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Lassen (Kurz)Geschichten Rückschlüsse auf den Autor zu?

Seniors
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30.08.2001
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Lassen (Kurz)Geschichten Rückschlüsse auf den Autor zu?

Liebe Gemeinde,

aufgrund eines Erlebnisses im Freundeskreis stelle ich mal folgendes zur Diskussion:

1) Kann man aus den Texten eines Autors auf seine Persönlichkeit oder seine geistige und moralische Grundhaltung schließen?

2) Habt ihr selbst schon einmal Erfahrungen dergestalt gemacht, daß man euch nach der Lektüre eurer Geschichten mit dem dargestellten Geschehen in einen Topf geworfen hat und euch mit einem (auf die Thematik und deren Darstellung bezogenen) entsetzten „DAS hast du geschrieben?“ beglückte.

3) Seid ihr bei der Entwicklung der Charaktere/Handlungen konsequent, d.h. möglichst realistisch, auch wenn das zu Fäkalsprache, morbiden Gedankengängen, drastischen Szenen etc. führt? Oder vermeidet ihr schon beim Schreiben mit Blick auf die Leser, allzu provozierende Ausführungen niederzuschreiben?

THX
Somebody

 

Im Prinzip ja... :cool:

zu 1) Es kommt sicher nicht sooo häufig vor, dass Aussage eines Textes (soweit vorhanden) und Haltung des Autors gegensätzlich sind.

zu 2) Wer mich nicht kennt, könnte tatsächlich die eine oder andere Überraschung erleben.

zu 3) Dazu kann ich nix sagen, weil meine Charaktere selten Extreme darstellen. Und, ja, in der Tat: Ich vermeide allzu extreme Sprache, um nicht bestimmte Lesertypen abzuschrecken. Ich möchte halt möglichst viele Leute erreichen. Natürlich kann man manche Aussagen mit der Holzhammer-Methode, d.h. knallharter Sprache, sehr gut rüberbringen. Ich mag aber mehr das subtile, zwischen den Zeilen. Was nicht heißt, dass ich nicht wo angemessen knallhart schreibe, was geschieht. Kommt übrigens auch drauf an, ob man einen neutralen, distanzierten Erzähler wählt. Der wird keine Fäkalbegriffe verwenden, die kommen dann höchstens in wörtlicher Rede vor.
Jetzt können wir ja mal schauen, ob aus diesem Verhalten Rückschlüsse auf meine Persönlichkeit möglich sind ;)

 

zu 1.)
nein, ich bin eindeutig schlechter als die Figuren meiner Geschichten. Schließlich schreibe ich sie ja als Wunsch. ;)

zu 2.)
in meinem Freundeskreis wissen nur sehr wenig Leute, dass ich Geschichten schreibe, und die, die es wissen, interessieren sich nciht dafür. Von daher konnte ich den Überraschungseffekt bisher weder positiv noch negativ erleben.

zu 3.)
Ich schrecke vor Fäkalsprache zurück. Meist versuche ich, es zu umgehen. Das ist aber eher eine Rücksichtnahme auf meine Verklemmtheit, als auf den Leser. Ich habe oft eine mich störende Schere im Kopf.

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Das ist jetzt mal praktisch:

alles was sim geschrieben hat, trifft auch komplett auf mich zu!!! Ich beziehe mich folglich auf das, was er geschrieben hat dazu.


Ach so, noch 'ne wichtige Frage hab:
kann man auch auf den Autoren rückschließen, wenn man von ihm bekloppte Witze liest? :D

 

zu 1)
Rückschlüsse auf meine Grundeinstellungen lassen die wenigsten meiner Protagonisten zu. Bei "Ein Nachruf" zum Beispiel würde ich sagen: Nein, keine, gar keine Rückschlüsse möglich.

zu 2)
Das ist mir einmal passiert - meine Mutter äußerte sich so ähnlich. Seitdem wählte ich aus, was ich sie lesen ließ.

zu 3)
Da geht es mir ähnlich wie sim. Bisher habe ich aber auch noch keine Personen beschrieben, bei denen das Verwenden von Fäkalsprache nötig gewesen wäre, um den Charakter deutlicher darstellen zu können.
Ansonsten bin ich konsequent, glaube ich jedenfalls. Und wenn das Blut drei Meter weit spritzt, macht das auch nichts.

Aragorn

 

1) Manchmal ja und manchmal nein. Grundsätzlich würde ich immer zuerst davon ausgehen, dass Autor und Erzähler nicht identisch sind.
Ich selbst schreibe nur selten autobiographisch, auch wenn ich natürlich unbewusst viel von mir einfließen lasse. Aber manchmal finde ich es gerade reizvoll aus einer ganz anderen Perpektive als meiner eigenen zu erzählen und mich in einem völlig gegensätzlichen Charakter hineinzuversetzen.

