Was ist neu

Ideen für Geschichten: Springteufel oder Uhrwerk?

Vom Speziellen zum Allgemeinen:


Zömeterium > Der Zombie-Artikel auf Wikipedia, sowie ein paar verlinkte, z.B. über das Gift lieferten die Anregung. Das weitere enstand über ein "Gedankenspiel", d.h. ich stellte mir mich vor, wie ich dem verrückten Wissenschaftler auf die Spur komme ... Ich hab wohl hunderte Gedankenspiele bisher durchgeführt und nur einen Bruchteil niedergeschrieben, weil sie doof waren, kein Ende fanden oder weil ich an was anderem schrieb. Manche denke ich mehrmals durch, so gibt es in meinem Kopf eine Parallelversion, wo Roxane am Ende in eine andere Stadt flieht, wo der Wissenschaftler aus Thomas einen Vampir machte, auch mit medizinischen Mitteln etc. wurde aber beim Aufschreiben verworfen, weil selbst mir das zu unrealistisch klang. :)

Weg ins Dunkel 6 > Eine geplante Idee, ein Experiment vielleicht, ganz ohne Gedankenspiel. Andy sollte halt mit der Forschergruppe zum Schloss reisen und seinen Sohn finden, damit der für zukünftige Geschichten zur Verfügung steht ...
Manche dieser Ideen spiele ich als Gedankenspiele durch, aber es geht auch ohne.

Weg ins Dunkel 10 > Entstammt einem Traum, etwas abgewandelt ... ich wurde von Lord Vemzor in dieses Haus geholt, lebte dort einige Tage mit ihm, bis mich meine Familie zurückholen wollte ... Hm, sowas wollte ich ja konkret in Teil 11 ausarbeiten. *g*
Jedenfalls nehme ich gerne Träume als Vorlage. Manchmal bleibt mehr vom Traum erhalten, dann erfinde ich nur das Ende hinzu. Einmal hab ich eine Szene geträumt und eine 70-Blatt-Geschichte drumherumgesponnen, die eher als Novelle zu bezeichnen wäre denn als Kurzgeschichte.

Abysstos Erbe > Spontane Idee oder Inspiration. Später ist mir aufgefallen, dass es möglicherweise ein reales Erlebnis gab als ich 4 war, das ich dort verarbeitete ...

Bürokratie > Viele einzelne Erlebnisse über kleiner Flamme erhitzt, das extrahierte Destillat in eine neue Form gepresst. Ist eine Mischung aus Idee und Erlebnis.

Der Schänder > Idee, weil mein Bruder auf die 'lustige' Idee kam, mir den Spitznamen 'Kinderschänder' zu verpassen ... ohne Grund, einfach nur, weil er es lustig fand.
Ist vielleicht für euch nicht so interessant, aber ich dachte, das darf nicht fehlen. ;)


Gedankenspiele führe ich seit Jahren, jeden Tag vorm Einschlafen mindestens, manchmal auch, wenn ich warte. Eine Geschichte kann nach einigen Tagen oder Stunden durchdacht sein oder mich monatelang in hundert Versionen beschäftigen. Viele werden abgebrochen und verfallen. Weil ich so viel denke (bzw tagträume) sind meine Geschichten so lang. Auf weniger Seiten kann ich mich schlechter ausdrücken, das erfüllt mich nicht, weder beim Schreiben noch beim Lesen meiner eigenen Geschichten. (Ja, manchmal krame ich meine alten Geschichten zum Selbstlesen hervor. ;))

Gedankenspiele entstammen Erlebnissen, Filmen, Büchern, Liedtexten etc. und manchmal ganz spontan aus dem Nichts heraus, was mich meist sehr wundert ...

Dann gibt es diese Texte, die einem diktiert werden. Das Unterbewusstsein spielt Souffleuse. Wie ein Nachrichtensprecher, der von der Tafel abliest, so fühle ich mich dann. Wenn ich nicht auf der Stelle loslege und aufschreibe, was da steht, dann werden die Tafeln wieder weggelegt und ich krieg sie nie wieder zu sehen.

