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Muschelherz

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31.01.2016
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Muschelherz

Ich habe zwei Plätze am Ende des Raumes reserviert und überblicke von hier aus sämtliche Tische. Das mache ich immer so. Heute bin ich verabredet.
Es ist Mittagszeit, das Café ist gefüllt und jeder Gast scheint zu reden. Nichts im Raum absorbiert den Schall, so dass ich mir vorkomme wie in einer Kathedrale voller Marktfrauen. So ähnlich klang es hier sicher vor hundert Jahren, als das noch der Verkaufsraum für Schlachtvieh war. Ich blicke nach oben, fixiere die hohe Decke mit den gefliesten Ornamenten, in der Hoffnung sämtliche Geräusche und Gesprächsfetzen dadurch ausblenden zu können. Meergrüne, spärlich gekleidete Frauen und Kinder, Orangenbäume. Diese Methode habe ich mir von einem Nachbarjungen abgeguckt. Denn immer, wenn wir Kinder beim Ballspiel auf dem Hof alle gleichzeitig auf ihn einschrien, weil er den Ball so entsetzlich lange festhielt, bevor er sich entschloss, ihn abzugeben, blickte er in den Himmel. Ich dachte, er würde mit dem Ball unter dem Arm abheben und in die Wolken fliegen. Ist er natürlich nicht, aber er warf den Ball urplötzlich einem von uns entgegen.
Wir treffen uns hier, weil es keine zweihundert Meter vom Büro entfernt liegt und Ben das Essen mag.

Und dann betritt er den Raum wie eine Bühne, teilt den Vorhang, der die Kälte draußen auf den Straßen halten soll mit ausladender Geste und bleibt einen Augenblick unbeweglich stehen. Er ist gekommen, um mir zuzuhören. Es dauert eine Weile, bis er mich gefunden hat. Ich hätte aufstehen und winken können. Verbuche diesen Genuss, ihn mich suchen zu lassen, als Teil von Wiedergutmachung für die vergangenen Tage der Ignoranz.
Mit großen Schritten kommt er auf mich zu. Ich unterdrücke den Impuls aufzuspringen und auf ihn zuzulaufen, bleibe sitzen, nehme die Tasse Kaffee, die ich mir bereits vor einer halben Stunde bestellt habe. Ihn bringt es nicht von seinem Vorhaben ab, mich zu berühren und er stupst mit dem Zeigefinger gegen meine Nasenspitze, gestikuliert noch im Stehen der Kellnerin, dass er umgehend etwas bestellen möchte, und schält sich elegant aus seinem Mantel. Die umliegenden Gäste sehen ihm dabei zu, leicht enerviert, dass er auf engem Raum viel Platz benötigt als nötig wäre, um sich seines Mantels zu entledigen. Ich glaube, auch Respekt zu erkennen vor so viel Präsenz.
"Hast du schon bestellt?" Seine Bassstimme vibriert in meinem Bauch. Jedenfalls fühlt es sich so an.
"Bin auch eben erst angekommen", lüge ich.
Er lächelt souverän und zeigt eine Reihe natürlich weißer Zähne. Jetzt küsst er meine Wange doch noch, bevor er sich setzt. Er riecht, wie Männer riechen müssen. Nach frischer Luft und einem teuren Parfum, das vorgaukelt eine Seife zu sein, sauber und natürlich, wie frisch aus Blättern, Moos und einem kleinen, wilden Felltier gepresst. Ich muss an einen Schwertkampf denken, in einer Rüstung aus Leder und Ketten, barfuß auf sattem, grünem Boden, auf dem Blumen wachsen - nein, das sieht lächerlich aus - aber bei Regen, irgendwo in Nordschweden. Ich habe mich gut verhüllt, ohne Ausschnitt und freie Sicht, damit er mir unabgelenkt zuhört. Seine Brust ist zwar auch verpackt, aber sie zeichnet sich unter dem weißen Hemd ab wie flache Zwillingssteine am Ufer eines Fjords. Sein rotbrauner Bart berührt den Kragen und ich verbiete mir, hineinzugreifen, ihn daran an mich zu ziehen und zu küssen, bis mir der Atem ausbleibt. Wie eine Schildmaid es wahrscheinlich tun würde. Meine Hände gehorchen in letzter Sekunde und greifen stattdessen energisch die Speisekarte, die vor mir liegt und die ich wie einen Schutzschild vor mein Gesicht halte. Mein Vater meint, Ben wäre eine gute Partie: zielorientiert und ambitioniert und schlecht sähe er ja auch nicht aus, gäbe einen Partner mit Niveau ab.
"Hast du gewählt?" Er sieht mich an und ich fühle mich ertappt, meine Wangen sind heiß, während er im nächsten Moment der Kellnerin einen vielsagenden Blick gönnt. Hat sie mit den Augen gerollt?
"Ich hab nicht viel Zeit. Was gibt es denn Dringendes? Sehen wir uns nicht sowieso Samstag?", spricht er in die Speisenfolge. "Ich nehme bretonische Austern. Gibt es Belons?"
"Ja, frisch geliefert."
"Ein halbes Dutzend und einmal das Safranrisotto mit Herzmuscheln. Für dich?"
Er richtet seine braunen Augen auf mich und ich denke an das kleine Felltier.
"Nein, ich nehme eine Galette mit Zwiebelconfit und Chèvre", sage ich vielleicht eine Spur zu entschieden. Mein Mittagessen benötigt kein Herz. Herzlose Menschen wählen solche Speisen. Die Kellnerin nickt und tippt in ihren Orderman und fragt: "Was trinken Sie?"
"Chablis. Zwei Gläser", bestimmt Ben.
"Nein. - Nein. Ich nicht. Bitte Wasser."
"Still?"
"Nein. Mit viel Sprudel, bitte."
Die Kellnerin geht ab und überlässt mir die Bühne.
"Ben, ich habe die Möglichkeit, für den Master nach Peru zu gehen."
Nun sprudelt es aus mir heraus, obwohl ich mir doch einen taktischen Ablauf zurecht gelegt hatte. Ich wollte erst den köstlichen Lunch genießen, Ruhe bewahren, ihn zappeln lassen, ein bisschen plaudern, flirten eventuell.
Er sieht zeitverzögert auf, als hätte es tatsächlich einige Zeit gebraucht, bis meine Worte sein Hirn erreicht haben. Dabei ist er bestimmt mit seinen Gedanken im Büro oder sogar nur im Vorzimmer, wo die blonde Frau Schmidt sitzt. Ich puste mir eine imaginäre Haarsträhne aus dem Gesicht. Diese kurzfristige Verabredung war ihm nicht recht, passte nicht in seinen Tagesplan. Das habe ich schon bemerkt, als ich ihn im Teezimmer bat, mittags mit mir essen zu gehen. Er nutzte die Gelegenheit, einen Blick in meinen Ausschnitt zu werfen. Vermutlich um die Farbe meines BH's zu prüfen und stimmte dann zu. Ich kann nicht länger warten, ihn mit meinen Plänen zu konfrontieren und er muss ja auch mal etwas zu sich nehmen.
"Das ist wunderbar", sagt er unverbindlich, freundlich und wirft, warum auch immer, einen raschen Blick über seine Schulter.
"Ich wäre für ein halbes Jahr nicht hier", lege ich nach und es klingt seltsamerweise wie eine Frage.
"Hmhm. Das ist einfach hervorragend". Er streicht mit geübter Geste den Bart glatt und sieht mir in die Augen.
"Hervorragend, dass ich ein halbes Jahr weg bin, oder hervorragend meinen Master zu machen, oder hervorragend im Sinne von Peru verfügt über dreiundfünfzig Naturschutzgebiete und ..."
"Corinne", sagt er sanft lächelnd, greift über den Tisch und drückt meine Hand. Nicht zu fest, nicht zu lasch, "wir haben doch Zeit."
Sein Telefon regt sich diskret und er hält es mit manikürten Fingern ans Ohr. Die Kellnerin serviert die Mahlzeit und er lässt erst jetzt meine Hand los.
Während Ben halblaut redet, sortiere ich mein Besteck nach Nutzen und ich mache die Reihenfolge ausfindig. Das Confit duftet süßlich, der Ziegenkäse ist leicht verlaufen und gebräunt, die Galette an den Rändern knusprig. Ich habe überhaupt keinen Appetit.
"Entschuldige", sagt er und stürzt sich strahlend auf die Meerestiere.
"Also", beginne ich erneut, "der Schwerpunkt Unternehmungsführung im Wirtschaftsbereich dort in Cusco ist in der reno ..."
"Entschuldige", unterbricht er mich und hält erneut das Telefon an sein Ohr. Ich hab es nicht einmal klingeln hören, so konzentriert bin ich auf meinen Monolog. Ich stochere mit der Gabel im Essen und bemerke den Mann neben mir erst, als er mich anspricht.
"Hey, Corinne." Es ist Max, er sieht erfreut aus und bringt mich aus dem Konzept.
"Max." Ich hätte ihn hier nicht erwartet. Ben ist mittlerweile in den ruhigen Salon nebenan gegangen.
"Verrückt. Ich jobbe hier in der Küche. Ich wollte dich eh noch sprechen. Wegen des Semesters in ..."
"Ja. Völlig verrückt, Max. Dann lass uns doch einfach ganz bald mal darüber reden, unterbreche ich und betone die diffuse Zeitangabe mit Nachdruck, um ihn abzuwimmeln, aber da steht Ben schon wieder am Tisch und blickt amüsiert. Als die Kellnerin hinzukommt und wissen möchte, ob alles zur Zufriedenheit wäre, sehe ich zur Decke, aber das hilft nicht - und so laufe ich an allen Dreien vorbei zum Waschraum.

