Was ist neu

Thema des Monats Fucking special

Seniors
Beitritt
22.10.2011
Beiträge
2.953
Zuletzt bearbeitet:

Fucking special

What the hell am I doin' here?
I don't belong here
Creep, Radiohead

Die Rockkneipe, in die Rita mich bestellt hatte, sah aus wie eine der üblichen Independent-Klitschen, die am Rande der Stadt lagen, klein und schäbig. An den Wänden klebten Zeichnungen, deren ungelenke Muster man im diffusen Schein der Hängeleuchten nur ahnen konnte.
Doch etwas war anders: Der Laden war brechend voll. Ich drängte mich durch die eng stehenden Tische, vor denen sich die Bühne wie eine Kultstätte erhob. Das Holz der Wände speicherte die Hoffnung und die Enttäuschung unzähliger Heavy-Metal-Bands, die hier gnadenlos ausgebuht worden waren.
Das „Wolf River“ war legendär für sein anspruchsvolles, erbarmungsloses Publikum.


Rita wollte mir einen neuen Sänger zeigen. Ich war wenig erfreut, denn sie hatte mich gerade aus einer vielversprechenden Kartenrunde herbefohlen.
„Was ist los mit ihm, dass ich unbedingt sofort in diese Absteige kommen musste? Ich hatte gerade eine Glückssträhne.“
„Wart‘s nur ab, du wirst überrascht sein, er ist ein Juwel – und das Beste ist, er weiß es nicht.“
Als er dann erschien, waren es gar nicht die ersten, schnellen Akkordwechsel oder seine dunkle, sehnsüchtige Stimme, die mich aufhorchen ließen, es war das kreischende Johlen des Publikums.
Ich hatte ihn vorher nur aus den Augenwinkeln wahrgenommen, als er zu seinem Platz gehinkt war, gesehen, dass er Hilfe brauchte. Jetzt blickte ich ihn an.
Er saß auf einem Klappstuhl, vor sich die Gitarre. Sein Gesicht war geneigt, das Profil halb verborgen durch eine hochgezogene, verwachsene Schulter, die seinen Kopf in eine gebeugte Haltung zwang, als wollte er sich seinen Zuhörern mit unaufhörlicher Hingabe widmen. Seine Hände sprangen nervös auf der Gitarre hin und her. Doch die Läufe waren so virtuos gespielt, dass sich die Töne wie die Glieder einer kostbaren Kette um die Melodie seiner Stimme wanden, sie betonten, dann verließen und nach einer Kaskade von Improvisationen erneut berührten. Er griff die Akkorde nicht nur mit der linken Hand, sondern tappte mit der rechten dazu, ließ seine Gitarre aufschreien, wenn er schwieg. Dann fand er zurück zu leiseren Akkorden, schloss die Augen und ließ seine Stimme anschwellen. Ihr Klang füllte den Raum mit rauer Zärtlichkeit, dann schwang sie sich hinauf in Höhen, die man bei einem Mann niemals vermutet hätte, wurde immer leiser, ließ für einen kurzen Moment eine gläserne Schärfe ahnen und brach dann gekonnt mit einem Hauch, der von der aufjaulenden Gitarre aufgenommen wurde. Ein neuer Jeff Buckley, nur noch besser.
Er sang von einer Frau, die außergewöhnlich war, sein Engel, einfach „fucking special“. Von der er nur träumen konnte, weil er hässlich war, ein sonderbarer Gnom. Er sang für sie, er schrie für sie nach Schönheit, danach, selbst etwas Besonderes zu werden. Dafür würde er alles tun. Sogar Schmerzen ertragen.
Manchmal teilten sich die dunklen Haarsträhnen, die sein Gesicht verbargen, und gaben den Blick frei auf ein Feuermal, das auf seiner blassen Haut wucherte. Ein dunkles Rot, aufgespießt von dem gleißenden Spot, den der Beleuchter mit unbarmherziger Lust darauf lenkte, sobald es zu sehen war.
Wenn das geschah und sich gar mit dem Refrain des Liedes traf, kreischte die Menge noch lauter auf, gierig; sie ereiferte sich, dass es ein echter, schäbiger Krüppel war, der ein Lied über einen abstoßenden Freak sang. Und über seinen Wunsch nach Schönheit.
Einmal, als er den Kopf ein wenig aus der unbarmherzigen Haltung befreien konnte, in die ihn seine Verkrüppelung zwang, traf mich ein Blick, und plötzlich wusste ich, dass er sich wegwünschte aus dieser düsteren Kneipe. Doch dann schrie und seufzte er wieder seinen Wunsch nach Schönheit in das Publikum. Er ließ die Menschen brennen, sich weiden an seinem Schmerz, an seiner Hilflosigkeit, seinen Wünschen und seiner Hässlichkeit.
Dann schloss er die Augen und versank in den Klängen seiner Gitarre, ertrug das Johlen der Menge, denn er verstand es, sie zu beruhigen und zu zähmen, wieder aufzustacheln und erneut zu zügeln. Er spielte mit ihnen, als wären auch sie mit Saiten bespannt.
Als er nach wenigen Liedern davonhinkte, bekam er stehenden Applaus.

