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Ideen für Geschichten: Springteufel oder Uhrwerk?

Seniors
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Ideen für Geschichten: Springteufel oder Uhrwerk?

Wie seid ihr auf die Ideen für eure (aktuellen) Geschichten gekommen? Sind sie plötzliche Eingebungen oder steckt ein sorgfältiger Plan dahinter?
Was beeinflusst eure Themenwahl, wie kommt ihr von der Idee zum Handlungsstrang, dem Stil, den Charakteren?

Ich denke, es ist interessant einmal zu erfahren, welchen Hintergrund so mancher Text hat, welche Anlässe/Gründe zu einer Geschichte geführt haben.

 

Hey Woltochinon!

Auja, das zu wissen, würde mich auch interessieren, ich hoffe, es melden sich viele. :)

Wie seid ihr auf die Ideen für eure (aktuellen) Geschichten gekommen? Sind sie plötzliche Eingebungen oder steckt ein sorgfältiger Plan dahinter?
Wie ich auf eine Idee komme, kann ich dir nicht sagen, geplant sind sie jedenfalls nicht. Ideen hole ich mir aus Musik&Film, aber auch alltägliche Sachen, wie z.B. eine Unterhaltung mit einer Freundin kann mich zu einer Geschichte inspirieren.
Ich hab für mich gemerkt, dass ich bei Geschichten nchts planen sollte - ich wollte nämlich unbedingt eine Geschichte a la Clockwork Orange schreiben, und ich glaube, ich sitze jetzt schon seit zwei Jahren dadran. Also nix mit planen. ;)
Was beeinflusst eure Themenwahl
Mein Hintergrund beeinflusst oft meine Geschichten, aber jetzt auch nicht mehr. Sonst gar nix, denke ich oder will ich glauben.
wie kommt ihr von der Idee zum Handlungsstrang, dem Stil, den Charakteren?
Da es eh nie so wird, wie ich es mir im Kopf gebastelt habe, probiere ich beim Schreiben einfach alles mögliche, irgendwann passt es.
Bei manchen Geschichten schreibt man auch einfach, und es passt alles perfekt - sind aber wenige, das sind aber auch GEschichten, die in den Fingern jucken - die einfach raus wollen.

JoBlack

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Woltochinon,

in gewisser Weise kann ich mich Jo anschließen, was die Themenfindung betrifft, oft höre ich was im Radio, sehe was im Fernsehen, lese was in der Zeitung, so ist z.B. meine Geschichte über die Varusschlacht entstanden. Ein Zeitungsartikel hat mich draufgebracht.

Eine Gefängnisbesichtigung, wo ich mir überlegt habe, wie das wohl ist, da eingesperrt zu sein, die Eindrücke flossen in eine Geschichte.
Oder aber persönliche Eindrücke von Menschen aus meiner Jugendzeit, über die ich mit einer alten Freundin Tränen gelacht habe,
oder ein Urlaub usw.

Aber auch einfach Fantasie, z.B. während des Laufens im Wald, da kann man sich herrlich Gedanken über fremde Welten für Kindergeschichten machen oder über Charaktere nachdenken für eine Liebesgeschichte.

Auch dankbare Themen liefern Tiere: Kürzlich hat mich ein kleines Krabbeltier zu einer etwas abgefahrenen Geschichte inspiriert, mal sehen, was draus wird.

Ich habe meistens erst einen groben Plot im Kopf und fange einfach an zu schreiben, deshalb kann es mir passieren, dass ich "Anfänge" auf der Festplatte liegen habe, wo ich evtl. nicht weiterkomme an einem bestimmten Punkt.

Ich bastele meine Figuren immer in die Geschichte rein. Ich weiß, dass andere z.B. erst Figuren/Personen vor sich sehen und die Geschichte drumrum schreiben. Das kann ich irgendwie (noch!) nicht.

