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Maskerade

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09.09.2015
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Maskerade

Schon im Flur höre ich die Männerstimmen. Ich könnte schwören, das verhaltene Lachen ist das von Frank. Nachdem ich leise Jacke und Schal abgelegt habe, fahre ich mit den Fingern durch die Haare, prüfe mein Spiegelbild und warte. Da ich nicht verstehen kann, worüber gesprochen wird, zwinge ich mich, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Die knarzenden Dielenbretter und mein hüpfendes Herz ignoriere ich. Als ich im Türrahmen erscheine, verstummt das Gespräch.
„Du bist spät dran, Schatz“, empfängt mich Joachim und nippt an seinem Bier.
Frank schnellt wie ein Springmesser vom Stuhl hoch und stößt gegen den Küchentisch, dabei schwankt die Flasche Radeberger bedrohlich. „Hey, Carla!“, ruft er eine Spur zu laut und schenkt mir einen Linksrechtskuss. Er tut so, als würde keine Mauer zwischen uns stehen. Keine Mauer aus Hoffnung und Enttäuschung, die nur durch Worte eingerissen werden könnte.
Ich bin verunsichert und befürchte, man sieht es mir an. „Was heckt ihr zwei da aus?“, will ich wissen, während ich ein Glas mit Leitungswasser fülle. Meine Kehle ist trocken.
„Wir haben Karten. Für den Faschingsball am Samstag. Jetzt geht’s drum, was zieh’n wir an.“ Frank zwinkert mir zu.
„Ach? Da freu’ ich mich für euch. Ihr gebt bestimmt ein schönes Paar ab.“
„Wenn du uns lieb bittest, nehmen wir dich mit“, wirft mir Frank den Ball zurück.
„Ich hab aber schon andere Pläne.“
„Carla, das Leben besteht nicht nur aus Arbeit. Amüsier dich mal!“
Wie es aussieht, haben die beiden Jungs soeben beschlossen, mich weich zu klopfen.
"Wann war’n wir das letzte Mal weg, hm? Voriges Jahr ging es auch nicht, als du …“
„… schwanger warst. Genau. Warum sprichst du es nicht aus?“ Ich trinke einen Schluck Wasser, muss mein Gesicht hinter dem Glas verbergen. Die Narbe im Unterleib zieht. Ich atme tief durch. „Ringelpiez mit Anfassen. Was sagt denn Babs dazu?“
Frank räuspert sich. „Ja, doch, findet sie gut.“ Er greift sich in den Hemdkragen. „Jedenfalls hat sie nix gesagt.“
„Sie weiß es noch nicht, stimmt’s?“ Ich muss lachen, obwohl mir nicht danach zumute ist.
„Sie wird es erfahren, so bald ich daheim ankomme.“
„Ich wollt’ sie schon die ganze Zeit besuchen. Ich schaff’s irgendwie nicht.“ Der Satz bleibt mir beinahe im Hals stecken. „Wie geht’s ihr denn?“ Noch während ich spreche, erkenne ich, wie oberflächlich sich meine Frage anhören muss. So, als ob ich nicht wüsste, wie man sich fühlt, wenn man Abschied nehmen musste. Erst von einem Kind, dann von einer Idee.
„Sie hat alles gut überstanden.“ Er macht eine Pause, als müsse er jedes Wort genau abwägen. „Sie kommt klar, denk’ ich. Weißt doch, sie ist hart im Nehmen.“
„Na, du musst es ja wissen.“
„Ach, komm Carla, sei kein Spielverderber!“, sagt Joachim. Genau der schmachtende Singsang, wie er ihn anstimmt, wenn er meint, ich sollte wieder mal meinen ehelichen Pflichten nachkommen.
„Muss es ausgerechnet ein Maskenball sein? Ich würd’ mal wieder ins Theater oder Kino geh’n, dieses Remake mit Richard Gere, wie heißt das gleich noch? Betrug?“
„Untreu.“ Frank hat wieder diesen Blick aufgesetzt, von dem ich mich aufgespießt fühle. Er tänzelt auf mich zu, umfasst meine Taille und schiebt mich sanft, aber bestimmt durch die Küche. „Können wir ja später mal machen!“ Er lacht.
„Kindskopf, alberner!“ Ich kann dem Idioten nicht böse sein.
„So, Freunde. Ich muss!“ Frank wirft sein Sakko über die Schulter. „Bis Samstag dann.“
Wir begleiten ihn zur Tür und schauen ihm nach. Er überspringt jeweils eine Stufe, winkt uns flüchtig zu und verschwindet aus meinem Blickfeld, als hätte es ihn nie gegeben.
„Babs hat’s auch nicht leicht“, sagt Joachim mehr zu sich.
Was er damit meint, will ich nicht wissen.
„Hast doch bestimmt Hunger, hm?“
Ich nicke nur.
„Los komm! Ich hau’ uns schnell ’n paar Eier in die Pfanne!“
„Gute Idee.“ Nur zu gerne würde ich die Verlorenheit ausblenden, die sich wie ein leises Gift in jede Zelle stiehlt und mich lähmt.


Dunkelheit umgibt die Körper wie eine böse Vorahnung. Sie gibt nur ein paar Stellen nackte Haut preis, makellos und mit einem Leuchten, das von innen zu kommen scheint. Die Blondine hat den Kopf in seinen Schoß gelegt. Ihre Fingerspitzen berühren - zart wie Schmetterlingsflügeln - seinen muskulösen Bauch. Mit jedem Atemzug saugt sie seinen Geruch ein und genießt ihre Begierde.
Da bin ich mir sicher, je länger ich das Plakat betrachte.
„Könnte man direkt neidisch werden, stimmt’s?“, sagt jemand hinter mir, sodass mein Herz einen Schlag aussetzt. Ich wirble herum und blicke in Franks belustigtes Gesicht. „Soll wirklich ein guter Streifen sein, ’ne Paraderolle für die Lane … “
„Sag mal, hast du sie noch alle? Mich so zu erschrecken.“ In letzter Sekunde zügle ich meinen Impuls, ihm eine runterzuhauen.
„Sorry! Blöd von mir! Aber als ich dich da sah … Ich dachte halt … Hätt’ ich weiterlaufen sollen, oder was?“
„Und du bist ganz zufällig hier langgekommen. Weißt nicht, dass ich um die Zeit den Laden schließe?“ Wie auf Stichwort beginnt die Glocke der Rathausuhr blechern zu schlagen.
„War im Reisebüro.“ Er macht eine knappe Kopfbewegung. „Komm!“, sagt er und berührt vorsichtig meinen Arm. „Bis zur Kreuzung.“
Schweigend laufen wir nebeneinander. Die Köpfe gesenkt, die Hände tief in den Jackentaschen vergraben. Einer das Double des anderen. Und obwohl eisige Windböen um die Häuserecken fegen, wünsche ich mir, dass wir immer so weiterliefen, ohne Bestimmung, dass wir keine andere Wahl hätten.
„Ihr wollt in Urlaub fahren? In die südliche Sonne?“, frage ich.
„Mal seh’n. Wenn die Kinder Ferien haben. Babs muss auch mal raus. Is’ alles nicht so einfach. Im Moment.“
„Was? Der Winterblues?“
„Mensch, Carla, frag doch nicht so!“
„Wie soll ich denn …?“
Er bleibt stehen und sieht mich ernst an. „Kannst du dir vorstellen, dass ich unsere Gespräche, unsere Scherze vermisse? Ich komm mir vor wie ein verdammter Schuljunge. Du spukst in meinem Kopf.“ Seine Stimme ist rau und fremd. „Ich kann nix dagegen machen.“
Und plötzlich sehe ich die Szene wieder vor mir, glasklar und messerscharf. Die Geburtstagsfeier von Babs. Ich lehne am Fensterrahmen und beobachte tanzendes Laub. Das Lachen aus dem Nebenraum wird unerträglich. Frank hat mich im Halbdunkeln gefunden, tritt hinter mich, flüstert in mein Haar und küsst für einen Sekundenbruchteil meine Traurigkeit weg.
Er holt mich zurück in den frostigen Winterabend. „Ich frag’ mich oft, was wäre, wenn wir uns früher begegnet wären.“
Ich wünsche mir, dass er mich in den Arm nimmt und mich wärmt, aber ich sage: „Lass’ gut sein, Großer!“ Scharf ziehe ich die Luft durch den Mund ein, dann imitiere ich seine Stimme: „Meine Frau versteht mich nicht mehr!“
Er lacht.
„Ich kann das nicht, Frank!“, flüstere ich. Mit der Kälte kriecht die Angst in mir hoch. Die Angst, enttäuscht zu werden und alles zu verlieren. Meine Haut ist so dünn geworden. „Danke für’s Bringen!“ Der Wunsch, allein zu sein, wird übermächtig. Wer braucht schon Geständnisse, die in eine Sackgasse führen? Das mache ich mit mir aus. Meine Augen tränen vom scharfen Wind.


Babs schält sich als Erste aus ihrem Mantel. Eine Komposition aus Blau und Silber kommt zum Vorschein. Ausgesprochen geschmackvoll, sehr harmonisch, die kleine Meerjungfrau. Wenn es stimmt, dass eine Verkleidung die unterbewusste Sehnsucht danach ausdrückt, was wir sein wollen, dann wünscht sich Babs, die Frau ohne Unterleib zu sein. Verständlich, nach den Erlebnissen der letzten Wochen. Ich hätte ihr beistehen sollen. Ihr sagen müssen, dass man lernen muss, seine Gedanken zu steuern, weg vom Zentrum des Schmerzes hin zu anderen Aufgaben oder auch zu anderen Männern. Alles beginnt im Kopf. Auch das Ende des Kummers. Wir könnten uns immer noch zum Kaffeekränzchen treffen, gegenseitig Händchen halten und unsere Herzen ausschütten. Besser nicht. Ich bleibe auf Distanz.
Mein Schweigen ist wenigstens ehrlich.
So ehrlich wie meine Verkleidung, weil sie keine ist. Ich trage mein kleines Schwarzes. Heute bin ich Verführerin und Trauernde, heute werde ich auf dem Vulkan tanzen. Der Augenblick, in dem ich glaube zu ersticken, ist schnell vorbei.

Frank hat ein Auge unter einer schwarzen Klappe versteckt, aber dafür spüre ich seinen Blick umso intensiver, der über meine bloßen Arme und Schultern spaziert und am Ausschnitt Rast macht. Meine Haut kribbelt. Der Gedanke, ich könnte das Schiff sein, das der Freibeuter der Meere heute entern will, erregt mich.
Nachdem Joachim von der Garderobe zurück ist, setzt sich unsere kleine Prozession in Bewegung.
Hitze schlägt uns entgegen, im Saal kann man sein eigenes Wort nicht verstehen. Ein Mönch und eine Nonne winken uns aufgeregt zu. Fast hätte ich die beiden nicht erkannt, die einen Sechsertisch für uns besetzt halten.
Die Masse tobt und grölt den Text mit, den Anton aus Tirol vorgibt. Er preist gerade seine Figur an, die angeblich ein Wunder der Natur ist. Ein Harlekin wirft eine Papierschlange nach Babs, nimmt sie bei der Hand und zieht sie auf die Tanzfläche. Als wir uns weiter durch die Tischreihen zwängen, bleibt Joachim mit dem wadenlangen Flanellnachthemd hängen. Er sieht so hilflos aus. Ein bisschen tut er mir leid, aber er wollte es ja so.

Bevor Joachim von der Ordensschwester entführt wird, zuckt er mit den Schultern und schenkt mir einen letzten verzweifelten Blick. Babs bleibt auch verschwunden. Unser Tisch ist verwaist. Frank nickt und malt Kreise in die Luft. Seine Aufforderung zum Tanz. Er geht vorneweg, schiebt sich durch das Gedränge, teilt für mich das Meer, mein verwegener Piratenkapitän.
Erst setze ich die Füße fest auf den Boden, dann springe ich, immer höher und höher, und wenn alles vibriert in mir, dann hebe ich ab. Ich habe beinahe vergessen, wie sehr ich diese Verwandlung mag und wie befreiend sie sein kann.

So geschmeidig, wie es mein knappes Kleidchen zulässt, schraube ich meinen Po auf den Barhocker. Frank steht neben mir und fächert uns mit der Getränkekarte Luft zu. „Was willst’n trinken? Sex on the Beach, Leuchtturm?“ Er entscheidet für mich: „Sex ist immer gut.“
In der Spiegelwand kann ich mich sehen, das Hütchen mit dem Tüllschleier verleiht mir etwas Lächerliches. Ich komme mir vor wie eine misslungene Mischung aus Vamp und meiner eigenen Großmutter. Wenigstens ist das Licht vorteilhaft, das, was vom Gesicht übrig ist, sieht jung und erhitzt aus. Die Schatten sind verschwunden.
Wir saugen schweigend an den Strohhalmen, der Cocktail ist klebrig süß. Ich weiß nicht, der wievielte es ist, ich habe nicht mitgezählt. Frank reibt sich an meinem Schenkel. Ich lasse mich nicht lumpen und erwidere den Druck, kein Blatt Papier passt zwischen uns. Er dreht mich schwungvoll zu sich und mir wird schwindlig, als ob ich Karussell fahren würde. Mit meinem Zeigefinger zeichne ich geheimnisvolle Muster auf seine nackte, verschwitzte Brust. Meine roten Krallen wirken billig und obszön und unecht, so wie mein Gekicher. Mir egal, ich amüsiere mich.
„Nimm doch mal die alberne Gardine weg.“ Im nächsten Augenblick hebt er den Schleier von meinem Gesicht. Unsere Blicke verhaken sich. „Warum versteckst’n deine Augen?
„Vielleicht hab ich Angst, dass du meine Gedanken liest.“ Ich bin nicht sicher, ob ich das ausgesprochen habe.
„Du hast schöne Augen, weißt du das? Blau und tief wie das Meer“, blödelt er. Dann wird er ernst, nimmt mein Gesicht in beide Hände und küsst mich.


Die Lippen sind weich, die Zunge fordernd. Es gibt nur uns beide, wir treiben in einem Raum, der nur aus Zärtlichkeit besteht. Hände streicheln mich, sind überall gleichzeitig, sogar in mir. Seltsam. Ich kann die Berührungen genießen wie schon lange nicht mehr. Ich lasse mich fallen. Das Bett unter mir ist weich, ein Wasserbett, es schaukelt sanft. Das Meer rauscht. Er drückt meine Schenkel auseinander, dringt in mich ein, es geht so einfach. Logisch, denke ich, ich bin klebrig süß und unersättlich. Und billig. Wer ist der Kerl eigentlich, dem ich mein Becken entgegenrecke? Ich öffne die Augen. Er trägt eine Maske, doch ich weiß mit einem Mal, es ist Richard Gere, ja genau, der junge Richard Gere. Er stöhnt, dann spricht er mit Franks Stimme: „Amüsierst du dich?“ Sein Gesicht zerfließt, bevor ich ihm sagen kann, wie sehr ich ihn liebe. Ich schließe die Augen wieder, das Gesicht ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass ich alles, was geschieht, deutlich erspüre. Er treibt von mir weg, doch ich will, dass er härter zustößt, es darf ruhig wehtun, muss wehtun. Ich bin hart im Nehmen. Ich kralle mich in seinen Rücken, bis ein scharfer Schmerz meine Eingeweide durchzuckt. Das Boot schwankt und droht zu kippen, als der Mann die scharfe Klinge aus meinem Körper zieht. Er nimmt die Augenklappe ab und grinst. Blut läuft über Franks Hand. Dort wo mein Unterleib sein sollte, klafft eine offene Wunde. Ich schreie. Lautlos.
Das Bett neben mir ist leer.


Joachim ist frisch rasiert und geduscht, die Haare noch feucht. Er deckt den Frühstückstisch, als ich in die Küche schlurfe.
„Na du. Kommst gerade richtig“, sagt er aufgekratzt. „Siehst ein bisschen käsig aus.“
Jedes Wort von ihm gleicht einem Paukenschlag, mein Kopf dröhnt.
Er hat Brötchen aufgebacken, Salami hauchdünn geschnitten, Erdbeerkonfitüre und Joghurt auf den Tisch gestellt. Eine Kerze flackert. Er hat sich richtig Mühe gegeben. Beim Anblick des Rühreis dreht sich mir der Magen um.
„Mir ist schlecht.“ Ich lasse mich auf einen Stuhl fallen, meine Arme baumeln kraftlos an mir herab, als wären sie nur mit wenigen Stichen am Rumpf festgenäht.
„Mach, was du willst! Ich fang jetzt an. Schwofen macht hungrig.“
Es ist nicht mit anzusehen, wie gierig er schlingt. Ich hole mir einen Becher Kaffee aus der Maschine, die ein letztes Röcheln von sich gibt, trete ans Fenster und schaue in den Garten.
„War doch toll gestern, oder? Mal was anderes.“ Er spricht mit vollem Mund. „Weißt du, manchmal ist es ganz einfach: Hürde nehmen und zack …“ Das Brötchenmesser muss ihm aus der Hand gesprungen sein. „Ich bin richtig stolz auf dich, Carla. Ein guter Weg.“
Die Kalendersprüche nerven. Schon lange. Sicherheitshalber vergewissere ich mich, doch er liest nicht ab, er hat das wirklich auswendig gelernt.
„Achim?“, unterbreche ich den Exkurs in die Küchenpsychologie.
„Ja, Schatz?“
„Welche Augenfarbe habe ich?“
Er zögert. Zu lange. “Graublau.“
„Aha.“ Kann man gelten lassen, füge ich in Gedanken hinzu, aber nur, wenn das Meer aufgewühlt ist.

Es beginnt zu schneien. Plötzlich ist es ganz still. Auch in mir. Ich stelle mir vor, wie der Schnee alles zudeckt, die schmutzigen Kieswege, die Sehnsucht und die Scham.

 
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Liebe Tintenfass,

danke für dein Interesse an meiner KG und deine klugen Gedanken. Es ist ja schon eine ganze Weile her, dass wir uns gegenseitig „beraten“ haben, vielleicht funktioniert es auch diesmal, denn ich kenne das genau:

mit der ersten Version deiner Geschichte konnte ich mich leider nicht so auseinandersetzen, wie ich es gerne getan hätte.
Bei deiner aktuellen Geschichte ist es der überarbeitete Text, den ich noch nicht gelesen habe.

Der erste Absatz gefällt mir schon einmal gut. Drei Personen und ich bekomme eine Ahnung davon, wie sie zueinander stehen, wie es in der Protagonistin aussieht.
Das freut mich.

„Ich hab’ aber schon andere Pläne.“
Ich glaube, das wurde bereits angesprochen: hab
Das „hab“ stand tagelang ohne Apostroph, alexei fragte, ob das so richtig ist.
Manchmal hilft es, wenn man das Regelwerk genauer liest. Ich dachte, es handelt sich um eine Kann-Bestimmung, scheint aber doch eindeutig ohne Apostroph festgelegt zu sein. Urzustand ist hergestellt.

Wie es aussieht, haben die beiden Jungs soeben beschlossen, mich weich zu klopfen.
Ist vielleicht kleinlich, aber 'beiden' kann mMn weg. Man weiß ja, wie viele Jungs es sind.
Da bin ich nicht so sicher. Der Satz ist melodischer mit „beiden“ und es trennt auch die drei Akteure in zwei Gruppen. Carla steht auf der einen Seite alleine.

Voriges Jahr ging es auch nicht, als du …“ Als Joachim seinen Fehler bemerkt, ist es zu spät.
Etwas unschön, wegen der dicht aufeinanderfolgenden Wortwiederholung 'als'. Ich weiß jetzt nicht, ob 'weil' für dich eine schönere Alternative wäre, andernfalls den zweiten Satz umstellen: Seinen Fehler bemerkt Joachim erst, als es zu spät ist.
Ja. Dachte, man könne über die Dopplung hinwegsehen, weil ALS einmal in der wörtlichen und einmal in Carlas Gedanken auftaucht. Kanji fände es noch besser, wenn Joachims Satz von Carla zu Ende gesprochen werden könnte. Ich beiß mich noch mal fest, wenn ich nicht weiterkomme, übernehme ich deinen Vorschlag und stelle den Satz um.

