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Gedanken über die Liebe

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08.01.2002
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Gedanken über die Liebe

Verliebtsein bedeutet für mich, dass ein anderer Mensch auf mich große Anziehungskraft ausübt. Diese ist so stark, dass ich für eine gewisse Weile mein Leben oder Teile davon nur auf ihn ausrichte.

Neben dem alles ergreifenden Verliebtsein gibt es eines, das nur partiell ist, das nur bestimmte Teile erfasst. Das kann sich darin erschöpfen, dass man jemanden nur in bestimmten Bereichen sehr anziehend findet. Jemand hat eine erotische Stimme, in die man sich verliebt. Jemand ist so gut aussehend, dass man sich in seine äußerliche Erscheinung verliebt.
Oder jemand kann so anregend, prickelnd reden, schreiben oder sogar nur chatten, dass man sich in das verliebt, was derjenige sagt und schreibt und wie er auf das eigene Gesagte reagiert.
Dieses partielle Verliebtsein birgt die Gefahr in sich, dass man alle anderen Wesens- und Charakterzüge des Menschen miteinbezieht und durch die "rosarote Brille" gleichmäßig einfärbt, genährt von demselben Verliebtsein in nur einzelne Bereiche.
Ich nehme mich davon nicht aus, in dieser Gefahr falsch zu handeln.
Wobei ich mich sogleich korrigieren muß, denn das Wort "falsch" ist eine unrichtige Bewertung.
Als Verliebter macht man keine Fehler. Man hat gar keine Wahl.
Man kann einfach nur so handeln, wie es das Verliebtsein diktiert.
Weshalb man sich nämlich verliebt, ist so tief im Unterbewussten verborgen, dass man es vermutlich nur in seltenen Augenblick begreifen und verstehen kann.

Das Verliebtsein ist eine Art Ausnahmezustand. Es ist gefährlich sich zu verlieben, weil man mehr oder weniger intensiv den Realtitätssinn und den Boden der Tatsachen verliert.
Dennoch ist Verliebtsein ein Gefühl, das jedem Menschen wenigstens einmal in seinem Leben widerfahren sollte, weil es ein wundervolles, mit keinem vergleichbares Gefühl ist.

Es ist die faszinierende Entdeckung des anderen, den man begehrenswert und anziehend findet, ohne, dass man erklären könnte, weshalb es gerade dieser Mensch ist. Der Zauber dieses Zustandes liegt zu einem großen Teil in seiner Unbegreiflichkeit.

Die Tatsache, dass Verliebtsein auch bedeutet, sich schwach und hilflos zu fühlen, liegt daran, dass man für die Zeit des Verliebtseins die Verantwortung für das eigene Glück ausschließlich von der Beziehung zum anderen abhängig macht.
Das macht verletzlich und schwach.
Es hängt vom anderen ab, ob man sich glücklich oder unglücklich fühlt.

So lange es nicht gelingt, aus dem Verliebtsein heraus zu gelangen und wieder das Glück in die eigenen Hände zu nehmen, und sich selbst eigenverantwortlich zu kümmern, steckt das Verliebtsein in der Gefahr der großen Enttäuschung.
Denn auf Dauer ist ein Zustand von emotionaler Abhängigkeit quälend, weil er den Verliebten eingrenzt.

Auf diesen Gedanken aufbauend wird die Liebe ebenfalls wie das Verliebtsein von der Anziehungskraft und dem Begehren getragen, aber frei von der belastenden Situation, dass der andere ausschließlich für das eigene Glück verantwortlich ist.

Liebe zeichnet sich durch hinzutretende große Wertschätzung des anderen aus.
Diese Wertschätzung verfestigt und vertieft sich mit der Dauer der Beziehung, und wächst zu vorbehaltlosem Vertrauen heran.

Liebe ist also getragen von Anziehung, Begehren, Wertschätzung, Achtung, Innigkeit und tiefem Vertrauen.

In ihrer reinsten Form besitzt die Liebe nichts und niemanden. Mir fällt der Satz eines Songs von Sting ein: "if you love somebody, set him free".
In ihrer reinsten Form ist Liebe nur Hingabe an den anderen, ohne Gegenforderungen zu stellen.

