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Ich darf das!

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08.01.2002
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Ich darf das!

„Du musst mir unbedingt beibringen, wie man das mit dem Ersteigern genau macht“, sagte er und während sie nickte, hatte sie seinen Wunsch schon wieder vergessen. Aber er ließ nicht locker, erinnerte immer wieder daran und irgendwann stand er vor ihrem Schreibtisch.
„Du wolltest mir das mit dem Ersteigern doch erklären, hast du jetzt Zeit?“
Klar hätte sie ihm vorflunkern können, just etwas Dringendes erledigen zu müssen. Aber wenn ihr Vater sich einmal in etwas verbissen hatte, hätte es ihr auf Dauer nichts genützt. Wie damals, wenn sie erst vom Esstisch wieder fortkam, nachdem sie auf seine Fragen zur Fotosynthese der Pflanzen korrekt geantwortet hatte oder als 10-Jährige zum Unterschied zwischen Kohlenmon und -dioxid.
Sie zeigte ihm das Ersteigern im Internet. Er stellte ein, zwei Fragen, die ihr signalisierten, dass er es verstanden hatte, und danach belagerte er sie nicht mehr.
Obendrein wird er sowieso nichts ersteigern. Was auch? Was konnte ein gut betuchter 87-Jähriger denn noch gebrauchen, was er nicht bereits schon besaß? Er war längst in dem Alter, in welchem man sich von etlichem unnützen Kram trennte, aufräumte, verschenkte, wegwarf, begriff, wie überflüssig Vieles war.

Ein paar Tage nach ihrer kleinen Interneteinweisung fuhr der erste Paketwagen vor. Vom Parterrefenster ihres Büros hatte sie freien Blick auf die Straße und als der Paketbote zielstrebig den Eingang des Hauses ansteuerte, erhob sie sich, um ihm zu öffnen.
„Ist da grad was für mich abgegeben worden?“, hörte sie ihren Vater, der oben auf dem Treppenabsatz stand und dann mit langsamen Schritten die Stufen herunter kam. Sie las die Anschrift.
„Ja!“
„Das ist ein Gemälde, das hab ich ersteigert“, verkündete er stolz.
„Dann gratuliere ich zur ersten Auktion.“
„Da wird in den nächsten Tagen mehr kommen.“
„Dann solltest du die stillgelegte Klingel wieder aktivieren, denn ich bin ja nicht immer hier. Ich verstehe eh nicht, wieso du sie ausgeschaltet hast.“
„Die will ich nicht. Die stand ständig unter Strom, die reinste Verschwendung.“
Es dauerte ein paar Monate, bis er eine eher provisorische Klingel, als kleinen an die Hauswand geklebten Knopf, installiert hatte. Bis dahin verbrachten die meisten der Pakete Stunden im Vorgarten.

Der Paketwagen fuhr seit der ersten Ersteigerung durchschnittlich dreimal die Woche vor. Anhand der Verpackungen erkannte sie, dass ihr Vater wieder ein Gemälde ersteigert hatte.
„Was willst du mit denen? Ihr habt da oben gar nicht den Platz, alle aufzuhängen.“
„Das frag ich ihn auch immer“, kam ihre Mutter der Antwort des Vaters zuvor, „ich will die hässlichen Dinger nicht an den Wänden haben und mir noch Ungeziefer in die Wohnung holen, außerdem stinken sie.“
„Ich darf machen, was ich will.“
Die Gemäldephase, in der ihr Vater circa sechzig Stücke erstand, erstreckte sich über ein paar Monate.

Dann begann die Steinphase. Angefangen von kleinen Halbedelsteinen für seine Sammlung, über größere Bergkristalle und Drusen, gipfelte seine Ersteigerungslust in einem medizinballgroßen, irrsinnig schweren Meteoriten aus den USA.
„Dort sind die längst nicht so teuer wie hier“, erläuterte er, „ich hab den sehr günstig ersteigern können.“
Ihre Fragen, was er mit all diesen Sachen wolle, hatte sie längst eingestellt. Die Mutter gab jedoch nicht klein bei und es kam immer öfter zu lauten Auseinandersetzungen, sodass sie jedes Wort ihrer Eltern hörte.
Gegen Ende der Steinphase verdoppelten sich die Paketlieferungen. Ihr schien, es wurde nun völlig wahllos gekauft, freiflottierend irgendetwas bestellt oder ersteigert. Mal war es eine Schultafel, dann Plüschtiere, die er vergeblich versuchte, den Nachbarskindern zu schenken, mal waren es Buntstifte und Malkreiden, die ebenfalls keiner haben wollte.
Und dann kamen die größeren, schweren Pakete mit chinesischen Schriftzeichen.
„Das sind Taschenlampen“, erklärte ihr Vater, „die will ich noch umbauen, dann sind sie technisch noch besser. Es kommen noch Pakete mit Umrüstteilen.“
„Ziemlich groß, das Paket, wie viele Taschenlampen sind denn da drin?“
„Fünfhundert.“
„Wozu so viele?“
„Muss ich noch überlegen, vielleicht verschenken.“
"Wer braucht denn von deinen Bekannten eine Taschenlampe?"
"Taschenlampen kann man immer gebrauchen."

