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Thema des Monats Schneegestöber

Seniors
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21.04.2015
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Schneegestöber

Noch fünfzehn Kilometer. Dann kommt die Ausfahrt.
Lena kneift die Augen zusammen. Die geraden Linien der Autobahn verwischen im Schneegestöber. Als sie vorhin aus dem Büro kam, waren es nur ein paar schüchterne Flocken gewesen. Nun sind sie riesig und tanzen wild durch die Luft. Klatschen auf die Windschutzscheibe und überfordern Lenas Augen. Wenn sie direkt hinein blickt in das weiße Durcheinander, wird ihr schwindelig. Schnell fixiert sie wieder die Straße.
Die anderen Autos schleichen mit ihr über die Fahrbahn. Ihre Scheinwerfer durchbrechen die Dunkelheit und werfen kleine Lichtkegel in die weiß gesprenkelte Nacht. Es ist seltsam ruhig, als verschlucke der Schnee den Lärm und die Hektik, die sonst auf dieser Strecke herrscht.

Lena reibt sich die Stirn. Das Pochen im Kopf wird schlimmer. Ein Gedanke jagt den nächsten. Sie stellt sich vor, wie die Sätze hin- und herrasen, ständig an ihre Schädeldecke stoßen, sich ineinander verhaken und wieder entwirren. Nervös wirft sie einen Blick auf den Rücksitz. Da liegt er. Der Koffer. Heute Morgen hat sie ihn gepackt, als Chris schon zur Arbeit gefahren war. Nur zur Sicherheit. Hat langsam ihre Lieblingsstücke hineingelegt. Das graue T-Shirt mit dem grinsenden Smiley vorne drauf. Die verwaschene Jeans, die lässig an ihrer schmalen Hüfte sitzt, und die Chris nicht leiden kann, weil sie ihm zu schlabbrig ist. Der Pullover mit den kleinen Mickeymäusen, über den er immer den Kopf schüttelt. Viel zu lange haben die Sache ganz hinten im Kleiderschrank gelegen.
Lena klammert die Hände um das Lenkrad, das Herz in der Magengrube, die Schultern verkrampft.

Warum hatte sie „Ja“ gesagt?
Seit einigen Wochen stellt sie sich diese Frage fast jeden Tag. Sie spielt den Moment immer wieder ab, oben auf dem Berg. Die Bäume noch in Herbstfarben getaucht. Das Gipfelkreuz, vor dem sie sich schwer atmend ins Gras setzen. Der Wind kribbelt auf Lenas roten Wangen. Sie atmet tief ein, es riecht nach feuchter Erde und Laub. Sie lässt ihren Blick über die Berge schweifen und kramt in ihrem Rucksack nach einer Zigarette. Plötzlich steht Chris auf, hält ihr die Hand hin und zieht sie nach oben. "Lena, ich... Ich muss dir etwas sagen", stammelt er, während er in seine Hosentasche greift. "Du bist mir das Wichtigste in meinem Leben, ich will dich an meiner Seite haben. Immer!" Er geht vor ihr auf die Knie. Sieht zu ihr hinauf und Lena bemerkt, dass seine linke Augenbraue zuckt. Das tut sie immer, wenn er nervös ist. Zwei Gedanken, die miteinander ringen: Du kannst jetzt nicht NEIN sagen! Sag bloß nicht JA!
Chris öffnet die kleine Schachtel, stellt die Frage. Sein Blick ist erwartungsvoll auf sie gerichtet. In ihr kämpft die Panik gegen die Hoffnung. Lena wird schlecht. Schließlich schafft sie es zu nicken. Und im ersten Moment freut sie sich tatsächlich, umarmt und küsst ihn, betrachtet den Ring immer wieder. Ein schöner Ring. Silber, mit einem kleinen Brillanten. Ein wenig breit vielleicht. Eigentlich mag Lena zierliche Ringe mit einer erhabenen Fassung lieber. Aber halb so wild, das hat Chris wohl vergessen.

Die Wochen danach sind eine Farce! Ein Strahlen für jeden, der ihnen gratuliert. Chris schüttelt Hände und lässt sich auf die Schulter klopfen. Er ist stolz, scheint die Zweifel nicht zu spüren, die sich in Lena ausdehnen. Sie lächelt, aber in ihrer Kehle sitzt ein Schrei. Früher hat sie über die Frauen gelacht, die sich an eine Verlobung oder ein Kind klammerten, als sei dies der Rettungsanker für ihre Beziehung. Ist sie jetzt eine von Ihnen?

Das letzte Wochenende kommt ihr wieder in den Sinn. Samstagmorgen. Lena klammert sich an ihre Kaffeetasse. Chris betritt die Küche, gibt ihr einen Kuss auf die Stirn und setzt sich. Er sieht sie nicht an. Schlägt die Zeitung auf, schiebt sich ein Stück Brot in den Mund und nuschelt: „Hast du gut geschlafen?"
„Geht so." Sie zwingt sich, wenigstens noch hinterherzuschieben: „War ganz schön stürmisch heute Nacht."
„Stimmt, das hatten sie ja angesagt. Jetzt kommt wohl der Winter." Er lässt die Zeitung sinken und lächelt sie an. Sie nickt und beißt in ein Brötchen. Die Worte stecken ihr im Hals fest. Draußen biegen sich die Sträucher unter dem Novemberwind und sie fragt sich, wie lange sie diese Situation noch erträgt. Was genau hält sie hier? Ist es die Angst vor dem Alleinsein? Die Erinnerung an Chris, wie er einmal war? Manchmal kommt ihr sogar der Gedanke, dass nur sie sich verändert hat und alles andere um sie herum so ist wie immer. Nur dass sie nun die Sicherheit nicht mehr erträgt, nach der sie sich früher so gesehnt hat. Der Weg, der so gerade vor ihr liegt, schnürt ihr den Atem ab. Alles scheint wie in Stein gemeißelt ...