Ich kann mir nur sehr wenige Menschen vorstellen, die diese reinste Form der Liebe geben können, ohne ihr eigenes Ich zu verleugnen.
Ich glaube, zur eigenen Abgrenzung vom anderen ist es unumgänglich, dass man nicht in reinster Form einen Menschen liebt.
Wir sind zu dieser liebenden, nichts vom anderen fordernden Hingabe nicht erzogen worden und müssen erkennen, dass wir letztendlich nur die Summe unserer einspurigen Erziehung und uns beeinflussenden Umwelt sind.
Ich vermute daher, dass es diese reinste Form der Liebe nicht gibt, wenngleich es gut ist, zu wissen,was Liebe als Ziel sein könnte.
Und ich bin überzeugt, dass unser menschliches Dasein nur dann einen echten Sinn erhält, wenn sich jeder auf seine Weise auf den Weg macht, dieses Ziel zu erreichen, ein Leben lang.
Vielleicht kann man diese ideale Liebe als ständiges Ringen mit sich selbst betrachten. Als täglicher Versuch, zu erkennen und zu lernen, dass jedwede Forderung an den anderen, ein Entfernen von der Liebe darstellt.

Wenn wir den Bereich der idealen Liebe verlassen, wie sieht es dann aus?
In der Wirklichkeit ist die Liebe eine sich stets verändernde Form aus allen Bereichen. Ein fließender Übergang von Verliebtsein in Liebe, von teilweisem Verliebtsein und schon teilweiser gewachsener Liebe.
Wir befinden uns deshalb manchmal in der Beziehung zu einem Menschen gleichzeitig in verschiedenen Stadien aus Verliebtsein und Liebe.
So unterschiedlich wie wir sind, so individuell wird diese Mischung sein.

Mit Sicherheit kann man sagen, dass eine Liebe erloschen ist oder nicht mehr heranwachsen kann, wenn weder Anziehung noch Begehren, weder Achtung noch Wertschätzung, weder Innigkeit noch tiefes Vertrauen vorhanden sind und sei es nur in einer abgeschwächten Form.


Nicht erwähnt habe ich, dass wir häufig diese soeben genannten Eigenschaften mit unseren eigenen Wünschen und Bedürfnissen verwechseln.
Der Partner wird anziehend und begehrenswert gefunden, geachtet und geschätzt, weil er etwas kann oder besitzt, das wir uns selbst sehnlichst wünschen, woran wir in unserem Leben stets Mangel gelitten haben.

So wünschen wir uns vielleicht einen Partner der Halt gibt, weil wir selbst unsere Bodenlosigkeit nicht beseitigen können. Wir begehren einen Partner, der uns begehrenswert finden soll, weil wir selbst keine Achtung für uns aufzubringen vermögen. Wir bewundern, achten und begehren einen Partner vielleicht nur, weil wir unsere eigenen Defizite in ihm zu kompensieren versuchen.
Ich meine ausdrücklich "versuchen", denn je deutlicher und tiefer ein solches eigenes Defizit vorhanden ist, desto weniger ist der Partner in der Lage hilfreich zu sein. Desto mehr wird er, um die ihm wahrhaft gebührende Liebe betrogen, denn er bleibt, so lange der andere in seinen Defiziten verfangen ist, ja nur Mittel zum Zweck.

Ich wäre eine schlechte Beobachterin der menschlichen Beziehungen, wenn ich diese Gedanken nicht weiterführen würde, denn so abwertend und hoffnungslos, wie ich eben diese Form der Beziehungen beschrieben habe, treten sie in der Realität nicht auf.
In glücklicherweise vielen Fällen passen sich die Defizite wie ein Zahnrad oder Puzzle ein, in die hohlen, eigenen defizitären Stellen des anderen.
Wir suchen zum Beispiel Halt und Schutz, und finden einen Partner, dessen Selbstwertgefühl nur durch das Geben von Halt und Schutz aufleben kann.

Der Volksmund hat hierzu einen schlichten, aber deshalb nicht minder zutreffenden Satz gefunden: "Gegensätze ziehen sich an."
Für mich bedeutet das nichts anderes, als dass sich zwei Bedürftige ergänzen und zufriedenstellen können, indem sie jeweils die Sehnsüchte des anderen mit ihren eigenen Bedürfnissen stillen.

Wäre das Liebe?
Nach meiner Definition der reinsten idealen Liebe wohl kaum.
Aber mit Sicherheit wäre es Zuneigung, getragen und gestützt von nur allzu menschlichen Bedürfnissen aufgrund der eigenen Unzulänglichkeiten.

Es liegt mir völlig fern, diese Art der menschlichen Beziehung abzuwerten oder für minderwertig zu halten, weiß ich doch, dass wir Menschen nun mal aus einem nicht zu übersehenden Teil von Fehlern bestehen.
Hätten wir keine, wäre das unser größter, unverzeihlichster Fehler.

Ich glaube daher, dass es einfach nur wichtig ist, sich bewusst zu machen, in welcher Form, auf welcher Bedürfnisebene wir uns begegnen, wir verliebt sind oder gar lieben, damit es uns gelingt, ein kleines bisschen Licht in unser Gefühlschaos und Lebenschaos zu bringen.

