Was ist neu

Glück ist nicht kornblumenblau

Seniors
Beitritt
11.07.2008
Beiträge
709
Zuletzt bearbeitet:

Glück ist nicht kornblumenblau

Wo hat er wohl das Stückchen Kreide her? Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße? Viel ist von der Schule und der Himmlerstraße nicht mehr übrig.
Blau ist die Kreide. Kornblumenblau. Das sieht auf den rußschwarzen Wänden sicher schön aus. Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner. Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.
Auf Dreck lässt es sich schlecht schreiben. Mit fahriger Hand wischt er die Reste der Mauer sauber, so gut er kann. Den Ärmel seines abgenutzten Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien. Den Ärmel, in dem kein Arm mehr steckt. Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist. Seine Kameraden versuchten ihn aufzuheitern, als er mit vereitertem Verband in den Lazarettzug verladen wurde. Für ihn war der Krieg vorbei und er käme wenigstens lebendig nach Hause. Die Gedanken an seine Frau und seine Kinder ersetzten das knappe Morphium, dass der Feldarzt nur den „schlimmen“ Fällen geben konnte.
Menschenskinder, hast du ein Schwein, hatte der Sani gesagt.
Unschlüssig dreht er das Stückchen Kreide in der Hand. Kornblumenblau ist eine schöne Farbe.
In Kiew, am Dnepr, in Charkow hatte er mit Kreide an Wände geschrieben. Weiße Kreide. Die Häuser, die am wenigsten beschädigt waren, sollte er für die Offiziere markieren. Er hatte in Ställen geschlafen, um ihn herum der Geruch von verbrannten Häusern und verbrannten Fahrzeugen.
Für dich ist die ganze Scheiße doch jetzt vorbei und du kommst wieder heim, hatte der Gruppenführer gesagt.
Die Luft riecht auch jetzt nach Rauch. Aber nicht wie das verbrannte Holz auf dem Köhlerfest im Herbst. Oder das Osterfeuer im Frühling. Es riecht wie in Kiew, wie am Dnepr, wie in Charkow.
Unterschwellig kann er duftend geschmortes Fleisch riechen. Es erinnert ihn an Braten am Sonntag. Einmal im Monat. Teuer war es geworden, das Fleisch. Man musste immer schon ganz früh auf den Beinen sein und anstehen, wenn man überhaupt noch ein kleines Stück ergattern wollte.
Seine Kameraden und er waren jedes Mal vor Freude ganz wild gewesen, wenn sie eine altersschwache Kuh oder ein dürres, lahmendes Pferd fanden, dass ein Bauer auf der Flucht vor den Panzern nicht mitnehmen konnte. Das bedeutete am Abend ein oder zwei zähe, graue Fleischbrocken in ihrer dünnen Brühe.
Und trotzdem weiß er, dass er nie wieder Fleisch essen wird. Der Geruch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken.
Freu dich auf deine Familie und dein Zuhause, hatte der Kompaniechef gesagt.
Er hatte es nicht mehr in sein Zuhause geschafft, als der Luftalarm losging und die Bomber kamen. Im Soldatenheim war er gestern Abend gewesen. Auf ein Bier und eine Partie Doppelkopf mit den anderen, die wie er mit leeren Ärmeln, leeren Hosenbeinen und einem Stück Blech an der Brust nach Hause gekommen waren. Mit den anderen, die wie er Glück gehabt hatten.
Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.
Mit zitternder Hand fängt er an zu schreiben:
„Ich suche Frau Hedwig Paulsen (31), Elisabeth Paulsen (7) und Josef Paulsen (3) – wohnhaft in diesem Haus – zuletzt gesehen am Abend des 28.Juli – es sucht Fritz Paulsen, Notunterkunft im Reichsbahngebäude, Kavalleriestraße 9“.
Tränen laufen seine Wangen herunter und hinterlassen saubere Schlieren in einem schmutzigen Gesicht. Bestimmt nur der Staub, der in den Augen brennt.
Er hört neben sich eine Stimme. Eine Nachbarin, die ein paar Häuser weiter wohnt. Ob sie wohl auch das Stückchen Kreide haben könnte? Sie sucht Johanna Klaas, ihre Mutter, und den kleinen Dieter, ihren Sohn. Ob er sie vielleicht gesehen hat? Oder wenigsten einen von beiden? Stumm reicht er ihr die kornblumenblaue Kreide und sieht ihr nach, wie sie mit hängenden Schultern zu den Trümmern ihres Hauses geht.

 

Hi Willi!

Auch dir vielen Dank für deine Anmerkungen und Kommentare. Freut mich, dass dir die Farbanspielungen gefallen haben und ich dir die Szenerie bildlich vor Augen führen konnte.

Was die einzelnen Fragen betrifft:
-ich denke schon, dass (knappes) Morphium tatsächlich nicht an alle Patienten ausgegeben werden konnte
- die Kreidemarkierungen dienten dazu, den jeweiligen Offizieren ein entsprechend standesgemäßes und dienstgradgerechtes Quartier zuzuweisen. Die beste Bude kriegte regelmäßig der Kommandeur und sein Stab, und dann gings die Hühnerleiter runter. Tja, und für das Kanonenfutter blieben halt nur noch Scheunen und Ställe, wenn sie Glück hatten
- das Fleisch, genauer gesagt der Geruch von gekochtem Fleisch, wird ihn an den Geruch von verbrannten Menschen erinnern (beschriebenes Bombentrauma von städtischer Zivilbevölkerung).