„Kannst du mal raufkommen?“, bat die Mutter sie eines Tages, „das musst du dir unbedingt ansehen.“ Sie betrat die elterliche Wohnung mit mulmigem Gefühl. Bereits im Flur versperrten große Pappkartons den Weg. Der Esstisch der Wohnküche war übersät mit teils auseinandergenommenen Taschenlampen und unzähligem anderen Elektronikzeugs. Unter dem Tisch haufenweise Tüten und Taschen. Bis auf zwei Stühle war alles belegt. Überall stapelten sich Kartons. Nur die Couch war noch frei geblieben.
Die Mutter erfasste ihren prüfenden Blick:
„Da macht er seinen Mittagsschlaf, deswegen liegt da nix rum. Aber komm mal mit in sein Zimmer.“ Umgeben von Kartontürmen saß ihr Vater auf einem wackeligen Hocker vor einem riesigen Fernseher.
„Was du hier veranstaltest, das ist nicht mehr normal“, sagte die Mutter.
„Was soll das? Du stänkerst schon wieder herum! Ich will nicht, dass du so über mich redest!“
„Schau dir das an! Da ist nur noch Platz für den Hocker. So weit ist es hier schon gekommen.“ Der Anblick des vollgestellten Zimmers verblüffte sie. Da mussten deutlich mehr Pakete angeliefert worden sein, als sie im Laufe der letzten Monate mitbekommen hatte.
„Was sagst du denn dazu?“, sagte die Mutter, „Das kann doch so nicht bleiben!“
„Du hast hier gar nichts zu sagen!“, sagte der Vater und es war nicht klar, ob er sie oder seine Ehefrau meinte.
„Ich gucke Fernsehen. Ich will nicht gestört werden! Und ich möchte nicht, dass ihr über mich redet!“
Sie gingen in die Wohnküche zurück und setzten sich.
„Der ist verrückt! Das muss aufhören! Kannst du da nicht was machen?“
„Und was?“, fragte sie, „wie soll ich ihm das denn verbieten? Er hört doch auf niemanden.“ Die Mutter schwieg, Tränen stiegen ihr in die Augen.
„Hast du 'ne Ahnung, was er mit den fünfhundert Taschenlampen will?“
„Fünfhundert?“, lachte ihre Mutter bitter. „Es sind zweitausend. Die will er alle umrüsten und verschenken. Schau dir das Chaos hier an.“
„Wem will er die denn schenken, so viele Leute kennt er doch gar nicht.“
„Wem? Wir waren letztens bei der Weihnachtsfeier der Pensionäre, da konnte ich das miterleben. Er ging von Tisch zu Tisch mit seinem Beutel voller Taschenlampen und verteilte sie, als sei er der Nikolaus persönlich. An wildfremde Leute!“
„Und wie haben die reagiert?“
„Erst haben sie versucht, ihn abzuwimmeln. Aber du kennst ihn ja. Am Ende haben sie alle ein paar genommen und über ihn gegrinst. Nie wieder gehe ich mit ihm da hin.“ Ratlos und bedrückt verließ sie die elterliche Wohnung.

In der Nacht suchte sie ein Albtraum heim. Sie hetzte durch Schluchten von übermannshohen Kartons und wie in einem Irrgarten fand sie nicht mehr ins Freie. Kartontürme brachen krachend hinter ihr zusammen, die Gänge wurden immer enger und sie musste die Wände mit aller Kraft auseinanderdrücken, um durchzukommen. Ihre Atemnot steigerte sich in Panik. Sie erwachte mit Pappegeschmack im Mund.

„Jetzt hat ihn der Zoll am Wickel“, sagte Mutter.
„Die sind davon überzeugt, dass er ein Gewerbe betreibt mit den zweitausend Taschenlampen und wollen Zoll von ihm. Geschieht ihm ganz recht.“
„Vielleicht hört er nun auf“, sagte sie.
Ihre Mutter verdrehte die Augen.
Die Paketwagen fuhren munter weiter vor.
„Gestern Nacht ist er von der Polizei nach Hause gebracht worden. Die haben ihn bei den Obdachlosen aufgegriffen und wollten nicht glauben, dass ihm die ganzen Taschenlampen gehören.“
„Wollte er die den Obdachlosen schenken?“
„Das vermute ich. Mir sagt er ja nie was.“

Tage später fiel ihr auf, dass etwas anders war als sonst. Es hielt kein Paketwagen mehr vor dem Haus.
„Hast du mit dem Ersteigern aufgehört?“
„Bin letztens betrogen worden, hatte vorweg bezahlt und dann hat man mir die Ware nicht geschickt. Und der Anwalt hat gemeint, das sei ein Fake-Verkauf gewesen. Er kann da nichts machen.“
„Und deswegen ersteigerst du nichts mehr“, resümierte sie.
„Wenn ich nicht erkenne, wer Betrüger ist und wer nicht, macht es keinen Sinn.“
„Da geb ich dir Recht“, freute sie sich.

„Komm mal mit in den Keller“, forderte die Mutter sie auf, „ich muss dir was zeigen.“
Mit Unbehagen folgte sie ihr die Kellertreppe hinunter, wo sich bis an die Decke Gemüse-, Würstchen- und Keksdosen, Kirschgläser, Nudelpakete, Unmengen von H-Milch-Tüten, Wasser- und Saftflaschen stapelten.
„Das ist ja ein ganzes Warenlager. Seid ihr unter die Prepper gegangen?“
„Keine Ahnung, was das ist, er kauft wie ein Besengter Sonderangebote ein. Und immer in großen Mengen. Hier ist schon kein Platz mehr.“
„Ich dachte, er hat mit dem Kaufen aufgehört“, sagte sie enttäuscht.
„Der? Der ist wie von der Leine gelassen. Der wird damit nie aufhören. Immer, wenn die Prospekte von den Supermärkten kommen, wird mir schon ganz anders.“
„Ich sag der Postbotin Bescheid, dann bekommt ihr keine Werbung mehr.“ Die Mutter schaute skeptisch.

„Ich brauche deine Hilfe“, sagte ihr Vater, „hab im Internet entdeckt, dass grad Glühwein im Angebot ist für 1,99 Euro. Fährst du mich zum Supermarkt, ich will die Flaschen nicht alle selbst tragen.“
Entgeistert schaute sie ihn an.
„Ihr beide trinkt doch gar keinen Wein.“
„Wenn ich dich mal ausnahmsweise um etwas bitte, dann hast du nicht mit mir darüber zu diskutieren.“
Seufzend erhob sie sich und fuhr mit ihm zum Supermarkt.
„Ich warte im Auto." Nach einer Dreiviertelstunde klopfte es an die Scheibe.
„Machst du mal den Kofferraum auf?“
Sie stieg aus und musste sich an der Autotür festhalten. Vor ihr standen acht Einkaufswagen je bis zur Kante mit Glühweinflaschen gefüllt.
„Hat ein bisschen länger gedauert, die mussten erst noch mit dem Gabelstapler eine Palette aus dem Lager holen. Ach, und wenn der Platz im Kofferraum nicht reicht, packen wir die Flaschen auf die Sitze. Und falls wir den Beifahrersitz brauchen, gehst du einfach zu Fuß nach Hause.“
„Du willst dann fahren? Du hast doch im Frühjahr deinen Führerschein abgegeben.“
„Na und?“, trotzig zog er die Achseln hoch, „das Autofahren verlernt man nicht.“
Und so war es.