2) Ja, schon vorgekommen ... und deswegen vermeide ich es, engeren Bekannten etwas von mir zu lesen zu geben. Als Kritiker sind sie nicht zu gebrauchen und dass ich schreibe wissen sie meist auch - nur die Ergebnisse müssen sie nicht zu sehen kriegen, weil dann nur Fragen oder Behauptungen kommen.
Allerdings erzähle ich gerne mal Freunden was ich geschrieben habe - viel lieber, als dass ich ihnen das Original zu lesen gebe.

3) Hmm ... Eigentlich bemühe ich mich um Authentizität und schreibe dann auch schonmal so, wie ich selbst nie reden würde - wenn meine Charaktere es tun wollen, kann ich sie nicht davon abhalten. :cool:

 

Tach zusammen,

sind ja doch einige voneinander abweichende Postings gekommen. Anlaß für diese Frage war eine von mir hier gepostete Geschichte, bei der mein Freund gar nicht glauben wollte, daß ich das geschrieben habe, und zwar einerseits wegen des Inhalts und andererseits auch wegen der an manchen Stellen "deftigeren" Sprache.

Meine Meinung zu diesem Thema ist:

1) Einige meiner grundsätzlichen Werte und Einstellungen fließen sicher immer mit in meine Geschichten ein, aber um die zu filtern, muß man mich schon sehr gut kennen.
Da ich dem Horror-Genre zugewandt bin, fände ich es schon fatal, aus den von mir niedergeschriebenen Gedanken Rückschlüsse auf mich zu ziehen.
Ich kann ja nicht mal einer Fliege mit dem Schlappen ordentlich was geben.

2) Diesen Überraschungseffekt hatte ich ja selbst bei einem Freund, daher auch der Thread.

3) Ich versuche immer, möglichst realistisch zu schreiben (also so, wie ich mir denke, daß jemand spricht,denkt,handelt). Ginny hat das ganz gut formuliert: "...wenn meine Charaktere es tun wollen, kann ich sie nicht davon abhalten."
So geht´s mir auch: die kleinen Lieben enwickeln ein Eigenleben, das ich nur ungern bremsen möchte. Ich find´s extrem spannend, in andere Rollen schlüpfen zu können... Ist fast wie Karneval, nur ohne Alkohol :D

@ Lakita
Bekloppte Witze sind die Würze des Lebens. Nun schließe auf mich :aua:

 

Tja, Süsser, es gibt Menschen, die würzen alles mit Maggi oder wenn sie mal richtig was Gutes tun wollen mit Ketchup und welche, die den ganzen Kräutergarten nutzen.

So und nun darfst du dreimal raten, zu welcher Kategorie ich dich zähle. :D :p

 

Bitte nicht Off-Topic werden, aber ich muß zugeben, liebste Lakita, das war ein guter Konter

:D

 

@sim, Aragorn & Ginny-Rose

Somebody fragte nicht, ob man von den Protagonisten einer Geschichte Rückschlüsse auf den Autor schließen kann, sondern:

Kann man aus den Texten eines Autors auf seine Persönlichkeit oder seine geistige und moralische Grundhaltung schließen?

Dazu muss ich sagen: ja, aber von Text zu Text in verschiedem Mass.
z.B.: Lassen sich aus einer Horrorgeschichte über Massenmord schwer Schlüsse über die moralische Einstellung des Autoren schließen. Allerdings deutet der Stil der Erzählung immer auf gewisse aesthetische Präferenzen des Autoren hin.

Habt ihr selbst schon einmal Erfahrungen dergestalt gemacht, daß man euch nach der Lektüre eurer Geschichten mit dem dargestellten Geschehen in einen Topf geworfen hat und euch mit einem (auf die Thematik und deren Darstellung bezogenen) entsetzten „DAS hast du geschrieben?“ beglückte.

Nein. Keine Ahnung warum. Vielleicht habe ich gute Leser. :)

Seid ihr bei der Entwicklung der Charaktere/Handlungen konsequent, d.h. möglichst realistisch, auch wenn das zu Fäkalsprache, morbiden Gedankengängen, drastischen Szenen etc. führt? Oder vermeidet ihr schon beim Schreiben mit Blick auf die Leser, allzu provozierende Ausführungen niederzuschreiben?

