur ein Wimpernschlag ist?
Ja, das stimmt. Das spielt auch mit Ängsten, die so in ein deutlicheres Motiv gepackt werden. Das sind existentialistische, nihilistische Ängste, die einen immer ganz schön runter ziehen.

Danke dir für die Empfehlung und den Kommentar
Quinn

Hallo Mothman,

Ein Schlagwort mit „!“ fällt (mir) dann eben besonders ins Auge und mir kommt es dann so vor, als ob man das Schlagwortprinzip über Gebühr steigern wollte.
Ich finde die reißerischen Titel sind nach dem Muster : „Wort Bindestrich marktschereierischer Mist“ gestrickt: Nadine – Endstation Babystrich!
Und kann bei „Schutzengel!“ einfach null Handlungsbedarf entdecken.

Eigentlich wollte ich nur sagen, dass, egal ob es nun lustig, spannend, oder einfach nur Popcorn sein soll, coole Helden mit coolen Sprüchen langweilig sind. Der „dunkle Touch“ wäre schon gegeben gewesen, wenn einfach ein wenig mehr „Anti“ in der Figur gewesen wäre.
Er ist ja jetzt nicht Captain Awesome. Frau H. bezeichnet ihn zurecht als ziemlichen Loser.

Mir hätten schon ein paar erklärende Sätze genügt, wo klar wird, warum Frank sich als Pfleger ausgibt. Warum er glaubt, dass ein persönlicher Besuch in der Psychiatrie mehr bringt, als bspw. ein telefonischer Anruf. Warum Frank nicht wirklich überrascht ist, als alles plötzlich zum Wackeln anfängt und ein Monster über den Flur hetzt.
Das, was zwischen der ersten und der zweiten Szene passiert, wird indirekt durch den Dialog zwischen Frank und seiner Mutter in der zweiten Szene zusammengefasst. Das ist doch eine althergebrachte Erzähltechnik. Frank und Katja haben sich verliebt, er hat sie gefragt, ob sie bei ihm einzieht, sie meldet sich nicht mehr, Frank beschließt sie an ihrem Arbeitsplatz aufzusuchen, weil er das Gefühl hat, etwas sei nicht in Ordnung.
Warum Frank da nicht überrascht ist? Ich glaube, wenn man seine tote Mutter sehen kann, dann verschieben sich bestimmte Schwellen.

Noch besser hätte mir aber eine Szene gefallen, wo all das nicht nur erklärt wird, sondern wo auch noch ein bisschen die taufrische Beziehung zw. Frank und der Psychiaterin ausgeschmückt wird. Am Besten vielleicht die Bettszene, wo die keifende Mutter danebensteht. (Das Bild war so cool, dass es Schade war, dass Du es nur nebenbei erwähnt hast). Außerdem hätte diese Szene genügend Raum für Spaß und Witz gelassen, so dass der nachfolgende Teil sich wieder mehr auf die Spannung hätte konzentrieren können.
Dann hätte man zwei Zeitsprünge in den ersten drei Absätzen gehabt und die Geschichte wäre zerfasert. Das Bild mit der Mutter neben dem Bett funktioniert auch so ganz gut, denke ich.

So gesehen finde ich die Mischung aus Spaß und Horror nicht gut gelungen und damit auch nicht empfehlenswert.
Ich kann ja keinem die Geschichte schön quatschen. Wenn du die nicht empfehlenswert findest, weil dir hat ein Zwischenabsatz fehlt und du die Mischung aus Spaß und Horror nicht gelungen findest, ist das halt so. Ich sehe in dem Bereich hier sonst wenig. Es versuchen wenige und es gelingt kaum einem. Katla ist ja schon jeden Tag dabei, Geschichten aus der Rubrik hier rauszuschaufeln, weil eben so wenig Gutes kommt.

Aber Fringe ist dieser Text nicht, eher Supernatural oder so.
Auch damit kann ich leben.

Danke dir für die erneute Rückmeldung
Quinn

Hey Proof noch mal,

Na ja. Ich hege da so meine Zweifel, dass du als Kritiker diese Antwort akzeptieren würdest.
Wenn mir eine Geschichte Spaß macht, verzeih ich alles. Ich glaube wirklich, einer Geschichte tut es gut, wenn sie ihre Schwachstellen eher überspielt als dass sie versucht, sie zu rechtfertigen, weil das die Geschichte zäh macht und nichts beiträgt.


In den von mir angemerkten Satz passt meines Erachtens kein Ausrufezeichen. Und wenn die Deutschen da tatsächlich unverhältnismäßig sparsam mit umgehen, würde ich das als Tugend betrachten.
Ja, ich hab’s auch rausgenommen. Erstmal auf die Hinterbeine stellen und dann einknicken und doch abändern. ;)

Gruß
Quinn

Hey Abdul,

Für mich muss es, um eine Wirkung zu erzielen, eben nicht dieser höchst persönliche "Das-könnte-mir-genau-so-passieren"-Effekt sein. Es gibt auch subtileren Horror, der eben mehr ... beunruhigend ist.
Ja, gut. Das gibt es natürlich, und das ist ja das mit Lovecraft und dem Existentialismus und so. Aber da fällt mir hier auf der Seite auch nichts ein, was in die Richtung geht. Jedenfalls hab ich da nichts auf dem Schirm. Das ist auch kein sehr dankbares Thema.

Gruß
Quinn

Hallo Marvin,

Obwohl, doch einige Anmerkungen. Man merkt, wie ich finde, sehr deutlich, dass die Charaktere dem Hirn eines einzigen Authors entsprungen sind. Will sagen, sie drücken sich alle sehr ähnlich aus und haben scheinbar denselben Sinn für Humor. Das ist hier aber auch völlig okay, im Gegensatz zu anderen Geschichten.
Ja, es ist auch sehr schwierig, das zu vermeiden. Wobei ich denke, dass es bei Leuten, die wirklich aufeinander hocken, dazu kommt, dass sie in ihren Redewendungen sehr ähnlich werden. Wenn zwei Leute sich ein Büro teilen, dann gleicht sich die Sprache auch schon an und bestimmte Redewendungen „Das sagen wir so auf der Arbeit“, und die Mutter ist ja nur bedingt eine eigenständige Person. Ich hab schon versucht, die in der Sprache etwas zu trennen, mit dem Humor das weiß ich nicht.

Das Ende hat mich sehr verwirrt. Ist die Klinik jetzt echt oder nicht, ist die Mutter ein Geist oder nur eine Einbildung? Das ging mir alles zu schnell und entsprechend habe ich den Schlussatz auch nicht ganz kapiert. Hat der Alte Franks Mutter auf dem Gewissen?
Nee, da hast du was falsch zugeordnet denke ich. Katjas Leichnam sieht er am Ende.

Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat
Quinn

Hallo Andrea,

Zwei Menschen, die in einer engen Beziehung zueinander stehen, zwischen denen ständig eine halbernste Spannung besteht, stehen einander am gefährlichen Höhepunkt der Geschichte bedingungslos bei.
Ja, ist eine Buddy-Geschichte, wenn man so will. Das Schöne daran ist eben, dass man auch in den Szenen ohne äußere Bedrohung den Konflikt zwischen den zweien hat. Wenn die beiden in Harmonie miteinander auskämen, wären die Szenen dann furchtbar öde.

und er bleibt ja bis zum Ende ein Versager, seine Mama ist es, die alles richtet und für einen vorerst guten Ausgang sorgt, deswegen auch die „Freudlosigkeit“ bei Frank, als Katja ihn am Ende einen „Helden“ nennt
Das ist schon ein bisschen harsch. ;) Du kannst dir ja mal einen geifernden, um sich schlagenden Monsterkobold auf den Rücken setzen und gucken, wie aus der Situation gutaussehend rauskommst. ;)
Also sie haben in der Situation ja den Tod Katjas zu verantworten, er ist zu langsam, um sie da noch aufzufangen, das war alles sehr riskant und geht böse aus.

So lange der Held es noch bequem hat, ist seine Mutter nur ein „moralisches Korrektiv“, sobald es ernst und gefährlich wird, ist sie der „Schutzengel!“ – aus eigener Kraft meistert dieser Frank die Gefahren nicht.
Wie unfair ist denn die Sicht bitte? ;) Das ist ja wie „Ohne fremde Hilfe schafft er es ja nicht mal, den Stahlträger hochzuheben, um sein Kind zu retten!“ Was für ein Loser!

Auf irgendeine verquere Weise ist es also eine Geschichte über einen jungen Mann, der eigentlich seine Mutter begehrenswert findet (die Mutter wird äußerlich viel genauer und erotisch anziehender beschrieben als Katja, die hat nur zuviel Zähne, sonst gibt es kein erotisches Merkmal an ihr) und nicht von ihr loskommt.
Ja, das stimmt schon .Es ist natürlich auch nicht seine Mutter jetzt, in dem Sinne, sondern die ist ungefähr so wie Angelina Jolie in Alexander. Da spielt sie ja die Mutter von Collin Farell, beide sind im gleichen Alter, die Jolie hat nur halbseidende Gewänder an und eben Angelina Jolies Körper. Da musste der arme Junge ja sexuell desorientiert werden.
Ich fand die Idee einfach spannend, ohne da irgendwelche großangelegten ödipalen Komplexe abarbeiten zu wollen. Er unterdrückt ja jede Art von sexueller Spannung, wobei die Mutter als Voyeur da … urgs. ;)

Das Ende ist ja nicht deswegen schrecklich, weil Katja in Wirklichkeit tot ist, sondern weil Frank jetzt zwei Schutzengel am Hals hat, und die beiden werden aller Voraussicht nach nicht gut miteinander auskommen. Frank wird in Zukunft, wie jeder bürgerliche Mann, zwei Schutzengel am Hals haben, die er nie mehr loswird: Seine Mutter und seine Frau.
Ja, das war natürlich die Komim in der Pointe. Auch wie Katja da auf sie zugeht und dieses typisch bürgerliche Schwiegertochter-lernt-Schwiegermama-Zeug erzählt – das fand ich saukomisch.

ich habe nie verstanden, welchen physikalischen Gesetzen solche Geister eigentlich folgen, also du machst es wie in den Filmen: Man kann zwar durch diese Geister durchgehen und die können auch durch alles durch, Wände und so, aber trotzdem Kleidung tragen und sich an Stangen festhalten und schwanken und durch den Boden fallen die auch nicht. Sehr merkwürdig!
Geister in solchen Geschichten können genau das, was der Plot für sie vorsieht. Da gibt es keine logischen Ideen. Wenn sie durch stoffliches hindurchgleiten, wie könnten sie dann überhaupt auf Böden stehen oder in der S-Bahn, warum fallen sie nicht durch die Erde?
Hier in der Geschichte kann Frank sie berühren und sie kann Frank berühren. Und für Victor gilt das gleiche wie für Frank weil sie über ähnliche Fähigkeiten verfügen.
Das mit dem Hochreißen ist deshalb so ein Schock, weil Frank bis dahin dachte, er bilde sich die Berührungen seiner Mutter nur ein (das ist ganz am Anfang schon das Tätscheln).
Und Victor kann offensichtliche seine Projektionen viel stärker manifestieren, so dass sie da wirklich Schrecken und Unheil verbreiten können. Der Moloch hält Katja ja sogar hoch (wobei es möglich wäre, dass er da schon nur ihren Geist hochhält).
Es ist die Frage, ob Victor – wie er glaubt – wirklich die gleichen Fähigkeiten hat wie Frank. Franks Mutter ist ja immer bei ihm, sie ist wohl auch nur da, wenn er selbst „wach“ ist – in der bewusstlos-Szene taucht sie erst auf, als er auch wieder aufwacht. Und die Mutter kann offensichtlich nicht weiter als 2,3 Meter in jede Richtung von ihm weg, während Victor die Dinge anders steuern kann.
Aber ernsthaft, wer hat sich das während der Geschichte wirklich fragt? ;) Also ich hab mir das überlegt, und diese Regeln werden innerhalb der Geschichte so befolgt, aber nicht aufgezählt, das würd ja keinen Spaß machen. Wen schert so was wirklich? ;)
Das ist wie bei Ferris macht blau. Wie kann er an einem halben Tag denn so viel erleben? Ist das wirklich möglich? Ne, wahrscheinlich nicht, aber die Fragen sollte man sich nicht stellen.

Danke dir für den Kommentar, das Kleinzeug erledigt dann meine Sekretärin
Quinn

Hallo Anakreon,

schön, dass dir die Geschichte Spaß gemacht hat. Ja, ich hab versucht, da am Anfang schon den Samen für die weitere Geschichte und das Ende zu säen.

Schön, dass du die Geschichte mochtest
Quinn

Hallo Bernhard,

na, „perfekt“ ist schon ein tolles Lob. Dann hätte ich mein persönliches literarisches Jahr gerettet, wenn das stimmen würde. ;)

Danke dir
Quinn

 

Hi Quinn,

hab jetzt die Kommentare nicht gelesen, vielleicht wiederhole ich irgendwas, auch wenn mein Beitrag nicht lang sein wird.

Was mir gefallen hat, waren die fließenden Übergänge von einem Setting ins nächste, von einer Situation in die andere: Der Text hat den Aufbau eines Traumes, dieses logische Unlogische, das funktioniert toll. Der Schluss stellt eher einen Bruch dar, weil er, naja, doch ziemlich konventionell ausfällt.

Inhaltlich ist es mehr ein Anreißen verschiedener Themen, da geht es nirgendwo richtig in die Tiefe, das würde ich bemängeln, auch wenn es dem Traumcharakter der Geschichte entspricht. Klar, man könnte als Faden die Spannung Mutter/Geliebte nehmen, viel interessanter fand ich den alten Mann mit seiner Verkörperlichungskunst, das Korrektiv als Thema etc. Sowas nimmst du dann aber immer nur als Gewürz, aber selten als Hauptingredienz.

Anm.: Sprachungenauigkeit 'Muskel unter dem Körper'

Gruß
Kasimir

 
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Hi und so.