Er schiebt noch etwas nach, das sich für mich wie „nur so groß wie eine Kaulquappe“ anhört, aber ich habe keine Lust, über das Liebesleben der Lurche zu plaudern.
Streichkandidat, dieser Satz, eindeutig. Steht doch schon oben, mit den beiden Kindern, die ausreichen. Das nimmt irgendwie den Lesefluss, weil ich überlege, warum das dasteht.
Für diesen Satz, also präzise den Lurchen hab ich schon viel Haue gekriegt. :lol:
Schweren Herzens werde ich ihn abschießen, gebe aber zu bedenken, dass er auf ein sehr frühes Entwicklungsstadium des Kindes hinweisen soll.

Joachim sagt: „Ach, komm Carla, sei kein Spielverderber!“ Genau der schmachtende Singsang, den er anstimmt, wenn er das Bedürfnis verspürt, den ehelichen Pflichten nachzukommen, wie er seine Akrobatik nennt.
Ui, da hängt aber mehr als nur der Haussegen schief.
Nennt er das echt so? Sagt er zu ihr: Komm wir gehen unseren ehelichen Pflichten nach? Meinst du das hier so?
Na ja, ich hoffe, dass er es nicht ganz so ungeschickt formuliert. Aber wenn im Allgemeinen über Sex gesprochen wird, bedient er sich eben solcher veralteten, prüden, bigotten Umschreibungen. Damit wollte ich Carla einen Vorwand in die Hand geben, um sich von Frank angezogen zu fühlen (unter anderem).

...Ich kann dem Idioten nicht böse sein.
Aha, da läuft was zwischen denen.
Gefällt mir gut, das mit dem Blick, von dem sie sich aufgespießt fühlt.
Da stand in der aller, aller ersten Variante:
Frank hat wieder diesen Blick aufgesetzt, den ich nie deuten kann.
Da hagelte es Einsprüche. :thdown:

Er überspringt jeweils eine Stufe, winkt uns flüchtig zu und verschwindet aus unserem Blickfeld, als hätte es ihn nie gegeben.
Vielleicht stehe ich grad auf dem Schlauch, aber wieso dieser Nachschub: als hätte es ihn nie gegeben?
Der Abschied kommt ja sehr abrupt. Gerade noch schweben Carla und Frank durch die Küche und dann hat er es eilig zu verschwinden. Er ist wie eine Fata Morgana.
Carla fühlt sich in dem Moment weggestoßen. Oder vielleicht besser: als hätte es seinen Besuch nicht gegeben.
Und der nächste Satz unterstreicht das, wie du selbst sagst:
Nur zu gerne würde ich die Verlorenheit ausblenden, die sich wie ein leises Gift in jede Zelle stiehlt und mich lähmt.
Ja, das kann ich verstehen. Schön beschrieben.

Fingerspitzen berühren, zart wie das Schlagen von Schmetterlingsflügeln, seinen muskulösen Bauch.
Da hatte ich Probleme, weil sie ja nur ein Filmplakat interpretiert. Sieht man es den Fingerspitzen an, dass sie zart wie das Schlagen von Schmetterlingsflügeln den Bauch berühren.
Die Hände von Diane Lane liegen (ruhen) auf dem Bauch ihres Lovers, deswegen hab ich mich bewusst für „berühren“ und nicht „streicheln“ entschieden, weil aber das „Schlagen der Flügel“ eine Bewegung assoziiert, entsteht ein Widerspruch, Oh, oh.
Wenn „Schlagen“ verschwindet, kann man die Flügel akzeptieren, oder?

Nun hab ich eine Frage: Wird dir klar, dass es sich bei dem Plakat, um das Filmplakat zum vorher erwähnten Film „Untreu“ handelt? Oder muss ich den Richard Gere noch mal erwähnen?


Wie auf Stichwort beginnt die Glocke der Rathausuhr blechern zu schlagen
'blechern' im Zusammenhang mit einem Glockenschlag gefällt mir nicht. Aber gut, ich kenne ja das Rathaus nicht. Ich würde es streichen.
Denk ich drüber nach.


Mensch, Carla. Ich komm mir vor wie ein verdammter Schuljunge. Du spukst in meinem Kopf.“ Seine Stimme ist rau und fremd. „ Ich kann nix dagegen machen.“
Auch das gefällt mir wieder gut, wie du seine Gefühle beschreibst.
Ich würde im Anschluss jedoch keine Leerzeile machen. Lass sie die Erinnerung, wie er ihre Traurigkeit wegküsst, gleich darauf haben. So steht es jetzt irgendwie zusammenhanglos da.
Mach ich.

Eine Frage zu diesem Abschnitt: Ist der neu dazugekommen? Ich kann mich nämlich nicht daran erinnern, den gelesen zu haben. Er gefällt mir, weil das Verhältnis der beiden gut gezeigt wird
Ja, den hab ich noch eingefügt. Da hatte ich das Zweite Gebot des KG-Schreibens: Du darfst dem Leser keine Informationen vorenthalten, völlig außer Acht gelassen. Wurde von den Kommentatoren vielfach angesprochen, dass da insgesamt zu viel Unklarheit herrscht.


Gut gefällt mir auch, wie du die Kostüme der Frauen mit ihrem momentanen Seelenzustand assoziierst. Da hat man Bilder im Kopf, die man eigentlich nicht sehen will. Sehr traurig, das Ganze.
Einfach ist die Situation für alle nicht. Aber die Köstümierung (auch die der Männer) und das Verhalten meiner Figuren haben auch sehr viel Tragigkomisches, so verzweifelt wie die sich ins Vergnügen und Vergessen stürzen.

Ein bisschen tut er mir leid, aber er wollte es ja so.
Was wollte Joachim so?
Alles. Es war seine Idee, zum Ball zugehen, seine Entscheidung, das dämliche Nachthemd anzuziehen und jetzt liegt es in seiner Verantwortung, dass Carla sich Frank an den Hals werfen wird. So sieht Carla das, nicht die Autorin.


Joachim warf mir noch schnell einen verzweifelten Blick zu, bevor er von der Ordensschwester entführt wurde und auch Babs bleibt verschollen.
Wieso plötzlich Präteritum? Sollte es nicht 'wirft' und 'entführt wird' heißen?
Der verwaiste Tisch ist das Jetzt. Joachim hat den verzweifelten Blick schon vorher geworfen.
Blick werfen, verschwinden, leerer Tisch wäre die zeitliche Abfolge, wenn ich im Präsens bleiben würde. Ist der Zeitsprung wirklich so irritierend?


Logisch, denke ich, ich bin klebrig süß und unersättlich. Und billig.
Mir will nicht einleuchten, warum sie sich billig dabei fühlt. Schlechtes Gewissen? Aber fühlt man sich dann billig? Wie fühlt sich das überhaupt für sie an?
Du bist mit Kanji und hell in guter Gesellschaft. Ist billig wirklich das gute Wort?
Meine Überlegungen waren in meiner Antwort an Kanji folgende:
Kann man sich nicht billig fühlen? Hab mir das „billig“ aus Carlas Urteil über ihre lackierten Krallen für den Traum stibitzt. In einem Traum sind da glücklicherweise wenig Grenzen gesetzt. Sie hätte auch obszön, erhitzt, lächerlich, also alle anderen Attribute, die ihr noch bei halbwegs klarem Verstand durch den Kopf geschossen sind, verwenden können.
Irgendwie habe ich noch keine andere Sichtweise dazu. Aber wenn der Leser strauchelt, immer an der gleichen Stelle …? Oder ist es gut, wenn er mal hinterfragt, wieso billig?
Billig im Sinne von wertlos. Oder nicht?

es darf ruhig weh tun
wehtun
Richtig. Wieso weißt du das? :confused:

Das Bett neben mir ist leer.
Uff. Alles nur geträumt?
Diesen Satz habe ich später hinzugefügt. Als er nicht stand, haben die Leser die Szene nicht als Traum wahrgenommen, obwohl sie schon sehr absurd dargestellt war. Mir würde es eigentlich sehr gefallen, wenn der Leser nicht sicher sein kann, Traum und Realität.
Die Frage ist: Wenn ich „Das Bett neben mir ist leer“ streichen würde, kriegt die Szene/KG die beabsichtigte Ungewissheit zurück?

Deine Geschichte hat mir gut gefallen. Auch wenn ich mich nicht mehr richtig an die alte Fassung erinnere, so kann ich trotzdem sagen, dass ich diesmal beim Lesen viel mehr Mitleid mit Carla hatte. Konnte ihre Zerrissenheit, ihren Schmerz deutlicher spüren und auch das, was zwischen ihr und Frank passiert, wird für mich jetzt greifbarer. Eine gelungene Überarbeitung. Respekt.
Danke dir. :huldig:

Ach ja, der zweideutige Titel gefällt mir gut.
Ein Knaller ist er nicht, aber er trifft’s. Ich hätte mich fast für „Maskenball“ entschieden, dann wäre er dreideutig gewesen, haha.

Liebe Tintenfass, es war wichtig für mich zu erfahren, wie die Überarbeitung auf dich wirkt. Ich werde noch mal in mich gehen, mal sehen, was ich mit meinen überflüssigen „Lieblingsstellen“ mache.
Danke für deine Zeit und deine Impulse.

Liebe Grüße,
peregrina


Liebe Kanji,
hab noch etwas Geduld mit mir. Danke fürs zweite Reinschauen und deine Ideen und deine Liebenswürdigkeit.

Sei herzlich gegrüßt von peregrina

 

Hey peregrina,


ganz ehrlich, mir gefällt die Geschichte nach der Überarbeitung sehr viel besser. Kompliment! Ich kann das Innenleben deiner Prota jetzt besser nachvollziehen - das berührt mich. Sie rückt mir deutlich näher. Auch was zwischen Frank und ihr im Raum steht - und für was das steht - kommt mir jetzt sehr viel glaubwürdiger vor. Der Ausbau hat sich definitiv gelohnt, denke ich. Ebenso die Traumsequenz, ich kann sie nun klarer einordnen, die Sehnsucht, die sie symbolisiert, aber auch den Schmerz dahinter.
Die Schlussszene erschließt sich mir jetzt auch deutlicher. Ich konnte in der ersten Fassung nicht so recht einordnen, worauf sich das "Hat sich doch gelohnt" bezieht. Ich verstehe es jetzt so, dass es Joachim gutheißt, dass sie sich - aus seiner Sicht - wieder der Welt und dem Vergnügen zuzuwenden scheint. Nach der Zeit der Trauer und so. Wenn der wüsste :).
Dass Joachim nicht auf das Geplänkel der beiden (Frank und Carla) reagiert - bemerkt er das nicht? -, oder es toleriert, verstehe ich noch nicht so ganz. Ist aber der einzige Punkt, den ich kritisch anmerken könnte. Alles andere finde ich sehr gelungen.
Eine wirklich gute Geschichte ist das, peregrina. Ich hab sie sehr gerne gelesen.


Ein paar wenige Kleinigkeiten:


Voriges Jahr ging es auch nicht, als du …“ Als Joachim seinen Fehler bemerkt, ist es zu spät. „Genau. Sprich es ruhig aus! Da war ich hochschwanger.“
Ich fände es auch besser, wenn du sie direkt einharken lassen würdest.

„Was meint Babs dazu?“
Das könnte missverstanden werden. Bezieht sich ja nicht auf die Schwangerschaft, oder? Ich würde den Maskenball erwähnen.

„Sie kommt klar, denk’ ich. Zwei Kinder reichen ja auch.“ Er greift sich in den Hemdkragen.
„Na, wenn du es sagst.“ Er schiebt noch etwas nach, das sich für mich wie „nur so groß wie eine Kaulquappe“ anhört, aber ich habe keine Lust, über das Liebesleben der Lurche zu plaudern.
Ich versteh das mit der Erwähnung der Kinder noch nicht so ganz. Bezog sich die Frage „Was meint Babs dazu?“ doch auf die Schwangerschaft?
Der Lurchsatz will mir immer noch nicht gefallen :).

Die Dunkelheit, die die Körper umgibt, gleicht einer bösen Vorahnung. Sie gibt nur ein paar Stellen nackte Haut preis, makellos und mit einem Leuchten, das von innen zu kommen scheint. Die Blondine hat den Kopf in seinen Schoß gelegt. Ihre Fingerspitzen berühren, zart wie das Schlagen von Schmetterlingsflügeln, seinen muskulösen Bauch. Mit jedem Atemzug saugt sie seinen Geruch ein und genießt ihre Begierde.
Gefällt mir ganz gut, trotzdem hab ich meine Probleme damit.
Nur ein paar Stellen nackte Haut, dann werden aber kurz darauf der ganze Kopf, die Finger, der muskulöse Bauch, die blonden Haare erwähnt? Beißt sich irgendwie, finde ich.
Schlagen würde ich hier als trommeln interpretieren, als aktive Handlung mit Dynamik, was du aber sicherlich nicht gemeint haben kannst, alleine schon deswegen, da sie ja ein Plakat ansieht und keinen Film.
Vorschlag (zum Veranschaulichen): Dunkelheit umgibt die Körper wie eine böse Vorahnung. Sie gibt nur wenig preis. Eine Frau mit blonden Haaren, ihr Kopf ruht in seinem Schoß. Fingerspitzen berühren - zart wie Schmetterlingsflügel - seinen muskulösen Bauch. Makellose Haut, und ein Leuchten, das von innen zu kommen scheint. Mit jedem Atemzug nimmt sie begierig seinen Geruch in sich auf.

Meine Augen tränen vom scharfen Wind.


Babs schält sich als Erste aus ihrem Mantel.

Sind die zwei Leerzeilen Absicht?

Unser Tisch ist verwaist. Joachim warf mir noch schnell einen verzweifelten Blick zu, bevor er von der Ordensschwester entführt wurde und auch Babs bleibt verschollen.
Das Zeitenproblem würde ich anders lösen.
Vorschlag: Joachim wirft mir noch schnell einen verzweifelten Blick zu, bevor er von der Ordensschwester entführt wird und auch Babs bleibt verschollen. Unser Tisch ist verwaist.

„Na du, du kommst gerade richtig“, sagt er aufgekratzt. „Siehst ein bisschen käsig aus.“
Könntest du vermeiden - so kurz hintereinander. Es gäbe mehrere Möglichkeiten.
Vorschlag (will dich nicht schon wieder zum Streichen ermutigen :)): „Na du“, sagt er aufgekratzt. "Du kommst gerade richtig. Siehst ein bisschen käsig aus.“


So viel mal von mir, peregrina.


Vielen Dank fürs Hochladen


hell

 
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Hallo @peregrina,

nach deiner ausführlichen Antwort habe ich mir noch mal Gedanken über deine schöne Geschichte gemacht.

Ist vielleicht kleinlich, aber 'beiden' kann mMn weg. Man weiß ja, wie viele Jungs es sind.
Da bin ich nicht so sicher. Der Satz ist melodischer mit „beiden“ und es trennt auch die drei Akteure in zwei Gruppen. Carla steht auf der einen Seite alleine.

Ist ein gutes Argument, dass Carla dadurch isoliert von den Männern dasteht.

Etwas unschön, wegen der dicht aufeinanderfolgenden Wortwiederholung 'als'. Ich weiß jetzt nicht, ob 'weil' für dich eine schönere Alternative wäre, andernfalls den zweiten Satz umstellen: Seinen Fehler bemerkt Joachim erst, als es zu spät ist.
Ja. Dachte, man könne über die Dopplung hinwegsehen, weil ALS einmal in der wörtlichen und einmal in Carlas Gedanken auftaucht. Kanji fände es noch besser, wenn Joachims Satz von Carla zu Ende gesprochen werden könnte. Ich beiß mich noch mal fest, wenn ich nicht weiterkomme, übernehme ich deinen Vorschlag und stelle den Satz um.

Der Vorschlag von Kanji hat mich ihren Gedanken weiterspinnen lassen. Du könntest auch Joachim:
"Voriges Jahr ging es auch nicht …“ sagen und sich Carla dabei instinktiv an den Bauch fassen lassen; ihn streicheln, oder auch die Hände darauf liegen lassen, als wolle sie ihn wärmen. Das wäre eine Andeutung, dass da mal etwas war. Mir würde das genügen, aber ich glaube, dir ist es wichtig, den Leser wissen zu lassen, was da war. In diesem Fall könntest du zum Beispiel Carla sich an einen Tritt des Ungeborenen, am frühen Morgen erinnern lassen und an ihre Angst, als sie im Laufe des Morgens bemerkte, wie still es danach in ihrem Leib geblieben ist. Ich würde das sehr knapp formulieren, um zu zeigen, wie sehr sie noch darunter leidet.
Hm, ich merke gerade, warum wir uns Wortkrieger nennen. Eigentlich wollten wir ja nur ein 'als' umgehen :-)

Streichkandidat, dieser Satz, eindeutig. Steht doch schon oben, mit den beiden Kindern, die ausreichen. Das nimmt irgendwie den Lesefluss, weil ich überlege, warum das dasteht.
Für diesen Satz, also präzise den Lurchen hab ich schon viel Haue gekriegt.
Schweren Herzens werde ich ihn abschießen, gebe aber zu bedenken, dass er auf ein sehr frühes Entwicklungsstadium des Kindes hinweisen soll.

Liebe peregrina, wir schlagen uns hier doch nicht :-)
Vergiss bei allem Respekt gegenüber deinen Lesern nicht, was dir wichtig. Du bist der Kapitän, wir deine Offiziere. Ich meinte nur, dass ich es als Leser nicht wissen muss, in welchem Entwicklungsstadium sich das Baby befand. Hier haben Eltern ihr Kind verloren, das reicht mir aus, um betroffen zu sein und tiefes Mitgefühl zu empfinden.


Nennt er das echt so? Sagt er zu ihr: Komm wir gehen unseren ehelichen Pflichten nach? Meinst du das hier so?
Na ja, ich hoffe, dass er es nicht ganz so ungeschickt formuliert. Aber wenn im Allgemeinen über Sex gesprochen wird, bedient er sich eben solcher veralteten, prüden, bigotten Umschreibungen. Damit wollte ich Carla einen Vorwand in die Hand geben, um sich von Frank angezogen zu fühlen (unter anderem).

Okay, ich verstehe.

Vielleicht stehe ich grad auf dem Schlauch, aber wieso dieser Nachschub: als hätte es ihn nie gegeben?
Der Abschied kommt ja sehr abrupt. Gerade noch schweben Carla und Frank durch die Küche und dann hat er es eilig zu verschwinden. Er ist wie eine Fata Morgana.
Carla fühlt sich in dem Moment weggestoßen. Oder vielleicht besser: als hätte es seinen Besuch nicht gegeben.

Ja okay. 'als hätte es ihn nie gegeben' klingt für mich aber irgendwie nicht richtig. Besser gefiele mir: als wäre er nie dagewesen. Aber auch der Vergleich mit der Fata Morgana gefällt mir. Es sollte halt einen Bezug zu Frank sein und nicht auf seinen Besuch, finde ich.
Ich überlege gerade weiter. Du könntest auch schreiben: … winkt uns flüchtig zu und in dem Moment, in dem er aus meinem Blickfeld verschwindet, fühlt es sich an, als hätte es ihn nie gegeben. Man kann sie da ruhig egoistisch sein lassen, finde ich. Hey, sie mag ihn doch und sehnt sich nach ihm. Danach geht es ja auch sofort mit ihrer Verlorenheit weiter.


Die Hände von Diane Lane liegen (ruhen) auf dem Bauch ihres Lovers, deswegen hab ich mich bewusst für „berühren“ und nicht „streicheln“ entschieden, weil aber das „Schlagen der Flügel“ eine Bewegung assoziiert, entsteht ein Widerspruch, Oh, oh.
Wenn „Schlagen“ verschwindet, kann man die Flügel akzeptieren, oder?

Unbedingt. Klingt für mich gleich viel besser.

Nun hab ich eine Frage: Wird dir klar, dass es sich bei dem Plakat, um das Filmplakat zum vorher erwähnten Film „Untreu“ handelt? Oder muss ich den Richard Gere noch mal erwähnen?

Nee, brauchst du nicht, wäre dann doppelt genannt. Ich finde die Stelle richtig klasse, mein Kapitän :-) Ich habe das gleich mit 'Untreu' in Verbindung gebracht und der Hinweis mit der Paraderolle für die Lane, hat mir sehr gut gefallen. Es ist möglich, dass das nicht jeder versteht oder richtig deutet, aber ich finde, man darf den Leser auch ein wenig herausfordern :-) Und diejenigen die deine Anspielung nicht verstehen stellen sich halt irgendein Film vor. Wenn du damit leben kannst, dann lass es wie es ist.