Dieses 'Soufflieren' kenne ich vom Niederschreiben, aber das ist eher ein Zwiegespräch bei mir: Formulierung wird geflüstert, ich überlege, nö, doof, neue Formulierung wird geflüstert ... Wenn ich nicht schreibe und mich später ransetze, werden die Sätze anders formuliert. Je länger ich warte, desto mehr verändert sich die ursprüngliche Geschichte wie eine Pflanze, wächst und bekommt Auswüchse.

 

Hallo Jellyfish,

„Gedankenspiele führe ich seit Jahren, jeden Tag vorm Einschlafen mindestens, manchmal auch, wenn ich warte. Eine Geschichte kann nach einigen Tagen oder Stunden durchdacht sein oder mich monatelang in hundert Versionen beschäftigen.“

Ich habe nicht erwartet, dass sich jemand so intensiv und regelmäßig gedankenspielerisch betätigt. Mein erster Gedanke dazu war ‚das wäre doch mal was für Gehirnforscher …’

Die Gedankenspiele entstehen bei mir manchmal während ich schreibe, dann verzweigen sich die Ideen, ein Pfad wird dann ausgewählt. Das ist zwar für mich kein „Zwiegespräch“, aber ein Prozess, der deiner Aussage sehr nahe kommt: „desto mehr verändert sich die ursprüngliche Geschichte wie eine Pflanze, wächst und bekommt Auswüchse.“


LG,

Woltochinon

 

Sehr schön. Bin ein bißchen neidisch. Meine Geschichten sind schon fertig, wenn mir das Thema in den Sinn kommt. Ich hole sie nur an das Tageslicht, schmücke sie aus - ändern oder gar weiterentwickeln kann ich sie nicht.

 

Mir kommen recht viele Ideen für Geschichten, immer mal wieder, den ganzen Tag über. Manchmal weniger, manchmal mehr. Aber ich schreibe sie nicht alle auf, die meisten verschwinden wieder, ich weiß ja, es kommen immer neue nach.

Meistens fehlt jedoch der Bezug dazu, also meiner, das ist, als wäre ich in einem Kaufhaus für Geschichten und dort sehe ich mich um, ob eine für mich dabei ist. Manchmal verziehe ich mich dann in die Umkleide und probiere, und wenn eine passt, dann erzähle ich sie.

Ich muss ja nicht alles kaufen oder erzählen.

 

@ Setnemides

„Meine Geschichten sind schon fertig, wenn mir das Thema in den Sinn kommt.“

Davon träumt so mancher, vermute ich. Spart Entscheidungsqualen …


Hallo yours truly,

„… das ist, als wäre ich in einem Kaufhaus für Geschichten und dort sehe ich mich um, ob eine für mich dabei ist. Manchmal verziehe ich mich dann in die Umkleide und probiere, und wenn eine passt, dann erzähle ich sie.

Ich muss ja nicht alles kaufen oder erzählen.“

Sehr schön formuliert. „Kaufhaus für Geschichten“ könnte fast schon ein Buchtitel sein, erinnert mich an die ‚Bibliothek von Babel’.

„die meisten verschwinden wieder, ich weiß ja, es kommen immer neue nach.“

Erzähl’ das mal den Leuten, die über Schreibblockade klagen ;)


LG,

Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

ein Roman hat sicher bessere Chancen sich gegen Vergänglichkeit zu wehren, als eine Kurzgeschichte, da man in ihm ganze Weltbilder entwickeln kann, in einem kleinen Text ist das schwieriger.