 

Liebe @Kerzenschein,

lieben Dank für deine Kritik und dein Feedback, über die ich mich gefreut habe.
Es tut mir leid, dass ich so viele Tage nicht reagiert habe, aber mich hatten die Adventszeitvorbereitungen, inklusive des Backens und Verteilens eines Kekshaufens voll im Griff. Ich weiß auch nicht, wieso mir immer die Zeit zum Advent davonrennt.

ich habe die Vorkommentare nur überflogen, und davon auch nur die letzten. Meine Eindrücke können also schon Thema gewesen sein.
Bei der immensen Menge an Lesematerial finde ich es auch absolut gerechtfertigt, wenn man sich die Vorkritikermeinungen gar nicht ansieht. Mach ich auch nicht. Alles gut.
Mir hat deine Geschichte gut gefallen. Du erzählst wunderbar flüssig die sich steigernde Kaufsucht im Alter, im Kern realistisch, in der Handlung satirisch angehaucht.
Hach, das freut mich sehr. Dankeschön.
Aber was zum Geier will er mit einem Meteoriten?? Genial.
Hihi, ein Meteorit gehört eigentlich in eine gut sortierte Steinsammlung mit hinein. Auch, wenn man wirklich darüber diskutieren könnte, ob er als ausserirdischer Stein überhaupt in eine Erdplanetensteinsammlung gehört.
Hier würde ich etwas umstellen zwecks Lesefluss: es kam immer öfter zu lauten Auseinandersetzungen, sodass sie jedes Wort ihrer Eltern hörte.
Das hab ich gern getan. Klingt so besser.
Ich glaube, die Aussage wäre eindringlicher ohne den Satz. Ihre Vermutung braucht es ja auch gar nicht, denn für den Leser ist sie sowieso schon offensichtlich.
Da kann ich dich gut verstehen. Vermag mich aber von diesem Satz deswegen noch nicht zu trennen, weil ich denke, dem Leser soll klarwerden, wie sinnlos der Alte nun einkauft.
Hier fehlt mir der Übergang von Wohnküche zu Wohnzimmer; oder steht die Couch in der Küche? Und der Zeilenumbruch kann m.E. raus.
Stimmt. In meinem Kopf hab ich den Fehler gemacht, zu glauben, jeder Leser sieht dasselbe wie ich und zwar, dass Küche und Wohnzimmer eine Einheit bilden. Ich muss mal überlegen, ob ich das noch eleganter gelöst bekomme.
Das finde ich sprachlich nicht so schön. Ich würde es eher als Frage formulieren: Warum machst du jetzt schon wieder Stunk? Warum musst du jetzt schon wieder Stunk machen? Warum musst du jetzt schon wieder rumstänkern? Wenn du es aber als Feststellung lassen willst, da es ja die Sturheit charakterisiert, dann vielleicht: Du stänkerst schon wieder herum!. ... oder so ähnlich.
Der Satz mit dem über mich reden gefällt mir wiederum sehr gut, sehr passend für seinen Charakter.
Hab ich auch gern als Verbesserungsvorschlag aufgegriffen, zumal nun aus einem Substantiv ein Verb wird und das ist für sich genommen immer besser. Danke.
Mir gefällt deine Steigerung bis zum Grotesken. Und die Angehörigen sind machtlos. Ich finde, dir ist es gut gelungen, ein ernstes Problem, das erstaunlicherweise gar nicht so selten vorkommt, mit einem Augenzwinkern zu thematisieren. Mein Opa hat meine Oma verflucht, am Ende hat er selbst die unnötigsten Dinge bestellt.
Das gefällt mir, dass du den Weg, den die Geschichte nimmt, mitgehen kannst und es so siehst, wie ich es angelegt habe. Für mich ein gutes Zeichen.

Nochmals lieben Dank für deine Mühe und Zeit.

Lieben Gruß

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @lakita ,

ich bin zwar nicht im Humor (und auch nicht so recht in der reinen Satire) zuhause, aber ein Andockpunkt war hier doch, denn ich hege auch gewisse ... Sammel-Leidenschaften. :Pfeif: Das sind zwar v.a. Bücher, aber auch Klamotten und bevor ich nach Finnland in 19,5 m2 umzog, gab es da auch ziemlich viele Filmfigürchen und ach ja: Silberschmuck. Meine Ex sammelte mal Edelsteine, du kannst also sagen, wir waren füreinander geschaffen ...

Worauf ich hinauswill *gn*: Ich fand vor allem die Dialoge sehr knackig, hab auch mehrmals laut gelacht (der Zoll!). Obwohl ich fast Geschichten umso lieber habe, je weniger Dialoge vorkommen, würde ich hier fast raten: hast dus mal als Bühnenstück formatiert? All die Gedanken dazwischen raus? Nur ein paar Gesten lassen?
Ich denke, da würde noch mehr Pepp reinkommen, vielleicht kennst du noch hornis *Glück such*, eine meiner all time Favs hier im Forum.

Ab & zu nämlich bremsen für meinen Geschmack die Anmerkungen und Handlunsgbeschreibungen die Geschichte mehr aus, als dass sie ihr zuträglich sind.

Eine formale Sache hab ich noch: Du hast sehr viele falsche Zeilenumbrüche drin (nämlich auch viel zu viele), das liest sich nicht nur schwer, sondern hat mich ziemlich ins Schleudern geraten lassen, wer nun was sagt und ob es eine ganz neue Szene ankündigt.

Generell:
Absatz = doppelte Zeilenschaltung bei größerem Settingwechsel (also Wohnzimmer -> Kneipe, nicht ein Zimmer ins andere) oder bei Zeitsprüngen. Oder wo eine Pause gedacht werden kann, einfach, damit hier kein Textlock steht.

Einfache Zeilenschaltung: Sprecherwechsel bei Dialogen (das hast du glaube ich immer), oder wenn eine Person etwas tut und eine andere was sagt bzw. umgekehrt.