Was ich bislang nicht erwähnt habe, aber für unerläßlich halte, ist die Eigenliebe. So lange ich mich nicht selbst lieben kann, ich mich selbst nicht schätze und achte, wird meine Bedürftigkeit ein Fass ohne Boden, denn der andere wird kaum in der Lage sein, mir immer wieder meinen Mangel aufzufüllen.
Das mag eine Weile gewiss gut gehen, aber irgendwann würde die fehlende Liebe zu sich selbst dazu führen, dass der andere nichts zurück erhält.

Ich wage die These und behaupte, dass man nur dann jemanden lieben kann, wenn man in der Lage ist, sich selbst zu lieben, so wie ich niemandem eine Sprache vermitteln kann, die ich selbst nicht spreche.

Womit sich die Frage auftut, ob man Liebe erlernen kann. Ich gestehe, dass ich darüber noch nachdenken muss.


Es fällt mir schwer, jetzt ein Schlusswort zu schreiben, um meine Gedanken nicht so klanglos abbrechen zu lassen.
Aber ich glaube, es ist nicht möglich, bei diesem Thema jemals zu einem Schluss zu kommen.
Je länger ich darüber nachgesonnen habe, was Verliebtsein und Liebe bedeuten, wie sie sich in Worte fassen lassen, desto mehr sind mir die tausendfachen Facetten deutlich geworden, die eine Beziehung zwischen Menschen ausmacht.
Ich empfinde mich mit meiner Darstellung daher unfertig und rohbaulich und noch lange nicht am Ende.
Bevor ich jedoch auf der Suche nach einer gültigen Definition für die Liebe aufhöre, im Garten der Worte zu pflügen, ein kleiner Satz noch, der bei der Beziehung zwischen Menschen genauso Gültigkeit hat, wie er in anderen Lebensbereichen wichtig ist: "Das einzige Beständige, ist die Unbeständigkeit."

 

"Das einzige Beständige, ist die Unbeständigkeit."


100 Punkte : es gibt eigentlich keinen Status Quo. Das wusste schon der alte Heraklit.

 

Liebe lakita,

was soll ich sagen? Ich habe noch nie eine so schöne Abhandlung über das Thema Verliebtheit und Liebe gelesen wie die Deine! Wenn ich einen Hut aufhätte, würde ich ihn ziehen.

Du schriebst, dass Du an die ideale, selbstlose Form der Liebe nicht glaubst. Gehört das zur Geschichte, oder war das ernst gemeint? Falls ja, dann, denke ich, haben viele Liebespaare schlechte Karten. Weil die wirkliche Liebe sich erst dann einstellt, einstellen kann, wenn man diesen Punkt tatsächlich erreicht hat.

Anhänglichkeit sollte nie auf Abhängigkeit basieren, denn wer Verlustangst hat, tendiert zum Klammern, und wer klammert, verliert. Partnerschaft sollte immer nur eine Ergänzung zum eigenen Leben darstellen, dieses aber nicht ersetzen und auch keine Flucht vor Selbstverantwortung darstellen. Wer sich dessen nicht bewusst ist, der wird seinen Partner immer wieder überfordern, indem er aus ihm die Verlängerung der eigenen Bedürfnisse macht. Derjenige, der ununterbrochen nach dem Partner von gestern schreit, Garantieschwüre vom Partner von heute erwartet und, falls es kriselt, schon wieder nach dem nächsten schielt, weil er "einfach nicht allein sein kann", der wird eine Beziehung nach der anderen zerbrechen sehen. Er wird denselben Fehler immer und immer wiederholen, eine irre Endlosschleife, die so lange zum Ausgangspunkt zurückführt, bis der Betroffene bereit ist zu lernen.

Insofern will ich hoffen, dass sich Dein Glaube, sowas sei nicht möglich, irrt. Denn sonst ist es um die Liebenden in aller Welt ziemlich bescheiden bestellt.

Alles Liebe
P.

[Beitrag editiert von: Pipilasovskaya am 14.03.2002 um 09:11]

 

Es heißt, Liebe beflügelt die Sinne, aber betrübt die Wahrnehmung.
aus Onegin - Alexander Puschkin

Nichtsdestotrotz: Sehr schön geschrieben, aber definitiv keine Kurzgeschichte, sondern ein Essay. Daher: falsche Baustelle! ;)

Den Fall hatten wir nämlich erst gestern. Dabei musste ein Beitrag von masterplan in Gesellschaft dran glauben... (Ben hat ihn gelöscht). Der Gerechtigkeit halber sollte das wohl auch hier geschehen, meine ich.