Ich sehe meine Texte eher als aesthetisiert, d.h. kein konsequenter Realismus, sondern dem Erzählen angepasster Stil. Was richtig krasses habe ich noch nicht geschrieben, aber das kann sich ja noch ändern. :)

 

Somebody fragte nicht, ob man von den Protagonisten einer Geschichte Rückschlüsse auf den Autor schließen kann
Deswegen hab ich ja auch "Autor" und "Erzähler" geschrieben und nicht "Autor und "Protagonist". Wenn Autor und Erzähler identisch sind heißt das für mich, dass die Erzählung die Haltung des Autors wiedergibt ... sprich, dass man aus dem was der Text erzählt auf den Autor und seine Ansichten schließen kann.

 

Meiner Meinung nach ist eine Geschichte dann umso besser, je weniger vom Autor selbst darin steckt.
Wenn man wirklich total losgelöst von sich selbst schreiben kann, zeugt das nach meiner Ansicht von einer höheren Qualität der Geschichte.
Allerdings glaube ich nicht, dass man sich zu 100% von seiner Geschichte distanzieren kann.

Gruss, Bastiaan

 
Zuletzt bearbeitet:

Zu 1.) Ja, ich denke eine Geschichte lässt immer einen Rückschluss auf den Autor zu, aber in welchem Umfang? ;)

Auf jedenfall zeigt eine Geschichte, was sich für Informationen im Kopf des Autors im laufe der Zeit angesammelt haben. Was für Anschauungen und Sichten er kennen gelernt hat. (ich meine damit nicht seine eigenen Anschauungen bzw seine eigenen Sichtweisen, sondern die ihm bekannten (wenn er viele kennt, kann das auf eine gewisse Offenheit seiner Umwelt gegenüber hinweisen))

Auf jedenfall gibt ein Text immer Aufschluss auf das "Wissen" des Autors.

Ich würde sagen, umso mehr Geschichten man von einem Autor kennt, umso klarer wird das Bild von ihm. Wenn die Ansichten sich in den Geschichten immer etwas ähneln und die Moral und Ethik gleich bleiben, dann kann man schon auf den Autor schließen, bzw auf das, was ihn so Gedanklich bewegt.

Wenn z.B. irgendjemand immer "Liebesgeschichten" schreibt und die alle sehr Kritisch dem Thema gegenüber sind, gibt das einen guten Hinweis auf die Einstellung des Autors.
Die Frage dabei ist nämlich, würde jemand der glücklich verliebt ist ein Drama schreiben?

Da ich dem Horror-Genre zugewandt bin, fände ich es schon fatal, aus den von mir niedergeschriebenen Gedanken Rückschlüsse auf mich zu ziehen.
Ich kann ja nicht mal einer Fliege mit dem Schlappen ordentlich was geben.

Es gibt aber Rückschlüsse auf deine Phantasie, was wiederum auf dein Unterbewusstsein hinweist und das wiederum auf das Außerbewusste, was du nicht Filtern kannst. ;)

Aber damit das keiner Falsch versteht, ich habe nur gesagt, man kann in begrenztem Umfang, Rückschlüsse auf den Autor ziehen, aber die Texte allein reichen natürlich nicht aus um eine Psychoanalyse durchzuführen.

zu 2.) Ja, ist mir schon passiert und ich habe daraus Konsequenzen gezogen, manchen Freunden gebe ich bestimmte Sachen einfach nicht mehr zum lesen. ;)

zu 3.) Ja, so realistisch wie es meine Weltanschauung zulässt.

Es kann eigentlich grundsätzlich gesagt werden, dass nur ein Mensch, der die Fähigkeit besitzt sich in andere Menschen hinein zu versetzen, ihr denken und fühlen zu verstehen, eine Geschichte aus verschiedenen Perspektiven mit einer gewissen "Tiefe" hervorbringen kann. Bei jedem anderen würde es eher platt und öberflächlich bleiben.

 

Andere Frage: Lässt die Persönlichkeit eines Autors Rückschlüsse auf seine Geschichten zu?
Will sagen bzw fragen: Kann ich manche Dinge gar nicht schreiben? Kennt man, wenn man den Namen des Autors liest, schon die Geschichte?

 

Auf manche Autoren trifft das sicherlich zu.
Klassische Beispiele: Hedwig Courths-Mahler, Ian Fleming, Edgar Wallace. Im erweiterten Sinne lässt sich das auch von Stephen King sagen.

Aber ob diese Ähnlichkeit der Geschichten in der Persönlichkeit der Autoren begründet war oder ist, halte ich für fragwürdig.
Für viel wahrscheinlicher halte ich, dass diese Autoren ein Faible für eine bstimmte Art von Geschichten hatten (und heutige Autoren ebenfalls haben), und gar nichts anderes schreiben wollten.

