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"Papa, der Himmel brennt"

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09.06.2015
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"Papa, der Himmel brennt"

1944. Es ist Sommer geworden, das ganze Land stöhnt unter der Last des Krieges, der unseren Alltag bestimmt. Am Tag und in der Nacht heulen die Sirenen, feindliche Flugzeuge werfen tonnenweise Luftminen, Sprengbomben, Brandbomben und Phosphorkanister auf die Zivilbevölkerung.

Seit Wochen sind die Gleise der Straßenbahn zerstört, ich muss den langen Weg zum Mädchenlyzeum zu Fuß zurücklegen, das dauert fast eine ganze Stunde. Die Sohlen meiner Schuhe sind mürbe und löchrig. Wenn es regnet stopfte ich eine Lage Zeitungspapier hinein, doch heute scheint die Sonne. Auf meinem Weg komme ich immer wieder an Ruinen und Trümmerlandschaften vorüber, auf denen Feuerkraut in herrlichen Farben blüht.

Kaum habe ich mein Klassenzimmer betreten, tönen die Sirenen. Fliegeralarm! Zusammen mit meinen Schulfreundinnen renne ich los und erreiche nur wenige Minuten später den Eingang des Bunkers.
Eine in Stein gehauene Treppe führt steil und endlos hinunter in das Gewölbe, in dem uns Dämmerung, Kühle und Stille empfängt. Einem riesigen unterirdischen Labyrinth ähnlich, ziehen sich die langen Gänge unter dem Nürnberger Stadtgraben dahin. Kein Laut von draußen dringt in diese geheimnisvolle Welt, weder das Brummen der Flugzeuge, noch die Einschläge der Bomben. Nichts. An rauen Wänden entlang stehen schmale Bänke, auf die wir uns, eng nebeneinander gepresst, setzen. Die Zeit wird uns lang, wir lauschen und hoffen auf irgendwelche Zeichen. Irgendwann dürfen wir den Bunker wieder verlassen. Tapfer stapfen wir, eine hinter der anderen, die Treppe hoch. Was uns erwartet wissen wir nicht.

Die Tür zum Bunker öffnet sich nur langsam, wir schrecken zurück.
Stockdunkle Nacht umfängt uns, beißender Qualm hüllt uns ein und raubt uns in Sekundenschnelle den Atem. Am Himmel hängt eine dicke Wolke aus schwarzem Rauch, an allen Ecken brennt es lichterloh. Menschen irren weinend umher.
Wir stehen wie versteinert. Meine Augen brennen, ich bekomme kaum Luft, möchte fortlaufen, irgendwohin, doch meine Beine versagen ihren Dienst. Einige Sekunden lang stehe ich auf der Stelle und starre auf das Feuer, das sich unaufhaltsam seinen Weg bahnt. Die Flammen züngeln höher und höher. Der Funkenflug trägt die Brände weiter, binnen weniger Augenblicke verwandeln sich die Fassaden der Häuser in eine einzige Feuerwand. Meine Augen wollen sich von diesem Anblick nicht lösen. Doch plötzlich ein Gedanke, wie sieht es zu Hause aus? Meine Beine funktionieren wieder. Ich renne los. Die Straße ist nur schwer begehbar, Berge von Schutt versperren mir immer wieder den Weg.
Menschen schleppen Möbel aus brennenden Häusern, ein Mann stellt einen Käfig auf die Straße, beinahe stolpere ich darüber. Der Papagei schreit und plustert seine Federn. Kinder weinen, umklammern Spielzeug, stehen den Helfern im Weg und werden herum geschubst. Atemlos haste ich weiter. Fensterscheiben bersten, Glassplitter fliegen wie Dolche durch die Luft. Mitten auf dem Weg liegt ein Toter, keiner kümmert sich darum.
In einem Geschäft, an der Ecke, sind Plünderer zu Gange. Mit Armen voller Lebensmittel wollen sie gerade wegrennen, da versucht ein Mann die Diebe aufzuhalten. Es kommt zu einer lautstarken Schlägerei. Eine Tüte fällt zu Boden und platzt. Im Nu werfen sich Frauen darüber und kämpfen um Erbsen, die über die Pflastersteine kullern.

Langsam komme ich unserem Wohnviertel näher, hier treffe ich auf Häuser, die zur Hälfte abgeschnitten sind. Betten, Tische und Schränke hängen in der Luft, eine Badewanne hat den Absturz halb überlebt. Und immer wieder Menschen, die verzweifelt in den Trümmern nach irgendetwas suchen. Was wird mich erwarten? Meine Gedanken rasen. Leben meine Eltern noch? Nichts wie weg von den Schreien, den Flammen, dem Geruch des Todes. Rennen! Rennen!

In der Straße, in der ich wohne, herrscht Stille. Unser Haus ist verschont geblieben. Einen Augenblick lang bleibe ich stehen, mein Atem geht keuchend, meine Knie zittern. Langsam steige ich die Treppe zu unserer Wohnung hoch, meine Mutter kommt mir entgegen, schließt mich in die Arme und weint. „ Gott sei Dank“, flüster sie, „ich habe mir solche Sorgen gemacht.“
Jetzt sehe ich, dass die Wohnungstür aus den Angeln gerissen ist, sie liegt quer vor dem Eingang, ich muss darüber steigen. In den Räumen sind Fenster zerborsten und Lampen vom Luftdruck quer durch die Wohnung geschleudert worden. Im Wohnzimmer finde ich meinen Vater. Wie erstarrt steht er am offenen Fenster, an dem Schwaden von Rauch vorüber ziehen. Er sagt kein Wort. Der Himmel über der Altstadt leuchtet in einem glühenden Rot.
„Papa, der Himmel brennt!“, rufe ich.
Da legt mein Vater schweigend den Arm um mich.