Viele liebe Grüße schickt der EISENMANN

 

Lieber Eisenmann,

hat da noch jemand Zweifel, dass du schreiben kannst?

Ich nicht. Das hat mir schon deine erste Version gezeigt. Nun sind noch einmal neue Bilder dazugekommen, die das Schicksal der Frontsoldaten verdeutlichen.

Besonders gut finde ich das doppelte Kreide-Motiv. Es steigert die Intensität des Vorgangs:
Suche nach Wohnräumen für Soldaten, die ihrerseits Wohnräume vernichten. Und dann wieder Soldaten, die in von anderen Soldaten vernichteten Wohnräumen nach Menschen suchen. Die Absurdität des Krieges. Bilder aus Aleppo belegen diesen Wahnsinn.

Gut gelöst hast du jetzt die Ambivalenz des "Bratendufts". Der stand einmal als Synonym für sonntäglichen Frieden.

Sehr überzeugend!

Herzlichst
wieselmaus

 

wieselmaus

Hallo liebe wieselmaus!

Vielen lieben Dank für deinen netten Kommentar und das Feedback:).
Das freut mich sehr, dass dir die Geschichte auch in ihrer neuen Version gefallen hat und du sie überzeugend fandest. Natürlich ist das kein heiteres Thema, aber leider immer noch ein aktuelles. Du hast ja als Beispiel schon Aleppo genannt.

Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende wünscht dir der EISENMANN

 

Hallo Eisenmann,


ich habe deine Geschichte nochmals gelesen - keine Ahnung, ob sie tatsächlich gewonnen hat. Ich glaube, viel hast du nicht verändert. Und ich glaube, das ist auch gut so.
Ich habe sie jedenfalls sehr gerne gelesen! Später mehr dazu ...

Ein paar Überlegungen zum Text:

Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner. Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.
Ich habe mir ziemlich den Kopf über diesen Satz zerbrochen, denn ich kann mich mit der freundlichen Angst einfach nicht anfreunden - so sehr ich mich auch bemühe. Allerdings tue ich mich mit einem Vorschlag sehr schwer. Vielleicht: greifbarer, milder ... Ich weiß es nicht.

Die Gedanken an seine Frau und seine Kinder ersetzten das knappe Morphium, dass der Feldarzt nur den „schlimmen“ Fällen geben konnte. Menschenskinder, hast du ein Schwein., hatte der Sani gesagt.
Würde ich streichen, auch die Anführungszeichen - eher kursiv schreiben.
Da hat sich ein Punkt reingemogelt.

Für dich ist die ganze Scheiße doch jetzt vorbei und du kommst wieder nach Hause., hatte der Gruppenführer gesagt.
Die Luft riecht auch jetzt nach Rauch. Es riecht nicht nach verbranntem Holz [wie] auf dem Köhlerfest im Herbst. Oder nach Osterfeuer im Frühling.
Du kannst das schon so lassen, klar. [wie] müsste aber rein, sonst geht das so nicht. Und wieder ein Punkt zuviel.
Trotzdem - mal ganz spontan -, nur so zum Überdenken:
Für dich ist die ganze Scheiße doch jetzt vorbei und du kommst wieder heim, hatte der Gruppenführer gesagt.
Die Luft riecht auch jetzt nach Rauch. Nicht wie auf dem Köhlerfest im Herbst. Oder nach Osterfeuer im Frühling.

Und trotzdem weiß er, dass er nie wieder Fleisch essen wird. Er wird es nicht mehr können. Der Geruch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken.
Könnte weg, finde ich. Dann wirkt der letzte Satz noch stärker auf mich.

Er hatte es nicht mehr in sein Zuhause geschafft, als der Luftalarm losging und die Bomber kamen.
Da stimmt was wegen der Gleichzeitigkeit nicht.

Auf ein Bier und eine Partie Doppelkopf mit den anderen, die wie er mit leeren Ärmeln, leeren Hosenbeinen und einem Stückchen Blech an der Brust nach Hause gekommen waren.
Das würde ich auf die Kreide reservieren.

Bestimmt nur der Staub, der in den Augen brennt.
Ich hab' so die Ahnung, dass du dich davon nicht trennen möchtest. Ich würde den Satz streichen :). Ich glaube, er ist sich selbst schon sehr bewusst über die Tränen, die fließen.

Eine Nachbarin, die ein paar Häuser weiter wohnt.
Könntest du auch noch mal überdenken: Nachbarn wohnen immer nur ein paar Häuser weiter.


Deine Geschichte, vor allem aber deine Reaktion auf einige Kommentare haben mich nachdenklich gemacht.
Auch ich gehörte zu den Lesern, die dir einen Schnellschuss unterstellt haben.
Ich frage mich aber, wie deine Geschichte auf mich gewirkt hätte, hättest du sie nicht einen Tag nach Challenge-Ankündigung gepostet. Und wie ich sie aufgefasst hätte, wenn mir der Autor unbekannt geblieben wäre - deshalb auch meine Frage im Forum, ob es nicht möglich sei, die Autoren auch bei der Challenge maskiert zu lassen. Erwartungshaltung und so. Man brachte dich auch mit dem Horrorgenre in Verbindung und hat vereinzelte Passagen deswegen mokiert, wenn ich mich recht entsinne.

