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Glück ist nicht kornblumenblau

Seniors
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11.07.2008
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Glück ist nicht kornblumenblau

Wo hat er wohl das Stückchen Kreide her? Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße? Viel ist von der Schule und der Himmlerstraße nicht mehr übrig.
Blau ist die Kreide. Kornblumenblau. Das sieht auf den rußschwarzen Wänden sicher schön aus. Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner. Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.
Auf Dreck lässt es sich schlecht schreiben. Mit fahriger Hand wischt er die Reste der Mauer sauber, so gut er kann. Den Ärmel seines abgenutzten Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien. Den Ärmel, in dem kein Arm mehr steckt. Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist. Seine Kameraden versuchten ihn aufzuheitern, als er mit vereitertem Verband in den Lazarettzug verladen wurde. Für ihn war der Krieg vorbei und er käme wenigstens lebendig nach Hause. Die Gedanken an seine Frau und seine Kinder ersetzten das knappe Morphium, dass der Feldarzt nur den „schlimmen“ Fällen geben konnte.
Menschenskinder, hast du ein Schwein, hatte der Sani gesagt.
Unschlüssig dreht er das Stückchen Kreide in der Hand. Kornblumenblau ist eine schöne Farbe.
In Kiew, am Dnepr, in Charkow hatte er mit Kreide an Wände geschrieben. Weiße Kreide. Die Häuser, die am wenigsten beschädigt waren, sollte er für die Offiziere markieren. Er hatte in Ställen geschlafen, um ihn herum der Geruch von verbrannten Häusern und verbrannten Fahrzeugen.
Für dich ist die ganze Scheiße doch jetzt vorbei und du kommst wieder heim, hatte der Gruppenführer gesagt.
Die Luft riecht auch jetzt nach Rauch. Aber nicht wie das verbrannte Holz auf dem Köhlerfest im Herbst. Oder das Osterfeuer im Frühling. Es riecht wie in Kiew, wie am Dnepr, wie in Charkow.
Unterschwellig kann er duftend geschmortes Fleisch riechen. Es erinnert ihn an Braten am Sonntag. Einmal im Monat. Teuer war es geworden, das Fleisch. Man musste immer schon ganz früh auf den Beinen sein und anstehen, wenn man überhaupt noch ein kleines Stück ergattern wollte.
Seine Kameraden und er waren jedes Mal vor Freude ganz wild gewesen, wenn sie eine altersschwache Kuh oder ein dürres, lahmendes Pferd fanden, dass ein Bauer auf der Flucht vor den Panzern nicht mitnehmen konnte. Das bedeutete am Abend ein oder zwei zähe, graue Fleischbrocken in ihrer dünnen Brühe.
Und trotzdem weiß er, dass er nie wieder Fleisch essen wird. Der Geruch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken.
Freu dich auf deine Familie und dein Zuhause, hatte der Kompaniechef gesagt.
Er hatte es nicht mehr in sein Zuhause geschafft, als der Luftalarm losging und die Bomber kamen. Im Soldatenheim war er gestern Abend gewesen. Auf ein Bier und eine Partie Doppelkopf mit den anderen, die wie er mit leeren Ärmeln, leeren Hosenbeinen und einem Stück Blech an der Brust nach Hause gekommen waren. Mit den anderen, die wie er Glück gehabt hatten.
Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.
Mit zitternder Hand fängt er an zu schreiben:
„Ich suche Frau Hedwig Paulsen (31), Elisabeth Paulsen (7) und Josef Paulsen (3) – wohnhaft in diesem Haus – zuletzt gesehen am Abend des 28.Juli – es sucht Fritz Paulsen, Notunterkunft im Reichsbahngebäude, Kavalleriestraße 9“.
Tränen laufen seine Wangen herunter und hinterlassen saubere Schlieren in einem schmutzigen Gesicht. Bestimmt nur der Staub, der in den Augen brennt.
Er hört neben sich eine Stimme. Eine Nachbarin, die ein paar Häuser weiter wohnt. Ob sie wohl auch das Stückchen Kreide haben könnte? Sie sucht Johanna Klaas, ihre Mutter, und den kleinen Dieter, ihren Sohn. Ob er sie vielleicht gesehen hat? Oder wenigsten einen von beiden? Stumm reicht er ihr die kornblumenblaue Kreide und sieht ihr nach, wie sie mit hängenden Schultern zu den Trümmern ihres Hauses geht.

 

Wow, vielen Dank für eure konstruktiven und lieben Kommentare! Ihr seid die Besten!!
Ich will nicht jedem der Kommentatoren ein unterm Strich stereotypes "Ey, Danke, Mann!" vor die Füße kippen, sondern auf euch und eure Anmerkungen individuell eingehen.
Von daher seht es mir bitte nach, wenn ich meine Antworten hier "häppchenweise" abliefere!

Also dann – weiter geht’s!
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rieger

Hi rieger!

Vielen Dank für deinen Kommentar. Das freut mich, dass dir die (ungewollt) epigonenhafte Erzählweise nichts ausmacht.
Du sprichst allerdings einen Punkt an, der mir schon beim Schreiben der Geschichte durch den Sinn gegeistert ist - alle Bilder, die ich hier darstelle, kennt man zur Genüge! Ich hatte tatsächlich die größten Bedenken, euch hier eine Geschichte zu präsentieren, bei der man zwangsläufig denkt: "Oh Mann, nicht schon wieder - wie oft denn noch?!"
Das scheint zum Glück ja nicht das "Hauptmanko" der Story zu sein, sondern die holzschnittartige Kürze der Geschichte und die Oberflächlichkeit der Hauptfigur.
Danke für deinen Hinweis bzgl. der "Fleischeinlage";). Ok, ist vielleicht -im Vergleich zur Hauptfigur- zu lang oder auch irreführend. Aber die Story kommt ja eh nochmal ins Dock!

Viele Grüße vom EISENMANN
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josé

Holla, José!

Wow - vielen Dank für das Kompliment, dass ich mir glatt einrahmen und übers Bett hängen könnte!:) Wenn ich dir nachhaltig im gedächtnis geblieben bin und dich meine Geschichte berührt und zum Nachdenken gebracht hat, dann habe ich damit wohl eindeutig genau das erreicht, was sich so ziemlich jeder Autor wünschen dürfte. Umso mehr freut mich dein Kommentar, weil du dich offenbar ja nicht an der Kürze bzw. kritisierten fehlenden Tiefe der Geschichte gestört hast.
Es freut mich sehr, dass dich die Geschichte beeindruckt hat - wobei ja (leider) wohl vielmehr das tragische Bild der Bombenzeitung "beeindruckend" ist, dass ich im Kopf hatte. Ich hab dem Bild in meinem Kopf nur ein paar Worte geliehen!

Danke auch für deine Korrekturanmerkung - Stimmt, das Datum wäre in jedem Fall logischer. Allerdings befinde ich mich dann in dem Dilemma, der Geschichte einen konkreten Zeitpunkt zuordnen zu müssen. Und ich will einen globalen, tagtäglichen Schrecken nicht auf die Bombennächte von Köln, Hamburg, Dresden oder das Ruhrgebiet beschränken. Den Fritz hätte es sicher auch in der Bombardierung von Kleinkleckersdorf gegeben, falls sich alliierte Bomber jemals dahin verirrt hätten! Aber du hast trotzdem Recht - ein Datum wäre glaubwürdiger. Mal sehen, wie ich das händele!:)

Hasta luego, el Hombre de hierro!!
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hell

Moin hell!