Ja, den hab ich noch eingefügt. Da hatte ich das Zweite Gebot des KG-Schreibens: Du darfst dem Leser keine Informationen vorenthalten, völlig außer Acht gelassen. Wurde von den Kommentatoren vielfach angesprochen, dass da insgesamt zu viel Unklarheit herrscht.

Da hast du eine wirklich gelungene Lösung gefunden.
Ähm … wie lautet denn das Erste und das Dritte Gebot des KG-Schreibens?


Alles. Es war seine Idee, zum Ball zugehen, seine Entscheidung, das dämliche Nachthemd anzuziehen und jetzt liegt es in seiner Verantwortung, dass Carla sich Frank an den Hals werfen wird. So sieht Carla das, nicht die Autorin.

Jetzt verstehe ich.

Wieso plötzlich Präteritum? Sollte es nicht 'wirft' und 'entführt wird' heißen?
Der verwaiste Tisch ist das Jetzt. Joachim hat den verzweifelten Blick schon vorher geworfen.
Blick werfen, verschwinden, leerer Tisch wäre die zeitliche Abfolge, wenn ich im Präsens bleiben würde. Ist der Zeitsprung wirklich so irritierend?

Für mich ja, total. Es klingt, als hätte ein Erzählerwechsel stattgefunden und der Neue schere sich einen Dreck um den seitherigen Tempus.

Mir will nicht einleuchten, warum sie sich billig dabei fühlt. Schlechtes Gewissen? Aber fühlt man sich dann billig? Wie fühlt sich das überhaupt für sie an?
Du bist mit Kanji und hell in guter Gesellschaft. Ist billig wirklich das gute Wort?
Meine Überlegungen waren in meiner Antwort an Kanji folgende:
Kann man sich nicht billig fühlen? Hab mir das „billig“ aus Carlas Urteil über ihre lackierten Krallen für den Traum stibitzt. In einem Traum sind da glücklicherweise wenig Grenzen gesetzt. Sie hätte auch obszön, erhitzt, lächerlich, also alle anderen Attribute, die ihr noch bei halbwegs klarem Verstand durch den Kopf geschossen sind, verwenden können.
Irgendwie habe ich noch keine andere Sichtweise dazu. Aber wenn der Leser strauchelt, immer an der gleichen Stelle …? Oder ist es gut, wenn er mal hinterfragt, wieso billig?
Billig im Sinne von wertlos. Oder nicht?

Hinterfragen ist gut, es darf halt nicht verwirren. Aber da jeder ein anderes Leseempfinden hat, kannst du das nie richtig machen :-) Hör auch immer auf dein Bauchgefühl. Wenn ich bei solchen Dingen verunsichert bin, lege ich sie zur Seite und schlafe ein paarmal darüber. Ich beuge mich aber auch gerne dem, was mir die Mehrheit der Leser vorschlägt.
Wertlos gefiele mir an dieser Stelle sogar besser. Hat weniger 'Verruchtes' an sich.

wehtun
Richtig. Wieso weißt du das?

Weil es falsch aussah und ich vorsichtshalber Herrn Duden gefragt habe :-)

Uff. Alles nur geträumt?
Diesen Satz habe ich später hinzugefügt. Als er nicht stand, haben die Leser die Szene nicht als Traum wahrgenommen, obwohl sie schon sehr absurd dargestellt war. Mir würde es eigentlich sehr gefallen, wenn der Leser nicht sicher sein kann, Traum und Realität.

Ich erinnere mich wieder daran. Genau, ich habe das damals nämlich nicht so richtig geblickt.

Die Frage ist: Wenn ich „Das Bett neben mir ist leer“ streichen würde, kriegt die Szene/KG die beabsichtigte Ungewissheit zurück?

Ich habe eben diese Szene noch einmal gelesen und ich muss zugeben, dass ich diesen Satz brauche, um sie als rund zu empfinden. Wäre er weg, dann bliebe da ein nachdenkliches Gefühl zurück. Auch Ungewissheit, ja. Aber ich habe ja oben geschrieben, dass man den Leser ruhig ein wenig herausfordern darf. Wenn du an dieser Stelle mit der Lesererwartung spielen möchtest, dann tu es :-)

Ach ja, der zweideutige Titel gefällt mir gut.
Ein Knaller ist er nicht, aber er trifft’s. Ich hätte mich fast für „Maskenball“ entschieden, dann wäre er dreideutig gewesen, haha.

Ja, daran musste ich auch denken, als ich den Titel das erste Mal sah.

Ich hoffe, du kannst mit meinen Gedanken etwas anfangen, peregrina. Sind alles nur Vorschläge, lass dich zu nichts überreden.

Liebe Grüße
Tintenfass

 
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Und obwohl eisige Windböen um die Häuserecken fegen, wünsche ich mir, dass wir immer so weiterlaufen, ohne Bestimmung, dass wir keine andere Wahl haben.
Ein Beleg, dass es in der gut-bürgerlichen Welt keine Möglichkeiten, keinen Konjunktiv gäbe, Varianten freien Lebens auszuleben, ansonsten hieße es "dass wir immer so weiterliefen, ..., dass wir keine Wahl hätten."

Die freie Welt eingeschränkt auf Spießbürgers Welt?

Mag sein!, gleich welch zweifelhafter Natur ...

Es ist praktisch, sich nicht vorzudrängeln, und abzuwarten, bis alles schon gesagt erscheint und man selbst eine scheinbare Abschweifung wagen kann, so wie jetzt durch mich.

Die Soziologie bedarf für ihre Thesen eines Akteuremodells, in dem der Mensch das tut/so handelt, was/wie er es soll (gesellschaftliche Erwartung/en halt erfüllt), was ihm durch Rollen vorgegeben wird - wie dem Schauspieler auf den Brettern, die die Welt bedeuten - mit zwo entscheidenden Unterschieden, dass nicht wie am Theater einer Regie führt, sondern die "Gesellschaft" mit ihren Normen und Erwartungen (in Sportarten wie dem Fußball führen bekanntermaßen selbst die, die 40 Millionen vor der Glotze sitzen, ohne jeden Einfluss "Regie", weil sie die Rolle des Spielers, des Schiedsrichters und ggfs. des parteiisch-verblödeten Publikums im Stadion nebst des Kommentatoren weitaus besser auszufüllen glauben, als diese selbst).

Und - der weitaus wichtigere Unterschied, nicht eine Rolle - wie etwa des Harlekins - muss ausgefüllt werden, sondern eine unbestimmte Anzahl innerhalb der Familie, des Freundes- und Bekanntenkreises wie auch und vor allem jenseits des inneren Kreises nach Außen hin, als Konsument, Klient, Patient, Publikum, Mitarbeiter ...

Jeder trägt also eine Vielzahl von "Masken" (ein Wort, dass aus dem arabischen "maschara" über Sizilien aufs italische Festland nach Frankreich und zu uns fand, aber "Verspottung als verkleidete Person" bedeutet - so das grimmsche Wörterbuch und in der Folge auch die Dudenredaktion), oder - wie es der von mir verehrte Ralf Dahrendorf mal sagte: "Der Einzelne ist seine sozialen Rollen, aber diese sozialen Rollen sind ihrerseits die ärgerliche Tatsache der Gesellschaft“, nicht mehr nur allein ein Homo sapiens sapiens/neandertalensis - man schaue sich nur die Gesichter und Verhaltensweisen im Verkehr an, um zu wissen, dass der Neandertaler keine verflogene Währungseinheit ist und eben nur vernunftbegabt, aber nicht unbedingt vernunftgeleitet ist, wie im Auslaufmodell Ehe, wenn ein Dreiecksmodell daraus wird (um es mal offen zu sagen, wenn ich mit "Schätzchen" oder - noch schlimmer, wenn auch in Deiner gelungenen Geschichte nicht auftauchend - "Bärchen" oder sonstigen verniedlichenden Unsinns angeredet würde - die Trennung wäre am nächsten Tag vollzogen, bis Bärchen und Schatz der Liste der bedrohten Arten beigefügt wären ...

Achja, was mich befremdet ist die gelegentlich in den Kommentaren bekundete Befremdlichkeit zum Leitungswasser, dass ich unter gegebenen Umständen für gesünder halte als alle Nestle - oder sonstiger, Flacshen bewerteter industrieller Wasserangebote - Industrie und Wirtschaft klingen nie sonderlich gesund!

Deine Geschichte lässt sich durch einen inneren Kreis darstellen - hie Carla, Icherzählerin, und deren Gatten Achim, nebst der Paarung Frank und "Babs" - der durch ein Dreiecksverhältnis (oder doch zwo Dreiecksverhältnissen?) Ecken bekommt, die durch den Namen des Hollywood-Beaus Richard Gere [ˈrɪtʃərd ˈɡɪə] zum buchstäblichen Pentagon wird - denn auffällig ist, dass der Hausname des Stars lautschriftlich mit dem deutschen Wort für "Gier" korrespondiert ... Da bin ich mir sicher - nicht ungewollt oder - schlimmer noch - unbewusst.

Was soll'et liebe Dante Friedchen von dergleichen halten?,

liebe peregrina,

aber meine Haltung sollte hierorts bekannt sein, die sich von Ulfila und den ersten Zeugnissen germanistischer Zunge in einem Korinther-Brief bis zu Anke Engelke unter "http://www.zeit.de/2013/52/was-ist-liebe" reicht.

Liebe und Freundschaft haben nix mit der Eigentumsordnung zu tun! Liebe mag im "code civil" Besitzverhältnisse regeln, nicht aber persönliche Liebe und Solidarität und schon gar nicht die Beziehung dazwischen: Freundschaft/Nächstenliebe.

Zum Schatzkästlein teutscher Trivialitäten!

Lautlos lege ich Jacke und Schal ab ...
Dass C. keinen Laut sagt, ist klar, aber sie will doch auch überraschend "geräuschlos" sein ... - einfach "leise"

Frank schnellt wie ein Springmesser ...
Ein Messer kann - wie überhaupt ein Ding - gar nicht "hochschnellen", es "schnappt" - wie sein Synonym "Schnappmesser" verrät - eher mechanisch zu, mechanisch wie der Haifisch mit den Zähnen ..., der schnappt zugleich nach Luft ...

... die Flasche Radeberger ...
Mich ekelt!

Ich bin verunsichert und [...] befürchte, man sieht es mir an.
Ein "ich" lässt sich einsparen - um den Konj. I "man sehe/sähe es mir an" wird Carla selbst ringen müssen ...

Der erste eindeut'ge Fehler ist denn

... und schiebt mich sanft[,] aber bestimmt durch die Küche.
Die Konjunktion "aber" ersetzt im Gegensatz zu "und" und "oder" kein Komma, also "sanft, aber bestimmt ..." und wird prompt von der ersten Flüchtigkeit als Schwächeanfall bestätigt
„Können wir ja später mal machen“. Er lacht.

„So, Freunde. Ich muss.“
Klingt nicht - so sehr in der Ellipse als im-perativ nach purer Aussage!

Bei.

.., der wievielte es ist, ich habe nicht mitgezählt ...
lass Dich auf keine Diskussion groß & klein ein, es ist Attribut zum "Cocktail", das nehm selbst ich unterm besten Bier im Harz noch wahr ... (musste selbst noch mal nachschau'n, ist aber nur Attribut/Adjektiv zum Hahnenschwanz ...)

Ich stelle mir vor, wie der Schnee alles zudeckt, die schmutzigen Kieswege, die Sehnsucht und die Scham.
Einen besseren Schluss kann es - für wen auch immer - gar nicht geben,

findet

het windje

 
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Liebe Kanji,

du hast noch mal gelesen, das freut mich sehr.

Für meinen Geschmack hast du viel eingebaut, was mir die Charaktere und Beziehungen zueinander nahbringt. Sehr gut, Babs weiterhin nahezu unberührt zu lassen.

Tatsächlich habe ich mich angestrengt, da noch ein wenig Licht in’s Dunkel zu bringen. Babs bleibt ein Schatten, stimmt.

Vielleicht, aber sicher und einig bin ich mir da nicht, weil ich nicht tief analysiert habe, muss ich gestehen, vielleicht sind die Rückblicke und settingwechsel beim ersten Lesen etwas irritierend ... Ich habe mich da mehr inhaltlich fangen lassen.
Es gibt ja nur eine klitzekleine Rückblende: Carla steht am Fenster, ein klitzekleiner Kuss von Frank in den Nacken.
Ansonsten ist linear erzählt und das Setting wechselt doch nicht zu häufig und ich hoffe, es ist eindeutig zu identifizieren. Küche – Straße – Maskenball – Traum (oder auch nicht) - Küche

Ich könnte schwören, das verhaltene Lachen ist das von Frank.
Weswegen nicht einfach „..., das verhaltene Lachen ist von Frank?"
Solche Fragen gefallen mir gut, weil ich in mich gehen und mir selbst Rede und Antwort stehen muss. „Ich könnte schwören“ drückt noch keine hundertprozentige Sicherheit aus, während „das verhaltene Lachen ist von Frank" – keinen Zweifel zulässt. Da ich eine Art Spannung aufbauen möchte, eine gewisse Leserneugier, ist mir der Satz mit „schwören“ sympathischer.

Er tut so, als würde Unausgesprochenes nicht wie eine Mauer zwischen uns stehen.
Daher weht der Wind.
Ja, der Wind bläst aus einer älteren KG, Messerklingen. Weiß nicht, ob du gelesen hast, was ich den anderen Kommentatoren geantwortet habe. Dadurch, dass ich auf diese Ausgangssituation aufgebaut habe und bestimmte Sachverhalte und das emotionale Beziehungsgeflecht nicht noch mal explizit ausführen wollte, hatte die neue KG auch dieses Info-Defizit. Jetzt weiß ich, wie es dir gehen muss, wenn du deine Tobi-Serie weiterspinnst.

Voriges Jahr ging es auch nicht, als du …“ Als Joachim seinen Fehler bemerkt, ist es zu spät.
„Genau. Sprich es ruhig aus! Da war ich hochschwanger."
Ich fänds noch bissiger, wenn Joachim den Satz so beginnt, dass er genauso von Carla weitergeführt werden könnte.
Ist ’ne super Idee, hab ich schon realisiert.

Was meint Babs dazu?“
Zum Faschingsball meinst du. Nicht zum Hochschwanger sein im letzten Jahr. Oder doch nicht?
Carla will eindeutig wissen, wie Babs zum Maskenball steht (hab jetzt Ringelpiez eingesetzt), allerdings hat sie auch im Hinterkopf, Babs könnte Einwände haben, weil sie erst kürzlich das Baby verloren hat.

Er macht eine Pause, als müsse er jedes Wort genau abwägen. „Sie kommt klar, denk’ ich. Zwei Kinder reichen ja auch.“ Er greift sich in den Hemdkragen.
Seltsam, was ihm da so durch den Kopf geht. Als wären Kinder etwas zum Sammeln oder Durchnumerieren. Ganz schön abgeklärt, der Frank.
Eigentlich sagt er auch und ich denke Carla begreift das so: „Wir haben ja schon Kinder, deshalb ist der Verlust nicht so tragisch wie deiner.“ Er signalisiert Verständnis, fühlt sich aber nicht richtig wohl in seiner obercoolen Haut, deshalb wieder der Hemdkragengriff, ist auch ein Fragment, das der Wind aus der anderen KG rübergeweht hat.

Wir begleiten ihn zur Tür und schauen ihm nach. Er überspringt jeweils eine Stufe, winkt uns flüchtig zu und verschwindet aus unserem Blickfeld, als hätte es ihn nie gegeben.
Das gefällt mir. Sowohl das Bild (inkl. das was ich mir vorstelle, was jeder der beiden Nachblickenden wohl denken mag) als auch die Leere danach.
Du hast bis jetzt die neu eingefügten Sätze und Teile gut erkannt. Kompliment.

Die arme Babs“, sagt Joachim mehr zu sich. „Hast doch bestimmt Hunger, hm?“
Ich nicke nur.
„Los, ich hau’ uns schnell ’n paar Eier in die Pfanne!“
„Gute Idee.“ Nur zu gerne würde ich die Verlorenheit ausblenden, die sich wie ein leises Gift in jede Zelle stiehlt und mich lähmt.
Kann nicht schaden, Joachim mitfühlend zu zeigen, mit der Freundin und mit der Frau. Und wunderbar gefällt mir, dass du Carla verletzlich zeigst - mit Gift gelähmt, das arme Ding.
Ja, war ganz wichtig zu beweisen, dass er sich um das „leibliche Wohl“ Carlas kümmert, aber begreifen kann er sie nicht (hängt auch damit zusammen, dass sie ihm keinen Zugang, meine psychisch, gewährt).

Und du bist ganz zufällig hier lang gekommen. Weißt nicht, dass ich um die Zeit den Laden schließe?“ Wie auf Stichwort beginnt die Glocke der Rathausuhr blechern zu schlagen.
Sie ist aber auch eine von der angreifenden Sorte ...
Ich wollte das Treffen nicht wie Zufall aussehen lassen. Ich meine, wer würde das auch glauben. Carla nicht und der Leser erst recht nicht.

Mensch, Carla. Ich komm mir vor wie ein verdammter Schuljunge. Du spukst in meinem Kopf.“ Seine Stimme ist rau und fremd. „ Ich kann nix dagegen machen.“
Aber das verlorene Kind war jetzt aber nicht von Frank!? Oder soll ich das denken? Oder war die Affaire tröstend danach? Oder spielt das keine Rolle?
Nein, das Baby war nicht von Frank. Es wäre fatal, wenn das der Leser denken würde.
Die beiden hatten keine Affäre, da war nur so ein zartes Gespinnst aus freundschaftlichen Gefühlen, erotischer Anziehung und körperliche Annäherung.
Alles jugendfrei. Siehe Messerklingen .

Wer braucht schon Geständnisse, die in eine Sackgasse führen? Das mache ich mit mir aus. Meine Augen tränen vom scharfen Wind.
Ach, Carlalein. Jetzt kann ich so richtig mit ihr fühlen, ihre Trauer, nicht nur um das Kind, sondern um verpasste Möglichkeiten, Leidenschaft, eine andere Zukunft - da hat sie ja nicht wenig zu schleppen.
Und am Ende dunkelt die Zynikerin konsequenter Weise wieder durch. Nicht schlecht.
Ja, die Carla ist eine greifbare Figur geworden. Wir treffen hier auf Zynismus der leichten Form und Selbstbetrug in Reinkultur.

Ihr sagen müssen, dass man lernen muss, seine Gedanken zu steuern, weg vom Zentrum des Schmerzes hin zu anderen Aufgaben oder auch zu anderen Männern. Alles beginnt im Kopf. Auch das Ende des Kummers oder sein Beginn.
Das glaubt sie wirklich, oder?
Carla und ich glauben gleichermaßen, dass alles im Kopf beginnt, dass andere Männer eine Lösung bringen könnten, meinen wir im höchsten Maße sarkastisch.

Unser Tisch ist verwaist. Joachim warf mir noch schnell einen verzweifelten Blick zu, bevor er von der Ordensschwester entführt wurde und auch Babs bleibt verschollen.
Frank nickt und malt Kreise in die Luft. Seine Aufforderung zum Tanz. Er geht vorneweg, schiebt sich durch das Gedränge, teilt für mich das Meer, mein verwegener Piratenkapitän.
Ich setze die Füße fest auf den Boden, dann hüpfe ich, immer höher und höher, und wenn alles vibriert in mir, hebe ich ab. Ich habe beinahe vergessen, wie sehr ich diese Verwandlung mag und wie befreiend sie sein kann.
Verwaist passt sehr gut mal eingefügt in die Geschichte. Geht der nachfolgende Satz dann nicht im Präsens?
Wäre nicht so gut, weil ich erst den Tisch erwähne. Hab jetzt in chronologischer Folge
erzählt. Nur Präsens.
Das beschreibst du ganz wunderschön, Carlas Wunsch nach Halt und Schutz und nicht nach einem Helden im Flanellhemd. BeinCarlas tänzerischem Ausbruch fühlt sich hüpfen seltsam an.
Nun steht „springen“, auch nicht der Bringer. Oder? Sollte mich noch mal die Muse küssen, dann werde ich die Szene abrunden.