Eigentlich bin ich schon automatisch ständig auf Themensuche, habe auch gelesen, das sei normal. In meiner Anfangszeit musste ich krampfhaft nach irgendwas suchen, mittlerweile springen mich die Themen schon fast an und ich weiß manchmal gar nicht, wann ich was schreiben soll.
Das Komische dabei ist: Das Projekt, das ich gleich am Anfang verwirklichen wollte (ein historisches Thema), habe ich zwar recherchiert, aber immer noch nicht angefangen und weiß auch nicht, wann es soweit sein wird. Vielleicht, wenn mir andere Ideen ausgehen, keine Ahnung!

Weiß nicht, ob Dir meine Ergüsse was helfen. Ich bin aber auch sehr gespannt, was hier noch kommt. Ich möchte auch gerne wissen, wie andere die Schreiberei angehen, das ist spannend.

Giraffe :)

 

Eine spannende Frage.
Im Moment schreibe ich an einem Text für eine Lesung an einer internationalen Skulpturenausstellung in Bad Ragaz. Sieben Autoren wählen sich je eine Skulptur, schreiben dazu eine Geschichte und lesen sie dort vor. Das hab ich schon mal gemacht in einer Gemäldeausstellung und es ist sehr anregend. Natürlich nicht nur, aber doch auch gebunden an die Skulptur, bzw. das Bild und ich wüsste nicht, wie ich die Geschichte hier einstellen sollte, weil ihr das ja nicht sehen könnt. Das muss ich mir noch überlegen.
Sonst fällt mir spontan was ein beim bügeln, kochen oder Musik hören. Mit einem Mal taucht ein Gedanke, eine Figur auf und dann geht’s ziemlich rasant über die Bühne mit der ersten Niederschrift. Danach kommt die Überarbeitung und daran kann ich Wochen sitzen, bis die Geschichte steht.
Manchmal habe ich auch nur einen ersten Satz im Kopf, der von irgendwoher kommt. Seine ‚Melodie’ zwingt mich zum aufschreiben und dann nimmt das seinen Lauf … Kann auch vorkommen, dass mich die Stimmung eines Buches dazu verleitet, ihr nachzugehen und plötzlich entsteht was.
Aber immer dauert die Zeit der Überarbeitung wesentlich länger, als die erste Niederschrift :D

 

Lustig, irgendwann wollte ich diese Frage auch schon mal stellen, habe mich aber irgendwie nie getraut (Warum eigentlich?)

Momentan schreibe ich an keiner Kg, sondern eher an längeren Formaten, wobei sehr oft die Idee zu einer Kg der Ursprung war.
Inspirieren können mich Filme, Musik oder alltägliche Begebenheiten, oft aber auch wirklich schlecht umgesetzte Bücher oder Geschichten anderer, die ich lese.

Gerne werde ich mich hier an dieser Stelle mit einem Kommentar zu einer aktuellen Geschichte melden.

lg
lev

 
Zuletzt bearbeitet:

Ideen im eigentlichen Sinne, als Gedanke, der reizvoll ausgestaltet werden könnte, habe ich selten. Das soll dann wirken, witzig sein oder irgendwie einen Effekt haben und gelingt mir eher mäßig, weil es mir an der Technik zur Umsetzung fehlt.

Ich bin (leider) immer noch bei einer Art "therapeutischem Schreiben": ich lasse die Geschichten Gestalt annehmen, die ich in mir habe und die raus wollen. Themen, die mich berühren oder auch vor langer Zeit berührt haben, die vielleicht aktuell angestoßen werden. Ein Gedanke oder ein Gefühl kommen nach oben, klären sich, werden konkret und nach ein paar Wochen wird eine Geschichte daraus, die den Gedanken wieder einpackt, damit der Leser ihn wieder auspacken kann. Auch bei diesem letzten Verarbeitungsschritt arbeite ich weniger an der Geschichte als an mir selber: etwas klärt sich in mir. Die Gedanken vorweg ziehen sich über Wochen hin, das "runterschreiben" geschieht meist in ein bis drei Stunden, selten länger. Überarbeitet wird ein paar Tage später ausschließlich die Form.