Keine Zeilenschaltung, wenn dieselbe Person erst etwas tut und dann was sagt bzw. etwas tut, sagt und was neues tut.
Keine Zeilenschaltung, wenn es ein und dieselbe, im Fluß erzählte Szene ist, in der einfach mehrere Personen vorkommen und mal die Handlung einer, dann die einer anderen beschrieben wird (Ausnahme s.o., wenn wörtliche Rede kommt).

Machst du hinter fast jedem einzelnen Satz einen Zeilenumbruch, zerfleddert das nicht nur die Optik, sondern man stellt sich ständig auf eine neue Szene ein, dabei geht die vorige nahtlos weiter.

Zwei Beispiele stellvertretend:

„Du musst mir unbedingt beibringen, wie man das mit dem Ersteigern genau macht“, sagte er und während sie nickte, hatte sie seinen Wunsch schon wieder vergessen.
Aber er ließ nicht locker, erinnerte immer wieder daran und irgendwann stand er vor ihrem Schreibtisch: [kein Umbruch, allerdings auch kein Doppelpunkt, sondern ein Punkt, weil 'stehen' kein Redebegeleitsatz darstellt]
„Du wolltest mir das mit dem Ersteigern doch erklären, hast du jetzt Zeit?“
Klar hätte sie ihm vorflunkern können, just etwas Dringendes erledigen zu müssen. Aber wenn ihr Vater sich einmal in etwas verbissen hatte, hätte es ihr auf Dauer nichts genützt. [kein Umbruch]
Wie damals, wenn sie erst vom Esstisch wieder fortkam, nachdem sie auf seine Fragen zur Fotosynthese der Pflanzen korrekt geantwortet hatte oder als 10-Jährige Zehnjährige zum Unterschied zwischen Kohlenmon?? und -dioxid (Meh! Schreib dich einfach beide Worte aus, die Wiederholung ist da imA nicht schlimm, oder kick das zweite Bsp.). [kein Umbruch]
Sie zeigte ihm das Ersteigern im Internet. Er stellte ein, zwei Fragen, die ihr signalisierten, dass er es verstanden hatte, und danach belagerte er sie nicht mehr.
und
Die Gemäldephase, in der ihr Vater circa sechzig Stücke erstand, erstreckte sich über ein paar Monate. [kein Umbruch]
Dann begann die Steinphase. [kein Umbruch]
Angefangen von kleinen Halbedelsteinen für seine Sammlung, über größere Bergkristalle und Drusen, gipfelte seine Ersteigerungslust in einem medizinballgroßen, irrsinnig schweren Meteoriten aus den USA.

„Was sagst du denn dazu?“, sagte die Mutter,PUNKTDdas kann doch so nicht bleiben!“
„Du hast hier gar nichts zu sagen“, sagte der Vater und es war nicht klar, ob er sie oder seine Ehefrau meinte.
An sich ein toller Austausch, weil er ja schon recht ruppig, grob unhöflich wird.
Diesen Gedanken würde ich rausnehmen, er verwässert den Punch. Der Vater könnte auch antworten, etwas entgegnen oder laut werden. Vor allem mit einem !.
1. Satz: Der erste Teil wörtlicher Rede ist mit einem Fragezeichen vollständig angeschlossen. Dieselbe Figur spricht zwar weiter, aber ja mit einem neuen Satz. Und: fragte die Mutter, weil es ja eine Frage ist.

„Hast du eine Ahnung, was er mit den fünfhundert Taschenlampen will?“
:lol: (Könnest auch 'ne Ahnung' schreiben, ist ja gesprochen.)

„Komm mal mit in den Keller“, forderte die Mutter sie auf, „ich muss dir was zeigen.“
Mit Unbehagen folgte sie ihr die Kellertreppe hinunter, wo sich bis an die Decke Gemüse-, Würstchen- und Keksdosen, Kirschgläser, Nudelpakete, Unmengen von H-Milch-Tüten, Wasser- und Saftflaschen stapelten.
„Das ist ja ein ganzes Warenlager. Seid ihr unter die Prepper gegangen?“
„Keine Ahnung, was das ist, er kauft wie ein Besengter Sonderangebote ein. Und immer in großen Mengen. Hier ist schon kein Platz mehr.“
„Ich dachte, er hat mit dem Kaufen aufgehört“, sagte sie enttäuscht.
„Der? Der ist wie von der Leine gelassen. Der wird damit nie aufhören. Immer, wenn die Prospekte von den Supermärkten kommen, wird mir schon ganz anders.“
„Ich sag der Postbotin Bescheid, dann bekommt ihr keine Werbung mehr.“
Die Mutter schaute skeptisch.
Das mit den Preppern fand ich grandios. Aber mir nimmt der Text hier eine Schleife zu viel. Das Prinzip ist klar, und auch, wenn im realen Leben das alles extreme Verschärfungen werden, sind es als erzählte Geschichte zu viele ähnliche Dinge - ja, das ist auch der Horror, aber mir hier bissl viel. Kriegst du die Prepper und die Lebensmittel woanders zugesellt? Den Taschenlampen?

„Jetzt hat ihn der Zoll am Wickel“, sagte die Mutter schadenfroh.
:lol::rotfl::lol: Lieblinsstelle! Das Erklären sollte raus, klar ist sie schadenfroh. Stell dir nicht selbst ein Bein. ;-)
Hier könnte ich mir auch statt 'die Mutter' nur 'Mutter' vorstellen, das mag aber nicht genrell verwendet werden (ich sag auch zu meiner Mutter "Mutter", und das ist sehr lieb gemeint, nicht als Distanz).

„Jetzt hat ihn der Zoll am Wickel“, sagte die Mutter schadenfroh. [kein Umbruch (?) Es redet doch die Mutter weiter, oder wer sagt das sonst in der Folgezeile?]
„Die sind davon überzeugt, dass er ein Gewerbe betreibt mit den zweitausend Taschenlampen und wollen Zoll von ihm. Geschieht ihm ganz recht.“
„Vielleicht hört er nun auf“, sagte sie und ihre Mutter verdrehte die Augen.
„Vielleicht hört er nun auf.“
Ihre Mutter verdrehte die Augen.

So ging es auch, das wäre auch eine Rechtfertigung für einen Zeilenumbruch, wenn du aufs Auflockern abzielst. (Weil: bissl viel "sagte" im ganzen Text, da gibt es ja viel, das auch nicht so arg auffällig ist: einwerfen, entgegnen, erwidern, einwenden, kontern ....)