Aha.“ Kann man gelten lassen, füge ich in Gedanken hinzu, aber nur, wenn das Meer aufgewühlt ist.
Och, was für eine schöne Idee!
Ja, was willste als Frau machen, wenn der Ehemann nicht sicher ist, welche Farbe deine Iris hat. Knapp daneben ist auch vorbei. Aber frau hat immer noch die Möglichkeit, sich einiges schön zu reden. Und die Augenfarbe ist ja sooo abhängig vom Lichteinfall, oder was der Betrachter in die Augen hineininterpretiert. Das Meer steht für Carlas Zustand.

Ich mag sie jetzt noch viel lieber, sowohl die Geschichte, als auch deine Protagonisten mit all ihrem Gemenschel, eben weil Du mehr gewürzt hast.
Ja, kräftig nachgewürzt, das kann man sagen.

Liebe Kanji, auch du gehörst zu den WKn, die sich eine vielschichtige Carla zum besseren Verständnis gewünscht haben. Wenn ich mit der Überarbeitung das Ziel erreicht habe, dann hab ich das mit eurer Hilfe geschafft.

Vielen Dank für deine Mühe und dem Gedankenfluss.

Liebe Grüße,
peregrina,

Hallo hell,

ganz ehrlich, mir gefällt die Geschichte nach der Überarbeitung sehr viel besser.
Mir auch. Sie konnte nur besser werden. War wirklich notwendig, dass mich die WK wachgerüttelt haben.

Weiß du, und das ist jetzt kein Witz, ich traue mich oft nicht, bestimmte Sachverhalte auszuerzählen. Ich folge konsequent dem Ersten Gebot meiner Schreibf(b)ibel: Du sollst den Leser nicht langweilen. Manchmal übertreibe ich es eben mit den Einsparungen. Und dann bin ich auch noch voll in meine eigene Messerklinge gelaufen. :lol:

Kompliment! Ich kann das Innenleben deiner Prota jetzt besser nachvollziehen - das berührt mich. Sie rückt mir deutlich näher. Auch was zwischen Frank und ihr im Raum steht - und für was das steht - kommt mir jetzt sehr viel glaubwürdiger vor.
Von Anfang an hatte ich im Hinterkopf, dass ich Carla und Frank gemeinsam zeigen will. Nur so haben sie die Chance, die Art ihres Verhältnisses klar zum Leser zu transportieren. Dann hab ich mich des Ersten Gebotes erinnert und wollte der Story auch nicht die Fahrt nehmen. Das Ergebnis war die erste Fassung. Ich befürchte, ich kann noch nicht unterscheiden, welche Info der Leser nötig hat und welche er sich erschließen könnte.

Ebenso die Traumsequenz, ich kann sie nun klarer einordnen, die Sehnsucht, die sie symbolisiert, aber auch den Schmerz dahinter.
Ja viel Symbolgehalt, war mein Rettungsboot, um einer klaren Sprache :sealed: aus dem Weg gehen zu können.
Mir kam zwar während des Schreibens die Wahnidee, den Leser im Unklaren zu lassen, ob Traum, ob alkoholumnebelte Wahrnehmung von Carla, aber nun soll es erst mal so bleiben.

Die Schlussszene erschließt sich mir jetzt auch deutlicher. Ich konnte in der ersten Fassung nicht so recht einordnen, worauf sich das "Hat sich doch gelohnt" bezieht. Ich verstehe es jetzt so, dass es Joachim gutheißt, dass sie sich - aus seiner Sicht - wieder der Welt und dem Vergnügen zuzuwenden scheint. Nach der Zeit der Trauer und so. Wenn der wüsste :) .
So die Gedanken Achims, genau. Für ihn ist das der Wendepunkt in ihrem Leben. Der wird sich noch wundern.

Dass Joachim nicht auf das Geplänkel der beiden (Frank und Carla) reagiert - bemerkt er das nicht? -, oder es toleriert, verstehe ich noch nicht so ganz. Ist aber der einzige Punkt, den ich kritisch anmerken könnte. Alles andere finde ich sehr gelungen.
Joachim hat wirklich kein Problem mit den albernen Späßchen der beiden. Das machen die schon immer so, sie haben eben einen guten Draht zueinander. Und wenn Joachim als Augenzeuge anwesend ist, … Einzig am Schluss dieser Sequenz zeigt er eine vorsichtige Nachdenklichkeit, als er äußert: „Die arme Babs.


Ein paar wenige Kleinigkeiten:

Voriges Jahr ging es auch nicht, als du …“ Als Joachim seinen Fehler bemerkt, ist es zu spät.„Genau. Sprich es ruhig aus! Da war ich hochschwanger.“
Ich fände es auch besser, wenn du sie direkt einharken lassen würdest.
Ein nahtloser Übergang ist geschaffen. Erklärsatz ist verschwunden.

„Was meint Babs dazu?“
Das könnte missverstanden werden. Bezieht sich ja nicht auf die Schwangerschaft, oder? Ich würde den Maskenball erwähnen.
Bezieht sich auf die Tanzveranstaltung, richtig, unter Berücksichtigung der speziellen Lage von Babs. Hab jetzt „Ringelpiez“ eingefügt.

„Sie kommt klar, denk’ ich. Zwei Kinder reichen ja auch.“ Er greift sich in den Hemdkragen.
„Na, wenn du es sagst.“ Er schiebt noch etwas nach, das sich für mich wie „nur so groß wie eine Kaulquappe“ anhört, aber ich habe keine Lust, über das Liebesleben der Lurche zu plaudern.
Ich versteh das mit der Erwähnung der Kinder noch nicht so ganz. Bezog sich die Frage „Was meint Babs dazu?“ doch auf die Schwangerschaft?
Ich sag mal so: Lebendige und glaubwürdige Dialoge schreiben ist Kunst. Aber meine Figuren verstehen sich trotzdem ausgezeichnet, auch wenn meine Fähigkeit noch nicht ausgereift ist. :pah:
Frank antwortet genau auf die beiden Themen, die Carla aufgerufen hat. Maskenball und
Baby verloren.
Mit "Sie kommt klar, denk' ich." sagt er, dass die Kommunikation nicht so gut funktioniert und
mit „Zwei Kinder reichen ja auch“, dass der Verlust in Babs’ Fall nicht im Verhältnis zu Carlas Tragödie steht. Er schleimt sich bei Carla ein, wenn du so willst.

Der Lurchsatz will mir immer noch nicht gefallen
Du meinst, Vögel hätten in dem Text eine größere Daseinsberechtigung?
Die Lurche und ihre Brut sind verschwunden.

Die Dunkelheit, die die Körper umgibt, gleicht einer bösen Vorahnung. Sie gibt nur ein paar Stellen nackte Haut preis, makellos und mit einem Leuchten, das von innen zu kommen scheint. Die Blondine hat den Kopf in seinen Schoß gelegt. Ihre Fingerspitzen berühren, zart wie das Schlagen von Schmetterlingsflügeln, seinen muskulösen Bauch. Mit jedem Atemzug saugt sie seinen Geruch ein und genießt ihre Begierde.
Gefällt mir ganz gut, trotzdem hab ich meine Probleme damit.
Nur ein paar Stellen nackte Haut, dann werden aber kurz darauf der ganze Kopf, die Finger, der muskulöse Bauch, die blonden Haare erwähnt? Beißt sich irgendwie, finde ich.
Schlagen würde ich hier als trommeln interpretieren, als aktive Handlung mit Dynamik, was du aber sicherlich nicht gemeint haben kannst, alleine schon deswegen, da sie ja ein Plakat ansieht und keinen Film.
Vorschlag (zum Veranschaulichen): Dunkelheit umgibt die Körper wie eine böse Vorahnung. Sie gibt nur wenig preis. Eine Frau mit blonden Haaren, ihr Kopf ruht in seinem Schoß. Fingerspitzen berühren - zart wie Schmetterlingsflügel - seinen muskulösen Bauch. Makellose Haut, und ein Leuchten, das von innen zu kommen scheint. Mit jedem Atemzug nimmt sie begierig seinen Geruch in sich auf.
Das ist natürlich eine sehr geschmeidige Variante. Gefällt mir sehr. Ich frage mich, warum mir das nicht eingefallen ist. Ich schleif noch mal drüber.

"Na du, du kommst gerade richtig“, sagt er aufgekratzt. „Siehst ein bisschen käsig aus.“
Könntest du vermeiden - so kurz hintereinander. Es gäbe mehrere Möglichkeiten.
Vorschlag (will dich nicht schon wieder zum Streichen ermutigen :) „Na du“, sagt er aufgekratzt. "Du kommst gerade richtig. Siehst ein bisschen käsig aus.“
Mach ich noch!


Dankeschön für deine Tipps und dein Lob und deine Zeit und überhaupt für alles.

Liebe Grüße,
peregrina

 

Hi peregrina,

hui, da hat sich ja einiges getan! Kaum schau ich mal ein paar Tage nicht rein ...

Ich kippe nochmal eine Ladung Fundstücke vor dir aus, und du suchst dir einfach raus, was du davon gebrauchen kannst.

Leise lege ich Jacke und Schal ab und versuche, die knarzenden Dielenbretter und mein hüpfendes Herz zu ignorieren.

Leise und knarzend - ganz ehrlich: Hier stimmt was nicht! Entweder ist Carla leise, dann geben die Dielenbretter Ruh. Tja, oder halt nicht.

Er tut so, als würde Unausgesprochenes nicht wie eine Mauer zwischen uns stehen.

Dieser Satz hatte einen Unfall: Die Verneinung bezieht sich auf die Mauer. Das Unausgesprochene steht nicht wie eine Mauer zwischen ihnen, sondern wie ... äh ... ein Zaun?

Im Grunde ist der ganze Satz für mich ein Streichkandidat, denn er ist sehr, sehr erklärend. Der Text direkt davor und danach drückt das alles wunderbar indirekt aus.

Ich bin verunsichert und ich befürchte, man sieht es mir an.

Warum zweimal 'ich'? Kann Numero zwei nicht einfach weg?

„Wenn du uns lieb bittest, nehmen wir dich mit“, wirft mir Frank den Ball zurück.

Für mich würde es so besser klingen: "wirft Frank mir den Ball zurück"

„Was meint Babs zu dem Ringelpiez?“

Das kleine Greenhorn in mir fragt sich: Spielen die da Tischtennis oder wie oder was?

Genau der schmachtende Singsang, den er anstimmt, wenn er das Bedürfnis verspürt, den ehelichen Pflichten nachzukommen, wie er seine Akrobatik nennt.

Oh schmachtender Singsang, oh Akrobatik, das ist mir zu böse. Das hat Joachim nicht verdient, das wirft für mich letztlich vor allem ein unglaublich schlechtes Licht auf die Erzählerin. Man kann dem Partner ja vieles bei den ehelichen Pflichten vorwerfen, mangelnde Sensibilität, was weiß ich. Aber Akrobatik? Really?

Die Blondine hat den Kopf in seinen Schoß gelegt. Ihre Fingerspitzen berühren - zart wie Schmetterlingsflügeln - seinen muskulösen Bauch.

Das N bei den Flügeln ist zu viel.

„Wir geh’n ein Stück zusammen.“
Schweigend laufen wir nebeneinander.

Dies ständigen Auslassungszeichen, wie hier bei "geh'n" stören mich in deinem Text. Ich weiß nicht, was das bringen soll. Wenn das E da stehen würde, hätt ich es trotzdem beim Lesen schön im Ohr, wie sie es natürlich sprechen und dieses E halb verschluckt wird. Aber ständig diesen Strich lesen zu müssen, das wirft mich raus, das macht diesen ansonsten so schönen Text irgendwie hässlich.

Und dann wiederholst du in der zweiten Zeile ja exakt das, was in der Dialogzeile drüber steht, nur halt mit anderen Worten. Irgendwie find ich das auffällig.

„Komm!“, sagt er und berührt vorsichtig meinen Arm. - würd mir reichen.
„Wir geh’n ein Stück zusammen.“ - das könnte weg.

Wer braucht schon Geständnisse, die in eine Sackgasse führen? Das mache ich mit mir aus. Meine Augen tränen vom scharfen Wind.

Die Tränen sind vom Wind. Ja klar ... :D

Frank hat ein Auge unter einer schwarzen Klappe versteckt, aber dafür spüre ich seinen Blick umso intensiver, der über meine bloßen Arme und Schultern spaziert und am Ausschnitt Rast macht.

Ich hab so eine Obsession, dass ich das Relativpronomen nicht so sehr von seinem Bezugswort trennen mag.
Und überhaupt würde es mir so viel besser gefallen:
"aber dafür spüre ich umso intensiver seinen Blick, der über meine bloßen Arme und Schultern spaziert und am Ausschnitt Rast macht."

Hab deine Geschichte (wieder einmal) sehr gerne gelesen!

LG, Anne

 

Hallo Peregrina, Du hast schon eine Menge Hinweise erhalten, da gibt es nicht mehr viel zu sagen. Mir ist aber noch ein grundsätzlicher Gedanke gekommen: Beim Schreiben stehen Dir alle Möglichkeiten offen. Du kannst in die Karibik reisen, Deine Figuren könnten sich auf dem Mond begegnen, in einer mittelalterlichen Burg, Du könntest all die bekannten Beziehungskonflikte in einem ausgefallenen, ungewöhnlichen, originellen Szenario zeigen.

Aber Du entscheidest Dich dafür, einen alltäglichen Konflikt in einem alltäglichen Rahmen zu zeigen, mit Durchschnittscharakteren, die man weder so richtig lieben noch hassen kann. Das Ganze ist brav, bieder, man hat nicht das Gefühl, dass hier irgendjemand etwas riskiert, etwas Besonderes tut oder erlebt.

Warum beschneidest Du Deine Phantasie so sehr, dass beim Schreiben – wo Dir doch alle Möglichkeiten offenstehen - eine Begebenheit herauskommt, die uns allen so bekannt vorkommt, dass man beinahe annehmen könnte, wir hätten sie alle schon erlebt.

Ich weiß nicht, was Leser daran fasziniert, Alltagserlebnisse nahezu ohne jegliche philosophische oder ästhetische Brechung durch- und nachzuerleben. Mich persönlich spricht das nicht an. Ich will etwas Neues erfahren, ungewöhnliche Menschen kennenlernen, ungewöhnliche Orte, Berufe und Ereignisse verfolgen. Ich will es opulenter, dramatischer und härter.

Die TV-Show Lindenstraße hat ja unheimlichen Erfolg mit dem Alltagskonzept, aber für mich ist das nichts. Vielleicht wäre ein Mittelweg für Dich spannend: Warum verlegst Du Dein nächstes Beziehungsdrama nicht nach Island? Gib dem Leser ein bisschen Exotik, ein wenig mehr Risiko, Härte oder Kontur.

Gruß Achillus

 
Zuletzt bearbeitet:

Achillus schrieb:
Ich weiß nicht, was Leser daran fasziniert, Alltagserlebnisse nahezu ohne jegliche philosophische oder ästhetische Brechung durch- und nachzuerleben. Mich persönlich spricht das nicht an. Ich will etwas Neues erfahren, ungewöhnliche Menschen kennenlernen, ungewöhnliche Orte, Berufe und Ereignisse verfolgen. Ich will es opulenter, dramatischer und härter.

Liebe peregrina,
lieber Achillus,

ich finde es immer gut, wenn Aussagen mich dazu bringen, wieder einmal grundsätzlich über etwas nachzudenken. Und so ging es mir mit deinem Kommentar, lieber Achillus. Hier ein paar Gedanken zu ihm:

Achillus, ich verstehe deine Aussage und erahne, was dir in peregrinas Geschichte fehlt.
Allerdings steht deine Meinung ein wenig im Widerspruch zu dem, was wir alle über die Grund-Idee der Kurzgeschichte gelesen haben. Wenn ich es richtig im Kopf habe, so sollte idealtypischerweise eine gute Kurzgeschichte im Bekannten, im Alltäglichen etwas Neues, Überraschendes, Erschütterndes zeigen bzw. entwickeln.
(E.A.Poe z.B. meinte, dass diese kurzen Geschichten das Spektakuläre und Ungewöhnliche im Alltäglichen beleuchten sollten.)

Und auch Hemingways Geschichten entwickeln ja gerade in ihrer Alltags-Nüchternheit ihre Doppelbödigkeit. Das Drama spielt sich in der inneren Welt des/der Protagonisten ab, weniger im äußeren Geschehen.

Möglicherweise formuliere ich damit eine etwas veraltete Vorstellung, aber ich denke, dass viele unserer Kurzgeschichten (auch hier) ihre Qualität aus dieser Grundidee gewinnen, weniger aus der Ungewöhnlichkeit des äußeren Geschehens. Die gibt es auch, aber die inneren Konflikte der Protagonisten spielen sich auch dort in der Regel auf einer Ebene der alltäglichen Auseinandersetzungen und Entscheidungen ab.
Da ist es mMn gleich, ob sich die Geschichten in den USA, in Island oder in einem kleinen Schweizer Dorf abspielen, in einer IS-Auseinandersetzung oder in einem fiktiven Endzeitszenarium.

Kurz noch zu deiner Geschichte, liebe peregrina: Ich habe mich bisher nicht zu ihr geäußert, weil ich immer noch überlege, wie ich zu deiner Carla stehe.

So, wie ich deine Geschichte lese, erscheint Carla mir recht widersprüchlich: Da begegne ich der geilen Carla, die unbeschwert mit Frank turtelt und sich in sehr konkreten sexuellen Fantasien verliert, da ist die leidende Carla, die den Schwangerschaftsabbruch nach einem Jahr immer noch nicht verwunden hat, da ist die Joachim verachtende Carla, die den Sex mit ihm als Akrobatik bezeichnet und ihm allenfalls hin und wieder ein bisschen Mitleid entgegenbringt und da ist die Carla, die Leere und am Ende sogar Scham empfindet. Das alles gepaart mit einer guten Portion Zynismus.
Ich habe mich gefragt, was das für eine Frau ist. Warum trennt sie sich z.B. nicht von Joachim? Was hält sie in dieser Beziehung, die ihr nichts mehr gibt, die sie, aus welchen Gründen auch immer, davon abhält, mit Frank wirklich intim zu werden? Und warum eigentlich schämt sie sich am Ende? Vor wem und für was?

Besonders die Carla-Joachim-Konstellation stört mich in deiner Geschichte. Joachim hat von vorneherein die Arschkarte gezogen. Er kann (ihr) nichts richtig machen: Für sie trägt er zumindest eine Mitschuld an der abgebrochenen Schwangerschaft. Ihr ist alles an ihm zuwider. Was immer er macht, wie immer er sich äußert, es wird wohl ihre Aversion und Verachtung verstärken, ganz selten nur so etwas wie Mitleid in ihr hervorrufen.
Diese Carla wird mir unsympathisch und dieser Carla nehme ich letztendlich ihren Schmerz, ihre Leere und ihre Scham nicht wirklich ab.

Noch zu einem anderen Aspekt, den Achillus anspricht:

… Alltagserlebnisse nahezu ohne jegliche philosophische oder ästhetische Brechung …

Ich würde hier die psychologische Brechung ergänzen:

Für mich hätte deine Geschichte vielleicht besser funktioniert, wenn du auf die negative Darstellung Carlas Beziehung zu Joachim verzichtet hättest und dafür das sexuelle Verlangen Carlas auf einer psychologischen Ebene stärker als Kompensation ihres Schmerzes herausgearbeitet hättest.

Denn die Joachim-Elemente verwirren mich, weil sie ein unangenehmes Licht auf deine Protagonistin werfen. Möglicherweise möchtest du sie ja so widersprüchlich zeichnen. Nur schmälert diese Carla-Seite mein Mitgefühl und mein Verständnis.

Liebe peregrina, du siehst, ich habe ganz andere Probleme mit deiner Geschichte als Achillus. Ich werde noch ein bisschen nachdenken. Vielleicht finde ich ja den Schlüssel zu deiner mir fremden Carla.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Tintenfass,

ich weiß gar nicht, wie ich mich bedanken soll. Mensch, zweimal mit deinem Komm richtig rein in die Materie. Und ich brauche ewig mit der Antwort …Sorry!