Erinnerungssplitter aus ihrer Anfangszeit blitzen vor ihr auf. Chris, der sie an einem Freitag von der Arbeit abholt, einen winzigen Strauß selbstgepflückter Gänseblümchen in der Hand, eine Reisetasche über der Schulter. „Los, Schärrie, wir müssen uns beeilen. Unser Zug fährt in zwanzig Minuten!" Entgeistert starrt sie ihn an, versucht, mit ihm Schritt zu halten. „Unser Zug?". Nach Paris. Ganz spontan.
Ihr fünfundzwanzigster Geburtstag. Sie wacht auf, weil das ganze Bett wackelt. Chris springt darauf herum, schmeißt mit Luftschlangen um sich. „Los, aufstehen, du Murmeltier!" Der Ausflug an den See, das Picknick. Noch mehr Luftschlangen. Und Konfetti. Überall Konfetti. Sie springt ins kalte Wasser. Dreht sich auf den Rücken und blinzelt ins Himmelblau. Chris braucht eine halbe Stunde. Ziert sich wie ein Mädchen, stößt einen Schrei aus, als er endlich bis zur Hüfte im See steht. Lena lacht. Sie lacht, bis ihr der Bauch wehtut. Abends spannt ihre Haut von der Sonne.
Die Tage waren so lebendig, so bunt. Jetzt sind da bloß noch vereinzelte Farbspritzer.

Lena bemüht sich nach Kräften, das Bild einer glücklichen Beziehung aufrecht zu erhalten. Vor anderen Leuten ist sie darin besonders gut. Es gibt nur eine Person, die ihr das Theater nicht abkauft.
„Du hast Schiss, oder?" Lenas beste Freundin sitzt ihr gegenüber, fixiert sie genau, ihr Blick fühlt sich an wie ein Schraubstock. Ausweichen ist unmöglich.
„Mann, Caro, musst du immer wieder damit anfangen?" Hitze steigt in Lenas Wangen.
„Ja, muss ich. Du machst ja den Mund nicht auf! Und ich merke doch, dass etwas nicht stimmt. Meine Güte, wäre ja auch nicht schlimm. Nach einem Antrag kriegen viele plötzlich Panik. Hab ich schon ein paar Mal erlebt."
„Ich hab keine Panik. Ich ... Keine Ahnung ... Ich weiß gar nichts mehr. Alle sagen, wir wären so ein tolles Paar, Chris sei genau der Richtige für mich, bla bla bla. Und ich höre ihnen zu und denke die ganze Zeit: 'Ihr habt Unrecht!'
Ist das nicht total bescheuert?!"
Caro beugt sich ein Stück nach vorne und nimmt Lenas Hand. „Nein, ganz und gar nicht. Willst du wissen, was ich denke? Du hast eine Entscheidung getroffen, die falsch war. Und deshalb fühlt sich nichts mehr richtig an. Klar, Chris ist ein netter Kerl, aber mal ehrlich: Ist er wirklich der Mann, mit dem du alt werden willst? Ist das wirklich die Beziehung, die du dir immer gewünscht hast?"
„Chris ist toll, Caro, wirklich. Du kennst ihn doch. Er würde nie etwas tun, das mich verletzen könnte. Er ist treu, er ist zuverlässig, er ..."
Caro verdreht genervt die Augen und wedelt mit der Hand. „Ja, ja, ich weiß. Er ist solide. Er ist ein sicherer Hafen. Aber du, meine Liebe, du bist eher ein Wirbelwind, der auf's Meer hinaus will, anstatt vor sich hinzudümpeln. Letztens erst hast du mir erzählt, dass du dir Sorgen machst, weil ihr euch kaum mehr etwas zu sagen habt. Und jetzt willst du ihn heiraten?"
„Du klingst ja fast so, als wolltest du, dass wir uns trennen!" Lena wird lauter, zieht ihre Hand weg und verschränkt die Arme.
Caro schüttelt den Kopf. „Nein, will ich nicht! Ich will, dass du glücklich bist. Wir kennen uns schon seit dem Kindergarten, Lena, und ich sehe dir einfach an, dass du leidest. Seit du mir von der Verlobung erzählt hast, siehst du traurig aus. Und du brauchst auf mich nicht wütend sein, nur weil ich dir die Wahrheit sage!"
Lena spürt das Rumoren im Bauch. Dieses trotzige Gefühl, mit dem Fuß aufstampfen zu wollen. Dabei flüsterte tief in ihr ein dünnes Stimmchen: Sie hat recht, das weißt du!

Lena fragt sich oft, wann ihre Liebe gekippt ist, wann die Blicke trüb wurden und die Langeweile sie verschlang. Aber sie findet keinen Stichtag. Es fühlt sich viel eher so an, als habe sich die Kälte heimlich eingeschlichen, ganz langsam und unauffällig. Ob Chris das überhaupt merkt, weiß sie nicht. Er scheint sich wohlzufühlen in ihren immer gleichen Tagen und Wochen.