Ich finde, das ist insgesamt ein schöner, locker-witziger Text, bei dem einem dennoch das Lachen im Halse steckenbleibt, weil auch das Aussichtslose, der Zusammenbruch der Kommunikation (unbeabsichtigt durch den Vater) und damit letztlich das Auseinanderbrechen der Familienstruktur sehr deutlich wird. Schöne Balance zwischen Härte, Ernst und dann wieder Witz, genau an den richtigen Stellen mit der imA richtigen Gewichtung. Und wie gesagt: Versuchs ruhig mal als Drehbuch ...

Alles, alles Liebe, dir einen schönen Abend bzw. eine schöne Vorweihnachtszeit,
Katla

P.S. Selbstverständlich braucht man auch Meteroiten, wenn man Steine sammelt! :naughty: Das wird ja auch alles zusammen auf Edelsteinmessen angeboten: Edelsteine, Halbedelsteine, Fossilien, Meteoriten ... :sealed:

 

Liebe @Katla,

lieben Dank für dein ausführliches Feedback, deine Kritik, deine Vorschläge für Zukünftiges und zur Verbesserung des Textes.
Ich habe mich darüber sehr gefreut und mich auch schon an die Verbesserungen gemacht.

Obwohl ich fast Geschichten umso lieber habe, je weniger Dialoge vorkommen, würde ich hier fast raten: hast dus mal als Bühnenstück formatiert? All die Gedanken dazwischen raus? Nur ein paar Gesten lassen?
Und ich bin die absolute Anhängerin des gesprochenen Wortes, um der Lebendigkeit wegen und weil Menschen diejenigen sind, die eine Handlung vorantragen und überhaupt tragen.
Als Bühnenstück? Das traust du mir zu? Ich habe so etwas noch nie gemacht, was natürlich nicht heißt, es einmal zu wagen. Gibt immer ein erstes Mal. Aber ganz ehrlich geantwortet, würde ich jetzt eher nein dazu sagen, weil ich keine Möglichkeit sehe, so ein Bühnenstück dann unterzubringen. Aber danke für die Ehre, es mir zuzutrauen.
Ich denke, da würde noch mehr Pepp reinkommen, vielleicht kennst du noch hornis *Glück such*, eine meiner all time Favs hier im Forum.
Hornis Geschichte gehört auch zu meinen ewigen Favoriten hier! Unbedingt!

Ab & zu nämlich bremsen für meinen Geschmack die Anmerkungen und Handlunsgbeschreibungen die Geschichte mehr aus, als dass sie ihr zuträglich sind.
Mit dieser Anmerkung bist du nicht allein, sie kam meiner Erinnerung nach auch von @jimmysalaryman. Vermutlich kann ich ein drei Monaten oder länger mich von einigen Anmerkungen und Handlungsbeschreibungen lösen.
Meine Intention ist aber nicht, dass ich nach absoluter Verkürzung und Verknappung einer Geschichte strebe, sondern sie soll lesbar sein. Manchmal denke ich, mein Schreibstil hat sich im Laufe der Jahre immer mehr (oder immer schon) zu denjenigen Lesern hin entwickelt, die klare durchgängig erzählte Geschichten mögen. Ich merke bei mir selbst, dass ich nicht gern bereit bin, bei Geschichten oder Romanen eine Art Hindernislauf anzutreten in Form des Rätselratens, was da grad geschieht.
Ich weiß, es gibt etliche Kritiker hier, die bei derartigen Geschichten geradezu Freude und Elan entwickeln können, aber ich möchte gern unkompliziert unterhalten werden mit einer Geschichte und das möchte ich auch dem Leser anbieten.
Deswegen sind einige der Anmerkungen auch nur deswegen im Text, damit er besser verständlich und schneller zugänglich ist. Irgendwie eine Gratwanderung.

ich hege auch gewisse ... Sammel-Leidenschaften
gewisse? Das klingt etwas schräg, aber schön, dass ich dich mit dieser Sammelleidenschaft des alten Herrn habe einfangen können. Ich kenne das aber auch bei mir, dass ich mich ungern, wenn mir etwas gefällt, auf nur ein einziges Soloteil beschränken mag.
Es ist aber tatsächlich so, dass mit zunehmendem Alter mir immer klarer wird, wie wenig Wert die Dinge ansich haben. Ein gutes Gespräch mit Freunden, Bekannten wiegt stundenlanges Sortieren von Sammlungen, was auch immer es dann ist, bei weitem auf.
Ich bin schon seit einigen Jahren dabei, mich von vielen Gegenständen zu trennen und spüre, dass es mir kaum etwas ausmacht, wenn sie weg sind.

: Ich fand vor allem die Dialoge sehr knackig, hab auch mehrmals laut gelacht (der Zoll!).
Danke für das Lob. Das tut richtig fett gut

Du hast sehr viele falsche Zeilenumbrüche drin (nämlich auch viel zu viele), das liest sich nicht nur schwer, sondern hat mich ziemlich ins Schleudern geraten lassen, wer nun was sagt und ob es eine ganz neue Szene ankündigt.
Daran hab ich gearbeitet und es verbessert, so hoffe ich.
Dahinter steht ein wenig zu meiner Entschuldigung, dass ich es hasse, wenn Texte unaufgelockert en bloc da stehen und man sich furchtbar konzentrieren muss, an welcher Stelle man grad ist. Aber ich sehe sofort ein, dass ich von all meinen Auflockerungen einige zurücknehmen musste.
An sich ein toller Austausch, weil er ja schon recht ruppig, grob unhöflich wird.
Diesen Gedanken würde ich rausnehmen, er verwässert den Punch. Der Vater könnte auch antworten, etwas entgegnen oder laut werden. Vor allem mit einem !.
Ah, von diesem Satz mag ich mich (noch) nicht trennen.
(Könnest auch 'ne Ahnung' schreiben, ist ja gesprochen.)
geändert
Das mit den Preppern fand ich grandios. Aber mir nimmt der Text hier eine Schleife zu viel. Das Prinzip ist klar, und auch, wenn im realen Leben das alles extreme Verschärfungen werden, sind es als erzählte Geschichte zu viele ähnliche Dinge - ja, das ist auch der Horror, aber mir hier bissl viel. Kriegst du die Prepper und die Lebensmittel woanders zugesellt? Den Taschenlampen?
Die Frage, nach der Anzahl der Schleifen ist ja auch schon anfänglich angesprochen worden von einigen Kritikern und ich kann da auch kaum etwas anpassen, was allen gerecht werden würde. Die einen wollen mehr Eskalation, also noch eins drauf, die nächsten wünschen sich weniger, aber dafür den Rest intensiver.
Lieblinsstelle! Das Erklären sollte raus, klar ist sie schadenfroh. Stell dir nicht selbst ein Bein. ;-)
Hier könnte ich mir auch statt 'die Mutter' nur 'Mutter' vorstellen, das mag aber nicht genrell verwendet werden (ich sag auch zu meiner Mutter "Mutter", und das ist sehr lieb gemeint, nicht als Distanz).
Hab ich geändert.
Ich finde, das ist insgesamt ein schöner, locker-witziger Text, bei dem einem dennoch das Lachen im Halse steckenbleibt, weil auch das Aussichtslose, der Zusammenbruch der Kommunikation (unbeabsichtigt durch den Vater) und damit letztlich das Auseinanderbrechen der Familienstruktur sehr deutlich wird.
Wunderbares Resümee, denn das wollte ich erreichen, dass man einerseits lachen kann, aber gleichzeitig auch merkt, welche Tragik dahinter lauert.
Schöne Balance zwischen Härte, Ernst und dann wieder Witz, genau an den richtigen Stellen mit der imA richtigen Gewichtung.
Wow, danke!
Und wie gesagt: Versuchs ruhig mal als Drehbuch ...
Weißt ja, meine Ausflüchte stehen weiter oben.
Alles, alles Liebe, dir einen schönen Abend bzw. eine schöne Vorweihnachtszeit,
Katla
Dankeschön und das wünsche ich dir auch herzlich!
P.S. Selbstverständlich braucht man auch Meteroiten, wenn man Steine sammelt! :naughty: Das wird ja auch alles zusammen auf Edelsteinmessen angeboten: Edelsteine, Halbedelsteine, Fossilien, Meteoriten ... :sealed:
Ich denke auch, dass Steine Steine sind und sie nicht ausschließlich nur von der Erde stammen müssen. So ein Meteorit, aber das nur am Rande, ist übrigens leider ziemlich langweilig, was sein Aussehen anbelangt. Grauschwarz und eher so ein Aussehen wie all die Steine, die man am Straßenrand liegen lassen würde. Aussergewöhnlich ist sein hohes spezifisches Gewicht und natürlich die Faszination, dass er nicht von hier ist.


Lieben Gruß

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen @lakita,

„Ich darf das“, ziemlich provokant für eine Oniomani, doch es weckt auch Interesse, was hinter diesem Titel steckt. Mir hat deine Geschichte hervorragend gefallen. Getreu dem Sprichwort, schlimmer geht immer, hast du humorvoll und gekonnt die Auswirkungen einer Kaufsucht beschrieben. Mir ist nicht einmal, langweilig geworden. Erst später habe ich darüber nachgedacht, wie schrecklich es für die Frau und die Tochter sein muss und mich nach den Gründen gefragt, warum ein 87-jähriger Kaufsüchtig wird. In deiner Geschichte geht es nicht um die Ursachen oder die Heilung, was es bei einer Suchterkrankung nicht gibt.
Als Leser überlegte ich, einer der Gründe könnte Depression sein oder Narzissmus … was ich damit sagen möchte. Deine Geschichte regt zum Nachdenken an, und das ist positiv.
Was mir auch gut gefällt, ist, dass du einen Mann als Protagonist gewählt hast, obwohl es prozentual mehr Frauen gibt, die diese Zwangserkrankung entwickeln.
Auf die nichtstofflichen Abhängigkeiten bei älteren Menschen wird viel zu wenig hingewiesen, scheint ein Tabuthema zu sein.

Er stellte ein, zwei Fragen, die ihr signalisierten, dass er es verstanden hatte, und danach belagerte er sie nicht mehr.
Ich habe mich gefragt, warum du belagerte geschrieben hast und nicht belästigte. Belagern, hört sich für mich so nach einziehen, hierbleiben, mein Lager aufschlagen an, aber vielleicht war das deine Absicht.
(Kann mir aber nicht vorstellen, dass dieser despotische Patriarch das lange mitmachen würde)
Er war längst in dem Alter, in welchem man sich von etlichem unnützen Kram trennte, aufräumte, verschenkte, wegwarf, begriff, wie überflüssig Vieles war.
Kann gut mitfühlen. :)
Klar hätte sie ihm vorflunkern können, just etwas Dringendes erledigen zu müssen. Aber wenn ihr Vater sich einmal in etwas verbissen hatte, hätte es ihr auf Dauer nichts genützt.
Ein kurzer Gedankenblitz der Freiheit und schon wird sie von der Realität eingeholt.
Die will ich nicht. Die stand ständig unter Strom, die reinste Verschwendung.“
Typisch, da gibt man hunderte von Euros für unnützes Zeug aus und bei ein paar Cent Strom will man sparen.:crying:
„Was du hier veranstaltest, das ist nicht mehr normal“, sagte die Mutter.
„Was soll das? Du stänkerst schon wieder herum! Ich will nicht, dass du so über mich redest!“
„Schau dir das an! Da ist nur noch Platz für den Hocker. So weit ist es hier schon gekommen.“ Der Anblick des vollgestellten Zimmers verblüffte sie. Da mussten deutlich mehr Pakete angeliefert worden sein, als sie im Laufe der letzten Monate mitbekommen hatte.
„Was sagst du denn dazu?“, sagte die Mutter, „Das kann doch so nicht bleiben!“
„Du hast hier gar nichts zu sagen!“, sagte der Vater und es war nicht klar, ob er sie oder seine Ehefrau meinte.
So schön zweideutig und auch ganz klar. Es ist schon erstaunlich, wie viel Familienangehörige, Co-abhängige, weiter erdulden, bevor sie ausbrechen oder auch weiter erdulden. Finde das klasse geschrieben.
„Ich gucke Fernsehen. Ich will nicht gestört werden! Und ich möchte nicht, dass ihr über mich redet!“
Hier lese ich das zwanghafte, seinen Status zu verteidigen.
Und was?“, fragte sie, „wie soll ich ihm das denn verbieten? Er hört doch auf niemanden.“
Stimmt, sowas von!

„Fünfhundert?“, lachte ihre Mutter bitter. „Es sind zweitausend. Die will er alle umrüsten und verschenken. Schau dir das Chaos hier an.“
Mit offenen Augen … leiden Sie weiter.
Am Ende haben sie alle ein paar (mehr) genommen und über ihn gegrinst.
Würde ich streichen.
Entgeistert schaute sie ihn an.
„Ihr beide trinkt doch gar keinen Wein.“
„Wenn ich dich mal ausnahmsweise um etwas bitte, dann hast du nicht mit mir darüber zu diskutieren.“
Mir würde erstaunt besser gefallen, ist sicher Geschmackssache. Ent-geistert, lese ich als Auflösung.
Sie stieg aus und musste sich am Wagen festhalten. Vor ihr standen acht Einkaufswagen je bis zur Kante mit Glühweinflaschen gefüllt.
Süchtig aus und musste sich an der Autotür festhalten. Ist für mich deutlicher.
„Du willst dann fahren? Du hast doch im Frühjahr deinen Führerschein abgegeben.“
„Na und?“, trotzig zog er die Achseln hoch, „das Autofahren verlernt man nicht.“
Und so war es.
Klasse Schluss.
Vielleicht bestellt er als Nächstes eine Jacht und macht den Captain Führerschein oder ein Tiertransporter mit Hängebauchschwein wird entladen …, auch hier lässt du dem Leser jede Freiheit sich auszumalen, wie es weitergeht und das ist schön so.

Vielleicht gefällt dir ein Gedanke von mir.

Ich wünsche dir noch eine wunderschöne Adventszeit und danke dir für deine Geschichte.
Liebe Grüße CoK

 

Liebe @CoK ,

ich danke dir ganz herzlich für dein interessantes Feedback. Ich glaube, ich liege da richtig, dass du eine Menge Ahnung mit älteren Leutchen hast? Mir kommt es so vor, dass du recht konkrete Dinge schon selbst erlebt hast und somit aus Erfahrung schreibst.

Oniomani,
Das Wort kannte ich noch gar nicht. Hab es dann sofort nachgeschlagen und siehe da: Kaufsucht. Wieder was dazu gelernt.
Mir hat deine Geschichte hervorragend gefallen. Getreu dem Sprichwort, schlimmer geht immer, hast du humorvoll und gekonnt die Auswirkungen einer Kaufsucht beschrieben. Mir ist nicht einmal, langweilig geworden.
Ganz lieben Dank für dein Lob.
Erst später habe ich darüber nachgedacht, wie schrecklich es für die Frau und die Tochter sein muss und mich nach den Gründen gefragt, warum ein 87-jähriger Kaufsüchtig wird.
So hab ich es mir auch gedacht. Vordergründig eine lustige Geschichte, aber hintergründig dann doch Material zum Hängenbleiben und Nachdenken, wenn man möchte.
In deiner Geschichte geht es nicht um die Ursachen oder die Heilung, was es bei einer Suchterkrankung nicht gibt.
Stimmt. Ich habe diesen Part komplett ausgelassen, weil ich einfach viel viel zu wenig weiß. Da hätte ich mich nur aufs Glatteis begeben.
Als Leser überlegte ich, einer der Gründe könnte Depression sein oder Narzissmus … was ich damit sagen möchte. Deine Geschichte regt zum Nachdenken an, und das ist positiv.
Oder eine Manische Depression? Ich weiß es ehrlich nicht.
Was mir auch gut gefällt, ist, dass du einen Mann als Protagonist gewählt hast, obwohl es prozentual mehr Frauen gibt, die diese Zwangserkrankung entwickeln.
Oh, das wusste ich nicht. Aber als besondere Leistung, einen Mann gewählt zu haben, sehe ich es nicht, denn mein Vorbild war eben ein Mann. Wär es eine Frau gewesen, hätte ich sie genommen.
Ich habe mich gefragt, warum du belagerte geschrieben hast und nicht belästigte. Belagern, hört sich für mich so nach einziehen, hierbleiben, mein Lager aufschlagen an, aber vielleicht war das deine Absicht.
(Kann mir aber nicht vorstellen, dass dieser despotische Patriarch das lange mitmachen würde)
Guter Gedanke. Aber ich möchte mich von dem Wort "belagern" nicht trennen, weil ich finde, belagern sagt etwas mehr als belästigen. Belästigen kann alles sein, ist eigentlich kein sauberer Begriff, weil es so unendlich viele Möglichkeiten gibt, zu belästigen.
Aber belagern ist schon etwas festgelegter, hat dieses Moment des Beharrlichen ist da drin. Für mich ist der Begriff ein kleines Stückchen näher dran.
Typisch, da gibt man hunderte von Euros für unnützes Zeug aus und bei ein paar Cent Strom will man sparen.:crying:
Oh ja. Richtig gesehen.
So schön zweideutig und auch ganz klar. Es ist schon erstaunlich, wie viel Familienangehörige, Co-abhängige, weiter erdulden, bevor sie ausbrechen oder auch weiter erdulden. Finde das klasse geschrieben.
Dankeschön. Diese Ausweglosigkeit ist mir auch wichtig gewesen.
Ich habe da auch stets den Blick aus juristischer Sicht dabei gehabt. Was kann man gegen einen Menschen tun, der offensichtlich kaufsüchtig ist? Er ist ja voll geschäftsfähig. Er darf folglich machen, was er will.
Meine Geschichte sollte so angelegt sein, dass dieser Alte nicht arm dabei wird. Er hat das nötige Geld, um sich all den Kram zuzulegen. Er schädigt sich also nicht selbst, indem er z.B. die Miete nicht mehr zahlen kann, nichts mehr zu essen hat, verwahrlost sozusagen. Das ist in meiner Geschichte nicht der Fall.
Was macht man also mit so einem?
Es gäbe die Betreuung, also die juristische Einrichtung der Betreuung (im Volksmund immer noch unter dem Begriff "Entmündigung"). Und man könnte ja nur eine Betreuung in rein finanziellen Angelegenheiten einrichten lassen bei Gericht.
Aber so ein Gericht wird sich nicht auf den Augenschein verlassen und selbst entscheiden, sondern einen Psychologen auffordern, sich den alten Herrn anzuschauen und zu ermitteln, wie sehr es eine Erkrankung ist.
Und zu welchem Ergebnis wird dieser Psychologe wohl gelangen? Sehr wahrscheinlich zu einem, in welchem er sagt: "Ja, da ist etwas schon auffällig im Verhalten des Mannes, ABER es reicht nicht, um ihn unter Betreuung zu stellen, denn im Grunde genommen weiß er ja, was er tut. Und mit seinem Geld darf er schließlich selbst machen, was er möchte und sich selbst schädigen tut er ja nicht. Bis auf die Kleinigkeit, dass er dann weniger Geld hat, aber das ist keine Selbstschädigung per se."
Und der Rest der Familie ist dann wieder auf Anfang, um es mal spielerisch auszudrücken.
Das ist die Crux bei solch einem Verhalten. Alle drumherum leiden, der eigentliche Täter eher nicht.