 

Aber noch schnell, schnell eine Buchempfehlung von mir: "Die Kunst des Liebens" vom Psychoanalytiker Erich Fromm!
Wer sich viel Gedanken über die Liebe macht, wird dieses phantastische Buch sicher förmlich verschlingen! Es beleuchtet die ganze Bandbreite der Liebe und ist dabei auch noch sehr einfach und verständlich geschrieben.

 

Mit Sicherheit kann man sagen, dass eine Liebe erloschen ist oder nicht mehr heranwachsen kann,wenn weder Anziehung noch Begehren, weder Achtung noch Wertschätzung, weder Innigkeit noch tiefes Vertrauen vorhanden sind und sei es nur in einer abgeschwächten Form.

mit viel Gefühl geschrieben. Einfach gut.
don p.

 

Liebe Lakita!

Bei Deinen Gedanken über die Liebe bist Du sehr in die Tiefe gegangen, das finde ich schön und denke, Du hast wohl Recht in Deiner Betrachtung der Tatsachen.
Dazu, daß wir keine reine Form der Liebe leben können, möchte ich noch was sagen:

Wir können fast nichts in einer reinen, ursprünglichen, natürlichen Form machen, weil wir in einer denaturierten Welt leben. Wir sind zivilisiert, haben gelernt, daß Erfolg, Macht, Schönheit, Geld usw. die hehren Ziele des Menschen sind und wir Gefühle für diese Zwecke selbstverständlich hintanzustellen haben - und tun das auch - brav. Wie sehr jeder einzelne diesen Zwängen ausgeliefert ist, kann man etwa an Gedanken wie "Was werden meine Eltern zu ihm/ihr sagen, wird er/sie ihnen gefallen?" oder "Wie weiß ich, ob er/sie wirklich mich liebt und nicht mein Geld?" sehr leicht erkennen.

Wir haben verlernt, auf die Dinge zu achten, die menschlich wichtig sind, gestehen sie uns nicht zu. Die Menschheit hat sich selbst das Mensch-Sein verboten - ist doch pervers, oder?

Wären wir Menschen natürlich und nicht so hineingepreßt in Schablonen, könnten wir auch die ehrlichste, natürlichste, einzig wahre Form der Liebe leben und genießen.
Doch glaube ich auch nicht, daß wir in absehbarer Zeit von unserem System wegkommen werden, also werden auch die Gefühle weiterhin verkommen und nach einigen Generationen tut es dann auch gar nicht mehr weh..... Wenn alles nur mehr seinen Zweck erfüllt und Gefühle ein Fremdwort sind.

Alles liebe
Susi

 

Habt alle herzlichen Dank für eure Reaktionen und Gedanken. Ich habe mich darüber sehr gefreut.

@ Glen

Mir ist vollkommen klar, dass bereits tausende von klugen Köpfen vor mir, all diese Dinge bereits einmal gesagt haben. Ob der Heraklit allerdings schon alt war, als er zu dieser Erkenntnis gelangt war, wage ich zu bezweifeln. ;) Ich halte ihn für klüger als mich, also wird er schon in jüngeren Jahren mehr gewußt haben als ich alte Schachtel erst jetzt. :D ;)

(Wofür gab's die 100 Punkte? Wo kann ich die einlösen? *schmunzel*)


@ Pipilasovskaya

Danke für deine ausführliche Kritik. Ich freue mich, dass ich dich zu einigen Überlegungen angeregt habe.
Zu deiner Frage: ich denke, du hast mich falsch verstanden. Ich glaube an die reinste Form der Liebe!!!! Sie ist mein Lebensziel.
Ein Ziel, das ich manchmal ziemlich aus den Augen verloren habe, aber immer wieder den Weg dorthin einschlage.Ein Ziel für das ich gewiß den Rest meines Lebens benötigen werde, um anzukommen. Vielleicht komm ich auch nie dort an, aber einen Versuch ist mein Leben wert.


@Die philosophische Ratte

"Liebe beflügelt die Sinne, aber betrübt die Wahrnehmung."

Diese Aussage ist richtig und falsch, je nachdem, von welcher Erscheinungsform der Liebe man ausgeht. Im Zustand des Verliebtseins würde man sich einerseits beflügelt und andererseits auch in der Wahrnehmung betrübt fühlen.
Aber alle Formen der Liebe, die ich dargestellt habe, finden sich nicht in dieser These wieder.
Liebe kann ganz gewiß beflügeln, aber Wahrnehmung betrüben kann sie aus meinem Verständnis heraus nicht. Dann wäre es keine Liebe.

Hab Dank für deinen Buchtipp, ich werde bei nächster Gelegenheit nachschauen.


@ Häferl

Vielen Dank für deine gefühlvollen Worte zu meinem Text.