Die Figuren entstehen im besten Falle ohne Überlegung; sie kommen einfach, wie im Traum werden sie plötzlich konkret. Wenn ich sie konstruieren muß, wird die Geschichte schlechter. Oft sind sie allerdings in meiner Biographie angelegt, das macht es mir einfacher, aber die Geschichte wird dadurch nicht unbedingt besser.
Bei einem kritischen Blick auf meine hier geposteten Geschichten stelle ich fest, daß nur nur sehr selten die Plots und die Figuren völlig frei gestaltet sind, ohne Vorbilder in meiner Biographie oder sonst irgendwo her. Ich möchte nicht Reklame machen, aber da Woltochinon auch nach dem Hintergrund einiger Texte fragt, nenne ich mal zwei Beispiele:

Der lange Aufstieg zum Gipfel: die Geschichte vom Ötzi ergibt sich aus dem Lehrer-Schüler-Verhältnis des alten zum jungen Schamanen. Sie ist sehr von der gutmütigen Stimmung der Romane von Juri Rytchëu gefärbt, ansonsten frei phantasiert. Allerdings tagelang aus der Tiefe, wie aus einem Traum.

Die Tulipa-Hausse: Die Geschichte vom Börsenkrach, dargestellt an der holländischen Tulpenspekulation im 17. Jahrhundert, entstand sehr rational: ich wollte ein Lehrstück zum Thema "Wie und warum organisiert man einen Börsencrash?" schreiben. Die Reduktion auf zwei handelnde Personen entspringt der Einsicht in meine mangelnde Fähigkeit, mehrere Personen samt Interaktion in einer Kg zu gestalten. Als ich dann losgeschrieben habe, kam es alles von selbst heraus. Hinterher war ich über die Charaktere erstaunt, mehr noch über die Entwicklungsstränge der Geschichte: die Tulpenpreise gehen hoch, das Vermögen der Familie steigt, der Senior wird schwach und schwächer, der Junior wird stärker, im Showdown übernimmt der Junior die Macht, der Alte tritt ab, gleichzeitig ist das Land pleite und die Familie am Ziel.- Da habe ich dann selbst gestaunt, wo das herkam.


Ich hatte im Frühjahr das Gefühl, nun habe ich alle Kgs geschrieben, die ich in mir hatte; ich habe dazu eine Themensammlung, wo nur die Titel stehen, und eine Skizzensammlung, in der die Grundzüge auf einer halben Seite skizziert sind. Hierin arbeite ich an mehreren Geschichten gleichzeitig. Nun war dieses Heft abgearbeitet - die erste Geschichte, die mir danach in den Sinn kam, zog weitere hoch, sodaß das Buch gleich wieder voll wurde. Es sind gewichtige Themen dabei, für die ich erstmal recherchieren muß - Bücher im Internet bestellt und quergelesen, um das Feld zu sondieren, dann die Handlung skizziert.

Ich habe über Monate daran gedacht, über den 11.9. zu schreiben, und bin immer wieder zu dem Schluß gekommen, daß es grundsätzlich nicht geht. Schließlich habe ich es doch gemacht, und mich danach sehr erleichtert gefühlt. Weiß noch nicht, ob ich das mal poste...

Jetzt schreibe ich schon seit einiger Zeit nur noch kleinere Scharmützel, die mir nicht besonders wichtig sind. Ich drücke mich vor einem belastenden Thema; im Regal wartet ein halber Meter neu eingetroffener Bücher, die ich lesen will, um dann eine Geschichte zu schreiben, die zwar im Kopf schon fast steht, aber die noch ein solide recherchiertes Fundament braucht. Vielleicht gegen Ende des Jahres schreibe ich dann einen halben Tag, und Ihr bekommt eine Geschichte über den Völkermord in Ruanda, die etwas bisher unbeschriebenes beleuchtet. Mit solchen Geschichten ist ein gehöriges Stück Aggression verbunden; ich wehre mich, möchte die kartenhaushaften Weltbilder zum Einsturz bringen oder wenigstens ein bißchen wackeln lassen.

Daß mich ein schönes Gefühl antreibt, zu schreiben, kommt seltener vor, aber immerhin: es kommt vor.