Noch zehn Kilometer. Lena greift das Lenkrad fester.
Sie fährt sich durch die Haare und stellt das Radio lauter. Sie erinnert sich an einen Abend vor zwei Wochen. Ein französisches Restaurant, versteckt am Ende einer Gasse in der Innenstadt. Kleine Tische in verwinkelten Nischen und schummriges Licht. Lena fühlt sich wohl hier, es freut sie, dass Chris sich Gedanken gemacht hat. Er weiß, dass sie französisches Essen liebt. Sie lassen sich einen Rotwein empfehlen und lächeln sich an. Studieren sorgfältig die Speisekarte und sinnieren darüber, wie gut sich alles anhört. Die Bedienung nimmt die Bestellung auf und verschwindet wieder. Sie schweigen. Chris sitzt vor ihr und starrt in sein Weinglas. Lena betrachtet ihn. Die kurzen blonden Haare, akkurat frisiert, nicht so verwuschelt wie am Anfang ihrer Beziehung. Die gepflegten Hände, das perfekt sitzende Hemd. Früher strahlte er Ruhe aus. Besonnenheit. Männlichkeit. Doch jetzt sieht sie einen unsicheren Menschen vor sich, der sich windet und nicht weiß, wie er die Lage noch retten kann.
Jedes Mal, wenn der Kellner kommt, macht sich kurz Erleichterung zwischen ihnen breit, weil jemand die drückende Stille durchbricht. Krampfhaft versucht Lena, ein Gespräch in Gang zu bringen.
„Wie bist du auf das Restaurant gekommen? Ich hab’ noch nie davon gehört. Ist echt niedlich.“
Er ergreift den Strohhalm, setzt sich aufrecht hin und erklärt: „Ein Arbeitskollege hat’s mir empfohlen. Ich war mir erst nicht so sicher, er ist ein ganz schöner Snob, weißt du.“ Er kichert. Unbeholfen, gekünstelt. „Ich wollte nicht, dass du dich unwohl fühlst, ich weiß ja, dass du zu viel Schicki nicht magst. Aber das hier hat eine ganz gute Mischung, finde ich.“ Fragend sieht er sie an.
„Klar, alles gut, ich find’s schön.“
Sie könnte fragen, was er zum Nachtisch isst. Oder ob sie später vielleicht noch einen Film schauen wollen. Aber sie bleibt stumm.

Noch fünf Kilometer. Aber bei dem Schneckentempo bleiben ihr noch ein paar Minuten.
Heute Morgen war der Nebel in ihrem Kopf verschwunden. Dieses feige Wabern aus Unentschlossenheit und Beklemmung. Lena wachte auf und konnte sich nicht an den Abschiedskuss erinnern, den Chris ihr jeden Morgen gab, bevor er losfuhr. Auf seinem Kissen lag ein Zettel.
„Ich wollte dich nicht wecken. Dir nur sagen, dass ich mich auf heute Abend freue. Nur wir zwei und unsere Hochzeitspläne. Hab einen schönen Tag! Chris.“
Sie setzte sich auf und sah hinaus in das morgendliche Zwielicht. Gänsehaut kroch über ihren Körper. Das hatte sie ganz vergessen! Chris hatte vorgeschlagen, heute Abend für sie zu kochen und erste Schritte in Sachen Heiratsplanung zu besprechen. Dabei würde er es bestimmt nicht versäumen, das Thema Kinder mal wieder auf den Tisch zu bringen. Lena lachte kurz auf. Erschrak darüber, wie hysterisch sie klang. Die Vorstellung war einfach absurd. Kinder. Schon als er vor Monaten das erste Mal darüber gesprochen hatte, war ihr ganz flau geworden.
Alles erschien plötzlich zu klein. Das Schlafzimmer, die Wohnung, ihr Leben. Es war ihr egal, wie sehr sie ihn damit verletzen würde. All die Bedenken, die Ängste, die sie während der letzten Wochen gelähmt hatten, rückten in den Hintergrund. Sie stand auf, holte den Koffer aus der Abstellkammer und packte bedächtig ein Kleidungsstück nach dem anderen hinein. Sie fuhr zur Arbeit, saß hinter ihrem Schreibtisch und starrte auf den Bildschirm. Möglichkeiten schossen ihr durch den Kopf. Ziele. Zu Caro nach Berlin. Ihren Eltern nach Köln. Allein nach Hamburg. Oder zurück zu Chris? Der Tag glitt still an ihr vorbei, als wäre er nur geträumt. Wenn sie jetzt daran denkt, ist es fast so, als sähe sie einen Film, der nichts mit ihr zu tun hat.

Da ist sie! Wenn sie nach Hause will, muss Lena hier runter!
Ihre Hände sind schweißnass und kalt. Das Lenkrad bewegt sich nicht. Sie lässt die Abzweigung hinter sich und fährt weiter geradeaus. Tief hinein ins Schneegestöber.

 

Hallo RinaWu,

deine Geschichte ist sehr gut geschrieben, doch lässt sie mich mit gemischten Gefühlen zurück. Du beschreibst das Pärchen Lena und Chris, die sich einmal ohne Wenn und Aber geliebt hat und diese Liebe ist erstorben, zumindest in Lena, wie ich das so sehe. Denn der Zettel, den Chris ihr auf das Kissen gelegt hat, soll doch beweisen, dass er echtes Interesse an der geplanten Heirat hat und sich auf das Leben mit ihr freut.
Wenn sie die Liebe nur daran misst, dass er immer und überall nur der kleine Junge ist, und sich nicht um Dinge, wie vielleicht einen Job, kümmern kann, dann ist sie nicht reif dazu. Vielleicht sehe ich das auch mit der Sicht auf 41 Ehejahre etwas anders. Ich habe beim Lesen schon ein bisschen Wut auf sie gekriegt.