"Warum?", frage ich mich.
Um meine Gedanken zu sortieren und irgendwie auch, um sie loszuwerden, rede ich in Stressmomenten mit mir selbst. Das käme von der Gedankenüberdosis, meint meine Mutter, und das wäre nicht verrückt, sondern gesund, und eine sehr gute Möglichkeit, auszusortieren. Sie fände es eine geniale Idee, meine Flut von Gedanken- und Informationsmengen auf diesem Weg zu filtern. Mein Vater hat dazu keine Meinung, der sorgt sich ja bereits um meine Zukunft, indem er mir einen potentiellen Ehemann und eine Ausbildung in Südamerika nahelegt.
"Nutze dein Hirn ruhig auch mal in Liebesangelegenheiten! - Hast du mal 'ne Zigarette?", frage ich die Brünette, die plötzlich neben mir am Waschtisch steht und bereits gehen will, lauter als ich sollte. Sie sieht mich verschreckt an und nestelt dann eine aus ihrer Handtasche, reicht sie mir. Vermutlich hat sie mir vom Klo aus zuhören müssen und fürchtet sich nun vor mir.
"Feuer?"
"Hier drinnen?"
"Kommst du mit raus?"
"Nein ... "
"Dann hier drinnen." Sie zögert und zündet die Zigarette an.
"Bin schon weg", sage ich, und verlasse mit einem zusammengekniffenen, weil mit Rauch gefülltem Auge, schnell den Toilettenraum. Ich gehe an den hochgestapelten Getränkekisten im Flur vorbei, nehme schnell eine Flasche Bier daraus, an der Küche längs entlang nach draußen, stelle ich mich neben die Mülltonnen, will an einer die Flasche öffnen, scheitere aber und stelle sie auf den Boden. Max steht erneut neben mir, wie aus dem Nichts, nimmt die Flasche auf, entdeckelt sie, gibt sie mir zurück. Ich nehme sie wortlos und einen kräftigen Schluck.
"Woher kennste den Typ?"
Er raucht nicht, guckt nur so vor sich hin.
"Isser noch da?" Ich inhaliere tief.
"Klar. Verspeist Muscheln mit Genuss. Außerdem wartet er auf dich." Er lächelt und dabei entblößt er einen vorwitzigen Eckzahn, den ich fasziniert betrachte.
"Er ist mein Chef. Unsere Väter kennen sich aus der Studienzeit."
"Verstehe."
"Echt jetzt?" Ich sehe sein Profil und kann nur mutmaßen, wie er das meinen könnte. Er ist offenbar blitzgescheit, denn Ben ist sehr jung für einen Chef. Man könnte zweifeln.
"Klar."
"Jedenfalls ist er schon irgendwie der Traum einer jeden ..."
"Tochter?"
So langsam nervt Max mit seinen Sticheleien. "Beziehungslosen Studentin", ergänze ich wahrheitsgetreu.
"Bindungsangst?"
"Nebenfach Psychologie?"
"Du scheinst vom Romantischen Hollywood-Syndrom befallen zu sein. Weit verbreitet. So bleiben dir die Schattenseiten einer realen Beziehung erspart. Kein schlechter Plan. Dir ist aber schon klar, dass er in fünfundzwanzig Jahren ... "
Ein ganz übler Klugscheißer, dieser Max.
"Ich will mir auch nicht vorstellen, mit ihm die Wohnung zu putzen", schießt es mir in den Kopf und aus dem Mund. "Es ist tatsächlich faszinierender an ihn zu denken, wenn wir, sagen wir mal zum Beispiel in Schweden an einem ... ach, was weiß ich." Ich schüttle den Kopf und mache ein paar kleine Hüpfer. Es ist kalt.
"Schon okay."
"Ich werde mal wieder reingehen. Muscheln gucken. Bis dann." Ich eile an den Tisch zurück, setze mich Ben gegenüber und bilde mir ein, leichte Genervtheit in seinem Gesicht zu erkennen. Es ist aber auch gut möglich, dass ich leicht genervt bin.
"Ich habe dein Essen abräumen lassen. Es war kalt", sagt er und lächelt milde.
Ich habe mich geirrt. Kein Vorwurf in seiner Stimme. Keine Fragen. Im Grunde perfekt.
"Was meinst du denn nun, Ben?", frage ich schon etwas ungehalten.
"Wozu?" Er ordert mit einer Handbewegung die Rechnung. Ein Hebel in meinem Hirn legt sich um. Ich spüre genau, wie er einrastet. Ist da etwas Tomate in seinem Bart? Ich beuge mich über den Tisch, um es besser zu erkennen. Er legt seine Black Card auf das Silbertablett und rülpst. Verhalten, aber er stößt auf und eine Knoblauchfahne umzieht meine Nase, gepaart mit dem Geruch von Alkohol. Ich erhebe mich spontan, baue mich vor ihm auf und sage:"'tschuldige, ich muss los." Und ich verlasse das Theater. Zur Garderobe, ziehe meinen Mantel an und stelle fest, dass meine Tasche noch am Stuhl hängt. Während ich noch darüber nachdenke, was es bedeutet ohne Handtasche zu gehen, entdecke ich Max, wie er bei Ben steht, etwas sagt, die Handtasche greift und mir langsam entgegenschlendert. Strahlend, mit einem vorwitzigen Eckzahn.
"An deinem Abgang musste aber noch arbeiten." Er hakt sich bei mir unter und wir verlassen das Bistro, dabei zieht er etwas an meinem Arm. Vielleicht befürchtet er, ich würde umkehren und an meinem Abgang feilen.

Auf dem Gehweg muss ich einige Male tief durchatmen, damit sich mein Herzschlag normalisiert. So viel Drama bin selbst ich nicht gewohnt.
"Wollen wir noch ins Resonanz? Bisschen reden. Hab Feierabend. Ich will dir doch von dem Gespräch mit der Uni erzählen. Ich glaub, für mich ist das nix. Voll der elitäre Schuppen..." Max erbricht einen Wortschwall. Jetzt hake ich mich bei ihm unter und lege meinen müden Kopf an seine Schulter. Er redet und redet, aber ich filtere alles durch. Er riecht nach Weichspüler und Wolle. Zum Kampf in Schweden wird das nicht taugen, aber sein Einsatz im Bistro war gar nicht so übel. Mit Blick in die schneegefüllten Wolken lasse ich mich führen.
Im Resonanz geht Max sogleich an den Tresen und bestellt zwei Korn. Ich stehe neben ihm und bestelle auch zwei. Unsere Blicke treffen sich.
"Was?"
"Nix."
Wir kippen die Schnäpse hinunter und mir wird warm. Ich ziehe meinen Mantel aus und auch den Pullover, öffne die oberen Knöpfe meiner Bluse und gehe zur Musikbox. Ich stehe gerade auf die 80's und wähle Falco, schlendere im Takt zu Jeanny zu Max zurück, trinke seinen zweiten Korn und bestelle nochmal vier.
"Weiß du, Max ..." Ich versuche ihn anzusehen, suche seine Augen. "Weißtu. Ich glaube ... ich glaube, ich kann nicht mit 'm Mann Nudeln koch'n, abwasch'n und dann auf'm Sofa ...."
"Einschlafen?"
"Genau!" Er versteht mich. Darüber freue ich mich so richtig. Ich ziehe einen Schuh aus, weil der schon den ganzen Weg gedrückt hat.
"Quit livin' on dreams. Jeanney, life is not what it seems", singe ich mit Falco. Nun muss ich tanzen. Dafür ziehe ich den anderen Schuh auch aus.
"Ist ja nicht so voll hier", rufe ich erfreut.
"Ist ja auch erst vierzehn Uhr", bemerkt Max völlig richtig. "Komm, ich bring dich nach Hause." Und das ist sicher sehr vernünftig und so gehen wir Arm in Arm wie ein verliebtes Paar die verschneiten Straßen entlang.
"Weiß du, Max, ich bin grad' ziemlich heiter. Heiter bis glücklich, könnt' man fast sagen. Auch irgendwie befreit." Und ich küsse ihn auf die rote Nase. Weil ich vor meiner Haustür eine Stufe höher stehe als er. Und weil ich's will.
"Sehen wir uns morgen?", fragt er leise.
"Jaaaa. Ich denke morgen bin ich auch wieder vergnügbar." Max begleitet mich bis vor die Wohnungstür und nachdem ich umständlich den Schlüssel ins Schloss gesteckt habe, lasse ich ihn dort, denn ich habe es eilig ins Bad zu kommen.

"Und manchmal fühle ich mich selbst wie 'ne Muschel. Halb drinnen, halb draußen. Weich und hart. Von außen kaum lebendig. Die meisten Menschen wissen nicht mal, dass Muscheln ein Herz haben. Um voranzukommen, muss ich raus, wenigstens mit einem Fuß. Und plötzlich bin ich in der Lage, eine Art Raketenstrom zu verursachen und presche dann immer über's Ziel hinaus. Oder ich klebe mich fest, verankere mich an andere. Lebe sozusagen in Symbiose. Eine Beziehung würde ich das nämlich nicht nennen. Ich kann das einfach nicht so gut. Es ist doch eh alles eine Illusion. Was bedeutet das überhaupt? Der Richtige? Der Falsche? Ich will nicht glauben, dass ich nur komplett sein soll, wenn ich mit dem richtigen Mann zusammen bin. Das ist ein entsetzlicher und absurder Gedanke!"
Ich stehe unter der Dusche, betrunken, sentimental, wütend, ohne Job und Liebhaber. Das Wasser ist angenehm heiß und ich bewege mich nicht, ziehe in Erwägung, bis in alle Ewigkeit hier stehen zu bleiben oder bis ich den Duft von Kaffee wahrnehme.

Als ich in die Küche komme, sitzt dort Max. Ich habe gar nicht bemerkt, dass er mit hineinkam. Der Wohnungsschlüssel liegt neben der Kaffeetasse.
"Du bist ganz schön präsent", sage ich, weil meine Energie zu nichts anderem reicht und ich weiß, dass ich irgendetwas sagen muss.
"Ich dachte, ich bleib' noch. Nur für den Fall ..."
"Was'n für'n Fall?" Ich mache mich ganz klein auf dem Stuhl und schlürfe den Kaffee, den er gekocht hat.
"Du warst so ... aufgedreht."
"Hm."
"Ich fühle mich irgendwie ..."
"Verantwortlich?"
"Verliebt."
Naturgemäß schnappen meine Schalenhälften bei Berührung, auch verbaler, zu. Wir nippen an unseren Tassen und schweigen eine Weile.
"Es war doch klar, dass der Typ nicht passt", platzt es dann aus Max heraus. "Statistisch gesehen greift man zwölf Mal daneben. Ich hab gelesen, man würde mit seiner Wahl, also wenn man meint, immer den Falschen auszusuchen, so was wie Psychohygiene betreiben, um damit die eigenen, ungeliebten Seiten loszuwerden. Der Typ würde quasi deine miesen Seiten ausleben. So erspart man sich, sich selbst zu hassen. Man kann also den Kerl bekämpfen statt sich selbst. So in der Art."
Diese These ist überdenkenswert.
"Ich denke, ich gehe nach Neuseeland", und ich habe keine Ahnung, wie ich darauf komme.
"Ich denke, ich komme mit."
"Kennst du die Abalone?"
"Man ist überrascht, wenn man sie von innen sieht."
Gegen seine Komplimente bin ich immun, sollte das eins gewesen sein.
"Ich werde Muschelschalen sammeln und daraus Badfliesen machen", sage ich und finde diesen Einfall extrem gut.
"Ich werde Gemüse pflanzen und vom Regen vollgesogene Schafe umdrehen, sie scheren und aus der Wolle Pullover stricken."
Ich weine. Es überkommt mich und ich höre vermutlich bis zum Abflug nicht mehr damit auf.

 

Hi Kanji,

ich stürze mich mal gleich auf den ersten Abschnitt, mehr Zeit ist grad nicht. Den fand ich schon mal ganz hübsch, vor allem die Episode mit dem Jungen hat mir gefallen, schön anschaulich und so, eine ganz andere Situation ganz passend übertragen.

Aber wie immer habe ich natürlich auch was zu mosern im Gepäck, pass nur auf!

damit ich weiß wer und somit meist auch, was auf mich zukommt.
"und somit meist auch was" - das gefällt mir nicht so. Könnte aus meiner Sicht gerne weg. Es ist ja nicht so - nehme ich an - dass jeder oder jede, die reinkommen, auf sie zukommt. Die meisten kommen einfach rein und haben mit ihr gar nichts zu tun. Mir ist das deshalb etwas zu viel.

Heute bin ich allerdings verabredet.
Finde ich schön knapp hingestellt, man weiß ungefähr woran man ist, ohne dass du zu viel verrätst.

jetzt nur ohne Tiere.
Hm, braucht's so eigentlich auch nicht, oder? Das ist schon klar, dass da keine Tiere mehr sind.

Um den Hall zu filtern,
Nur so ne Idee: Evtl. Schall statt Hall?

der Trubel, der sich in meinem Kopf potenziert hat,
"potenziert" klingt mir hier zu technisch, "gesteigert" oder so fänd ich besser.

Diese Selbstüberlistung
Gefällt mir auch nicht so, ich weiß nicht genau warum, ich glaube, das ist mir zu wertend an dieser Stelle.