 

Hej Amelie,

was für ein Szenario und das vor dem Frühstück. Du beschreibst einen Albtraum und das, obwohl es nur einen Vormittag in einer Zeit betrifft, von der ich froh bin, sie nicht erlebt haben zu müssen.

Trotzallem hat mir die Geschichte gefallen. Sie war kurz und bildhaft. Ich konnte alles erkennen, gewann eine Vorstellung von einem Schultag, wie er leider heute noch von Kindern auf der Welt erlebt werden muss.

Einen freundlichen Gruß. Kanji

 

Mädcheninternat meets Landser,

1944. Es ist Sommer geworden, das ganze Land stöhnt unter der Last des Krieges, der unseren Alltag bestimmt. Am Tag und in der Nacht heulen die Sirenen, feindliche Flugzeuge werfen tonnenweise Luftminen, Sprengbomben, Brandbomben und Phosphorkanister auf die Zivilbevölkerung.

Ja, die bösen Alliierten, warum tun sie das bloß der armen deutschen Zivilbevölkerung an! In meinen Ohren dröhnt da schon der Revisionismus zwischen den Zeilen. Passt natürlich hervorragend in die heutige Zeit.

Die Zeit wird uns lang, wir lauschen und hoffen auf irgendwelche Zeichen.

Mädels im Bunker. Wie sie so sind. Von Angst keine Spur.

Amelie, das ist ein Schwank, mehr nicht, es tut mir sehr leid. Für mich ist das auch keine Kurzgeschichte, sondern eine Nacherzählung, die wirklich extremst gestrafft ist. Keine Szene, kein Dialog. Mich würde mal interessieren: Wie war es denn tatsächlich in so einem Bunker? Meine Oma hat da immer ganz andere Sachen erzählt. Du verschenkst nicht nur ungemein Potential alle drei Sätze, und das so einem Maße, dass ich mich fragen muss: Warum hast du diese Geschichte geschrieben? Was soll sie uns sagen?

Gruss, Jimmy

 

Hallo Amelie,

das ist natürlich ein schreckliches Szenario, dass du da beschreibst. Und deine Beschreibungen fallen da ja noch sehr "harmlos" aus, wenn man sich mal vor Augen führt, was massive Großflächenbombardements mit dem extrem hohen Einsatz insbesondere von Brandbomben und Phosphorkampfstoffen in zivilen Zielgebieten verursacht haben.
Bei derartigen Kampfmitteln waren die Wirkeffekte bei Menschen ausgesprochen verheerend und kaum in Worte zu fassen. Insbesondere, da sehr viele Bunker und Luftschutzanlagen keineswegs derartigen Schutz boten wie die befestigten Wehranlagen in deiner Geschichte. Den meisten Bewohnern blieb im Endeffekt nur der Keller im eigenen Wohnhaus, und dieser bot oftmals unzureichenden Schutz vor Bomben- und Brandwirkungen. Und unzählige Menschen, die den direkten Explosionen und Bränden entkamen, wurden verschüttet, sind erstickt oder wurden noch im Nachhinein ein Opfer von Einstürzen oder starben aufgrund völlig unzureichender medizinischer Hilfe.
Wie gesagt - ein schreckliches Bild, dass man wohl in seiner gesamten furchtbaren Tragweite nicht beschreiben kann.
Aber auch ich frage mich, warum du uns denn diese Geschichte bzw. Episode erzählst? Willst du gegen ein Vergessen ankämpfen? Oder den Leser daran erinnern, dass Krieg schlecht ist?
Ich stimme Jimmy dahingehend zu, indem ich mich dasselbe frage wie er. "Revisionismus" würde ich dir jetzt nicht vorwerfen, weil du ja einfach nur die schreckliche Situation der deutschen Zivilbevölkerung während der Bombenangriffe beschreibst, und das sind nun einmal Tatsachen. Du wirfst hier ja nicht die Frage nach "Schuld" oder "Angemessenheit" auf, sondern schilderst "nur".
Dennoch fragen ich mich auch, was du uns sagen willst? Klar, angesichts "Gute Zeiten,schlechte Zeiten", "Big Brother" und "Dschungelcamp" kann man manchmal am Verstand der heutigen Generationen zweifeln;), aber ich bin andererseits auch kein Freund der ständig hervorgekramten Gebetsmühlen und "Gegen das Vergessen"-Kampagnen. Dafür haben wir leider viel zu viele aktuelle Probleme auf der Agenda.

Grüße, Eisenmann

 
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Hej,

diese Kritik wirft mehrere Fragen auf.

Muss eigentlich eine Geschichte, die auf deutsch geschrieben ist, automatisch in Deutschland spielen? Könnte diese nicht ebenso in England oder Frankreich angesiedelt sein? Oder kann der Fachmann das anhand der abgeworfenen Munition erkennen?

Zum anderen muss die Emotion des Lesers bedient werden? Meistens nehme ich einen Satz in einer Geschichte hin. So. Haben die Mädels im Bunker 1944 eben keine Angst. Vielleicht saßen sie schon zu oft hier. Vielleicht wird auch solche Situation Routine und es gibt Tage, da versteckt sich die Angst, weil man über viele Jahre eben nicht permanent Angst spüren kann. Sicher gibt es darüber eine andere Geschichte. So denke ich eben oft, wenn ich lese.

