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Nichts Schlimmes

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16.03.2015
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Nichts Schlimmes

Ich stelle das leere Glas zurück auf die Theke und schüttle den Kopf, als der Wirt mir ein neues geben will. „Das wird schon wieder“, meint Hannes und stößt mich von der Seite an.
„Werde mir eine kleinere Wohnung suchen. Den Wagen verkaufen …", murmle ich.
„Abwarten. Bei mir hat's auch gedauert", sagt Hannes.
„Aber du warst wenigstens nicht allein.“ Mir schwirren Bilder im Kopf, wie Susi die schweren Koffer die Treppen hinunterträgt, sich nicht helfen lässt. Als sie weg war und ich mir einen Schluck genehmigen wollte, merkte ich, dass sie alle Flaschen in den Ausguss gekippt hat. Sie fehlt mir.
Ich stehe vom Hocker auf. „Ist wahrscheinlich besser so.“
„'n Absacker?"
„Nee, nee.“ Ich schaue auf meinen Bierdeckel, lege einen Zwanziger daneben. „Ich will 'n klaren Kopf behalten. Muss morgen in aller Herrgottsfrühe beim Amt antanzen“, sage ich, während ich in der Jackentasche nach dem Autoschlüssel wühle.

Das Mentholbonbon kühlt meinen Rachen, macht den Kopf frei. Ich kurble das Fenster herunter, atme ein, halte die Hand vor Mund und Nase, hauche aus – und nehme noch ein Bonbon. Dann schnalle ich mich an und gebe Gas.
Die Ampel wechselt von Gelb auf Rot. Einsame Gegend. Dunkel. Früher wäre ich rübergerutscht. Vor Susi.
Susi war vernünftig. Susi wollte Kinder. Als es kriselte, fing es an. Jetzt hab ich mich im Griff. Wenn dieses ständige Pochen im Kopf nicht wäre, das Verlangen.
Ich wühle im Handschuhfach nach der Wasserflasche, drehe sie auf. Der Schraubverschluss fällt auf die Fußmatte. Grünes Licht an der Ampel. Ich lege die Flasche auf den Beifahrersitz, biege ab, setze rasch den Blinker, fahre über den Bordstein. Zuerst ruckelt es, dann knirscht und knarzt es. Ich halte an, mache 'n langen Hals. Ein Poller. Ich habe einen dummen Poller umgenietet. Mist! Kann in die Hunderte gehen. Mein Führerschein!
Nachdem ich mich erneut umgeschaut habe, gebe ich Vollgas. Keiner hat mich gesehen.
Ich biege ab. Viel zu schnell biege ich ab. Egal. Nur weg hier!
Etwas kommt von links angerauscht. Ich bremse. Ein lautes Krachen am Kotflügel, ein Körper segelt über die Motorhaube. Der Gurt strafft sich und der Motor säuft ab. Neben dem Wagen liegt ein Fahrrad, leuchtet unter der Laterne grellgrün. Grellgrün, fluoreszierend. Ich steige aus, umrunde das Rad, bleibe vor der Motorhaube stehen, gucke vorsichtig hinüber. Eine Frau. Jeans, T-Shirt; lange Haare schauen unter dem Helm hervor. Sie liegt auf dem Bauch, die Arme angewinkelt.
Mein Herz pocht. Bewegt sie sich? Natürlich bewegt sie sich. Sie stützt eine Hand ab, hebt den Kopf in meine Richtung, die Augen hinter einer Fahrradbrille verborgen. Sie macht einen sportlichen Eindruck, hat den Sturz gut abgefedert. Ich sehe Ellenbogen- und Knieprotektoren. Wird nix Wildes sein. Ein paar Schrammen. Gleich steht sie auf und schiebt ihr Rad nach Hause.
Wie sie da liegt, kann sie das Nummernschild nicht gesehen haben.
Hau ab! Hau ab, hau ab!
Ruhe bewahren, an der nächsten Kreuzung abbiegen und verschwinden. Ab nach Hause. Sofort ins Bett. Vorher das Hemd bügeln, die Schuhe polieren. Morgen einen guten Eindruck machen.

Wochenlang habe ich die Gegend gemieden, bin Umwege gefahren. So ein Quatsch. Sie würden mich dran haben, wenn etwas Schlimmes passiert wäre, wenn sie das Nummernschild hätten. Jetzt komme ich wieder zum ersten Mal an der Kreuzung vorbei. Ich biege langsam ab, mustere die gegenüberliegende Seite. Da war es. Bloß ein paar Schrammen. Sicher geht es ihr gut. Zeit heilt Wunden. Stand nichts in der Zeitung.

„Guten Tag, Herr Schmidt“, begrüßt mich Herr Bergmann in seinem Büro und schüttelt mir die Hand.
„Hallo.“ Wir setzen uns.
„Haben Sie Fragen?“
„Was und wo liefere ich aus?“
„Eilige Kurierfahrten im Bankenviertel. Dokumente, Verträge, Akten. Ich bringe Sie erst mal zur Schichtleitung. Die Kollegin erklärt Ihnen die Routen und Sie sehen auch Ihr Gefährt.“

Wir betreten eine kleine Halle. An der Wand sind ein Dutzend Fahrräder vor Steckdosen aufgereiht. Grellgelbe Räder.
„Auffällige Farbe“, sage ich.
Vor einem Schreibtisch bleiben wir stehen, an dem eine Frau in Jeans und T-Shirt vor großen, bunten Straßenplänen sitzt. Der rechte Unterarm steckt in einer Schiene; ihr Zopf baumelt, als sie aufsteht.
„Das hier ist Frau Weber. Sie hilft derzeit bei der Routenplanung.“
Sie reicht mir die linke Hand. „Hallo.“
Ich erwidere den Gruß. Als ob sie meine Gedanken lesen könnte, sagt sie: „Nichts Schlimmes. In zwei, drei Wochen radle ich wieder.“
Mir steigt Hitze ins Gesicht.
„Bitte kommen Sie wegen des Vertrages zurück ins Büro, Herr Schmidt“, sagt Herr Bergmann und schaut auf die Uhr. „Ich muss meine Frau abholen. Sie möchte Sie auch gerne kennenlernen.“
Frau Weber tippt auf der Tastatur herum. „Ich drucke Ihnen die Routen aus. Dann können Sie die am Wochenende mal entlang radeln.“
Der Drucker rattert, spuckt bunte Seiten aus. Hinten öffnet sich das Rolltor, eine kalte Brise weht herein. Ein Transporter fährt rückwärts an die Rampe, ein Mitarbeiter schiebt einen Gitterwagen, ein Bulli rollt über den Hof. Ich werfe einen Blick über die gelben Räder. „Welches würde ich bekommen?“
„Kommen Sie mit!“
Ich folge Frau Weber in einen Anbau.