Letztendlich entlarve ich mich und unterstelle mir selbst, einen Schnellschuss abgefeuert zu haben, denn - jetzt mit etwas Abstand gesehen - die Geschichte passt schon genau so, wie du sie vorgestellt hast. Da muss man nicht mehr erzählen, du erzählst schon ausreichend, um mir den Wahnsinn und die Tragödie vom Krieg glaubhaft darzubieten. Ich verstehe deine Intention. Und du hast das sehr gut gemacht.


Vielen Dank fürs Hochladen!


hell

 
Zuletzt bearbeitet:

Aus Zeitgründen nur kurz und als Ergänzung zu meinem ersten Komm:
Nix verschlimmbessert. Von wegen. Die Zutaten haben gut getan. Schöner Text in meinen Augen, den ich sehr sehr mag.

 

Hallo Eisenmann,
museal wirkte der Text auf mich damals beim ersten Lesen. Jetzt tut er das nicht mehr. Ich kann nicht genau erklären, wie du das geschafft hast, finde es aber gut, dass es geklappt hat und kann mich Novak nur anschließen: "Nix verschlimmbessert", sondern im Gegenteil viel optimiert!
Schönen Advent,
Bjoern

 

hell

Hallo hell!

Erstmal vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deine konstruktiven Anmerkungen. Ich finde es sehr erfrischend, neue Inputs und Anregungen zu bekommen - man selbst ist ja meistens zwangsläufig oft betriebsblind und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.:)

Deine sprachlichen und inhaltlichen Anmerkungen haben mir sehr gut gefallen und werde gerne einiges davon umsetzen.
Besonders gefreut haben mich zwei Aspekte deines Kommentars - erstens die Idee mit dem Maskenball, den man mit der Challange koppeln könnte/sollte, weil ich aus diesem Kommentar irgendwie herauslese, dass zumindest du ein wenig über den Umstand überrascht warst, dass die Geschichte ausgerechnet vom Horror-Eisenmann stammt!;)
Und zweitens freut es mich sehr, dass dir die Geschichte doch nicht (mehr) wie ein Schnellschuss vorkommt. Das freut mich sehr und dafür danke ich dir!

Viele Grüße vom EISENMANN
---------------------------------------------- Novak

Huhu Novak!

Vielen Dank für deinen lieben Kommentar und das Lob. Prima, dass meine "Verbesserungen" nicht nach hinten losgegangen sind!:) Da war ich mir wie gesagt echt nicht sicher, wie sich das entwickeln würde.
Und es freut mich sehr, dass du die Geschichte magst.:)

Viele Grüße und einen schönen Sonntag wünscht dir der EISENMANN
------------------------------------- Björn

Hey Björn!

Vielen Dank dafür, dass du dir die Mühe gemacht hast, die Geschichte nochmal zu lesen. Da freut es mich umso mehr, dass sie dir jetzt im Vergleich zur ersten Version besser gefällt. Schließlich waren deine Anmerkungen bzgl. Borchert und altbekanntem Oberstufenkram ja durchaus berechtigt.
Und insofern bin ich da ziemlich erleichtert, dass die Optimierung, obgleich relativ gering, dennoch was gebracht hat.

Dir auch einen schönen ersten Advent,
EISENMANN

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Eisenmann,

über die Kürze deiner Geschichte zur Challenge habe ich mich gefreut.,:D Vor allem, weil ich da mal üben kann, wie wesentlich bei einer (tatsächlichen) Kurzgeschichte jedes einzelne Wort ist, sein kann.

Wo hat er wohl das Stückchen Kreide her? Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße? Viel ist von der Schule und der Himmlerstraße nicht mehr übrig.

Und ich frage mich umgehend: wer will das wissen? Wer ist der Beobachter? Seltsam, dass mich das vor allem interessierte. :hmm:

Blau ist die Kreide.

Ok, dann setze ich mich spontan mit meinen Assoziationen zur Farbe auseinander: blau ist die Ferne, männlich, auch ein bisschen die Treue und Mut, aber auch kühl und distanziert und einzweidrei erscheinen mir Charaktereigenschaften.

Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.

Das passt dann aber leider nicht dazu. Freundlichpasst für mein Empfinden nicht und auf das starke Gefühl einer Angst wirkt sie mit Sicherheit eher nicht positiv. Aber das wäre ohnehin Zuviel verlangt. Ich finde den Satz so oder so befremdlich, ist er doch in sich widersprüchlich.

Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist.

Das klingt, als wäre eben noch nicht genug Zeit vergangen, um das Geschehen weiter zu begreifen, als den körperlichen Verlust. Passt gut.

Die Gedanken an seine Frau und seine Kinder ersetzten das knappe Morphium, dass der Feldarzt nur den „schlimmen“ Fällen geben konnte.

Noch zwei Eigenschafen des Soldaten: Tapferkeit und Sehnsucht/Liebe.

Menschenskinder, hast du ein Schwein, hatte der Sani gesagt.

Eine Zeit, in der der Verlust eines Armes Glück bedeutet. Sad.

Phosphorkrümeln

Hervorragend! Damit weiß selbst ich, wo wir uns befinden. :(

In Kiew, am Dnepr, in Charkow hatte er mit Kreide an Wände geschrieben. Weiße Kreide. Die Häuser, die am wenigsten beschädigt waren, sollte er für die Offiziere markieren. Er hatte in Ställen geschlafen, um ihn herum der Geruch von verbrannten Häusern und verbrannten Fahrzeugen.