Unterhaltsames Teilchen was dir da aus der Feder geflossen ist, obwohl ich ja normalerweise nicht hier lese, war ich echt positiv überrascht. Deine Art Dialoge zu schreiben hat mir ja sowieso schon immer gefallen.
Also okay, sicher werde ich das irgendwann noch bereuen das gesagt zu haben, aber hat mir gut gefallen.
Und damit du nicht ganz so weit unter der Decke schwebst :p hier noch ein paar Kritikpunkte:

Kupferrotes Haar, mildfrische Augen
mildfrische Augen? Boah Quinn das kann nicht dein Ernst sein.
„Das ist keine Serie, das ist Volksverhetzung“, quetschte Frank zwischen seinen Zähnen heraus. „Und wenn ich noch einmal sehen muss, wie da irgendwer irgendwen-“
Das kapiert aber mit Sicherheit nicht jeder. Außerdem ...
„Wieso? Benutzt du das Ding als Wünschelrute?“
Der Spruch is so abgedroschen.
– ihr Klinikhemd war mit blauen Blümchen bestickt und fühlte sich an wie ein Leichentuch –
Klischee und außerdem bestickt is da sicher nix, das is viel zu teuer und man könnte es nicht heiß waschen, außerdem sind das OP Hemden und in der Psychiatrie trägt man üblicherweise sowas nicht. *nurmalsoanmerk*
Frank ging weiter über den Linoleumgang. Er schien gar kein Ende zu nehmen, links und rechte waren Türen, vor ihm immer weiter nur Gang und an der Decke bei jedem zwölften Schritt ein Neonlicht.
Klischee ick hör dir trapsen. man merkt das du noch nie eine Psychiatrie (eine echte) von innen gesehen hast.
Frank öffnete die Tür zu einem miefigen Räumchen mit Kaffeemaschine, Kühlschrank, Obervitrine, Mikrowelle, Fernseher und einem gammeligem Rätselheftchen.
Das ist jetzt nun wirklich der Ausbund an Klischee.

Lg, Ph:gelb:

 
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Hi Quinn,

nette KG ;)
Textzeug

Während draußen die Straßenzüge Leipzigs an ihm vorbei krochen, als hätten sie etwas zu verbergen, drückte sich Frank in die Umarmung eines Straßenbahnsitzes, aß Nic-Nacs aus der Tüte und versuchte seine Mutter zu ignorieren, die vier Monate nach ihrem Tod besser aussah als je zuvor
Super Einstieg! Aber …
Was sind denn Nic-Nacs? Ist das ein Markenname? Sind das vielleicht Erdnüsse im Teigmantel? Jedenfalls weiß ich es nicht genau, weil derartiges Knabberzeug von mir nicht wahrgenommen wird. Bin sozusagen immun gegen Erdnussgelüste, aber schätze, dass der Tütenhinweis sich erübrigen müsste, da man die Nic-Nacs ohne Tüte wohl nicht als solche erkennt, oder doch?

Kaum zu glauben, wo du doch vierundzwanzig Stunden am Tag über mir rumgluckst.“
Über mir? Auch wenn wörtliche Rede durch umgangssprachliche Ausdrücke authentischer ist, Bei mir, ist mir geläufig.

mildfrische Augen
Was ist denn mildfrisch? Ich assoziiere bei mildfrisch einen Geschmack (auch nur über die Werbung von Nahrungsmitteln ;), aber bei Augen?

„Das ist keine Serie, das ist Volksverhetzung“, quetschte Frank zwischen seinen Zähnen heraus. „Und wenn ich noch einmal sehen muss, wie da irgendwer irgendwen-“
Cool, ich mag die Serie auch ;)

blauen Eastpak-Rucksack
bekommst du Geld dafür- ich meine für die Verwendung der Markennamen ;)

Nee, nur meine Mutter. Mein Arzt sagt, das sei ein moralisches Korrektiv.“
Echt spitze!

Frank wendete sich ab, weil der Hintern seiner Mutter die Jeans spannte, und sah in den Kühlschrank:
Mag ja sein, dass der Hintern spannen kann (Au!) Aber eigentlich spannt die Jeans -und zwar am Hintern.

Vielleicht konnte er sich einen Burito warm machen, das war das mexikanische Gegenstück zu Nic-Nacs.
Das verstehe ich nicht. Buritos sind doch gefüllte Teigtaschen. Was willst du eigentlich damit beschreiben? Dass der Protagonist neben Erdnüssen nur Buritos isst? Seine Ernährungsgewohnheiten ziemlich gewöhnungsbedürftig sind? Wozu erwähnst du es? Was sagt dies denn über die Figur aus? Soll es heißen: er kann nicht kochen? Ist ein Muttersöhnchen?

Auf dem Korridor wippte das Linoleum mit und da wo eben noch weißer Horizont gewesen war mit Neonlampen alle zwölf Schritte, so weit das Auge reichte, ragte nun eine schwarze Masse vor ihm auf, vielleicht zehn, elf Lampen entfernt.
„In drei Teufels Namen“, sagte Frank.
Das Grauen ist mir zu nebulös. Mir fehlt die Beschreibung von echter Angst.

Dann rollte das Dunkel auf sie zu, eine Lampe ging aus, die Erschütterungen auf dem Boden wurden stärker. Die nächste Lampe zersprang unter Getöse.
„Lauf“, schrie Frank, wirbelte herum und rannte aus Leibeskräften.
Auch hier wird nur an der Oberfläche gezeigt, dass hier eine horrende Bedrohung vorliegt. Dabei sollte hier ein Höhepunkt an Spannung aufgebaut sein.

Die Lunge brannte, die Muskeln in seinen Waden schmerzten, seine Mutter war wie ein Schemen an seiner Seite und feuerte ihn an: „Los, jetzt. Komm. Es kann nicht mehr weit sein“, doch vor ihm war nur ein weißes Nichts. Ein Korridor.
Schweiß hatte Franks Brauen durchweicht und tropfte nun salzig in seine Augen.
Der Boden bebte.
„Okay, okay, okay“, Frank hielt an, drückte seine Hände auf die Knie und röchelte. „Das ist doch Wahnsinn“, er drehte den Kopf in Richtung des Schwarz. „Da ist nichts, da passiert gar nichts.“
Er kauerte sich an eine der weichen Wände und atmete schwer, seine Mutter drückte ihm die Hand.
„Du weißt, dass ich dich liebe, oder?“, fragte sie.
Doch Frank hatte den Kopf in Richtung des schwarzen Nichts gedreht, die Augen zu Schlitzen verengt, lugte in die riesige, stapfende, verschlingende Dunkelheit und ballte die Hände zu Fäusten.
„Okay, eine Waffe“, sagte Frank. „Das ist immer der Fehler von den Typen in den Filmen. Die haben nie eine Waffe“, seine Fäuste öffneten und schlossen sich wieder.
Er meinte nun Schemen in dem Dunkel zu erkennen, einen Koloss, noch viel größer als der Fleischberg vom Aufzug, so groß, dass er bis an die Decke reichte, und fast von Wand zu Wand. Frank versuchte richtig zu atmen. Durch die Nase ein, durch den Mund aus. Es war mehr ein Hecheln.
Der Moloch war schon zu nahe, viel zu nahe. Und wegrennen konnte er nicht mehr. Vielleicht - wenn er sich einfach nur fest genug an die Wand presste, so als wäre er in einem Tunnel und ein ICE raste auf ihn zu?
Die nachfolgende Beschreibung der brisanten Situation liest sich, als würde der Protagonist sich mit Galgenhumor entspannen wollen … ;)