Als er eine halbe Stunde später von hinten die Arme um sie legte und sich für ihre Aufmerksamkeit bedankte, hätte sie ihn am liebsten von sich gestoßen.

Das ist so eine Stelle, wo ich ihr eine knallen könnte. Er bemüht sich doch um sie, nur eben, nachdem er seine Arbeit erst erledigt hat.
Ich habe die anderen Kommentare noch nicht gelesen, deshalb weiß ich noch nicht, ob du das so geplant hast, dass man als Leser eine Antipathie zu Lena aufbaut. Was ich dabei allerdings vermisse, sind die wirklichen Gründe. Was ist passiert, dass sie so empfindet. Ist es die Angst vor einem Gefangensein in einer Beziehung?

Sprachlich habe ich nichts auszusetzen. Ich habe gesehen, du hast die letzte Änderung heute gemacht, da ist bestimmt schon eine Menge passiert.

Mir hat die Geschichte gefallen, wenn ich den Drücker drauf hatte, wie ich empfunden habe, dann hast du alles richtig gemacht. :)

Ja, und das Thema hast du wörtlich und im übertragenen Sinn gut umgesetzt.

Schönen Gruß
khnebel

 

Liebe Amelie,

ja, das stimmt, die Sprache in dieser Geschichte ist recht ausformuliert. Es gibt aber durchaus auch Gedankenfetzen. Nur liegt der Fokus nicht darauf, bzw. gibt es eben in gleicher Zahl auch längere Sätze. Ich wollte nicht zu reduziert schreiben, sondern ein wenig in dieser Schneegestöber-Stimmung bleiben, in der man in Erinnerungen schwelgt.

Lieber khnebel,

vielen Dank auch an dich, dass du meine Geschichte gelesen und kommentiert hast!

Zu allererst: Gemischte Gefühle sind gar nicht schlimm ;) Ich glaube, es gibt mehrere Leser, die Lenas Verhalten nicht so ganz nachvollziehen können. Ja, es stimmt, Lena ist emotional sicher schon viel weiter entfernt, als Chris. Inwieweit er aber verdrängt, was mit ihrer Liebe passiert ist, lasse ich bewusst offen.

Wenn sie die Liebe nur daran misst, dass er immer und überall nur der kleine Junge ist, und sich nicht um Dinge, wie vielleicht einen Job, kümmern kann, dann ist sie nicht reif dazu. Vielleicht sehe ich das auch mit der Sicht auf 41 Ehejahre etwas anders. Ich habe beim Lesen schon ein bisschen Wut auf sie gekriegt.
Also das ist sehr extrem zusammengefasst, aber natürlich völlig legitim, wenn du so empfunden hast. Es geht Lena nicht darum, dass Chris immer der kleine Junge sein soll. Der kleine Junge steht für Spaß, Spontanität, Aufmerksamkeit, Leichtigkeit. Nicht für einen Mann, der sich benehmen soll wie ein kleiner Junge. Das habe ich anders gemeint. Ich persönlich finde es total wichtig, dass man sich Leichtigkeit in der Beziehung bewahrt, dass man die Augen füreinander offen lässt, sich überrascht (nicht ständig, aber ab und zu), miteinander redet und lacht. Ich bin noch nicht verheiratet, in sieben Monaten aber schon ;) Ich kann dich verstehen, wenn du schreibst, dass du sie als unreif empfindest. Vielleicht ist sie das sogar. Mein Gedanke bei der Geschichte war eben eine Frau in einer langen Beziehung, die sich so eingedümpelt hat. Und als sie dann den Antrag bekommt, stellt sie alles in Frage.

Das ist so eine Stelle, wo ich ihr eine knallen könnte. Er bemüht sich doch um sie, nur eben, nachdem er seine Arbeit erst erledigt hat.
:D Knall ihr keine! Sie ist durcheinander! Klar, du hast recht, ihre innere Reaktion ist extrem. Und ich verstehe, dass man da wütend wird. Für mich war diese Reaktion plausibel, denn ihr fallen Dinge nun viel extremer auf, wo sie sich damit auseinander setzen muss, ihr ganzes Leben mit Chris zu verbringen.

Mir hat die Geschichte gefallen, wenn ich den Drücker drauf hatte, wie ich empfunden habe, dann hast du alles richtig gemacht.
Das freut mich sehr, khnebel. Ich muss sagen, mein Ziel war es nicht, bestimmte Aversionen gegen Lena zu schüren. Aber mir war durchaus bewusst, dass ihr Verhalten bei manchen weniger gut ankommt :shy: Ich bin dennoch froh, dass du findest, ich habe unser Thema des Monats gut umgesetzt.

Lieben Dank dir und viele Grüße
RinaWu

 

Hallo liebe Wortkrieger,

ich dachte, ich fasse sie nicht mehr an, aber da war noch Unzufriedenheit in mir. Ich habe die Szene, in der Lena Chris überraschen will, nun komplett gelöscht, da ich das Gefühl habe, ich kann einfach mit ihr nicht ausdrücken, was ich ausdrücken möchte :(

Daher habe ich nun eine Außenstehende, nämlich Lenas beste Freundin, in einer Szene sprechen lassen. Mir persönlich gefällt es so besser, weil vielleicht deutlicher wird, wo das Problem liegt, bzw. warum die zwei vielleicht nicht für immer und ewig füreinander geschaffen sind – zumindest was Lenas Gefühle betrifft. An anderen Stellen habe ich kleine Ergänzungen vorgenommen, um noch klarer zu stellen, dass Chris sich in dieser eingespielten Beziehung wohl zu fühlen scheint, Lena aber eher eingeengt.