Die Fliesen an der Decke sind meergrün, ganz Jugendstil mit Ornamenten gearbeitet. Schifffahrt, Handel, Industrie und Landwirtschaft sind symbolisiert.
Eigentlich fies, dass ich hier in jeder zweiten Zeile neue Vorschläge mache, aber du weißt das schon zu nehmen, hoffe ich. Mir kommt der Satz jedenfalls eine Spur kräftiger vor, wenn man ausdünnt, z.B. so: "Die Fliesen an der Decke sind meergrün. Schifffahrt, Handel, Industrie und Landwirtschaft." Aber ja, besser vielleicht doch mit Verb im zweiten Satz, aber "symbolisiert" geht mir einen Tick zu sehr um die Ecke. Sicher, dargestellt sind streng genommen nur die Schiffe, weil Handel und Landwirtschaft abstrakt sind, trotzdem würde mir das einfachere Wort besser gefallen.

Fliest noch irgendjemand Decken mit Orangenbäumen und spärlich gekleideten Frauen und Kindern?
Dieser Satz ist bei mir nicht gleich angekommen, gerade war ja noch von Schiffen usw. die Rede, da konnte ich das nicht unmittelbar einordnen. Einen Vorschlag habe ich hier mal nicht, und das ist wahrscheinlich auch besser so, sonst musst du dir ja langsam bevormundet vorkommen.

Heute ist die Räumlichkeit ein angemessenes Ambiente für dieses Viertel. Wir treffen uns hier, weil es keine zweihundert Meter vom Büro entfernt liegt.
Und schließlich fand ich hier den Wechsel von "Räumlichkeit" im ersten Satz zu "es" im zweiten nicht so glücklich.

Soweit also für diesmal. Bin gespannt, wie's weitergeht!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo Kanji,

ist das Absicht, dass mir deine Protagonisten von Beginn an tierisch auf die Nerven gehen? :D

Okay, Übertreibung beiseite, aber ich habe tatsächlich Schwierigkeiten, Corinne und Ben sympathisch zu finden. Ben erscheint mir als eitler, selbstverliebter Fatzke, noch bevor er wirklich die Szene betritt, allein durch die schwärmerische Beschreibung in Corinnes Gedanken. Und sie ist ein verknallter Backfisch, verliert völlig die Kontrolle, sobald sie Ben sieht oder nur an ihn denkt, sprunghaft obendrein, fast schon manisch. Das wird im weiteren Verlauf etwas besser (in Bezug auf Corinne, nicht Ben), aber trotzdem käme ich im richtigen Leben kaum mit ihr klar. Der einzige halbwegs Normale ist offensichtlich Max, dessen Zuneigung zu Corinne ich wiederum nicht recht nachvollziehen kann.

So viel dazu, was die Geschichte spontan in mir auslöst. Wenn ich etwas analytischer an den Text herangehe, muss ich konstatieren, dass ich ihm schwer folgen kann, was natürlich an den Gedankensprüngen der Erzählerin liegt. Auch ihre Handlungen sind nicht ganz nachvollziehbar, jedenfalls nicht alltagstauglich. Ich interpretiere das als Stilmittel, du arbeitest mit Übertreibungen sowohl in den Gedankengängen als auch in den Handlungen deiner Protagonistin, so ein bisschen wie in einer überdrehten Komödie.

Aber auch auf dieser Ebene würde ich die Personen gerne ein bisschen verstehen können. Bei Ben geht das, weil er recht stereotyp ist, das Abziehbild des smarten Geschäftsmanns, erfolgreich und weltgewandt, meistens am Handy wichtige Deals besprechend; Frauen sind für ihn die schicken Möbelstücke in seiner Designerwelt. (Für ihn würde man sich auch irgendeine Art von Wendung wünschen, aber dies ist nun mal eine Kurzgeschichte.) Dass eine Frau sich in ihn verguckt, passt zum Klischee, ist vielleicht ein bisschen sehr überzeichnet, aber vielleicht kommt mir das nur deshalb so vor, weil es als Innensicht präsentiert wird. Ich weiß gleich, das kann (darf) nicht von Dauer sein; entweder wird Ben Corinne abweisen oder sie wird irgendwann hinter seine Fassade blicken und den Richtigen (oder zumindest Besseren) finden. Und tatsächlich: Da kommt Mitstudent Max, vermutlich schon seit längerem heimlich in Corinne verliebt, die ihn aber bis dato nicht als love interest, sondern bestenfalls als Kumpel wahrgenommen hat. Was die beiden verbindet, wird mir allerdings bis zum Schluss nicht klar. Max hat offenbar einen hübschen Eckzahn und lässt sich von Corinnes überkandideltem Auftritt nicht abschrecken; außerdem betrinken sie sich gemeinsam und diskutieren tiefsinnige Beziehungsfragen. Reicht das für eine Beziehung?

Was will ich damit sagen? Auf der äußeren Ebene bietet deine Geschichte eine Handlung, die Hollywood in jeder zweiten Liebeskomödie verwendet. Was sie besonders macht, ist die Verrücktheit der Hauptdarstellerin, die noch Meg Ryan in deren besten Tagen übertrifft. Das Ganze beschreibst du mit kreativen Worten und Bildern, und das Lesen macht auch durchaus Spaß. Aber ich kann deine Charaktere nicht recht liebgewinnen, weil ich ihre Beweggründe nur zum Teil verstehe.

Ein paar Textstellen:

Das mache ich immer so, damit ich weiß wer und somit meist auch, was auf mich zukommt.
Schwierige Zeichensetzung in diesem Satz. Vielleicht so:
Das mache ich immer so, damit ich weiß, wer - und somit meist auch, was - auf mich zukommt.

Die Fliesen an der Decke sind meergrün, ganz Jugendstil mit Ornamenten gearbeitet. Schifffahrt, Handel, Industrie und Landwirtschaft sind symbolisiert.
In einem ehemaligen Schlachthof?!

nehme mit zittrigen Händen die Tasse Kaffee, die ich mir bereits vor einer halben Stunde bestellt habe[Komma] und verhindere somit eine Umarmung

gestikuliert noch im Stehen der Kellnerin, dass er umgehend etwas bestellen möchte[Komma] und schält sich elegant aus seinem Mantel


aus Blättern, Moos und einem kleinen, wilden Felltier gepresst
Uuuh, Kopfkino ...! :eek:

die Speisekarte, die vor mir liegt und die ich wie ein [einen] Schutzschild vor mein Gesicht halte

"Ich nehme bretonische Austern. Gibt es "Belons"?"
Die inneren Anführungsstriche sollten einfach statt doppelt sein. Oder ganz weglassen.

Er richtet seine braunen Augen auf mein Gesicht und es ist zum Verrücktwerden[Komma] wie sehr es mich aus der Fassung bringt.

Sehe ich wirklich so aus[Komma] als würde mich Sprudelwasser aufregen?

"Ben, ich habe die Möglichkeit[Komma] für den Master nach Peru zu gehen."

als hätte es tatsächlich einige Zeit gebraucht, bis meine Worte sein, mit Sicherheit hübsches[Komma hier] Hirn[nicht hier] erreicht hätten

Oder den Einschub "mit Sicherheit hübsches" mit Gedankenstrichen statt Kommas abgrenzen.

"Das ist wunderbar", sagt er im unverbindlich freundlichem Ton
im unverbindlich freundlichen Ton oder in unverbindlich freundlichem Ton

"Hervorragend, dass ich ein halbes Jahr weg bin[Komma] oder hervorragend, meinen Master zu machen[Komma] oder hervorragend[kein Komma] im Sinne von[Komma oder Anführungsstriche oder irgendwas ...] Peru verfügt über dreiundfünfzig Naturschutzgebiete und ..."

"der Schwerpunkt Unternehmungsführung im Wirtschaftsbereich dort in Cusco ist in der renno ..."
Falls sie "renommiert" sagen will, dann nur ein n.

Ich hab es nicht einmal klingeln hören[Komma] so konzentriert bin ich in meinen Monolog.

Ich jobbe in hier in der Küche.


"Du scheinst vom Romantischen Hollywood-Syndrom befallen zu sein.
Recht hat er ...

"Wollen wir noch ins Resonanz. [Fragezeichen?] Bißchen reden.

Jetzt hake [ich] mich bei Max unter und lege meinen müden Kopf an seine Schulter.


Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej erdbeerschorsch,

sodale, das geht ja flott für einen Samstag.

Dann guck' ich mir mal dein Mosergepäck an.

und somit meist auch was" - das gefällt mir nicht so. Könnte aus meiner Sicht gerne weg

Das war gefühlte 100 mal drinnen und draußen - ok, raus damit.

Finde ich schön knapp hingestellt, man weiß ungefähr woran man ist, ohne dass du zu viel verrätst.

Du meinst die Verabredung. Der Zusatz kam auch erst spät. Gut, zu wissen.

Hm, braucht's so eigentlich auch nicht, oder? Das ist schon klar, dass da keine Tiere mehr sind.

Kommt davon, wenn man wochenlang "optimieren" will :D

Nur so ne Idee: Evtl. Schall statt Hall?

Ehrlich gesagt, kenne ich den physikalischen Unterschied nicht und ich habe bei Schall eher an eine Bewegung gedacht. :shy:

potenziert" klingt mir hier zu technisch, "gesteigert" oder so fänd ich besser.

Technisch ist doof. Ich geh mal in mich.

Gefällt mir auch nicht so, ich weiß nicht genau warum, ich glaube, das ist mir zu wertend an dieser Stelle.

Du meinst die Selbstüberlistung. Wertend ist auch nicht gut.

Eigentlich fies, dass ich hier in jeder zweiten Zeile neue Vorschläge mache, aber du weißt das schon zu nehmen, hoffe ich. Mir kommt der Satz jedenfalls eine Spur kräftiger vor, wenn man ausdünnt, z.B. so: "Die Fliesen an der Decke sind meergrün. Schifffahrt, Handel, Industrie und Landwirtschaft." Aber ja, besser vielleicht doch mit Verb im zweiten Satz, aber "symbolisiert" geht mir einen Tick zu sehr um die Ecke. Sicher, dargestellt sind streng genommen nur die Schiffe, weil Handel und Landwirtschaft abstrakt sind, trotzdem würde mir das einfachere Wort besser gefallen.

Ok. Knöpfe ich mir vor.

Dieser Satz ist bei mir nicht gleich angekommen, gerade war ja noch von Schiffen usw. die Rede, da konnte ich das nicht unmittelbar einordnen. Einen Vorschlag habe ich hier mal nicht, und das ist wahrscheinlich auch besser so, sonst musst du dir ja langsam bevormundet vorkommen.

Das liegt wohl daran, dass es diese Decke tatsächlich so gibt, sie so aussieht. Da bessere ich nach oder mogle eben. Und nein, ich fühle mich nicht bevormundet. Mal aus meinem Hirn raus, ist doch gut.

... Wechsel von "Räumlichkeit" im ersten Satz zu "es" im zweiten nicht so glücklich.

Gebont.

Danke erst mal und ein schönes Wochenende, Kanji

Hej The Incredible Holg,

Feinfein, dass du hier bist und dir Zeit genommen hast.

ist das Absicht, dass mir deine Protagonisten von Beginn an tierisch auf die Nerven gehen?

Ja. Ich neige dazu, meine Figuren zu überzeichnen. Ich liebe das. Kompensation? :lol:

Ben erscheint mir als eitler, selbstverliebter Fatzke, noch bevor er wirklich die Szene betritt, allein durch die schwärmerische Beschreibung in Corinnes Gedanken. Und sie ist ein verknallter Backfisch, verliert völlig die Kontrolle, sobald sie Ben sieht oder nur an ihn denkt, sprunghaft obendrein, fast schon manisch.

Dann hab ich ja alles richtig gemacht. :D So sollen sie sein. Dass du sogar manisch schreibst, ist perfekt.

Das wird im weiteren Verlauf etwas besser (in Bezug auf Corinne, nicht Ben), aber trotzdem käme ich im richtigen Leben kaum mit ihr klar.