Der Vorschlag von Kanji hat mich ihren Gedanken weiterspinnen lassen. Du könntest auch Joachim:
"Voriges Jahr ging es auch nicht …“ sagen und sich Carla dabei instinktiv an den Bauch fassen lassen;
...
Mir würde das genügen, aber ich glaube, dir ist es wichtig, den Leser wissen zu lassen, was da war.
Zunächst bin ich angenehm überrascht, wie gut das Ineinandergreifen der verschiedenen WK-Ideen funktioniert.
Und auch der Gedanke, Carla an den Bauch fassen zu lassen, gefällt mir im Prinzip gut. (In der Vorgängergeschichte fasst sich Carla an den Bauch, als sie eine Mutter mit Kinderwagen beobachtet.) In der Dialog-Szene hier hab ich nur kurz die Narbe schmerzen lassen.
Vor dem Überarbeiten hatte ich mich dazu entschlossen, dass das Hauptaugenmerk nicht mehr auf Carlas Trauer liegen soll, deshalb denke ich, dem Ungeborenen sollte ich nicht so viel Raum geben.
Aber klasse, wie viel Gedanken du dir gemacht hast.

Hm, ich merke gerade, warum wir uns Wortkrieger nennen. Eigentlich wollten wir ja nur ein 'als' umgehen :-)
Ja, noch mal, es ist wirklich genial, wie hier die Zusammenarbeit und der Gedankenaustausch funktionieren.
Das doppelte ALS ist mittlerweile umgangen.

Für diesen Satz, also präzise den Lurchen hab ich schon viel Haue gekriegt.
Liebe peregrina, wir schlagen uns hier doch nicht :-)
Irgendwie schon, wir hauen uns schließlich Worte um die Ohren.

Ich meinte nur, dass ich es als Leser nicht wissen muss, in welchem Entwicklungsstadium sich das Baby befand. Hier haben Eltern ihr Kind verloren, das reicht mir aus, um betroffen zu sein und tiefes Mitgefühl zu empfinden.
Deine Argumentation hat mich überzeugt. Bis zu diesem Zeitpunkt glaubte ich, das Alter das Fötus spiele eine Rolle. Es war wirklich als Gegenüberstellung der Schwangerschaften der beiden Frauen gedacht, tragisch und tragischer. Was man sich so als Autor alles einreden kann.

Ich überlege gerade weiter. Du könntest auch schreiben: … winkt uns flüchtig zu und in dem Moment, in dem er aus meinem Blickfeld verschwindet, fühlt es sich an, als hätte es ihn nie gegeben. Man kann sie da ruhig egoistisch sein lassen, finde ich. Hey, sie mag ihn doch und sehnt sich nach ihm. Danach geht es ja auch sofort mit ihrer Verlorenheit weiter.

Klasse, was dich da für Gedanken umtreiben.
Deinen Vorschlag mit meinem Blickfeld hab ich übernommen (Egoismus in dem Zusammenhang ist richtig), ansonsten wollte ich an den Satz nicht rumoperieren. Mir war wichtig, dass Frank ein Stüfchen überspringt. Das soll ihm zu Leichtigkeit, zu etwas Leichtsinnigem verhelfen.

Nun hab ich eine Frage: Wird dir klar, dass es sich bei dem Plakat, um das Filmplakat zum vorher erwähnten Film „Untreu“ handelt? Oder muss ich den Richard Gere noch mal erwähnen?
Nee, brauchst du nicht, wäre dann doppelt genannt. Ich finde die Stelle richtig klasse, mein Kapitän :-) Ich habe das gleich mit 'Untreu' in Verbindung gebracht und der Hinweis mit der Paraderolle für die Lane, hat mir sehr gut gefallen. Es ist möglich, dass das nicht jeder versteht oder richtig deutet, aber ich finde, man darf den Leser auch ein wenig herausfordern :-) Und diejenigen die deine Anspielung nicht verstehen stellen sich halt irgendein Film vor. Wenn du damit leben kannst, dann lass es wie es ist.
Ja, es ist nicht belangreich, um welches Filmplakat es sich handelt. Wenn man es als Leser als das von „Untreu“ wiedererkennt, wäre es allerdings eine schöne Abrundung des Themas, so wie im richtigen Leben Corporate Identity.

Ähm … wie lautet denn das Erste und das Dritte Gebot des KG-Schreibens?
Erstes Gebot: Du sollst den Leser nicht langweilen.
Zweites Gebot: Du darfst dem Leser keine Informationen vorenthalten.
Drittes Gebot: Du musst dem Leser nur relevante Informationen geben.
Erstes und zweites stehen sich feindlich gegenüber. Das zweite und dritte konsequent und im rechten Maß zu befolgen, setzt schon sehr viel Fein- und Sprachgefühl sowie Erfahrung voraus.

Blick werfen, verschwinden, leerer Tisch wäre die zeitliche Abfolge, wenn ich im Präsens bleiben würde. Ist der Zeitsprung wirklich so irritierend?
Für mich ja, total. Es klingt, als hätte ein Erzählerwechsel stattgefunden und der Neue schere sich einen Dreck um den seitherigen Tempus.
Kanji und hell haben sich ebenfalls gewundert. Ich hab nun den Satz ins Präsens gesetzt. Wobei ich gerne wissen würde, warum ein winziger zeitlicher „Ausbrecher“ den Leser so stark irritiert und ob man das auch als störend empfinden würde, wenn solche Mini-Rückblicke öfters im Text vorkommen würden.

Irgendwie habe ich noch keine andere Sichtweise dazu. Aber wenn der Leser strauchelt, immer an der gleichen Stelle …? Oder ist es gut, wenn er mal hinterfragt, wieso billig?
Billig im Sinne von wertlos. Oder nicht?
Hinterfragen ist gut, es darf halt nicht verwirren. Aber da jeder ein anderes Leseempfinden hat, kannst du das nie richtig machen :-) Hör auch immer auf dein Bauchgefühl. Wenn ich bei solchen Dingen verunsichert bin, lege ich sie zur Seite und schlafe ein paarmal darüber. Ich beuge mich aber auch gerne dem, was mir die Mehrheit der Leser vorschlägt.
Wertlos gefiele mir an dieser Stelle sogar besser. Hat weniger 'Verruchtes' an sich.
Danke für dein intensives Eintauchen in den Text.
Also, das letzte Wort ist gesprochen. Billig muss bleiben. Möglich, dass ich mit etwas Abstand eine andere Einstellung dazu bekomme.

Die Frage ist: Wenn ich „Das Bett neben mir ist leer“ streichen würde, kriegt die Szene/KG die beabsichtigte Ungewissheit zurück?
Ich habe eben diese Szene noch einmal gelesen und ich muss zugeben, dass ich diesen Satz brauche, um sie als rund zu empfinden. Wäre er weg, dann bliebe da ein nachdenkliches Gefühl zurück. Auch Ungewissheit, ja. Aber ich habe ja oben geschrieben, dass man den Leser ruhig ein wenig herausfordern darf. Wenn du an dieser Stelle mit der Lesererwartung spielen möchtest, dann tu es :-)
Auch hier folge ich deiner Empfehlung, deinem Leseempfinden. Hab den Satz stehen lassen. Kann natürlich auch sein, irgendwann hau ich ihn raus.

Ich hoffe, du kannst mit meinen Gedanken etwas anfangen, peregrina. Sind alles nur Vorschläge, lass dich zu nichts überreden.
Nee, überreden lass ich mich nicht, aber es ist wahnsinnig hilfreich zu erfahren, wie die eine oder andere Aussage vom einzelnen Leser interpretiert wird. Und zum Nachdenken bringen mich die Anregungen der WK-Familie auf alle Fälle.

Danke für deine Meinung zu den konkreten Fragen und es war wirklich eine geile Zeit,
bis bald.

Liebe Grüße von peregrina


Lieber Friedrichard,

schön, dass du meine Beziehungsgeschichte gelesen hast und mir ein paar interessante Gedanken schenkst.

Und obwohl eisige Windböen um die Häuserecken fegen, wünsche ich mir, dass wir immer so weiterlaufen, ohne Bestimmung, dass wir keine andere Wahl haben.
Ein Beleg, dass es in der gut-bürgerlichen Welt keine Möglichkeiten, keinen Konjunktiv gäbe, Varianten freien Lebens auszuleben, ansonsten hieße es "dass wir immer so weiterliefen, ..., dass wir keine Wahl hätten."
Der Konjunktiv wird wohl immer zwischen uns stehen. Ich sehe keine Lösung, ihn zu verinnerlichen, hört sich für mich oft zu gewollt, zu umständlich und veraltet an.
Wobei, dann würde er ja wiederum zu meiner Geschichte passen, die wohl nur in einer Welt der (spieß)bürgerlichen Wertvorstellungen in ihrer Aussage funktioniert.
Die freie Welt eingeschränkt auf Spießbürgers Welt?

Es ist praktisch, sich nicht vorzudrängeln, und abzuwarten, bis alles schon gesagt erscheint und man selbst eine scheinbare Abschweifung wagen kann, so wie jetzt durch mich.
Ich habe kein Problem, wenn du schweifst, es ist interessant, ich hab mir erlaubt, deine Originale mal zu kürzen, um selbst nicht die Übersicht zu verlieren.
Die Soziologie bedarf für ihre Thesen eines Akteuremodells, in dem der Mensch das tut/so handelt, was/wie er es soll (gesellschaftliche Erwartung/en halt erfüllt), was ihm durch Rollen vorgegeben wird...

Und - der weitaus wichtigere Unterschied, nicht eine Rolle - wie etwa des Harlekins - muss ausgefüllt werden, sondern eine unbestimmte Anzahl innerhalb der Familie, des Freundes- und Bekanntenkreises wie auch und vor allem jenseits des inneren Kreises nach Außen hin, als Konsument, Klient, Patient, Publikum, Mitarbeiter ...

Jeder trägt also eine Vielzahl von "Masken" (ein Wort, dass aus dem arabischen "maschara" über Sizilien aufs italische Festland nach Frankreich und zu uns fand, aber "Verspottung als verkleidete Person" bedeutet ..., oder - wie es der von mir verehrte Ralf Dahrendorf mal sagte: "Der Einzelne ist seine sozialen Rollen, aber diese sozialen Rollen sind ihrerseits die ärgerliche Tatsache der Gesellschaft“

Tja, so ist es wohl. Aber wie würde es aussehen, keine Rolle mehr zu spiele? Ich denke, sobald das Individuum Teil einer Gesellschaft ist, bleibt ihm nichts anderes übrig als diese Rollen auszufüllen. Wenn man z. B. der Erwartungshaltung unserer Leistungsgesellschaft nicht entspricht, dann befördert man sich im Extremfall unter die Brücke. Nur, spielt man dann nicht auch eine Rolle?

… - ich mit "Schätzchen" oder - noch schlimmer, wenn auch in Deiner gelungenen Geschichte nicht auftauchend - "Bärchen" oder sonstigen verniedlichenden Unsinns angeredet würde - die Trennung wäre am nächsten Tag vollzogen, bis Bärchen und Schatz der Liste der bedrohten Arten beigefügt wären ...
Sag mal, warum bist du denn so radikal? Bärchen, Mäuschen, Häschen, Spatz, alles im Rahmen einer gesunden Tierliebe als Koseform akzeptabel. Aber das Interessante ist doch, woher rührt das Verlangen, geliebte Menschen mit aus dem Tierreich entlehnten Verniedlichungen anzureden. Muss ich mal recherchieren.

Dieser Gedankengang gefällt mir gut:

Deine Geschichte lässt sich durch einen inneren Kreis darstellen - hie Carla, Icherzählerin, und deren Gatten Achim, nebst der Paarung Frank und "Babs" - der durch ein Dreiecksverhältnis (oder doch zwo Dreiecksverhältnissen?) Ecken bekommt, die durch den Namen des Hollywood-Beaus Richard Gere [ˈrɪtʃərd ˈɡɪə] zum buchstäblichen Pentagon wird - denn auffällig ist, dass der Hausname des Stars lautschriftlich mit dem deutschen Wort für "Gier" korrespondiert ... Da bin ich mir sicher - nicht ungewollt oder - schlimmer noch - unbewusst.

Was soll'et liebe Dante Friedchen von dergleichen halten?

Ganz, ganz schlimm. Das wäre hammerhart, wenn ich den Richard „Gier“ bewusst gewählt hätte, da würde ich mir stolz auf die Schulter klopfen. Nein, ich bin nur durch den Umweg des Films UNTREU zum Schauspieler gekommen, befürchte aber, dass mein Unterbewusstsein intensiver Regie führte als ich bisher dachte.

Zum Schatzkästlein teutscher Trivialitäten!
Frank schnellt wie ein Springmesser ...
Ein Messer kann - wie überhaupt ein Ding - gar nicht "hochschnellen", es "schnappt" - wie sein Synonym "Schnappmesser" verrät - eher mechanisch zu, mechanisch wie der Haifisch mit den Zähnen ..., der schnappt zugleich nach Luft ...
Denke halt, da es sich um einen Vergleich handelt, darf der ruhig ein wenig hinken.
Hab ihn vorerst stehen lassen, aber im Zuge der Feinjustierung wird er überdacht und vielleicht ersetzt. Abstand ist das Zauberwort.

... die Flasche Radeberger ...
Mich ekelt!
Schmeckt das so fürchterlich? Da schimmert doch Lokalpatriotismus durch, oder?

Ich bin verunsichert und [...] befürchte, man sieht es mir an.
Ein "ich" lässt sich einsparen - um den Konj. I "man sehe/sähe es mir an" wird Carla selbst ringen müssen ...
Carla hat gerungen, sich gegen den Konjunktiv entschieden, das „ich“ kommt noch weg.

Der erste eindeut'ge Fehler ist denn
... und schiebt mich sanft[,] aber bestimmt durch die Küche.
Die Konjunktion "aber" ersetzt im Gegensatz zu "und" und "oder" kein Komma, also "sanft, aber bestimmt ..."
Ich hätte gewettet, dass an dieser Stelle ein Komma nix verloren hat. Aber ich lerne dazu.

Bei.
.., der wievielte es ist, ich habe nicht mitgezählt ...
lass Dich auf keine Diskussion groß & klein ein, es ist Attribut zum "Cocktail", das nehm selbst ich unterm besten Bier im Harz noch wahr ... (musste selbst noch mal nachschau'n, ist aber nur Attribut/Adjektiv zum Hahnenschwanz ...)
Schön, dass du dieses Thema aufgreifst. Anne49 hat mich darauf gebracht. Ich hatte mich zunächst für die Großschreibung entschieden.

Ich stelle mir vor, wie der Schnee alles zudeckt, die schmutzigen Kieswege, die Sehnsucht und die Scham.
Einen besseren Schluss kann es - für wen auch immer - gar nicht geben,

Fast Einigkeit unter dem WKn. Wie schon gesagt, funktioniert nur vor dem Hintergrund bürgerlicher Moralvorstellungen.

Danke für deine vielseitigen Anregungen, hat Spaß gemacht.


Liebe Grüße von peregrina


Hallo Anne49,

hui, da hat sich ja einiges getan! Kaum schau ich mal ein paar Tage nicht rein ...
Geht mir genau so. Bin auch oft überrascht, wenn ich längere Zeit abwesend war.

Ich kippe nochmal eine Ladung Fundstücke vor dir aus, und du suchst dir einfach raus, was du davon gebrauchen kannst.
Ja, gute Idee. Prima Gelegenheit, um nachzudenken, einzusehen oder zu widersprechen.

Zitat von peregrina
Leise lege ich Jacke und Schal ab und versuche, die knarzenden Dielenbretter und mein hüpfendes Herz zu ignorieren.
Leise und knarzend - ganz ehrlich: Hier stimmt was nicht! Entweder ist Carla leise, dann geben die Dielenbretter Ruh. Tja, oder halt nicht.
Könnte man als Widerspruch deuten, aber das „versuchen“ mildert die Aussage. Carla will leise sein, es gelingt ihr nicht gänzlich. Ich verantworte den Satz.

Zitat von peregrina
Er tut so, als würde Unausgesprochenes nicht wie eine Mauer zwischen uns stehen.
Dieser Satz hatte einen Unfall: Die Verneinung bezieht sich auf die Mauer. Das Unausgesprochene steht nicht wie eine Mauer zwischen ihnen, sondern wie ... äh ... ein Zaun?
Er tut so, als würde nicht Unausgesprochenes wie eine Mauer zwischen uns stehen.
Konstruktion folgt nun der Logik, liest sich seltsam.
Im Grunde ist der ganze Satz für mich ein Streichkandidat, denn er ist sehr, sehr erklärend. Der Text direkt davor und danach drückt das alles wunderbar indirekt aus.
Das ist eine interessante Sichtweise. Da vertraue ich mir wohl noch nicht wirklich. Ich lasse ihn stehen. Zu einem späteren Zeitpunkt, hab ich oft eine andere Meinung.

Zitat von peregrina
„Wenn du uns lieb bittest, nehmen wir dich mit“, wirft mir Frank den Ball zurück.
Für mich würde es so besser klingen: "wirft Frank mir den Ball zurück"
Solche leichten Dreher tauchen öfter im Text auf. Vielleicht spreche ich so. Muss ich mal prüfen, in der Realität und in der Fiktion.

Zitat von peregrina
„Was meint Babs zu dem Ringelpiez?“
Das kleine Greenhorn in mir fragt sich: Spielen die da Tischtennis oder wie oder was?
Wie kommst du denn auf Tischtennis? Ist doch ein klarer Link zum Tanzen. Warst du noch nie beim Ringelpiez mit Anfassen?

Zitat von peregrina
Genau der schmachtende Singsang, den er anstimmt, wenn er das Bedürfnis verspürt, den ehelichen Pflichten nachzukommen, wie er seine Akrobatik nennt.
Oh schmachtender Singsang, oh Akrobatik, das ist mir zu böse. Das hat Joachim nicht verdient, das wirft für mich letztlich vor allem ein unglaublich schlechtes Licht auf die Erzählerin. Man kann dem Partner ja vieles bei den ehelichen Pflichten vorwerfen, mangelnde Sensibilität, was weiß ich. Aber Akrobatik? Really?
Gute Gedankenführung, das wirft schlechtes Licht auf die Erzählerin. Aber darf sie nicht ein bisschen böse sein? Ich denk mal nach.

Zitat von peregrina
Die Blondine hat den Kopf in seinen Schoß gelegt. Ihre Fingerspitzen berühren - zart wie Schmetterlingsflügeln - seinen muskulösen Bauch.
Das N bei den Flügeln ist zu viel.
Ich hasse diese Eingriffe, eine Ungereimtheit wird korrigiert, zwei neue Fehler kreiert.
Nun bin ich in dem Stadium, da kann ich die KG singen, da sehe ich keine überflüssigen Buchstaben mehr. Danke!

Zitat von peregrina
„Wir geh’n ein Stück zusammen.“
Schweigend laufen wir nebeneinander.
Dies ständigen Auslassungszeichen, wie hier bei "geh'n" stören mich in deinem Text. Ich weiß nicht, was das bringen soll. Wenn das E da stehen würde, hätt ich es trotzdem beim Lesen schön im Ohr, wie sie es natürlich sprechen und dieses E halb verschluckt wird. Aber ständig diesen Strich lesen zu müssen, das wirft mich raus, das macht diesen ansonsten so schönen Text irgendwie hässlich.
Endlich hab ich mich so konditioniert, dass diese kleinen unschuldigen Striche von selbst auf ihren Platz fallen. Das E will ich nicht haben, es kann allerdings sein, dass man die Verbform auch ohne E und ohne Apostroph bilden kann. Ich schau das grundsätzlich noch mal und finde sicher eine ästhetische Lösung.

Und dann wiederholst du in der zweiten Zeile ja exakt das, was in der Dialogzeile drüber steht, nur halt mit anderen Worten. Irgendwie find ich das auffällig.
Im Nachfolgesatz kommt aber das Schweigen dazu. :D Der Plan war, Frank sagen zu lassen: Ich bring dich bis zur Kreuzung“, damit klar wird, sie haben nicht den gleichen Weg. Weiß der Henker, wieso „Wir geh’n ein Stück zusammen“ draus geworden ist?

