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Rote Münzen

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02.10.2016
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Rote Münzen

Mein Name ist Helmut. Ich bin Putzmann und betreue die sanitären Anlagen hier am Marktplatz. Der heißt nicht nur so, Dienstags und Freitags gibt es hier wirklich einen Markt mit Verkaufsständen. Vor allem Gemüse, Obst, Käse und Fleisch. Auch Blumen, Kleidung und manchmal Kunsthandwerk.

Ich bemühe mich wirklich, aber in den Toiletten riecht es einfach nicht gut. Ab und zu muss ich raus an die frische Luft. So wie jetzt gerade.

Zwischen Lamm und Käse steht ein Straßenmusiker mit Gitarre. Er spielt gerade Wicked Game von Chris Isaak. Er macht das ganz wunderbar. Gezupfte Gitarre, sanfte Stimme. Und mit so viel Gefühl. Ich höre einfach nur zu. Es berührt mich. Für einen kurzen Augenblick gibt es nur noch mich und diese Musik.

Dann ist das Lied zu Ende und ich muss wieder an die Arbeit.

Ich greife in die Hosentasche. Darin befindet sich das Toilettengeld meiner Kundschaft. Immer noch im Bann der Musik ziehe ich etwas davon heraus und werfe es in den Gitarrenkoffer des Musikers.

Erst als das Kleingeld meine Hand verlässt, merke ich es. Es sind rote Münzen dabei.

Ich schäme mich dafür.

 

Ich war lange nicht mehr hier. Manchmal sind andere Dinge eben wichtiger. Ich versuche wieder öfters hier zu sein und auch meinen Senf abzugeben.

Diese Kürzergeschichte habe ich vor längerer Zeit geschrieben und wollte sie schon lange veröffentlicht haben. Vielleicht gefällt sie ja...

 

Hey @HoWoA

an Deiner Stelle würde ich über eine Verschiebung zu Flash Fiction nachdenken. Als KG ist das mehr als dünne für mich. Und ehrlich das Wort Toilette dominiert schon im Text und das tut ihm, für mein Empfinden, nicht gut. Da könnte man schnell was gegen tun, sofern dies überhaupt gewünscht ist. Vielleicht soll das ja so. Für den Fall, dass Leser drei Sätze später vergessen hat, dass es hier um einen Toilettenmann geht :D.

Beste Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin @Fliege,
danke für deine Anmerkungen.

an Deiner Stelle würde ich über eine Verschiebung zu Flash Fiction nachdenken.
Ja, wäre besser. Wer kann das tun?

Und ehrlich das Wort Toilette dominiert schon im Text
Stimmt, ist mir bisher nicht aufgefallen. Und ja, da sollte man was tun. :Pfeif:
(Im ersten Schritt "Toilette" von 4 auf 2 Vorkommen reduziert.)

 

Hallo HoWoA

Ich habe den Text zu Flash Fiction verschoben.
Deine kurze Episode über den "kleinen Mann" mit Herz hat mir gefallen, besonders die Betrachtung des Seitenwechsels des Putzmanns, vom Empfänger zum Geber.

Ich greife in die Hosentasche. Darin befindet sich das Toilettengeld meiner Kundschaft. Ich werfe einige Münzen in den Gitarrenkoffer des Musikers.

Es sind rote Münzen dabei.

Ich schäme mich dafür.

Hier bin ich allerdings uneins mit ihm, denn so, wie es hiersteht, ist nicht ganz klar, dass er die paar Münzen unbeschauen in den Koffer wirft.
Erst danach erkennt er ja, dass da "Hosenknöpfe" dabei sind. Vielleicht kannst du das noch etwas genauer ausdrücken, denn nur so kaufe ich ihm das ehrliche Schämen ab.

Liebgruss, dotslash

 

Hallo @dotslash,

danke für's Verschieben, hier ist Helmut besser aufgehoben.