Nur ihre Mutter mag sie.

Der einzige halbwegs Normale ist offensichtlich Max,

Echt, nur halbwegs?

Auch ihre Handlungen sind nicht ganz nachvollziehbar, jedenfalls nicht alltagstauglich. Ich interpretiere das als Stilmittel, du arbeitest mit Übertreibungen sowohl in den Gedankengängen als auch in den Handlungen deiner Protagonistin, so ein bisschen wie in einer überdrehten Komödie.

Sie ist nicht alltagstauglich, is' ja das Drama. Aber Komödie, Hollywood - du guckst Zuviel Kino. :D

Reicht das für eine Beziehung?

Genau, was braucht die? Wer passt warum und wie lange zusammen? Oder überhaupt?

Aber ich kann deine Charaktere nicht recht liebgewinnen, weil ich ihre Beweggründe nur zum Teil verstehe.

Wie süß von dir. Muss das denn eigentlich sein? Eigentlich war meine Intention eine andere, vermutlich hab ich's vertüncht.

Schwierige Zeichensetzung in diesem Satz. Vielleicht so:
Das mache ich immer so, damit ich weiß, wer - und somit meist auch, was - auf mich zukommt.

Den Satz miste ich aus.

In einem ehemaligen Schlachthof?!

Ja, aber das klingt wohl unverständlich, so werde ich die Tatsache verändern.

Uuuh, Kopfkino ...!

Ich benötigte eine "schmutzige" Note. :D

die Speisekarte, die vor mir liegt und die ich wie ein [einen] Schutzschild vor mein Gesicht halte

Mein' ich ja.

Die inneren Anführungsstriche sollten einfach statt doppelt sein. Oder ganz weglassen.

Ok.

im unverbindlich freundlichen Ton oder in unverbindlich freundlichem Ton

Natürlich.

Falls sie "renommiert" sagen will, dann nur ein n.

Selbstverständlich.

Recht hat er ...

Nicht viel Übereinstimmung für dich. :(

"Wollen wir noch ins Resonanz. [Fragezeichen?] Bißchen reden.

Jetzt hake [ich] mich bei Max unter und lege meinen müden Kopf an seine Schulter.


Kommt.

Die ganzen Kommas vor 'und', 'oder' und sonst so, sind eingefügt.

Danke, dass du dich durchgewurschtelt hast und ein schönes Wochenende, Kanji

 

Fliest noch irgendjemand Decken mit Orangenbäumen und spärlich gekleideten Frauen und Kindern?
Was wolltest du uns mit dieser rhetorischen Frage sagen? Irgendwie passt sie nicht in ihre Umgebung.

Verbuche diesen Genuss, ihn mich suchen zu lassen, sich zwangsweise mit mir zu beschäftigen, als Teil von Wiedergutmachung für die vergangenen Tage der Ignoranz. Das ist lächerlich. Ich weiß das.
Diese Stelle mag ich. Obwohl man noch keinen blassen Schimmer hat, worum es genau geht bzw. gehen wird, macht diese Stelle den Hauptcharakter sehr menschlich.

Ihn bringt es nicht aus seinem
Okay, ich weiß, dass damit das Konzept gemeint ist, aber ich würde die Stelle umformulieren.
Er bleibt (jedoch) völlig locker oder er hingegen wirkt ganz lässig oder er hingegen stupst mir nur spielerisch gegen die Nasenspitze. (Nicht den leisesten Hauch von Nervosität.)

Ich assoziiere spontan einen Schwertkampf in einer Rüstung aus Leder und Ketten, barfuß auf sattem, grünem Boden, auf dem Blumen wachsen - nein, das sieht lächerlich aus - aber bei Regen, irgendwo in Nordschweden vielleicht.
Auch hier wieder so eine putzige Stelle, die durch diese ziemlich übertriebene, komische Assoziation Menschlichkeit ausdrückt. Egal wie alt die Hauptperson ist - sie wirkt wie ein Teenagermädchen. Fast schon wie ein verrücktes Fangirl.

Nein!" Ich bin entsetzt. Sehe ich wirklich so aus, als würde mich Sprudelwasser aufregen?
Warum wird Corinne denn hier so aus der Fassung gebracht? Und nur weil man stilles Wasser möchte, heißt es ja nicht gleich, dass einen Sprudel aufregen würde..!?

Max nimmt die Flasche auf, entdeckelt sie, gibt sie mir zurück. Ich nehme sie wortlos und einen kräftigen Schluck.
Vielleicht wäre es an dieser Stelle ganz gut, den Leser erstmal vorzuwarnen, dass Max da ist. Ich war zunächst kurz verwirrt.

Der Job ist okay.
Und hier schon wieder ein Sprung, denn soweit ich sehen konnte, hat sie mit diesem Satz auf die Frage geantwortet, woher sie den Typen kennt. Oder war das so beabsichtigt?

Und das ist sicher sehr vernünftig und so gehen wir Arm in Arm wie ein verliebtes Paar die verschneiten Straßen entlang.
Die Stelle würde ich umformulieren, da man aus dem Dialog in den Satz reinstolpert.
"Klingt vernünftig", säusle ich, hake mich etwas grobmotorisch bei ihm ein und so gehen wir, wie ein verliebtes Paar, die Straße entlang.
Das war jetzt natürlich mit viel künstlerischer Freiheit, aber es ging um die Grundidee hier.

Guten Abend Kanji,

trotz meiner Anmerkungen hat die Geschichte mir im Grunde sehr gut gefallen. Die Hauptperson ist sympathisch verrückt und es ist leichte Kost, was abends zum Abschluss immer ganz gut ist.
Ich bin nur an manchen Stellen nicht so ganz mitgekommen, weil sich immer wieder das Setting geändert hat bzw. Lücken in den Dialogen waren.
Die Grundmessage habe ich dennoch verstanden: Ben war ein zwar perfektes, aber immer noch ignorantes Arschloch und wie viele Frauen ist Corinne ihm aus unerfindlichen Gründen verfallen.
Da war mir Max doch sympathischer - ein Jammer, dass ihr das erst ganz zum Schluss aufgefallen ist.

Ich wünsche dir einen schönen Sonntag!

Liebe Grüße,

Jana

 
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Liebe Kanji,

diese Geschichte musste ich erstmal sich setzen lassen, bevor ich was dazu schreiben kann.

Ich will nicht glauben, dass ich nur komplett sein soll, wenn ich mit dem richtigen Mann zusammen bin. Das ist ein entsetzlicher und absurder Gedanke

Mir kommt es so vor, als sei dies der Kernpunkt, die "Perle in der Muschel".
Zu Beginn sehe ich eine Prota, halb Kind, halb Frau, die sich wie eine Clematis um ein Gerüst rankt und jede Möglichkeit sucht, sich zu verankern.

Später wird sie sagen

Oder ich klebe mich fest, verankere mich an andere. Lebe sozusagen in Symbiose.

Intensiv beschreibt sie das Gefühl, von ihrem Lover nicht beachtet zu werden. Ihre Reaktionen darauf sind trotzig kindlich, aufmüpfig und erfolglos. Statt Ben auf die gespürte Nichtbeachtung direkt anzusprechen, sich und ihn zu zwingen, den Konflikt anzunehmen, ergreift sie die Flucht, um sich gleich wieder in eine neue Symbiose zu begeben. Zwölfmal ist es nötig, wenn man Max glauben darf:klug:

Dabei hat sie sehr wohl ein Gespür dafür, was falsch läuft.

"Warum verliebe ich mich immer und immer wieder in so ... einen Mann?", frage ich mich

"Nutze dein Hirn ruhig auch mal in Liebesangelegenheiten!"

Die Möglichkeiten hätte sie, das Angebot nach Peru,

"Der Job ist okay. Zum ersten Mal habe ich alle Anforderungen erfüllt. mobil, flexibel, risikobereit ..."

Aber sicher ist sie nicht, schiebt die Begeisterung Bens vor, versucht auszuweichen.

Liebe Kanji, diese Liste ließe sich noch beliebig lang fortsetzen. Vielleicht ist es das, was manche Leser hier ärgert oder ratlos macht.

Die Männerfiguren kommen nicht gut weg, auch Max nicht unbedingt. Aber wenn ich bedenke, dass es hier überhaupt nicht um Objektivität geht, sondern ausschließlich um die aktuelle Gefühlslage deiner Prota, so kann ich gut damit leben. Mir kommen sie ziemlich normal vor, in der einen wie der anderen Richtung. Mister Right ist halt eine romantische Fiktion.

Schade, liebe Kanji, dass ich nicht richtig erkennen konnte, in welchen Flieger sie einsteigt. Ich hoffe sehr, es ist der Flieger nach Peru.

Noch eine Anmerkung zum "Schlachthof". Ich weiß nicht, wo er jetzt als Gourmetlokal existiert. Barcelona oder Paris? Budapest oder Wien? Jedenfalls habe ich dir sofort abgenommen, dass du hier auf Selbsterlebtes zurückgreifst. Solche Details sind nicht so einfach aus dem Ärmel zu schütteln.

Muss ich noch sagen, dass mir deine Geschichte gut gefallen hat? Subtile,hoch sensible, nonkonformistische Frauengestalten sind deine Stärke.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 
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Hej Jana Retlow,

schön, dass du in meine Geschichte schaust.
Dann will ich auch gleich in deine Fragen tauchen.

Was wolltest du uns mit dieser rhetorischen Frage sagen? Irgendwie passt sie nicht in ihre Umgebung.

Du meinst, Corinnes Gedanken über die geflieste Decke. Sie lenkt sich in diesem Fall vom Trubel des Cafés ab. Sie überlegt halt, inwieweit sich die Menschen heute in der Zeit der Meetings und Telefonate beim Essen noch mit solchen Arbeiten wie Deckelfliesen beschäftigen würden.

Diese Stelle mag ich. Obwohl man noch keinen blassen Schimmer hat, worum es genau geht bzw. gehen wird, macht diese Stelle den Hauptcharakter sehr menschlich.

Das ist schön. Obwohl ich denke, man könnte ahnen, dass es sich um einen Mann handelt, der weniger gibt, als die Protagonistin erwartet. :shy:

Okay, ich weiß, dass damit das Konzept gemeint ist, aber ich würde die Stelle umformulieren.
Er bleibt (jedoch) völlig locker oder er hingegen wirkt ganz lässig oder er hingegen stupst mir nur spielerisch gegen die Nasenspitze. (Nicht den leisesten Hauch von Nervosität.)

Okay, das werde ich überarbeiten.

Auch hier wieder so eine putzige Stelle, die durch diese ziemlich übertriebene, komische Assoziation Menschlichkeit ausdrückt. Egal wie alt die Hauptperson ist - sie wirkt wie ein Teenagermädchen. Fast schon wie ein verrücktes Fangirl.

Vermutlich habe ich es übertrieben. Corinne deutet schon auch immer wieder an, wie fruchtbar sich Ben verhält. Sie macht sich lustig, über deine offensichtliche Präsenz. So ganz verklärt sieht sie ihn nicht.

Warum wird Corinne denn hier so aus der Fassung gebracht? Und nur weil man stilles Wasser möchte, heißt es ja nicht gleich, dass einen Sprudel aufregen würde..!?

Danke für den Hinweis. Das habe ich reduziert.

Vielleicht wäre es an dieser Stelle ganz gut, den Leser erstmal vorzuwarnen, dass Max da ist. Ich war zunächst kurz verwirrt.

Verwirrung ist doof. Ich habe deinen Vorschlag genutzt.

Und hier schon wieder ein Sprung, denn soweit ich sehen konnte, hat sie mit diesem Satz auf die Frage geantwortet, woher sie den Typen kennt. Oder war das so beabsichtigt?