Zum Teil sprichst du mir aus der Seele. Ich glaube jedoch , dass ich es nicht so düster und hoffnungslos sehe wie du es tust.
Immerhin gibt es noch Menschen wie dich, die noch wissen, was Liebe in ihrer reinsten Form sein kann, die das Ziel noch kennen und es vielleicht sogar auch anstreben, wohl wissend, wie schwierig es ist und es dennoch tun.
Und ich glaube ganz fest daran, dass es noch mehr solche Menschen gibt, sie, wir alle hinterlassen unsere Eindrücke und Spuren auf dieser Welt. :)

[Beitrag editiert von: lakita am 15.03.2002 um 11:38]

 

Und ich glaube ganz fest daran, dass es noch mehr solche Menschen gibt, sie, wir alle hinterlassen unsere Eindrücke und Spuren auf dieser Welt.
Das ist wirklich schön ausgedrückt. Macht mich aber auch gleichzeitig irgendwie traurig ! :sad:
Aber alle Formen der Liebe, die ich dargestellt habe, finden sich nicht in dieser These wieder.
Hm. Aber du sprichst doch auch die Gefahren der Liebe an (Enttäuschung, Verletzbarkeit, Schwäche, Verlust des Realitätsinns(!)...). Sicher: Es kommt darauf an, was man nun unter "Wahrnehmung" versteht, aber wenn du schon von der "Gefahr der großen Enttäuschung" sprichst, steckt doch die "Täuschung" in der (ebenso großen?) Liebe bereits im Wort!

Ich hab mir deine Abhandlung noch mal eingehender durchgelesen:

In ihrer reinsten Form besitzt die Liebe nichts und niemanden. Mir fällt der Satz eines Songs von Sting ein: "if you love somebody, set him free".
(sein Song heißt: "...set them free!) Sting hat diesen schönen Song übrigens als Antwort auf sein "Every Breath You Take" in seinen The Police-Zeiten geschrieben. Diese zwei Songs stellen zwei gegensätzliche Pole der Liebe dar: Die besitzergreifende, völlig vereinnahmende, infantile ("Every...") und die erwachsene, befreiende ("If You..."). Interessant finde ich hier auch, dass Sting diese zwei Songs zeitlich gerade in dieser Reihenfolge (mit etwa zehn(?) Jahren Unterschied) schrieb. Das heißt (so erscheint es mir): Zuerst sah er nur Schlechte. Das, was nicht richtig ist. Typisch für Sting wollte er diese Problematik in Form seiner Lyrics "verarbeiten". Dabei stellte er aber nur das Üble an den Pranger, ohne auch gleich Lösungen/Auswege anzubieten (anbieten zu können). Erst mit "If You..." vollzog er den folgerichtig nächsten Schritt.

Mit diesem Beispiel meine ich: Je jünger man ist, desto weniger ist man auch fähig, über das bloße Kritisieren subjektiv schlechter Zustände hinauszukommen. Das aber bedeutet gerade mal das Erkennen eines Problems (wenn überhaupt). Viel ist damit eben noch nicht getan. Aber es setzt immerhin die Denkmühle in Bewegung! :)

...Wertschätzung, Achtung,...
Das ist doch dasselbe, nicht wahr?
Wir sind zu dieser liebenden, nichts vom anderen fordernden Hingabe nicht erzogen worden und müssen erkennen, dass wir letztendlich nur die Summe unserer einspurigen Erziehung und Umwelt sind.
Das halte ich für weit überzogen! Es gibt gerade heute genug Menschen, die so liberal erzogen wurden (oder auch gar nicht erzogen wurden), dass von Einspurigkeit keine Rede sein kann. Das mag vielleicht vor fünfzig Jahren noch so gewesen sein. Das kommt schon eher hin. Aber nicht mehr heute. Dito für die Umwelt. Ich glaube auch nicht, dass diese äußeren Faktoren die überwiegende Rolle dabei spielen. Es liegt vielmehr in unserem Inneren! Es heißt: EGO. Das Ego ist unser Haustier, welches wir ständig spazieren führen, pflegen, hüten und was weiß ich noch alles. Ohne dieses domestizierte Tier in uns wüssten wir gar nicht was das ist: Ansehen, Stolz, Bestätigung usw.

Dabei finde ich interessant, dass auch - ganz ohne Metaphern - in unserer Gesellschaft Haustiere weitaus öfters gestreichelt werden als Menschen. ;)


@Batch Bota

Das mit den 100 Punkten würd mich jetzt aber auch noch interessieren! Wenn man die bei dir einlösen kann, darf ich dir dann auch persönlich ein paar meiner Geschichten zuschicken? ;)

 

@ Philosophische Ratte

Hallo Thomas,


ich in beeindruckt, wie sehr du dich mit meinem Text beschäftigt hast und mich dazu anregst, darüber noch exakter nachzudenken.
Vielen Dank!