Während wir an unserem Tisch saßen und auf ihn warteten, erzählte Rita von ihm, doch ich war abgelenkt von ihren Lippen, die sich im Rhythmus ihrer Worte bewegten. Ab und zu blitzte ihr schiefer Vorderzahn auf. Ein liebenswerter Makel, der die Sanftheit ihres Mundes betonte. Doch dann wurden mir ihre Worte bewusst: „Wir brauchen eine neue, authentische Musik. Etwas noch nie Dagewesenes, Bizarres, Qualvolles. Ich weiß, dass es diesen Markt gibt, man muss nur mutig genug sein, hineinzustoßen.“ Sie betonte jede einzelne Silbe. Hart klang ihre Stimme, geschäftsmäßig, ein eigenartiger Kontrast zu dem weichen Mund.
Ich stockte: „Rita, weißt du eigentlich, wie du dich anhörst?“
„Ich weiß, aber es ist eine Wahnsinnsidee. Es wäre ein Durchbruch für uns, vielleicht mehr als das, und“, sie zögerte, „ es wäre meine Idee.“ Sie lächelte versonnen. Dann fuhr sie fort: „Wir brauchen nur einen Typen, dem man das Leid, von dem er singt, ansieht, einen, der Schmerz und Hässlichkeit kennt. Es reicht nicht mehr, einfach nur aus der Gosse zu stammen, um das Publikum zu bewegen. Mit Sozialgesülze schafft man´s nicht mehr in die Charts. Wir brauchen jemanden, der hässlich genug ist, die Lücke zu füllen. Und der uns braucht. Wenn er kommt, lass mich machen, ich glaube, ich weiß, wie ich ihn kriegen kann.“