Ich wollte Distanz zwischen den beiden schaffen, aber das ist offenbar zu subtil. Ich werde das umstellen.

Die Stelle würde ich umformulieren, da man aus dem Dialog in den Satz reinstolpert.
"Klingt vernünftig", säusle ich, hake mich etwas grobmotorisch bei ihm ein und so gehen wir, wie ein verliebtes Paar, die Straße entlang.

Verstehe, aber ich möchte sie im Augenblick noch stolpern lassen. Ich denke aber drüber nach. ;)

Die Hauptperson ist sympathisch verrückt und es ist leichte Kost, was abends zum Abschluss immer ganz gut ist.

Das ist bemerkenswert, denn in dieser Form ist die Geschichte nicht gedacht. Und hätte wieselmaus nicht auch die Intention erkannt, zumindest sie, dann wäre ich wohl davon ausgegangen in der Umsetzung meiner Idee, gescheitert zu sein. Aber wenn sie auch als amüsante, leichte Kost durchgeht ... Warum nicht? :D

Die Grundmessage habe ich dennoch verstanden: Ben war ein zwar perfektes, aber immer noch ignorantes Arschloch und wie viele Frauen ist Corinne ihm aus unerfindlichen Gründen verfallen.
Da war mir Max doch sympathischer - ein Jammer, dass ihr das erst ganz zum Schluss aufgefallen ist.

Was bei dir als Grundmessage übrig bleibt, ist mir allerdings zu wenig und bringt mich in Schwierigkeiten. Ich muss wohl noch etwas Zeit vergehen lassen, um herauszufinden, was ich noch mehr betonen, bzw. welche Ablenkungen ich entsorgen muss.

Vielen Dank für deinen Eindruck und Hilfe und einen schönen Restsonntag, Kanji

Liebe wieselmaus,

wenn du nicht wärst ... :herz: Ich war schon recht durcheinander, dass es offenbar sowenig deutlich wurde, worum es mir mit dieser Protagonistin geht. Auch hatte ich keine Ahnung, wie wenig genüsslich es ist, sie zu lesen, obwohl ich wirklich versucht habe, es nicht wie eine deprimierend rührige Selbstfindungstory, die Millionste, aussehen zu lassen und extra ein paar leichte, zumindest Schmunzler herauszukitzeln.

Mir kommt es so vor, als sei dies der Kernpunkt, die "Perle in der Muschel".

Natürlich geht es um eine Frau, die Probleme hat, ihren gesellschaftlichen Platz einzunehmen, hinzunehmen, was sich bietet und dabei immer wieder in die falsche Kiste greift und mit vielem überfordert ist. Sie ahnt, dass es doch auch reichen müsste, mit sich selbst zufrieden zu sein, als immerzu die sogenannte bessere Hälfte zu finden. Ich möchte auch, dass sie lernt und weiß, dass es (ersteinmal) ausreichen sollte, mit sich selbst zufrieden zu sein, sich selbst zu genügen, statt Mr. Right zu suchen und schon an den Kriterien daran zu scheitern, weil man ja selbst die Partnerwahl optimiert mit Partnervermittlungsagenturen in dieser Richtung.

Ihre Reaktionen darauf sind trotzig kindlich, aufmüpfig und erfolglos. Statt Ben auf die gespürte Nichtbeachtung direkt anzusprechen, sich und ihn zu zwingen, den Konflikt anzunehmen, ergreift sie die Flucht, um sich gleich wieder in eine neue Symbiose zu begeben. Zwölfmal ist es nötig, wenn man Max glauben darf

Sie ist tatsächlich unreif und verunsichert, doch ich denke, sie wird lernen.

Liebe Kanji, diese Liste ließe sich noch beliebig lang fortsetzen. Vielleicht ist es das, was manche Leser hier ärgert oder ratlos macht.

Verstehe. Verärgern war nun gar nicht meine Absicht. :shy:

Die Männerfiguren kommen nicht gut weg, auch Max nicht unbedingt. Aber wenn ich bedenke, dass es hier überhaupt nicht um Objektivität geht, sondern ausschließlich um die aktuelle Gefühlslage deiner Prota, so kann ich gut damit leben. Mir kommen sie ziemlich normal vor, in der einen wie der anderen Richtung. Mister Right ist halt eine romantische Fiktion.

Das stimmt. Ben, Max, der Vater, selbst der Nachbarsjunge sind sehr eindimensional. Weil es eben nicht um sie geht. Sie dienen der Findung, der Orientierung und eben der Darstellung der Protagonistin. Die Gesellschaft ist doch nach wie vor männlich geprägt. Frauen müssen sich immernoch rechtfertigen, wenn sie nicht den richtigen Mann finden, oder suchen, wenn sie unabhängig sein wollen, keine Kinder wollen, oder spät oder oder oder.

Ich hoffe sehr, es ist der Flieger nach Peru.

Wahrscheinlich wird sie das. Ihrem Vater zuliebe. ;)

Noch eine Anmerkung zum "Schlachthof". Ich weiß nicht, wo er jetzt als Gourmetlokal existiert. Barcelona oder Paris? Budapest oder Wien? Jedenfalls habe ich dir sofort abgenommen, dass du hier auf Selbsterlebtes zurückgreifst. Solche Details sind nicht so einfach aus dem Ärmel zu schütteln.

Erwischt. :lol: Und ich muss dafür gar nicht reisen. Das Café de Paris befindet sich in Hamburg.

Muss ich noch sagen, dass mir deine Geschichte gut gefallen hat? Subtile,hoch sensible, nonkonformistische Frauengestalten sind deine Stärke.

Ja, das musst du. :shy: Und ich danke dir, für das Benennen meiner Stärke. Frauen und ihre Stellung sind mir ein Anliegen.

Einen wunderschönen Maisonntag noch und herzlichen Dank für dein Verständis, Kanji

 

Hallo Kanji,

Vermutlich habe ich es übertrieben. Corinne deutet schon auch immer wieder an, wie fruchtbar sich Ben verhält. Sie macht sich lustig, über deine offensichtliche Präsenz. So ganz verklärt sieht sie ihn nicht.
Auf diesen kleinen Buchstabendreher wollte ich dich kurz aufmerksam machen. Fand ich lustig, aber vielleicht willst du es ändern :)

Welche Grundintention hattest du denn eigentlich beabsichtigt? Du meintest, es soll keine leichte Kost sein, das hat mich neugierig gemacht.
Ich kann mir vorstellen, dass du Max' Ignoranz noch mehr in den Vordergrund rücken wolltest. Das merkt man jedoch schon ziemlich deutlich in der Geschichte.
Eine Aufklärung wäre nett, oder, wenn du es mich selbst rausfinden lassen willst, reicht es auch, mir nach dem Bearbeiten nochmal Bescheid zu sagen. Dann lese ich es nochmal und mache mir ein Bild davon. Dann aber ein richtiges!

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag,

Jana

 
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"Nicht an sich denken, das macht ja der andere schon",
Anke Engelke auf die Frage nach der Wahrheit über die Liebe*​

Mein Herz, das törichte Ding, macht einen Sprung.
[...]
"Weiß du, Max ..." Ich versuche ihn anzusehen, suche seine Augen. "Weißtu. Ich glaube ... ich glaube, ich kann nicht mit 'm Mann Nudeln koch'n, abwasch'n und dann auf'm Sofa ...."
[...]
"Ich werde Muschelschalen sammeln und daraus Badfliesen fertigen", sage ich und finde diesen Einfall extrem gut
und ich erst einmal,

liebe Kanji,

denn was sich in diesem Lustspiel da zwischen "törichtem Ding" und der hervorragenden Geschäftsidee abspielt, hätte ich beinahe mit der Eruierung der

Speisen auf dem Teller
liegen lassen.

Aber der alte Bloch - "vieles fiele leichter, könnte man Gras essen" - und das Prinzip Hoffnung oder doch besser principessa Kanji setzten sich durch und's Dante Friedchen wurde nicht enttäuscht. Darf auch gar nicht!, sagt mein kleines fischiges Herz denn der Trivialtäten sind einige

Das mache ich immer so, damit ich weiß[,] wer auf mich zukommt.

Hier
So ähnlich klang es sicher auf dem Schlachthof, wofür der Raum ursprünglich diente
bin ich nicht sicher, ob "auf" in einem Gebäude (i. d. R. sind ja Schlachthöfe weniger Hof als Halle) und nicht besser "im" gewählt würde. Das kuriose ist ja, dass Stimmen "an" Adelshöfen ertön(t)en. Ein Hauch von Edlen, äh, edlem weht ja in der Fliesen-Frage
Die Fliesen an der Decke sind meergrün, ganz Jugendstil mit Ornamenten gearbeitet. Fliest noch irgendjemand Decken mit Orangenbäumen und spärlich gekleideten Frauen und Kindern?

Denn immer[,] wenn wir Kinder beim Ballspiel auf dem Hof alle gleichzeitig auf ihn einschrien, weil er den Ball so entsetzlich lange festhielt, bevor er sich entschloss, ihn abzugeben, blickte er in den Himmel.

Hier wären nun zwo Kommavarianten möglich (eines muss halt gesetzt werden allein schon wegen der Abhängigkeit der Infinitivgruppe vom Substantiv, die wahrscheinlichere
Ich glaube auch[,] Respekt zu erkennen vor so viel Präsenz,
aber möglicherweise ist "Ich glaube, auch Respekt ..."

Nach frischer Luft und einem teuren Parfum, das vorgaukelt[,] eine Seife zu sein, sauber und natürlich, wie ...

Kleiner Schwächeanfall? Oder ein "in" für den Schlachthof?
"Verrückt. Ich jobbe in hier in der Küche.

"Warum verliebe ich mich immer und immer wieder in so einen ...[...] Mann?", frage ich mich.

Das käme von der Gedankenüberdosis, meint meine Mutter[,] und das wäre nicht verrückt, sondern gesund[,] und eine sehr gute Möglichkeit[,] auszusortieren. Sie findet, es ist eine geniale Idee, meine Flut von Gedanken- und Informationsmengen auf diesem Weg zu filtern. Mein Vater hat dazu keine Meinung.
Noch'ne Frage zum Wechsel von Konj. zu Indikativ:
Warum anfangs Konjunktiv, aber mit der "findenden" Mutter Indikativ???

So[...]viel Drama bin ich auch nicht gewohnt.
Bi[ss]chen reden.
Um voranzukommen[,] muss ich raus, ...

So viel oder wenig für heute vom

Friedel

* unter Nr. 6 in "Mit allen Stürmen" in ZEITmgazin Nr. 52/2013 und unter Zeit online

 

Hallo Kanji,

ich habe eine ganze Weile überlegt, ob ich mich nicht um einen Kommentar zu deinem Text herumdrücken sollte, weil ich deine Schreibe so sympathisch finde, mich aber in diese Geschichte so gar nicht hineinfinden und ihr deshalb vielleicht überhaupt nicht gerecht werden kann.

Den Stil finde ich auf jeden Fall lesbar und kann mich gut darauf einlassen, aber inhaltlich hatte ich arge Verständnisprobleme:

Den Vorhang, der die Kälte draußen auf den Straßen halten soll, hält er neben sich auseinander und bleibt einen Augenblick mit ausgebreiteten Armen dazwischen stehen.

Das Bild hat mich sehr verwirrt: Wie kann er etwas neben sich mit ausgebreiteten Armen halten, wenn er dazwischen steht? Irgendwie hat der Auftritt für mich etwas Comedymäßiges und dieses Bild vom Antagonisten wurde ich dann gar nicht mehr los:

er stupst übergangslos mit dem Zeigefinger gegen meine Nasenspitze, gestikuliert noch im Stehen der Kellnerin, dass er umgehend etwas bestellen möchte, und schält sich elegant aus seinem Mantel.