So, jetzt geht's mir besser.

Liebe Grüße
RinaWu

 

RinaWu,

eine gut erzählte, schöne und hübsch melancholische Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat! Mir kommt der Gedanke, vielleicht ist die Liebe der Beiden gar nicht wirklich 'weg', sondern sie kommt nur nicht damit zurecht, dass sie nicht ewiges emotionales Festfeuerwerk bleiben kann? Ich komme wegen dem hier drauf:

Lena fragt sich oft, wann ihre Liebe gekippt ist, wann die Blicke trüb wurden und die Langeweile sie verschlang. Aber sie findet keinen Stichtag. Es fühlt sich viel eher so an, als habe sich die Kälte heimlich eingeschlichen, ganz langsam und unauffällig. Ob Chris das überhaupt merkt, weiß sie nicht. Er scheint sich wohlzufühlen in ihren immer gleichen Tagen und Wochen.
Kälte? Er sagt doch noch nette Sachen und überlegt sich z.B genau, welches Restaurant zu ihr passt. Und na ja, gegen Langeweile muss sie schon selbst was tun, das kann sie - zumindest nicht ausschließlich - an ihn deligieren. Die müssen halt versuchen wieder richtig miteinander zu reden, die Beiden, und so eine Ausreißeraktion kann (Erfahrungswert :D) enorm dazu beitragen. Da wachen die Jungs relativ schnell und gründlich auf, ich sehe das noch nicht als Ende ihrer Beziehung.

War wirklich schön zu lesen!
Liebe Grüße,

Eva

 

Liebe Eva,

vielen Dank für deine Anmerkungen zu meiner Geschichte. Freut mich total, dass sie dir gefallen hat, vor allem, weil du die ganz neue Fassung gelesen hast. Dann war das Abändern bestimmter Szenen ganz gut, glaube ich.

Ja, stimmt, es muss nicht das Ende ihrer Beziehung bedeuten. Es bedeutet nur, dass sie in diesem Moment eine Wahl trifft, weil sie für sich selbst erstmal da raus muss. Wie es dann weitergeht, kann sich jeder Leser selbst ausdenken. Ich muss aber sagen, in meinen Gedanken finden die zwei nicht wieder zusammen.

Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo RinaWu,

mir hat deine kleine Geschichte gut gefallen.
Ich war von Anfang an gefesselt und habe sie in einem "Rutsch" durchgelesen.
Die Gedanken, Zweifel und Gefühlswirren von Lena sind echt geschildert und für mich gut nachvollziehbar.
Sie ist schön geschrieben und hat einen angenehmen Rhythmus.
Sie gefällt mir sehr.

Grüße
Lind

 

Hallo Lind,

oooh, das sind schöne Worte so kurz vor Weihnachten. Freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat!

Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo RinaWu,

mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen. Das einzige, was mir aufgefallen ist, ist, dass du bei den einzelnen Rückblick-Passagen in der Gegenwart bleibst. Am Anfang leitest du oft mit der Vergangenheit ein, dann springst du zurück in die Gegenwart. Ich finde das mit dem Zeitwechsel etwas verwirrend. Sonst wie gesagt sehr schön und gut nachvollziehbar.

Viele Grüße,

Marissa

 

Hallo Marissa,

danke für deine Anmerkungen zu meiner Geschichte, freut mich sehr, dass sie dir gefallen hat. Ja, es stimmt, ich wechsel in den Rückblicken in die Gegenwart, auch wenn ich oft mit der Vergangenheit einleite. Das habe ich deshalb so gemacht, damit die Szenen lebendiger sind, näher am Geschehen dran, so wie Erinnerungsmomente, die sich in diesem Moment in Lenas Kopf abspielen. Die andere Möglichkeit wäre gewesen, in der Vergangenheit zu bleiben, da hätte ich dann aber viel im Plusquamperfekt schreiben müssen, um die richtige Vergangenheitsform zu nehmen, und das klingt so schnell ziemlich umständlich. Ich kann mir dennoch vorstellen, dass mein Wechsel an manchen Stellen verwirrend wirkt, ich schaue mir das noch einmal an.

Viele Grüße
RinaWu

 

Hallo RinaWu,

ich habe eine Weile sacken lassen, bevor ich dir diese Kritik schreibe und hoffe, dass du nachvollziehen kannst, was ich meine, denn es ist gar nicht so einfach.

Für mich gibt es im Bereich der Belletristik die sog. Frauenromane. Unter denen verstehe ich Plots, die a von Herzschmerz und Beziehungen handeln und dich sich mit den Hindernissen, die diese Beziehungen auslösen mehr oder weniger humorvoll, knapp oder langatmig befassen.
Meist sind die Hauptfiguren Frauen, die in der heutigen Zeit leben. Was mich an dieser Frauenliteratur erheblich stört und was einen Grund dafür darstellt, dass ich sie zu lesen meide, ist das dort aufgestellte Frauenbild.
Es geht nicht immer, aber oft um Frauen, die sich bezüglich ihrer Handlungsweise um sich selbst drehen, sie stellen den Mittelpunkt dar, andere Personen, wie Freundinnen und Partner kreisen um sie, und die Romane handeln oftmals davon, wie sie es erfolgreich schaffen, sich zu verbessern, auf welchem Gebiet auch immer.
Mich langweilen leider diese Handlungen. Dafür kannst du rein gar nichts. Das ist so ähnlich, wie wenn ich jemandem, der Horrorgeschichten schreibt, mitteile, dass mir Horrorgeschichten nichts bringen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Diesen Schuh solltest du dir also nicht anziehen. ;)