Jetzt weiß ich auch, wo er war und es gibt eine Verbindung zur Wandmalerei mit Kreide.

Unterschwellig kann er duftend geschmortes Fleisch riechen. Es erinnert ihn an Braten am Sonntag. Einmal im Monat. Teuer war es geworden, das Fleisch. Man musste immer schon ganz früh auf den Beinen sein und anstehen, wenn man überhaupt noch ein kleines Stück ergattern wollte.

Das verwirrt mich etwas. Erst dachte ich an den Geruch verbrannter Menschen, dann denkt er aber doch an Braten und dem Umstand, Fleisch zu bekommen für Braten. Wenn Assoziationen aufkommen sollen, dann bräuchte ich sie getrennter. :shy: Es folgt ja dann allerdings noch mehr Fleischbezug. Da geht natürlich auch.

Er hatte es nicht mehr in sein Zuhause geschafft, als der Luftalarm losging und die Bomber kamen.

Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.

Das benötige ich nicht doppelt.

Mit zitternder Hand fängt er an zu schreiben:
„Ich suche Frau Hedwig Paulsen (31), Elisabeth Paulsen (7) und Josef Paulsen (3) – wohnhaft in diesem Haus – zuletzt gesehen am Abend des 28.Juli – es sucht Fritz Paulsen, Notunterkunft im Reichsbahngebäude, Kavalleriestraße 9“.

Das zeigt Verzweiflung, Hilflosigkeit und macht wenig Hoffnung. Es fehlt Energie und Einfallsreichtum, naja vermutlich auch Material für vielversprechendere Maßnahmen, seine Familie zu finden.

Sie sucht Johanna Klaas, ihre Mutter, und den kleinen Dieter, ihren Sohn.

Das ist mir jetzt zu persönlich. Mir würde es ausreichen zu bemerken, dass die Nachbarin in gleicher Lage ist.

Das war ein komprimierter Eindruck von Krieg, der lange zurückliegt und doch gegenwärtig ist.
Die heutigen Opfer eines Krieges empfinden sicher nicht sehr verschieden, nur handeln sie vermutlich anders.

Vielen Dank für diese Studie und freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Eisenmann,

Eine ergreifende Geschichte, wunderbar erzählt.
KORNBLUMEN - ich werde sofort an warme Sommertage erinnert, an denen man glücklich und unbeschwert mit Freunden durch die Felder springt.
BLAU - die Farbe der Hoffnung.
Und das dann alles im krassen Kontext, was in deiner Geschichte folgt.
Schön gemacht, finde ich.

Grüße
Lind

 

Kanji

Hallo Kanji!

Das freut mich sehr, dass du die Zeit gefunden hast, dir meine TdM-Geschichte anzusehen. Du hast recht, eine wirklich kurze Kurzgeschichte zu schreiben ist schon eine Herausforderung. Handlung, Rahmen, Figuren - da kann alles nur fragmentarisch angerissen werden.

Vielen Dank für dein Feedback und deine Hinweise. Du hast -wie andere Kritiker auch - den Satz mit der "freundlichen Angst" erwähnt und dass du ihn nicht stimmig findest. Tja, was soll ich da sagen - ihr habt recht damit, dass sich "freundliche" Angst seltsam anhört. Aber das Gefühl, der Sound, der Gedanke hinter diesem Satz - ich weiß nicht genau, was es ist, aber irgendwie passt dieser Satz in das Bild, das ich in meinem Kopf habe. Schade nur, dass ich das nicht so vermitteln konnte.

Auch die Sache mit dem Fleisch und dem Geruch bzw. die Assoziierung mit dem Sonntagsbraten. Mannomann, das hat wohl (jedenfalls in der Ursprungsfassung) keinem so richtig gefallen. Natürlich riecht er das Fleisch verbrannter Menschen und wird deshalb nie wieder Fleisch essen können. Diese Szene ist mir echt schwer gefallen, sie ausreichend zu beschreiben.

Stimmt, die Szene, oder Geschichte, wenn man so will, ist wirklich ein komprimiertes Bild des Krieges und seiner Perspektiven in der Heimat. Und gerade heutzutage gibt es leider auch die errschreckende Wahrheit, dass es Fronten, Schlachtfelder und Kampfgebiete überhaupt nicht mehr gibt. Eine Trennung zwischen Soldaten und Zivilisten existiert nicht mehr.

Viele Grüße vom EISENMANN, den es freut, dass du mit der Geschichte etwas anfangen konntest. Vielleicht liegt das ja daran, dass hier kein Jack O'Grady vorgekommen ist!;)
------------------------------------------
Lind

Hallo Lind!

Vielen lieben Dank für deinen netten Kommentar und dein Lob. Es freut mich, dass du mit der Farbgestaltung der Handlung auch "Hoffnung" verbinden konntest. Ich selbst empfand meine Geschichte ausgesprochen trost- und hoffnungslos. Es ist wohl nicht sehr wahrscheinlich, dass Fritz seine Familie jemals wiedersehen wird. Jedenfalls nicht in diesem Leben.
Aber wenn man selbst bei solchen Bilder trotzdem Hoffnung schöpfen kann, dann spricht das viel für die Guten Seiten im Menschen, die leider viel zu selten zum Vorschein kommen.