Hier bin ich allerdings uneins mit ihm, denn so, wie es hiersteht, ist nicht ganz klar, dass er die paar Münzen unbeschauen in den Koffer wirft.
Erst danach erkennt er ja, dass da "Hosenknöpfe" dabei sind. Vielleicht kannst du das noch etwas genauer ausdrücken, denn nur so kaufe ich ihm das ehrliche Schämen ab.
Ich verstehe das Problem und schaue mal, wie ich es deutlicher ausdrücken kann.

Vielen Dank.
Holger

 

Hallo @HoWoA,

ich fang mal mit Textkram an:

Mein Name ist Helmut. Ich bin Putzmann und betreue die sanitären Anlagen hier am Markt. Das heißt nicht nur so, Dienstags und Freitags gibt es hier wirklich einen Markt mit Verkaufsständen.
Als ich "Das heißt nicht nur so" las, dachte ich 'was heißt hier nicht so?' Die "sanitären Anlagen", der "Markt"?
Wie wärs mit 'am Marktplatz. Der heißt ...'?

Ich bemühe mich wirklich, aber in den Toiletten riecht es einfach nicht gut.
Das sagt viel aus, ohne Geld direkt zu erwähnen: Er bemüht sich, es stinkt trotzdem, die unzufriedene Kundschaft ist knausrig.

Er spielt gerade Wicked Game von Chris Isaak.
Meiner Meinung nach ist es günstiger, keinen speziellen Song zu nennen. Leute, die den Song nicht kennen, lesen das, ohne eine Assoziation bilden zu können. Vielleicht ein Musik-Genre nennen? Wenn dir der Titel wichtig ist, hast du halt keine Wahl.

Es sind rote Münzen dabei.
Wenn damit Kupfergeld gemeint ist, ergibt sich das Problem, ob er das nicht spürt. Er hat das Geld auch in die Tasche gesteckt, gesehen, um was es sich handelt.

Es sind rote Münzen dabei. Ich schäme mich dafür.
Abgesehen vom oben erwähnten Problem ein starker Satz! Er kann sich schämen, weil er kein anderes Geld hat, oder fremdschämen für seine knausrigen Kunden, die sein Bemühen um saubere Toiletten nicht wertschätzen.
Das ist das Schöne an deinem Text: trotz der Kürze steckt einiges drin. Die Stimmung ist ein wenig wehmütig, passt zum Text.

LG,

Woltochinon

 

Überarbeitete Version eingestellt.

@dotslash: Neuer Versuch, die "Hosenknöpfe" glaubhafter zu machen. :D


Hallo @Woltochinon,
danke für's Lesen und Kommentieren.

Als ich "Das heißt nicht nur so" las, dachte ich 'was heißt hier nicht so?' Die "sanitären Anlagen", der "Markt"?
Wie wärs mit 'am Marktplatz. Der heißt ...'?
Ja. Das ebnet den Stolperstein, den ich nach dem ersten eigenen Stolpern einfach ignoriert habe.

Meiner Meinung nach ist es günstiger, keinen speziellen Song zu nennen. Leute, die den Song nicht kennen, lesen das, ohne eine Assoziation bilden zu können. Vielleicht ein Musik-Genre nennen? Wenn dir der Titel wichtig ist, hast du halt keine Wahl.
Ich verstehe die Bedenken. Und ich hätte dieses Lied auch nicht erwähnt, wenn es nicht meine Inspiration dieser Episode gewesen wäre.
Im Allgemeinen stimme ich dir in diesem Punkt völlig zu. Im Speziellen, bei diesem Text, kann ich leider aus persönlichen Gründen nicht darauf verzichten.

Es sind rote Münzen dabei.
Wenn damit Kupfergeld gemeint ist, ergibt sich das Problem, ob er das nicht spürt. Er hat das Geld auch in die Tasche gesteckt, gesehen, um was es sich handelt.
Ich hoffe, die letzte Überarbeitung macht es etwas plausibler.