Grellgrüne Räder. Dutzende. Ich schlucke, bleibe kurz stehen.
„Eines von denen hier!“ Vor einem Rad bleibt sie stehen, deutet auf den Kasten, der am Gepäckträger montiert ist. „Den kann man leicht abmachen, wenn Sie privat fahren.“
Aus den Augenwinkeln blicke ich auf den geschienten Arm. War sie es? Doch, sie muss es gewesen sein. Die Statur stimmt. Sportlich. Die langen Haare.
Sie mustert mich. „Sind achtundzwanzig Zoll okay?“
Ich nicke und denke an mein Auto, das in einer Seitenstraße steht. Das Blech notdürftig ausgebeult. Besser, ich nehme erst mal den Bus. Erleichtert atme ich auf. Nichts Schlimmes! Am liebsten würde ich Frau Weber in den Arm nehmen.

„Finden Sie den Weg allein zurück?“, fragt Frau Weber und steckt mir die Routenpläne zu.
„Ja, danke.“ Ich schüttle ihr die Hand, lächle sie an.
Sie kommt näher. „Nehmen Sie sich vor der Alten in Acht. Sie war vorher schon ein Giftzahn.“ Dann schlägt sie mir auf die Schulter. „Bis bald. Würde mich sehr freuen.“
Vor der Bürotür bleibe ich stehen und klopfe an.
„Herein!“, ruft eine Stimme.
Herr Bergmann steht neben dem Schreibtisch. Auf dem Drehstuhl sitzt eine Frau, die in meinen Bewerbungsunterlagen blättert. Ihre Haare sind zu einem Dutt gebunden, das Gesicht ist blass. „Herr Schmidt – meine Frau. Maria, das ist Herr Schmidt.“
Frau Bergmann schaut auf, sagt: „Guten Tag.“
Ich trete näher, sehe die am Tisch angelehnten Krücken, zögere einen Moment, reiche ihr die Hand. „Hallo. Angenehm.“
Sie hält meine Hand fest, wechselt einen Blick mit ihrem Mann, sieht auf das Foto meines Lebenslaufs, schaut mir in die Augen.
Ich verlagere das Gewicht von einem Bein auf das andere, versuche, ihrem Blick standzuhalten. Sie lässt die Hand los. Ich verharre, spüre, wie meine Augen zucken, fahre mit der Zunge über meine trockenen Lippen.
„Kennen … kennen wir uns nicht?“, höre ich eine leise, entfernte Stimme.
Mein Kopf pocht, knirscht und knarzt. Mir wird kalt. „Ich glaube nicht“, sage ich. Das Dröhnen im Schädel wird lauter.
Sie fasst sich an den Kopf, die Stirn liegt in Falten.
„Schatz. Es ist noch zu anstrengend für dich“, sagt Herr Bergmann, streichelt ihr über die Schulter und nimmt den Vertrag in die Hand.
Ich wühle in meinen Jackentaschen. „Meine Lesebrille … Ich muss sie im Auto liegengelassen haben“, sage ich und will mich umdrehen.
„Wissen Sie was, Herr Schmidt? Ich gebe Ihnen den Vertrag mit. Schlafen Sie eine Nacht drüber und bringen Sie ihn morgen unterschrieben vorbei.“ Er schaut seine Frau an. „Was meinst du, Schatz?“
Frau Bergmann blickt langsam von ihren Beinen hoch, stützt das Kinn in die Hand und schaut mich an. „Würden Sie mir bitte meine Gehhilfen reichen, Herr Schmidt?“

 

Hallo Maria,

danke für deinen Besuch und den Kommentar, über den ich mich sehr beömmelt habe.

GoMusic schrieb:
Als sie weg ist und ich mir einen Schluck genehmigen will, merke ich, dass sie alle Flaschen in den Ausguss gekippt hat. Sie fehlt mir.

Erstens: Der Satz „Sie fehlt mir“ wirkt hier deplatziert, als hättest du es im Nachhinein eingefügt, damit es irgendwo Platz findet.

Zweitens: Er ist unnötig. Die Vorarbeit zeigt ja, dass er ziemlich fertig ist, über sie nachdenkt, säuft, ein Zeug murmelt, sich an sie erinnert, und das alles zeigt in meinen Augen ganz deutlich, dass er sie vermisst.


Ich finde, der Satz passt hier sogar ganz gut. Zeigt auch irgendwie den Widerspruch in seinen Gedanken bzw. das Auf und Ab im Gedankenflow auf.

GoMusic schrieb:
Etwas kommt von links angerauscht. Ein lautes Krachen am Kotflügel, ein Körper segelt über die Motorhaube. Ich bremse. Der Gurt strafft sich und der Motor säuft ab.

Kurzgehakte Sätze, die die Hektik beschreiben sollen, die auf diesen Effekt aus sind, und früher hätte ich gesagt, dass das okay ist, so muss es sein, aber dann habe ich „Leviathan erwacht“ gelesen, und seit dem weiß ich: Wenn die Spannung da ist, wenn die Geschichte einen reinwirft, braucht man keine kurzgehackten Sätze. Der Leser wird es selbst hektisch lesen. Kurz: unschön.
Ich habe in einer anderen Geschichte schon mehr kurze, abgehakte Sätze gebracht. Hier finde ich, sind es gar nicht so viele, sind so wohl dosiert :-)
Bist auch die Erste, die das anmerkt.

Zwei Mal komme. Da stimmt was nicht.
Danke. Ist geändert.

Du fieses Stück Scheiße! „Nehmen Sie sich vor der Alten in Acht.“ Und die Alte heißt Maria!!! Sag mir ja nicht, dass das nicht mit Absicht war!!! Oida, wäre ich so mutig wie im Internet, würde ich dich aufsuchen und dir die Beine brechen xD
Nö, war keine Absicht. Ist Zufall. Hätte ich den Namen bewusst gewählt, hätte ich deinen Klarnamen genommen :cool:
Zwecks Beinebrechen: Vielleicht sehen wir uns ja auch mal bei einem Wortkrieger-Treffen. Da können wird das noch näher erörtern :aua: :lol:

Was dann???? Ach so, du gehst, lieber @GoMusic, mit dem allgemeinen Flow hier und lässt das Ende weit offen.
Ja. Anders habe ich da Thema der Challenge auch nicht verstanden. Geht fast allen hier so.