Ist ein Schwank nicht eine lustige Geschichte?

Braucht eine Geschichte immer Dialoge?

Und darf eine Geschichte nicht jedem Leser etwas anderes sagen? Der eine erinnert sich gemeinsam mit dem Schreiber an vergangene Zeiten, der andere denkt überhaupt mal wieder an diese Zeit.

Wäre ich nicht hier, hätte ich sie auch nicht gelesen. Und es gut, denn sonst neige ich dazu, auf ähnliche Geschichten zurück zu greifen. Ich würde auch keine über das Milieu der Upperclass lesen oder über stellvertretenden Kindergärtner oder Zukunftsutopien.

Ich werde achtsam bleiben.

Gruß, Kanji

Oh, mit "diese Kritik" meine ich die, meines "Vorredners" :D

 

Zum anderen muss die Emotion des Lesers bedient werden?

Der ganze Text ist eine einzige Rührseligkeit. Das ist ja das Problem. Das klingt, als sei der Bunker eine Sommerfrische gewesen, ein Abenteuer. Huch!

Falls du mich jetzt direkt ansprichst, Kanji: Ich äußere mich normalerweise nicht zu Kritiken, die andere Kritiken kritisieren, weil ich denke, wir sollten beim Text bleiben und keine ursächliche Diskussion lostreten, nichts Fundamentales. Das macht man in anderen, speziellen threads.

Nichts für ungut.

 

Hallo AmelieS!

Danke für die authentische Erinnerung aus der Stadt, in der ich geboren wurde und aufgewachsen bin. Ich bin Jahrgang 1958, und die Wunden, die Nürnberg empfangen hatte, habe ich äußerlich nicht wahrgenommen: Burg und Stadtmauer waren in meiner Kindheit bereits liebevoll wiederhergestellt und so gut wie alle Trümmergrundstücke wieder bebaut. Doch seelisch verheilt solch ein kollektives Trauma nicht so schnell, sondern wird an die Kinder vererbt und treibt uns noch heute um. Ich habe viel von Freud gelernt und kann vom Stadtpunkt der Psychoanalyse nur sagen:

Traumata dürfen nicht verdrängt werden. Man muss über sie reden. Nur so ist Heilung möglich. Denn das Verdrängte ist ja nicht weg, sondern im Unterbewusstsein, wo es weiter schwelt und schadet und heilender oder lindernder Einwirkung entzogen ist.

Für das Herzstück deiner Geschichte halte ich natürlich den Satz:

Papa, der Himmel brennt!

Ein Erwachsener, der sich bemüht, Fassung zu wahren, hätte vielleicht gesagt:

Die Altstadt brennt!

oder

Nürnberg brennt!

Aber Kinder können noch nicht so gut lügen wie wir Erwachsenen. Kinder (und Betrunkene) sagen die Wahrheit! Der Himmel ist seit uralten Zeiten im Denken und Fühlen der Menschen Sitz Gottes oder der Götter, bei den Griechen zum Beispiel der Olympischen Götter. Und wenn der Himmel brennt, ist es nicht nur der Untergang einer Stadt oder eines Staates, sondern der Welt. Und dieser Satz: "Der Himmel brennt!" aus Kindermund erinnert mich daran, dass die damaligen Ereignisse als apokalyptisch empfunden wurden: eine Welt ist für die damaligen Deutschen zusammengebrochen, nicht nur eine Staatsform. Ich muss an den so nüchternen und sachlichen griechischen Geschichtsschreiber Thukydides denken, der angesichts des Untergangs seiner geliebten attischen Heimat erschüttert von panolethria, von Alluntergang sprach. Thukydides hat trotz seiner Liebe zur Heimat natürlich klar dargestellt, dass des die eigene Hybris war, die die Athener in den Untergang führte. Was ja auch für das Dritte Reich galt.

Deine Geschichte hat mir dieses damalige Gefühl der panolethia wieder lebendig gemacht.

Grüße
gerthans

 

Hallo AmelieS,

erinnern ist schmerzhaft und heilsam zugleich. Sich erinnern muss erlaubt sein, und ich freue mich, wenn auch ein deutlich jüngerer Mensch bereit ist, sich auf die Erinnerungen andere einzulassen. Bomben fielen auch auf meine Heimatstadt und ich habe die Einschläge - wie mir immer wieder berichtet wurde - als einjähriges Baby mit "bumm ...bumm" kommentiert. Ist das jetzt ein Schwank? In der Begegnung mit kleinen Flüchtlingskindern erlebe ich zur Zeit, wie Verluste und Ängste sich in manchmal absurd erscheinender Komik entladen.
Ich finde deine Erinnerungen wichtig.

Gruß wieselmaus

 

Muss eigentlich eine Geschichte, die auf deutsch geschrieben ist, automatisch in Deutschland spielen? Könnte diese nicht ebenso in England oder Frankreich angesiedelt sein? Oder kann der Fachmann das anhand der abgeworfenen Munition erkennen?

Abgesehen davon, dass ein Fachmann durchaus anhand abgeworfener Munition erkennen kann, aus welchem Land diese stammt bzw. welche kriegführende Nation diese verwendet, wird hier in der Geschichte von der Bombardierung "Nürnbergs" gesprochen. Und mir war/ist nicht bekannt, dass es 1) ein "Nürnberg" in Frankreich oder England gibt, und 2) dass dieses 1944 zerbombt wurde.:D

 
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Hallo Kanji, noch vor dem Frühstück hast du meine Geschichte gelesen. Ich danke dir für die Zeit, die du meiner Erinnerung geschenkt hast. Kurz und bildhaft, dass mir das gelungen ist, freut mich sehr.
Und etwas später wirst du mutig. Du widersprichst einem meiner Kritiker, das hat mich beeindruckt.