 
Zuletzt bearbeitet:

mal wieder eine schöne möglichkeit über sich selbst zu quasseln.. man geht ja viel zu selten zum friseur..:D

weder aus geschichten noch aus meinen prots darf man grundsätzlich auf mich schließen - ausnahmen bestätigen die regel..ich schreibe gerne über kaputte typen und sentimentale alte menschen..bin aber selbst emotionslos..;) kaputte menschen, liebevolle menschen, verbrecher und lebensretter etc etc- sind doch die nettesten prots - das schaff ich nicht alles auf einmal..

meine freundin zweifelt immer an meiner glaubwürdigkeit, wenn ich erotische geschichten schreibe.. *smile* ...ansonsten gehts..

hin und wieder ein, zwei "verbotene" wörter.. machen mir einen riesenspaß - wenn es denn in die geschichte passt.. hab schon nen inneren kompass, womit ich die leute aufregen könnte..
:)

viele grüße, streicher

 
Zuletzt bearbeitet:

Für viel wahrscheinlicher halte ich, dass diese Autoren ein Faible für eine bstimmte Art von Geschichten hatten (und heutige Autoren ebenfalls haben), und gar nichts anderes schreiben wollten.

Resultiert dieses Faible denn nicht aus der Persönlichkeit? ;)

Andere Frage: Lässt die Persönlichkeit eines Autors Rückschlüsse auf seine Geschichten zu?

Ich denke ja, da ein zukunftsoptimistischer Mensch mit einer positiven Lebenseinstellung und einem Faible für SciFi eher etwas in Richtung "StarTrek" als "Alien" schreiben würde.
Aber das ganze spielt denke ich in der Praxis keine Rolle, man müsste den Autor sehr gut kennen, es gibt eher schlichtere Gemüter die leicht zu verstehen sind, aber auch Menschen mit einer vielzahl von Facetten in ihrer Persönlichkeit...

Will sagen bzw fragen: Kann ich manche Dinge gar nicht schreiben? Kennt man, wenn man den Namen des Autors liest, schon die Geschichte?

Könntest du eine Geschichte über einen Pragmatiker schreiben, wenn du sein denken nicht verstehst? Oder noch besser, könntest du eine sehr tiefgreifende Geschichte schreiben, bei der man die Welt aus Sicht einer Frau sieht?

Ich weiß nicht, zu dem ganzen fällt mir folgendes Fazit ein: Theoretisch ist es möglich von den Texten auf den Autor zu schließen, aber Praktisch ist es unmöglich, weil die meisten Persönlichkeiten dafür einfach viel zu komplex sind.

Ein konvergent denkender Mensch wird sich sehr schwer tun aus der Sicht eines divergent denkenden zu schreiben.

ich schreibe gerne über kaputte typen und sentimentale alte menschen..bin aber selbst emotionslos..

jaja ;) ... irgendetwas muss dich doch Emotional an diesen kaputten Typen und den sentimentalen alten Menschen bewegen .. da du dir sonst nicht Gedanken drüber machen würdest, und genau diese Tatsache gibt aufschluss über dich. :p

 

irgendetwas muss dich doch Emotional an diesen kaputten Typen und den sentimentalen alten Menschen bewegen .. da du dir sonst nicht Gedanken drüber machen würdest, und genau diese Tatsache gibt aufschluss über dich

war ja eher lustig gemeint..;) wer bezeicnet sich schon als emotionlos??..

aber klar - wenn ich mir doch über alles und noch so abgedrehte sachen gedanken mache - lässt das natürlich schlüsse zu... aber welche?? schon ein unterschied zu personen, die nur romantisch schreiben, weil sie eben so veranlagt sind..usw....

grüße, streicher

 

Ein sehr interessantes Thema!
Also ich habe dazu mal eine sehr erschreckende Erfahrung gemacht, die deutlich zeigt, dass leider immer Rückschlüsse auf den Autor gemacht werden.
Im Rahmes eines Seminars (wohlgemerkt im Fachbereich Literaturwissenschaft, also vor lauter Leuten, die sich damit auskennen sollten und zum Teil auch selbst schreiben!) habe ich eine Geschichte vorgelesen, deren Protagonist schwul war. Sie war nicht mal in der ersten Person geschrieben, und trotzdem wurde mir hinterher Beileid gewünscht, weil ich als Schwuler so viele Gemeinheiten erleben muss...
Ich muss dazu sagen, ich habe nichts gegen Homosexuelle, bin nun mal aber auch nicht schwul. Und wenn ich mal aus der Sicht eines Außerirdischen schreibe, heißt das auch noch lange nicht, dass ich vom anderen Stern komme *g*
Ich glaube, ich werde besagte Geschichte hier mal posten für alle interessierten.

 

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