Schnell da oben!“, rief seine Mutter und zeigte auf eine Luke an der Decke.
„Das ist viel zu hoch“, protestierte er, stieß sich aber von der Wand ab – der Boden bebte immer stärker - und versuchte sich fest genug vom Linoleum abzudrücken, um nach oben zu gelangen. Der Boden gab unter seinen Füßen nach, so dass er meinte, aus nassem Sand zu springen.
„Mach was!“, schrie er, während er sprang.
„Ich bin nur ein moralisches Korrektiv!“, schrie seine Mutter zurück.
„Nein“, Frank sprang, „Schutzengel!“, schrie er. „Schutzengel!“
Er hörte wie seine Mutter Luft in ihre toten Lungen sog und starrte auf den Koloss, der auf ihn zusteuerte. Menschenähnlich, dachte Frank. Wenigstens ist es menschenähnlich. Er war nackt, dicke Muskelstränge zeichneten sich unter seinem glänzend-schwarzen Körper ab, sein Gesicht war eine glatte Oberfläche, keine Nase, keine Augen, keine Ohren, kein Mund, nichts, er schien nur aus gewaltigen Armen und Beinen zu bestehen und einem muskelbepackten Torso.
Hier wird es besser :)

Eine der Pranken des Molochs spannte sich zu einer Faust von der Größe eines Kleinwagens. Und Frank sprang erneut nach oben, vierzig, fünfzig Zentimeter fehlten, und er musste ja auch noch die Klappe da aufbekommen. Wer weiß, wie die gesichert war. Ach, er starrte nach vorne. Wenigstens starb er spektakulär. In dem Albtraum eines anderen.
Den Bezug zum Albtraum eines anderen sehe ich nicht.

Ja, mein Sohn“, irgendetwas, das Frank gar nicht gefiel, hatte sich in ihre Stimme geschlichen, „für den ich über mich selbst hinausgewachsen bin und dem ich soeben zum zweiten Mal das Leben geschenkt habe.“
Cool ;) der Junge erkennt was er an seiner Mutter hat. Dumm bloß, dass er sich wohl wiederholt mit seiner Einschätzung vertan hat. Inhaltlich gefällt mir die Wendung vom moralischem K zum Schutzengel. ;)

Du bist eine Maschine, dachte Frank. Eine reine Maschine. Arme und Körper, Arme nach vorne, absetzen, und Ziiiehen. Arme nach vorne, absetzen und Ziiiiehen. Du hast keine Muskeln, die schmerzen, du hast kein Blut, da ist Öl und da sind Drähte und Ziiiiehen
So meinte ich das. Hier wird gezeigt, was Angst alles erreicht.

Nein“, sagte Frank. „Es ist alles gut. Komm her, ich will dich nur festhalten, schau dich nicht um.“ Er drückte sie an sich, über ihre Schulter hinweg konnte er ihren zerschmetterten Leichnam sehen.
Warum muss er denn jetzt Katja beschützen? Seine Mutter weiß doch auch, dass sie(die Mutter nicht Katja) tot ist. Meint er, Katja würde an ihrem Tod zerbrechen?

Wenn er daran zerbrechen könnte, wäre der Schluss für mich logischer.
Vorschlag:
Er drückte sie an sich, seine Augen füllten sich mit Tränen, als über ihre Schulter hinweg ihren zerschmetterten Leichnam betrachtete.

LG
GD

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quinn,

tolle Geschichte! Sehr kurzweilig und lustig-skurril, erzeugt einen Suchtfaktor beim Weiterlesen, ehrlich!

Das ist wirklich fantasievoll umgesetzt, das Verhältnis Frank/Mutter in witzigen Dialogen amüsant beschrieben. In deinen Texten hat man das oft, dies Gefühl, dass dir das Schreiben unheimlich viel Spaß bringt. Dabei lesen sich die Formulierungen so, als würde es so aus dir herausfließen, mit einer selbstverständlichen Leichtigkeit, das liest sich weder bemüht noch nach harter Arbeit (obwohl ich erahne, dass da natürlich jede Menge Arbeit und Feinschliff im Text stecken). Es aber nicht so wirken zu lassen, ist in meinen Augen große Kunst.

Eine Geschichte, bei der ich die Empfehlung ausdrücklich unterstreiche - und die ich wahnsinnig gern verfilmt sehen würde. Na ja, man merkt deinen Texten häufig an, dass du (natürlich im positiven Sinne gemeint) durch Kino und TV schon etwa "versaut" bist in deiner Fantasien :-)

Ich mag das. Freue mich, das gelesen zu haben.

Und jetzt, zur Weihnachtszeit, wird ja im Fernsehen hoffentlich auch einer meiner Lieblingsschutzengel aktiv, um James Steward aus dem Schlamassel zu helfen und sich so seine Flügel zu verdienen.

Rick

 

Hey Quinn,

hab vor kurzem schon eine Geschichte von Dir gelesen, aber mir fiel kein sinnvoller Kommentar ein (Tod dem Tyrannen… Sensationeller Titel übrigens). Ich fand die Geschichte so interessant, dass ich nach weiteren gesucht habe und hier hab ich eine aktuelle gefunden.

Ein schöner Text. Blut, Tod, Sex, Krallen, Wahnsinnige… Und das ganze aber nicht düster oder böse erzählt, sondern leicht und witzig. Ich hab mich jedenfalls bestens amüsiert, vor allem über la mamma.

Während draußen die Straßenzüge Leipzigs an ihm vorbei krochen, als hätten sie etwas zu verbergen, drückte sich Frank in die Umarmung eines Straßenbahnsitzes, aß Nic-Nacs aus der Tüte und versuchte seine Mutter zu ignorieren, die vier Monate nach ihrem Tod besser aussah als je zuvor

Was für ein erster Satz! Nic nacs, die Straßenbahn und dann ... :)
Der Hammer.

Ein paar Kleinigkeiten, über die ich nachgedacht habe, obwohl ich nicht weiß, ob Du überhaupt noch Handlungsbedarf siehst:

Das Ausrufezeichen im Titel. Glaube, mir würde es ohne besser gefallen. Das stünde dann leiser da, und es wäre umso überraschender und witziger, wenn 1. der Schutzengel 25 Jahre alt ist und ziemlich scharf und seine Mutter (!!!) und 2. so eine Action beginnt…

Auf dem Korridor wippte das Linoleum mit und da wo eben noch weißer Horizont gewesen war mit Neonlampen alle zwölf Schritte, so weit das Auge reichte, ragte nun eine schwarze Masse vor ihm auf, vielleicht zehn, elf Lampen entfernt.

Den ersten Teil des Satzes (bis ,ragte) finde ich zu vollgestopft, da blieb ich hängen. Vielleicht sogar den ganzen Satz. Braucht es etwa das „so weit das Auge reichte“?


„Sie haben Sie wunderbar hinbekommen.

Sie haben sie… oder?

Er drückte sie an sich, über ihre Schulter hinweg konnte er ihren zerschmetterten Leichnam sehen.

Hätte es mit Punkt noch schöner gefunden:

Er drückte sie an sich. Über ihre Schulter hinweg konnte er ihren zerschmetterten Leichnam sehen.