Meine Geschichte ist keine Kurzgeschichte, sondern eine biografische Erzählung. Ich veröffentliche gerade mein erstes Buch: Meine Kindheit im zweiten Weltkrieg. Neben einigen lustigen Erinnerungen gibt es eben auch solche, in denen der Krieg spürbar wird.

Ein Schwank? Ich habe gegoogelt: „ Er dient nicht der Verspottung wie die Komödie, nicht der großen Heiterkeit wie das Lustspiel, nicht der derben Ausgelassenheit wie die Posse, sondern er bietet leichten Humor, harmlose Heiterkeit ohne Problematik, unbeschwerte Fröhlichkeit.“ (Wikipedia)

Danke, Kanji, man liest sich!

Hallo gerthans, ein Stückchen Zeitgeschichte wurde wieder lebendig. Ich danke dir sehr für deinen eindrucksvollen Kommentar zu meinem Text. „Papa, der Himmel brennt“, ist ein wichtiger Satz. Dass es sich um meine Biografie handelt, hast du sicher erkannt. Vielleicht begegnest du in meiner Biografie, die in Nürnberg spielt, Straßen und Plätzen, die dir bekannt vorkommen.
Liebe Grüße!

Hallo Eisenmann, warum habe ich heute Nacht diese Geschichte hier eingestellt? Warum stellen wir überhaupt bei den Wortkriegern unsere Geschichten vor und hoffen auf Antworten?

In diesem Fall handelt es sich um meine Biografie. Ich habe die gesamte Zeit des Krieges in einzelne Erlebnissen zusammengefast. Immer aus der Sicht eines Kindes.

Ob man sich mit der Vergangenheit beschäftigen will oder nicht, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Es liegt mir fern Mitleid zu wecken, oder die jungen Leute zu belehren. Mein Anliegen ist es zu zeigen, wie ein ganz normales Mädchen damals die Zeit des Krieges erlebte und überlebte. Zu zeigen, dass wir fröhliche Kinder waren mit all den alltäglichen Freuden und Leiden und wie Hitler es nicht geschafft hat, unsere Kinderträume zu zerstören.

Vielen Dank fürs Lesen und für deinen Kommentar!

Liebe wieselmaus, ich freue mich, dass du meine Geschichte gelesen hast. Herzlichen Dank!
Nein, das ist kein Schwank, das ist eine Erinnerung aus meiner Schulzeit und dass du denkst, erinnern muss erlaubt sein, gefällt mir sehr.
Liebe Grüße!

Und nun zu dir, Jimmy. Toll, dass du meine Geschichte gelesen hast, ganz besonders, dass du dein Versprechen gebrochen hast, dich aus meinen Geschichten heraus zu halten. Ich gebe zu, dass meine Atmung tiefer wird, dass sich mein Pulsschlag erhöht und mein Herz schneller schlägt, wenn ich deine charmanten Kommentare lese. Ich habe ein Mittel gegen einen drohenden Herzstillstand gefunden, ich trinke einen Schnaps, oder zwei, bevor ich dir antworte.

So fällt es mir in diesem Zustand auch nicht schwer, mich bei meiner Geschichte auf einen Schwank einzulassen. Wie lustig und erheiternd, wenn die ganze Stadt brennt und Menschen sterben. Ein tolles Bild, passt zu Karneval. Vielleicht war dies auch der Grund, warum ich die Story gerade jetzt gepostet habe.

Helau und Alaaf!

Fröhliche Grüße!
Amelie

 

Neben einigen lustigen Erinnerungen gibt es eben auch solche, in denen der Krieg spürbar wird.

Abschließend, Amelie, dann lasse ich dich und dein Werk wirklich ein für alle Mal in Frieden: Ich spüre hier nichts vom Krieg, in diesem Text. Das klingt wie ein Ausflug eines Mädcheninternats in einen Bunker, heissa, ein wenig Abenteuer! Fliegeralarm!

Meine Geschichte ist keine Kurzgeschichte, sondern eine biografische Erzählung.

Was macht sie dann hier? Dann fliegen dir doch deine eigenen ewig wiedergekäuten "goldenen Regeln" um die Ohren, wie eine Kurzgeschichte zu sein hat.

Du widersprichst einem meiner Kritiker, das hat mich beeindruckt.

Mich beeindruckt, wie resistent du gegen Textarbeit bist und bleibst.

 
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Hallo Jimmy, dass dieses Forum Wortkrieger heißt, bedeutet sicher nicht, dass wir uns gegenseitig mit Wörtern bekriegen sollten. Nicht auf das, was wir an Kritik hervorbringen kommt es an, sondern auf das WIE. Eine Kritik kann sowohl ehrlich und freundlich sein, als auch irritierend und respektlos.

In der Beurteilung meiner Geschichte bist du von der Vorstellung ausgegangen, dass Kinder, die man in einen Bunker schickt, vor Angst zittern und weinen. Das Bild, das du dir von uns Kindern im Krieg machst, ist falsch. Wir haben genauso gespielt und gelacht, wie die Kinder in Friedenszeiten. Der Unterschied bestand in Stunden, in denen wir in unserem häuslichen Luftschutzkeller saßen und um unser Leben zitterten. Da hatten wir tatsächlich Angst, wenn die Bomben einschlugen. Und dass wir mit einem trockenen Stück Brot unseren Hunger stillen mussten oder dass wir keine Kohlen hatten, um die Öfen im Winter zu heizen.

Es ist ein Unterschied, in einem häuslichen Luftschutzkeller zu sitzen oder in tiefen Katakomben, unter der Burg. Dorthin dringt kein einziger Laut, keiner weiß, was oben gerade passiert.

Bei Voralarm wanderten sämtliche Klassen der Oberschule zu diesem Bunker. Voralarm bedeutete, dass Flieger gesichtet wurden. Ob sie die Stadt erreichen, oder nur überfliegen, konnte keiner wissen.
Wenn die Flieger verschwunden waren, gab es einige Zeit später Entwarnung
Beim Erreichen der Bomber des Stadtgebiets, ertönte Fliegeralarm. Jetzt sollten alle Menschen Schutz gesucht haben. Nach dem Bombenangriff gab es ebenfalls Entwarnung. Ein lang gezogener Sirenenton.

Ich erinnere mich, dass ich während meiner Schulzeit, in dieser Schule, jeden zweiten Tag mit meinen Schulfreundinnen und der ganzen Klasse, zu diesem Bunker geschickt wurde. Wir gingen geordnet in zweier Reihen. Oft kam nach kurzer Zeit wieder Entwarnung. Dann liefen wir in die Schule zurück.
Ein Ausflug in den Bunker bedeutete Unterrichtsausfall. Wir waren normale Schülerinnen und fanden das nicht wirklich schlimm. Während des Wartens auf die Entwarnung, beschäftigten wir uns mit Fingerspielen, wir sangen Lieder, lasen uns Geschichten vor oder erzählten uns etwas. Im Grunde war es langweilig. Zu keiner Zeit wollte ich die Schrecken des Krieges an diesem Bunker fest machen. Nach dem Krieg mussten wir alle die letzte Klasse wiederholen.

Der Schwerpunkt meiner Geschichte ist der Heimweg durch ein Flammenmeer. Dieses Erlebnis wiederholte sich nicht, aus diesem Grund ist es mir in Erinnerung geblieben.

Jimmy, ich habe dir deine Frage beantwortet, wie es denn nun wirklich in diesem Bunker zugegangen ist. Ich hoffe, dir ein Stück Zeitgeschichte näher gebracht zu haben.

Amelie

 

Ich hoffe, dir ein Stück Zeitgeschichte näher gebracht zu haben.

Die brauchtest du mir sicher nicht näherbringen. Nichts für ungut, aber ich verlass mich lieber auf die Erzählungen meiner Großeltern.

 

Schön, Jimmy, wenn du Großeltern hast, die dir erzählen können, wie wir Kinder damals gelebt haben.

Es gibt ein wunderbares Buch, in dem auch eine meiner Geschichten veröffentlicht ist.

"Erzähl doch mal ..." Omas und Opas erzählen Geschichten aus Kindertagen. Die Rheinische Post rief zu einem Wettbewerb auf, bei dem die schönsten Einsendungen veröffentlicht wurden.

Meine Geschichte ist die von dem Geheimnis im Kleiderschrank. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich es in ein Buch geschafft habe.

Grüße!
Amelie

 
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Liebe Amelie,

Ich habe während mehreren Jahren eine Frau begleitet (sie ist kürzlich gestorben), die nie über die Schrecken des Krieges, die sie als Kind erlebt hat, hinweggekommen ist.

Deshalb finde ich es mutig von Dir, dass Du Deine Geschichte aufschreibst. Ich denke, damit kann man auch noch manches verarbeiten, was einem rückblickend schmerzt.

Da ich 1939 in der Schweiz geboren bin, kann ich das, was Du als Kind erlebt hast, nicht nachvollziehen. Aber beim Lesen Deiner Geschichte und auch wenn ich an die Kinder denke, die in Kriegsgebieten heute Ähnliches erleben, tut mir das Herz weh.

Liebe Amelie, ich danke Dir für den Einblick in Dein Leben.

Herzlich grüsst Dich
Marai

 

Liebe Marai, über deine liebenswerten Worte habe ich mich gefreut. Herzlichen Dank!

Es war mit eine Herzensangelegenheit, meine Erinnerungen aufzuschreiben und in ein Buch zu packen. Erinnerungen über Zeiten, in denen wir um unser Leben gebangt haben und Zeiten, in denen ich ganz einfach ein fröhliches Kind sein durfte. Ich hatte eine wunderbare Mutter. Sie war voller Optimismus und dem festen Glauben, dass die Zeiten wieder besser werden. Ich habe sie niemals jammernd oder klagend gesehen.

Ich weiß nicht, ob ich mutig bin. Vielleicht schon, wenn ich meine Geschichte hier veröffentliche.

Alles Liebe für dich!
Amelie

 

Hallo AmelieS!

Hier bin ich nochmal! Deine Geschichte aus dem Nürnberg des Krieges lässt mich nicht los.

Der Bunker, der die Schulmädchen vor dem apokalyptischen Terror schützte, lag offenbar so tief in dem bergenden Schoß der Mutter Erde, dass sie nichts, aber auch gar nichts von dem Bombardement mitkriegten. So konnte sich die kleine Erzählerin die heile Welt ihrer Kindheit bis in diesen Bunker hinein wahren. Und an dieser - illusorischen - Aufrechterhaltung der heilen Welt stört sich Jimmy, er hält sie für unrealistisch:

Das klingt, als sei der Bunker eine Sommerfrische gewesen, ein Abenteuer. Huch!

Mädels im Bunker. Wie sie so sind. Von Angst keine Spur.

Ja, so sind die Mädels! Ja, so sind wir Menschen alle! An unserer heilen Welt der Kindheit mit ihrer Unbeschwertheit wollen wir festhalten, so lange es geht - auch wenn diese heile Welt wie damals in Deutschland längst schon illusorisch ist.

Amelies Geschichte erzählt also von der möglichst langen Aufrechterhaltung der heilen Kinderwelt, aber auch von ihrem Ende, einem Ende, das so abrupt, so brutal war, dass es ein Kind überfordern kann: Als sie mit den anderen Mädchen aus dem Bunker entlassen wird. Da widerfährt ihr, was Jimmy so ausdrückt:

Mädcheninternat meets Landser

Ja, die heile Welt des Lyzeums, des Mädchengymnasiums, deren Besucherinnen aus der Oberschicht kamen, deren heile Mädchenwelt also noch ein Stück besser von der rauen Wirklichkeit abgeschirmt war als die proletarischer Mädchen, diese heile Welt "höherer Töchter" wird doch noch mit der Welt der Landser, mit dem schmutzigen, mörderischen Krieg konfrontiert.

Dieses Auftauchen aus dem bergenden Schoß des Bunkers in die feindliche Außenwelt erinnert an das Drama der Geburt: Das Kind verlässt den Mutterschoß und ist der Welt mit ihren Kränkungen urplötzlich ausgesetzt. Im Idealfall gestalten die Eltern diesen Übergang schonend, indem sie das Kind umhegen und vor allzu brutalen Konfrontation mit der Welt zunächst noch behüten. Bei Amelies Ich-Erzählerin funktioniert das nicht: Sie erlitt, was so viele deutsche Kinder in Krieg und Nachkrieg erlitten: Das verfrühte, traumatische Ende der Kindheit.

So, das musste ich noch loswerden!
Grüße
gerthans

 
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Hallo Amelie,
einmal wollt ich es auch nochmal probieren, etwas Kritisches zu deiner Geschichte anzumerken - auf die Gefahr hin genauso abgeschmettert zu werden wie jimmy und eisenmann. Sehr elegant und diplomatisch-höflich zwar, aber eben abgeschmettert. Immer findest du eine Geschichte, die irgendwo veröffentlicht worden ist, irgendwas erscheint immer in einem Buch, das ist erfreulich für dich, als wird dadurch irgendetwas richtig, nur weil jemand es veröffentlicht oder es auf Seiten gedruckt ist? Eine Arbeit an deinem Text wäre eine Verschlimmbesserung, du hast ein Literaturstudium genossen oder die Erlebnisse sind eben so erlebt - und damit jeglicher kritischer Kommentierung oder Überprüfung entzogen. Du machst alles, was du schreibst, unantastbar. Ja, so empfinde ich deinen Umgang mit Kritikern. Nicht nur hier. Mich persönlich macht das oft sehr nachdenklich. Es hat dazu geführt, dass ich mich aus der Diskussion weitgehend heraushalte.
Hier mag ich aber trotzdem noch mal was sagen.
Meine Mutter ist 94 Jahre alt und sie verliert ihr Gedächtnis - und sie merkt das Sekunde für Sekunde. Sie hat mir früher unendlich viele Geschichten erzählt, nun gehen all diese Geschichten verloren.
Ich kann von daher das Bedürfnis, solche Geschichten - seine Biographie eben - festhalten zu wollen, sehr sehr gut verstehen. Gleichzeitig ist es doch aber so, dass Erinnerung, Gedächtnis immer wieder einer Reflektion, sogar einer Veränderung unterzogen wird, das geschieht zum Teil völlig unbewusst, indem man die Erinnerungen naher Personen übernimmt und mit den eigenen Erinnerungen verknüpft (das sind Ergebnisse der Gedächtnisforschung), man "verfälscht" also ein Stück weit die eigenen Erinnerungen. Sie werden geglättet, abgeschliffen oder zu Bergen aufgetürmt. Und zum Teil geschieht diese Reflektion völlig bewusst. Als Auseinandersetzung mit einer traumatischen Erfahrung, als Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte, mit dem, was man selbst in dieser Zeit getan, gedacht oder geglaubt hat.
Auch in deinem Kommentar spüre ich letzteres, wenn du beispielsweise sagst, es sei dir wichtig zu "zeigen, dass wir fröhliche Kinder waren mit all den alltäglichen Freuden und Leiden und wie Hitler es nicht geschafft hat, unsere Kinderträume zu zerstören."
Und gleichzeitig merke ich, wie du dich richtiggehend weigerst, deine Erinnerungen irgendeiner kritischen Sichtung, einer Nachdenklichkeit, einer kritischen Reflexion zuzuführen.
Ich will sagen, Hitler kommt in deinen Geschichten gar nicht vor. Da kommen keinerlei politische Auseinandersetzungen vor, kein Streit, keine Judenverfolgung, keine Überlegung des Vaters oder der Mutter vielleicht, in die Partei einzutreten..
Natürlich ist die kindliche Erinnerung eine andere als die der Erwachsenen, das heißt, wenn man aus der Sicht des Kindes schreibt, bleiben viele Ereignisse diffuser, mehr von einer kindlichen Angst geprägt, aber literarische Beispiele dafür, wie gesellschaftliche Entwicklung sind in kindlichen Ängsten spiegeln gibt es so viele.
In deinen Geschichten, ich schließ mal die Oma-Geschichte ein, hat das Mädchen zwar Angst vor den Bomben oder Angst um dei Mutter oder hier, weil die Stadt brennt, aber warum die Bomben fallen, was dahinter steckt, das scheint dieses Kind nicht zu interessieren. Du als erwachsene Autorin hast doch aber die Möglichkeit, vieles von dem, was anfangs vielleicht unverstanden oder nur halb verstanden war, jetzt einzuordnen. Du kennst doch die Hintergründe, warum hältst du das alles so akribisch raus? Sowohl das Gedankengut der damaligen Zeit, als auch die tatsächlichen Ereignisse.
Ich mach ein Beispiel: Genauso wie Jimmy fiel mir auch auf, dass die Mädchen als Schülerinnen keinerlei Angst in dem Bunker hatten. Das hat mich ziemlich gewundert. Aus Erzählungen vieler älterer Menschen oder auch aus recherchen, Dokumentationen und sonstwas weiß ich, dass nicht sehr viele die Möglichkeit hatten, in einem so sicheren Bunker zu sein. Die Mädchen, die in diesen Bunker geführt wurden, die müssen eine ausgesprochen bevorzugte Situation gehabt haben. Ist dir das denn nicht klar? Aber auch das wird nie thematisiert, dass die Mädchen offensichtlich zu einer ausgesprochen privilegierten Schicht gehört haben. Von irgeneiner Klassenlage lese ich da jedenfalls nichts.
Das ist so ziemlich heile Welt, in die dann auf einmal der böse Krieg, der vom Himmel gefallen ist, einbricht.
In beiden Geschichten gibt es Kinderfreude und Kinderangst, aber dabei bleibt es dann auch.
Der Krieg passiert einfach, fällt fast vom Himmel, ein bisschen Hunger haben sie zwar auch gehabt, aber eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Ereignissen, warum man beispielsweise solche Privilegien genießt, zeitgeschichtliches Auseiandersetzungen in Medien und wie das auf das Kind wirkt. All das fehlt völlig. Kindheit ist da wie ein unangreifbarer Kokon, den nur der Krieg dann aufbrechen kann. Was ist die Botschaft des Textes? Und glaub mir, jeder Text hat eine. Die hier ist: Krieg ist aber gemein.
Deinen biographischen Texten fehlt jede politische Dimension. Aber: Jede literarische Entscheidung erzeugt auch eine Wirkung. In diesem Text ist das, so sehe ich das leider, Anpassung und Affirmierung. Mit der Botschaft Krieg ist gemein lässt sich hervorragend das nächste Feindbild und der nächste Krieg erzeugen. Ich rede hier, um nicht missverstanden zu werden, nicht von deiner bösen Absicht, die hast du nicht, das weiß ich wohl, ich rede nur von der Wirkung, die sich durch literarische Entscheidungen einstellt.
Dieses Affirmative, das hat mir an deinem Text leider überhaupt nicht gefallen. Aber ich weiß natürlich, dass das Geschmackssache ist oder eben eine Frage der Entscheidung.
Viele Grüße von Novak

 

Guten Morgen, gerthans, erfreulich, dass du noch ein wenig über meine Geschichte nachgedacht hast. Und erfreulich, dass du dich auf meine Erinnerungen einlassen wolltest. Du hast erkannt, dass Kinder mit dem Krieg anders umgegangen sind, als Erwachsene.

Es gibt eine Geschichte, da war unsere Wohnung, nach einem Angriff, sehr ramponiert. Die Fenster zersplittert, die Türen aus den Angeln gehoben und die Lampen durch die Wohnung geflogen. Es war mitten in der Nacht, wir wussten nicht, wo wir schlafen sollten. Da kam eine Nachbarin, aus dem Erdgeschoss, und lud mich und meine Schwester ein, die Nacht in ihrer Wohnung zu verbringen. Es kamen noch andere Kinder aus dem Haus dazu, deren Wohnung ebenfalls sehr beschädigt war. So lagen schließlich fünf Kinder in ihrem Ehebett, dicht an dicht. Es waren auch Jungens dabei. Schließlich fingen zwei von den Kindern zu lachen an. Das war so ansteckend, dass wir schließlich alle lachten und uns den Schrecken dieser Bombennacht von der Seele lachten.

Danke dir, gerthans und liebe Grüße!

Liebe Novak, auch dir einen schönen guten Morgen! Deinen Kommentar und deine Kritik an meinen Erinnerungen, habe ich mit Interesse gelesen. Das Buch, das du von mir erwartest, wollte ich niemals schreiben. Als der Krieg ausbrach, war ich noch keine sechs Jahre alt. Als er endete, elf. Die Hintergründe des Krieges konnte ich nicht verstehen, über Adolf Hitler wusste ich, dass man über ihn nichts Schlimmes sagen durfte, in der Schule sprachen wir davon, dass der Krieg bald vorüber sei, weil unsere Soldaten tapfer für uns kämpften. Die Juden habe ich in meinem Buch nicht vergessen. Der Judenstern fiel mir auf und die Frage: was ist Blutschande.

Natürlich habe auch ich einigen Verlagen mein Manuskript geschickt. Ein älterer Verleger, der sich mit Zeitgeschichte befasst, hat mir folgendes geschrieben:


"Ich habe mir Ihr Manuskript, eigentlich ja Ihre Erinnerungen an den zweiten Weltkrieg durchgelesen. Auffällig an dem Buch ist, dass es ein wirkliches Mädchenbuch geworden ist und auch heutigen Mädchen wird auffallen, dass für Sie gar nicht das heute erinnerte Kriegsgeschehen wichtig war, sondern Erlebnisse wie sie jedes Mädchen zu allen Zeiten hat. Familie, Verwandtschaft, Schulklassen, Hausgemeinschaft – eben die Menschen mit denen man umgeht und die nun, in Ihrem Fall, durch den Bombenkrieg gehen mussten. Es ist eine wichtige Geschichte, die heutigen Kindern klarmachen kann, wie die ganz normalen Kinder damals den Krieg erlebt haben.
Insofern ist es natürlich ein Buch, das sich lohnt, veröffentlicht zu werden."

Ja, genau das ist meine Botschaft, nicht mehr und nicht weniger.

Liebe Novak, wenn ich hier veröffentliche, so ist mir sehr daran gelegen zu erfahren, wie meine Texte verstanden und aufgenommen werden. Ich freue mich, wenn meine Geschichten gelesen werden und ganz besonders, wenn mir ein Leser schreibt, wie der Text bei ihm ankommt. Ich bin dankbar für Hinweise auf Fehler und Ungereimtheiten. Dass ich nicht allen Empfehlungen, die den Inhalt meiner Geschichten betreffen, folgen kann, gebe ich gerne zu. Und wie ich bereits geschrieben habe, es kann nicht sein, dass ein Autor Herzschmerzen bekommt, weil ihn die harsche Kritik, die hier teilweise ausgeübt wird, in die Knie zwingt. Das betrifft nicht nur mich, wie man leicht nachlesen kann.
Wenn der Pulsschlag in die Höhe schießt, wenn man sich dem Rechner nähert, dann stimmt etwas nicht.

Mein Studium, das mir immer wieder vorgeworfen wird, warum auch immer, habe ich von 2004 bis 2006 erlebt. Ich schreibe erlebt, weil es eine tolle Zeit gewesen ist. Zwei Jahre lang habe ich gelernt, wie man eine Kurzgeschichte schreibt, wie eine Erzählung und wie eine Biografie. Dass ich meine Geschichten weiterhin nach diesen Erkenntnissen texte, sollte man mir nicht zum Vorwurf machen.
Jeder darf schreiben, wie er will. Ich will keinen belehren, doch für mich gelten andere Regeln, das sollte erlaubt sein.

Herzlichen Dank!

Liebe Grüße!
Amelie

 

Liebe Novak, vom Spaziergang mit dem Hund zurück, komme ich auf deine Kritik zurück. In der frischen Luft kann man gut nachdenken, und dein Text hat mich begleitet. Einige deiner Anmerkungen habe ich vernachlässigt, das fiel mir ein.

Du beginnst deine Kritik mit der Meinung, ich hätte Jimmy und Eisenmann abgeschmettert. Meine Antwort an Eisenmann war korrekt und ausführlich. Die Antwort an Jimmy, der Kritik angemessen. Später habe ich Jimmy eine Antwort auf seine Frage, bezüglich des Bunkers, geschrieben.

Deine Mutter ist 94 Jahre alt und verliert langsam ihr Gedächtnis. Das tut mir sehr leid!

Meine Mutter wurde 92 Jahre alt und hat bis zu ihrem friedlichen Tod Bücher gelesen. Das Altern verläuft nicht immer gleich. Wie wir selbst altern, wissen wir nicht. Doch ich kann dir versichern, dass ich mich in meinem Leben selten besser gefühlt habe, als zu dem jetzigen Zeitpunkt. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben angekommen, an dem ich denke, das Ziel erreicht zu haben. Alles was jetzt noch kommt, ist eine wunderbare Zugabe, für die ich von Herzen dankbar bin. Erst die Pflicht, jetzt die Kür. Das Leben ist schön!

Wobei ich beim Vergessen angekommen bin. In der Tat, ich suche meine Brille den ganzen Tag und stehe manchmal in einem Raum und weiß nicht mehr, was ich holen wollte. Ist das wichtig? Nein. Konzentriere ich mich doch besser auf Dinge, die noch immer funktionieren. Zum Beispiel das Langzeitgedächtnis. Wissenschaftlich erwiesen, erinnert sich der Mensch, auch im hohen Alter, an Ereignisse, die weit zurück liegen. Erinnerungen an Erlebnisse in seiner Kindheit.

Es braucht eine Zeit der Stille, um Gefühle von damals, lebendig werden zu lassen. Trauer, Schmerz, Angst und Freude, alles zusammen hoch holen und zulassen. "Mutig", schrieb marai, das trifft schon zu, wenn man bedenkt, welche Schätze wir in uns begraben haben, die beim Ausgraben nicht alle glänzen.

Du sprichst von "einer ausgesprochen privilegierten Schicht."

Mein Vater war Richter. In der Volksschule, wie sie damals hieß, saß ich auch mit ärmeren Kindern zusammen auf der Schulbank. Wir hatten ein Dienstmädchen. Das war so selbstverständlich, dass man nie darüber sprach. Heute sehe ich das natürlich anders. Eine meiner Freundinnen wohnte in einer Kellerwohnung, das war interessant. Meinen Freundinnen widme ich viele Seiten. Und meinen Fröschen, sowie dem Nachttopf der Großmutter, dem Leben eines Dienstmädchens, das entlassen wurde, weil es schwanger wurde und einem Juden, den man zu Tode verurteilt hatte. Meine Studienleiterin hatte mich ermutigt, dieses Buch zu schreiben. Es sind über 200 Seiten geworden. Ob die Texte jetzt besser sind, weil sie gedruckt sind, weiß ich natürlich nicht. Doch ich habe immer ein nettes kleines Geschenk zur Hand, über das nicht nur ich mich freue.

Liebe Novak, ich danke dir für dein Interesse!

Liebe Grüße!
Amelie

 
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