Ich unterscheide zwischen dem Zustand der Verliebtheit und dem der Liebe.
Man könnte jetzt darüber streiten, ob ich nicht den Fehler gemacht habe, es alles unter das Thema Liebe zu stellen und ich gestehe dir auch gerne ein, dass insoweit eine gewisse Unlogik in meinen Gedanken gegeben ist.
Ich weiß selbst noch nicht genau, ob Verliebtheit ein völlig eigener Zustand ist, der ansich mit der Liebe nur durch die Nähe zu ihr verbunden ist, oder ob Verliebtheit ein Zustand der Liebe ist.
Ich muß darüber noch mehr nachdenken.
Was ich aber sagen will, ist, dass lediglich im Zustand des Verliebtseins auch eine Betrübung, so wie Puschkin es darstellt, gegeben sein kann. Im Zustand der Liebe sehe ich das nicht, weil es dann eben keine Liebe wäre.

Ebenso hast du Recht, dass die Begriffe Achtung und Wertschätzung fast gleiche Bedeutung haben. Bei der Wertschätzung ist eher deutlicher, dass es besonders positiv gemeint ist, während Achtung vor einem Menschen zu haben, in unserem Sprachgebrauch auch etwas neutraler gemeint sein kann. Ich habe diese beiden Begriffe eigentlich deswegen nebeneinander verwendet, um die Wichtigkeit zu unterstreichen.
Ich bin leider eher ein Mensch der vielen Worte und bewundere zutiefst diejenigen Autoren, die in aller Wortknappheit Aussagen zu treffen vermögen, ohne das was fehlt.

Danke für deine Ergänzungen zu Sting.

Ich geb dir auch Recht, dass man in jüngeren Jahren eine ganz andere Vorstellung von den Begriffen Verliebtheit und Liebe hat und man sich im Laufe der Jahre verändert, seine eigenen Lebenserfahrungen prägend hinzukommen läßt. Ich hätte mit 20 keinen solchen Text geschrieben.

Trotzdem glaube ich, dass jede Lebensphase und die jeweils in dieser Situation geäußerten Gedanken ihre absolute Richtigkeit für denjenigen haben. Was ich damals zur Liebe geschrieben hätte, wäre genauso authentisch ein Stück von mir gewesen , wie es jetzt der Fall ist. Von daher kann es gar nicht so etwas wie richtig oder falsch geben, wie wissend oder unwissend.


Meine Ansichten zur sog. Einspurigkeit in der Erziehung und Umwelt, die unsere Fähigkeiten zur Liebe prägen, werde ich aufgrund deiner Anregungen, für die ich dir ganz besonders danke, nochmals gründlichst überdenken. Ich halte meine Aussagen für nicht in jedem Punkt ausgewogen und werde da sicherlich differenzierter herangehen müssen.

Ich habe nicht umsonst im letzten Teil meines Textes erwähnt, dass ich ihn selbst für unfertig und im Rohbau begriffen betrachte.Das war keine Koketterie.

Ich bin daher für jeden neuen Denkanstoss von euch allen sehr dankbar.

 

Liebste Lakita.

Wohl geschrieben !
In der Tat. :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:

Vor allem der Schlußsatz gefiel mir gut.

Alles was Du über "Liebesschwüre" schreibst, deckt sich wohl mit den unglücklichen Erfahrungen vieler Menschen, denen man den Bruch derselben im nachhinein vorwirft.

Da ich davon ausgehe, daß Du zu diesem Thema noch was schreiben wirst, gebe ich schon mal einen Wink in Richtung:"der Tod der Liebe ist das Schweigen."

Ich freu mich immer, was von Dir zu lesen...

der Lord

 

Lord Arion,

deine herzlichen Worte machen mich fast ein wenig verlegen, muntern mich allerdings ganz gehörig dazu auf, mehr in dieser Hinsicht zu schreiben.
Jedoch habe ich das Problem, nicht so recht in der Lage zu sein, aus philosophischen Gedanken Geschichten zu formen.
Es fehlt mir eine gehörige Portion Fantasie dazu. :(

Ich bin deiner Meinung, dass Schweigen der Tod der Liebe ist. Man kann einen Menschen manchmal mehr verletzen, indem man ihn ignoriert, als mit Waffen.

 

Hi lakita,

entschuldige meinen Einwand, aber: Inwiefern ist Schweigen der Tod der Liebe?!