Von daher freut mich das umso mehr, dass dir die Geschichte gefallen hat.

Viele liebe Grüße vom EISENMANN

 

Hallo Eisenmann,

Deine Geschichte habe ich schon oft gelesen und immer wieder finde ich es faszinierend, wie wenig Worte es braucht, um eine bestimmte Stimmung zu erreichen. Weniger kann eben doch mehr sein. Vielleicht liegt das aber auch am Thema. Ich hatte schon oft das Gefühl, dass auch bei den Nachkriegsgenerationen das Kriegstrauma noch vorhanden ist, irgendwo, im tiefsten Innern.

Gruß
Geschichenwerker

 

Geschichtenwerker

Hallo Geschichtenwerker,

vielen Dank für deinen Kommentar und das Lob, dass du aussprichst. Ich persönlich bin ja eher ein Freund der ausschweifenden Erzählungen und Beschreibungen. Von daher war diese Geschichte allein schon in handwerklicher, technischer Hinsicht nicht leicht für mich zu schreiben. Echt witzig, dass beinahe jeder hier der Meinung war, die Story sei ein "Schnellschuss" gewesen!:D

Was das (Nach)kriegstrauma angeht, so können wir ja jeden Tag im Fernsehen sehen, dass Krieg, Leid, Zerstörung und Gewalt nun einmal untrennbar mit der menschlichen Rasse verbunden sind. War so, ist so, wird immer so sein. Ich denke -und das ist in meinen Augen ganz wichtig - dass, insbesondere weil wir von Nachkriegsgenerationen sprechen, solche Erlebnisse auch keine verstaubten, alten Schwarzweißaufnahmen aus der Vergangenheit sind.

Grüße vom EISENMANN

 

Hallo Eisenmann!

Ich habe nicht alle Kommentare gelesen, aber unter anderem den von rieger, der bei der Farbe kornblumenblau an die blaue Blume der Romantik denkt und an eine heile Welt, die verloren ist. rieger liegt richtig. Die blaue Blume stammt natürlich aus Novalis' Roman Heinrich von Ofterdingen und steht für das, was die Romantiker sehnsuchsvoll suchten und schwärmerisch überhöhten: eine Frau.

Auch in der Welt der Archetypen symbolisiert die Blume ein liebenswertes junges Mädchen; die Blume pflücken bedeutet entjungfern, was sich auch in der Etymologie von lateinisch de-flor-are zeigt, worin flos, floris "Blume" steckt, und von englisch to de-flower.

Auch in folgendem Gedicht von Wilhem Busch steht die Blume für ein Mädchen:

Sie war ein Blümlein hübsch und fein,
Hell aufgeblüht im Sonnenschein.
Er war ein junger Schmetterling,
Der selig an der Blume hing.

Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm
Und nascht und säuselt da herum.
Oft kroch ein Käfer kribbelkrab
Am hübschen Blümlein auf und ab.

Ach Gott, wie das dem Schmetterling
So schmerzlich durch die Seele ging.

Doch was am meisten ihn entsetzt,
Das Allerschlimmste kam zuletzt.
Ein alter Esel fraß die ganze
Von ihm so heißgeliebte Pflanze.


Warum zitiere dieses Gedicht? Weil es mit deiner Erzählung verwandt ist. Eine romantische Idylle, die zerstört wird, weil die Blume von einem bösen Unglück hinweggerafft wird - wie in deinem Text.

Die blaue Blume der Sehnsucht sind bei deinem Soldaten natürlich Frau und Tochter, von denen er sich Rückkehr in eine trostspendende heile Welt verspricht. Da ich mich viel mit Krieg und Nachkriegsjahren beschäftige, klingt mir beim Lesen deiner Erzählung auch das Soldatenlied Erika im Ohr, wo auch eine Blume, das blühende Heidekraut, für die Braut steht, die der Soldat in der Heimat zurückließ:

Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein
Und das heißt: Erika.
...
In der Heimat wohnt ein kleines Mägdelein
Und das heißt: Erika.
Dieses Mädel ist mein treues Schätzelein
Und mein Glück, Erika.

Auch dieses Lied prägt der Archetypus Blume = Frau, der deinen Text inspiriert; möglicherweise ist dein Prot von diesem Lied, das oft als Marschlied gesungen wurde, zur Assoziation "kornblumenblau" angeregt worden.

Deine Geschichte vermag das Kriegsende lebendig zu machen und ist deshalb lesenswert!
Grüße
gerthans

 

Hallo Eisenmann,

schwieriges Thema. Ich halte mich da von fern, Krieg und so, neee, das ist mir zu gefährlich, ein sehr glattes Eis kann das werden.

Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße?

Auf der einen Seite geschickt gemacht, weil man denkt: Huch? Himmler?, und dann ist das eine zeitliche Einordnung, die ich gelungen finde, aber was danach kommt ... kann man Angst freundlicher machen? Warum erzählst du das hier aus? Warum lässt du es nicht einfach auf den Leser zukommen?

Auf Dreck lässt es sich schlecht schreiben. Mit fahriger Hand wischt er die Reste der Mauer sauber, so gut er kann.Wäre mein Einstieg. Du beantwortest ja auch die Frage nicht, wo er die Kreide herhat. Ist auch egal. Was er damit will ist wichtig.