Nein, mit Neffen und Nichten - das ist kein Schnellschuss gewesen. Ich habe gefeilt, gekürzt und redigiert. Schade, dass das Ergebnis ja nicht meine Textarbeit widerspiegelt. Wie gesagt, da werden Hammer und Meißel nochmal angesetzt. Und dann würde ich mich sehr über dein erneutes Urteil freuen. Ich hoffe, dass ich euren Erwartungen an die Form, Charaktertiefe und den emotionalen Aussagegehalt gerecht werden kann.

Viele Grüße vom meißelschwingenden, schlagbohrenden und eisenbiegenden EISENMANN;)
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Isegrims

HalliHallo Isegrims!

Yeah - du siehst, der alte EISENMANN ist immer für ne Überraschung gut: (fiktiven) Horror erwartet und (realen) Horror gekriegt!;)
Hm ... im gleichen Maße, wie mich José Kommentar gefreut hat, macht es mich natürlich traurig, dass dir die Geschichte seelenlos und quasi emotinal distanziert vorkommt. Gerade vor dem Hintergrund der mehr als tragischen, realistischen und furchtbaren Hintergründe der Geschichte sollte gerade sowas nicht passieren! Damit sprichst du auch wie die anderen Wortkrieger das Hauptproblem der Geschichte an - fehlende Tiefe, mehr Details, größere Nähe zur Figur.

Dennoch freut es mich natürlich auch, dass dir zumindest der ein oder andere Satz gefallen hat und du mit dem Plot zumindest etwas anfangen konntest. Ich sehe schon, dass wird keine Kleinigkeit, die filigrane Struktur der Geschichte beizubehalten, ohne ins Pathetische oder Tränendrüsen-Klischeehafte abzugleiten. Aber wenn's leicht wär, wär ich nicht bei den Wortkriegern!;)

Eisenharte Grüße vom EISENMANN
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svg

Hi svg!

Hurra, und wieder ein Leser und Kommentator, den ich mit der Geschichte in dieser Form einfangen konnte und dem ich im Gedächtnis geblieben bin - vielen Dank dafür und für die netten Anmerkungen!!

Das freut mich, dass dir mein Sprachgefühl gefällt und du mit meinem Stil was anfangen kannst. Ich finde es persönlich natürlich immer sehr schön, mit der Sprache zu spielen und sie als Werkzeug zu nutzen. Und wenn das dann natürlcih noch den schönen Nebeneffekt hat, dich an den Haken zu holen, dann hat mein Sprachduktus sein Ziel erreicht!:)

Ich hoffe nur, dass die Sätze, die noch bei dir nachklingen, nicht unbedingt die vorweihnachtliche Stimmung trüben - es ist und bleibt ja leider keine der seichten Unterhaltungsstories, die ich ansonsten so von mir gebe!

Grüße vom EISENMANN
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So, liebe Wortkrieger - das war es dann heute mal wieder vom EISENMANN. Ich geh jetzt meine alten Gelenke ölen und freue mich schon darauf, auf die weiteren Kommentare einzugehen!:)
Habt alle einen schönen Abend und bis bald
EISENMANN

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Eisenmann!

Ich finde deine Geschichte in der Kürze ganz gut, aber auch ich finde, dass irgendetwas fehlt.
Meine Vorkommentatoren haben dir empfohlen, auszuerzählen, auszubauen, um mehr Emotionen aufzubauen. Ja, das könntest du - dann wäre es allerdings eine andere Kurzgeschichte, nicht mehr so im Sinne von Borchert oder Böll (die du sicher im Kopf hattest, als du das geschrieben hast).
Was z.B. Borchert bei seinen Kurzgeschichten anders macht bzw. was er noch in seine Geschichten gestreut hat, ist meiner Meinung nach, dass er bestimmten Dingen eine Bedeutung gibt. Bestimmt kennst du diese Story, wo er jeden Tag im Knast auf dem Hof im Kreis laufen muss, und auf diese Blume starrt. Und diese Blume bekommt von Zeile zu Zeile mehr Bedeutung, sie ist seine Zuflucht, seine Hoffnung, wenn man so will. Dadurch erzeugt Borchert durchaus Emotionen, also zumindest bei mir. Also du könntest deiner blauen Kreide noch mehr Bedeutung für deinen Prot haben lassen, noch mehr Tiefe beim Lesen mitschwingen lassen, dann würde das auf die Kürze noch besser funktionieren. Oder eben auserzählen, deine Figur Eigenes erlebt haben lassen und so Emotionen beim Leser erzeugen. Da ist es halt verdammt schwierig, nicht in schon vorgefertigte Pfade zu geraten, nicht schon Bilder zu zeigen, die der Leser zigmal gesehen/gelesen hat. Aber vor dieser Falle hast du dich bis jetzt gut gewunden, finde ich, das mit dem Fleischgeruch etc., das fand ich gut und habe ich bis jetzt auch so noch nicht gehört - zumindest kann ich mich nicht daran erinnern.

Ach ja, und da sind wirklich ein paar Adjektive und andere Worte im Text, die du getrost streichen könntest - hatte manchmal das Gefühl, so eine zweite, dritte Überarbeitung hätte der Sprache schon noch den letzten Schliff gegeben.

Ich fands gar nicht schlecht, auf die Kürze hat das ganz gut geklappt, aber ich sehe auch noch Potential in der Geschichte - egal, wie du es anstellst, du musst den Leser irgendwie noch mehr packen, noch mehr Emotionen in ihm wecken, da steckt noch mehr in der Geschichte, ist so mein Gefühl.

Viele Grüße
zigga

 

GoMusic

Hi GoMusic!

Auch dir vielen Dank für deine Anmerkungen und die Zeit, die du in die Geschichte investiert hast. Das freut mich, dass ich das Foto, das ich in dem Bild gesehen habe, an euch Leser sozusagen weitergeben konnte. Wie gesagt, als ich das Motto des TdM gelesen hatte, ist mir dieses Bild wirklich sofort vor dem geistigen Auge erschienen. Schon ein witziger Zufall, nicht wahr?

Danke auch für deine Formulierungs-Anmerkungen. Ich verbinde mit fadenscheinig immer solche Begriffe wie "abgerissen", "ärmlich" und "schäbig". "Abgenutzt" trifft es aber auch ganz gut, finde ich.

Was die tieferen Einblicke in die Gefühlswelt des Prots angeht - ist notiert!

Viele Grüße vom EISENMANN
----------------------------------------------------- Peeperkorn

Huhu Peeperkorn!

Ganz vielen lieben Dank für deine ausführlichen Anmerkungen und die Gedanken, die du dir gemacht hast. Es freut mich natürlich, wenn dir die kurzen, prägnanten Sätze zusagen - ich habe mich bei der Wahl der Sätze und Sprache von der Stimmung leiten lassen, die ich beim Schreiben empfunden habe. Mache ich übrigens immer so:)!

Und hier erschien mir ein kurzer, "abgehackter" Stil (ein anderer Kommentator hatte die Sätze tatsächlich so beschrieben) einfach passend und situationsangemessen.

Vor allem freut es mich, keine pathetische Tränendrüsen-Schmonzette mit Holzhammer-Message und Gefühls-Overkill fabriziert zu haben. Ich finde es eigentlich sogar ausgesprochen erstaunlich, wie kühl und distanziert ausgerechnet die Geschichten oftmals erzählt werden, wo der/die Autor/Autorin die Geschehnisse selber erlebt hat.

Danke für deinen Hinweis bzgl. der Formulierungen - das "an einem Stück" kommt raus, ihr habt mich überzeugt, das gefällt mir mittlerweile selber nicht mehr so doll!;)

Was die Kürze und mangelnde Charaktertiefe und Personenbeschreibung angeht - yo, das hab ich irgendwo schon mal gehört!;) Ich werds ändern!

Ach übrigens – „Menschenskinder“ ist so eine typische anachronistische Redensart, die heutzutage wohl kaum noch verwendet wird, jedoch tatsächlich auch bei der Benennung eines Einzelnen durchaus im Plural gebraucht werden kann.

Viele Grüße und nochmals vielen Dank für dein Feedback sendet dir der EISENMANN
---------------------------------------------------------- Friedel

Hallo Friedel!

Hm - wie sag ich das jetzt bloß am besten? Nun ja - in Anbetracht deines Kommentars, den ich nicht so ganz einordnen kann, ob er lobend oder tadelnd gemeint war, sage ich zunächst mal lapidar: "Vielen Dank für dein Feedback!":)

Ansonsten hoffe ich, dass dir die Geschichte gefallen hat - aus deinem Kommentar konnte ich das nicht so richtig ableiten ... irgendwie gar nicht so ... überhaupt nicht!

Anyway - Cheers vom EISENMANN
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So, ihr Lieben – später mehr!!

Grüße vom EISENMANN

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Eisenmann,

ich habe die Kommentare meiner Vorredner nicht gelesen, verzeih mir etwaige Doppelungen.

Ja, der Krieg, ein Thema, das mich auch immer wieder beschäftigt. Die Schrecken, die Gewalt, aber auch die morbide Faszination, das Warum und Weshalb. Du fokussierst dich hier auf eine einzige Szene, dementprechend kurz fällt auch die Geschichte aus, die mehr eine Momentaufnahme ist. Sie ist sehr solide geschrieben, man merkt, du hast Erfahrung.

Der Anfang gefällt mir auch, es wirkt, als würde die Erzählstimme das Bild beschreiben, das dich inspiriert hat, und sich darüber Gedanken machen, sich im Verlauf immer mehr die Geschichte dieses Mannes ausmalen, mit immer mehr Details. Das ist ein schöner Ansatz.

Ein Problem, das ich habe, ist, dass mir der Text an einigen Stellen ein bisschen zu pathetisch ist. Das ist eigentlich nicht schlimm, aber auf die Kürze fällt es dann doch auf.

Zwei Beispiele:

Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner. Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.

Für ihn war der Krieg vorbei und er käme zwar nicht in einem Stück, aber immerhin lebendig nach Hause. Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.

Ich weiß nicht, solche sprachlich aufgeladenen Sätze wirken in den Texten, die sich mit dem Krieg beschäftigen, immer sehr floskelhaft, so auf Betroffenheit bedacht. Ist aber eine sehr persönliche Meinung, da ich mich recht lange mit diesen Themen beschäftigt habe. Natürlich könnte eine szenischere Beschreibung diese Problematik leichter umschiffen, aber ich denke, ein solcher Text war nicht deine Absicht, richtig?

Ja, und eben der Ansatz einer Momentaufnahme sorgt bei mir für eine gewisse Distanz zum Protagonisten. Er ist halt nur ein Opfer des Krieges, einer von Tausenden, nur ein schmutziges Gesicht auf einem Foto. Er bliebt recht unpersönlich. Wie ein Abziehbild des kriegsgeplagten Mannes, wenn du verstehst. Ich bin ehrlich, der Text wird so kaum bei mir haften bleiben, zu bekannt sind die Zutaten. Verlust der Familie, Verkrüppelung, Trümmer, Trauma; es ist ales da, aber zu allgemein, zu gesichtslos, zu oberflächlich, um zu begeistern. Ich finde, da wäre noch mehr gegangen, und man merkt, dass du den Text in kurzer Zeit niedergeschrieben hast.

Er kann sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal etwas gegessen hat. Oder getrunken. Oder geschlafen. Und trotzdem weiß er, dass er nie wieder Fleisch essen wird. Er wird es nicht mehr können. Der Geruch von gebratenem, gekochtem, gegrilltem Fleisch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken. Ihm Schweißperlen auf die Stirn treiben und ihn bis in seine Träume verfolgen.

Den letzten Satz würde ich rausnehmen, das Bild mit der Galle ist allein stärker.

Auf ein Bier und eine Partie Doppelkopf mit den Anderen, die auch das Glück hatten, nicht mehr in einem Stück nach Hause gekommen zu sein.

anderen - immer klein.

„Ich suche Frau Hedwig Paulsen (31), Elisabeth Paulsen (7) und Josef Paulsen (3) – wohnhaft in diesem Haus – zuletzt gesehen gestern Abend – es sucht Fritz Paulsen, Notunterkunft im Reichsbahngebäude, Kavalleriestraße 9“

Punkt vergessen, oder absichtlich weggelassen?

Alles in allem eine nette Momentaufnahme über die Schrecken des Krieges, bei der du ein bisschen Potenzial verschenkt hast, finde ich. Du kannst das viel besser, das hast du doch schon bewiesen. Aber auf die Kürze funktioniert's trotzdem, und das ist doch die Hauptsache. ;)

Liebe Grüße
gibberish

 

Hallo Eisenmann,

ehrlich gesagt, wollte ich deine Geschichte nicht kommentieren, da hier schon viele langjährige Mitglieder mit einiger Erfahrung kommentiert haben und mich das ehrlich gesagt ein bisschen verunsichert *lach* Nachdem du aber einige "harte" Kritik, vor allem auf die Länge und Charakterentwicklung bezogen, einstecken hast müssen, hab ich mich nun doch noch entschieden meinen Senf dazu zu geben, unter anderem weil mich deine KG nachhaltig beschäftigt hat ;-)

Ich finde deine Geschichte toll! "In der Kürze liegt die Würze" oder wie geht das Sprichwort? Für mein Empfinden ist die Länge genau richtig, du lässt Platz für Interpretation und dein Prot. ist im Grunde ein Niemand, der für Alle steht. Mich hats berührt und das vor allem aufgrund deiner feinen, präzisen Sprache - hier wird kein Wort verschwendet. Vor allem die Ausführung zu der kornblumenblauen Kreide fand ich sehr schön! Natürlich gibt es zu diesem Thema einen ganzen Haufen an Literatur aber es muss nicht immer etwas Innovatives sein, um tief zu gehen und zu berühren und das Thema ist, wenn auch schon oft durchgekaut, heute leider wieder sehr aktuell.

Einzig und allein die Sache mit dem Braten hat mich etwas verwirrt, dass ihm zuerst das Wasser im Mund zusammen läuft aber dann beim Gedanken daran die Galle hochkommt.

Danke jedenfalls für deine Geschichte!

Lg
miri

 

Hallo Eisenmann,

gerade wollte ich einen Kommentar zu deiner Geschichte schreiben, da lese ich den meines Vorgängers miri.
Warum wiederholen, was jemand genau so geschrieben hat, wie ich es vorhatte? Die gleich Einschätzung deiner sprachlichen Fähigkeiten, die gleichen Einwände beim Bratenduft.

Ich bin mit "Nachts schlafen die Ratten doch" literarisch sozialisiert worden. Und nie war deine Geschichte aktueller als heute. Es gibt eben zeitlose Themen. Dazu gehört Krieg und Frieden. Und auch "Werthers Leiden" kann man in hundert Jahren neu erzählen.
Dieser Hang zum Einmaligen, Exklusiven ist eher ein Produkt des Zeitgeistes, der Sucht nach Individualität geschuldet.

Liebe Grüße von
wieselmaus, die sich gerne an das Copywrite erinnert

 

Hm - wie sag ich das jetzt bloß am besten? Nun ja - in Anbetracht deines Kommentars,
Mein J, ist der schon lange her,

lieber Eisenmann,

dass ich glatt noch mal selber rein schauen musste, ja,

und Du hoffst richtig, sie hat mir gefallen!

Gruß und vorsorglich schönes Wochenende vom

Friedel

 

Novak

Hallo Novak!

Erstmal vielen Dank für deinen ausführlichen und konstruktiven Kommentar. Du hast recht, da ich die Geschichte ja noch überarbeiten will, ist es sehr gut für mich, eher handlungs- bzw. erzähltechnisches Feedback zu erhalten.

Du hast eine Menge zutreffender Punkte angesprochen. Stimmt, die Ähnlichkeit zu Borchert ist natürlich da - wer hat denn auch nicht "Draußen vor der Tür" in der Schule lesen müssen?!;)

Ich wollte mir einen nüchternen, fast schon klinischen Ton zueigen machen - du erwähntest das Stichwort "Pathetisch" und "Tränendrüsen". Genau dies gehörte ich die Geschichte, so wie ich sie erzählen will, auch nicht hinein. Da habe ich allerdings dann wohl zwangsläufig eine ganze Reihe sehr wohl bekannter Stilmittel verwendet. Es ist schwer, heutzutage überhaupt noch etwas erzählen zu können, das nicht an anderer Stelle schon da gewesen ist. Ich bedauere jeden Autor, der sich an dem Genre "Fantasy" oder "Vampir-Horror" versucht, ohne als Herr-der-Ringe- oder "Twilight"-Plagiator abgetan zu werden!!

Von daher kann ich deine Anmerkung verstehen, ich würde hier sehr auf den Stil hinarbeiten und quasi aus dem Zusammenhang heraus ("unverbunden") erzählen.

Sehr gut gefällt mir deine Überlegung der Sekundär-Traumatisierung und der Schuldgefühle des (unverdienten?) Überlebens, dem klassischen Survivor-Guilt-Syndrom. Ich muss gestehen, dass ich diese Komponente gar nicht im Blick hatte. Allerdings ist das ein durchaus interessanter Aspekt, den ich überdenken werde. Ich will die Geschichte nicht überfrachten oder den Fokus verschieben, aber genau so ein Element würde der Figur eine größere Charaktertiefe verleihen. Vielen Dank für den Hinweis!

Das freut mich sehr, dass du den Text nicht zu kurz oder in gewisser Weise unfertig findest! Yuhuuuu!:D Denn es handelt sich NICHT um einen Schnellschuss - LEUTE!!!!Das war so gewollt (auch wenns scheinbar in die Hose gegangen ist!:lol:)

Ich werde dennoch den Text ausgestaltet. Und in diesem Zusammenhang habe ich auch schon eine Idde, wie ich mehr auf die Kreide eingehen will. Insofern finde ich deine Idee/Vorschlag sehr gut und treffend, denn da bin ich (ganz unabhängig von deinem Feedback) auch drauf gekommen, die Kreide mehr zu thematisieren. Ist ja schließlich auch Tdm.

Hoffentlich gefallen dir meine Ideen und die Umsetzung, liebe Novak. Denn schließlich schwebt immer das Damoklesschwert der "Verschlimmbesserung" über demjenigen, der an Geschichte rumbastelt. Ich hoffe, dass mich dieses Schwert nicht treffen wird. Schauen wir mal!!

Viele liebe Grüße vom EISENMANN
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Achillus

Hi Achillus,

Danke schön für dein Feedback und die Vorschläge, die ja auch schon einige andere Kommentatoren angemerkt haben. Ich werde die Geschichte in jedem Fall noch ein wenig mehr ausarbeiten. Zwar kann ich jetzt noch nicht genau abschätzen, wieviel mehr das werden wird, aber ich arbeite dran und lasse mich überraschen, wohin mich die Geschichte trägt. Etwas "Neues" oder "Ungewöhnliches" allerdings einzubauen wird ausgerechnet bei dem Kriegsthema ziemlich schwer werden. Wenn ich also nicht plötzlich ein paar Aliens landen lasse oder Donald Duck aus den Trümmern hopst, werde ich dich in diesem Punkt höchst wahrscheinlich nur schwer zufrieden stellen können, fürchte ich!

Aber ich werds natürlich trotzdem versuchen.

Ein schönes Wochenende wünscht der EISENMANN
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zigga

Moin zigga!

Danke für dein Feedback und die Überlegungen zu meiner Geschichte.
OK, wenn du der ungefähr gefühlte 5.000-ste Kritiker bist, der mir sagt, an der Geschichte fehlt noch was, dann glaube ich das so langsam auch mal! Insofern danke für die Bestätigung dieses "vagen Verdachts", den ich schon seit geraumer Zeit habe!!

Du hast das treffend beschrieben mit den ausgetretenen Pfaden, die immer wieder beschritten werden. Und wenn etwas halbwegs bekannt ist und schon oft erzählt wurde, fällt es natürlich schwer, da etwas Neues rauszuziehen. Ähnliches hatte ja auch schon Achillus angemerkt und ich ihm geschrieben.
Ich werde es natürlich versuchen, aber das ist eine schwere Aufgabe. Aber was soll's - das Wortkrieger-Forum ist kein Ponyhof und wenn's leicht wär, könnt's ja jeder, nicht wahr?:Pfeif:

Grüße vom EISENMANN
----------------------------------------------------------------------- gibberish

Heyho gibberish!

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Kritik. Ich freue mich, dass dir der Ansatz der Geschichte zumindest gefällt und du einige Elemente daraus gelungen findest.

Es ist interessant, immer die unterschiedlichen Meinungen der Leser zu sehen und auch zu vergleichen. Der Satz mit dem "Glück", den du zu pathetisch fandest, hat beispielsweise Isegrims ganz gut gefallen. Man kann's halt leider nicht immer allen gleich gut präsentieren.
Dennoch finde ich gerade solche Anmerkungen immer sehr produktiv, da diese den Autor ja besonders zum Nachdenken animieren (sollten!).

Aber dennoch muss ich eine Sache (zum ungefähr 395-trillionensten Mal!) betonen - ich habe den Text vielleicht in kurzer Zeit tatsächlich im technischen Sinne "runtergeschrieben", aber ich habe ihn nicht in kurzer Zeit "verfasst"! Ich hab dran rumgefeilt, ihn gekürzt - ihn halt in die Form gebracht, in der er jetzt ist. Schade nur, dass es nicht so rüberkommt!

Danke für dein Kompliment, ich würde das viel besser können. Ich finde den Text trotz seiner Kürze und fehlenden Charaktertiefe jetzt zwar nicht soooo tierisch daneben, aber das Lob nehme ich natürlich sehr gern und dankend an!:D

Dankende Grüße vom EISENMANN
--------------------------------------------------------------- miri

Huhu miri!

Wow, das finde ich total lieb und sympathisch von dir, dass du mir (gerade wegen der "harten" Kritik) jetzt einen so netten Kommentar schreibst. Vielen lieben Dank dafür!:)
(Aber keine Sorge - ich kann die Kritik ganz gut verarbeiten, sie ist ja schließlich durch die Bank weg konstruktiv und sehr ergiebig! Wenn ich da so an meine Kommentare denke, die ich manchmal so "abfeuere" ... alter Schwede ....:Pfeif:)

Es freut mich sehr, dass dich meine Geschichte beschäftigen und emotional berühren konnte. Auch wenn es leider ein nicht ganz so beschwingtes Thema mit einer angenehmen Handlung darstellt, so finde ich doch, dass es gerade solche Themen immer wieder wert sind, erzählt zu werden. Insbesondere da Menschen ja leider viel zu schnell viel zu sehr dazu neigen, viel zu dumm zu werden, wenn und weils ihnen viel zu gut geht!!

Danke für dein ausgesprochen schönes Lob bzgl. meiner Sprache - Hach, das geht runter wie Rosenöl! Insbesondere, wenn ich an meinen Chauvi-Macho-Großmaul-Stil denke, den eine Serienfigur hier von mir immer anschlägt! Die Sache mit dem Braten ist eines der Dinge auf meiner To-Do-Liste!

Insofern bzgl deines Dankes für die Geschichte ein von Herzen kommendes "Bitte sehr, es war mir ein Vergnügen!"

Viele Grüße und ein schönes Wochenende wünscht dir der EISENMANN
------------------------------------------------------------------ wieselmaus

Huhu wieselchen!

Ganz vielen lieben Dank auch an dich für deinen netten und aufbauenden Kommentar. Und so wie bei miri kann ich auch dir versprechen, dass ich die Braten-Sache überarbeite.
Du hast übrigens völlig recht - es gibt Themen, die zeitlos, aktuell und immer erzählenswert sind und bleiben.

Eine sehr gute Geschichte, die gerade der heutigen auf Leistungsdruck getrimmten High-Performance-Jugend als absolute Pflichtlektüre an die Hand gegeben werden sollte, ist die Geschichte "Unterm Rad" von Hermann Hesse. Dort kann man sehr plastisch sehen, was immer höhere Anforderungen mit einem (jungen) Menschen machen können. Von den Mitte-50'ern, die plötzlich (unverschuldet) auf der Straße stehen, sich im Konkurrenzkampf mit den Anfang-20'ern sehen und sich ganz neue Berufsfelder erschließen müssen und von denen man noch 10-15 Jahre Arbeitsleistung erwartet, wollen und sollten wir besser mal gar nicht reden!

Aber ich schweife ab ...

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar, wieselmaus!

Liebe Grüße schickt dir der EISENMANN, dem es immer noch leid tut, was er deiner armen Hannah beim Copyright angetan hat!!;)
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So, ihr Lieben!
Ich hoffe, ich habe jetzt keinen von euch vergessen! Nochmals meinen ganz recht herzlichen Dank an euch alle und habt kollektiv ein schönes Wochenende!

Viele Grüße schickt euch der EISENMANN

 

Hey Eisenmann,

Ich finde den Text trotz seiner Kürze und fehlenden Charaktertiefe jetzt zwar nicht soooo tierisch daneben, aber das Lob nehme ich natürlich sehr gern und dankend an!

Nein, daneben ist der Text auf keinen Fall. Ich habe bloß andere Texte von dir gelesen und fand sie dann doch eine Spur besser. Das heißt aber nicht, dass diese Geschichte hier in die Hose gegangen sei. Keineswegs, das ist schon ein guter Text, der in meinen Augen bloß Potenzial für mehr hätte. So meinte ich das. Es tut mir leid, falls das falsch rübergekommen ist.

Man kann's halt leider nicht immer allen gleich gut präsentieren.

Da hast du recht, Eisenmann. Und das sollte man auch nicht anstreben, das klappt nie. Wenn es dir gefällt, wird es auch vielen Lesern gefallen. ;)

Hab ein schönes Wochenende, Eisenmann.

Liebe Grüße
gibberish

 

Hallo Eisenmann,

ich finde du schreibst sehr sinnlich mit klaren Bildern. An "Draussen vor der Tür." dachte ich auch und am Ende weiß man, dass es keine Hoffnung gibt, dass er seine Familie wieder sieht, genau wie die Frau, die "mit hängenden Schultern zu den Trümmern ihres Hauses geht."

Nun hast du beschlossen weiter zu schreiben und ich will dir nur mitteilen, dass mir am stärksten die blaue Kreide haften geblieben ist, vielleicht noch bestärkt durch josefelipes Kommentar. So als sehe ich die üblichen Schwarz/weiß- Fernsehbilder aus dem Krieg vor mir und mittendrin leuchtet diese Kreide blau. Und ich dachte mir, ob es vielleicht die Geschichte dieses Kreidestücks sein könnte, die du weiter erzählst, nur ein Gedanke.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Eisenmann,

ich habe die Geschichte vorhin im Zug gelesen und dass ich mich jetzt trotz Feierabendkoma noch zu einem Kommentar aufschwinge, zeigt schon, dass die eine nachhaltige Wirkung hat. Ich habe anders als viele andere Kommentatoren beim Lesen nicht an Borchert gedacht - entweder ist es zu lange her, dass ich ihn gelesen habe, oder es ist auch dem Feierabendkoma anzulasten. :)

Aber die Wirkung war wirklich ähnlich wie bei diesen "Stunde Null"-Kurzgeschichten - ich habe mich in die Szene versetzt gefühlt und hatte starkes Mitgefühl mit dem Protagonisten - obwohl ich nur sehr wenig über ihn erfahren habe.

Deshalb bin ich - auch anders als viele andere Kritiker - total dagegen, die Geschichte länger zu machen. Dass einige Stellen noch stimmiger werden könnten und dass manche Sätze vielleicht noch geschliffen werden, dagegen ist nichts einzuwenden. Aber ich finde, wenn es einem gelingt, so was Kurzes zu schreiben und damit alles zu sagen, was man sagen wollte, dann sollte man das nicht künstlich ausdehnen, nur weil die Lesegewohnheiten heute von stärker von längeren und detaillierteren Texten geprägt sind. Mag sein, dass tatsächlich ein noch besserer Text herauskäme, wenn du zusätzliche Szenen, Rückblenden etc. einbauen würdest - aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Text dabei kaputt geht, ist auch nicht gering. Ich hatte nach dem Lesen jedenfalls nicht das Gefühl, dass noch etwas fehlt, und wenn ich deine Kommentare richtig verstehe, hat dein eigenes Bauchgefühl ja auch gesagt: Die Geschichte ist da fertig. Hör darauf! :)

Ein paar Detailanmerkungen:

Wo hat er wohl das Stückchen Kreide her? Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße?
Das fand ich sehr effektiv, dass man allein durch den Straßennamen sofort weiß, in welcher Zeit man ist.

Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.
Überzeugt mich nicht so ganz - Angst ist nicht farbabhängig. Seine Gedanken sind vielleicht etwas wirr und unlogisch, aber trotzdem, ich glaube ich würde das eher in die Richtung formulieren, dass man der blauen Schrift die Angst nicht ansehen kann.

Unterschwellig kann er auch feine Noten von duftend geschmortem Fleisch wahrnehmen. Braten am Sonntag.
Ich kann auf der einen Seite vieles an der Stelle nachvollziehen. Dass er von dem Geruch hungrig wird - logisch, das ist einfach eine körperliche Reaktion. Dass ihm trotzdem schlecht wird - finde ich auch nachvollziehbar. Der Geruch wird ihn wahrscheinlich für immer an verbranntes Menschenfleisch erinnern.

Wo ich mir nicht sicher bin: Ist das, was er riecht, wirklich ein Sonntagsbraten, oder sind das die Toten in den zerstörten Häusern?

Das muss du vielleicht auch nicht eindeutig machen. Es ist zwar eher unwahrscheinlich, dass jemand sich da inmitten der Zerstörung sein Mittagessen zubereitet. Aber wenn es der Geruch der Bombenopfer sein sollte, finde ich es auch nicht abwegig, dass sein Gehirn diesen Sprung macht und das für Bratenduft hält. Erstens will er nicht wahrhaben, dass seine Familie tot sein könnte, zweitens hat er sehr lange nichts gegessen. Das würde verdrängungstechnisch also gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Puh, ganz schön makaber. :shy:

Aber ja, ich bin der Meinung, es steckt schon genug drin in der Geschichte, und es sollte nicht noch mehr reingestopft werden.

Grüße von Perdita

 

Moin Eisenmann,

ich mag den Anfang, obwohl das ja doch eine eher ungewöhnliche Einleitung für eine Kurzgeschichte ist. Vielleicht gefällt er mir aber auch gerade deshalb, weil ich der Ansicht bin, dass nichts verboten ist, solange es sich schön liest und einen Sinn beziehungsweise eine Wirkung hat.
Es fällt mir also leicht, mich auf deine Geschichte einzulassen, und das ist eine gute Voraussetzung.

Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner.
Die Angst in jedem Buchstaben? Die Angst ist doch "in" ihm und nicht in den Buchstaben.
Vielleicht: "Kornblumenblau nimmt ihm nicht die Angst, die mit jedem Buchstaben wächst, den er an die Wand schreibt."
Mein Beispiel ist auch nicht gerade das Gelbe vom Ei, liest sich etwas ungelenk, aber vielleicht kann es dir ja trotzdem ein Denkanstoß sein.

fadenscheinigen Mantels ... Unterschwellig ... saubere Schlieren
Ich mag den Stil deiner Geschichte. Kurz, knackig, trocken und mit dem Blick auf das Wichtigste, ohne die Absicht, das auszuschmücken. "Fadenscheinig" passt dazu aber nicht so ganz, finde ich. Gilt auch für "unterschwellig" und die "sauberen Schlieren". Das war für mich jeweils ein kleiner Stilbruch.

Für ihn war der Krieg vorbei und er käme zwar nicht in einem Stück,
Hätte ich mir einheitlicher gewünscht. Also "wäre und käme" oder "war und kam".

Du hast in diesem kurzen Text viel Tragik untergebracht, ohne dabei auf die Tränendrüse zu drücken, und damit mein Mitgefühl für deine arme Figur gewonnen. Das war sicher auch deine Intention und da das gelungen ist, braucht es eigentlich nicht mehr, aber an deiner Stelle würde ich überlegen, die Geschichte noch ein bisschen auszubauen, ihr mehr Raum zu gönnen.
Ich hätte zum Beispiel gerne eine Erinnerung an das letzte Beisammensein mit seinen Liebsten gelesen ...

Liebe Grüße,
JackOve

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Eisenmann,

im guten Vorsatz, mich endlich den TdM-Geschichten zu widmen, habe ich mir vor ein paar Tagen auch die deinige ausgedruckt. Gelesen habe ich die vier Texte, nur zum Kommentieren bin ich noch nicht gekommen. Unter deine habe ich einfach nur: "Toll!" geschrieben.

Wo hat er wohl das Stückchen Kreide her? Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße? Viel ist von der Schule und der Himmlerstraße nicht mehr übrig.
Blau ist die Kreide. Kornblumenblau. Das sieht auf den rußschwarzen Wänden sicher schön aus. Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner. Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.

Ich war sofort in der Geschichte. Ich mag diesen Anfang. Der hat was. Wegen der Gegensätze. Kornblumenblau - da denkt man an Sommerwiese und Schmetterlinge, dagegen die kaputte Schule und die Erwähnung von Angst. Schöner Gegensatz, der seine Wirkung tut.

Den Ärmel, in dem kein Arm mehr steckt. Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist.

Super Verdichtung. Sagt so viel.

Ihm läuft das Wasser im Mund zusammen, als er den zarten Bratenduft inmitten der Reste der Straße in die Nase bekommt.
...
Der Geruch von gebratenem, gekochtem, gegrilltem Fleisch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken. Ihm Schweißperlen auf die Stirn treiben und ihn bis in seine Träume verfolgen.

Was jetzt? Ekel oder Appetit? Ich verstehe, was Du sagen willst, aber so wie es im Text steht, liest es sich als Widerspruch. Von daher würde ich es als Entwicklung/als Folge der Rauchsäulen die aus den Häusern noch aufsteigen zeigen. Meinst Du ja, steht da aber nicht. Jetzt treibt ihn der Geruch ...

Das war aber auch schon alles, was mich irretiert hat. Ich finde das ist ein wirklich starker Text. So dicht, so viel Tragik und trotzdem steckt diese kornblumenblaue Kreide samt der Assoziationen drin. Schräg, dass die sich nicht im Verlauf des Textes verbraucht. Vielleicht, weil die Hoffnung ja noch lebt.
Kurze Texte sind schwierig, sehr sogar, und ich finde, der passt, der ist rund, der erzählt etwas. Ziemlich viel sogar.

Hut ab!

Beste Grüße, Fliege

 

Hallo lieber Eisenmann,

ich komme jetzt erst dazu, die vielen Geschichten zum Thema des Monats zumindest mal anzufangen zu lesen. Ich stecke gerade mitten in der Überarbeitung meines Romanmanuskripts und war die letzten Wochen völlig darin versunken. Jetzt mache ich aber mal ein paar Tage Pause :shy:

Deine kleine Geschichte finde ich gut gemacht. Du erzählst viel, indem du eigentlich etwas anderes erzählst. Zum Beispiel, als du von dem duftend geschmorten Fleisch schreibst. Da gingen bei mir im Kopf sofort ganz viele Assoziationen los. Ein paar Sätze später erklärst du, dass er nie wieder Fleisch essen können wird, sagst aber nicht warum. Man weiß es aber. Was ich sagen will: Das gefällt mir. Du sprichst von gebratenem, gegrilltem Fleisch und im Kopf des Lesers entstehen sofort Bilder, die erzählen, was der Mann im Krieg gesehen haben muss.

Hat mir wirklich gefallen, dieser Ausschnitt aus dem Leben des Mannes. Mein Lieblingssatz ist: Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht. Den habe ich mir ein paar Mal durchgelesen. Er ist traurig, aber schön!

Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo ihr Lieben!

Zunächst einmal sorry an euch alle, dass ich erst jetzt antworte, und vielen Dank, dass ihr euch mit der Geschichte beschäftigt habt und mir eure Anmerkungen und Ideen dazu sagt!:)

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gibberish

Hi gibberish!

Vielen Dank für deine aufmunternden Worte - nein, dein Kommentar ist keineswegs falsch rübergekommen. Ich habe dich auch nicht so verstanden, dass du die Geschichte jetzt total mies findest. Es ist halt ganz normal beim lesen und schreiben, dass es immer geschmackliche Unterschiede gibt, nicht wahr? Und das macht das Ganze ja auch so spannend und abwechslungsreich.:)

Ich wünsche dir einen schönen Sonntag,
EISENMANN
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Chutney

Hi Chutney,

vielen Dank für deine lieben Worte und deine Anregungen. Das ist ein sehr intensives Bild, dass du da beschreibst - die blaue Kreide inmitten der schwarzweißen Trümmerlandschaft. Als du das geschrieben hast, musste ich direkt an das rote Kleid in Schindlers Liste denken - Kloß im Hals pur!!
Eine interessante Idee mit der Geschichte aus Sicht der Kreide - ich glaube, es war meine allererste Geschichte hier im Forum (damals noch unter Kurzgeschichten.de), die aus Sicht eines Ofens geschrieben wurde. Wie gesagt, ein interessanter Gedanke.

Viele liebe Grüße schickt der EISENMANN
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Perdita

Huhu Perdita!

Wow, vielen Dank für deine lobenden Worte. Das freut mich natürlich sehr, dass mein Text dein Feierabendkoma überwinden konnte!:)

Du sprichst da genau meine Sorge aus - einerseits den Text ausbauen und verfeinern (verbessern?), andererseits ihn verschlimmbesseren. Ich hatte es immer wieder gesagt - der Text ist kein Schnellschuss. Im Gegenteil - es fiel mir wesentlich schwerer, den Text so kurz und knapp zu halten.
Die Sache mit dem Bratenduft werde ich noch etwas kürzen, aber diese makabren Gedankensprünge und genau diese Assoziationen mit dem Sonntagsbraten, einer friedvollen, harmonischen Stimmung und dem Grund, der dahintersteht (verbrannte Menschen!) will ich beibehalten. Ich hatte mich ehrlich gesagt ein wenig gewundert, dass man dies missverstanden hat. Ich meine, was soll denn der Geruch von gekochtem Fleisch nach einem Bombenangriff mit Brandbomben denn sonst sein? Da freut es mich umso mehr, dass ich diesen Wirkung bei dir erzeugen konnte - obwohl, eigentlich sollte mir das doch eigentlich eher leidtun, dass ich dir so schreckliche Bilder einflöße, nicht wahr?:D

Viele liebe Grüße vom EISENMANN
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Bea Milana

Hallo Bea!

Vielen Dank für dein Feedback und deine Anmerkungen! Es tut immer wieder gut, ein Lob für seine Arbeit zu hören - von daher freut es mich sehr, dass dich meine Geschichte auf ihre traurige Reise mitnehmen konnte.
Deine Anmerkungen und sprachlichen Tipps finde ich sehr gut - oft sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen selbst nicht mehr. Ich werde den Text ja auch noch ein bisschen überarbeiten.
Der Arm ist anstelle des Protagonisten in Russland geblieben - damit wollte ich halt sagen, dass er "nur" verstümmelt wurde und nicht gefallen ist. Das ist übrigens auch die Anspielung auf sein "Glück", dass er hatte.
Wie ich auch schon Perdita geschrieben hatte, freut es mich natürlich, dass ich dich mit der Stelle über das Fleisch und den Braten "packen" konnte. Natürlich ist das schon sehr makaber. Ich persönlich fand/finde diese Stelle wesentlich erschreckender als der übliche Horrorkram, den ich sonst so schreibe - weil das ja leider erstens wahr ist und sich tatsächlich so abgespielt hat (und immer wieder so abspielen wird!), und weil hier zweitens Frauen, Kinder, Alte und Kranke gestorben sind, und nicht "nur" Soldaten - nicht, dass das jetzt "besser" wäre, wenn ausschließlich Soldaten getötet worden wären.

Vielen Dank nochmal für dein Kompliment! Dass ich den Erzählton im Verlauf der Geschichte geändert habe ist mir gar nicht bewusst aufgefallen, es war also kein gewolltes Stilmittel.:)

Viele liebe Grüße und einen schönen Sonntag wünscht dir der EISENMANN
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JackOve

Hallo JackOve!

Auch an dich vielen lieben Dank für dein Feedback und deine Kommentare. Insbesondere, nachdem ich mit deiner Geschichte ja nicht gerade zimperlich umgegangen bin. Aber ich schätze, ich habe dir eher bestätigen können, dass deine Geschichte genau die Wirkung auf mich erzielt hat, die sie erzielen sollte, nicht wahr?;)

Du hast recht, das ein oder andere Wort in meiner Story passt nicht so gut bzw. verfäslcht den Ton und die Erzählart der Geschichte. Ich werde sie aber noch ein wenig überpolieren. Auf jeden Fall freut es mich sehr, dass sie dir gefallen hat, trotz, oder vielleicht ja auch gerade wegen ihrer Kürze.
Was die Länge bzw. Tiefe der Geschichte angeht, da arbeite ich dran, aber ich will ganz ehrlich sein - das ist auch nicht so leicht, wenn ich die Geschichte nicht "kaputtreparieren" soll.

Viele Grüße vom EISENMANN
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Fliege und RinaWu

Auch euch beiden erstmal ein großes Dankeschön für eure Kommentare und Anmerkung sowie das Lob, das ich von euch bekommen habe!:)
Ich werde euch aber noch einzeln und ausführlicher antworten.

Bis dahin danke nochmal an alle, einen schönen Sonntag und einen guten Start in die neue Woche wünscht euch der EISENMANN

 

Fliege

Hallo Fliege!

Vielen Dank für dein Feedback und das Lob von dir! Das du die Geschichte toll findest, freut mich sehr, klasse!:)
Schön, dass dich die Geschichte von Anfang an mitnehmen konnte und dir das Bild des leeren Ärmels etwas sagen konnte. Ich hatte mich ein wenig gewundert, dass man gerade diese Formulierung missverstehen konnte.
Du hast recht, die Fleischbeschreibung ist noch nicht so toll gelungen, aber ich will sie nochmals überarbeiten.
Was mich ganz besonders freut und ebenfalls (positiv) überrascht, ist die Hoffnung, die du für dich persönlich rauslesen konntest. Ich selber war beim Schreiben eigentlich ziemlich bedrückt und traurig, weil mich die Geschichte unterm Strich eher hoffungslos, desillusioniert und niedergeschlagen zurückgelassen hat. Sehr schön, dass jeder für sich selbst eigene Facetten an der Geschichte entdecken kann!!

Vielen Dank für dein Lob und viele Grüße schickt der EISENMANN
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RinaWu

Hallo Rinawu!

Auch an dich ein herzliches Danke schön für deine Zeit und die Gedanken, die du dir über meine Geschichte gemacht hast - insbesondere bei deinem vollen Terminkalender! Vielen Dank dafür!
Aber falls es dich tröstet - ich habe dasselbe Problem, zwischen all den vielen tollen Geschichten -deine eingeschlossen!:) - alles zu lesen, zu kommentieren, dabei an der eigenen Geschichte zu schrauben und nebenbei noch so kleine Nebensachen wie "Arbeit" und "Privatleben" unter einen Hut/Helm zu kriegen:D!
Freut mich, dass dir der Satz mit dem Glück gefallen hat. Ich habe mal ganz bewusst versucht, etwas bedeutendere Sätze zu erschaffen, die mit relativ wenig Worten trotzdem eine Menge sagen sollen. Schön, dass mir das ja bei dem ein oder anderen Satz gelungen ist. Ob jetzt die Sache mit dem Ärmel, dem Glück oder die Assoziation mit dem Bratenduft und dem Geruch verbrannter Menschen.
Wie gesagt - die Geschichte war alles andere als ein Schnellschuss. Eine Ironie, wenn man bedenkt, dass sie bei vielen Lesern genauso rübergekommen ist!:)

Viele liebe Grüße vom EISENMANN

 

So, liebe Wortkrieger!

Hier ist meine neue Version der Geschichte - ich hoffe, ich habe sie nicht verschlimmbessert.

Grüße vom EISENMANN

 

Hallo Eisenmann,

wenn ich das richtig sehe, hast du den Text an manchen Stellen um Kriegserinnerungen ergänzt, richtig? Also für meinen Geschmack hätte es das nicht gebraucht, ich fand das Kompakte gut. Aber das ist nur meine bescheidene Meinung.

Was mir aufgefallen ist:

Er hatte in Ställen geschlafen. Der Geruch der verbrannten Häuser und verbrannten Fahrzeuge hing in der Luft.
Würde ich zu einem machen, denn der Zeitenwechsel stört mich hier. Z.B.: Er hatte in Ställen geschlafen, umgeben von dem Geruch nach verbrannten Häusern und Fahrzeugen.

Die Luft riecht jetzt auch nach Rauch.
Ist vielleicht reine Geschmackssache, aber ich würde das umdrehen, also: Die Luft riecht auch jetzt nach Rauch. Das klingt stärker.

Das bedeutete am Abend ein oder zwei zähe, graue Fleischbrocken in ihrer dünnen Brühe. Fleisch war immer ein Grund zur Freude.
Und trotzdem weiß er, dass er nie wieder Fleisch essen wird. Er wird es nicht mehr können. Der Geruch von Fleisch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken.

Das ist mir zu viel Fleisch. Bekommst du bestimmt auch ohne diese Dopplungen hin.

Die Lancasters waren schneller gewesen. Im Soldatenheim war er gestern Abend gewesen.
Abgesehen davon, dass ich die "war gewesen"-Dopplung nicht mag, verstehe ich hier den Zusammenhang nicht. Wer sind die Lancasters? Und was haben sie mit seinem Besuch im Soldatenheim zu tun?

Mit den anderen, die auch Glück gehabt hatten. Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.
Das ist mir ebenfalls zu zusammenhanglos, der zweite Satz ist so schön, aber er wirkt hier, wie reingeschoben, weil er woanders keinen Platz fand. Ich würde "Das Glück hat ihn nach Hause gebracht ..." viel weiter oben einsetzen (war das in Version 1 nicht so?), nämlich hinter den Ausspruch vom Sani, dass er Schwein gehabt hat. Da passt das besser.

Liebe Grüße
RinaWu

 

Lieber Eisenmann,

leider komme ich erst jetzt dazu, deinen Beitrag zu kommentieren, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, die Liste von oben abzuarbeiten (das wird wohl eh nichts mehr) und ich die Farbe Kornblumenblau unheimlich schön finde. Vielleicht war es dann aber auch genau der Kontrast zwischen der Farbe und dem Thema des Textes, der mich wieder zurückrudern ließ.

Ich finde, du hast dieses vergilbte schwarz-weiß-Gefühl, dass mich im Zusammenhang mit dieser Zeit immer beschleicht, wirklich schön eingefangen.
Einige Stellen des Textes sind für mich aber, ähnlich wie auf alten Fotos, etwas unscharf geblieben:

Die Gedanken an seine Frau und seine Kinder ersetzten das knappe Morphium, dass der Feldarzt nur den „schlimmen“ Fällen geben konnte.

Ist das so oder behauptet der Feldarzt das einfach nur?

Die Häuser, die am wenigsten beschädigt waren, sollte er für die Offiziere markieren.

Wozu? Welche Häuser am wenigstens beschädigt sind, erkennt man doch, lange bevor man bis vor die Hauswand geht und Kreidezeichen entziffert?

Und trotzdem weiß er, dass er nie wieder Fleisch essen wird. Er wird es nicht mehr können. Der Geruch von Fleisch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken.

Was ist da passiert in Kiew? Er wurde verletzt - klar. Aber in welchem Zusammenhang steht das mit seinem Ekel vor Fleisch?

Die Lancasters waren schneller gewesen. Im Soldatenheim war er gestern Abend gewesen.

Der Szenenwechsel ist mir zu schnell.

Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.

Den Satz finde ich schön. Vielleicht - nur ein Vorschlag - wäre er noch deutlicher so:
Sein Glück ... für ein Zuhause gereicht?

Im Schlussteil wird die niedergeschlagene Stimmung zwischen den Kriegstrümmern wieder sehr eindrücklich von dir dargestellt und ich konnte sie deinem Prot nachfühlen.

Hoffe, du kannst ein wenig was damit anfangen.

Viele Grüße

Willi

 

Hallo RinaWu!

Vielen lieben Dank für dein Feedback und dafür, dass du die Geschichte nochmal gelesen und kommentiert hast!:)
Ich hatte bzgl. der Länge und Ausgestaltung des Charakters die Idee, parallele Entwicklungen und Situationen an der Front und zu Hause zu beschreiben - Rauch, Zerstörung und Tod. Dadurch wollte ich beschreiben, dass er dem Schrecken des Krieges auch in seiner Heimat nicht entkommen ist.

Danke auch für deine stilistischen Hinweise - ich werde sie gerne einbauen. Ach so - die "Lancasters" sind englische Bomber vom Typ "Lancaster".

Interessant, dass du den Satz mit dem Glück lieber weiter oben sehen würdest - viele andere fanden, der Satz würde zuviel vorwegnehmen. Ich schau mal, wo ich den hinpacke.

Viele liebe Grüße zurück vom EISENMANN

 

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