Also, seit ich mich mit Kurzgeschichten befasse (eineinhalb Jahre), bin ich auf der Suche nach Romanen, die auch nur annähernd diese intensive Dichte erreichen, die man schon bei mittelprächtigen Kurzgeschichten findet. Ich habe seitdem kaum noch einen Roman zu Ende gelesen. Daß diese kiloschweren Monstren in die Geschichte eingehen, liegt mehr an ihrem physikalischen Gewicht, aus dem dann die weiteren Gewichte abgeleitet werden.
Die Weltbilder, die in einem Roman entwickelt werden (kenne ich so einen Roman?), sind ja in den Kurzgeschichten auch enthalten, nur kleiner, mit weniger Detail, aber alles ist darin, wie in einem kleinen Stückchen eines Hologramms.
Das erstaunliche ist nur, daß in einer Zeit, wo alles in kleinen Häppchen verspeist und verdaut wird, man am Abend durch 20 Sender zappt, Zeitungsartikel in Sekunden überfliegt, die Romane im Urlaub tagelang im Liegestuhl gelesen werden, als Alternativprogramm. Die Kurzgeschichte paßt in unsere Zeit, aber sie ist trotzdem unpopulär.
Um zum Topic dieses Thread zurückzukommen: die Intensität reizt mich, beim Denken, beim Schreiben und beim Lesen vieler Geschichten, die hier gepostet werden.

Set

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Setnemides,

ich habe auch den Eindruck, dass Kurzgeschichten unpopulär sind, nicht aber kurze Geschichten.
Zumindest dann, wenn man unter Kurzgeschichten kurze Werke mit einem gewissen inhaltlichen Anspruch versteht, unter kurzen Geschichten die ‚Zwischendurch-Lektüre’, die man während der U-Bahnfahrt konsumiert. Diese Definition von Geschichten ist auf den Inhalt bezogen, nicht wie üblich auf das Formale, deshalb umfassender. Trotzdem stört mich, wenn z.B. Axel Hacke als erfolgreichster deutscher Kurzgeschichtenautor bezeichnet wird, schließlich schreibt er anekdotische Erzählungen (um nicht ‚Geschichtchen’ zu sagen). Das zeigt, wie falsch die Vorstellung ist, wie eine Kurzgeschichte aussieht, trotz Schulunterricht mit Borchert, Böll, E. A. Poe usw. Der unrichtige Eindruck über die Form der Kurzgeschichte ist nicht so tragisch (auch hier im Forum gibt es viele kurze Erzählungen), bedenklich finde ich, dass man mit dem Begriff Kurzgeschichte (zumindest nach meinen Erfahrungen) oft etwas inhaltlich/stilistisch wenig Anspruchsvolles assoziiert. Dabei kann die Kurzgeschichte so viel, „nur kleiner, mit weniger Detail, aber alles ist darin, wie in einem kleinen Stückchen eines Hologramms“, wie du treffend sagst.
Es ist aufwendiger, Kurzgeschichten zu schreiben die so auffällig sind, dass sie gewissermaßen im ‚Kulturgedächtnis’ gespeichert werden, als einen Roman. Mit ‚aufwendiger’ meine ich nicht die Schwierigkeit des Schreibprozesses, sondern die Schwierigkeit sich sozusagen im Kulturbewusstsein durch- oder festzusetzen.
An ein Buch, das den Leser eine Weile begleitet, dank seines Umfangs auch mehr Details enthalten kann, die sich mit dem Erfahrungsbereich des Lesers überschneiden, kann man sich leichter erinnern. Auch die Möglichkeiten der Dramaturgie (Rückblenden, Parallelhandlungen) sind bei einem Roman dank Seitenzahl vielfältiger, er bietet dadurch ein längeres Leseerlebnis und kann Inhalte vor dem Leser ausbreiten. Moby Dick *) wäre nicht dieses gewaltige Epos, wenn das Buch fünf Seiten hätte (hierzu gibt es schöne Parallelen zur Musik). Stefan Zweig schrieb anspruchsvolle, ausgefeilte Erzählungen über psychische Zustände, er konnte sich kaum damit verewigen (wobei in der Literatur hundert Jahre schon als Bekanntheits-Ewigkeit gelten können).
Trotzdem kann man Kurzgeschichtenautoren nicht gering schätzen, einerseits wegen ihrer Kunst Inhalte zu verdichten, andererseits wegen ihrer Ideenvielfalt: Für dreihundert Seiten braucht der Kurzgeschichtenautor unter Umständen dreißig Ideen, ebenso viele ‚Bühnen’ auf denen wiederum dreißig verschiedene Ensembles ihren Auftritt haben.