Meiner Erfahrung nach (und ich habe schon einige, sowohl positiv als auch negativ gesammelt, Gott sei's geklagt, getrommelt und gepfiffen) ist gerade das Gegenteil der Fall. Wenn ein Mensch dich wirklich liebt, dann kann er auch mit dir schweigen. Das sind die schönsten Momente überhaupt, wenn du verstehst: Du musst nicht mit tollen Reden glänzen, du musst nicht super aussehen, du musst überhaupt keine Superlative bringen oder Erwartungen erfüllen... und der andere liebt dich, wie du bist bzw. weiss, was in dir vorgeht, auch wenn du nichts sagst.

Meiner Meinung nach ist dies ein Punkt, der wahre Liebe (basierend auf Vertrautheit) von der Verliebtheit (in der du dich zu jeder Sekunde neu beweisen musst) unterscheidet.

 

Liebe Pip...

dein Einwand ist durchaus berechtigt, wenn man Schweigen nur als das Gegenteil von Reden versteht.
Selbstverständlich bin ich voll deiner Meinung, dass miteinander Schweigen eine wundervolle Vertrautheit in einer Beziehung darstellt, eine Intimität, die Worte nur zerteilen, ja zerstören könnten. Aber es handelt sich um ein miteinander Schweigen.
Für mich ist der Begriff Schweigen und so hab ich auch Lord Arion verstanden,der Oberbegriff von "gar nichts mehr von sich geben", den anderen übersehen, ignorieren. Das beginnt beim nicht mehr mit dem anderen reden, aber hört dort nicht auf, sondern geht weiter in den Zustand, indem man mit dem anderen nichts mehr zu tun haben will. Er ist noch da, aber man schweigt auf allen Ebenen. Dann ist Schweigen der Tod der Liebe und genau so war es gemeint, weshalb wir beide uns keineswegs widersprechen.

Und obendrein finde ich es sehr schön, gemeinsam solche Begriffe zu definieren und mit individuellen Wertvorstellungen zu füllen, was wir hier gerade ja machen. Danke daher für deinen absolut berechtigten Einwand.

 

@ Pip..

Diese Art von Schweigen meinte ich tatsächlich nicht, denn Das was Du meinst, ist der Zustand worloser Harmonie und absoluter Einklang.
DIESES Schweigen finde ich fantastisch.

@ Lakita.

Ich pflichte Dir absolut bei.
Ich habe da schon eine Geschichte dazu im Kopf die wohl den Titel tragen wird "Reden ist Silber, Schweigen ist Macht"

Lord :)

 

Hallo Lakita,

bin bei der Auseinandersetzung mit "philosophisches" über deine KG (?) :) gestolpert. Schliesse mich der Grundtendenz aller Vorredner an: sehr schön , einfühlsam geschrieben!

Aber, jetzt kommt´s: bin :dagegen:
Für mich ist Liebe etwas rein emotionales, also nicht rational. Erklärungen, Definitionen versuchen etwas auf rationalem Weg zu beschreiben, in definierbare Schemata zu pressen. Aber dann ist es nicht mehr Liebe über die wir reden, dann ist es irgend etwas, was einer Logik unterworfen ist und sag selbst: was sollte das für für eine Liebe sein, die nach rationalen Mustern "funktioniert"?

Liebe muss empfunden werden, frei von Vorhersagbarkeiten, frei von Zwängen.

Natürlich neige auch ich dazu gern und ausführlich über das Thema Liebe zu philosophieren (und werde es hoffentlich noch lange tun), aber es ändert nichts an meiner Meinung, dass es nur Stückwerk sein kann, unzulänglich und de facto von Beginn an zum Scheitern verurteilt.

Am liebsten jedoch lebe ich sie, nicht des körperlichen wegen *autorschämtsichdassereinenderartintimensatzzupapierbringt*, sondern weil das Gefühl so einmalig und unbeschreibbar ist.- Womit wir wieder beim Anfang angelangt wären. Ich sehe deinen Versuch ähnlich wie den Kampf von Cervantes´ Don Quichote.
Trotzdem hat es mit gefallen.

Lieber Gruß vom querkopp, der damit seinem Namen vielleicht wieder alle Ehre macht.

 

Hallo,

ich schäme mich zu Tode für meine unqualifizierte Kritik *rotwerd*. Zu meiner Entschuldigung lässt sich nur sagen, dass ich halt schon ein uralter Ehekrüppel bin in einer Optimalbeziehung, die nun schon so lange andauert, dass sie für mich zur Selbstverständlichkeit geworden ist.

Manchmal vergesse ich, dass der andere um diesen Zustand noch ringt oder ihne einfach noch nicht erreicht hat. Und dann rede ich prompt an ihm vorbei.

Also, liebe lakita, lieber Lord, vergebt mir meinen Mangel an Einfühlungsvermögen. Ich lese halt immer von MEINER Seite des Flusses aus. DIESE Art von Schweigen, die ihr hier meint, die finde ich auch furchtbar. Aber ich glaube nicht, dass das Schweigen die Liebe tötet. Wenn diese Form von Schweigen aufgetreten ist, ist die Liebe bereits tot.