Aber ist natürlich der letzte Satz und da darf man ja eigentlich wirklich nix herumkritteln.
Hab auch nix zu kritteln, wollte Dir nur die Kleinigkeiten mitteilen, über die ich nachgedacht habe. Eine hervorragende Story.

Beste Grüße, T.

 

Hallo Kasimir,

Was mir gefallen hat, waren die fließenden Übergänge von einem Setting ins nächste, von einer Situation in die andere: Der Text hat den Aufbau eines Traumes, dieses logische Unlogische, das funktioniert toll. Der Schluss stellt eher einen Bruch dar, weil er, naja, doch ziemlich konventionell ausfällt.
Es stimmt, das ist mir erst nach deinem Kommentar bewusst geworden, ich hab es schon mit dem endlosen Gang andeuten wollen und auch mit der Architektur dort, ein ewig langer Luftschacht, der in eine Höhle mündet. Ich wollte schon die Ästhetik so haben für den Hauptteil, auch wenn die Geschichte eher so tut als sei sie realistisch. Ich finde das eigentlich immer eine schöne Art des Erzählens.

Sowas nimmst du dann aber immer nur als Gewürz, aber selten als Hauptingredienz.
Es ist ja schon eine stark handlungsgetriebene Geschichte – und das ist hier im Forum ja eine Seltenheit. Also es war hier auch so beabsichtigt, dass die Mutter/Sohn-Sache und diese Projektionsfähigkeiten nur Farbkleckser in der Geschichte sind, der Augenmerk lag auf der Spannung in dieser Hatz und durch die Frage, warum er eigentlich seine Mutter sehen kann.

Ich hab mich über deinen Kommentar gefreut, obschon ich weiß, dass du dir andere Sachen von mir wünschst ;)
Quinn

Hallo Phoenix,

mildfrische Augen? Boah Quinn das kann nicht dein Ernst sein.
Hm? Klar, ist das mein Ernst. Ich hab da auch nicht so die Angst davor, als kitschig oder schmalzig zu gelten, man kann sowas durchaus mal bringen, find ich, die Geschichte hier steht doch in gar keinem Verdacht, schnulzig zu sein.

Der Spruch is so abgedroschen.
Ich fand den richtig gut. Wärmesuchkopf fänd ich abgedroschen. Wünschelrute find ich toll. ;) Ich hab den auch nicht bewusst geklaut.

Klischee und außerdem bestickt is da sicher nix, das is viel zu teuer und man könnte es nicht heiß waschen, außerdem sind das OP Hemden und in der Psychiatrie trägt man üblicherweise sowas nicht. *nurmalsoanmerk*
Ja, das stimmt schon, das ist ja der Hauptpunkt der Kritik, dass diese Klinik mit einer echten Psychatrie nichts zu tun hat … was soll’s? :) Die Geschichte funktioniert doch so sicher besser, als in einer echten Psychatrie … oder anders, dann hätte die Geschichte ganz anders aufgebaut sein müssen. Also ich kann, beim besten Willen, oder ich will auch gar nicht, so etwas recherchieren. ;) Das ist ja jetzt kein authentischer Doku-Kram, der den Alltag in deutschen Psychatrien anprangern will – ich bleib dabei, bei so einer Geschichte kann man Realität nicht gebrauchen, ich glaube: Das schadet sogar noch.

Das ist jetzt nun wirklich der Ausbund an Klischee.
Lol. Das hat ja schon eine Funktion da, dieses leicht vergammelig-heimelige. Wenn da so ein steriler Aufenthaltsraum gewesen wäre, hell erleuchtet und professionell – das wäre ja eine ganz andere Stimmung.

Danke dir für den Kommentar, schön, dass sie dir zähneknirschend gefallen hat ;)
Quinn

Hallo Goldene Dame,

Was sind denn Nic-Nacs? Ist das ein Markenname? Sind das vielleicht Erdnüsse im Teigmantel?
Ja, das sind Nic-Nacs, aber der Satz würde mit „Frank aß Erdnüsse im gewürzten Teigmantel“ einfach nicht funktionieren. Ja, klar „aus der Tüte“ erübrigt sich eigentlich, Aaaaaaaaber es zeichnet, durch diesen Umweg, das Bild eben genauer, und sorgt dafür, dass auch jemand, der nicht auf Anhieb weiß, was Nic-Nacs sind, das sich so zusammenreimen kann. So viele Nahrungsmittel werden nicht in Tüten verkauft. Das ist irgendein Knabberkram.

[/quote]Über mir? Auch wenn wörtliche Rede durch umgangssprachliche Ausdrücke authentischer ist, Bei mir, ist mir geläufig.[/quote]
Über mir ist doch schöner, da sieht man die Henne, die über ihre Kleinen wacht, die richtig draufsitzt. Ich weiß nicht, rumglucken ist sicher auch kein dudendeutsch, da kann man schon ein wenig freier sein.

Cool, ich mag die Serie auch
Was heißt denn hier „auch“? ;) Auch wie die Mutter, ach so.

bekommst du Geld dafür- ich meine für die Verwendung der Markennamen
Nein, die Diskussion hat man auch häufiger, ob Markennamen in eine Geschichte gehören oder nicht. Ich kann das gerne hier auch wieder diskutieren, für mich gehören Markenname in eine geschichte, weil sie die Geschichte erden und deutlich machen: Das spielt hier.
So eine markenlose Welt ist ein unterschwelliger Eskapismus, der dann vom Alltag losgelöst in einer irgendwie fokussierten, nur für die Geschichte geschaffenen Welt spielt, um irgendetwas darzulegen.
Und hier ist der Eastpak-Rucksack auch – ein Stück weit – Statussymbol, der drückt schon eine Jugendlichkeit, eine Lockerkeit aus. Es ist was anderes, ob sie den jetzt dabei hat, oder so einen albernen Bundeswehrrucksack oder irgendeinen Kram, dder grade angesagt ist in irgendeiner Szene, von der ich keine Ahnung hab. Das ist schon eine Charakterisierung auch.

Seine Ernährungsgewohnheiten ziemlich gewöhnungsbedürftig sind? Wozu erwähnst du es? Was sagt dies denn über die Figur aus? Soll es heißen: er kann nicht kochen? Ist ein Muttersöhnchen?
Da interpretierst in den armen Kerl aber viel rein. Ich finde es macht die Figur menschlicher, wenn er in so einer Situation an Buritos denkt, im Prinzip wollte ich in der Szene, die Geschichte richtig zum Stillstand bringen und sie beruhigen, weil sie 2 Sekunden später mit dem Auftritt des Alten hochgeht und bis ganz zum Schluß nicht mehr runterkommt.
Tiefenpsychologisch gibt die Vorliebe Franks zu Buritos und Nic-Nacs wenig her. ;)
Ich find das einfach komisch, dass er die Mikrowelle sieht und sofort überlegt, ob er sich da jetzt ienen Burito machen kann. Der Gegensatz ist doch stark.