Set

 

Für Kurzgeschichten ist die Inspiration meist eine Beobachtung, eine Bemerkung oder auch nur eine gewisse Stimmung / Atmosphäre, die mir irgendwo auffällt:
zwei Leute im Restaurant, die dreißig Jahre gemeinsamen Anödens feiern, die Notiz über den verschwundenen Teenager in der Zeitung, der seltsam geformte Baum auf einem Spaziergang, kann alles sein.
Und meistens entwickelt sich die Geschichte sowieso beim Schreiben in ihre eigene Richtung, Das ist fast gruslig.

Bei Romanen allerdings ist das schon anders. Da reicht die kleine Idee nicht mehr, sondern da muss geplant werden. Besonders, wenn an ein Exposé abgeben muss, muss einem ja vorher selber alles bis ins letzte Detail klar sein, was man da schreiben will.
Aber auch da gilt für mich: das Leben hat die besten Geschichten. Und Fantasy schreibe ich sowieso nicht!

 

Hallo JoBlack,

(nicht ganz so spät ...)
„Mein Hintergrund beeinflusst oft meine Geschichten, aber jetzt auch nicht mehr. Sonst gar nix, denke ich oder will ich glauben.“

Eine interessante Aussage: Sicher wird man immer vom eigenen Hintergrund beeinflusst (eigentlich gibt es nur einen eigenen Hintergrund, ist Definitionssache), die Frage ist, inwieweit unbewusst Dinge einfließen, man sogar Dinge ‚offenbart’. Ich will eigentlich auch „glauben“, dass ich alles im Griff habe und bewusst mache …


Hallo Giraffe,

„deshalb kann es mir passieren, dass ich "Anfänge" auf der Festplatte liegen habe, wo ich evtl. nicht weiterkomme an einem bestimmten Punkt.“

Dies ist wohl ein sehr verbreitetes Phänomen, ich habe das schon von verschiedenen Autoren gehört. Manche haben auch riesige Stichwortsammlungen und Ideenfragmente irgendwo auf Zetteln oder auf der Festplatte. (Von dem Schriftsteller Arno Schmidt wurden sogar Ideenskizzen und Unbeendetes als Buch veröffentlicht).

„Ich bastele meine Figuren immer in die Geschichte rein. Ich weiß, dass andere z.B. erst Figuren/Personen vor sich sehen und die Geschichte drumrum schreiben. Das kann ich irgendwie (noch!) nicht.“

Wenn’s funktioniert, warum ändern? Bei mir ist das oft genauso.

Hallo Gisanne,

„Im Moment schreibe ich an einem Text für eine Lesung an einer internationalen Skulpturenausstellung in Bad Ragaz“

Eine ungewöhnliche Art, einen Anlaß zum Schreiben zu generieren. Kann man die Skulpturen und Texte im Netz finden?

„Manchmal habe ich auch nur einen ersten Satz im Kopf, der von irgendwoher kommt. Seine ‚Melodie’ zwingt mich zum aufschreiben und dann nimmt das seinen Lauf …“

Das „zwingt“ ist mir aufgefallen. ‚Schreibzwang’ – ist das eine anerkannte Krankheit? ;)
So etwas habe ich auch schon erlebt: Eine Geschichte entsteht aus einem Satz, einem Wort (ist dann manchmal der Titel), ein spannendes Erlebnis!


Hallo Lev,

„Inspirieren können mich Filme, Musik oder alltägliche Begebenheiten, oft aber auch wirklich schlecht umgesetzte Bücher oder Geschichten anderer, die ich lese.“

Gute Idee – einfach das besser machen, was eigentlich schreibenswert ist, aber von anderen mies ausgeführt wurde. (Erinnert mich an Brecht: ‚Das bisschen, was ich lese, kann ich auch selbst schreiben’).


„Gerne werde ich mich hier an dieser Stelle mit einem Kommentar zu einer aktuellen Geschichte melden.“

Ja, hoffe, dass dies auch noch andere Autoren tun werden.