Was mich aber manches Mal zusätzlich stört, ist das spezielle Frauenbild, das in den Romanen gezeichnet wird, und das mir schlichtweg quer liegt. Leider finde ich auch hier eine Protagonistin dieser Sorte vor.
Es sind Frauen mit völlig unrealistischen und damit meist völlig überzogenen Forderungen an ein Zusammenleben.
Ich erlebe deine Protagonistin so und hatte folglich Probleme, ihr mit Zustimmung zu folgen und sie zu mögen, Empathie mit ihr zu haben und mich mit dem wohl zu fühlen, was sie tut.

Wer hat eigentlich diesen Frauen vorgegaukelt, sie könnten sich ihren Partner so stricken, wie sie ihn haben wollen? Immer scheitern diese Beziehungen daran, dass der Partner sich ungenügend aus der Sicht der Frau in der Beziehung verhält. In dieser Geschichte ist es der Partner, der nicht oft genug sprühende, lebendige, phantasievolle Mann, der fehlt und mit dem man keine gemeinsamen Redethemen mehr hat. Deine Protagonistin vermisst deutlich all diese Anteile, aber sie wirkt auf mich wie eine Person, die in einen Laden geht und dort das Gesuchte nicht im Regal findet und somit enttäuscht von dannen zieht.

Ist eine Partnerschaft nicht grundsätzlich immer ein Geben und Nehmen auf beiden Seiten? Wo gibt die Protagonistin? Wo sind die Szenen, in denen sie gibt, aber vielleicht enttäuscht wird? Mit anderen Worten, wo sind die Gründe, die ich nachvollziehen könnte, die auch mir deutlich machen könnten, dass so eine Beziehung tatsächlich gescheitert ist.
Das meine ich mit Frauenromanen, die mir quer liegen und leider empfinde ich das auch hier so.

Ich drifte jetzt ein wenig ab, weil deine Geschichte bei mir sehr viel mehr freisetzt, als es dir vielleicht lieb ist.
Ich erlebe in zunehmendem Maße, dass völlig überzogene Forderungen an die Partner gestellt werden, und zwar gegenseitig. Da sollen Frauen Karriere machen, sollen dabei aber noch völlig entspannt den Haushalt im Griff haben, klar und Kinder müssen auch sein und die müssen vor allen Dingen gut betreut werden und dann möchte man noch körperliche Fitness erstrampeln, der Freundeskreis muss gepflegt werden und die verwandtschaftlichen Verhältnisse sowieso und trotzdem soll frau täglich gesund und ausgeschlafen sein.
Umgekehrt fordern Frauen von ihren Partnern, dass diese genügend Geld nach Hause bringen, das Haus , das Auto soll abbezahlt werden, der Urlaub finanziert, übersehen aber grundsätzlich, dass ab einer bestimmten Dotierung Überstunden anfallen, die gleichsam die Kehrseite des hohen Gehalts darstellen. Diese Partner haben gefälligst sich gleichberechtigt, wie es so schön heißt, an der Kinderbetreuung zu beteiligen, sie werden als faul bezeichnet, wenn sie nicht im Haushalt tüchtig mit anpacken, und natürlich müssen sie gesund und munter sein, egal, wann dafür Zeit ist.

Deine Prota verlangt obendrein noch den phantasievollen Partner, der für Überraschungen sorgt. Klar, sie ist nicht blöd, sie sieht, dass diese Feuerwerke nicht ununterbrochen gezündet werden können, aber im Grunde genommen sagt sie nicht, wann da mal Pause sein darf.

Die Restaurantszene ist für mich so etwas Typisches. Was bitte schön ist daran so verkehrt, wenn man nicht ununterbrochen miteinander redet und lacht? Diese Prota verlangt eine Beziehung auf der Überholspur und das macht mich ärgerlich, weil so etwas einfach nicht funktionieren kann.
Sie zieht aus dieser Beziehung in die nächste Niederlage und deswegen komme ich halt so schlecht mit dieser Prota klar und der Geschichte.

Grundsätzlich lässt du sie auch nicht aufrichtig sein. Was hat sie gehindert, bevor sie sich aus der Beziehung löst, ihren Partner wenigstens mit ihren Forderungen zu konfrontieren? Sicherlich wäre dann die Trennung ein wenig später erfolgt. Aber das Heimliche gäbe es nicht mehr. Man könnte ihr wenigstens einen aufrichtigen Versuch bescheinigen. So wirkt sie auf mich nicht nur mit überzogenen Forderungen ausgestattet, sondern ist auch noch gehörig feige.
Ich glaube, ich könnte mit einer Prota leben, die genau weiß, dass sie viel zu viel fordert, und die sich selbst in ein Singledasein entlässt bzw. befreit, weil ihr die Erkenntnis kommt, dass sie nicht bekommen wird, was sie sucht. Quasi das weibliche Gegenstück zum lonesome Cowboy, dem einsamen Helden, der weiß, dass er nur mit sich allein zurecht kommen kann.

Tiefdurchatme. Ja, ich hoffe, du bist jetzt nicht verärgert über den Verriss deiner Prota. Verstehen könnt ichs allerdings. :D

Und nun zur guten Seite der Geschichte, denn sie hat ihre guten Momente.

Grundsätzlich finde ich, dass du einen gut lesbaren Schreibstil hast, flüssig und immer dann, wenn es um die Beschreibungen des Drumherums ging, wie gleich zu Anfang und mittendrin auf dem Berg, da bin ich nur noch begeistert.
Ich bin ein Freund des in medias res, aber deine Beschreibung am Anfang, die hat mir einfach nur große Freude bereitet, sie zu lesen. Da war ich sofort mittendrin und fuhr mit im Auto. Du hast einfach die richtigen Worte für das Wetter und die Umgebung gefunden und, nachdem du ja weißt, wie ich über den Rest deiner Geschichte denke, kannst du sicherlich verstehen, wenn ich sage, ich hätte mir gewünscht nur solche schönen Beschreibungen von dir zu lesen. Hut ab!


Lieben Gruß

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lakita,

ja holla die Waldfee, da hat meine Geschichte ja einiges freigesetzt bei dir ... Und schon einmal vorab: Keine Sorge, ich bin überhaupt nicht verärgert. Schließlich bin ja nicht ICH meine Protagonistin, sondern sie ist eine Mischung aus vielem, was ich in den letzten Jahren beobachtet habe.

Also, Punkt eins, ich mag "Frauenromane" im klassischen Sinn - also Frau ist unzufrieden, trennt sich dramatisch, findet sich selbst und ist am Ende total super - überhaupt nicht. Und es war auch nicht meine Intention, eine Kurzfassung davon auf Papier zu bringen. Ganz im Gegenteil.
Ich stelle auch überhaupt nicht den Anspruch, dass meine Protagonistin gemocht oder verstanden werden muss. Das darf jeder Leser und jede Leserin für sich selbst entscheiden. Wie du an den Kommentaren siehst, ist das Bild auch sehr gemischt. Manche können sie nicht leiden, andere verstehen sie. Ich glaube, das kommt immer darauf an, wie man selbst so tickt, was man erlebt hat, womit man ihr Verhalten und ihre Ansprüche verbindet. Aber das finde ich toll! Ich mag es total zu sehen, wie unterschiedlich meine Geschichte gelesen wird. So viel dazu.

Ich beschreibe da eine Situation ohne jedliche Hintergedanken, sondern einfach wie ich sie damals von außen beobachtet habe. Genau genommen habe ich da verschiedene Beobachtungen zu einer Situation verwoben. Ich gebe dir recht, wenn du sagst, dass viele Menschen heutzutage Erwartungen an sich selbst und ihre Beziehung, also ihren Partner stellen, die nicht realistisch sind. ABER meine Protagonistin will sich niemanden stricken, wie er nicht ist, sondern sie bemerkt eine Veränderung in ihrer Beziehung, ein Verschwinden der Aufmerksamkeit, Leidenschaft, Zärtlichkeit. Zusätzlich steckt sie aber fest (aus welchen Gründen auch immer, ich habe hier nicht alles ausführlich erklärt) und fühlt sich gefangen in vorgefertigten Bahnen. Also bricht sie aus. Klar ist das feige. Ich habe ihr Verhalten nie verteidigt oder bewertet. Klar hätte sie erstmal mit ihm sprechen können. Sie reagiert aus dem Bauch, will ausbrechen, atmen, frei sein - und haut einfach ab. Ob das nun die richtige Lösung ist ... Man weiß es nicht. Und ob sie wirklich genug für die Beziehung getan hat, dahinter steht auch ein Fragezeichen. Was ich sagen will: Ich lasse das offen und meine Intention war nicht, sie zur Heldin der Geschichte zu machen. Ich kann also deine Aversion gegen sie durchaus nachvollziehen ;)

Ich war lange Zeit Single, bevor ich meinen Verlobten kennengelernt habe, oder nur in irgendwelchen kurzweiligen Katastrophen verstrickt, und habe Beziehungen daher lange beobachtet, bevor ich selbst eine geführt habe. Und über die Jahre ist mir einfach aufgefallen, dass viele Pärchen nicht richtig miteinander reden, sich nicht vertrauen, sich nicht fallen lassen und miteinander rumalbern - dass sie sich sehr schnell als selbstverständlich betrachten. Das habe ich nie verstanden. Und ich glaube, das habe ich hier verarbeitet. Und natürlich die Tatsache, dass ich auch selbst schon die Erfahrung gemacht habe, in einer zwischenmenschlichen Beziehung zu stecken, die mich eigentlich nicht glücklich macht, aber an der ich lange festgehalten habe. Hinterher ist man immer schlauer :D

Hier muss ich dir jedoch widersprechen:

Was bitte schön ist daran so verkehrt, wenn man nicht ununterbrochen miteinander redet und lacht? Diese Prota verlangt eine Beziehung auf der Überholspur und das macht mich ärgerlich, weil so etwas einfach nicht funktionieren kann.
Es geht hier nicht um das "miteinander schweigen können". Das ist total wichtig. Aber selbst das können sie nicht. Sie fühlen sich dabei unwohl. Und das sieht man doch oft. Da sitzen sich zwei Menschen gegenüber und sehen verkrampft von links nach rechts, weil sie sich einfach nichts mehr zu sagen haben. Das wollte ich hier zeigen. Eine Beziehung ist für mich einander zu schätzen, aufmerksam für den anderen zu sein. Mein Verlobter ist gleichzeitig mein bester Freund und in der Tat lachen wir nach 5 jahren immer noch jeden Tag miteinander. Das meine ich damit. Dass zwischen den beiden eine Leere entstanden ist, die nicht mehr zu reparieren ist. An dieser Leere ist aber sicherlich nicht nur ihr Partner schuld. Nur wollte ich diese genaue Aufdröselung, wer hat was falsch gemacht und warum, in dieser Geschichte nicht haben. Sondern eher eine Momentaufnahme erzählen und erklären, wie es zu dieser Momentaufnahme kam.

Lakita, vielen Dank für deinen langen Kommentar, ich finde es toll, wenn sich jemand so viele Gedanken zu etwas macht, was ich geschrieben habe. Und ganz egal, ob du meine Protagonistin nun mochtest oder nicht! Dass dir meine Beschreibungen andererseits sehr gefallen haben, ist etwas, das ich mit einem Lächeln mitnehme und worüber ich mich sehr freue :shy:

Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo RinaWu,
ich arbeite mich gerade durch die letzten Beiträge zum TdM, die auf meiner Liste noch offen sind. Und freue mich, dass ich dabei immer wieder auf etwas neues Schönes treffe. Deine Geschichte hat mir gut gefallen. Sie bringt die Zerrissenheit gut zum Ausdruck.

Einzig diesen Satz fand ich nicht stimmig:

Früher hat sie über die Frauen gelacht, die sich an eine Verlobung oder ein Kind klammerten, als sei dies der Rettungsanker für ihre Beziehung. Jetzt ist sie eine von ihnen.

Lena ist ja auch jetzt keine Frau, die einen Rettungsanker in der Verlobung sieht. Denn die Initiative ging ja nicht von ihr aus. Es ist doch sogar eher umgekehrt. Erst der Verlobungsring macht ihr so richtig deutlich, dass die Beziehung nicht mehr stimmt.

Sonst eine schöne und stimmige Geschichte, die gut zum TdM passt.
Snowmaid

 

Hallo Snowmaid,

lieben Dank für deine Worte und dass du dir meine Geschichte durchgelesen hast. Er freut mich, dass ihre Zerrissenheit gut rüber kam!

Ja, du hast recht, der Satz passt nicht so recht. Ich wollte damit ausdrücken, dass sie sich in genau der gleichen Situation befindet, wie Frauen, die sie früher belächelt hat. Denn anfangs nimmt sie ja die Verlobung an (wenn man das so sagen kann), obwohl sie da schon nicht ganz davon überzeugt ist. Heißt, auch sie klammert sich (wenn auch nur kurzweilig) an etwas, um zu verdrängen, dass die eigentliche Beziehung nicht mehr funktioniert. Ich schaue mir mal an, wie ich das anders ausdrücken könnte.

Danke dir und viele Grüße
RinaWu

 

Hallo RinaWu

Aber halb so wild, das hat Chris wohl vergessen.
Süsser Selbstbetrug, der Grund für das Ringen. Wunderbar gezeichnet.

Es ist fast unerträglich, wie du dem Leser Lenas Leiden zu jedem Zeitpunkt vor Augen führst, man möchte den Chris schütteln und ihm ins Gesicht schreien:"Guck doch mal richtig hin, Alter!"

Die Tage waren so bunt, so lebendig. Jetzt sind da bloß noch vereinzelte Farbspritzer.
Schön, würde ich vom Bezug her aber umdrehen: Die Tage waren so lebendig, so bunt. Jetzt sind da bloß noch vereinzelte Farbspritzer.

Und ich höre ihnen zu und denke die ganze Zeit: Ihr habt Unrecht! Ist das nicht total bescheuert?!
Hier würde ich Reden und Denken noch besser abtrennen: Und ich höre ihnen zu und denke die ganze Zeit:'Ihr habt Unrecht!'
Ist das nicht total bescheuert?"

Lena fragt sich oft, wann ihre Liebe gekippt ist, wann die Blicke trüb wurden und die Langeweile sie verschlang.
Starker Satz.

Ob Chris das überhaupt merkt, weiß sie nicht.
Doch das weiss sie, hehe.

Noch fünf. Aber bei dem Schneckentempo bleiben ihr noch ein paar Minuten.
Noch fünf Kilometer. Hier würde ich nicht mit dem Mantra brechen.

Sie lässt die Abzweigung hinter sich und fährt weiter geradeaus. Tief hinein ins Schneegestöber.
Denn den Koffer hat sie ja mit, für alle Fälle. Und ich bin froh um ihre Entscheidung, auch für Chris.

Klasse, tolle Geschichte. Ich finde du hast eine gute Balance zwischen Rückblick und Abwägen während Lenas Entscheidungsfindung auf der Autobahn. TdM 100% umgesetzt. Die letzte Ausfahrt, die für Lena nun eben gerade ausführt.

Sehr gerne gelesen,
Gruss dot

 

Hallo dot,

deine Anmerkungen sind super, vielen Dank. Vor allem die hier:

Schön, würde ich vom Bezug her aber umdrehen: Die Tage waren so lebendig, so bunt. Jetzt sind da bloß noch vereinzelte Farbspritzer.
Viel besser. Der erste Satz endet mit 'bunt'. Dann kommen die Farbspritzer. Das gefällt mir! Ich arbeite das gleich noch in den Text ein.

Freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat. Ich war mir gerade wegen dieser Balance zwischen Rückblick und Abwägen unsicher, wollte das nicht übertreiben. Super, dass es bei dir so gepasst hat.

Die letzte Ausfahrt, die für Lena nun eben gerade ausführt.
Schön gesagt :shy:

Liebe Grüße!
RinaWu

 

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