Das Grauen ist mir zu nebulös. Mir fehlt die Beschreibung von echter Angst.
Ja, mir hat in Illuminati auch die Beschreibung von echtem Sex gefehlt. Das ist eben so, was soll ich denn sagen? Das ist eine Popcorn-Geschichte, da hat echte Angst nichts verloren. Diese Art von Geschichte ist hier – offensichtlich – so selten, dass das ungewohnt wirkt. Ich muss da wirklich schmunzeln. Das wäre eine ganz furchtbare Geschichte, wenn man hier an dieser Stelle anfing und sich um eine realistische Behandlung dieser Extremsituation zu kümmern. Ganz furchtbar. Ich finde schon, allein dass man auf den Gedanken kommt, da müsse nun „echte Angst“ dargestellt werden, den Gedanken find ich schon abwegig. Ehrlich.

Wenn er daran zerbrechen könnte, wäre der Schluss für mich logischer.
Vorschlag:
Er drückte sie an sich, seine Augen füllten sich mit Tränen, als über ihre Schulter hinweg ihren zerschmetterten Leichnam betrachtete.
Waaaaaaaaaaaah. Furchtbar!
Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Das ist eine andere Art von Geschichte als solche, die hier sonst geschrieben werden. Ganz ehrlich, das ist keine Geschichte, die literarisch sein will, und dem Leser irgendwas vermitteln möchte, die mit feinem Pinsel irgendetwas zeichenn möchte, sondern die Geschichte hier will einfach nur Spaß machen, da lass ich doch den Protagonisten, der dem Leser – hoffentlich – irgendwo sympathisch geworden ist, nicht in der letzten Szene unter Tränen zusammenbrechen.

Ich weiß nicht, also bei der Geschichte hier, wunder ich mich wirklich, dass die Art des Erzählens so außergewöhnlich wirkt, … ich kann es nicht nachvollziehen, dass solche Popcorn-Geschichten hier so unglaublich selten sind, dass sie solche Reaktionen hervorrufen. Mir gibt das zu denken
Danke auch dir für den Kommentar
Quinn

Hallo Rick,

In deinen Texten hat man das oft, dies Gefühl, dass dir das Schreiben unheimlich viel Spaß bringt.
Ja, wobei das eigentliche Schreiben oft am Ende eines Denkprozesses steht, der wenig Spektakuläres oder Spaßbringendes hat, glaube ich. Also beim eigentlichen Schreiben hab ich oft das Gefühl dann die Früchte der Tage zuvor zu ernten, als ich mich noch gefragt habe, wie das und das zusammengeht.

(obwohl ich erahne, dass da natürlich jede Menge Arbeit und Feinschliff im Text stecken)
Ja, bei der Methode ist die Arbeit eben im Vorfeld schon getan und dann hinten noch mal drüber gehen (was ich viel intensiver machen müsste; wenn ich mein Arbeiten kritisch hinterfrage, müsste ich Geschichten hinten raus viel länger ruhen lassen und viel konsequenter bearbeiten, bevor ich sie hier poste, ich les die zwar schon einige Male Korrektur, aber hab lange noch nicht genug Abstand hier, ich bin dann jedes Mal so in dem Adrenalinding „schreiben, freuen, überarbeiten, posten“ drin, dass ich wie ein Kind sofort wissen muss, was andere davon halten, statt dafür zu sorgen, dass wirklich alles sitzt).

Eine Geschichte, bei der ich die Empfehlung ausdrücklich unterstreiche - und die ich wahnsinnig gern verfilmt sehen würde.
Hm, ich kann mir das gar nicht so vorstellen, ich hab da selbst zwar Bilder im Kopf, aber die ähneln so gar keinem Film. Wobei die Frauenfiguren in meinen Geschichten natürlich grundsätzlich unglaublich attraktiv, schlagfertig und leicht zu haben sind. Da könnte man bei der Besetzung sicher einiges rausschlagen!

Schön, dass dir die Geschichte so viel Spaß machen konnte!
Danke dir für den Kommentar
Quinn

Hallo t-anin,

hab vor kurzem schon eine Geschichte von Dir gelesen, aber mir fiel kein sinnvoller Kommentar ein (Tod dem Tyrannen… Sensationeller Titel übrigens). Ich fand die Geschichte so interessant, dass ich nach weiteren gesucht habe und hier hab ich eine aktuelle gefunden.
Das freut mich, das ist ein schönes Kompliment und auch sehr befriedigend, wenn eine Geschichte dazu einlädt, andere zu lesen. Um so schöner, wenn die dann auch Gefallen findet.
Die beiden Geschichten, Bozo und die hier, sind da auch ein wenig Schwestergeschichten, jedenfalls sind die zur gleichen Zeit in meinem Kopf entstanden, oder die Ideen dazu zumindest, oder irgendwas, jedenfalls hängen die schon zusammen, glaub ich. ;)

Die Detailanmerkungen, ja, das mit der Satzlänge zum Beispiel, da kann man immer was machen mit Semikolon oder Gedankenstrich, da gibt es nicht so die reine Lehre, ich guck mir das noch mal alles an, - da mit dem Linoleumsatz, stimmt, der ist wohl, nachdem es jetzt der vierte sagt, sehe ich es auch ein, einfach zu voll, über das Ausrufezeichen im Titel … ich glaube, als Leser hört man da eine tiefe Männerstimme prahlerisch schreien „Schutzengel!“ so wie auf dem Wurstmarkt „Schwartemagen! Günstiger Schwartemagen! Zwei zum Preis von einen!“ geschrien wird; ich höre da die Mutter „Schutzengel!“ fiepen und dazu energisch mit dem Fuß aufstampfen. Ich seh die Schwierigkeiten schon, aber find’s mit Ausrufezeichen einfach viel lustiger.
Freut mich auf jeden Fall, dass dir das so gut gefallen hat und danke für den Kommentar
Quinn

 

Ja, das stimmt schon, das ist ja der Hauptpunkt der Kritik, dass diese Klinik mit einer echten Psychatrie nichts zu tun hat … was soll’s? :) Die Geschichte funktioniert doch so sicher besser, als in einer echten Psychatrie … oder anders, dann hätte die Geschichte ganz anders aufgebaut sein müssen. Also ich kann, beim besten Willen, oder ich will auch gar nicht, so etwas recherchieren. ;) Das ist ja jetzt kein authentischer Doku-Kram, der den Alltag in deutschen Psychatrien anprangern will – ich bleib dabei, bei so einer Geschichte kann man Realität nicht gebrauchen, ich glaube: Das schadet sogar noch.
Quinn, :eek: und das Dir! Popkultur hin oder her: das heisst Psychiatrie und Psychiater. Auch wenn man es eher spricht, wie Du es schreibst. Sori, ich bin mir nicht sicher, ob ich das nicht sogar im Text gesehen hatte.

:) Sonnige Gruesse
Katla

 

Unnütze griechischen Wortsilben werden schon noch früh genug aus der deutschen Sprache verschwinden! Ich bin hier meiner Zeit vorraus und werde erst in 100 Jahren verstanden und gewürdigt wissen!

War das hart genug, um in den Ausreden-Thread zu kommen?

P.S.: Verscherz dir's nur mit mir, dann poste ich meine guten Geschichten in Zukunft in Seltsam!

 
Zuletzt bearbeitet:

Wie, verscherzen? Da will man hilfsbereit sein ... mennö. Ich hab dafür villeicht geschrieben bis ich Teenager war, so, tit for tat.