Hallo Setnemides,

„Ich bin (leider) immer noch bei einer Art "therapeutischem Schreiben“

‚Therapeutisches Schreiben’ ist nichts schlechtes, solange es, falls man es veröffentlicht, für den Leserkreis verständlich ist. Vielleicht ist alle Kunst (oder jede Interaktion?), graduell verschieden, ‚therapeutisch.

„arbeite ich weniger an der Geschichte als an mir selber: etwas klärt sich in mir.“

Wenn das so ist, hat sich das Schreiben schon gelohnt. Bei mir klärt sich eher im Vorfeld der sachliche Hintergrund eines Textes.

„daß nur nur sehr selten die Plots und die Figuren völlig frei gestaltet sind“

Da du viel Historisches schreibst ist das nahe liegend, wenn auch nicht zwingend. Aber eigentlich finde ich, ist es das Spannende am Schreiben, dass man ‚neue Lebewesen erschaffen’ kann. Es ist sicher einen Versuch wert.

„Ich hatte im Frühjahr das Gefühl, nun habe ich alle Kgs geschrieben, die ich in mir hatte“

Ist wohl ein nicht so seltenes Gefühl, aber irgendwie tankt man wohl immer wieder neu auf …

„ich wehre mich, möchte die kartenhaushaften Weltbilder zum Einsturz bringen oder wenigstens ein bißchen wackeln lassen.“

So wichtig (und auch schwierig zu schreiben) gute Unterhaltungsgeschichten sind – mit einem Anliegen zu schreiben, ist doch ein wertvoller Anspruch. Ich wünsche dir dabei jedenfalls viel Erfolg.


Hallo sammamish,

„Und meistens entwickelt sich die Geschichte sowieso beim Schreiben in ihre eigene Richtung, Das ist fast gruslig“

Ist vielleicht mal was für die Gehirnforschung, die Betrachtungen über den ‚freien Willen’ usw. Bei mir geht das weniger in die Richtung ‚kruselig’, es ist eher anstrengend, spannend und mit der Angst verbunden, dass ‚der Faden reißt’.
(Wie ist das eigentlich bei Horror-Autoren? Da würde mich besonders interessieren, wie sie auf ihre Ideen kommen, welche Anregungen sie nutzen).


„Bei Romanen allerdings ist das schon anders. Da reicht die kleine Idee nicht mehr, sondern da muss geplant werden.“

Was nicht ausschließt, auch eine Kurzgeschichte richtig durchzuplanen, aber klar, ein Roman ist schon ein Fall für sich.

Ja, „das Leben hat die besten Geschichten“, man muss nur den richtigen Ideenköder haben, um sie aus dem alltäglichen Informationssumpf zu angeln.


Danke für eure Kommentare,

tschüß,

Woltochinon

 

Bei mir ist es immer so, dass ich eine vage Idee im Kopf habe, mich zum Schreiben hinsetze und dann verselbstständigt sich das Schreiben. Während ich schreibe, nimmt die Geschichte Gestalt an, und ich bin oft sehr überrascht über die Wendungen, die meine Geschichten nehmen. Es ist, als fließen die Buschstaben ganz von allein aus meinen Fingern, die Zeit vergeht dabei, ohne dass ich es bemerke. Ist die Geschichte fertig, kommt der Feinschliff, und wenn ich zuviel daran herumschleife, gefällt mir das Resultat mitunter überhaupt nicht mehr.

 

Salü Woltochinon,

Eine ungewöhnliche Art, einen Anlaß zum Schreiben zu generieren. Kann man die Skulpturen und Texte im Netz finden?

schau mal unter: http://www.badragartz.ch
oder bei Kurt Laurenz Metzler. Die Skulptur, die ich 'belese' ist aber nicht im Netz.

Das „zwingt“ ist mir aufgefallen. ‚Schreibzwang’ – ist das eine anerkannte Krankheit?

Nicht so anerkannt, dass ich dafür eine Invalidenrente beantragen könnte :D obwohl ich dann ja fürs richtige Arbeiten, so mit Pensionskasse und Lohn und geregelter Arbeitszeit, nicht zu gebrauchen bin ...

 

Hallo Woltochinon,

danke für die wohlwollenden Kommentare, aber:

mit einem Anliegen zu schreiben, ist doch ein wertvoller Anspruch.

So hehre moralische Ziele sind das meistens nicht, eher ein Drang, um nicht den schon pathologisierten "Zwang" zu bemühen...

Gruß Set

 

Das erste, was ich von einer noch zu schreibenden Geschichte weiß ist das Ende. Dem ist ja auch im realen Leben so – nur selten hat man die Gelegenheit, etwas Interessantes von Anfang an in seiner Entstehung zu beobachten. Auch Medien berichten erst nachdem etwas passiert ist. Und die sind neben meiner unmittelbaren Umgebung eine der Hauptquellen meiner Geschichten.

Ich bin großer Fan der Geschichte, vor allem Prähistorie und Mittelalter finde ich spannend, aber merkwürdigerweise bin ich bei diesen historischen Sachen nie über ein paar Seiten hinausgekommen. Meistens bremst mich der Rechercheaufwand, der bei diesen Epochen enorm ist, will man das damalige Leben korrekt schildern. Aber wahrscheinlich ist das nur eine Ausrede für die fehlende Motivation. Oder einfach Angst vor (zu) großer Aufgabe.

Vielleicht werde ich diese Idee ganz fallen lassen und mich wieder dem hier und heute widmen – da kenne ich mich besser aus. :D

 

Ich schreibe vor allem Geschichten auf, die ich erlebe und von denen ich glaube, sie seien erzählenswert. Manchmal träume ich auch Geschichten (oder Geschichtenanfänge, wenn der Wecker klingelt), die mich beeindrucken. Außerdem tagträume ich beim Autofahren und baue Ideen aus, die in Gesprächen auftauchten und wieder fallengelassen wurden, z.B. habe ich eine Geschichte um eine Idee herumgeschrieben, die hier im Chat aufkam und die sonst keiner haben wollte.
Ich fange mit dem erstbesten klaren Bild bzw. der willigsten Formulierung an, schreibe so schnell wie möglich, vertraue auf den Heiligen Intonatius und lauere immer auf den Schlußsatz, damit ich den nicht verpasse. Stets nehme ich mir vor, ganz zuletzt den Anfang zu überarbeiten, lasse es dann aber meistens sein und streiche stattdessen noch dies und das.
Für sorgfältige Planung bin ich zu faul und zu ungeduldig.

 

Meine Antwort ist genauso kurz, wie unbefriedigend: Mal so, mal so ;)

Es gibt Geschichten, deren Idee kommt mir morgens auf den Klo und nach dem Frühstück ist sie fertig.
Und dann gibt es Geschichten, die bei mir ganz langsam reifen. Das beginnt dann meistens mit einem Satz, den ich irgendwo höre, einem Bild, das ich sehe (Gemälde oder reale Szene) oder einem Charakter, der auf einmal in meinem Kopf ist oder einer Szene, die sich irgendwie entwickelt. Dann nehme ich mir manchmal mehrere Wochen Zeit, darum einen schönen Plot zu stricken und den schreibe ich dann irgendwann auf. Da ich mir faulerweise niemals Notizen mache, will ich gar nicht wissen, wie viele toller Ideen ich im Laufe meines Lebens schon so alle vergessen habe. Dafür kommt es genauso oft vor, daß eine Geschichte während des Schreibens eine ganz neue Richtung einschlägt. Für mich selbst dann fast spannend wie für den Leser, da ich vorher nie weiß, was auf der nächsten Seite passieren wird.

Gerne passiert es auch, daß während der Planphase einer Geschichte eine andere springteufelgleich dazwischengrätscht, wodurch manchmal sehr reizvolle Zwitter entstehen, wenn ich in eine Geschichte zB eine Figur einbaue, die eigentlich ganz woanders mitspielen sollte. Manchmal entsteht aber auch nur komischer Brei. Den veröffentliche ich dann natürlich trotzdem und behaupte, das wäre alles geplant gewesen.

 

Hallo barkai,

mir geht es oft auch so: „Es ist, als fließen die Buschstaben ganz von allein aus meinen Fingern, die Zeit vergeht dabei, ohne dass ich es bemerke“.

„kommt der Feinschliff, und wenn ich zuviel daran herumschleife, gefällt mir das Resultat mitunter überhaupt nicht mehr“

Mit dem Feinschliff habe ich bessere Erfahrungen gemacht: Wenn ich Einzelheiten einer Geschichte überprüfe, nach Wortwiederholungen fahnde, entdecke ich doch immer wieder einmal Formulierungsfehler oder bemerke einen ungünstigen Satzbau, der mir vorher nicht aufgefallen ist. Prinzipiell gesehen ist es aber schon so, dass man eine Geschichte so lange feinschleifen kann, bis sie geschliffen ist …


@ Gisanne

Habe mir die ‚Bad Ragartz Seite’ angesehen.

Warnung an alle Besucher von Bad Ragartz: Hier wird ‚Gästekochen’ angeboten!
Ein Brauch, den man sonst nur irgendwelchen wilden Stämmen zuschreibt …

 

Hallo Dion,

„Das erste, was ich von einer noch zu schreibenden Geschichte weiß ist das Ende. Dem ist ja auch im realen Leben so – nur selten hat man die Gelegenheit, etwas Interessantes von Anfang an in seiner Entstehung zu beobachten“

Ein Gutes Argument, so ist mir das noch nicht aufgefallen, vielleicht, weil ich fast nur Texte ohne aktuellen Bezug schreibe. Aber auch bei reinen Fantasietexten ist es schon passiert, dass ich erst einen Schluss geschrieben habe, die Geschichte dazu erfinden musste.


Hallo Makita,

hallo gnoebel,

mir geht es beim Geschichtefinden manchmal auch so, wie ihr es beschreibt, Makita sagt treffend:
„Ich fange mit dem erstbesten klaren Bild bzw. der willigsten Formulierung an, schreibe so schnell wie möglich, vertraue auf den Heiligen Intonatius“

Aber sucht ihr nicht auch einmal bewusst nach einer Geschichte? (Bis jetzt hat sich noch niemand in dieser Richtung geäußert).

Ich möchte zu jedem philosophischen Grundthema einen Text schreiben, da gehe ich die Sache ziemlich zielgerichtet an. Oder: mir fällt z.B. ein, dass ich noch nie eine Fantasygeschichte oder in einem bestimmtem Stil geschrieben habe, dann denke ich geplant über entsprechende Themen nach. So passiert auch, was gnoebel schreibt:

„Gerne passiert es auch, daß während der Planphase einer Geschichte eine andere springteufelgleich dazwischengrätscht, wodurch manchmal sehr reizvolle Zwitter entstehen“

Es entsteht dann unter Umständen eine philosophische Fantasygeschichte, ein Zwitter zweier Anliegen (ist in diesem Fall meist weniger springteuflig).

--

Ach ja - vielleicht sagt doch noch mal jemand etwas zu einer aktuellen Geschichte ...


LG,

Woltochinon

 

Zitat von Woltonichon:

Warnung an alle Besucher von Bad Ragartz: Hier wird ‚Gästekochen’ angeboten!
:D
und auf Deine Frage:
Ach ja - vielleicht sagt doch noch mal jemand etwas zu einer aktuellen Geschichte ...

'So ein Typ' - sass mir an einer Sitzung gegenüber. Der fiel mir durch seine Phrasen-Argumente auf und später sah ich seine Schuhe mit den Absätzen ... Der Rest ist (nicht nur) Phantasie.

'Gespräch im Morgengrauen' - mitgelauschtes Gespräch vor der Kirche. Zwei Leute, die sich über jugendliche 'Rumstreunerei' aufregten ...

'Paradieswasser' :)

 

Aber sucht ihr nicht auch einmal bewusst nach einer Geschichte?
Ich seh überall Geschichten herumliegen, da kommt das bewußte Suchen zu kurz. Aber ich gestehe, daß ich zwischendurch immer mal hirne, wie ich einen Porno schreiben kann, bevor feirefiz einen schreibt, und dabei einen Plot nach dem anderen wegen mangelnder Seriosität verwerfe.