Die "schlimmen" Fälle in Anführungszeichen würde ich rausnehmen, denn im Krieg gibt es sicher keine leichten Fälle, und so wirkt es etwas forsch und auch zynisch.

Er hatte es nicht mehr in sein Zuhause geschafft, als der Luftalarm losging und die Bomber kamen.

Würde ich überlegen, ist es sehr offensichtlich und der Leser würde sich auch so erschließen, was passiert ist.

Bestimmt nur der Staub, der in den Augen brennt.
Das wäre mein Ende. Du gibst der Geschichte nochmal eine andere Richtung mit dem letzten Absatz und der Nachbarin, und die braucht es hier nicht, weil es in dieser kurzen Sache ja wirklich nur um ihn geht, es ist eine ganz persönliche Ebene, den Krieg und das daraus resultierende Schicksal - da stört der Rest nur, und es wirkt auch ein wenig aufgesetzt und nachdrücklich.

Also, das hat Potential. Viel sogar. Aber du machst es dir hier schon einfach, denn du setzt auf einen Effekt, und das ist auch ein ethisches Dilemma - Arm ab durch Krieg, Familie weg durch Krieg, da stellen sich die Fragen nach Schuld und auch nach Verantwortung. Die reißt du aber nicht an, und dein Prot handelt auch nicht so, er stellt nichts in Frage. Klar, man kann begründen, der ist geschockt und so weiter, aber da hättest du viel weiter ausholen können. Die Prämisse ist ja hier: Keiner gewinnt im Krieg.

Gruss, Jimmy

 

Hallo Eisenmann,

dies ist meine 1. Geschichtenkritik zu den Challenge-Geschichten und da ich vorhabe, alle weiteren zu kritisieren, habe ich die bereits erfolgten Kritiken nur kurz überflogen, teils gar nicht gelesen. Dazu ist bei dir, wie dann auch bei allen anderen Teilnehmern leider nicht die Zeit.

Ich fange mal schlicht mit dem Titel an, der mir zu aufgedrückt erscheint. Es kommt mir so vor, als wollte der Autor mir bereits das Fazit der Geschichte an die Hand geben. Dabei möchte ich gerne, wie alle Leser, ganz schlau sein und selbst drauf kommen.
Denn aus meiner Sicht ist dieses wunderschöne Kornblumenblau das bisschen Hoffnung in der Geschichte. So ein sich dagegen stemmen gegen all das Üble, das passiert.

Dann fällt mir auf, dass du oftmals wiederholst, vermutlich um eindringlicher zu wirken, aber auch das kommt bei mir ein wenig so an, als hieltest du mich Leserin für blond. Die Kürze, die du der Geschichte gibst, worauf ich gleich noch eingehe, ist mir hier zu langgezogen. Da könntest du knapper sein und alle Wiederholungen streichen.

Der nachfolgende Satz soll stellvertretend für all diejenigen sein, bei denen du nur im Grunde genommen wiederholst:

Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht
Genau das habe ich doch schon ein paar Zeilen zuvor gelesen. Ich habe sehr wohl gleich begriffen gehabt, dass er seine Familie nicht mehr vorgefunden hat.

Deiner Geschichte fehlt die Tiefe, die entweder dem Leser nahebringt, wie abgestumpft dein Protagonist ist, wie gefühlstot er ist oder aber, wenn er das nicht ist, wie sehr ihn das peinigt, dass er seine Familie nicht sehen kann.
Was fühlt so ein Mann, der schwerverletzt in die zerbombte Heimat zurückkehrt? Wird er nicht einerseits vor Sehnsucht und Sorge um seine Lieben völlig zerfahren sein? Aufgeregt und aufgebracht? Schaut er sich das Haus nicht vielleicht doch näher an? Würde man nicht von dem Verdacht beschlichen werden, dass die Familie im Luftschutzkeller im Haus verschüttet ist?

Es ist so still um ihn herum.
Wolltest du das bewusst so? Dieser Mann müsste sich doch die größten Sorgen machen. Es fehlt der Weg seiner Gefühlswanderung. Die Szenen bei den Soldaten, die Verabschiedung hast du gut angedeutet, dass er sich gar nicht so glücklich fühlt mit seiner schweren Verletzung. Diese Männer, die diese schwersten Verletzungen mit nach Hause bringen, kommen ja als gebrochene Gestalten zurück. Sie sind als mutige Soldaten aufgebrochen und siegessicher losgezogen, um das sog. Vaterland zu verteidigen. Nun kommen sie als Krüppel nach Hause und ahnen, dass sie eventuell nicht mehr in eine perfekte Männerrolle zurückkönnen. Das nagt neben all den brutalen Schmerzen doch an jedem Menschen. Erst recht an einem, der in einem Zeitalter des Männlichkeitswahns lebt. Davon fehlt mir viel in deiner Geschichte. Mir fehlt sein Weg von der Front nach Hause auf der Gefühlsebene. Sein gebrochener Stolz und dann muss er erleben, dass es alles noch viel schlimmer kommt, seine Familie ist verschwunden.
Was fühlt er da? Weicht da nicht seine Kriegsverletzung in den Hintergrund und macht der großen Sorge um Frau und Kinder Platz?

Du schilderst die Gerüche, die dein Protagonist wahrnimmt, aber es fehlt eine Umdrehung mehr an Beschreibung, um sie auch dem Leser wirklich nahe zu bringen.
Was rieche ich als Leser genau?