Liebe Anne,
ich schau mir alles noch mal an, was du angesprochen hast. Auf alle Fälle danke ich dir fürs mehrmalige Kommentieren. Ich weiß ja, was das jedes Mal für eine Zeit beansprucht. Und irgendwann revanchiere ich mich auch, aber erst muss das Ding hier im Kasten sein.

Liebe Grüße,
peregrina


Lieber Achillus, liebe barnhelm,

so wie's aussieht kann ich eure Kommentare im Paket beantworten. War schön, von euch zu lesen, bitte geduldet euch noch etwas.
So viel ist sicher: Es bleibt spannend.

Herzlichst peregrina

 

Hallo peregrina,
der Ton deiner Geschichte hat mir total gut gefallen. Ich habe sie in einem Rutsch durchgelesen, obwohl ich auch über ein paar Stellen gestolpert bin. Das Geflirte zwischen der Erzählerin und Frank im Beisein von Joachim hat mich zunächst auch irritiert, aber dann dachte ich, Frank ist wahrscheinlich ein uralter Freund von Joachim, und er fasst es eher als scherzhaftes Gefrotzel auf. Vielleicht ist es ihm auch egal, denn die Beziehung scheint mir von beiden Seiten abgekühlt zu sein. Ob das erst seit der Fehlgeburt so ist oder sowieso da hin gekommen wäre, ist eigentlich gar nicht weiter von Belang.
Die "ehelichen Pflichten" haben mich auch kurz irritiert, aber nur kurz, dann musste ich schmunzeln. Ja, es scheint in einigen Beziehungen auch in eine Verpflichtung auszuarten, die Freundin irgendwo mit hin nehmen zu "müssen", obwohl einem das eigentlich schnurz ist und im Zweifelsfall keiner was davon hat. Es gehört sich halt so. Du hast damit schön charakterisiert, welche Art der Beziehung die beiden haben.Offenbar eine, die sehr viel mit faulen Kompromissen zu tun hat und auch deshalb auf Dauer langweilig geworden ist.

Dass Babs nur eine Randfigur ist, stört mich nicht, für mich dient sie nur als Mittel zum Zweck, um zu zeigen, wie sehr deine Erzählerin und Frank von ihren Beziehungen angeödet sind, bzw. sich nach Abwechslung sehnen. Babs' Fehlgeburt hätte es mMn aber nicht noch gebraucht.

Irritiert hat mich die Einstellung - so kann man ja fast sagen - der Prot zu Frank. Erst dachte ich, sie ist auch scharf auf ihn, aber ihre Moral siegt. Dann sah es so aus, als ginge es ihr nur um Sex, egal mit wem.
Jedenfalls hat es mich stutzig gemacht, dass sie plötzlich Richard Gere vor sich sieht, aber nicht unbedingt, daß die beiden in der Kiste gelandet sind und Joachim davon nichts mitbekam. Im Zweifelsfall war der auch besoffen und es ging eh alles drunter und drüber. Jedenfalls klang es für mich nach einer richtigen Party und nicht nach einem Sektempfang, wo niemand so richtig aus sich heraus kommt. Joachim hat also wahrscheinlich eh nicht mehr so den Überblick gehabt, und es ging ja auch alles recht schnell. Hatte bisschen was von 'nem Klofick, weshalb sich die Prot wohl auch billig vorkam.

Die Traumsequenz - falls es eine war- fand ich schon sehr bildhaft, man sieht das oft im Film. Alles verschwimmt, es kommen Assoziationen hinzu und plötzlich der Cut zum ernüchternden nächsten Morgen. Die Sache mit dem Blut fand ich etwas vage, soll das bedeuten, dass die Prot durch Sex immer an ihre Fehlgeburt erinnert wird, seitdem blockiert ist und es sich nur noch im Suff so richtig gibt, um sich hinterher so richtig schön dreckig zu fühlen? ( In jeglicher Hinsicht) Das Wort "billig" könnte ein Hinweis darauf sein, denn eigentlich macht man sich besoffen da ja keine Gedanken mehr drüber.
Also als Bild gefiel mir die Szene gut, aber inhaltlich hat sie mich irritiert, weil mir eben nicht so recht klar war, wie die Prot zu Frank steht. Das war aber auch das einzige. Insgesamt hat mir die Geschichte sehr gut gefallen.

Noch ein schönes Wochenende von Chai

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Achillus,

danke, dass du dich mit der KG auseinandergesetzt hast und mich an deinen Überlegungen teilhaben lässt. Bisher hatten die Impulse deiner Kommentare immer zur Folge, dass ich einen Schritt vorwärts getapst bin.

Beim Schreiben stehen Dir alle Möglichkeiten offen. Du kannst in die Karibik reisen, Deine Figuren könnten sich auf dem Mond begegnen, in einer mittelalterlichen Burg, Du könntest all die bekannten Beziehungskonflikte in einem ausgefallenen, ungewöhnlichen, originellen Szenario zeigen.

Aber Du entscheidest Dich dafür, einen alltäglichen Konflikt in einem alltäglichen Rahmen zu zeigen, mit Durchschnittscharakteren, die man weder so richtig lieben noch hassen kann. Das Ganze ist brav, bieder, man hat nicht das Gefühl, dass hier irgendjemand etwas riskiert, etwas Besonderes tut oder erlebt.

Das ist messerscharf analysiert und irgendwie begreife ich auch deine Sicht und deine Unzufriedenheit mit bestimmten Aspekten der KG.
Und nur zu gut kann ich mir vorstellen, dass diese Beziehungskiste auf dich wie ein „Hausfrauenreport“ wirken muss.
Aber,
es sind eben nicht die großen Schlachten der Weltgeschichte, nicht komplexe gesellschaftliche Umwälzungen, sondern die fiesen inneren Gefechte, die mich beschäftigen. Es interessiert mich die psychologische Komponente und oft will ich wissen, warum wir so und nicht anders handeln. Ich denke, man sieht es meinen Geschichten an, dass ich die leisen Töne bevorzuge.
Und es sind eben die Normalos mit ihren profanen Sorgen und manchmal lächerlichen Nöten, die es mir angetan haben. Nicht die einsamen Superhelden, die durch ihre Einmaligkeit bestechen. Nicht mehr und nicht weniger.
Was sollte es dieser KG also bringen, die Handlung an einen exotischen Schauplatz zu verlegen?
Deine Ansicht bestätigt meine private Theorie, dass es eben einen kleinen Unterschied zwischen Frauen- und Männerthemen, sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben gibt.

Warum beschneidest Du Deine Phantasie so sehr, dass beim Schreiben – wo Dir doch alle Möglichkeiten offenstehen - eine Begebenheit herauskommt, die uns allen so bekannt vorkommt, dass man beinahe annehmen könnte, wir hätten sie alle schon erlebt.
Bisher habe ich in dem Wahn gelebt, der Autor strebt an, dass der Leser sich in den Figuren wiederfindet, das ihm etwas Bekanntes begegnet, sei es eine Eigenschaft, ein bestimmtes Handeln. Der Leser findet durch Identifikation leichter Zugang zu den Akteuren, stellt schneller emotionale Nähe her.
Ob mir das hier nun gelungen ist oder nicht steht ja glücklicherweise nicht zur Debatte.

Lass uns ganz kurz zu deinem Challenge-Beitrag „Das Spiel der Meister“ schwenken. Da bin ich der Protagonistin immer dann sehr nahe, wenn sie mir vertraute Dinge tut, oder wenn sie so reagiert und agiert, wie ich es in ihrer Situation tun würde. Das heißt im Klartext:
Fuchtelt sie mit ihrer Waffe herum, bleibt sie eine Fremde. Schmeißt sie sich in ihren schicken Fummel oder ist fest entschlossen, das verbotene Spiel zu erlernen und zu beherrschen, dann verschmelze ich mit ihr, weil ich weiß, wie es sich anfühlt, eine Sache ehrgeizig zu verfolgen.

Ich weiß nicht, was Leser daran fasziniert, Alltagserlebnisse nahezu ohne jegliche philosophische oder ästhetische Brechung durch- und nachzuerleben. Mich persönlich spricht das nicht an. Ich will etwas Neues erfahren, ungewöhnliche Menschen kennenlernen, ungewöhnliche Orte, Berufe und Ereignisse verfolgen. Ich will es opulenter, dramatischer und härter.
Das spiegeln ja auch deine Geschichten wider.
Vielleicht ist die Antwort auf die Frage nach der Lesermotivation ganz simpel. Vielleicht gibt vertrautes Terrain dem Leser eine Art von Sicherheit, Geborgenheit, vielleicht ist er auf der Suche nach sich selber. Die alte Binsenweisheit, dass sich auch darin der Menschen Verschiedenheit ausdrückt, muss ich sicher nicht erwähnen. Tu’s gerade aber doch.
Und Was muss ich mir übrigens unter philosophischer und ästhetischer Brechung konkret für meine KG vorstellen?

Die TV-Show Lindenstraße hat ja unheimlichen Erfolg mit dem Alltagskonzept, aber für mich ist das nichts.
Für mich auch nicht.
Aber im Zusammenhang mit dem Setting fällt mir das „Traumschiff“ ein. Da wird das gleiche Grundkonzept verfolgt, nur verlagert man die Alltagsproblematik an exotische Schauplätze mit dem Ergebnis, lass es mich sanft ausdrücken, dass trotzdem die Serie weit weniger Tiefgang als der Rumpf des Kreuzfahrtschiffes aufweist.

Vielleicht wäre ein Mittelweg für Dich spannend: Warum verlegst Du Dein nächstes Beziehungsdrama nicht nach Island? Gib dem Leser ein bisschen Exotik, ein wenig mehr Risiko, Härte oder Kontur.
Lieber Achillus, es wird Zeit, über die Risikobereitschaft meines Personals nachzudenken, das bestreite ich nicht.
Du hast mir schon vor neun Monaten zu meiner KG „Gefrorenes Lächeln“ geschrieben:
Hab keine Angst davor, Deine Figur falsch handeln zu lassen. Falsch handeln ist immer noch besser als unentschlossen handeln, denn daran kann man sich reiben.
Das werde ich nicht mehr aus den Augen verlieren.
Härte und Kontur sind wohl doch ehe dein Metier.
Aber du hast recht, warum sollte ich nicht mal ungewöhnliche Wege beschreiten, mal was völlig Neues ausprobieren, immer mit dem Ziel, mich weiterzuentwickeln.
Wer weiß, vielleicht lasse ich meine nächste Protagonistin auf dem Popocatépetl tanzen, oder sie Pajaritos naschen und anschließend den heißesten Sex ihres Lebens am Strand von Playa del Carmen erleben.

Danke für deine Zeit und deine Ausführungen, die mich sicher noch eine zeitlang beschäftigen werden.

Liebe Grüße,
peregrina


Liebe barnhelm,
Dankeschön für deine Überlegungen und den Komm.

ich finde es immer gut, wenn Aussagen mich dazu bringen, wieder einmal grundsätzlich über etwas nachzudenken.
Die Zeilen sind zwar an Achillus gerichtet, aber in der Regel mag ich es auch, wenn man mich zum Hinterfragen zwingt.

Nun zu Carla.
Auch wenn du nicht weißt, wie du zu ihr stehst, so denke ich doch, dass du sie brillant beschrieben hast.

So, wie ich deine Geschichte lese, erscheint Carla mir recht widersprüchlich: Da begegne ich der geilen Carla, die unbeschwert mit Frank turtelt und sich in sehr konkreten sexuellen Fantasien verliert, da ist die leidende Carla, die den Schwangerschaftsabbruch nach einem Jahr immer noch nicht verwunden hat, da ist die Joachim verachtende Carla, die den Sex mit ihm als Akrobatik bezeichnet und ihm allenfalls hin und wieder ein bisschen Mitleid entgegenbringt und da ist die Carla, die Leere und am Ende sogar Scham empfindet. Das alles gepaart mit einer guten Portion Zynismus.
Da muss ich wohl weiträumig ausholen. Ausgangspunkt für die KG war eine Diskussion im Familienkreis: Kann man erotische Fantasien schon als Betrug am Partner werten?
Da ich schon immer wissen wollte, wie es mit der Vierergruppe aus Messerklingen weitergeht, hab ich sie kurzerhand mit all ihren Stärken und Schwächen auferstehen lassen. Natürlich steht das Vorleben der Agierenden in gewisser Weise meinen Möglichkeiten, meinem Handlungsspielraum im Wege. Hätte ich mal früher bedenken sollen.

Ich habe mich gefragt, was das für eine Frau ist. Warum trennt sie sich z.B. nicht von Joachim? Was hält sie in dieser Beziehung, die ihr nichts mehr gibt, die sie, aus welchen Gründen auch immer, davon abhält, mit Frank wirklich intim zu werden? Und warum eigentlich schämt sie sich am Ende? Vor wem und für was?
Man sagte mir, eine Figur sollte sich durch Vielschichtigkeit auszeichnen, und da ist es doch nicht erstaunlich, dass ihre Emotionen als Widersprüchlichkeiten wahrgenommen werden. Habe also grundsätzlich kein Problem damit, Carla so erschaffen zu haben, wie du sie wahrnimmst.

Ich haben versucht, mit verschieden Szenarios die Geschichte aufzurollen und immer eine Schicht von Carla freizulegen. Sie trägt ihre verschiedenen Masken und sie weiß möglicherweise selber nicht, wie ihr wahres Gesicht aussieht. Dabei wollte ich im weitesten Sinne das Thema Selbstbetrug nicht aus den Augen verlieren.
Sie ist aufgeregt, aber cool nach außen. Traurig und verloren. Sie macht dicht, will sich
ihren Gefühlen nicht stellen, versteht es, sich zu belügen, dreht sich im Kreis, bricht nicht aus. Selbst das Ende ist nur ein Schönreden ihrer Enttäuschung.

Besonders die Carla-Joachim-Konstellation stört mich in deiner Geschichte. Joachim hat von vorneherein die Arschkarte gezogen. Er kann (ihr) nichts richtig machen: Für sie trägt er zumindest eine Mitschuld an der abgebrochenen Schwangerschaft. Ihr ist alles an ihm zuwider. Was immer er macht, wie immer er sich äußert, es wird wohl ihre Aversion und Verachtung verstärken, ganz selten nur so etwas wie Mitleid in ihr hervorrufen.

Zum Charakter Joachim muss ich natürlich sagen, dass ich es mir mit ihm einfach gemacht habe. Er kommt echt nicht gut weg, wird als Schwächling und Dummschwätzer gezeigt und muss zu allem Überfluss noch ein Nachthemd in der Öffentlichkeit tragen. Das Mäntelchen ziehe ich mir an, ihn nicht als eine respektable, ausgewogene Persönlichkeit erschaffen zu haben. Dadurch ist er für Carla kein gleichwertiger Partner.
Carla schiebt Joachim allerdings keine Mitschuld am verlorenen Kind zu. Sie hatten nie einen Weg gefunden, den Verlust gemeinsam zu verarbeiten, weil Carla ihn von Anfang an weggestoßen hat. Sie hat eigentlich mit ihm schon abgeschlossen. Aber darum geht es nicht in der KG. Das ist lediglich die Ausgangssituation. Genau so wenig sollte eine Trennung Gegenstand der KG sein.

Diese Carla wird mir unsympathisch und dieser Carla nehme ich letztendlich ihren Schmerz, ihre Leere und ihre Scham nicht wirklich ab.
Das ist bedauerlich. Deine emotionale Schlussfolgerung kann ich leider nur bedingt nachvollziehen.
Öffnet nicht letztendlich die Verachtung, die sie für Joachim empfindet, die Tür zu Franks Avancen? Ich behaupte, dass eine Frau ihre Kinderlosigkeit ein Leben lang als Leere empfinden kann (das Wort Trauer hab ich wohl mittlerweile ganz aus dem Text entfernt, das war zu intensiv für die Carla, die ich vor mir sehe; Leere trifft es besser).
Das Gefühl der Scham, das wird von mehreren Lesern angezweifelt. Auch die Scham bezieht sich nicht nur auf ihr sexuelles Verlangen. Ja, auch, die These, der Betrug beginnt im Kopf, wird hier bestärkt. Aber es geht auch um Schwäche, um Unentschlossenheit, um die Erkenntnis, den persönlichen und sozialen Erwartungen nicht entsprechen zu können. Doch, ich bleibe dabei, dafür kann sich sogar die zynische Carla schämen.

Sieht aus wie ellenlange Rechtfertigung, soll aber nur meine Überlegungen zeigen.

Noch zu einem anderen Aspekt, den Achillus anspricht:
… Alltagserlebnisse nahezu ohne jegliche philosophische oder ästhetische Brechung …
Ich würde hier die psychologische Brechung ergänzen:

Für mich hätte deine Geschichte vielleicht besser funktioniert, wenn du auf die negative Darstellung Carlas Beziehung zu Joachim verzichtet hättest und dafür das sexuelle Verlangen Carlas auf einer psychologischen Ebene stärker als Kompensation ihres Schmerzes herausgearbeitet hättest.
Der Vorschlag hört sich interessant an. Muss ich sacken lassen, weil ich im Augenblick nicht wüsste, wie ich das im Text umsetzen soll. Und die „Brechung“ interpretiere ich so, dass ich doch mehr überraschende Schlussfolgerungen, ungewöhnliche Verhaltensweisen für den Leser präsentieren sollte.
Oder?

Denn die Joachim-Elemente verwirren mich, weil sie ein unangenehmes Licht auf deine Protagonistin werfen. Möglicherweise möchtest du sie ja so widersprüchlich zeichnen. Nur schmälert diese Carla-Seite mein Mitgefühl und mein Verständnis.
Ja, so habe ich dich verstanden. Nun grüble ich, liegt es an deiner klaren Erwartung als Rezipient, an persönlichen Erfahrungen oder nur an meinem Unvermögen. Das, was ich transportieren will, erreicht den Leser offensichtlich nicht.

Liebe @peregrina, du siehst, ich habe ganz andere Probleme mit deiner Geschichte als Achillus.
Na ja, wirkliche Probleme sehen anders aus. Ich freue mich, dass ich nun weiß, wie du die Geschichte aufgenommen hast.
Kann ja sein, wir finden noch gemeinsam eine Lösung, die meine Charaktere begreifbarer werden lässt.

Danke für deine Mühe, die Einwände und Vorschläge, die dafür sorgen, dass ich mich weiter mit dem Text befassen werde.

Noch einen herrlichen Sonntag und liebe Grüße von peregrina

Liebe Chai,

schön, von dir zu lesen. Danke für deinen Leseeindruck. Mal sehen, vielleicht kann ich dir heute noch antworten.
Liebe Grüße von peregrina

 

Liebe peregrina,

Nun grüble ich, liegt es an deiner klaren Erwartung als Rezipient, an persönlichen Erfahrungen oder nur an meinem Unvermögen.

Das Letztere schließe ich aus. Wenn ich nämlich über meine Haltung zu deiner Carla nachdenke, wird mir bewusst, dass da sehr viel von mir selber und meiner Bewertung ähnlicher Personen und Situationen drinsteckt.
Und ganz nebenbei fällt mir ein Spruch meines Lieblings-Germanisten ein. Der lautete ungefähr so: Der Interpret legt in seiner Deutung bisweilen sich selber aus. Mag wirklich sein, dass wir so der Sache näher kommen.

Liebe Grüße und auch dir einen schönen (hoffentlich sonnigen) Sonntag.

barnhelm

 

Ich noch ma',

liebe peregrina!

auf meinen HInweis
Jeder trägt also eine Vielzahl von "Masken" (ein Wort, dass aus dem arabischen "maschara" über Sizilien aufs italische Festland nach Frankreich und zu uns fand, aber "Verspottung als verkleidete Person" bedeutet ..., oder - wie es der von mir verehrte Ralf Dahrendorf mal sagte: "Der Einzelne ist seine sozialen Rollen, aber diese sozialen Rollen sind ihrerseits die ärgerliche Tatsache der Gesellschaft“
fragstu
Tja, so ist es wohl. Aber wie würde es aussehen, keine Rolle mehr zu spiele? Ich denke, sobald das Individuum Teil einer Gesellschaft ist, bleibt ihm nichts anderes übrig als diese Rollen auszufüllen. Wenn man z. B. der Erwartungshaltung unserer Leistungsgesellschaft nicht entspricht, dann befördert man sich im Extremfall unter die Brücke. Nur, spielt man dann nicht auch eine Rolle?