Die Frau Schmidt nimmt die Krücken, schlägt damit Herrn Schmidt tot, überfällt den Prot, reißt ihm das Hemd auf und dann PawTschickiPawPaw. Meh.
Guter Vorschlag. Denke ich drüber nach für einen möglichen Horror-Remix der Story.

Als er die Fahrräder sieht, entfaltet sich die Vorarbeit und die Spannung wird richtig gut aufgebaut und ich will wissen, wie es weitergeht, was passieren wird, und dann kommt die Maria und ich bin da echt voller Erwartung und pufff. Fertig ist die Geschichte und der Leser soll sich die blöde Frage stellen: Was dann?
Gut, dass sich bei dir Spannung aufgebaut hat. Das freut mich.
Zum Thema habe ich oben schon was gesagt.

An anderer Stelle habe ich auch schon geschrieben. dass ich genug Ideen für ein anderes Ende, für eine erweiterte Version hatte, bevor die Challenge kam. Blame it on the challenge, dass das Ende so offen ist.

Danke für deine Zeit und die Auseinandersetzung.

Schade, dass du nicht eine eigene Geschichte zur Challenge geschrieben hats, in der du deinen ganzen Hass hättest reinstecken können :Pfeif:

Habe dich echt hier in der Challenge vermisst.


Hallo wegen,

Ich habe deine Geschichte gern gelesen
Das ist schon mal gut, wenn ein Kommentar so beginnt ;)

Generell zum Figurenaufbau des Herrn Schmidt:
Die Exfrau, die es nicht mehr aushält, der volle Bierdeckel im Stammlokal, das ständige Verlangen, die Arbeitslosigkeit, der griffbereite Mentholbonbon, bevor er betrunken ins Auto steigt und über allem die Verharmlosung/ Leugnung seines Alkoholproblems: Das alles passt genau ins Schema. Für mich passt das zu gut, weil es schablonenhaft für einen/den stereotypischen Alkoholkranken wirkt. Jedes einzelne „Symtom“ schreit nach Alki. Da könntest du für meinen Geschmack etwas weniger offensichtliche Hinweise geben, die erst zusammen gepuzzelt die Alkoholkrankheit erkennen lassen. Das fände ich stark.
Hui, du findest das zu viel ... Hat bisher noch keiner gesagt.
Ich denke, es kann sein, dass mir mit etwas mehr zeitlichen Abstand hier was anderes einfallen könnte.
Oder hast du eine spezille Idee, auf welchen Punkt man verzichten könnte, @wegen? Oder etwas leicht variieren könnte?

Im Grunde mag ich es auch nicht, wenn man z.B. fünf Punkte zur Charakterisierung "aufzählt", die Standard/Klischee sind. Ich habe da gerne auch mal einen atypischen Punkt dazwischen. Ich denke da nochmal drüber nach.

GoMusic schrieb:

Wenn dieses ständige Pochen im Kopf nicht wäre, das ständige Verlangen.

2x ständig. Ein Stilmittel zur Verstärkung? Dafür erscheint mir das Wort "ständig" im Kontext nicht gewichtig genug zu sein.
Gutes Argument. Das zweite "ständig" ist raus.

Hm, die neuen Räder sind bestimmt hellgrün fluoreszierend. Warum solltest du die Farbe sonst jedes Mal explizit erwähnen?
Ja, die Farbe spielt eine (große) Rolle. Es gibt da ja auch noch diese andere Stelle im Text, an der in drei, vier Sätzen drei, vier Farben erwähnt werden, die dem Prota durch den Kopf rasen.

GoMusic schrieb:
Grellgrüne Räder. Dutzende. Ich schlucke, bleibe kurz stehen. Das gleiche grelle Grün. Die gleiche grüne Grelle.

Jip, jetzt hat es auch der letzte kapiert. Ich glaube, du könntest dem Leser mehr kriminalistischen Spürsinn zutrauen und subtiler vorgehen.
Ja, diese Wiederholung, gerade der letzte Satz, wurde schon mal "moniert".
Grübel, grübel. Ach ... warum nicht. Ich streiche direkt mal die beiden letzten Sätze.

Ich verstehe den Sinn des letzten Satzes nicht. Herr Schmidt und der Leser sollen bei der beschriebenen Gestik befürchten, Frau Bergmann erkenne in ihrem Gegenüber den Unfallverursacher. Prangert sie mit ihrer Bitte - die sie besser an den direkt neben ihr stehenden Herrn Bergmann richten könnte - die Schuld deines Ich-Erzählers an ihrem Zustand an?
"angeben" als reichen/ geben ist mir nicht geläufig. Das ließ mich zusätzlich stutzen.
Ja, da wird ein Anprangern angedeutet.
Aber bloß eine Andeutung halt. Es soll sich ja im Kopf des Lesers abspielen :Pfeif:
Habe "angeben" durch "reichen" geändert. Passt besser. Danke.

Dass dein Ich-Erzähler und der Leser erst denken, bei Frau Weber auf das Unfallopfer zu treffen fand ich gut gemacht. Deine Geschichte lebt auf jeden Fall von diesem Auf und Ab, Luft anhalten und erleichtern ausatmen.
Ja, genau so war es gedacht. Ein Auf und Nieder. Freut mich sehr, dass das bei dir so ankam.

Ich danke euch beiden für die tollen Kommentare und wünsche euch einen schönen Abend.

Liebe Grüße, GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich habe in einer anderen Geschichte schon mehr kurze, abgehakte Sätze gebracht. Hier finde ich, sind es gar nicht so viele, sind so wohl dosiert :-)
Bist auch die Erste, die das anmerkt.
Wie ich deine Antwort an Maria lese, ist mir wieder eingefallen, dass ich mir diese Stelle schon vor Wochen für einen eventuellen Kommentar vorgemerkt habe. (Einen Kommentar, den's allerdings nicht so bald geben wird, GoMusic, weil ich momentan neben meiner Arbeit zu so ziemlich nix anderem komme. Außer ab und zu ein paar Texte hier zu überfliegen.)
Also nur ganz kurz zu dieser Szene:
Etwas kommt von links angerauscht. Ein lautes Krachen am Kotflügel, ein Körper segelt über die Motorhaube. Ich bremse. Der Gurt strafft sich und der Motor säuft ab.
Schon klar, das alles passiert in Sekundenbruchteilen, quasi gleichzeitig. Und natürlich ist es wahnsinnig schwierig, solch eine "Gleichzeitigkeit" angemessen in Worte zu fassen. Und ja, der Typ ist möglicherweise besoffen. Trotzdem: Meinem Gefühl nach läuft ein Unfall einfach nicht so ab, wie er deiner Schilderung nach klingt:
Ein Autofahrer erkennt, wie von links irgendwas daherkommt. Anschließend lauscht er dem Krachen am Kotflügel, um schließlich zu beobachten, wie ein Mensch über seinen Wagen fliegt. Dann kommt er schön langsam und endlich auf die Idee, zu bremsen. (Fehlt gerade noch, dass er zwischenzeitlich seinen Anwalt anruft.) Tja, sorry, GoMusic, aber so klingt's für mich und das haut von der Chronologie her einfach nicht hin.
So besoffen kann man gar nicht sein, als dass man in so einer Situation nicht zuallererst quasi reflexartig bremst. Und erst dann alles andere wahrnimmt und sich den Kopf drüber zerbricht. Und das müsstest du halt auch sprachlich adäquat darstellen. Wie? Keine Ahnung. Zumindest solltest du den Satz "Ich bremse." so weit wie möglich nach vorne schieben.