Ach ja - vielleicht sagt doch noch mal jemand etwas zu einer aktuellen Geschichte ...
Die letzte ist einfach so passiert. Darum will ich die nächste erfinden.
Falls mir immer noch kein guter Porno einfällt, muß ich entweder eine SF-Geschichte schreiben oder Logik in ein ganz eigenartiges Geschichtengerüst bringen, das mir neulich morgens einfiel und seitdem im Kopf herumgeistert. Außerdem will ich seit Monaten eine Geschichte aus einer Idee von yours truly schreiben, weil es eine Schande ist, daß diese Idee vergammelt. Oder man könnte das Kopierspiel mal wieder anleiern. Ein paar Schnellschüsse außer der Reihe forcieren. Ist ja jetzt Sommer.

 
Zuletzt bearbeitet:

Aber sucht ihr nicht auch einmal bewusst nach einer Geschichte?
Sehr sehr selten. Meistens ist die Geschichte da - irgendein Gedanke beim Autofahren, eine Meldung in den Nachrichten, ein aufgeschnapptes Stichwort, eine Beobachtung - sie wird aber bevor ich sie schreibe auf Konflikte hin überprüft. Was interessiert mich an der Geschichte? Welche inneren und/oder äußeren Probleme tauchen für die Personen auf?
Manchmal kommt es vor, dass ich einen Konflikt habe, über den ich gern schreiben würde, nicht aber die Geschichte dazu, meistens bei politischen Themen. In der Regel scheitern die Geschichten dann allerdings, wahrscheinlich, weil ich den Konflikt für mich schon zu einer Meinung gelöst habe.

 

Hallo Woltochinon!

Wie seid ihr auf die Ideen für eure (aktuellen) Geschichten gekommen? Sind sie plötzliche Eingebungen oder steckt ein sorgfältiger Plan dahinter?
Ich irre vollkommen planlos durchs Gelände, jedenfalls was die Ideefindung betrifft.

Beispiele:

Kindergeschichte "Die Mondelefanten":
Inspiriert haben mich einige Bilder von Salvador Dali, in denen das Motiv sehr langbeiniger Elefanten zu finden ist. Dachte mir, die können mit ihren spindeldürren Beinen nur auf dem Mond existieren, weil dort die Schwerkraft geringer ist.

Krimi "Für Melanie"
Da gab’s einen Zeitungsartikel über ein Schusswechsel zwischen rivalisierenden Banden, bei dem eine unbeteiligte und unbescholtene Frau zu Tode gekommen ist. Hab überlegt, was ich tun würde, wenn das meine Freundin gewesen wäre.

Krimi "Die Tasche".
Hier inspirieren mich einfach nur Sprichwörter. Wie z.B. "Wie Du mir, so ich Dir." Die etwas seltsame und viel diskutierte Wir-Perspektive hab ich aus dem ersten Kapitel des Romans "Das schwarze Haus" (St.King/P. Straub). Allerdings etwas abgewandelt.

Was beeinflusst eure Themenwahl, wie kommt ihr von der Idee zum Handlungsstrang, dem Stil, den Charakteren?
Ich treffe keine Themenwahl, nehme alles wie es kommt. (siehe oben)
Zunächst hab ich ein Gefühl zum Thema, etwa Wut oder Trauer, daraus entsteht eine passende Figur, der jugendliche Rächer z.B. Dann schreibe ich ein paar Zeilen nach ersten Vorstellungen. Das können Handlungsteile sein oder Gesprächsfetzen.
Danach beginn das Planen. Das ist einfach nur Arbeit. Mehr kann ich nicht dazu sagen.
Der Stil ergibt sich irgendwie. Keine Ahnung.
Die Perspektive wird den Erfordernissen angepasst. Genügt es, aus Sicht eines Einzelnen zu schreiben? Kommt die Ich-Perspektive eindringlicher rüber, oder brauche ich mehr Distanz. Usw.

Hoffe, du kannst damit was anfangen.
Gruß
Asterix

 

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