Rollen sind allgegenwärtig, die kann man erst abstreifen, wo es keine Gesellschaft mehr gibt (die einfachste Rollenverteilung findet sich schon in der kleinsten Gruppe, der Zweierbeziehung mit ihren Erwartungen, Haltungen mit-, gegen- und zueinander. Selbst Robinson Crusoe hat seine Rolle gespielt, indem er von der Insel immer weg wollte und dann anfing, den Prozess der Zivilisation nachzuvollziehen als Jäger, Sammler, Gärtner bis hin, einen eigenen Kalender zu pflegen.

Selbst die ganz unten landen, wie die Frau, die an einem Hauptbahnhof weggeworfene Flaschen einsammelte, um wenigstens ein kleines Pfand zu erwerben und einen Prozess an den Hals bekommt.
Gleiches gilt für einen, der an unsern Konsumtempeln die Container durchsucht, um noch - was auch immer - genießbares zu finden.
Ohne daran selbst noch teilzuhaben, spielen selbst unsere Toten noch eine Rolle, und sei's um die Verteilung des Erbes usw., und bleiben in Erinnerung ...

Ja, dann auch noch mal zu den Kosenamen,

wenn auf meine Auslassung
- ich mit "Schätzchen" oder - noch schlimmer, wenn auch in Deiner gelungenen Geschichte nicht auftauchend - "Bärchen" oder sonstigen verniedlichenden Unsinns angeredet würde - die Trennung wäre am nächsten Tag vollzogen, bis Bärchen und Schatz der Liste der bedrohten Arten beigefügt wären ...
gefragt wird
Sag mal, warum bist du denn so radikal? Bärchen, Mäuschen, Häschen, Spatz, alles im Rahmen einer gesunden Tierliebe als Koseform akzeptabel. Aber das Interessante ist doch, woher rührt das Verlangen, geliebte Menschen mit aus dem Tierreich entlehnten Verniedlichungen anzureden. Muss ich mal recherchieren.

Schau mal hier rein https://www.merkur.de/boulevard/beliebteste-kosenamen-wirklich-bedeuten-93190.html. Aber einen Grund, einen bösen eigentlich, will ich schon mal vorwegnehmen, weil der zu einer Dreiecksgeschichte passt: Der Kosename wird gewählt, dass man nicht versehentlich Namen verwechselt. Da kommt dann für Peter und auch den Paul sowas wie "Schatzimaus" zustande.

Das mit Richard G. find ich schräg.
Ich kenn den Film nicht (das letzte Mal, dass ich im Kino war, sah ich den beindruckenden Lincoln-Film von Spielberg. Also schon einiges her ...

So, schönen Sonntag noch (hier kommt die Sonne gerade durch den Nebel) und bis bald

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chai,

wirklich schön, dass du mal reingeschaut und dir die Zeit zum Kommentieren genommen hast. Dankeschön.

der Ton deiner Geschichte hat mir total gut gefallen.
Da habe ich natürlich einen Verdacht, warum das so ist. Könnte das damit zu tun haben, dass deine eigenen Geschichten einen ähnlichen Tonfall haben? :thumbsup:

Ich habe sie in einem Rutsch durchgelesen, obwohl ich auch über ein paar Stellen gestolpert bin
Es ist wichtig für mich zu wissen, wo die Stolpersteine sind, oft sind es die gleichen Stellen, an denen die Leser straucheln.

Das Geflirte zwischen der Erzählerin und Frank im Beisein von Joachim hat mich zunächst auch irritiert, aber dann dachte ich, Frank ist wahrscheinlich ein uralter Freund von Joachim, und er fasst es eher als scherzhaftes Gefrotzel auf. Vielleicht ist es ihm auch egal, denn die Beziehung scheint mir von beiden Seiten abgekühlt zu sein. Ob das erst seit der Fehlgeburt so ist oder sowieso da hin gekommen wäre, ist eigentlich gar nicht weiter von Belang.
Erstens hätte ich deutlicher machen müssen, dass die Paare eine lange Freundschaft verbindet. Das ist wohl ein Manko des Textes. Joachim sieht das Tänzchen nur als Spaß und so wollte ich es auch verstanden wissen. Carla ist Joachim nicht gleichgültig, er kommt nur nicht an sie ran. Er ist der „Blauäugige“ von beiden, denn er sieht die Zeichen der Zerrüttung nicht.

Die "ehelichen Pflichten" haben mich auch kurz irritiert, aber nur kurz, dann musste ich schmunzeln. Ja, es scheint in einigen Beziehungen auch in eine Verpflichtung auszuarten, die Freundin irgendwo mit hin nehmen zu "müssen", obwohl einem das eigentlich schnurz ist und im Zweifelsfall keiner was davon hat. Es gehört sich halt so. Du hast damit schön charakterisiert, welche Art der Beziehung die beiden haben.Offenbar eine, die sehr viel mit faulen Kompromissen zu tun hat und auch deshalb auf Dauer langweilig geworden ist.
Manchmal bin ich unbelehrbar. Den Ausdruck „eheliche Pflichten“ wollte ich nicht mehr hergeben. Ich habe ihn genutzt, um zu demonstrieren, dass es um das Sexleben des Paares nicht zum Besten bestellt ist. Ich muss da noch mal mit mir beratschlagen, ob ich vielleicht die „Akrobatik“ wegnehme, aber der Gedanke „Gehopple“ wird auch nicht helfen, dass Carla plötzlich die Leserherzen zufliegen. Es wurde von Anne49 und barnhelm angesprochen, dass die Prota dadurch sehr viel Sympathiepunkte verliert.
Die Ehe ist insgesamt durch Sprachlosigkeit geprägt, reden, aber nix sagen. Carla vergräbt sich in ihrer Arbeit und Joachim ist wirklich daran interessiert, dass sie mal aus der Tretmühle rauskommt. So mein Erzählstreben.

Dass Babs nur eine Randfigur ist, stört mich nicht, für mich dient sie nur als Mittel zum Zweck, um zu zeigen, wie sehr deine Erzählerin und Frank von ihren Beziehungen angeödet sind, bzw. sich nach Abwechslung sehnen. Babs' Fehlgeburt hätte es mMn aber nicht noch gebraucht.
Nee, absolut richtig. Irgendwo in einem meiner Kommentare hab ich geschrieben, dass ich da in meine eigene Messerklinge gelaufen bin. Da die KG eine Art Fortsetzung ist, habe ich auf die Ausgangssituation der alten Geschichte aufgebaut. Hätte ich ein völlig neues Ensemble erschaffen, wäre ich auch nicht auf diese dämliche Konstellation gekommen. Auch dotslash fand es überflüssig, dass gleich beide Frauen ein Baby verloren haben. Ich hatte auch überlegt, nur für mich eine Zweitvariante mit einer schwangeren Babs zu entwerfen, aber das kostet mich im Moment zu viel Zeit.
In dieser KG wollte ich die Beziehung der beiden Frauen nicht beleuchten, aber eigentlich ist es genau die, die Spannung verspricht. Das Aufkeimen einer Ahnung, die berüchtigte weibliche Intuition, das Umschleichen, das Misstrauen, erst vorsichtige Andeutungen im Gespräch, dann die Suche nach Beweisen und und und.

Irritiert hat mich die Einstellung - so kann man ja fast sagen - der Prot zu Frank. Erst dachte ich, sie ist auch scharf auf ihn, aber ihre Moral siegt. Dann sah es so aus, als ginge es ihr nur um Sex, egal mit wem.
Frank ist ein enger Freund, Carla und er führen intensive Gespräche, haben gleiche Interessen (siehe Frank wusste, wie der Film heißt), den gleichen Humor (Geblödel in der Küche), Carla mag ihn schon lange. Sie sehnt sich nach ihm, aber um in der Kiste zu landen, steht ihr eine Menge im Wege.

Jedenfalls hat es mich stutzig gemacht, dass sie plötzlich Richard Gere vor sich sieht,
Vielleicht nicht so ein glücklicher Griff von mir. Auch Kanji hatte sein Auftauchen so gedeutet, dass Carlas sexuelles Verlangen beliebig ist. Da es ein Traum ist, fand ich es angebracht, mich ein drittes Mal auf den Film UNTREU zu beziehen. Der Richard gefällt mir gut in der Szene. Den kann ich mir nicht aus dem Herzen reißen. Und im Film stellt er ja nicht den großen Verführer dar, sondern den gehörnten Ehemann.

aber nicht unbedingt, daß die beiden in der Kiste gelandet sind und Joachim davon nichts mitbekam. Im Zweifelsfall war der auch besoffen und es ging eh alles drunter und drüber… Joachim hat also wahrscheinlich eh nicht mehr so den Überblick gehabt, und es ging ja auch alles recht schnell.
Die Faschingsbälle, die ich kenne (ist schon ein paar Tage her), waren recht unübersichtlich, verschiedene Säle, versteckte Bars. Wenn da jemand im alkoholisierten Zustand die Veranstaltung verlassen hätte, wäre es bestimmt nicht aufgefallen.
Aber eine schnelle Nummer hätte nicht zu der zarten Beziehung von Carla und Frank und schon gar nicht zu dieser Frau, wie ich sie sehe, gepasst. Wunsch ja, aber wir sind ja beim Maskentragen, bei bürgerlichen (Doppel)-Moralvorstellungen, beim Selbstbetrug.

Hatte bisschen was von 'nem Klofick, weshalb sich die Prot wohl auch billig vorkam.
Wollte ich eigentlich nicht so verstanden wissen. Nicht umsonst hab ich es den zweien weich und kuschelig im Wasserbett und obendrein mit Meeresrauschen kommod gemacht.

Die Traumsequenz - falls es eine war- fand ich schon sehr bildhaft, man sieht das oft im Film. Alles verschwimmt, es kommen Assoziationen hinzu und plötzlich der Cut zum ernüchternden nächsten Morgen.
Ja, ich hab mich jetzt für Traum entschieden. Eigentlich würde es mir gefallen, wenn es für den Leser ein Rätsel bleibt, Traum oder Realität. Es sind aber genug andere Ungereimtheiten im Text, wo der Leser viel Interpretationsspielraum hat.

Die Sache mit dem Blut fand ich etwas vage, soll das bedeuten, dass die Prot durch Sex immer an ihre Fehlgeburt erinnert wird, seitdem blockiert ist und es sich nur noch im Suff so richtig gibt, um sich hinterher so richtig schön dreckig zu fühlen? ( In jeglicher Hinsicht) Das Wort "billig" könnte ein Hinweis darauf sein, denn eigentlich macht man sich besoffen da ja keine Gedanken mehr drüber.
Blut und Klinge ein Querverweis zur Urspungsgeschichte, das Kind wurde operativ entfernt, Klinge ist gleich Skalpell oder wenn du so willst, kann sie auch als Symbol für Phallus gesehen werden. Blut und Schmerz aber auch eine Vorahnung, dass Frank, wenn sie seinem Drängen nachgeben würde, ihr wehtun würde. Eine Art Warnung eben aus dem Unterbewusstsein.

Also als Bild gefiel mir die Szene gut, aber inhaltlich hat sie mich irritiert, weil mir eben nicht so recht klar war, wie die Prot zu Frank steht.
Vielleicht darf die Verwirrung in diesem speziellen Fall sein. Ich muss noch mal alle Hinweise der WK sammeln (hab ja schon eine Menge eingearbeitet), sie mit meiner Intention vergleichen und dann sehen, wie weit ich in die KG eingreife. Das braucht aber zeitlichen und emotionalen Abstand. Aber es hetzt mich ja niemand.

Insgesamt hat mir die Geschichte sehr gut gefallen.
Das freut mich. Danke für das Lob, dein Interesse und deine Eindrücke. Es würde mir gefallen, wenn ich mich revanchieren könnte. Aber Wunder geschehen nicht so häufig. :fluch:

Liebe Grüße von peregrina

Liebe barnhelm,
du antwortest prompt, danke dafür.

Wenn ich nämlich über meine Haltung zu deiner Carla nachdenke, wird mir bewusst, dass da sehr viel von mir selber und meiner Bewertung ähnlicher Personen und Situationen drinsteckt.
Und ganz nebenbei fällt mir ein Spruch meines Lieblings-Germanisten ein. Der lautete ungefähr so: Der Interpret legt in seiner Deutung bisweilen sich selber aus. Mag wirklich sein, dass wir so der Sache näher kommen.
Es scheint so, als wäre das letzte Wort zu dieser widersprüchlichen Frau noch nicht gesprochen. Ich werde trotzdem noch mal auf all deinen Aussagen rumkauen und eine schöne runde Kompromisslösung muss ja nicht die schlechteste sein.

Liebe Grüße von peregrina

Lieber Friedrichard,

du unermüdlicher Er- und Aufklärer, danke für deine neuen Hinweise.
Im Großen und Ganzen ist alles so, wie ich es geahnt habe. Du bestätigst, belegst es

Rollen sind allgegenwärtig, die kann man erst abstreifen, wo es keine Gesellschaft mehr gibt (die einfachste Rollenverteilung findet sich schon in der kleinsten Gruppe, der Zweierbeziehung mit ihren Erwartungen, Haltungen mit-, gegen- und zueinander. Selbst Robinson Crusoe hat seine Rolle gespielt, indem er von der Insel immer weg wollte und dann anfing, den Prozess der Zivilisation nachzuvollziehen als Jäger, Sammler, Gärtner bis hin, einen eigenen Kalender zu pflegen.

Wollen wir jetzt mal in unsere neu zugewiesenen Rollen schlüpfen, nämlich den Erwartungen der Copywrite-Runde gerecht zu werden. :lol:

Ja, dann auch noch mal zu den Kosenamen,

Aber das Interessante ist doch, woher rührt das Verlangen, geliebte Menschen mit aus dem Tierreich entlehnten Verniedlichungen anzureden. Muss ich mal recherchieren.
Schau mal hier rein https://www.merkur.de/boulevard/beli...ten-93190.html. Aber einen Grund, einen bösen eigentlich, will ich schon mal vorwegnehmen, weil der zu einer Dreiecksgeschichte passt: Der Kosename wird gewählt, dass man nicht versehentlich Namen verwechselt. Da kommt dann für Peter und auch den Paul sowas wie "Schatzimaus" zustande.
Nein, da weigere ich mich, das zu glauben. Ein Kosename, um Versprechern vorzubeugen. Hey, das würde ja heißen, dass man eine Beziehung schon mit dem Vorsatz beginnt, den Partner zu betrügen.


Das mit Richard G. find ich schräg.
Ich kenn den Film nicht (das letzte Mal, dass ich im Kino war, sah ich den beindruckenden Lincoln-Film von Spielberg. Also schon einiges her ...
Du meinst, du findest mein Unterbewusstsein schräg?
Erscheinungsjahr in Deutschland für Lincoln 2013, ist ja noch nicht soooo lange her. UNTREU ist aus dem Jahr 2002.

Danke Friedel für deine Mühe.

Viele kreative Schübe und eine sonnige Woche wünscht dir peregrina

 

Wenn Frauen fremdgegangen sind, dann waren sie alkoholisiert oder sonst wie nicht beim klaren Verstand. Und natürlich hat auch der eigene Mann sie in jene Situation gebracht, sprich alles, was geschehen ist, ist nur seine Schuld.

Das ist Quintessenz dieser Geschichte, die sich zudem mit dem Tag Erotik schmückt, obwohl da nur eine Traumsequenz beschrieben wird, in der Richard Gere – wer denn sonst? – statt des wahren Liebhabers erscheint: Nicht einmal im Traum ist die Protagonistin ehrlich zu sich selbst.

Sind Frauen wirklich so? Nein, sie sind es nicht: Sie sind genauso triebgesteuert wie Männer, dass ihre Seitensprünge gerade an den fruchtbaren Tagen vermehrt auftreten, ist bewiesen.

Dennoch werden immer wieder Geschichten wie diese geschrieben, so dass das eingangs beschriebene Klischee immer noch herumgeistert und ist anscheinend trotz der inzwischen erfolgten Emanzipation nicht totzukriegen.

Gut, man kann einwenden, diese Geschichte über den Seitensprung einer Frau könne man nicht in dieser Weise generalisieren. Dagegen spricht aber, dass es tausende Geschichten gibt, die Ähnliches verkünden: Die Frau ist an sich treu bzw. will treu bleiben, aber die dämlichen Männer treiben sie dazu. Und weil sie nicht einmal die Augenfarbe ihrer Frauen wissen, geschieht ihnen das ganz recht. O heilige Einfalt!

Ansonsten ist aber die Geschichte gut geschrieben. Das heißt: Du, peregrina, kannst schreiben, aber leider verschwendest du dein Talent an 08/15-Themen wie diesem.

 

Hallo Dion,

natürlich freue ich mich, dass du die Geschichte gelesen hast, wobei ich aus dem Unmut, den deine Zeilen transportieren, schließen muss: Es ist dir nicht leicht gefallen.
Um so mehr danke ich dir für deine Zeit und deine Meinung zum Text.

Wenn Frauen fremdgegangen sind, dann waren sie alkoholisiert oder sonst wie nicht beim klaren Verstand. Und natürlich hat auch der eigene Mann sie in jene Situation gebracht, sprich alles, was geschehen ist, ist nur seine Schuld.

Das ist Quintessenz dieser Geschichte, …

Wir wissen ja nur zu gut, dass kein Autor dem Rezipienten vorschreiben kann, wie er eine Geschichte zu lesen hat und welche Schlussfolgerungen er für sich ziehen soll.

Du hast den Text so interpretiert und ich kann deine persönliche Ansicht akzeptieren und respektieren.
Möchte es mir jedoch nicht nehmen lassen, auf ein Zitat von barnhelm zu verweisen, das sie mir zu dieser KG schickte:

... Und ganz nebenbei fällt mir ein Spruch meines Lieblings-Germanisten ein. Der lautete ungefähr so: Der Interpret legt in seiner Deutung bisweilen sich selber aus.

Ich bin mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist, im Einzelnen auf deine Anmerkungen einzugehen, versuche es trotzdem. Zunächst ein Wort zu dem erotischen Traum.
…die sich zudem mit dem Tag Erotik schmückt, obwohl da nur eine Traumsequenz beschrieben wird, …
Bisher wusste ich nicht, dass der tag Erotik einen Text schmückt.
Und ist es deswegen eine weniger erotische Szene, nur weil sie einen Traum wiedergibt? Die Frage muss doch lauten: Bin ich zu zögerlich und zimperlich an den Geschlechtsakt herangegangen, braucht die Szene deftige, klare Ausdrücke, die ich allerdings bewusst umgangen habe?

… in der Richard Gere – wer denn sonst? – statt des wahren Liebhabers erscheint:
Da ich mich mehrmals im Text auf den Spielfilm UNTREU bezogen habe, ist es doch nur eine logische Konsequenz, dass ein Darsteller aus dem Streifen im Traum erscheint. Gere ist schlicht und ergreifend der bekanntere, mit Oliver Martinez hätten wohl die wenigsten Leser etwas anfangen können. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, sich nach einem unerreichbaren Hollywood-Beau verzehren. Das wollte ich damit auch nicht zum Ausdruck bringen.

Nicht einmal im Traum ist die Protagonistin ehrlich zu sich selbst.
Richtig, da treffen wir zwei uns. Das wollte ich unter anderem mit Maskerade sagen.
Versuchung, gedanklicher Betrug und Selbstbetrug ohne moralische Wertung stehen im Zentrum.

Sind Frauen wirklich so? Nein, sie sind es nicht: Sie sind genauso triebgesteuert wie Männer, dass ihre Seitensprünge gerade an den fruchtbaren Tagen vermehrt auftreten, ist bewiesen.
Das Ziel der KG sollte ja nicht sein, statistische Erhebungen über die Libido von Frau und Mann zu widerlegen. Es geht nur um die Protagonistin, die sich eben so verhält, wie sie sich verhält, damit zwar der Statistik widerspricht, dafür aber in deinen Augen ein Klischee bedient.

Gut, man kann einwenden, diese Geschichte über den Seitensprung einer Frau könne man nicht in dieser Weise generalisieren. Dagegen spricht aber, dass es tausende Geschichten gibt, die Ähnliches verkünden: Die Frau ist an sich treu bzw. will treu bleiben, aber die dämlichen Männer treiben sie dazu. Und weil sie nicht einmal die Augenfarbe ihrer Frauen wissen, geschieht ihnen das ganz recht. O heilige Einfalt!
Die tausend Geschichten kenn ich nicht und für die zeichne ich auch nicht verantwortlich. Und wir sind uns einig: Das ist deine Leseart der KG, darauf habe ich keinen Einfluss mehr.