Hier lese ich das zwanghafte, seinen Status zu verteidigen.
Genau.
Stimmt, sowas von!
Danke.
Würde ich streichen.
Hab ich getan. Danke.

Mir würde erstaunt besser gefallen, ist sicher Geschmackssache. Ent-geistert, lese ich als Auflösung.
Hier wollte ich etwas Drama reinbringen, deswegen ist erstaunt nicht wuchtig genug.
Süchtig aus und musste sich an der Autotür festhalten. Ist für mich deutlicher.
Hab ich gern in "Autotür festhalten" geändert. Danke.
Vielleicht bestellt er als Nächstes eine Jacht und macht den Captain Führerschein oder ein Tiertransporter mit Hängebauchschwein wird entladen …, auch hier lässt du dem Leser jede Freiheit sich auszumalen, wie es weitergeht und das ist schön so.
Herrliche Ideen hast du. Mich freut sehr, dass du solche Ideen dazu entwickelst. Ja, jeder Leser darf gerne weitere Vorgänge sich ausdenken. Wenn ich dazu anzuregen vermag, bin ich richtig stolz.
Vielleicht gefällt dir ein Gedanke von mir.
Oh ja, der mit den Hängebauchschweinen, die dann vielleicht vorübergehend im Garten grunzen und von dem Alten mühsam an Kinderzoos verschenkt werden müssen, damit sie da wegkommen. Jetzt sitze ich hier und grinse. Dankeschön dafür.
Ich wünsche dir noch eine wunderschöne Adventszeit und danke dir für deine Geschichte.
Die wünsche ich dir auch herzlichst, liebe Cok.

Lieben Gruß

lakita

 

Liebe @lakita,

weil ich deinen Text so gut finde und weil mir die Suchtproblematik am Herzen liegt,
noch ein Gedanke von mir.

Alle drumherum leiden, der eigentliche Täter eher nicht.
Ich bin davon überzeugt, dass er leidet. Kaufsucht ist eine Zwangserkrankung, kaufen zu müssen und dabei zusehen, wie das Umfeld darunter leidet.(Auch wenn er ein Narzisst ist, was ich ihm jetzt unterstelle, liebt er seine Tochter und hat zumindest ein Gefühl für seine Frau.) Ich vermute auch, dass er realisiert wie unrealistisch seine Einkäufe sind und wie seine Umgebung darauf reagiert.
Ich habe einen Freund, der sein Leben lang gespielt hat, seine Familie verspielt, sein Geschäft … er hat jetzt Krebs und wird seine letzten Monate weiterspielen. Es ist sein Recht, sein Leben …
Eine Bekannte hat ihr Haus verkauft … alles, was sie und ihr Mann(er ist im vergangenen Jahr gestorben), aufgebaut haben, wird sie verspielen, wenn sie nicht vorher zu ihrem persönlichen Tiefpunkt findet.
Ich glaube, ich habe hier im Forum gelesen, dass es für viele Dinge einen Führerschein bräuchte …, für mich wäre der wichtigste Führerschein, wenn man Kindern schon beibringen würde, wie sie mit negativen Gefühlen umgehen …

Entschuldige, dass ich so viel dazu geschrieben habe.
Herzlichst CoK

 

Liebe @CoK ,

danke für deine Worte.

weil ich deinen Text so gut finde und weil mir die Suchtproblematik am Herzen liegt,
noch ein Gedanke von mir.
Sehr gern!
Ich bin davon überzeugt, dass er leidet. Kaufsucht ist eine Zwangserkrankung, kaufen zu müssen und dabei zusehen, wie das Umfeld darunter leidet.
Das vermute ich auch und im Grunde genommen ist so ein Text wie meiner, insoweit höchst einseitig, weil er nur diejenige Seite der Leute drumherum beleuchtet, nicht das, was der eigentliche "Täter", besser gesagt "Erkrankte" dabei fühlt.
Vielleicht ist das auch noch irgendwann mal eine Idee, genau darüber zu schreiben.

Man vergisst immer leicht, dass eine Erkrankung auch damit einhergeht, dass derjenige bis zu einem gewissen Grad gar nichts für sein Tun kann, also die Verantwortung für das eigene Handeln verschoben ist, wenn auch nicht gänzlich beseitigt.
Der Grat zwischen eigener Erkenntnis, dass man im Korsett von Zwangshandlungen gefangen ist und dem Entschluss, dagegen etwas zu unternehmen, ist sehr schmal.

Ich vermute auch, dass er realisiert wie unrealistisch seine Einkäufe sind und wie seine Umgebung darauf reagiert.
Stimmt.
Ich glaube, ich habe hier im Forum gelesen, dass es für viele Dinge einen Führerschein bräuchte …, für mich wäre der wichtigste Führerschein, wenn man Kindern schon beibringen würde, wie sie mit negativen Gefühlen umgehen …
Wie wahr! Das unterschreib ich sofort, liebe Cok!
Entschuldige, dass ich so viel dazu geschrieben habe.
Nix da, dein Beitrag ist total wichtig und ich danke dir herzlich dafür!

Habe du auch eine entspannte Adventszeit!

Lieben Gruß

lakita

 

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