Lieber querkopp, Worte können immer nur ein schwacher Abklatsch von Gefühlen sein. In seinem Kopf, mit seiner Wahrnehmung seiner selbst und der Welt ist jeder alleine, und jeder empfindet die gleiche Situation unterschiedlich. Dennoch denke ich, dass jeder von uns Liebe und Verliebtheit schon einmal durchlebt hat und somit weiss, was lakita sagen möchte. Sie "leiht" uns für die Dauer der Geschichte einen Standpunkt in ihrer eigenen Innenwelt.

Wenn du so streng urteilst, dann dürfte auch keiner mehr Geschichten beispielsweise über Selbstmord schreiben. Denn alle Autoren leben noch, und was im Kopf eines von eigener Hand Sterbenden vorgeht, kann keiner wissen. Aber man kann den Leser mit in die Gefühls- und Gedankenstänge hineinziehen, ihn dazu bringen, dass er mitfühlt, manchmal sogar mitleidet. Und das, finde ich, ist lakita hier ausgezeichnet gelungen.

Natürlich hast du ein Recht auf deine eigene Ansicht, und die ist ja auch gar nicht falsch. Ich wollte meine nur mal dagegensetzten und zu zeigen, wie ein und derselbe Sachverhalt von zwei unterschiedlichen Individuen betrachtet werden kann.

Lieben Gruss
P.

[Beitrag editiert von: Pipilasovskaya am 27.03.2002 um 10:59]

 

Liebe Pip...

nein dir mangelt es keinesfalls an Einfühlungsvermögen, bitte stapele nicht so tief, ich bück mich so ungern ;) :)

Es gibt verschiedene Arten von Schweigen und ebenso unterschiedliche Sichtweisen, weshalb deine Einwände durchaus berechtigt gewesen sind. Außerdem finde ich gegensätzliche Auffassungen sehr dazu anregend, sich seine neuen eigenen Gedanken dazu zu machen. Es bleibt alles in Bewegung und die Gedanken können weiterfließen. Das ist sehr gut so, wie z.B. deine Behauptung: wenn diese Form von Schweigen auftritt, die Lord Arion meinte, sei die Liebe bereits tot, für mich eine neue Sichtweise ist, die ich mir erstmal durch den Kopf gehen lassen muss. Vielleicht hast du damit Recht, ich muss darüber nachdenken.

Grüße
elvira

 

Liebe Pipilasovskaya

diese verfluchten Smilies :mad:
manchmal benutzt man sie zu schnell, so wie in meinem Fall mit "dagegen". Ich glaube diese Formulierung überzeichnet meine Einstellung. Ich sehe es nur als hoffnungslos an Liebe erklären zu wollen, kann man meiner Meinung nach nicht. Die Empfindungen sind zu individuell und un- (besser) nicht-logisch. Mein "dagegen" war geprägt durch den Satz:

auf der Suche nach einer gültigen Definition für die Liebe

Ich dachte, klar genug geschrieben zu haben, dass Lakita ihre Sichtweise zur Liebe sehr schön rübergebracht hat, auch dass ich gern über Liebe philosophiere. Ein strenges Urteil war nicht beabsichtigt, eher im Gegenteil. Nur zum Versuch Liebe zu definieren wollte ich ein Veto in die Runde schmeissen. Ich sehe aber, ich muss meine Formulierungen und Smilies strenger überwachen :)
Ach ja, anmerken muss ich noch:
Worte können immer nur ein schwacher Abklatsch von Gefühlen sein
Worte allein ja, aber die richtigen Worte richtig aneinandergereiht können starke Gefühle im Leser erzeugen. Für mich ein wichtiger Aspekt für Lesen und Schreiben.
Also um das noch einmal klarzustellen: Absolut kein strenges Urteil, nur ein entschiedenes Nein zum Versuch einer end(?)gültigen Definition des begriffes Liebe.

..tstststsss...als wollt ich einer meiner lieblingsautorinnen...Tststst .. ich fasse es nicht... *kopfschüttelund empörtguck*

lieber Gruß vom falsch verstandenen Querkopp

 

Wow. Da bin ich ganz ehrlich sprachlos. Der ganze Text ist wirklich klasse geschrieben und trifft auch durchgehend den Kern der Sache so direkt, dass man sich durchschaut fühlt.
Der Stil passt auch perfekt zur Aussage des Textes und unterstützt das ganze noch einmal. Absolut genial. Daumen hoch!

Jetzt geh ich erstmal meinen Drucker bemühen...

 

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