Oder

Ich assoziiere spontan einen Schwertkampf in einer Rüstung aus Leder und Ketten, barfuß auf sattem, grünem Boden, auf dem Blumen wachsen

Der Comedian entpuppt sich aber dann als ziemlich unhöflicher Fatzke, den du ja vielleicht mit voller Absicht ins Lächerliche gezogen hast.

Leider leidet deine Protagonistin gleich mit, denn die durchschaut das Kasperle irgendwie nicht, lässt sich aber vom nächsten Männlein einfangen, während sie sich erstaunt fragt:

Was bedeutet das überhaupt? Der Richtige? Der Falsche? Ich will nicht glauben, dass ich nur komplett sein soll, wenn ich mit dem richtigen Mann zusammen bin.

Ich bin ja vielleicht eine blöde Emanzenzicke, aber das Mädel scheint nicht blöd zu sein, ist selbstreflektiert, hat berufliche Perspektiven - so what, ob Ben oder Max oder Franz ihr nun zuhören oder nicht?

Warum bitte, lässt sie sich so viel Einmischung bieten:

"Ich habe dein Essen abräumen lassen. Es war kalt."

oder, der nächste:

"Es war doch klar, dass der Typ nicht passt"

Oha, wenn es mich zu solchen Schreibausbrüchen hinreißt, hat dein Text auf jeden Fall etwas in mir bewirkt. :hmm:

Ich könnte mir vorstellen, dass die Geschichte auch bei anderen Frauen Diskussionen auslösen könnte, würde mir aber bei der Figurenkonstellation trotzdem weniger schwarz und weiß, fies und zuckersüß, wünschen.

Angesprochen hat mich deine Geschichte auf jeden Fall.

Viele Grüße

Willi

 
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Hej, lieber Friedrichard,

Vielen Dank für deinen Besuch und die Aufspürung meiner orthographischen Unzulänglichkeiten.

"Der Gott der Liebe sei immer der Dürftigkeit Genosse. Helen Fisher

bin ich nicht sicher, ob "auf" in einem Gebäude (i. d. R. sind ja Schlachthöfe weniger Hof als Halle) und nicht besser "im" gewählt würde.

Wohl wahr, ist aber doch tatsächlich dieser Raum dafür hergestellt, um zu schlachten, vermutlich war der vordere Raum, in dem sich jetzt ein Bistro befindet eher ein Verkaufsraum. Man weiß es nicht. Hab mich jetzt dir angeschlossen.

aber möglicherweise ist "Ich glaube, auch Respekt ..."

So habe ich entschieden.

Kleiner Schwächeanfall? Oder ein "in" für den Schlachthof?

Schwäche, weil völliges Geraffel von lesen, korrigieren, lassen, streichen, zufügen ...

Noch'ne Frage zum Wechsel von Konj. zu Indikativ:
Warum anfangs Konjunktiv, aber mit der "findenden" Mutter Indikativ???

Pure Schlamperei.

Ansonsten habe ich dankbar alle Kommas gesetzt und Worte korrigiert. Friedelseidank.

Freundlichster Gruß, Kanji

Hej Willi,

Herzlichen Dank, dass du dich durchgerungen hast, meinen Text zu kommentieren. Er ist offenbar arg missverständlich und macht mich ziemlich unglücklich.

Das Bild hat mich sehr verwirrt: Wie kann er etwas neben sich mit ausgebreiteten Armen halten, wenn er dazwischen steht? Irgendwie hat der Auftritt für mich etwas Comedymäßiges und dieses Bild vom Antagonisten wurde ich dann gar nicht mehr los:

Da muss ich wohl noch deutlich machen, dass der Vorhang aus zwei Teilen besteht.
Und genau dieser Eindruck des Antagonisten ist korrekt. Der Protagonistin ist völlig klar, um was für einen Typen es sich handelt und ärgert sich im Verlauf zunehmend über sich selbst, bzw. ihre wirren Gefühle.

Der Comedian entpuppt sich aber dann als ziemlich unhöflicher Fatzke, den du ja vielleicht mit voller Absicht ins Lächerliche gezogen hast.

Absolut.

Leider leidet deine Protagonistin gleich mit, denn die durchschaut das Kasperle irgendwie nicht, lässt sich aber vom nächsten Männlein einfangen, während sie sich erstaunt fragt:

Doch tut sie, befindet sich im Strudel, auch unter Druck, eben eine Mr. Right überhaupt zu finden. Das wird Frauen (auch Männern) permanent suggeriert, s. Partnervermittlungsinstitute. Es handelt sich ja hier nur um eine kurze Sequenz in einem Café. Halbe Stunde, in der sie kontinuierlich erkennt, wie unpassend dieser Mr. für sie ist.

Ich bin ja vielleicht eine blöde Emanzenzicke, aber das Mädel scheint nicht blöd zu sein, ist selbstreflektiert, hat berufliche Perspektiven - so what, ob Ben oder Max oder Franz ihr nun zuhören oder nicht?

Genau da liegt der Hund begraben. Die Geschichte ist der Prozess.

Warum bitte, lässt sie sich so viel Einmischung bieten:

Das Bild rundet sich. Sie begreift und begreift und begreift.

wenn es mich zu solchen Schreibausbrüchen hinreißt, hat dein Text auf jeden Fall etwas in mir bewirkt.

Die Protagonistin, die immerzu denkt, sie hat etwas von einer Muschel, die sich ja auch immer irgendwo andocken muss, unbeweglich scheint, aber doch zu Rakentenströmem fähig ist, die sie dann allerdings über ein Ziel schießen lassen, versucht aus diesen Abhängigkeiten herauszufinden.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Geschichte auch bei anderen Frauen Diskussionen auslösen könnte, würde mir aber bei der Figurenkonstellation trotzdem weniger schwarz und weiß, fies und zuckersüß, wünschen.

Das wäre doch ganz gut. Aber besser kann ich's wohl nicht. Das müsstest du dann bitte übernehmen. :lol:
Ich bin offenbar zu emotionl/unfähig dafür. :shy:

Lieben Dank, auch für deine Geduld und Freundlichkeiten, Kanji

 

Liebe Kanji,

ich habe mal gegoogelt nach dem Café de Paris in Hamburg. Tja, es passt mit seiner Jugendstil-Atmosphäre ausgezeichnet zu deinem Text. Bestimmt werde ich es aufsuchen, wenn ich nach Hamburg komme. Ich bin Jugendstilfan. Was das Publikum betrifft, ist dein Ben als Gast ein sehr typischer Vertreter. Schnell, stylisch und exquisit soll das Essen sein und es soll die Weltläufigkeit seiner User demonstrieren. Es wundert mich gar nicht so sehr, dass The Incredible Holg sich an Screwball-Komödien erinnert fühlt.
Die Tochter aus gutem Hause und der wahrscheinlich etwas ältere Lover, der sich mit einem hübschen Mädchen dekoriert. Sie darf ruhig studieren.

Deine Geschichte setzt kleine Widerhaken. Wenn man sich losreißen will, piekt es. Ich wünschte mir wie Willi, dass über Emanzipation subtiler nachgedacht wird, gerade heute, wo junge Frauen oft denken, da sei alles erreicht. Von wegen! Aber heute läuft es in der privilegierten westlichen Welt auf anderen Schienen als in der sogenannten Dritten Welt oder in muslimischen Gesellschaften.

Ich wünsch dir einen richtig guten Tag

wieselmaus, die Jane Austen verehrt

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen, liebe wieselmaus,

Bestimmt werde ich es aufsuchen, wenn ich nach Hamburg komme

Und ich komme dann durch den Vorhang zu dir geschlendert. ;)

Es wundert mich gar nicht so sehr, dass @The Incredible Holg sich an Screwball-Komödien erinnert fühlt.

Mist. Daran hab ich gar nicht gedacht. Mir schwirrte eher immer so das Bild der Holly Goligthly von Truman Capote im Kopf herum. :shy:

Ich wünschte mir wie @Willi, dass über Emanzipation subtiler nachgedacht wird, gerade heute, wo junge Frauen oft denken, da sei alles erreicht. Von wegen!

Ja. Ich würde auch sehr gerne viel mehr darüber lesen. Doch ich habe eher das Gefühl, das wir nicht nur stagnieren, sondern eher Rückschritte machen. Das ist wohl soziologisch betrachtet völlig normal, aber es ist traurig zu sehen, was in den Sechzigern und später aufgebaut wurde und heute bedeutet Emanzipation, zumindest in Europa eine Doppel- bis Dreifachbelastung und vermehrte Abhängigkeit.

Ich wollte mit dieser Geschichte nicht dramatisch erscheinen, keine hardcore Emanze kreieren, sondern eine junge Frau mittendrin. Sich aus dem Elternhaus mit einer Werterichtung (Studium, Mr. Right), die Suche nach diesem Mann und das Gefühl, ohne Mann nicht vollwertig zu sein. Im Prozess.

wieselmaus, die Jane Austen verehrt

Ich auch. Es wäre wundervoll, wenn es eine moderne Version von ihr gäb, bzw. ich von ihr wüsst. Sprachlich gesehen.

Danke für deine Wünsche und auch dir einen guten Tag im Wonnemonat, Kanji

 
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Liebe Kanji

Nach frischer Luft und einem teuren Parfum, das vorgaukelt eine Seife zu sein, sauber und natürlich, wie frisch aus Blättern, Moos und einem kleinen, wilden Felltier gepresst.

Meine Lieblingsstelle. Und ich nehm die gleich als Ausgangspunkt dafür, was ich gerne zum Text sagen möchte: Ich hab den sehr gern gelesen, und zwar, weil du ein sehr gutes Gespür für Details hast, einen Eckzahn zum Beispiel, für kleine Gesten, für die Distanzen, die zwischen den Menschen sich auftun, obwohl sie es gerne anders hätten. Ich fand auch die Muschel-Metapher sehr stimmig.

Ich glaube allerdings, dass sich das noch etwas optimieren liesse, und zwar in einer wesentlichen Hinsicht:

Ich bin geneigt zu applaudieren.
Das ist lächerlich. Ich weiß das.
eine Umarmung, die mich aus dem Konzept bringen könnte.
gibt dem empfindsamen Herzen den Impuls für einen Zwischenschlag.
höre mich an wie ein kleines Mädchen
Mein Herz, das törichte Ding, macht einen Sprung.

usw.
Diese Verniedlichungen erschweren es, der Protagonistin Vertrauen zu schenken, sie ernst zu nehmen, sich in den Text reinzugeben. Du hast den Konflikt, die Ambivalenz doch schon in den Gesten, in den Dialogen, auch in der Gedankenwelt der Protagonistin abgebildet, ich denke, du könntest hier etwas zurückfahren. Versteh mich richtig, ich will nicht die alte Show/Tell-Keule ansetzen, ich fand es gut, dass du den Leser an den Gedanken Corinnes teilhaben lässt, ich finde bloss, du könntest genau in den Momenten etwas zurückhaltender sein, in denen sie sich schlecht macht, in denen sie ihr Verhalten kommentiert.
Dafür könntest du noch zwei, drei Stellen wie die eingangs zitierte einbauen, wo Corinne Humor zeigt, auch mal über der Sache steht.

Vielleicht hattest du Angst, das Verhalten Corinnes ansonsten nicht plausibel rüberbringen zu können. Aber statt sie klein zu machen, könntest du ja auch Max [EDIT: Ben] etwas vergrössern: Gib ihm ein paar positive Eigenschaften mehr, die Corinnes Faszination an diesem Mann erklären. Ich hab kürzlich «Unschuld» von Jonathan Franzen gelesen und der hat u.a. eine ähnliche Konstellation beschrieben und hier das Bild eines Löffels, der im Gehirn der Frau rührt, entwickelt, und er kann das auch plausibel machen, z.B. die Virilität des Mannes spürbar machen ohne sie gleich zu karikieren. Das könntest du auch, finde ich.