Gefallen hat mir allerdings, dass du das Thema gut umgesetzt hast. Mit Kreide wird hier tatsächlich auf die Mauer geschrieben, ohne dass das Thema vergewaltigt wurde, sondern auf natürliche Weise, denn damals war das ja tatsächlich eine Art gängiger Kommunikation.
Du verarbeitest einen Sprengsel aus der damaligen Kriegszeit, einen winzigen Ausschnitt von all den Grausamkeiten, die damals geschahen.
Ich glaube, das kann noch eine sehr gute und tiefgründige Geschichte werden, wenn du weiter an der Tiefe, also den Emotionen deines Protagonisten arbeitest. Das würde sich lohnen.

Dieser Satz hat mir sehr gut gefallen, er ist kurz und doch beredt:

Auf ein Bier und eine Partie Doppelkopf mit den anderen, die wie er mit leeren Ärmeln, leeren Hosenbeinen und einem Stück Blech an der Brust nach Hause gekommen waren. Mit den anderen, die wie er Glück gehabt hatten.

Textkram:
Mit fahriger Hand wischt er die Reste der Mauer sauber, so gut er kann.
Hier machst du den Fehler, den ich eingangs versuchte, zu beschreiben. Du resümierst hier, um dann ein wenig später konkreter zu schildern, was er genau tut. Ich würde diesen Satz streichen, denn er ist hier fehl am Platz und da du ja später ins Detail gehst, benötigst du ihn schon rein gar nicht mehr an anderer Stelle.


Lieben Gruß
lakita

 

gerthans

Hallo gerthans!

Vielen Dank für deinen Kommentar und vor allem für deine Interpretation der Geschichte. Ich kann nur immer wieder sagen, dass es mich sehr freut, wenn jeder Leser für sich eine ganz eigene Erzählung und individuelle Deutung in meinen Geschichten finden kann.

Das ist eine interessante und leider auch sehr traurige Assoziierung, die du mit der Farbe und den Blumen für dich entdecken konntest. Umso trauriger, weil sie in meinen Augen auch sehr passend ist. Ich hatte gar nicht das Bild von Blumen vor Augen, die vom Krieg zerstört werden. Und egal, für welches Bild oder welche Dinge jetzt die Farbe Kornblumenblau oder Blumen stehen, das Ergebnis ist immer dasselbe - Tragik und Verlust.

Vielen Dank für deinen Kommentar

EISENMANN
---------------------------------------------
jimmysalaryman

Hallo Jimmy!

Auch an dich ein herzliches Dankeschön für dein Feedback und die Zeit, die du dir für die Geschichte genommen hast.

Interessant, wie du einige Passagen der Geschichte (z.B. das Ende) gewählt hättest. Es stimmt - das ist ein schwieriges Thema. Ebenso wie meiner Meinung nach auch das Thema von Tintenfass (Vergewaltigung) schwierig ist. Alle Tragödien und Schicksalsschläge sind meiner Meinung nach schwierig darzustellen, wenn sie nicht plakativ, effektorientiert oder im schlimmsten Fall sogar voyeuristisch wirken sollen/dürfen.

Du hast die Frage nach "Schuld" und "Verantwortung" aufgeworfen. Wer hat denn "Schuld"? Der Bomberpilot, weil er seine Ladung auf Zivilisten abgeworfen hat? Sein Befehlshaber, weil er die Bombardierung von Städten befohlen hat? Hitler (oder jeder andere Diktator), weil er den Krieg begonnen hat? Vielleicht Fritz selber, weil er "mitgemacht", "mitgejubelt", "mitgewählt" hat?

Meine Geschichte will solche Fragen ganz bewusst nicht beantworten. Sie nicht mal anschneiden. Denn dann würde diese "Geschichte" das Forum sprengen und hätte buchstäblich Tausende von Seiten!
Du hast es ja selbst gesagt - in einem Krieg ist jeder der Verlierer. Eben!

Vielen Dank für deine Gedanken, kritischen Anmerkungen und die Mühe, die du dir trotz des schwierigen Themas damit gemacht hast.

Grüße vom EISENMANN
-------------------------------------------------------
lakita

HuHu lakita!

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Anmerkungen. Wow - das ehrt mich natürlich, dass mir die Ehre zufällt, deine Challange-Durchsicht zu eröffnen. Keine Sorge - es wird besser!!:D

Es ist interessant, wie jeder ein und dieselbe Sache unterschiedlich bewertet. Wo du zuviel Länge gesehen hast, warfen mir andere zuviel Kürze vor. Was dir an den Formulierungen bestimmter Sätze missfiel, hat anderen gefallen.
Warst du der Meinung, ich würde dich als Leserin zu blond halten, empfanden andere den Stil und die Erzählung als passend.

Gut - das der Geschichte (immer noch) die Tiefe fehlt, dass haben ja fast alle hier angemerkt!:D

Ich hatte die Erzählweise bzw. den Inhalt deshalb so gewählt (und gemessen an der scheinbaren Kürze der Geschichte erstaunlich viel zeit darauf verwendet), weil ich einfach nur eine Momentaufnahme einfangen wollte, die ich in einem alten Bild aus einem Buch über den Krieg gesehen hatte und die mir sehr lebhaft im Gedächtnis haften geblieben ist. Du sprichst - meiner Meinung nach zurecht - viele Punkte an, die unerwähnt geblieben sind. Die seelischen Schäden, die Fritz durch seine Verwundung davongetragen hat. Sein Gefühl der Hilf- und Nutzlosigkeit. Emotionalität - vielleicht sogar sein Mangel daran.