Ansonsten ist aber die Geschichte gut geschrieben. Das heißt: Du, @peregrina, kannst schreiben, aber leider verschwendest du dein Talent an 08/15-Themen wie diesem.
Lieber Dion, angenommen, ich hätte Talent, angenommen, ich schreibe über diese Themen, weil sie mich beschäftigen und angenommen, meine Texte bereiten einigen Leuten sogar beim Lesen Freude. Kann man da wirklich von Verschwendung reden?

Vielen Dank für deine Gedanken, sie sind sehr interessant für mich und ich werde mich noch etwas an ihnen reiben. Vorerst bin ich heilfroh, dass du mir nur oberflächlichen, klischeehaften Umgang mit einem tausendfach bedienten Frau-Mann-Thema unterstellst. Ich hatte schon Angst, man würde mich dieses Forums verweisen, weil ich hier männerfeindliche Texte publiziere. :D

Lass es dir gut gehen und sei gegrüßt von peregrina

 

Hey peregrina,

wenn ich Dich beim CW erwischt hätte, dann hätte ich mich wie Novak wohl auf diese Geschichte gestürzt ;). Fremdgehen, Kinder verlieren, überhaupt Kinder wollen, das sind schon Themen, für die ich mich sehr erwärmen kann. Also thematisch ist die Geschichte voll mein Ding ;).

Schon im Flur höre ich die Männerstimmen. Ich könnte schwören, das verhaltene Lachen ist das von Frank. Leise lege ich Jacke und Schal ab und versuche, die knarzenden Dielenbretter und mein hüpfendes Herz zu ignorieren.

Da man an dieser Stelle ja noch nicht um die Konstellation weiß, überliest man natürlich gern das hüpfende Herz um Frank, was ich ein bisschen schade finde.

„Carla, das Leben besteht nicht nur aus Arbeit. Amüsier dich mal!“ Wie es aussieht, haben die beiden Jungs soeben beschlossen, mich weich zu klopfen. „Wann war’n wir das letzte Mal weg, hm? Voriges Jahr ging es auch nicht, als du …“

Gönne ihren Gedanken mal eine eigene Zeile. Ist im Prinzip ja ein Sprecherwechsel.

„Sie kommt klar, denk’ ich. Zwei Kinder reichen ja auch.“ Er greift sich in den Hemdkragen.

Verstehe den Zusammenhang hier nicht.

Ja, guter erster Absatz. Man fragt sich schon, was läuft da zwischen den beiden?

„Sag mal, hast du sie noch alle? Mich so zu erschrecken.“ In letzter Sekunde zügle ich meinen Impuls, ihm eine runterzuhauen.

Echt, jetzt? Ich würde nach dem ersten Absatz glatt denken, sie unterdrückt das Gefühl, ihm um den Hals zu fallen ;).

„Mensch, Carla. Ich komm mir vor wie ein verdammter Schuljunge. Du spukst in meinem Kopf.“ Seine Stimme ist rau und fremd. „Ich kann nix dagegen machen.“
Und plötzlich steht ein Bild vor mir, glasklar und messerscharf. Ich lehne wieder am Fensterrahmen. Das Lachen aus dem Nebenraum wird unerträglich. Frank hat mich im Halbdunkeln gefunden, tritt hinter mich, flüstert in mein Haar und küsst für einen Sekundenbruchteil meine Traurigkeit weg.

Ach ja, was wäre wenn, und all die verbotenen Dinge und Gefühle und Geheimnisse - so knapp eingefangen hier, so klar stehen sie da. Gefällt mir.

... bleibt Joachim mit dem wadenlangen Flanellnachthemd hängen. Er sieht so hilflos aus. Ein bisschen tut er mir leid, aber er wollte es ja so.

Ach Gottchen. Schöne Kostümwahl, für den, der gern die Augen verschließt.

Die Lippen sind weich, die Zunge fordernd. Es gibt nur uns beide, wir treiben in einem Raum, der nur aus Zärtlichkeit besteht. Hände streicheln mich, sind überall gleichzeitig, sogar in mir. Seltsam. Ich kann die Berührungen genießen wie schon lange nicht mehr. Ich lasse mich fallen. Das Bett unter mir ist weich, ein Wasserbett, es schaukelt sanft. Das Meer rauscht. Er drückt meine Schenkel auseinander, dringt in mich ein, es geht so einfach. Logisch, denke ich, ich bin klebrig süß und unersättlich. Und billig. Wer ist der Kerl eigentlich, dem ich mein Becken entgegenrecke? Ich öffne die Augen. Er trägt eine Maske, doch ich weiß mit einem Mal, es ist Richard Gere, ja genau, der junge Richard Gere. Er stöhnt, dann spricht er mit Franks Stimme: „Amüsierst du dich?“ Sein Gesicht zerfließt, bevor ich ihm sagen kann, wie sehr ich ihn liebe. Ich schließe die Augen wieder, das Gesicht ist nicht wichtig. Er treibt von mir weg, doch ich will, dass er härter zustößt, es darf ruhig wehtun. Diesmal muss es klappen. Ich kralle mich in seinen Rücken, bis ein scharfer Schmerz meine Eingeweide durchzuckt. Das Boot schwankt und droht zu kippen, als der Mann die scharfe Klinge aus meinem Körper zieht. Er nimmt die Augenklappe ab und grinst. Blut läuft über Franks Hand. Dort wo mein Unterleib sein sollte, klafft eine offene Wunde. Ich schreie. Lautlos.
Das Bett neben mir ist leer.

Ich mag diesen Absatz!

„War doch toll gestern, oder? Mal was anderes.“ Er spricht mit vollem Mund. „Weißt du, manchmal ist es ganz einfach: Hürde nehmen und zack …“ Das Brötchenmesser muss ihm aus der Hand gesprungen sein. „Ich bin richtig stolz auf dich, Carla. Ein guter Weg.“
Die Kalendersprüche nerven. Schon lange. Sicherheitshalber vergewissere ich mich, doch er liest nicht ab, er hat das wirklich auswendig gelernt.
„Achim?“, unterbreche ich den Exkurs in die Küchenpsychologie.
„Ja, Schatz?“
„Welche Augenfarbe habe ich?“
Er zögert. Zu lange. “Graublau.“
„Aha.“ Kann man gelten lassen, füge ich in Gedanken hinzu, aber nur, wenn das Meer aufgewühlt ist.

Und jetzt geht es auf einmal ganz schnell, jetzt, wo die Geschichte eigentlich anfängt, wo die Konflikte ausgebrochen, sie sich zu ihrer Sehnsucht bekennt, sie auslebt, ist sie zu Ende. Das ist mein einziger Kritikpunkt. Ach ja, und das verlorene Kind taucht auch nirgendwo wieder auf. Insofern frage ich mich, warum Du es überhaupt in Spiel gebracht hast, alles würde auch ohne dem auskommen.

Bis hierhin sehr gern gelesen und ich hätte gern noch weiter ;).

Beste Grüße in den stürmischen Herbst,
Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hoppla, hätt ich doch glatt vor lauter Dunkelheit meine Maske übersehen.

Hallo Fliege,
danke, dass du mal reingeschaut hast und mich wissen lässt, was du über die KG denkst.

wenn ich Dich beim CW erwischt hätte, dann hätte ich mich wie Novak wohl auf diese Geschichte gestürzt ;) . Fremdgehen, Kinder verlieren, überhaupt Kinder wollen, das sind schon Themen, für die ich mich sehr erwärmen kann. Also thematisch ist die Geschichte voll mein Ding ;) .
Mir wäre die Wahl auch nicht sonderlich schwer gefallen. Sind halt so „Mädchenthemen“,
die uns mehr umtreiben als das männliche Geschlecht.

„Carla, das Leben besteht nicht nur aus Arbeit. Amüsier dich mal!“ Wie es aussieht, haben die beiden Jungs soeben beschlossen, mich weich zu klopfen. „Wann war’n wir das letzte Mal weg, hm? Voriges Jahr ging es auch nicht, als du …“
Gönne ihren Gedanken mal eine eigene Zeile. Ist im Prinzip ja ein Sprecherwechsel.
Das mach ich immer so. Wenn ich den Block trenne, brauch ich schon wieder ein „sagte er“. Ich dachte halt, weil das nur Carlas Gedanke ist, kann man es so gelten lassen.
Auf alle Fälle guck ich da noch mal in der Weltliteratur (aber erst nach der Copy-Aktion), weil das eine generelle Erscheinung meiner Texte ist.

„Sie kommt klar, denk’ ich. Zwei Kinder reichen ja auch.“ Er greift sich in den Hemdkragen.
Verstehe den Zusammenhang hier nicht.
Babs hat auch ein Kind verloren und Frank nimmt sich einen Augenblick Zeit, um „rücksichtsvoll“ zu formulieren, dass er das nicht so tragisch findet, weil sie beide „genug“ Kinder haben. Carlas Frage hat sich auf Babs Meinung zum Ball unter den jüngsten Ereignissen bezogen.
Ich wollte mich im Dialog nicht in Erklärungen verstricken (der Verlust wird später thematisiert), die Sprache sollte natürlich klingen und der Leser sollte keine geballte Information an der Stelle bekommen.
Aber ich glaube mich zu erinnern, dass an dem Punkt öfter nachgefragt wurde, was Frank da für wirres Zeug redet. :lol:

Ja, guter erster Absatz. Man fragt sich schon, was läuft da zwischen den beiden?
Das lese ich gerne. Hab ja auch wirklich probiert, des Lesers Neugier zu wecken.

„Sag mal, hast du sie noch alle? Mich so zu erschrecken.“ In letzter Sekunde zügle ich meinen Impuls, ihm eine runterzuhauen.
Echt, jetzt? Ich würde nach dem ersten Absatz glatt denken, sie unterdrückt das Gefühl, ihm um den Hals zu fallen ;).
Erster Impuls – zuschlagen - das ist in der Schrecksekunde verständlich. Der zweite Impuls wäre - umärmeln, aber dabei hätte Carla ihr Gesicht verloren und sie ist doch Meisterin darin, sich selber etwas vorzumachen.

... bleibt Joachim mit dem wadenlangen Flanellnachthemd hängen. Er sieht so hilflos aus. Ein bisschen tut er mir leid, aber er wollte es ja so.
Ach Gottchen. Schöne Kostümwahl, für den, der gern die Augen verschließt.
Sehe ich auch so. Die haben alle eine Verkleidung gewählt, die mehr über sie aussagt, als ihnen bewusst ist. Haha.

Ich mag diesen Absatz!
Den Absatz hab ich nicht übernommen, aber liebe Fliege, merkst du, zurzeit hab ich's mit Träumen. Auch hier hätte mir gefallen, den Leser im Zweifel zu lassen, Traum oder Quickie unter Einfluss von Alkohol. Doch das hab ich als Autorin (noch) nicht drauf. Jetzt liest man den Abschnitt als eindeutigen Traum. Wobei, ich seh grad, da könnte noch eine Portion Konfusion rein.

„War doch toll gestern, oder? Mal was anderes.“ Er spricht mit vollem Mund. „Weißt du, manchmal ist es ganz einfach: Hürde nehmen und zack …“ Das Brötchenmesser muss ihm aus der Hand gesprungen sein. „Ich bin richtig stolz auf dich, Carla. Ein guter Weg.“
Die Kalendersprüche nerven. Schon lange. Sicherheitshalber vergewissere ich mich, doch er liest nicht ab, er hat das wirklich auswendig gelernt.
„Achim?“, unterbreche ich den Exkurs in die Küchenpsychologie.
„Ja, Schatz?“
„Welche Augenfarbe habe ich?“
Er zögert. Zu lange. “Graublau.“
„Aha.“ Kann man gelten lassen, füge ich in Gedanken hinzu, aber nur, wenn das Meer aufgewühlt ist.
Und jetzt geht es auf einmal ganz schnell, jetzt, wo die Geschichte eigentlich anfängt, …
Meinst du? Das, was ich erzählen wollte, ist erzählt. Es geht um Betrug (der im Kopf beginnt), ums Maskentragen und die Fähigkeit, sich selber zu belügen und zu betrügen.

... wo die Konflikte ausgebrochen, sie sich zu ihrer Sehnsucht bekennt, sie auslebt, ist sie zu Ende. Das ist mein einziger Kritikpunkt.
Ist keine Kritik, da kommt nur ein heimlicher Wunsch von dir zum Tragen. :lol:
Carla schwankt stark, sie weiß um ihre Sehnsucht, sie will sie aber nicht zulassen, nur unter Alkohol und im Traum wird die sexuelle Begierde deutlich, werden die Vernunftgründe ausgeschaltet. Sie ist der Erkenntnis, dass Frank ihr mehr bedeutet als sie wahrhaben will, einen Schritt näher gekommen.

Ach ja, und das verlorene Kind taucht auch nirgendwo wieder auf. Insofern frage ich mich,…
Doch, das Baby taucht angedeutet bei der Kostümwahl „schwarzes Kleid“ wieder auf.
Die Aussage hab ich stark abgemildert. Früher stand da: Ich trage mein kleines Schwarzes für mein kleines Totes.
Und dann schwenkte Carla gleich mit ihren Gedanken zu Frank. Ein Großteil der Kommentatoren wollte mir nicht glauben, dass so extreme Gefühle nebeneinander Platz finden können. Da ist mir der „Tanz auf dem Vulkan“ eingefallen, der ihre Zerrissenheit symbolisieren soll.

… warum Du es überhaupt in Spiel gebracht hast, alles würde auch ohne dem auskommen.
Ganz einfach. Weil Maskerade eine Fortsetzungsgeschichte von Messerklingen ist. Die Charaktere konnte ich übernehmen, leider war ich an die Ausgangssituation gebunden. In der Vorgängergeschichte hatte man auch das Gefühl, da ist noch längst nicht alles auserzählt. Und meinem Lebensmotto werde ich zusätzlich gerecht: Warum soll ich es mir einfach machen, wenn es auch schwierig geht?

Bis hierhin sehr gern gelesen und ich hätte gern noch weiter ;) .
Der dritte Teil der Trilogie ist in Arbeit, wird wohl unter dem Titel Morgenröte oder Morgengrauen erscheinen und erfüllt endlich den Wunsch vieler Leser, die Beziehung zwischen Carla und Achim näher auszuleuchten. Und so viel kann ich schon verraten, es wird kein glückliches Ende geben.

Liebe Fliege,
über deinen Leseeindruck freu ich mich sehr. Und noch mal danke für die Mühe.

Herzliche Grüße von peregrina

 

Hallo ThomasQu ,

danke für dein Feedback zur Maskerade.

Nun habe ich zum vierten Mal begonnen, deine Geschichte zu lesen, habe mich zum vierten Mal ungefähr bis zur Hälfte durchgekämpft und dann aufgehört.
Das ist bemerkenswert, der Wille war auf jeden Fall da. Ich wäre nicht so tapfer gewesen, ich hätte schon nach dem ersten Mal kapituliert.
Das kommt natürlich vor, dass wir Texte nicht bis zum Schluss lesen, weil sie uns nicht zu packen wissen oder das Thema geht uns vierspurig am Allerwertesten vorbei oder wir empfinden die Sprache als mühsam.

Du zeichnest hier so viele Bilder, eines nach dem anderen, aber worum es hier gehen soll …? Von einer Handlung, oder von einem Spannungsaufbau in diesem Dreier- oder Vierergeflecht habe ich beim besten Willen nichts entdecken können.
Gegen Bilder gibt es prinzipiell nichts einzuwenden, wenn die entstehen, hat der Autor etwas richtig gemacht.
Aber dass sich dir nicht erschlossen hat, worum es gehen soll, ist natürlich schade.
Es klang ja mehrfach in den Kommentaren an, dass der KG einige wichtige Zutaten fehlen würden (interessante Schauplätze, aufregende Themen, Konfliktaustragung). Oftmals waren es die männlichen WK, die mit dem mäandernden Text und der vermeintlichen Seichtheit des Themas sowie meinem Umgang damit nicht viel anzufangen wussten.
Ich spreche in dem Zusammenhang gerne von einem „Mädchentext“, auch wenn ich da in Richtung Klischee marschiere. Ist ja auch mehr eine Vermutung von mir.

Außerdem, als geschmeidig oder flüssig lesbar empfinde ich deine Sprache nicht. Es ist eher anstrengend zu lesen.
Da bin ich erstaunt. Ist doch recht übersichtlich :lol:, zumal ich mich um klare, einfache Sprache bemühe. Und ich versuche auch, mich kurz zu fassen, relativ schnell auf den Punkt zu kommen, dachte ich bisher jedenfalls.

Du bist bestimmt eine begnadete Autorin, aber dieser Text hier ist für mich ... nicht so gelungen.
Niemand hat mich gezwungen, hier zu veröffentlichen und da muss ich auch deine Meinung aushalten und akzeptieren können.
Wobei mir allerdings etwas konkretere, spezifischere Hinweise helfen könnten, die genannten Kritikpunkte genauer unter die Lupe zu nehmen.

Danke für deinen Leseeindruck, Thomas.

Sturmfreies Wochenende wünscht peregrina

 

Hallo Barnhelm und Peregrina, noch mal kurz zu unserem Punkt des Vertrauten vs. Exotik. Ich denke man kann sich beim Schreiben diesbezüglich an zwei Direktiven orientieren: Zeige das Fremde im Vertrauten, und zeige das Vertraute im Fremden.

Ganz grundsätzlich darf ich als Leser nicht das Gefühl haben – und das hatte ich eben bei diesem Text – dass mein Leben spannender ist, als diese Geschichte. Ich will doch gerade in die andere Richtung. Ich will etwas, das mich aus meinem Alltag nach oben herauszieht. Wenn die Figuren zu bieder und durchschnittlich agieren, bekomme ich den Eindruck, diese Leute sollten Geschichten aus meinem Leben lesen, damit mal etwas Abenteuerliches in ihre Existenz kommt. Aber so darf es doch nicht sein.

In der Theorie entsteht Lust beim Lesen unter anderem dadurch, dass wir mit dem Text in eine unsichere, abenteuerliche, risikoreiche Umgebung gestoßen werden, dort verschiedene ungewöhnliche Erlebnisse haben können, dann aber das wohltuende Gefühl erfahren, wieder in die geschützte Normalität unseres Lebens zurückkehren dürfen.

Beim Kontakt mit dem Unbekannten ergibt sich für den Leser stets die Spannung, dass er die fremden Regeln, Gebräuche, Zusammenhänge nicht genau einschätzen kann. Lustgewinn ergibt sich dann zwangsläufig wenn dieses „Chaos“ geordnet wird, weil der Text nach und nach die Zusammenhänge enthüllt. Es ist in der Kunst immer das gleiche Prinzip: Lustgewinn durch Reduzierung von Komplexität.
Wenn ein Text aber nicht komplex genug ist, sondern lediglich Vertrautes in einem vertrauten Szenario zeigt, wird es schwierig, den Lustgewinn zu erzeugen, der normalerweise beim Auflösen des Chaos entsteht.

Das alles bedeutet nicht, Peregrina, Du hättest das Vertraute nicht überzeugend erzählt. Das mag schon sein und zeigt Dein handwerkliches Geschick. Aber ich interpretiere Dions Einwurf auch so, dass dieses handwerkliche Geschick an der Stelle nicht optimal zur Geltung kommt, denn Du malst ein Bild, das es so bereits schon gibt.

Ein exotischer Background kann der Sache tatsächlich zu viel mehr Attraktivität verhelfen. Schaut man sich beispielsweise solche beliebten SF- oder Fantasy-Produktionen wie Star Trek oder Game of Thrones an, dann sieht man im Mittelpunkt zwischenmenschliche Konflikte. Raumschiffe, Zombies und Drachen sind im Grunde lediglich Äußerlichkeiten. Was diese Produktionen so spannend macht, sind die Charaktere und ihre Kämpfe, ihr Streben, ihre Erfolge und ihr Scheitern.

Bleib dran Peregrina, ich freu mich auf Deine Nächste.

Gruß Achillus

 

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