„Das erstaunliche ist nur, daß in einer Zeit, wo alles in kleinen Häppchen verspeist und verdaut wird, man am Abend durch 20 Sender zappt, Zeitungsartikel in Sekunden überfliegt, die Romane im Urlaub tagelang im Liegestuhl gelesen werden, als Alternativprogramm“

an sich wäre dies zu begrüßen, doch die Frage ist, welche Art von Romanen gelesen werden – sie sind oft so seicht wie das angrenzende Meer, will der Urlauber, um einmal dieses Klischee zu bedienen etwas Tiefergehendes, dann bucht er einen Tauchkurs …


„Die Kurzgeschichte paßt in unsere Zeit, aber sie ist trotzdem unpopulär.“

Wenn meine Kurzgeschichten in die von dir beschriebene „unsere Zeit“ der „Häppchen“ passen, dann wäre mir das nicht recht ;)


Gut, meine Pause ist vorbei, vielleicht kann ich heute am Abend den Beitrag ins Netz stellen.

Vielen Dank für dein Interesse am Thread und die anregenden Anmerkungen.


L G,

Woltochinon


*) ‚Unten am Fluss’, ‚Schnee, der auf Zedern fällt’, ‚Wem die Stunde schlägt’, ‚Siddharta’, 'The White Tiger', '1984', 'Das Parfüm', 'Früchte des Zorns' usw. gehören auch in diese Kategorie, zusätzlich manche russische Meister, auch wenn es nicht so mein Geschmack ist.

 

Sehr interessantes Thema. Meine Geschichten haben immer sehr viel mit mir, meiner Biographie und den Menschen in meinem eigenen Leben zu tun.

Manchmal macht es das einfach und manchmal macht es das sehr schwer. Vorallem wenn die Personen plötzlich anders handeln müssten um die Geschichte weiter zu bringen als ihr reales Vorbild es vielleicht tun würde.

Ich bin auch ein Mensch der oft ein Bild im Kopf hat, eine einzige Szene oder ein Gedankengespräch mit einer (fiktiven) Person. Diese Szenen schreibe ich dann auf ohne zu wissen, was daraus letztendlich entstehen sollte. Daher habe ich sehr viele Momentaufnahmen auf meinem PC die aber ins Leere laufen, weil ich dann oft einfach nicht weiß, wohin es führen könnte. Da fehlt es mir manchmal schon, dass ich mich nicht mehr von meiner biographischen Art des Schreibens lösen kann. Ich hoffe, das kommt noch.

Gruß
Blue

 

Hallo BlueSoul,


ich fange mal von unten an: Letztlich hat Schreiben immer ein biographisches Element, da man nur über das schreiben kann, was man selbst aufgenommen, be- oder überdacht hat. Das ist gewissermaßen das eine Ende des Spektrums, am anderen steht die (Auto)biographie und ähnliche Realität vermittelnde Schreibformen. Kurzgeschichten als fiktive Realität befinden sich irgendwo dazwischen. Besonders interessant finde ich deine folgende Aussage:

„Manchmal macht es das einfach und manchmal macht es das sehr schwer. Vorallem wenn die Personen plötzlich anders handeln müssten um die Geschichte weiter zu bringen als ihr reales Vorbild es vielleicht tun würde.“

Diesen ‚Übergangspunkt‘ des „anders handeln“ Müssens stelle ich mir spannend vor, auch weil dann die Kreativität ganz anders gefordert ist, als vorher (denke ich zumindest). Aber getreu des Mottos ‚Kill your darlings‘ muss man in diesem Fall sogar mal den eigenen Bekannten gegenüber unnachsichtig sein …

Viel Erfolg!

Woltochinon

 

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