Bin schon wieder weg. Und tschüss.

offshore

 

Hallo @GoMusic

Hui, du findest das zu viel ... Hat bisher noch keiner gesagt.
Öm. Dann nimm den Einwand bitte auch als Einzelmeinung und schraub nur daran rum, wenn es für dich Sinn macht, gell? :shy:

Im Grunde mag ich es auch nicht, wenn man z.B. fünf Punkte zur Charakterisierung "aufzählt", die Standard/Klischee sind. Ich habe da gerne auch mal einen atypischen Punkt dazwischen. Ich denke da nochmal drüber nach.

Oder hast du eine spezille Idee, auf welchen Punkt man verzichten könnte, @wegen? Oder etwas leicht variieren könnte?

"Als sie weg ist und ich mir einen Schluck genehmigen will, merke ich, dass sie alle Flaschen in den Ausguss gekippt hat."
Nach diesem aussagekräftigen Satz ist für mich die Charakterisierung im Punkto Alkoholproblem abgeschlossen. Die Mentholbonbonszene wäre für mich ein Streichkandidat, weil die Nummer etwas abgegriffen ist, sein frischer Atem im weiteren Verlauf keine Relevanz hat und jedem Leser längst klar ist, dass er ein Gewohnheitstrinker ist.

Viele Grüße
wegen

Pillipalle PS:

Ich halte an, mach 'n langen Hals.
Da du sonst "halte", "merke", usw. schreibst, vllt hier auch "Ich halte an, mache 'n langen Hals."?

 

Hallo Ernst,

vielen Dank für deinen Besuch.

GoMusic schrieb:
Etwas kommt von links angerauscht. Ein lautes Krachen am Kotflügel, ein Körper segelt über die Motorhaube. Ich bremse. Der Gurt strafft sich und der Motor säuft ab.

Schon klar, das alles passiert in Sekundenbruchteilen, quasi gleichzeitig. Und natürlich ist es wahnsinnig schwierig, solch eine "Gleichzeitigkeit" angemessen in Worte zu fassen. Und ja, der Typ ist möglicherweise besoffen. Trotzdem: Meinem Gefühl nach läuft ein Unfall einfach nicht so ab, wie er deiner Schilderung nach klingt:
Ein Autofahrer erkennt, wie von links irgendwas daherkommt. Anschließend lauscht er dem Krachen am Kotflügel, um schließlich zu beobachten, wie ein Mensch über seinen Wagen fliegt. Dann kommt er schön langsam und endlich auf die Idee, zu bremsen. (Fehlt gerade noch, dass er zwischenzeitlich seinen Anwalt anruft.) Tja, sorry, GoMusic, aber so klingt's für mich und das haut von der Chronologie her einfach nicht hin.
So besoffen kann man gar nicht sein, als dass man in so einer Situation nicht zuallererst quasi reflexartig bremst. Und erst dann alles andere wahrnimmt und sich den Kopf drüber zerbricht. Und das müsstest du halt auch sprachlich adäquat darstellen. Wie? Keine Ahnung. Zumindest solltest du den Satz "Ich bremse." so weit wie möglich nach vorne schieben.
Durch deine Entschleunigung ins Zeitlupentempo hast du deinen Einwand gut rübergebracht. Tatsächlich passt das Bremsen besser weiter nach vorne.
Habe das jetzt mal geändert. Ansonsten lasse ich mir die Chronologie und sprachliche Darstellung nochmal durch den Kopf gehen.
Vielleicht kommt mir unterm Tannbaum die Erleuchtung ;)


Hallo wegen,

schön, dass du noch mal vorbeigeschaut hast.

GoMusic schrieb:
Hui, du findest das zu viel ... Hat bisher noch keiner gesagt.

Öm.Dann nimm den Einwand bitte auch als Einzelmeinung und schraub nur daran rum, wenn es für dich Sinn macht, gell? :shy:
Klar, genau so ist es.
Hinzu kommt, dass es nach etwas zeitlichen Abstand manchmal leichter fällt, sich von seinen Darlings zu trennen.

"Als sie weg ist und ich mir einen Schluck genehmigen will, merke ich, dass sie alle Flaschen in den Ausguss gekippt hat."
Nach diesem aussagekräftigen Satz ist für mich die Charakterisierung im Punkto Alkoholproblem abgeschlossen. Die Mentholbonbonszene wäre für mich ein Streichkandidat, weil die Nummer etwas abgegriffen ist, sein frischer Atem im weiteren Verlauf keine Relevanz hat und jedem Leser längst klar ist, dass er ein Gewohnheitstrinker ist.
Schön, dass du diesen Satz als aussagekräftig empfindest.
Du sprichst von diesem Part:

GoMusic schrieb:
Das Mentholbonbon kühlt meinen Rachen, macht den Kopf frei. Ich kurble das Fenster herunter, atme ein, halte die Hand vor Mund und Nase, hauche aus – und nehme noch ein Bonbon. Dann schnalle ich mich an und gebe Gas.

Ich mag mich nur schwer davon trennen, denn:
Das Lutschen des Mentholbonbons ist nicht nur ein weiteres Merkmal seines Alkoholkonsums, es soll vielmehr zeigen, dass sich der Prota sicher(erer) fühlt, macht es in seinen Augen ja seinen Kopf frei.

GoMusic schrieb:
Ich halte an, mach 'n langen Hals.

Pillipalle PS:
Da du sonst "halte", "merke", usw. schreibst, vllt hier auch "Ich halte an, mache 'n langen Hals."?
Jau. Hast Recht. Hört sich ausgesprochen auch ähnlich an ;)

Ich danke euch beiden und wünsche tolle Weihnachten und einen guten Rutsch.
Liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo GoMusic,

ich habe keine Kommentare gelesen, das vorweg.
Die Einleitung ist gut gewählt, man bekommt (für meinen Geschmack schon zu deutlich) mit, dass der Protagonist ein Alkoholiker ist.
Die Fahrerflucht ist eine Affekthandlung, die natürlich endlos nachhallen wird.
Die Bewerbung - gerade auch noch mit einer Kurierfirma - fand ich nun etwas zuviel des Guten. Also das Thema Fahrrad, Farbe etc. war mir dann zu deutlich.

Mir persönlich hätte besser gefallen, wenn das Wiedersehen in einem anderen Zusammenhang gewesen wäre, dann wäre ich als Leser nicht so deutlich darauf hingeführt worden. Also was ich sagen will, dass mir die KG zu vorhersehbar ist. Handwerklich solide, aber für mich mit zu wenig "Rafinesse" am Text. Ich kann das jetzt nicht anders beschreiben.
Es ist alles so klar, wo die Geschichte hinführt. Ich lese lieber leise angedeutete Hinweise. Aber das ist Geschmackssache.
Ungeschickt empfand ich aber dann doch in dieser allgemeinen Deutlichkeit, dass gleich zwei Frauen malade sind und beide rein theoretisch die Opfer sein könnten. Wobei ich mir die Chefin eher als eine ältere Dame vorgestellt habe ;)

Soweit meine Leseeindrücke.

Liebe Grüße
bernadette

 

Lieber @GoMusic,

Fahrerflucht ist schon wirklich übel, aber eine Situation, wo man sich falsch verhalten hat, sich was schönredet, bagatellisiert, oder es zumindest versucht, haben vermutlich viele schon erlebt. Es hat was ganz Kindliches, Unreifes, wie er flüchtet, die Verantwortung nicht übernimmt. Und natürlich auch was kaltherziges. Zu deiner Geschichte fallen mir so klassische Sprüche ein "Ehrlich währt am Längsten", "Lügen haben kurze Beine", "Man trifft sich immer zweimal im Leben." und natürlich "Finger weg vom Alkohol am Steuer." Verlauf und Ende, das Enttarnen, empfinde ich auch als etwas zu vorhersehbar, an ein oder zwei Punkten hake ich da nochmal ein. Trotzdem habe ich das gerne gelesen, weil du das straff und nachvollziehbar erzählst und ihn als Alkoholiker treffend charakterisierst. Gut gemacht, dass dein Held erstmal nicht unsympathisch rüberkommt, bis er die Frau verletzt auf der Strasse liegen lässt. Ich finde, deine Geschichte hat enorm gewonnen, seit ich sie, kurz nach dem Einstellen, das erste Mal gelesen habe.

Mir schwirren Bilder im Kopf, wie Susi die schweren Koffer die Treppen hinunterträgt, sich nicht helfen lässt. Als sie weg ist und ich mir einen Schluck genehmigen will, merke ich, dass sie alle Flaschen in den Ausguss gekippt hat. Sie fehlt mir.
Irgendetwas irritiert mich da. Ich glaube, ich würde nur den ersten Satz im Präsenz lassen, da da ja nur Bilder schwirren, keine ganze Szene.

vielleicht so:
"Mir schwirren Bilder im Kopf, wie Susi die schweren Koffer die Treppen hinunterträgt, sich nicht helfen lässt.
Als sie weg war und ich mir einen Schluck genehmigen wollte, merkte ich, dass sie alle Flaschen in den Ausguss gekippt hatte. Sie fehlt mir."

Oder auch noch den Halbsatz davor ins Präteritum. Also ich bin mir selber unsicher. :shy:


Das Mentholbonbon kühlt meinen Rachen, macht den Kopf frei. Ich kurble das Fenster herunter, atme ein, halte die Hand vor Mund und Nase, hauche aus – und nehme noch ein Bonbon.
Das Mentholbonbon würde ich auch nicht opfern.

Als es kriselte, fing es an. Jetzt hab ich mich im Griff. Wenn dieses ständige Pochen im Kopf nicht wäre, das Verlangen.
Eher schon das hier. Da ist keine neue Information drin.

Wochenlang habe ich die Gegend gemieden, bin Umwege gefahren. So ein Quatsch. Sie würden mich dran haben, wenn etwas Schlimmes passiert wäre, wenn sie das Nummernschild hätten.
Ich möchte wissen, was mit der Frau passiert ist, ich will das sie ihn drankriegen und ich fiebere dennoch auch ein bisschen mit ihm.

Jetzt komme ich wieder zum ersten Mal an der Kreuzung vorbei.
Das reicht völlig aus. Schon jetzt kapiert man, dass er auffliegen wird.

Die letzte Adresse, die ich beim Amt bekommen habe, liegt genau dahinter.
Das ist jetzt Holzhammer. Unbedingt weg.

„Die sollen ja auffallen! Gerade jetzt, wo der Herbst vor der Tür steht. Aber das sind die alten Räder, die werden nach und nach ersetzt.“
Ich finde das sollte auch weg. Das brauchst du auch nicht lang und breit erklären. Inzwischen gibts die ersten grünen Räder, das wird dann später klar.

Wie mag es der Frau von der Kreuzung gehen? Kratzer, Schrammen. Plattes Rad. Sie geht sicher wieder arbeiten.
Finde ich an der Stelle nicht so passend. Da reicht die flüchtige körperliche Reaktion vorher. Ansonsten verdrängt er, würde ich sagen. Ist ja eine angespannte Situation, das Vorstellungsgespräch.

Grellgrüne Räder. Dutzende. Ich schlucke, bleibe kurz stehen.
Wenn, dann könnte hier noch eine Erklärung kommen. "Sie bekommen eins von den neuen Rädern."

Ich verharre, spüre, wie meine Augen zucken, fahre mit der Zunge über meine trockenen Lippen. „Kennen … kennen wir uns nicht?“, höre ich eine leise, entfernte Stimme.
Möglicherweise die wörtliche Rede in eine neue Zeile? Ich hatte sie beim Lesen zunächst ihm zugeschrieben. Schön übrigens seine Reaktion, die zuckenden Augen, wie er sich selbst verrät durch seine Nervosität. Möglich wäre hier übrigens noch, dass er in seiner Antwort anfängt blöd rumzuquatschen, sich dabei um Kopf und Kragen redet.

Frau Bergmann blickt langsam von ihren Beinen hoch, legt die Hand an die Lippen und schaut mich an. „Würden Sie mir bitte meine Krücken reichen, Herr Schmidt?“
"legt die Hand an die Lippen" verstehe ich nicht. Statt "Krücken" würde eine Frau wie sie vermutlich "Gehhilfen" sagen.

Ich finde das gut, wie die Geschichte endet. Immerhin wird meine Neugier befriedigt, was mit der Frau passiert ist. Sie ist schwerer verletzt. Sie hat vor allem psychisch gelitten, war vorher schon ein "Giftzahn" und damit vermutlich kein besonders glücklicher Mensch und jetzt ist es noch schlimmer geworden. Ich stelle mir vor, dass sie bitterer ist, mißtrauischer, ängstlicher. Und genau das interpretiere ich als Folge seiner Fahrerflucht, dass das vermeidbar gewesen wäre, wenn er sich um sie gekümmert hätte. Das finde ich gut gemacht, dass nun gerade ihr Mann bereit ist, deinem Prot. eine Stelle anzubieten und ihm damit ein Vertrauen entgegenbringt, das er nicht verdient. Und dass er vermutlich enttarnt wird, reicht mir hier an dieser Stelle auch.

Ich habe das gerne gelesen und wünsche dir fröhliche Weihnachten, @GoMusic !

Chutney

 

Liebe Bernadette,

vielen Dank für deinen Besuch und den Leseeindruck.

Die Einleitung ist gut gewählt, man bekommt (für meinen Geschmack schon zu deutlich) mit, dass der Protagonist ein Alkoholiker ist.
Die Bewerbung - gerade auch noch mit einer Kurierfirma - fand ich nun etwas zuviel des Guten. Also das Thema Fahrrad, Farbe etc. war mir dann zu deutlich.
Also was ich sagen will, dass mir die KG zu vorhersehbar ist.
Handwerklich solide, aber für mich mit zu wenig "Rafinesse" am Text. Ich kann das jetzt nicht anders beschreiben.
Erstmal Danke für das handwerklich Solide ;)

Verstehe, was du meinst. Subtiler, weniger Zufälle. Ein Aufeinandertreffen an einem anderen Ort vielleicht. Nicht gerade später beruflich eines der Fahrräder fahren müssen, von dessen Sorte man eins umgenietet hat.
Ja, etwas subtiler könnte ich es mir an der einen oder anderen Stelle noch vorstellen. Ich habe da in der Vergangenheit schon ein klein wenig zurückgeschraubt. Mache ich mir zu den Feiertagen mal Gedanken zu.
Nur, dass es unbedingt dieses Fahrrad und die Frau/das Opfer auf der zukünftigen selben Arbeitsstelle sein müssen, daran möchte ich nichts mehr ändern. Diese Idee hat sich so in meinem Kopf eingebrannt (schon weit vor der Challenge), dass ich sie gar nicht mehr ändern könnte :)
Und so übel kam dies bei den anderen Kommentatoren gar nicht an.

Ungeschickt empfand ich aber dann doch in dieser allgemeinen Deutlichkeit, dass gleich zwei Frauen malade sind und beide rein theoretisch die Opfer sein könnten.
Das ist ein Punkt, der das Auf und Ab zeigen soll. (Das ganze Leben des Protas ist quasi ein Auf und Ab).
Sie ist es - nein doch nicht. Dann erscheint die zweite Frau, die dann tatsächlich das Opfer ist. Anderen Leser hat dieses Bangen und Hoffen gefallen. Schade, dass du mit nicht so viel anfangen kannst.

Ich wünsche dir besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch.


Liebe @Chutney ,

du hast mir viele interessante (und ich denke auch für mich arbeitsintensive ;) ) Punkte und Vorschläge aufgezeigt, für die ich noch einige Zeit brauchen werde. Da jetzt die Familien-Besuche-Tannebaumschmücken-Geschenkeinpacken-Zeit kommt, werde ich mich wohl erst später wieder melden.
Ich möchte es aber nicht versäumen, auch dir eine besinnliche Zeit zu wünschen.

Liebe Grüße euch beiden,
GoMusic

 

Liebe Chutney,

es ist etwas ruhiger geworden, bevor der nächste Besuch eintrudelt, und ich kann deinen tollen Kommentar beantworten.

Verlauf und Ende, das Enttarnen, empfinde ich auch als etwas zu vorhersehbar, an ein oder zwei Punkten hake ich da nochmal ein. Trotzdem habe ich das gerne gelesen, weil du das straff und nachvollziehbar erzählst und ihn als Alkoholiker treffend charakterisierst.
Ja, vorhersehbar ist es schon ...
Aber gut, dass die Charakterisierung und - ich habe es so verstanden -, auch die ganze Story bei dir gut ankommt.

Gut gemacht, dass dein Held erstmal nicht unsympathisch rüberkommt, bis er die Frau verletzt auf der Strasse liegen lässt. Ich finde, deine Geschichte hat enorm gewonnen, seit ich sie, kurz nach dem Einstellen, das erste Mal gelesen habe.
Von Anfang an unsympathisch wäre ja langweilig.
Wollte den Prota auch von mehren Seiten zeigen.
Dank den WK-lern ist die Story tatsächlich besser geworden

rgendetwas irritiert mich da. Ich glaube, ich würde nur den ersten Satz im Präsenz lassen, da da ja nur Bilder schwirren, keine ganze Szene.
vielleicht so:
"Mir schwirren Bilder im Kopf, wie Susi die schweren Koffer die Treppen hinunterträgt, sich nicht helfen lässt.
Als sie weg war und ich mir einen Schluck genehmigen wollte, merkte ich, dass sie alle Flaschen in den Ausguss gekippt hatte. Sie fehlt mir."
Ja, passt sehr gut. Danke.

GoMusic schrieb:
Als es kriselte, fing es an. Jetzt hab ich mich im Griff. Wenn dieses ständige Pochen im Kopf nicht wäre, das Verlangen.

Eher schon das hier. Da ist keine neue Information drin.
Noch hänge ich zu sehr daran. Ich lasse das erstmal drin.

Ich möchte wissen, was mit der Frau passiert ist, ich will das sie ihn drankriegen und ich fiebere dennoch auch ein bisschen mit ihm.
Sehr gut!

GoMusic schrieb:
Die letzte Adresse, die ich beim Amt bekommen habe, liegt genau dahinter.

.
Das ist jetzt Holzhammer. Unbedingt weg.
Hm ... Ich habe da mal auf dich gehört. Unbedingt notwendig ist es tatsächlich nicht.