Edit: Ich hab noch die Kommentare gelesen und ich denke, es ist so, dass du die Figuren etwas überzeichnest. Die behalten genügend Kontur, wenn du da etwas zurückfährst, diesbezüglich würde ich mir keine Sorgen machen, im Gegenteil, zwei, drei zusätzliche Facetten werden sie noch mehr glänzen lassen.

"Warum verliebe ich mich immer und immer wieder in so einen ... Mann?", frage ich mich.

Diesen Gedanken fand ich dann allerdings tatsächlich zu erklärend (im Sinne von Show/Tell) und überflüssig, weil ich zu diesem Zeitpunkt längst verstanden habe, dass dies das Thema des Textes ist.

Ich habe zwei Plätze am Ende des Raumes reserviert und überblicke von hier aus sämtliche Tische. Das mache ich immer so, damit ich weiß, wer auf mich zukommt.

Um den Hall zu filtern, blicke ich nach oben, sehe mir die hohe Decke an und der Trubel, der sich in meinem Kopf vervielfacht hat, mildert sich durch die Ablenkung. Diese Methode habe ich mir von einem Nachbarjungen abgeguckt. Denn immer, wenn wir Kinder beim Ballspiel auf dem Hof alle gleichzeitig auf ihn einschrien, weil er den Ball so entsetzlich lange festhielt, bevor er sich entschloss, ihn abzugeben, blickte er in den Himmel. Und ich habe mir seinerzeit vorgestellt, er würde mit dem Ball unter dem Arm abheben und in die Wolken fliegen. Ist er natürlich nicht, aber er wurde ruhiger und warf den Ball urplötzlich einem von uns entgegen.

Eine technische Sache. Du kannst dir überlegen, die Erklärungen für jemandes Verhalten jeweils wegzulassen, das erschliesst sich dem Leser sehr häufig von alleine und gibt ihm dann auch Raum, etwas zu entdecken. Ich fand das Bild vom Jungen mit dem Ball super, wirklich ganz toll. Lass es für sich stehen, seine volle Wirkung entfalten, indem du den erklärenden Kontext wegstreichst oder zumindest minimierst.

Und dann betritt er den Raum wie der Hauptakteur die Bühne. Den zweigeteilten Vorhang, der die Kälte draußen auf den Straßen lassen soll, hält er neben sich auseinander und bleibt einen Augenblick mit ausgebreiteten Armen dazwischen stehen.

Der zweite Satz ist wahnsinnig umständlich. Ich finde auch, dass du Max [EDIT. Ben] hier aktiver handeln lassen solltest, der hält den Vorhang nicht auseinander, er teilt ihn, so wie Moses das Meer. Das würde zum Auftritt passen. Mein Vorschlag: Und dann betritt er den Raum wie der Hauptakteur die Bühne, teilt den Vorhang, der die Kälte auf den Strassen lassen soll, und bleibt mit ausgebreiteten Armen dazwischen stehen.

Habe ich sehr gern gelesen, liebe Kanji, ich finde, in deinen Texten gibt es immer viel zu entdecken, das ist nie Nullachtfünfzehn.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hej Peeperkorn,

vielen Dank fürs Hereinschauen in meinen Text.

Ich freue mich sehr und du hast mir allerhand verdeutlicht, zum großen Teil auch meine Unsicherheiten. Ich rühre hier, wie eigentlich bereits auch in meinen vorigen Geschichten, anscheinend zu viele Themen zusammen. Und ich ärgere mich, weil das (wieder mal) nicht funktioniert. Denn eigentlich möchte ich gar nicht, Max vs. Ben, sondern ich möchte, dass Corinne merkt, gar keinen Muschelpfahl zu brauchen, um zu leben. Sich das Leben zu verschönern, ja, zu existieren, nein.

Es macht mich sehr glücklich, dass für dich die Muschelmetapher passt.

weil du ein sehr gutes Gespür für Details hast, einen Eckzahn zum Beispiel, für kleine Gesten, für die Distanzen, die zwischen den Menschen sich auftun, obwohl sie es gerne anders hätten.

Hier bin ich auch erleichtert. Der Eckzahn vs. einer Reihe natürlich weißer Zähne, Nähe vs. Distanz.

der Protagonistin Vertrauen zu schenken, sie ernst zu nehmen, sich in den Text reinzugeben.

Ich muss ganz ehrlich gestehen, an etwas wie Vertrauen habe ich noch gar nicht gedacht und wo du mich mit den Beispielen direkt darauf hinweist, fällt es wie Schuppen von den Augen. Ich hab immernoch nicht verinnerlicht, dass ich als Gestalterin verantwortlich bin, wie der Text empfunden, gelesen wird.

Zurückfahren, zurückhalten, unkommentiert lassen. Ich weiß genau, was du meinst. Das hat wohl etwas mit Selbstvertrauen zu tun.:D

Dafür könntest du noch zwei, drei Stellen wie die eingangs zitierte einbauen, wo Corinne Humor zeigt, auch mal über der Sache steht.

Das werde ich versuchen. Ich fürchtete wohl, sie wäre dann überheblich oder zu emanzipiert.

Aber statt sie klein zu machen, könntest du ja auch Max etwas vergrössern: Gib ihm ein paar positive Eigenschaften, die Corinnes Faszination an diesem Mann erklären.

Da bin ich noch unsicher. Max soll keine Alternative sein. Er bietet sich nur als erneuter Muschelpfahl an. Aber vielleicht fühlen sich dann die männlichen Leser nicht so schlecht. :shy:

Ich hab kürzlich «Unschuld» von Jonathan Franzen gelesen und der hat u.a. eine ähnliche Konstellation beschrieben und hier das Bild eines Löffels, der Gehirn der Frau rührt, entwickelt, und er kann das auch plausibel machen, z.B. die Virilität des Mannes spürbar machen. Das könntest du auch, finde ich.

Da muss man erst mal drauf kommen. Im Hirn der Frau zu rühren. Klingt sehr mächtig.
Aber was würde die Verdeutlichung von Max' Männlichkeit denn Corinne in ihrer Entwicklung nützen?

Diesen Gedanken fand ich dann allerdings tatsächlich zu erklärend (im Sinne von Show/Tell) und überflüssig, weil ich zu diesem Zeitpunkt längst verstanden habe, dass dies das Thema des Textes ist.

Ich werde aussortieren. :) grundsätzlich hast du es auf den Punkt gebracht : Verhalten nochmals zu erklären, ist unnötig. Das geht sicher nochmal in mein Hirn.

Ich fand das Bild vom Jungen mit dem Ball super, wirklich ganz toll. Lass es für sich stehen, seine volle Wirkung entfalten, indem du den erklärenden Kontext wegstreichst oder zumindest minimierst.

Verstanden.

Der zweite Satz ist wahnsinnig umständlich. Ich finde auch, dass Max du Max hier aktiver handeln lassen solltest, der hält den Vorhang nicht auseinander, er teilt ihn, so wie Moses das Meer.

Obwohl er sich ja schon recht göttlich vorkommt. Aber umständlich ist doof. Ich werde deinen Vorschlag nutzen.

Habe ich sehr gern gelesen, liebe Kanji, ich finde, in deinen Texten gibt es immer viel zu entdecken

Herzlichen Dank, vor allem dafür, dass du dein Wissen so praktisch und warmherzig teilst.

Ich wünsche dir eine schönen Maitag, auch wenn ich keine Fee bin, dir das zu verwirklichen, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Kanji

Denn eigentlich möchte ich gar nicht, Max vs. Ben, sondern ich möchte, dass Corinne merkt, gar keinen Muschelpfahl zu brauchen, um zu leben.

Ach du meine Güte. Ich hab gar nicht kapiert, was du mir da sagen willst, das habe ich ja alles verstanden. Bis ich gemerkt habe, dass ich die Namen "Max" und "Ben" verwechselt habe.

Also ich meinte, du solltest Ben etwas positiver machen, damit deutlicher wird, weshalb Corinne sich gerade diesen Muschelpfahl ausgesucht hat - finde ich übrigens ein weiteres schönes Bild. Also, der soll durchaus als Pflock herüberkommen, aber vielleicht kann noch etwas deutlicher werden, welche Eigenschaften ihn gerade für Muscheln attraktiv machen.
Dass Max keine echte Relevanz hat, finde ich gut so, ja, auf keinen Fall als Alternative aufbauen.

Sorry, dass ich dich durch diese blöde Verwechslung für eine Weile habe missverstanden fühlen lassen.

Und wegen übeheblich und emanzipiert: Fände ich nicht, ich finde ihre Schwächen zurzeit überbetont, das macht sie in meinen Augen etwas uninteressant, in diesem Kontext. Also, schwache Figuren, starke Figuren, ist ja alles möglich. Sie müssen bloss interessant sein. Und das ist Corinne für mich noch etwas zu wenig.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Peeperkorn,

:lol: Max ... Ben ... So what.

Ich mach mich gleich an die Arbeit. Werde aus Ben, dem Pfosten :shy:, die männlichsten Attribute, die er aufweisen kann, herausholen. Du hast mich schwer motiviert nach all den Zweifeln. :herz:

Herzlich, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

"Also", beginne ich erneut, "der Schwerpunkt Unternehmungsführung im Wirtschaftsbereich dort in Cusco ist in der reno ..."
"Entschuldige", unterbricht er mich und legt erneut das Telefon an sein Ohr.
Also spätestens jetzt müsste sie dem Typen eigentlich die Gabel in den Hals rammen, oder? Tut sie aber nicht.
Na ja, ist auch eine Komödie, Kanji, oder? :D

Möglicherweise werde ich deiner Geschichte und deiner Schreibintention nicht gerecht, wenn ich sie, also die Geschichte, als (zugegeben sehr charmant, liebenswert und witzig erzählte) Parodie empfinde, als Parodie nämlich auf einschlägige

Romantische Hollywood-
-Herz-Schmerz-Torten, wo eine vermeintlich souveräne, in Wahrheit einigermaßen gefühlsgekuddelmuddelte Tussi sich vergeblich um das smarte/attraktive/reiche/erfolgreiche/testosterontriefende usw. – in Wahrheit natürlich arschlöchige – Alphamännchen bemüht, um dann schlussendlich – geläutert und glücklich – mit einer schnarchlangweiligen (aber herzensguten) Schlaftablette ala Hugh Grant ins beschauliche Vorortehäuschen zu ziehen, wo sie dann gemeinsam Ponys züchten, Katzenvideos gucken, oder

Gemüse pflanzen und vom Regen vollgesogene Schafe umdrehen
(Äh … Schafe umdrehen? Umdrehen im Sinne von umstülpen? :eek:)


Aber im Ernst jetzt, Kanji, auch wenn ich nicht wirklich nachvollziehen kann, was man als Frau an einem Typen wie Ben, diesem klassischen Vertreter des ich nenn's mal "hedonistisch dekadenten und darüber hinaus hipsterbarttragenden Schnöseltums" (ich trau mich wetten, auf dem Weg zurück ins Büro spendiert Ben sich noch einen Caffèlatte-to-go) finden kann, und ich der Ich-Erzählerin dementsprechend mit Unverständnis gegenüberstehe, hat mir die Art und Weise, wie sie von ihrem Gefühlskuddelmuddel erzählt, ausgesprochen Spaß gemacht. Liegt vermutlich an ihrer Erzählsprache, will sagen, an deiner Erzählsprache, die mir über weite Strecken sehr gut und stellenweise sehr sehr gut gefiel. („Ausgepresste kleine Felltiere“, Mann!)
Schmunzellektüre to go, sozusagen.