Ich hatte dies auch schon Jimmy geschrieben - das alles sind (treffende) Dinge, die ich aber bewusst nicht angeschnitten habe. Eben weil ich den Leser nicht für so blond halte, um ihm das alles wortwörtlich zu präsentieren. Einerseits hatte ich die Befürchtung, dadurch ins Pathetische abzugleiten durch eine viel zu rührselige und unangemessen gefühlsduselige Detailtiefe. Und andererseits wollte ich mit Absicht recht kühl, nüchtern, fast klinisch ein Bild beschreiben und das Spektrum der Emotionen und Empfindungen dem Leser überlassen.

Klar - der älteste Spruch aus der Trickkiste bei Fehlern und Mängeln ist derjenige, dass man eben jene Fehler ganz bewusst und mit Absicht gemacht hat. Ach, mein Text hat also in jedem Satz fünf Rechtschreibfehler? Das habe ich doch genau so gewollt und mit voller Absicht getan! HaHaHa;)!

Insofern will ich hier meine Geschichte jetzt gar nicht irgendwie schönreden - sie hat halt einfach nur (jetzt und dank euch allen hier) die Form, den Umfang und die Detailtiefe, die ich für passend halte.

Viele Dank für deine konkreten und sehr schön durchdachten Überlegungen, liebe lakita. Schade, dass dich die Geschichte in dieser Form nicht überzeugt hat.

Viele Grüße vom EISENMANN

 

Hallo @Eisenmann,

Du hast Dir ein düsteres Stück der deutschen Geschichte zum Thema gemacht und obwohl ich zu der Zeit noch nicht geboren war, ist mir die Szenerie der zerbombten Stadt vertraut vorgekommen. Man kennt es eben aus Filmen, Büchern und Erzählungen.

Nach dem ersten Lesen dachte ich, Du hättest mehr daraus machen können. Den Protagonisten konnte ich nicht greifen, nicht in mein Herz lassen, er war mir irgendwie noch fremd.
Doch ich dachte mir, es wird einen Grund geben, dass Du es eben so geschrieben hast. Mit etwas Abstand habe ich erneut gelesen. Aufmerksamer, die Sätze mehr auf mich wirken lassen und dabei stellte ich fest, dass da ordentlich Sprengstoff drinnen steckt. Ich war hier auf eine andere Art betroffen, indirekter als gewöhnlich und das hat mich nachdenklich gestimmt.

Die Bilder, die in meinem Kopf entstanden sind, waren Grau. Nur die Kreide hob sich in diesem schönen kornblumenblau aus der Szene ab.

Eine traurige Geschichte aus einer schreckliche Zeit, die mich sehr berührt hat.

Lieber Gruß
Tintenfass

 

Hallo Tintenfass!

Vielen Dank für die Zeit, die du dir mit meiner Geschichte genommen hast und deine Anmerkungen. Ich finde es -man möge mir die Formulierung in Anbetracht des in der Tat düsteren Themas verzeihen - toll, dass du ein graues, tristes Bild vor Augen hattest, in dem lediglich die Kreide als trauriger Farbtupfer hervorstechen konnte. Denn genau so hatte ich das Bild auch gesehen. Trostlosigkeit, Zerstörung und Leid!

Das stimmt - die Charakterisierung meiner Figur und die Kürze der Tiefe war beabsichtigt. Das wurde mir übrigens von sehr vielen Kommentatoren als Negativpunkt angekreidet, um mal bei der Kreide zu bleiben.;) Fehlende Charaktertiefe, zu wenig Persönlichkeit, keine Empathie und nur eine unscharfe Figur. Ich habe viel und lange über die Figur nachgedacht und über die vielen Anmerkungen und jetzt finde ich, dass die Geschichte die genau passende Form, Dichte und Struktur hat.
Vielleicht hat das die Betroffenheit bei dir bewirken können - wenn ja, dann freut mich das natürlich einerseits, dass meine Geschichte eine Emotion bei dir wecken konnte, und macht mich andererseits traurig, dass es sich dabei ausgerechnet um ein trauriges und unangenehmes Gefühl handelt.
Insofern ein gleichzeitiges "Danke" und "Sorry"!

Grüße vom EISENMANN, der allerdings auch kein lebender Zeitzeuge dieser Epoche gewesen ist.;)

 

Hallo Eisenmann,
deine Geschichte hat mich sehr berührt in ihrer Schlichtheit. Wunderschön.
Wie lange wird es noch dauern, bis diese Geschichten nur noch Legenden aus längst vergangenen Zeiten sind oder bleiben sie immer aktuell...
Lieben Gruß Damaris

 

Hallo Damaris.

Vielen Dank für dein Feedback und deinen Kommentar. Es freut mich, dass dich meine Story berühren konnte, auch wenn sie das wahrscheinlich nicht in einem angenehmen Kontext getan hat - aber "angenehm" sollte die Geschichte ja auch nicht sein.
Ich fürchte allerdings, dass solche oder ähnliche Geschichten immer aktuell bleiben werden, solange es die Spezies Mensch geben wird. Grausamkeit liegt nicht in unserer Natur, sondern ist unsere Natur.
Liebe Grüße zurück vom EISENMANN

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom