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Gedanken über die Liebe

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08.01.2002
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Gedanken über die Liebe

Verliebtsein bedeutet für mich, dass ein anderer Mensch auf mich große Anziehungskraft ausübt. Diese ist so stark, dass ich für eine gewisse Weile mein Leben oder Teile davon nur auf ihn ausrichte.

Neben dem alles ergreifenden Verliebtsein gibt es eines, das nur partiell ist, das nur bestimmte Teile erfasst. Das kann sich darin erschöpfen, dass man jemanden nur in bestimmten Bereichen sehr anziehend findet. Jemand hat eine erotische Stimme, in die man sich verliebt. Jemand ist so gut aussehend, dass man sich in seine äußerliche Erscheinung verliebt.
Oder jemand kann so anregend, prickelnd reden, schreiben oder sogar nur chatten, dass man sich in das verliebt, was derjenige sagt und schreibt und wie er auf das eigene Gesagte reagiert.
Dieses partielle Verliebtsein birgt die Gefahr in sich, dass man alle anderen Wesens- und Charakterzüge des Menschen miteinbezieht und durch die "rosarote Brille" gleichmäßig einfärbt, genährt von demselben Verliebtsein in nur einzelne Bereiche.
Ich nehme mich davon nicht aus, in dieser Gefahr falsch zu handeln.
Wobei ich mich sogleich korrigieren muß, denn das Wort "falsch" ist eine unrichtige Bewertung.
Als Verliebter macht man keine Fehler. Man hat gar keine Wahl.
Man kann einfach nur so handeln, wie es das Verliebtsein diktiert.
Weshalb man sich nämlich verliebt, ist so tief im Unterbewussten verborgen, dass man es vermutlich nur in seltenen Augenblick begreifen und verstehen kann.

Das Verliebtsein ist eine Art Ausnahmezustand. Es ist gefährlich sich zu verlieben, weil man mehr oder weniger intensiv den Realtitätssinn und den Boden der Tatsachen verliert.
Dennoch ist Verliebtsein ein Gefühl, das jedem Menschen wenigstens einmal in seinem Leben widerfahren sollte, weil es ein wundervolles, mit keinem vergleichbares Gefühl ist.

Es ist die faszinierende Entdeckung des anderen, den man begehrenswert und anziehend findet, ohne, dass man erklären könnte, weshalb es gerade dieser Mensch ist. Der Zauber dieses Zustandes liegt zu einem großen Teil in seiner Unbegreiflichkeit.

Die Tatsache, dass Verliebtsein auch bedeutet, sich schwach und hilflos zu fühlen, liegt daran, dass man für die Zeit des Verliebtseins die Verantwortung für das eigene Glück ausschließlich von der Beziehung zum anderen abhängig macht.
Das macht verletzlich und schwach.
Es hängt vom anderen ab, ob man sich glücklich oder unglücklich fühlt.

So lange es nicht gelingt, aus dem Verliebtsein heraus zu gelangen und wieder das Glück in die eigenen Hände zu nehmen, und sich selbst eigenverantwortlich zu kümmern, steckt das Verliebtsein in der Gefahr der großen Enttäuschung.
Denn auf Dauer ist ein Zustand von emotionaler Abhängigkeit quälend, weil er den Verliebten eingrenzt.

Auf diesen Gedanken aufbauend wird die Liebe ebenfalls wie das Verliebtsein von der Anziehungskraft und dem Begehren getragen, aber frei von der belastenden Situation, dass der andere ausschließlich für das eigene Glück verantwortlich ist.

Liebe zeichnet sich durch hinzutretende große Wertschätzung des anderen aus.
Diese Wertschätzung verfestigt und vertieft sich mit der Dauer der Beziehung, und wächst zu vorbehaltlosem Vertrauen heran.

Liebe ist also getragen von Anziehung, Begehren, Wertschätzung, Achtung, Innigkeit und tiefem Vertrauen.

In ihrer reinsten Form besitzt die Liebe nichts und niemanden. Mir fällt der Satz eines Songs von Sting ein: "if you love somebody, set him free".
In ihrer reinsten Form ist Liebe nur Hingabe an den anderen, ohne Gegenforderungen zu stellen.

Ich kann mir nur sehr wenige Menschen vorstellen, die diese reinste Form der Liebe geben können, ohne ihr eigenes Ich zu verleugnen.
Ich glaube, zur eigenen Abgrenzung vom anderen ist es unumgänglich, dass man nicht in reinster Form einen Menschen liebt.
Wir sind zu dieser liebenden, nichts vom anderen fordernden Hingabe nicht erzogen worden und müssen erkennen, dass wir letztendlich nur die Summe unserer einspurigen Erziehung und uns beeinflussenden Umwelt sind.
Ich vermute daher, dass es diese reinste Form der Liebe nicht gibt, wenngleich es gut ist, zu wissen,was Liebe als Ziel sein könnte.
Und ich bin überzeugt, dass unser menschliches Dasein nur dann einen echten Sinn erhält, wenn sich jeder auf seine Weise auf den Weg macht, dieses Ziel zu erreichen, ein Leben lang.
Vielleicht kann man diese ideale Liebe als ständiges Ringen mit sich selbst betrachten. Als täglicher Versuch, zu erkennen und zu lernen, dass jedwede Forderung an den anderen, ein Entfernen von der Liebe darstellt.

Wenn wir den Bereich der idealen Liebe verlassen, wie sieht es dann aus?
In der Wirklichkeit ist die Liebe eine sich stets verändernde Form aus allen Bereichen. Ein fließender Übergang von Verliebtsein in Liebe, von teilweisem Verliebtsein und schon teilweiser gewachsener Liebe.
Wir befinden uns deshalb manchmal in der Beziehung zu einem Menschen gleichzeitig in verschiedenen Stadien aus Verliebtsein und Liebe.
So unterschiedlich wie wir sind, so individuell wird diese Mischung sein.

Mit Sicherheit kann man sagen, dass eine Liebe erloschen ist oder nicht mehr heranwachsen kann, wenn weder Anziehung noch Begehren, weder Achtung noch Wertschätzung, weder Innigkeit noch tiefes Vertrauen vorhanden sind und sei es nur in einer abgeschwächten Form.


Nicht erwähnt habe ich, dass wir häufig diese soeben genannten Eigenschaften mit unseren eigenen Wünschen und Bedürfnissen verwechseln.
Der Partner wird anziehend und begehrenswert gefunden, geachtet und geschätzt, weil er etwas kann oder besitzt, das wir uns selbst sehnlichst wünschen, woran wir in unserem Leben stets Mangel gelitten haben.

So wünschen wir uns vielleicht einen Partner der Halt gibt, weil wir selbst unsere Bodenlosigkeit nicht beseitigen können. Wir begehren einen Partner, der uns begehrenswert finden soll, weil wir selbst keine Achtung für uns aufzubringen vermögen. Wir bewundern, achten und begehren einen Partner vielleicht nur, weil wir unsere eigenen Defizite in ihm zu kompensieren versuchen.
Ich meine ausdrücklich "versuchen", denn je deutlicher und tiefer ein solches eigenes Defizit vorhanden ist, desto weniger ist der Partner in der Lage hilfreich zu sein. Desto mehr wird er, um die ihm wahrhaft gebührende Liebe betrogen, denn er bleibt, so lange der andere in seinen Defiziten verfangen ist, ja nur Mittel zum Zweck.

Ich wäre eine schlechte Beobachterin der menschlichen Beziehungen, wenn ich diese Gedanken nicht weiterführen würde, denn so abwertend und hoffnungslos, wie ich eben diese Form der Beziehungen beschrieben habe, treten sie in der Realität nicht auf.
In glücklicherweise vielen Fällen passen sich die Defizite wie ein Zahnrad oder Puzzle ein, in die hohlen, eigenen defizitären Stellen des anderen.
Wir suchen zum Beispiel Halt und Schutz, und finden einen Partner, dessen Selbstwertgefühl nur durch das Geben von Halt und Schutz aufleben kann.

Der Volksmund hat hierzu einen schlichten, aber deshalb nicht minder zutreffenden Satz gefunden: "Gegensätze ziehen sich an."
Für mich bedeutet das nichts anderes, als dass sich zwei Bedürftige ergänzen und zufriedenstellen können, indem sie jeweils die Sehnsüchte des anderen mit ihren eigenen Bedürfnissen stillen.

Wäre das Liebe?
Nach meiner Definition der reinsten idealen Liebe wohl kaum.
Aber mit Sicherheit wäre es Zuneigung, getragen und gestützt von nur allzu menschlichen Bedürfnissen aufgrund der eigenen Unzulänglichkeiten.

Es liegt mir völlig fern, diese Art der menschlichen Beziehung abzuwerten oder für minderwertig zu halten, weiß ich doch, dass wir Menschen nun mal aus einem nicht zu übersehenden Teil von Fehlern bestehen.
Hätten wir keine, wäre das unser größter, unverzeihlichster Fehler.

Ich glaube daher, dass es einfach nur wichtig ist, sich bewusst zu machen, in welcher Form, auf welcher Bedürfnisebene wir uns begegnen, wir verliebt sind oder gar lieben, damit es uns gelingt, ein kleines bisschen Licht in unser Gefühlschaos und Lebenschaos zu bringen.

Was ich bislang nicht erwähnt habe, aber für unerläßlich halte, ist die Eigenliebe. So lange ich mich nicht selbst lieben kann, ich mich selbst nicht schätze und achte, wird meine Bedürftigkeit ein Fass ohne Boden, denn der andere wird kaum in der Lage sein, mir immer wieder meinen Mangel aufzufüllen.
Das mag eine Weile gewiss gut gehen, aber irgendwann würde die fehlende Liebe zu sich selbst dazu führen, dass der andere nichts zurück erhält.

Ich wage die These und behaupte, dass man nur dann jemanden lieben kann, wenn man in der Lage ist, sich selbst zu lieben, so wie ich niemandem eine Sprache vermitteln kann, die ich selbst nicht spreche.

Womit sich die Frage auftut, ob man Liebe erlernen kann. Ich gestehe, dass ich darüber noch nachdenken muss.


Es fällt mir schwer, jetzt ein Schlusswort zu schreiben, um meine Gedanken nicht so klanglos abbrechen zu lassen.
Aber ich glaube, es ist nicht möglich, bei diesem Thema jemals zu einem Schluss zu kommen.
Je länger ich darüber nachgesonnen habe, was Verliebtsein und Liebe bedeuten, wie sie sich in Worte fassen lassen, desto mehr sind mir die tausendfachen Facetten deutlich geworden, die eine Beziehung zwischen Menschen ausmacht.
Ich empfinde mich mit meiner Darstellung daher unfertig und rohbaulich und noch lange nicht am Ende.
Bevor ich jedoch auf der Suche nach einer gültigen Definition für die Liebe aufhöre, im Garten der Worte zu pflügen, ein kleiner Satz noch, der bei der Beziehung zwischen Menschen genauso Gültigkeit hat, wie er in anderen Lebensbereichen wichtig ist: "Das einzige Beständige, ist die Unbeständigkeit."

 

@querkopp
Hallo *überdenkopfstreichel*, bitte nicht mehr empört gucken. Das Blöde an der geschriebenen Konversation ist halt, dass man dem anderen dabei nicht ins Gesicht sehen kann. Da kommt schon mal was falsch 'rüber.

Und: Auch ich bin lakita-Fan.

Definitionen von Liebe gibt es reichlich. Wenn du einen Neurologen fragst, wird er dir eine andere Definition liefern als ein Pfarrer. Mir persönlich hat jemand mal erklärt, die Liebe sei ein Cocktail, gemixt aus den richtigen Anteilen von Vertrauen, sexueller Anziehungskraft, gegenseitigem Respekt, Verstehen und Konflikt. Mit dieser Definition bin ich persönlich immer am besten gefahren, darum glaube ich an sie.

Pip

 

@ Pip...
@ querkopp


ihr beide bringt mich schwer zum Schunzeln. Lakita-Fan...soso. :D
Na, dann will ich mal nicht so sein und euch endlich zu Ehrenmitgliedern des lakita-fan-clubs ernennen. :lol:

Fröhliche Sonnenostern wünsch ich euch.
elvira

 

Dito, und ganz, ganz viele Schokoladenhäschen...

Vielleicht regnet's ja, und du bleibst zu Hause und schreibst uns was?

Pip

 

Na, dann muss ich auch noch meine Wünsche loswerden:

viele dicke, bunte Eier und -identisch mit pip - Regen in Hamburg. :D

liebe Grüße
Maris

 

Wenn man sich den Riesenhaufen an ausführlichen, gut überlegen Kommentaren hier mal anschaut, so wird einem schnell bewusst, wie sehr sich die Leute danach sehnen sich mit dem Thema zu befassen – ganz egal, ob man mit den meisten Überlegungen bereits lange vertraut ist. :D Man fühlt sich schnell durchschaut, weil das subjektive Empfinden der Liebe in keinem anderen Bereich so schnell auf Zustimmung anderer trifft.

Ich fand es sehr angenehm und interessant mal eine sachliche Analyse anstelle eines poetischen Textes über die Liebe zu lesen. Ehrlich gesagt bin ich mir selber nicht sicher, ob man bei der Liebe von einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren oder von einem einzigen, unvergleichbaren, klaren Gefühl ausgehen kann. Ich glaube bloß daran, dass jeder irgendwann mal zumindest Augenblicken der „Liebe in ihrer reinen Form“ begegnet ohne sich unbedingt dessen bewusst zu werden. ;)

Auf 2 Dinge lenkte der Thomas meine Aufmerksamkeit ganz besonders:

1. Es heißt, Liebe beflügelt die Sinne, aber betrübt die Wahrnehmung.
aus Onegin - Alexander Puschkin
Weil ich in der Heimatstadt von Puschkin aufgewachsen bin. ;) Der lebte doch in St. Petersburg? Zumindest ist die Stadt Puschkin nur 30 Kilometer von St. Petersburg entfernt – also fast mitten drin. :D Dort musste ich mir als Kind ständig sein Museum antun. :mad:
2. Dabei finde ich interessant, dass auch - ganz ohne Metaphern - in unserer Gesellschaft Haustiere weitaus öfters gestreichelt werden als Menschen.
Genau das Thema habe ich letztens erst als Teil der Kritik von einer Kurzgeschichte angesprochen! :eek:

 

Hallo angu2,

danke für deine Kritik zu diesem Text.
Ich bin darüber erfreut, dass er dich und die anderen Kritiker dazu angeregt hat, nicht nur etwas zu dem Text und meine Art der Darstellung zu sagen, sondern auch noch eigene Gedanken über die Liebe mit einzubringen.
Das gibt auch mir die Möglichkeit weiter zu denken.

Ein Gedanke, den du gebracht hast, geht mir nicht aus dem Kopf, nämlich der, dass du nicht genau weißt, ob sich die Liebe aus verschiedenen, von mir beschriebenen Faktoren zusammen setzt oder in reinster Form vorhanden ist.
Ich bin soweit zu sagen, dass es ganz gewiß Momente gibt, aber aus meiner Sicht nur Momente, in denen wir kein Gemisch aus diversen Faktoren an Liebe für einen anderen Menschen empfinden.
Da spielt dann nur ein Faktor eine Rolle.

Gruß
elvira

[Beitrag editiert von: lakita am 31.03.2002 um 20:11]

 

@angu2

Puschkin wurde zwar am 6. Juni 1799 in Moskau geboren. Allerdings siedelte er bereits mit zwölf Jahren zusammen mit seinen Eltern nach St. Petersburg um. Insofern war letztere wohl tatsächlich eher seine Heimatstadt (wenn auch nicht Geburtsstadt).

Die phantastische Verfilmung von Onegin vor anderthalb Jahren habe ich mir ungefähr sechs(!) mal angeschaut. Dieses Zitat der Hauptfigur Onegin selbst ist eines der zentralen Aussagen des Romans. Der Witz dabei ist nämlich, dass sich Onegins pessimistische Einstellung zur Liebe (er zieht seine persönliche Freiheit dieser vor) am Ende nicht auszahlt. Ganz im Gegenteil. Nur weiß er das zu Beginn eben noch nicht. Er muss erst lernen. Aber als er seine Lektion dann, nach Jahren der Flucht in Gestalt weiter Reisen (er ist sehr wohlhabend, weiß aber nichts rechtes mit seinem vielen Geld anzufangen), endlich gelernt hat - nämlich, dass die wahrhaftige Liebe tatsächlich existiert und nicht nur eine Illusion der Dichter und Denker ist, ist es zu spät: Die wunderschöne Tatjana heiratete jemand anderen. Weil sie, wie es ihr ihre Mutter einbläut, endlich "unter die Haube" muss. Aber sie liebt ihren Ehemann nicht und sie wird ihn auch nie lieben. Aber sie hat ihm ihr Wort gegeben. Deshalb muss sie bei ihm bleiben. Jewgeni Onegin gab ihr vor Jahren auf ihr Liebesgeständnis zu ihm einen Korb, weil er nicht an die Liebe glaubte. Jetzt musste er für seinen damaligen Unglauben teuer büßen.

Puschkin hatte die Idee zu diesem Roman übrigens während einer tiefen seelischen Krise. Beendet hat er die Erzählung dann allerdings erst nach knapp neun(!) Jahren.


Also, dass habe ich jetzt zum einen zwar erzählt, weil mich diese Erzählung so fasziniert (und vielleicht auch andere?). Zum anderen passt sie meiner Ansicht nach aber auch sehr gut in diesen Thread.

@lakita

Um das ganze auf deine Abhandlung bzw. deine Unterscheidung zwischen Verliebtheit und Liebe abzustimmen: Onegin unterstellt Tatjana zu Beginn der Erzählung (als sie sich in ihn verliebt und ihm Briefe schreibt) den - minderwertigen - Zustand bloßen Verliebtseins. Obwohl es aber wahre Liebe ist. Die aber erkennt er einfach nicht bzw. flüchtet sich selbst in die Unabhängigkeit - und gibt ihr deshalb einen Korb. Später, nach Jahren der Einsamkeit, aber auch gewachsener geistiger wie seelischer Reife, ist er überhaupt erst fähig ihre - noch immer währende - Liebe zu ihm wie (jetzt) auch seine eigene Liebe zu ihr (die bereits damals latent vorhanden war!) zu erkennen. Aber dann ist es zu spät (s.o.). Seine Auffassung "...aber betrübt die Wahrnehmung." erweist sich am Ende selbst als - geradezu teuflische, destruktive - Illusion.

Die Verfilmung weist noch eine interessante Einsicht auf: Als nun Onegin nach all den Jahren reumütig zu Tatjana zurückkehrt und sie ihn frägt, woher sein plötzlicher Sinneswandel herrührt (Tatjana ist nun ebenso wie er durch ihre Heirat sehr wohlhabend geworden, sie treffen sich auf einem Ball wieder und er gerät durch ihre Anwesenheit wie in einen Bann) sagt er zu ihr: "Ich habe mich selbst in dir gesehen!".

Bedeuten wir uns gegenseitig nicht wie einen (zumal subtilen) Spiegel? Aber so, wie das Abbild unserer selbst im Spiegel eben spiegelverkehrt erscheint, zeigt sich darin unsere fehlende Hälfte! Warum erkennen wir das nicht? Weil wir (besonders in jungen Jahren) zumeist nur das sehen, was wir auch sehen wollen? (Je älter wir werden, desto mehr verblasst das "Verliebtsein" - also das Ego-orientierte lieben - gegenüber der wahren - deinem inneren Wesen entsprechenden, Ego-abgewandten - Liebe.

[Beitrag editiert von: Die philosophische Ratte am 03.04.2002 um 01:52]

 

Das hast du wunderschön formuliert Philosophische Ratte und hab auch Dank für deine informativen Ausführungen zum Roman Puschkins.

Ja, dieses Gleichnis mit dem Spiegel ist sehr schön gewählt.
Ich würde es so beschreiben, dass der Blick in den Spiegel uns nur das zeigt, was wir sehen wollen oder besser gesagt, in der jeweiligen Situation erkennen können.
Wir alle kennen diese Momente, in denen wir in den Spiegel schauen und wir uns abgrundtief häßlich finden, widerwärtig, auch gibt es die Momente, wo man sich beim eigenen Anblick fremd vorkommt und dann gibt es schließlich die Momente, in denen wir uns mögen, unseren Anblick gut finden.

Genauso verhält es sich mit dem geliebten Gegenüber, wir können nur das in ihm wiedergespiegelt sehen, was wir selbst bereit sind, an uns zu sehen.
Und wir können in unserem Partner das sehen, was wir uns selbst für uns wünschen, aber glauben, nicht zu besitzen.
Je älter man wird, und insoweit fügt sich dein Beispiel Puschkins nahtlos in meine Gedanken ein, desto mehr gelingt es einem, mit eigener Milde sein Spiegelbild zu betrachten, mit sich versöhnlicher zu werden, sich mehr zu achten.
Und genau diese Empfindungen kann man dann auch seinem Partner entgegenbringen.
Ist das dann Liebe? Oder nur das Ergebnis des lebenslangen Abschleifens einer rauhen Schale?

elvira

 

Elvira, was meinst du mit "nur das Ergebnis des lebenslangen Abschleifens einer rauhen Schale"? So manch einer/eine erreicht diesen Zustand vielleicht nie. Außerdem verstehe ich deinen Gegensatz nicht, den dein "Oder" kennzeichnet. Wenn es nötig ist, erst im Laufe der Jahre seine Hörner zu gebrauchen und abzunutzen dauert es eben, bis man zur Liebe bereit ist.

Liebe muss eben erst erlernt werden. Sie fällt nicht vom Himmel. (Aufgepasst! Neue - kontroverse - These!)
:D :cool:


Oder hatten wir die schon? :(

[Beitrag editiert von: Die philosophische Ratte am 03.04.2002 um 21:18]

 

Ist das schon Liebe? Oder nurdas Ergebnis eines lebenslangen Abschleifens einer rauhen Schale?

Dieses nurbezieht sich auf meine Einstellung, dass es kein Verdienst ist älter und damit allein durch die Anzahl der Jahre klüger, reifer geworden zu sein.
Es ist demzufolge auch keine besondere Leistung, wenn man sich und andere gelassener und milder betrachten kann und somit in der Lage ist, weniger Hindernisse dem anderen entgegen zu stellen.

Ich schlussfolgerte, ungeschrieben daraus, dass es im Alter einfacher ist, aufgrund dieser eigenen inneren Gelassenheit und der im Laufe der Jahre angewachsenen Erkenntnisse, zu lieben.
Für mich ein Zustand der Liebe, der eher ohne viel Zutun heranreift. Ich fragte mich, ob man diese Form der Zuneigung schon als Liebe bezeichnen darf.

Daher das oder, welches sich darauf bezog, dass es Liebe gibt, ohne alt sein zu müssen, womit man durchaus kontrovers sein kann, denn wenn Liebe erst erlernt werden muss, kann es sie erst ab einem bestimmten Zeitpunkt geben, nämlich nachdem man gelernt hat.

Interessante These, die du da aufbringst. Sie macht mich nachdenklich.
Danke dir!

Gruß elvira

 

:D Ich heiße Jewgeni auf Russisch (Evgeni geschrieben), und meine Schwester heisst Tatjana.

 

Ich heiße Jewgeni auf Russisch (Evgeni geschrieben), und meine Schwester heisst Tatjana.
:eek: :lol: Also das ist jetzt ja schon ein irrer Zufall, sowas!
Kaum zu glauben. Zuerst die von dir erwähnte Sache mit unserem fast zur selben Zeit gefassten Thematik mit den Tieren, die öfters als Menschen gestreichelt werden. Und jetzt diese Geburtsort- wie Namensgleichheit mit den Romanfiguren (die ich auch noch rein zufällig(?) hier so ausführlich schilderte. Und dass überhaupt jemand mit russischer Abstammung gerade jetzt hier im Thread mitdiskutiert!

Wow. Faszinierend. Außergewöhnlich ungewöhnlich. In der Tat. Verbirgst du sonst noch irgendwelche geheimnisvollen Paralellen? :susp: :susp: (kann man vielleicht noch toppen; Geburtsdatum oder so... ;) :D )

(Achja, fällt mir grad noch ein: Weißt du, ob der Name "Onegin" vielleicht irgendeine Bedeutung hat?)

[Beitrag editiert von: Die philosophische Ratte am 04.04.2002 um 00:46]

 

Den Namen Onegin habe ich bereits auf jede mögliche Art und Weise auszusprechen versucht, und trotzdem will er mir einfach nicht bekannt vorkommen :mad: - erst recht fehlt mir das Wissen über dessen Bedeutung bzw. Herkunft. :(

 

es ist wohl ar, dass man bei diesem thema nie ans ende kommen kann, weil einem selbst immer neue "facetten" begegnen, aber mit einem hast du völlig recht; es ist wohl utopisch zuglauben, dass die liebe "funktioniert" wenn nur von einer seite etwas investiert wird. schöne welt, wenn jeder nur gibt, aber nichts fordert! aber es klappt nicht, dazu sind die menschen wohl zu egoistisch, jeder will eben auf seine kosten kommen. aber ist die liebe nicht auch eben ein geben und nehmen? ich meine, wenn ich liebe, gebe ich gerne, alles was ich hab, auch wenn ich nicht so viel zurückbekomme - nun bitte nicht materiell verstehen - aber wenn einfach nichts kommt, bin ich irgendann eben am ende meiner kräfte, und kann nicht mehr geben!
das ist auch wieder die sache mit dem sich ergänzen; ich gebe meinem partner, was er von mir bracuht, und bekomme dafür das, was mir eben gut tut! was auch immer das für den einzelnen menschen sen mag! es ist aber wichtig - ich kann jetzt natürlich nur von mir ausgehen, da ich eine solche erfahrung erst hinter mich gebracht habe - dass liebe nicht einseitig sein sollte, keiner sollte "auf der strecke bleiben" müssen!
und an was ich auch nicht glaube, was mir aber einige menschen "vormachen" wollen: es kann doch nicht sein, dass einer den anderen "mehr" liebt, was auch immer das heißen mag!? es muß doch, aufgrund dessen, was ich oben angebracht habe - von wegen geben und nehmen - eine art "gleichgewicht" herrschen; ob dieses wort es nun genau trifft, weiß ich nicht wirklich, aber mir fält grad ken anderes ein, und wenn ihrs euch eben bildlich vorstellt, versteht ihr glaub ich, was ich mein.....
man sollte sich nicht mit seinem partner, und dessen zuneigung oder gefühlsdarstellungen einem selbst gegnüber nicht zufrieden gebnen müssen, man sollte ihn doch genau dafür lieben, für das, was er einem eben - rein gefühlsmäßig - geben kann!
mal sehn, ob da noch jemand durchsteigt...
aber guter gedankengang muß ich sagen, ich muß dir schon in vielen punkten zustimmen....
lg grinsekatze

 

es kann doch nicht sein, dass einer den anderen "mehr" liebt, was auch immer das heißen mag!? es muß doch, aufgrund dessen, was ich oben angebracht habe - von wegen geben und nehmen - eine art "gleichgewicht" herrschen;
Da bin ich anderer Meinung. Es kommt nämlich auch darauf an, in wie weit in jemandem bereits die Fähigkeit zu lieben herangereift ist. Zu lieben heißt sich so weit wie möglich von seinem persönlichen Ego zu lösen (bzw. dieses und seine Handlungen überhaupt erst bewusst wahrzunehmen!) und sozusagen transzendent, über seine eigenen Grenzen hinaus zu leben.

Der Witz dabei ist aber: Wir können uns zum einen nicht von unserem Ego trennen. Auch die Liebe ist letztendlich nichts weiter als ein egoistisches Spiel. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn zum einen besitzen wir ja schließlich alle ein (mehr oder weniger starkes) Ego, welches stets ausreichend gepflegt werden möchte. Zum anderen wäre Liebe ohne ein Ego gar nicht durchführbar, denn ohne ihn hätten wir auch keinen Willen, kein Verlangen, kein Begehren. Wichtiger ist vielmehr einen Ausgleich zwischen Selbstliebe und Nächstenliebe zu finden.

Je weiter ich mich von dieser angestrebten Symmetrie entferne, desto gefährlicher sind über kurz oder lang die Auswirkungen (Narzissmus oder Selbstlosigkeit - beides ist gleichermaßen übel)

 

Hallo grinsekatze,

ich bin der Auffassung, dass diese Art von Liebe, nämlich ein gleichgewichtiges Geben und Nehmen durchaus möglich sein kann.
Solch ein Zustand kann durchaus zur Liebe führen und Liebe sein.

Aber dein: "ich gebe meinem Partner, was er braucht und bekomme dafür, was mir guttut" ist eine hochanfällige Beziehung. In dem Moment, in dem sich einer der Partner anders entwickelt, also etwas anderes benötigt oder braucht, kippt diese Partnerschaft aus dem Gleichgewicht von Geben und Nehmen.

Da sich jeder Mensch fortentwickelt, besteht fortwährend diese Gefahr des heranwachsenden Ungleichgewichts.
Damit ist diese Form der Liebe störanfällig auf die momentanen Bedürfnisse des Partners ausrichtet und kann keinen beständigen Charakter haben.

Ich bin der festen Überzeugung, dass man fast immer in einer Partnerschaft ein Ungleichgewicht an Liebe hat. Immer.
So unterschiedlich wie wir Menschen sind, so unterschiedlich intensiv sind wir auch in unserer Fähigkeit zu lieben und Liebe anzunehmen.

Dieses Ungleichgewicht ist aber nicht die Ursache für das Sterben der Liebe, sondern die Liebe stirbt einzig durch die Tatsache, dass man nicht mehr liebt.

Dieses Ungleichgewicht ist die Würze des Lebens, oder, dass, was uns einen Haufen Geschichten beschert, das, was eine Beziehung zwischen den Menschen ja so aufreibend, spannend und irritierend macht.
Möchtest du das wirklich missen, und über ein ewiges Gleichgewicht mit deinem Partner, den du liebst verfügen?

Liebe Philo-Ratte,

diese These mit dem Ego ist hochspannend. Erst wollte ich dir darauf antworten, dass ich sie genial finde, aber dann fiel mir ein, dass ich nicht weiß, wie du Ego definierst.
Ich möchte mit dir von denselben Voraussetzungen ausgehen. Darf ich dich daher um diese Fingerübung der Definition bitten?

Gruß an alle
elvira

 

Liebe Elvira,

hat'n bisschen gedauert bei mir, für eine Antwort. Ich hab noch gezögert, weil ich befürchte, dass es jetzt hier nämlich mal so richtig kompliziert werden kann. Neben dem Begriff Ego müssen wir uns nämlich früher oder später auch mit einer Definition für Liebe auseinandersetzen, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Das kann aber schnell ausufern!

Aber ich tu' mal mein bestes :shy:


Meine Überzeugung stellt sich folgendermaßen dar:

1. Ego steht für das "Ich" (feste Definition aus dem Lateinischen)

2. Das "Ich" bedeutet nicht "Du"!

3. Das Ego ist a) konsequent egoistisch (logisch, nicht?) und b) die stärkste und in der Regel einzige bewusste Kraft in uns (unser Wille und das Wissen um ihn).

4. Die bewusste Liebe definiert sich als Bezogenheit zwischen unseren Egos (das hab ich jetzt vom C.G. Jung)
-- E. Fromm schrieb dazu sehr treffend: Liebe [ist die] Antwort auf das Problem der menschlichen Existenz

5. Das Ego ist nur eine von mehreren Kräften oder Entitäten in uns, wenn auch die stärkste. Diese Kräfte sind sich aber untereinander über ihr Handeln via einer (leider nur) einzigen körperlichen Person nur selten ganz einig (vermutlich nie).

6. Eine "Liebe" ohne unser Ego käme den Tieren gleich.

7. Die meisten Menschen definieren sich wohl über ihr Ego. Dabei vergessen sie aber augenscheinlich die unausweichliche Macht ihres Unterbewusstseins, welches sie oft genug in ganz unbeabsichtigte Bahnen lenkt (und nachher fragen sie sich dann, wie zum Henker dies und jenes nur passieren konnte!). Nur vom Unterbewusstsein gelenkte Liebe wäre keine gewollte Liebe.

So bleibt als Gretchenfrage zunächst: bewusste oder unbewusste Liebe? (aber da gibt es ja dann auch wieder verschiedene Formen. Stöhn! :rolleyes: )


So, jetzt bist aber du endlich dran! :)
(bin schon gespannt! :eek1: )

 

Liebe Philosophische Ratte ,
(schade, dass ich immer noch nicht die Erlaubnis habe, dich entweder Philorat oder Philoratz oder vielleicht sogar Spinnerratz? zu nennen, aber ich will nicht ablenken.)

Ich sehe es ähnlich wie du, wir kommen jetzt langsam in ganz schwierige Gefilde, zumindestens, soweit wir beabsichtigen, eine Definition der Liebe zu finden.
Genau darum geht es ja in meinem Text, um den kläglichen, aber menschlich-verzeihlich kläglichen Versuch, die Liebe ein kleines bißchen klarer zu fassen, ihr einen Hauch von Definition geben zu können.

Danke für deine Ego-Definition. Ich weiß zu schätzen, dass du mir mit der Verständlichkeit deiner Wortwahl entgegenkommst und dich nicht mit abgehobenen Ausdrücken abgrenzt, wie es leider so häufig geschieht und noch heute in den Universitäten bis zum Umfallen praktiziert und bejubelt wird.
Nur derjenige, der in der Lage ist, dem Unwissenden bis hinauf zum Fachmann in der richtigen Wortwahl seine Aussagen zu vermitteln, ist für mich der Meister.

Zurück zum Thema, deine Kernaussage, die ich dann doch, nachdem ich deine Definition für Ego kenne, für diskutierbar halte, lautete:
"Zu lieben heißt sich so weit wie möglich von seinem persönlichen Ego zu lösen (bzw. dieses und seine Handlungen überhaupt erst bewusst wahrzunehmen!) und sozusagen transzendent, über seine eigenen Grenzen hinaus zu leben."

Kann der Mensch sich von seinem Ego lösen, ohne in psychische Krankheit zu verfallen?
Die bewußte Lösung vom Ego ist doch wiederum eine vom Ego gesteuerte Handlung, sie kann es logischerweise doch gar nicht geben, diese Loslösung.
Oder anders gesagt, die Frage, wie weit sich das Ego löst, ist eine Frage, die nur das Ego beantwortet und bestimmt und steuert, womit dann wiederum keine Loslösung gegeben ist.

Wenn ich das jetzt weiterdenke, liebe Philo-Ratte, dann raucht mir der Kopf. :dozey:

Ich glaube das wäre keine Liebe, sich so weit wie möglich von seinem Ego zu lösen. Von daher kann ich deinen Satz nicht unterschreiben. Vordergründig klingt er genial, das mag aber daran lieben, dass wir langläufig mit Ego sofort die negativ besetzte Bewertung Egoismus verbinden und keiner möchte einen egoistischen Liebespartner.
Deine Definition des Ego unterstellt, würde jedoch deine These darauf hinauslaufen, dass man mit einem willenlosen Menschen, eigentlich einem, der gar nicht weiß, dass er liebt zu tun hätte, wollte man verlangen, dass er sich von seinem persönlichen Ego löst.

Aufgreifen möchte ich jedoch, deine Aussagen über die bewußte und unbewußte Liebe. Das halte ich für wichtig, hier einen Versuch der genauen Unterscheidung zu geben.
Gehst du mit mir konform, dass es verschiedene Ebenen, Stufen, Varianten, Stärken der Liebe gibt?

Wenn ja, dann ist die unbewußte Liebe, eine Liebe, der die gute Eigenschaft des Bewußten fehlt.
Es ist Liebe, aber eine schwächere Form als diejenige, deren ich mir vollends bewußt bin.

Manche Menschen glauben, dass es Liebe auf den ersten Blick gibt. Sie sprechen dann eigentlich von dieser unbewußten Form der Liebe, denn wenn ich nur ein paar Sekunden oder Minuten benötige, um das Gefühl der Liebe für jemanden zu empfinden, kann es nur eine Information aus meinem Unbewußtem sein, die mich dazu veranlaßt hat, nicht etwa meine Informationen, die ich durch das Kennenlernen des anderen erhalte.

Die unbewußte Liebe ist zwar ein sehr schöner Zustand, so als stünde man in einem verzaubertem Wald.Man staunt über sich selbst und darüber, dass man nicht erklären kann, weshalb man jemanden liebt.
Aber diese unbewußte Liebe ist mit dem Mangel des Irrtums, der plötzlichen erkenntnisreichen Enttäuschung behaftet. Oftmals ist das Unterbewußte mit nicht erfüllbaren Bedürfnissen gefüllt, die nun in der Verpackung der unbewußten Liebe daher kommen.
Sobald ruchbar wird, wie unerfüllbar dieses an den anderen gerichtete Bedürfnis ist, empfindet der mit unbewußter Liebe Umfangene sich mit einer schwierigen Aufgabe konfrontiert. Eine unerfüllbare Aufgabe, die er zurückweisen muß.

Auf der anderen Seite erlebt derjenige, der auf diese Weise unbewußt liebt, dass ihm sein Bedürfnis nicht erfüllt werden wird. Er fühlt sich nicht mehr geliebt, betrogen und enttäuscht.

Wenn jetzt nicht auf seiner Seite eine bewußte Liebe des anderen an die Stelle der unbewußten tritt, stirbt diese Liebe.

Liebste Grüße

elvira

[ 19.04.2002, 18:15: Beitrag editiert von: lakita ]

 

Hallo Lakita,
dies ist nun der erste Beitrag, den ich hier schreibe.
Ich möchte mit einem Buchanfang von Ronald D. Laing beginnen, der die Liebe mit einem Spiel verglich:
Sie spielen ein Spiel. Sie spielen damit, kein Spiel zu spielen. Zeige ich ihnen, daß ich sie spielen sehe, dann breche ich die Regeln, und sie werden mich bestrafen. Ich muß ihr Spiel, nicht zu sehen, daß ich das Spiel sehe, spielen.
Ich glaube es gibt nur weniges im Leben, was so einfach scheint, aber bei näherer Betrachtung doch so kompliziert ist. Es gibt kein so ist es und kein richtig oder falsch, wie Du richtig geschrieben hast - es ist vielleicht so schwer zu begreifen, dass wir mit unserer Sprache an Grenzen stoßen. Doch welchen Sinn macht dann die Betrachtung über die Liebe? Vielleicht einfach der, dass man nicht nur eine Figur im Spiel ist, sondern sich als handelndes Individuum seine Rolle, die man aus den verschiedensten Gründen, zu unterschiedlichen Zeiten und Orten spielt, bewußt wird.
Die philosophischen Themen scheinen Dir zu liegen und Du hast einen guten flüssigen Schreibstil.
Gruß von garibano

 

Hallo Lakita,
Durch Zufall stolperte ich über Deine sehr schöne Abhandlung über die Liebe. Die anschließende Diskussion fand ich sehr spannend und erbauend. Es ist schön u wissen, daß sich Menschen so positiv und konstruktiv mit diesem Thema beschäftigen.
Eines allerdings ist mir aufgefallen: keiner erwähnt von welcher Liebe die Rede ist:
Von der Liebe der Mutter (Vater) zu ihren Kindern
Von der Liebe der Kinder zu ihren Eltern
Geschwisterliebe
„Liebespaarliebe“
die Liebe des religiösen, spirituellen Menschen zu Gott
die platonische Liebe unter Freunden
and last but not least, die Liebe zu sich selbst (für mich übrigens die wichtigste Liebe, aber dazu später)

Wird in all diesen Beispielen die Liebe unterschiedlich ausgedrückt? Ich denke ja, denn wir befinden uns jeweils in einer anderen Rolle. Wir sind Eltern oder Kinder, Liebhaber, Freund Gottsucher oder einfach nur wir selbst.
Wir haben jeweils ein anderes Rollenverhalten, also wählen wir auch jeweils einen anderen Ausdruck für die Liebe.
Natürlich hast du Recht, Lakita wenn du behauptest, die wichtigsten Eigenschaften der Liebe sind Vergebung, Respekt, Mitgefühl, für andere da sein, etc. Nur was ist, wenn der Partner dies ausnutzt?
Wenn man ein Arschloch als Partner/in hat und man nie gelernt hat ‚nein‘ zu sagen?
Neueste wissenschaftlich Studien haben ein Persönlichkeitsprofil von Krebspatienten erarbeitet. Zu einem hohen Prozentsatz sind Krebspatienten Menschen, die sich aufopfern, immer für andere da sind, lieb, nachsichtig, sagen nie nein... Liebe bis das der Tod euch scheidet?!
Was läuft hier falsch? Warum stimmen wir alle darin überein, daß Liebe ebendiese Eigenschaften beinhalten sollte, und dann stellt sich heraus, daß gerade Menschen mit einem Übermaß solcher Eigenschaften überproportional häufig tödlich erkranken.
Zum einem liegt der Schlüssel (denke ich) im Übermaß dieser Gefühle. Doch wann läuft das Maß über?
Wenn es den Betroffenen selbst stört, wenn es ihn stört, daß er nicht nein sagen kann, wenn er darunter leidet, immer der Nachgiebige zu sein, wenn er zu sehr unter dem zu tief empfundenen Mitgefühl leidet. Er kann keine Nachrichten mehr sehen, weil er dann die ganze Nacht nicht schlafen kann aus Sorge und Angst um die Armen und Betroffenen dieser Welt. Bitte nicht falsch verstehen. Wir brauchen solche Gefühle, sie machen uns zu Menschen, machen uns menschlich, doch derjenige darf nicht unter diesen Gefühlen leiden: Sie sollten ihm nicht seine Kreativität, seine Lebensenergie rauben, das macht krank.
Zum anderen glaube ich, um wirkliche Liebe zu erfahren muß man die Liebe zum eigenen selbst aufbauen.
Selbstliebe kommt vor jeder anderen Liebe. Auch hier bitte nicht falsch verstehen. Ich meine nicht die narzistische Selbstverliebtheit. Doch all die oben erwähnten schönen Eigenschaften, die echte Liebe ausmachen, sollten zuallererst für einen selbst gelten.
Würde man zum Beispiel sich selbst respektieren, könnte jemand anders einen nicht herumschubsen, oder schlagen. Man wüßte, daß man das nicht wert ist und würde die Beziehung verlassen, oder intensiv nach Auswegen suchen, aber nicht leidend verharren.
Das Schwierigste allerdings ist sich selbst zu verzeihen. Doch man muß erst lernen sich selbst alles zu verzeihen, bevor man wirklich dem Partner alles verzeihen kann.
Erst durch die Liebe zu mir selbst, werde ich eine Stärke in mir entwickeln, die es mir erlaubt den Partner frei und ungebunden zu lassen, und ihn nicht als Spiegel, Ventil oder was auch immer zu missbrauchen.
„Ich wähle für dich was du für dich wählst“, könnte der Leitspruch solch einer Beziehung sein.
„Ich wähle für dich, was ich für dich wähle“, meint ich liebe den Partner nicht, sondern ich liebe mich durch den Partner.
Gruß von Zauberer

 

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