Magst du noch ein wenig offshoresche Wortklauberei, Kanji?
Na gut:

Es ist Mittagszeit und das Café ist komplett [Streichkanditat!] gefüllt [eventuell: voll], auch akustisch. So ähnlich klang es sicher im Schlachthof, wofür der Raum ursprünglich diente.

Den Satz hab ich jetzt sicher fünfzehnmal gelesen, und je öfter ich ihn lese, umso unsicherer bin ich, ob er nicht vielleicht eh okay ist.
Immerhin hat ihn ja nicht einmal unser brillanter Stilist Peeperkorn beanstandet … aber irgendwie, ich weiß nicht, also irgendwie haut der nicht recht hin für mich.
Das fängt schon damit an, dass für mich ein „Schlachthof“ was Großes ist, ein ganzes Areal quasi, also die Gesamtheit mehrerer Gebäude, und die kann ich mir schlecht in „einem Raum“ vorstellen. Na ja, und dann dieses (Pronominaladverb?) „wofür“ … ich hab jetzt mal ein bisschen mit den Satzgliedern herumgepuzzlet, um draufzukommen, was mir an der Formulierung nicht passt:
Wofür diente der Raum ursprünglich? Als Schlachthof …
Checkst du's? Das geht nicht recht zusammen, kommt mir vor, „als was diente der Raum“, müsste man eigentlich fragen usw. blabla
Langer Rede, kurzer Sinn:
So ähnlich muss es wohl früher hier geklungen haben, vor Jahren, als das hier noch ein Schlachthof war.
Oder so.

Und noch so ein Satz:

Heute ist die Räumlichkeit ein angemessenes Ambiente für(?) dieses Viertel.

Bevor ich jetzt wieder anfang, vergeblich um verständliche Begründungen zu ringen, warum mir das so nicht gefällt, sag ich dir einfach, wie ich es geschrieben hätte:
Heute bietet die Räumlichkeit ein diesem Viertel angemessenes Ambiente.
Oder so.

Ein paar solcher stilistischen Fragwürdigkeiten hätt ich noch, aber die abzuarbeiten schaff ich heut nimmer. Ich muss nämlich noch schnell auf ein Bier in die Kneipe ums Eck. :D

Bis bald, Kanji.

offshore

 

Liebe Kanji,

Aber besser kann ich's wohl nicht. Das müsstest du dann bitte übernehmen.
Ich bin offenbar zu emotionl/unfähig dafür.

Nehme ich dir nicht ab, denn deine Texte sind gut, gerade, weil du emotional schreibst.

Es geht mir aber eigentlich gar nicht um gut oder besser. Dein Text hat etwas in mir ausgelöst, was wieselmaus so fein und treffend mit den Widerhaken beschrieben hat.

Für mich ist das auch eine Frage der Perspektive auf Frauengeschichten. Ich fand deine Sicht faszinierend, aber auch verwirrend. Bestimmt spielen Alters- und Erfahrungsaspekte eine Rolle. Wie würden sich Ben und Corinne wohl begegnen, wenn sie zwanzig Jahre älter wären? :hmm:

Mit Sicherheit auch eine interessante Geschichte: Ich denke mir den gleichen Ort, vielleicht eine Zufallsbegnung. Sie, Akademikern, sportlich, kulturell einigermaßen auf dem Laufenden, zwei Kinder, stressiges, aber erfolgreiches Home- and Jobmanagement. Verheiratet mit - warte - einem Lehrer, ja! Corinne langweilt sich etwas in der Ehe, würde aber nie ...

Ben, dreimal geschieden, etliche gescheiterte berufliche Projekte, schon etwas mehr in der Mitte und etwas weniger auf dem Hinterkopf, aber durchaus noch attraktiv. Er spricht sie an ...

Hey, wenn dein Text solche Bilder auslösen kann, ist er richtig gut - verbessern kann man immer. Ich finde es klasse, Texte zu Frauenthemen zu lesen und mich mit anderen Frauen auszutauschen. Eine einheitliche Meinung wäre da viel zu langweilig.

Viele Grüße

Willi

 

Hej ernst offshore,

große Freude, dir hier zu begegnen. Meinetwegen hättest du nicht ins Jugenstil-Eck gehen müssen. Ich hätte deine Ausführungen noch gerne eine Weile genossen.
Natürlich schmeichelts mir, wenn ich höre, du Vielleser hast dich gut unterhalten meinem Text, aber zu schaffen macht's mir, weil meine Rechnung nicht aufging.

Es lag mir so fern wie ... Äh ... der ottak-Ringnebel :D ... eine Hollywoodherzschmerztortenponyzüchzenkatznvideo-Parodie zu entwickeln. Obwohl Audrey als Holly Golightly schwirrte immer mal wieder während des Vorgangs vor meinem geistigen Auge herum und das wurde ja auch in Hollywood produziert. :schiel:

Dass der Text jetzt von dir als Komödie deklariert wird, liegt dann eben an meiner Unfähigkeit das zu transportieren, was ich eigentlich wollte. Mein Problem ist/war, auf einen Missstand hinzuweisen und Leser nicht zu verschrecken. Emanzengeschichte klickt man wohl eher weg. Sowohl von manchen Frauen und eben von Männern. So habe ich mich entschlossen, dem Thema einen "fröhlichen" Touch zu verpassen. Und - wie Peeperkorn so schön meint überzeichnet, überbetont. The Incredible Holg kam ja auch nicht lag, was vermutlich auch an der Diskrepanz liegt. Wie eigentlich alle bisherigen Leser :hmm:

Äh … Schafe umdrehen? Umdrehen im Sinne von umstülpen? )

Pfuibaba. Is' ja widerlich. Nee, ich habe von einem work&travel Job gelesen, bei dem regenvollgesogene Schafe auf dem Rücken liegen - die bewegen sich dann nicht mehr und recken die Beinen in die Luft - und können sich nicht mehr aus eigener Kraft zurückdrehen. Dann kommt der Abiturient, sagen wir mal aus Deutschland, mit einem kleinen Bagger und schubst die Tierchen wieder auf die Beine. :lol:

Aber im Ernst jetzt, Kanji, auch wenn ich nicht wirklich nachvollziehen kann, was man als Frau an einem Typen wie Ben, diesem klassischen Vertreter des ich nenn's mal "hedonistisch dekadenten und darüber hinaus hipsterbarttragenden Schnöseltums" (ich trau mich wetten, auf dem Weg zurück ins Büro spendiert Ben sich noch einen Caffèlatte-to-go) finden kann, und ich der Ich-Erzählerin dementsprechend mit Unverständnis gegenüberstehe, hat mir die Art und Weise, wie sie von ihrem Gefühlskuddelmuddel erzählt, ausgesprochen Spaß gemacht.

Nein. Das können die wenigsten. (Der Cafèlatte ist sicher mit Sojamilch.) Aber ich wollte verdeutlichen, dass Corinne Werte vermittelt wurden (Erziehung, Gesellschaft) die genau diesem Typ entsprechen, für ein sorgenfreies, wirtschaftlich orientiertes Leben. Dieser Typ verpackt sich dann, wie der Zeitgeist geheißt und fertig ist die Elitepartnerschaft. Corinne steckt in einem Zeitgeistdilemma und ich von einem selbstbestimmten Leben so weit entfernt wie wir vom ottak- ... Du weißt schon.

Magst du noch ein wenig offshoresche Wortklauberei, Kanji?
Na gut:

Immer.

Den Satz hab ich jetzt sicher fünfzehnmal gelesen, und je öfter ich ihn lese, umso unsicherer bin ich, ob er nicht vielleicht eh okay ist.
Immerhin hat ihn ja nicht einmal unser brillanter Stilist Peeperkorn beanstandet … aber irgendwie, ich weiß nicht, also irgendwie haut der nicht recht hin für mich.
Das fängt schon damit an, dass für mich ein „Schlachthof“ was Großes ist, ein ganzes Areal quasi, also die Gesamtheit mehrerer Gebäude, und die kann ich mir schlecht in „einem Raum“ vorstellen. Na ja, und dann dieses (Pronominaladverb?) „wofür“ … ich hab jetzt mal ein bisschen mit den Satzgliedern herumgepuzzlet, um draufzukommen, was mir an der Formulierung nicht passt:
Wofür diente der Raum ursprünglich? Als Schlachthof …
Checkst du's? Das geht nicht recht zusammen, kommt mir vor, „als was diente der Raum“, müsste man eigentlich fragen usw. blabla
Langer Rede, kurzer Sinn:
So ähnlich muss es wohl früher hier geklungen haben, vor Jahren, als das hier noch ein Schlachthof war.

Ja, des is' an Problemkind. Immer schön gewesen. Und ich werde diesen Raum als einen ehemaligen Verkaufsraum reduzieren und ringsherum wurde dann halt geschlachtet. In den Höfen. Gleich hinterm Rathaus. :hmm:
Zu und zu reizend von dir, dir so des Hirn dafür zu zermartern. :kuss:

Bevor ich jetzt wieder anfang, vergeblich um verständliche Begründungen zu ringen, warum mir das so nicht gefällt, sag ich dir einfach, wie ich es geschrieben hätte:
Heute bietet die Räumlichkeit ein diesem Viertel angemessenes Ambiente.
Oder so.

Daran orientiere ich mich umgehend.

Ein paar solcher stilistischen Fragwürdigkeiten hätt ich noch, aber die abzuarbeiten schaff ich heut nimmer. Ich muss nämlich noch schnell auf ein Bier in die Kneipe ums Eck.

Muss ja auch einer machen. Ihr habts derer viele in der Kaiserstadt. Hier im Norden sind sie rar.

Knicks und herzlichsten dank für deinen Besuch und die freundlichen Grüße, Kanji

Liebe Willi,

so wunderbar, dass du nochmal hereinschaust. Mir liegt auch sehr am Thema und am Dialog.

Es geht mir aber eigentlich gar nicht um gut oder besser. Dein Text hat etwas in mir ausgelöst, was @wieselmaus so fein und treffend mit den Widerhaken beschrieben hat.

Das könnte an der Diskrepanz liegen, denke ich. Einerseits das Thema, verpackt in zum Teil überzogenem Ulk. Das verknüpft sich nicht so leicht im Hirn während einer Kurzgeschichte. Das habe ich nicht bedacht. Ich wollte halt niemanden verschrecken.

Wie würden sich Ben und Corinne wohl begegnen, wenn sie zwanzig Jahre älter wären?

Corinne hätte bis dahin längst begriffen, dass Männer das Leben durchaus schmücken und bunter machen, aber dass sie gut klarkommt, wenn sie es selbst bestehen muss.

Es ist so deprimierend, junge Frauen dabei zu beobachten, wie das obere Lebensziel einen "Elitepartner" zu suchen ist, wie sie sich beschränken oder eben, was fast noch schlimmer ist (s. Frankreich) sich mehrfach belasten, um dem Bild der emanzipierten Frau von heute gerecht zu werden. Und der Mann? Aber das wäre eine weitere Geschichte. :D

Ich wollte Corinne in ihrem Dilemma zeigen. Die Erwartung (auch aus Sorge der Eltern) und die Wertevermittllung der Erziehung, der Gesellschaft (Beruf, Vorzeigepartner, Kinder plus Organisation des ganzen Geraffels). Corinne fügt sich und scheitert, sucht und wird gefunden, empfindet keine Zufriedenheit und will nur noch weg. Schlimm ist, sie wird sich mitnehmen. :shy:

Ich freue mich, dass du deine Gedanken mit mir teilst. Lieber Gruß, Kanji

 

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