GoMusic schrieb:
„Die sollen ja auffallen! Gerade jetzt, wo der Herbst vor der Tür steht. Aber das sind die alten Räder, die werden nach und nach ersetzt.“

.
Ich finde das sollte auch weg. Das brauchst du auch nicht lang und breit erklären. Inzwischen gibts die ersten grünen Räder, das wird dann später klar.
Ist echt interessant, deine Idee, das mit den neuen Rädern erst weiter hinten zu bringen. Das ist dann nicht sofort so absehbar.
Ich habe da jetzt mal ein wenig herumgebastelt.

GoMusic schrieb:
Wie mag es der Frau von der Kreuzung gehen? Kratzer, Schrammen. Plattes Rad. Sie geht sicher wieder arbeiten.

Finde ich an der Stelle nicht so passend. Da reicht die flüchtige körperliche Reaktion vorher. Ansonsten verdrängt er, würde ich sagen. Ist ja eine angespannte Situation, das Vorstellungsgespräch.
Das er es sich hier einredet, ihr gehe es gut, finde ich schon passend hier. Soll ja das ständige Auf und Ab symbolisieren.

Möglicherweise die wörtliche Rede in eine neue Zeile? Ich hatte sie beim Lesen zunächst ihm zugeschrieben. Schön übrigens seine Reaktion, die zuckenden Augen, wie er sich selbst verrät durch seine Nervosität. Möglich wäre hier übrigens noch, dass er in seiner Antwort anfängt blöd rumzuquatschen, sich dabei um Kopf und Kragen redet.
Neue Zeile ist gekauft.
Ich denke, dass er sich hier selbst verrät und die Nervosität reichen hier. Der Prota ist gar nicht der Typ, der sich da herausquasseln will. ;)
Vielmehr wollte er ja sogar Land gewinnen, indem er eine Brille vorgibt, die er aus dem Auto holen wollte.

"legt die Hand an die Lippen" verstehe ich nicht. Statt "Krücken" würde eine Frau wie sie vermutlich "Gehhilfen" sagen.
Ja, Gehhilfen würde sie wohl sagen. Stimmt.
Und jetzt stützt sie das Kinn in die Hand. Das war eine Stelle, mit der ich noch nie so richtig zufrieden war.

Ich finde das gut, wie die Geschichte endet. Immerhin wird meine Neugier befriedigt, was mit der Frau passiert ist.
Klasse.

Das finde ich gut gemacht, dass nun gerade ihr Mann bereit ist, deinem Prot. eine Stelle anzubieten und ihm damit ein Vertrauen entgegenbringt, das er nicht verdient. Und dass er vermutlich enttarnt wird, reicht mir hier an dieser Stelle auch.
Na ja, der Chef ahnt womöglich noch gar nicht, was der Prota seiner Frau angetan hat. Von Vertrauensvorschuss kann noch keine Rede sein :Pfeif:

Ich habe das gerne gelesen
Vielen Dank dafür und für deinen Kommentar, der mich weitergebracht hat.

Schöne Tage noch und einen tollen Übergang uns neue Jahr.
Liebe Grüße, GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey GoMusic

Ich stelle das leere Glas zurück auf die Theke und schüttle den Kopf, als der Wirt mir ein neues hinstellen will.

Geht vielleicht ohne WW

Als sie weg war und ich mir einen Schluck genehmigen wollte, merke ich, dass sie alle Flaschen in den Ausguss gekippt hat.

Müsste in die Vergangenheit, nicht?

Das Mentholbonbon kühlt meinen Rachen, macht den Kopf frei. Ich kurble das Fenster herunter, atme ein, halte die Hand vor Mund und Nase, hauche aus – und nehme noch ein Bonbon.

Hm. In den Kommentaren habe ich gelesen, dass die Stelle bei vielen gut angekommen ist. Klar, das ist eine elegante Weise, dem Leser zu sagen, wie es um den Typen steht. Aber macht das an dieser Stelle Sinn? Er fährt nach Hause. Dort ist niemand, die Frau hat ihn ja verlassen. Weshalb prüft er also seinen Atem? Diese Bonbon-Sache, das machen Alkoholiker ja, damit andere nicht merken, dass sie trinken. Wenn, dann würde er vielleicht am nächsten Tag Bonbons essen, auf der Fahrt zum Amt. Um einen Verdrängungsmechanismus, also eine Flucht vor sich selbst, anzuzeigen, würde ich was anderes schreiben. Oder mich darauf verlassen, dass der Zwanziger auf der Theke reicht, damit dem Leser klar wird, dass das nicht ganz aufgeht mit dem nüchternen Kopf, das fand ich gut gemacht.

bleibe vor der Motorhaube stehen, schaue vorsichtig herüber.

Müsste glaub "hinüber" heissen.

schaue vorsichtig herüber. Eine Frau. Jeans, T-Shirt; lange Haare schauen

WW

die Augen hinter einer Fahrradbrille versteckt.

Das gefällt mir nicht so ganz. Das klingt, als hätte sie die Brille angezogen, damit andere nicht ihre Augen sehen.

Mir steigt Hitze ins Gesicht. Wie mag es der Frau von der Kreuzung gehen? Kratzer, Schrammen. Plattes Rad. Sie geht sicher wieder arbeiten.

Das fand ich nicht so plausibel. Er würde doch bestimmt sofort daran denken, dass das die Frau sein könnte, die er angefahren hat.

Der Drucker rattert, spuckt bunte Seiten aus. Hinten öffnet sich das Rolltor, eine kalte Brise weht herein. Ein blauer Transporter fährt rückwärts an die Rampe, ein Mitarbeiter im grünen Overall schiebt einen Gitterwagen, ein weißer Bulli rollt über den Hof. Ich werfe einen Blick über die gelben Räder.
„Finden Sie den Weg alleine zurück?“, fragt Frau Weber und steckt mir die bunten Pläne zu.

Ich verstehe die Absicht mit den Farben. Bei mir hat es nicht so recht gezündet. Ich denke, das müsste etwas subtiler. Es liest sich ein wenig so, als hätte der Autor gerade eine Phase gehabt. :D Ist schwierig zu bestimmen. Wann lastet man eine Auffälligkeit dem Autor an? Wann sagt man sich, ah, der Erzähler hat eine spezielle Wahrnehmung? Vielleicht liegt es hier daran, dass der Rest des Textes ziemlich nüchtern, pragmatisch verfasst ist, du hast ja nicht einen schwebenden Sound voller Symbolik im Text. Und wenn da jetzt auf einmal sehr stark mit einer Art Farbkonzept gearbeitet wird, um die veränderte Wahrnehmung, vielleicht sogar die Schuldgefühle, zu kennzeichnen, dann hat das für mich als Leser nicht so ganz zum Ton der Geschichte gepasst.

Mein Kopf pocht, knirscht und knarzt.

Das ist einerseits witzig, weil sich jetzt in seinem Kopf auch so eine Art Unfall mit Blechschaden abspielt, aber andererseits doch auch an der Grenze. Mein Kopf knarzt, ich weiss nicht.

Die Geschichte ist solide erzählt. Der Zufall hat mich nicht so gestört, auch nicht das offene Ende, ich finde der Schlusssatz ist in dieser Hinsicht gut gelungen. Was mich etwas umtreibt, ist die gesamte Dramaturgie, also die Verdoppelung, die darurch entsteht, dass zunächst die eine Frau, dann die andere als Opfer in Frage kommt. Was wird dadurch gewonnen? Inwiefern ist das eine Steigerung? Weil die zweite die Chefin ist? Also, das haut ja lediglich den autoritätsgläubigen Leser vom Hocker: "Wenn es wenigstens die Angestellte gewesen wäre, die er umgefahren hat. Aber die Chefin, meine Güte, ich krieg die Krise!" Also mir erschliesst sich der dramaturgische Sinn dieses Kniffs nicht wirklich. Oder stehe ich auf dem Schlauch?
Die Thematik finde ich spannend, den Prota hast du zurückhaltend-dezent chrakterisiert, das lässt einigen Raum offen, in dieser Hinsicht finde ich den Text überzeugend.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Peeperkorn,

danke für deinen Besuch und den tollen Kommentar.
Die WW und die falsche Zeit habe ich geändert.

GoMusic schrieb:
Das Mentholbonbon kühlt meinen Rachen, macht den Kopf frei. Ich kurble das Fenster herunter, atme ein, halte die Hand vor Mund und Nase, hauche aus – und nehme noch ein Bonbon.
Hm. In den Kommentaren habe ich gelesen, dass die Stelle bei vielen gut angekommen ist. Klar, das ist eine elegante Weise, dem Leser zu sagen, wie es um den Typen steht. Aber macht das an dieser Stelle Sinn? Er fährt nach Hause. Dort ist niemand, die Frau hat ihn ja verlassen. Weshalb prüft er also seinen Atem
Ich kenne so Typen, die nach ihren Bierchen Kaugummi kauen oder Lutschbonbons nehmen, weil sie ja immer mal in eine Polizeikontrolle kommen könnten :shy:

GoMusic schrieb:
die Augen hinter einer Fahrradbrille versteckt.
Das gefällt mir nicht so ganz. Das klingt, als hätte sie die Brille angezogen, damit andere nicht ihre Augen sehen.
Danke für den Hinweis, der mich auf die Idee brachte, anstatt versteckt nun verborgen zu nehmen.

GoMusic schrieb:
Mir steigt Hitze ins Gesicht. Wie mag es der Frau von der Kreuzung gehen? Kratzer, Schrammen. Plattes Rad. Sie geht sicher wieder arbeiten.
Das fand ich nicht so plausibel. Er würde doch bestimmt sofort daran denken, dass das die Frau sein könnte, die er angefahren hat.
Hm ... ja. Habe das nun alles ein wenig angepasst ..

Ich verstehe die Absicht mit den Farben. Bei mir hat es nicht so recht gezündet. Ich denke, das müsste etwas subtiler. Es liest sich ein wenig so, als hätte der Autor gerade eine Phase gehabt. :D Ist schwierig zu bestimmen. Wann lastet man eine Auffälligkeit dem Autor an? Wann sagt man sich, ah, der Erzähler hat eine spezielle Wahrnehmung? Vielleicht liegt es hier daran, dass der Rest des Textes ziemlich nüchtern, pragmatisch verfasst ist, du hast ja nicht einen schwebenden Sound voller Symbolik im Text. Und wenn da jetzt auf einmal sehr stark mit einer Art Farbkonzept gearbeitet wird, um die veränderte Wahrnehmung, vielleicht sogar die Schuldgefühle, zu kennzeichnen, dann hat das für mich als Leser nicht so ganz zum Ton der Geschichte gepasst.
Der Autor hat hier keine Phase gehabt :lol:
Die letzte Farbe, "die bunten Seiten", hab ich rausgenommen. Die müssen nicht wirklich sein, da die Farbwahrnehmung des Protas schon beendet ist. ;)
Generell klappt es tatsächlich auch mit weniger Farben, habe einiges raus genommen. Ein Anfang und ein Ende reichen.

GoMusic schrieb:
Mein Kopf pocht, knirscht und knarzt.
Das ist einerseits witzig, weil sich jetzt in seinem Kopf auch so eine Art Unfall mit Blechschaden abspielt, aber andererseits doch auch an der Grenze. Mein Kopf knarzt, ich weiss nicht.
An der Grenze, da stimme ich dir zu. Soll so sein, um den Blechschaden in seinem Schädel zu zeigen, wie du so schön sagst.

Die Geschichte ist solide erzählt. Der Zufall hat mich nicht so gestört, auch nicht das offene Ende, ich finde der Schlusssatz ist in dieser Hinsicht gut gelungen.
Danke dafür. Freut mich sehr.

Was mich etwas umtreibt, ist die gesamte Dramaturgie, also die Verdoppelung, die darurch entsteht, dass zunächst die eine Frau, dann die andere als Opfer in Frage kommt. Was wird dadurch gewonnen? Inwiefern ist das eine Steigerung? Weil die zweite die Chefin ist? Also, das haut ja lediglich den autoritätsgläubigen Leser vom Hocker: "Wenn es wenigstens die Angestellte gewesen wäre, die er umgefahren hat. Aber die Chefin, meine Güte, ich krieg die Krise!" Also mir erschliesst sich der dramaturgische Sinn dieses Kniffs nicht wirklich. Oder stehe ich auf dem Schlauch?
Die Verdoppelung soll ja auch den Blechschaden in seinem Kopf erklären.
Das hat mit autoritätsgläubigen Lesern nichts zu tun. Es hätte anstelle der Chefin auch die Reinigungskraft sein können. :Pfeif:

Die Thematik finde ich spannend, den Prota hast du zurückhaltend-dezent chrakterisiert, das lässt einigen Raum offen, in dieser Hinsicht finde ich den Text überzeugend.
Danke dafür und generell für deine Zeit und die Anmerkungen.
Hast mir gut geholfen.

Wünsche dir einen ruhigen Jahresausklang.
Liebe Grüße, GoMusic

 

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