Abgesehen vom oben erwähnten Problem ein starker Satz! Er kann sich schämen, weil er kein anderes Geld hat, oder fremdschämen für seine knausrigen Kunden, die sein Bemühen um saubere Toiletten nicht wertschätzen.
Das ist das Schöne an deinem Text: trotz der Kürze steckt einiges drin. Die Stimmung ist ein wenig wehmütig, passt zum Text.
Vielen Dank für diese schönen Worte. Sie beschreiben sehr gut, was ich ausdrücken wollte. Und es scheint ja doch irgendwie anzukommen.

Viele Grüße
Holger

 

Und mit so viel Gefühl. Ich höre einfach nur zu. Es berührt mich. Für einen kurzen Augenblick gibt es nur noch mich und diese Musik.

Hallo,

das ist leider hart an der Kitschgrenze. WIE berührt es ihn? Warum berührt ihn gerade dieser Song? Da wäre Potential für mehr, eine Verbindung in sein eigenes Leben. Warum gerade jetzt, warum nicht vorher? Steht der Musiker da nur das eine Mal oder regelmäßig? Das sind so Allgemeinplätze: Und die Musik spielt, und sie berührt mich, und es gibt nur mich und diese Musik. Aber WAS bedeutet das? Ist er dann: fröhlich oder neutral oder aufgebracht, was macht das mit ihm? Was genau ist die Bedeutung? Macht ihm die Musik die Tragik seiner Existenz klar? Wenn ja, warum? Ist Reinigungskraft kein ehrenwerter Beruf? Muss er sich über die roten, bzw eher kupferfarbenen Münzen überhaupt schämen? Wenn ja, warum schämt er sich im Angesicht dieser musikalischen Darbietung? Würde da jetzt Chick Corea spielen, würde ich das irgendwie verstehen. Warum bewertet er diese Münzen so sehr? Auch sagt er, da sind nur ein paar rote Münzen bei. Was ist denn seine Erwartung? Ich glaube, du möchtest hier eine Working Class Geschichte schreiben, wo sich aber der Prot irgendwie für seinen Job schämt, bzw schämen muss, weil ... er einem Straßenmusiker nicht so viel Silbergeld geben kann, wie ... wie wer eigentlich? Irgendwelche Mittelklassedudes? Mir erscheint das Ganze unausgegoren und ohne echten Standpunkt. Wer spricht hier und aus welcher Position? Das wirkt auf mich so, als müsste der sich entschuldigen, sich rechtfertigen, was er aber gar nicht muss. Die größere narrative Geste wäre es, wenn er gar nichts gibt, weil er selbst jeden rote Münze zum Überleben braucht, DAS wäre nämlich sogar ein ethischer Konflikt.

Gruss, Jimmy

 

Hallo @jimmysalaryman.

das ist leider hart an der Kitschgrenze. WIE berührt es ihn? Warum berührt ihn gerade dieser Song? Da wäre Potential für mehr, eine Verbindung in sein eigenes Leben.
Nun, eigentlich spielt es keine Rolle, wie und warum es ihn berührt. Wichtig ist die Reaktion, die der Musiker auslöst, nämlich, dass Helmut etwas in den Gitarrenkoffer wirft.

Warum gerade jetzt, warum nicht vorher? Steht der Musiker da nur das eine Mal oder regelmäßig?
Straßenmusiker wechseln ihre Standorte, es kann also gut sein, dass er heute zum ersten mal dort steht. Vielleicht kam er auch heute zum ersten Mal auf die Idee, sich überhaupt als Straßenmusiker zu versuchen. Wer weiß. Es ist jedenfalls ziemlich unwahrscheinlich, dass er regelmäßig dort steht.

Das sind so Allgemeinplätze: Und die Musik spielt, und sie berührt mich, und es gibt nur mich und diese Musik. Aber WAS bedeutet das? Ist er dann: fröhlich oder neutral oder aufgebracht, was macht das mit ihm? Was genau ist die Bedeutung? Macht ihm die Musik die Tragik seiner Existenz klar? Wenn ja, warum?
s.o.

Ist Reinigungskraft kein ehrenwerter Beruf?
Doch. Eine Reinigungskraft ist genauso wichtig, wie ein Industrieboss. Vielleicht sogar noch wichtiger.

Muss er sich über die roten, bzw eher kupferfarbenen Münzen überhaupt schämen?
[Für mich heißen kupferfarbene Münzen schon seit der Kindheit "Rotes". Ich denke, es ist auch darüber hinaus nicht ganz unüblich, Kupfermünzen (1, 2 Pfennig, 1, 2, 5 Cent) als "Rot" zu bezeichnen.]

Es ist im peinlich, dass er sich aus Unachtsamkeit auf die gleiche Ebene stellt, wie die Knauser, die ihn mit "Rotem" abspeisen.

Ich glaube, du möchtest hier eine Working Class Geschichte schreiben, wo sich aber der Prot irgendwie für seinen Job schämt, bzw schämen muss
Nein, das war bestimmt nicht nicht meine Absicht.

Irgendwelche Mittelklassedudes?
Der Dude gehörte der Mittelklassen an? Seine Wohnung, sein Kleidung und seine Kumpels sahen nicht so aus. :lol:

Mir erscheint das Ganze unausgegoren und ohne echten Standpunkt.
Tut mir leid, dass das so rüberkommt.

Die größere narrative Geste wäre es, wenn er gar nichts gibt, weil er selbst jeden rote Münze zum Überleben braucht, DAS wäre nämlich sogar ein ethischer Konflikt.
Das wäre eine andere Geschichte mit einer anderen Aussage. Und das war eben nicht meine Idee beim schreiben.

Lieber Jimmy,
danke für's Lesen und deinen Kommentar. Ich denke, über diese Geschichte werden wir geteilter Meinung bleiben. Aber das macht nichts, das macht die Welt einfach bunter.
Liebe Grüße.

 

Der Dude gehörte der Mittelklassen an? Seine Wohnung, sein Kleidung und seine Kumpels sahen nicht so aus.
Nein, das meinte ich nicht. Das war eine Hypothese. Er kann dem Musiker nicht so viel Geld geben wie irgendwelche ... das war die Fragestellung. Über seine Wohnung, Kleidung, Kumpels sagt der Text ja nichts aus.
Nun, eigentlich spielt es keine Rolle, wie und warum es ihn berührt. Wichtig ist die Reaktion, die der Musiker auslöst, nämlich, dass Helmut etwas in den Gitarrenkoffer wirft.
Das sehe ich dezidiert anders. Auch der Klang eines Flugzeugs, das über das Haus, in dem ich wohne, fliegt, löst etwas in mir aus. Das ergibt aber keine Geschichte. Würde jetzt dieser spezfische Song ihn an etwas erinnern, sähe das anders aus. So ergibt der Text für mich aber keine Kohärenz, keinen Sinnzusammenhang.

Es ist im peinlich, dass er sich aus Unachtsamkeit auf die gleiche Ebene stellt, wie die Knauser, die ihn mit "Rotem" abspeisen.
Wenn es nur Unachtsamkeit ist, warum muss er dann ausgerechnet Putzkraft sein? Dann könnte er einfach irgendein Passant sein. Das passt nicht. Ich kenne auch fast niemanden, der Straßenmusikern Kupfergeld gibt. Immer, wenn wir mal (selten) auf der Straße gepielt haben, waren das in den meisten Fällen Silbermünzen und Scheine.

Das wäre eine andere Geschichte mit einer anderen Aussage

Was wäre denn hier die Aussage, ganz ketzerisch gefragt?

Ich denke, über diese Geschichte werden wir geteilter Meinung bleiben. Aber das macht nichts, das macht die Welt einfach bunter.
Bunt ist auch so ein Allgemeinplatz. Hier geht es ja um Textarbeit. Das hat wenig mit Buntsein zu tun, sondern eher mit konkreten Dingen, wie Glaubwürdigkeit, Stoff, Sujet, Thema.


Gruss, Jimmy

 

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