Nope, für den Ausredenthread hat es nicht ganz gereicht. Es fehlt noch ein trotzig-den-Dichterkopf-in-den-Nacken-werf-Rückblick auf erbrachte Leistungen ("Regelmäßig erscheinen meine bahnbrechenden Kurzgeschichten in Publikationen wie The New Voice of German Fiction"), aber der Vorgriff auf den innovativ-dynamischen Sprachwandel war schon wunderbar. :)

Und damit das hier kein reiner spam ist, sag ich noch kurz, daß ich den Einsteig hier phantastisch gut fand, den Rest zu sehr auf action/Unterhaltung und zu wenig auf hm 'stilistische Schönheit' geschrieben. Da hab ich nicht in der Geschichte bleiben können.
Du hast am Anfang irgendwo gefragt, wer Logik bei Geistern braucht? Hier, ich! Finde, die muß man wie lebende Figuren behandeln - das, was bei Figuren Psycho-Logik ist, muß bei Geistern auch durchgehalten werden. Popcornkino oder nicht.

Markennamen in Texten mag ich nicht (die Rechnung geht meiner Ansicht nach nicht auf, und läßt außerdem Texte schlechter altern), und mildfrisch erinnert mich an was ganz Fieses. Nämlich Werbung für 'Damenhygiene', da gibt es ein sehr ähnliches Wort. Aber das ist alles Geschmacksache, und ich glaube, ich kann eher nix Hilfreiches hierzu sagen. Mich freut trotzdem, daß der Text so viele Liebhaber gefunden hat.

Was mir wirklich sofort positiv auffiel: Das ist der allererste Text, den ich von Dir lese, in dem Du nicht diesen abgeklärt/analytisch-ironisch sich von außen beobachtenden Erzähler hast. Interessant. Find ich gut, da auch mal von abzurücken ist viel (hehe) dynamischer. Die Entwicklung der Charaktere ist offener, unvorhersehbarer.
edit: Ich weiß ja nicht, was andere sagen, mir ist das so aufgefallen. Und ich meine explizit den Erzähler/Hauptfigur, nicht Stil, plot etc. Mag ja Zufall meiner Auswahl Auswahl sein, mag aber auch sein, dass es Dir nicht auffällt.

Frohes Neues nachträglich!
:-) Katla

 

Hey,

Und damit das hier kein reiner spam ist, sag ich noch kurz, daß ich den Einsteig hier phantastisch gut fand, den Rest zu sehr auf action/Unterhaltung und zu wenig auf hm 'stilistische Schönheit' geschrieben. Da hab ich nicht in der Geschichte bleiben können.
Ja, das ist echt so. Ich glaube fast, es geht nicht, einen Text stilistisch außergewöhnlich zu gestalten und dabei auf Plot und Figuren Wert zu legen. Okay, ich hab auch nicht alle Bücher der Welt gelesen, aber mir fällt das häufig auf, dass stilistisch außergewöhnliche Bücher oft Schwächen im Plot haben (die Wolf Haas-Brenner-Romane zum Beispiel) und Geschichten mit starkem Plot, dann eher konventionell erzählt sind, die können auch schön sein, aber die Sprache dient dann dem Plot und ist ihm untergeordnet (Lied von Eis und Feuer z.B. oder - was weiß ich - alles mögliche).
Also Texte, die sprachlich funkeln und die es dem Leser ermöglichen über dieses Funkeln hin, noch den eigentlichen Text zu sehen, den Plot - das finde ich selten. Und das ist das eben, was ich hier meine: Auf der Seite hier wird viel zu viel versucht zu funkeln. Ich glaube literarisch ist das ein Irrweg - oder zumindest ist es eintönig. Das ist auch ein typisches Hobbyautor-Ding und das ist hier auf der Seite sowas von festverwurzelt. Ist unglaublich. Das ist auch die Antwort auf all deine Fragen, warum es in Horror so wenig gute Texte gibt, warum die SF-Rubrik dann bessere Sachen hat usw. usf. ;) Genau das.


Markennamen in Texten mag ich nicht (die Rechnung geht meiner Ansicht nach nicht auf, und läßt außerdem Texte schlechter altern),
Ja, das Argument kommt immer. Homo Faber von Max Frisch, 50 Jahre alt, voller Marken- und Eigennamen, die wir heute nicht mehr verstehen - wirkt im Nachhinein als Zeitkolorit wunderbar.
Außerdem: Wer in Gottes Namen sollte diesen Text hier in 30, 40 Jahren lesen? Völlig abwegige Idee.

Was mir wirklich sofort positiv auffiel: Das ist der allererste Text, den ich von Dir lese, in dem Du nicht diesen abgeklärt/analytisch-ironisch sich von außen beobachtenden Erzähler hast. Interessant. Find ich gut, da auch mal von abzurücken ist viel (hehe) dynamischer. Die Entwicklung der Charaktere ist offener, unvorhersehbarer.
Dann liest du wirklich wenig Texte von mir, die Ich-Erzähler, die ich verwende, gerade in Alltags-Texten sind häufig so, ja, aber ... lies mal die Fliesen oder so.
Ich versuche schon häufiger was Neues. Ich hab ja tatsächlich einiges hier stehen, deshalb reagier ich da auch bisschen allergisch, wenn's dann heißt: "Ja, du machst ja IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIMMER! soundso."

Gruß

 

Waaaaaaaaaaaah. Furchtbar!
Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Das ist eine andere Art von Geschichte als solche, die hier sonst geschrieben werden. Ganz ehrlich, das ist keine Geschichte, die literarisch sein will, und dem Leser irgendwas vermitteln möchte, die mit feinem Pinsel irgendetwas zeichenn möchte, sondern die Geschichte hier will einfach nur Spaß machen, da lass ich doch den Protagonisten, der dem Leser – hoffentlich – irgendwo sympathisch geworden ist, nicht in der letzten Szene unter Tränen zusammenbrechen.
Genau das ist der Punkt. Dein Protagonist ist nicht sympatisch. Ein Antiheld ist sympatisch, aber nicht dieses Abziehbild. Sein jämmerliches Ende wäre zu diesem jämmerlichen Dasein einfach nur folgerichtig. Aber du wolltest die Figur schöngeredet und zur Belustigung für den Leser. Von mir aus.

Beste Grüße

 
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Ich wollte mit der Geschichte den Leser unterhalten, ja; ich halte die Geschichte hier auch keinesfalls für perfekt oder über jede Kritik erhaben, mich stört nur, dass von der Geschichte Dinge verlangt werden, die sie gar nicht will und die sie ganz anders machen würden. Und das sehe ich eben als Anzeichen für ein Problem dieses Forums, dass hier wenige Leute handlungs- und figurengetriebene Geschichten zur Unterhaltung der Leser schreiben. Ich halte das für ein Problem und ich würde gerne mehr solcher Geschichten lesen. Viel mehr.

 

dass hier wenige Leute handlungs- und figurengetriebene Geschichten zur Unterhaltung der Leser schreiben. Ich halte das für ein Problem und ich würde gerne mehr solcher Geschichten lesen. Viel mehr.

Da sind wir einer Meinung Quinn, aber eine figurgetriebene Geschichte sieht für mich anders aus. Die Handlung, schön, hat mich unterhalten, aber nicht vom Hocker gehauen. Nicht die Figur hat die Handlung vorangetrieben, sondern die Handlung die Figur. Die einzige Figur, die treibt, ist die tote Mutter. Sie der Protagonist, er der Antagonist und daher ist für mich mich der Schluss unrund.

 

Besonders reizvoll hieran ist die Kontrastierung zwischen den beiden übersinnlich-'feinstofflichen' Gefährten der Rivalen. Die ständige Unsicherheit, ob die Mutter letztlich nichts als eine traumatische Ausgeburt der Protagonisten-Trauer ist, fügt der Erzählung ein spannendes Mystery-Element hinzu. Im eigentlichen Sinne würde ich jedoch nicht von einer Horror-Geschichte sprechen, sie lässt sich vielmehr mit dem vielsagenden und gleichermaßen vagen Gattungsetikett 'Suspense' versehen. Keine punktuelle Action, sondern ein beständiger, steiler Spannungsbogen, der sich durch die verblüffend simple Lösung des Genickbruchs aufzulösen scheint, abschließend aber noch ein Schockmoment herstellt, indem du einen klassischen 'Bruce Shyamalan' abziehst und so geschickt das zuckersüße Happy End umgehst.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,
schön, wenn die Geschichte nach einem halben Jahr noch gelesen und kommentiert wird, die meisten Geschichten hier haben ja so ein richtiges Verfallsdatum, was bisschen frustrierend ist. ;)

Im eigentlichen Sinne würde ich jedoch nicht von einer Horror-Geschichte sprechen, sie lässt sich vielmehr mit dem vielsagenden und gleichermaßen vagen Gattungsetikett 'Suspense' versehen.
Ja ... mit den Gattungen, das ist auch viel Ettiketierei. Also "Mystery" gibt es, weil eine Zielgruppe von Frauen keinen Horror sehen, aber sich trotzdem gruseln will. Deshalb hat man dann gesagt: Akte X, Medium und Ghost Whisperer sind "Mystery".
Suspense kenne ich als Gattungsbegriff gar nicht, ich hab da das Zitat von Hitchcock im Kopf. Wenn eine Bombe hochgeht, ist das Action. Wenn ein Mann an einem Tisch sitzt und unter dem Tisch ist eine tickende Bombe und der Zuseher weiß, dass sie da ist, dann ist das Suspense.
Diese Etiketten und Gattungsbegriffe ... das sind Marketingsachen. Ich weiß nicht, ob es gut ist, sich als Autor damit so wahnsinnig zu beschäftigen. Mit Genre ja, die Spielregeln sollte man kennen ... aber ob was jetzt ein Actionthriller, ein Horrorthriller, ein Psychothriller, ein Mysterythriller, ein Science-Fiction-Thriller oder was auch immer ist ... es ist letzlich das, was der Verlag hinten drauf schreibt.
Das Ding hier ist ein ödipaler Slacker-Mysteryactionthriller mit Comedy-Elementen. Hilft das was? :)

abschließend aber noch ein Schockmoment herstellt, indem du einen klassischen 'Bruce Shyamalan' abziehst und so geschickt das zuckersüße Happy End umgehst.
Ja, also Shyamalan ist ja für ein Ende bekannt, das den kompletten Film hinterfragt. Das ist noch mal was anderes. Wenn man ums Ende weiß, sieht man den Film komplett anders (Sixth Sense, The Village, The Others, Fight Club, Identity, Die üblichen Verdächtigen usw. usf.).
Hier in der Geschichte ist das ja nur ein "Es ist so, nein, wart, doch nicht!"-Ende. Shyamalan ist dafür bekannt, dass er bei der Exposition dem Zuseher einen Schluß nahelegt ("Bruce WIllis ist am Leben. The Village spielt im Mittelalter"), ohne es explizit zu sagen, und dann am Ende: Ach übrigens. Diese Annahme, die du da getroffen hast, war auch falsch!
Das ist oft nur durch "Täuschung" zu erreichen, es ist schon kein Zufall, dass Sixth Sense erst in unserer Zeit funktioniert, weil es auf einer Annahme basieret: Der Autor erzählt uns nur das Wichtige.
Wir wundern uns nicht, dass wir Bruce Willis nie sehen, wie er irgendwo hingeht, weil wir es von Filmen so gewohnt sind. Aber der Regisseur sagt: Ihr denkt, es ist so, weil es ein Film ist, aber es ist so, weil er tot ist. HA!
Also wir denken: Bruce Willis' Tag hat 24 Stunden und wir sehen nur die 10 Minuten, die spannend sind.
Aber der Regisseur sagt. Bruce Willis' Tag hat eh nur 10 Minuten. Überraschung.
Ich bin kein so riesen Fan von Sixth Sense und diesem Ende, sonst gerne so eine Art von Ende, aber gerade das ... nö, weil es eigentlich darauf beruht, dass der Zuseher dem Regisseur glaubt und ihm Kredit gibt (Wir vertrauen dir, du zeigst uns das Wichtigste); und der Regisseur kennt diesen Kredit und unterläuft es konkret.


Diese Art von Ende wurde ja oft kopiert und es ist dann häufig ... nicht so klasse. Ich hab schon versucht, das anders zu erreichen.

Schönen Dank
Quinn

 

Ich wollte mich auch nur eines halbwegs gebräuchlichen und mittlerweile weithin bekannten 'Labels' bedienen, um meinen Eindruck von deiner Story gewissermaßen einzukreisen. Natürlich hätte ich es auch umständlich umschreiben können (was ich an dieser Stelle übrigens wiederum geschickt unterlasse ;) ).

Nett, dass du etwas ansprichst, das mir ebenfalls seit 'ner Weile aufgefallen und mithin übel aufgestoßen ist: das inoffizielle Filmgenre 'Mindfuck' (zu denen sämtliche Werke gezählt werden, die du angeführt hast) hat sich allmählich in einer kreativen Sackgasse verlaufen. Um der intellektuellen Übertölpelung willen wird die Substanz bzw. gar die Daseinsberechtigung des Filmes als solche in Zweifel gezogen, was heutzutage zwingend als 'cop-out ending' bezeichnet werden muss.

Die im Laufe der Erzählung aufgebauten Konflikte und komplexen Figurenkonstellationen werden nicht wirklich (zufriedenstellend) aufgelöst - stattdessen erfolgt sehr häufig ein Schlag ins Gesicht des gleichermaßen passionierten und geduldigen Rezipienten, und zwar à la "Es war alles nur ein Traum", "Der Protagonist ist total balla balla und hat sich alles nur eingebildet" oder "Sie waren alle von Beginn an tot" (beliebte "Lost"-These, zu der ich mich besser nicht weiter äußern werde, da ich so vielleicht ungewollt spoilere).

In diesen Mechanismus der selbstverliebten Lesertäuschung um der Selbstbeweihräucherung willen (war das evtl. mal der Titel eines Emo-Songs?) fügst du dich ja gerade nicht, weshalb die Geschichte zu unterhalten weiß und bis zuletzt herausfordert. (Gut, dass mir diese abschließende Argumentation noch eingefallen ist - sonst wäre mein Beitrag gnadenlos off-topic gegangen).

 

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