Dann trat er an unseren Tisch. Die Nähe entzauberte den mystischen Freak der Bühne und ließ einen kleinen, von Krankheiten entstellten Mann zurück. Sein Gesicht wirkte so verschoben, dass ich ihn nicht direkt ansehen konnte. Ich hatte Angst, er würde mir meine Verlegenheit und das Entsetzen ansehen.
Rita führte ohnehin das Gespräch.
„Toni, Sie haben etwas Neues, etwas, was noch nie da war. Ihr Auftritt war gut, sehr gut sogar. Ihre Stimme, Ihr Aussehen, das ist ein unglaubliches Kapital. Mein Kollege, Nils Brönner. Er klärt die juristischen Fragen.“
Rita sprach schnell, ihre Stimme hastete durch die Sätze, überschlug sich fast, als hätte sie nicht genug Zeit, alle Informationen unterzubringen. Dann fasste sie sich, lachte und erklärte ihm die Vorzüge unseres Labels. Als sie endlich schwieg, berührte sie wie unabsichtlich seine Hand.
Toni blickte sie an, dann mich, dann zog er die Hand weg. Über sein Gesicht lief ein Zittern. In Ritas Augen zuckte es kurz. Auf ihrer Stirn perlte Schweiß. Doch dann lächelte sie entschlossen und berührte ihn an der Schulter. „Tut mir Leid, Toni, ich wollte Sie nicht bedrängen. Wenn mir jemand gefällt, muss ich ihn anfassen. Ich meine es ernst, ich bewundere Sie. Ihre Stimme, Ihre Ausstrahlung, Ihre innere Kraft, das ist ein Phänomen.“
Toni schwieg. Er sah sie an, blickte kurz zu mir und strich sich mit seinen großen, unförmigen Händen über die Haare.
„Was wollen Sie mit einem Typen wie mir? Ich bin krank und so hässlich, dass sich die Leute nicht trauen, mich anzuschauen. Ist das nicht so, Herr Brönner?“, aggressiv drehte er sich zu mir um.
„Achten Sie nicht auf Nils, Toni, er glaubt selbst dann nicht an Engel, wenn ihm einer den Arsch küsst. Ich finde Sie faszinierend“, wieder griff sie nach seiner Hand. „ Sie brennen danach, die Menschen zu erreichen mit ihren Songs, ihrer Stimme, ihrer Qual. Ich spüre das und ich spüre auch, dass sie das schaffen können. Sie brauchen nur jemanden, der das Marketing macht. Sie und wir, das wäre ein einzigartiges Projekt. Stellen Sie sich vor, große Bühnen, Jubel, Leute, die Ihre Musik hören wollen. Natürlich müssten wir uns über einige Bedingungen klar werden“, sie lachte erneut ihr perlendes Lachen. „Wir könnten ins Geschäft kommen. Wir sind eine Chance für Sie. Eine Riesenchance.“
Toni schwieg, er schaute Rita an und folgte ihren Lippen, während sie redete und redete und ihm den Vertrag und das Blaue des Himmels versprach.


Als Toni ein paar Tage später bei mir im Büro saß, kam er gerade von Rita. Ich bestellte ihm Kaffee. Während er trank, erzählte er mir von dem Unfall, der ihm ein Bein genommen, und von der Krankheit, die ihn in einen verwachsenen Gnom verwandelt hatte. Er war hässlich, hatte aber jede Menge Galgenhumor. Er lachte über sein Stolpern, als er aufstand, um sich die Plakate in meinem Büro anzuschauen, und über das Zittern seines Beines, als er sich wieder auf seinen Stuhl zurückhievte. Sein warmes Lachen ließ seine Augen leuchten.
Ich hatte einen der üblichen Künstlerverträge vorbereitet, der durch Ritas Zusatzkonditionen noch härter wurde. Tonis Witz und sein Schicksal nahmen mich für ihn ein, dieser Vertrag würde ihn auf Gedeih und Verderb dem Label ausliefern.
„Toni, meinen Sie nicht, dass Sie einen eigenen Anwalt aufsuchen sollten, bevor Sie unterschreiben? Zumal die Sonderkonditionen doch sehr ungewöhnlich sind.“
„Wissen Sie, was ich vorher gemacht habe? Wissen Sie, wie es einem wie mir geht? Wir kriegen keinen Job, die Leute wollen uns nicht sehen außer in schmierigen Filmen. Ich will Ihnen die Szenen, in denen ich spielen musste, nicht beschreiben. Sie sind dreckig. Abstoßender, perverser Müll“.
„Aber Tattoos, Piercings, Brandings, und dann auf geschädigter Haut? Meinen Sie, Sie vertragen das? Sie haben jetzt schon Schmerzen. Und es ist nicht so leicht rückgängig zu machen. Was ist, wenn Sie wieder aussehen wollen wie jetzt?“
„Jetzt? Meinen Sie, damit bin ich glücklich? Ich bin krank, mein Rücken schmerzt seit Jahren. Meine Organe sind von Tabletten zerfressen. Für einen wie mich brennt das verdammte, beschissene Jetzt. Ich will, dass es zu Ende geht.“ Er schnaubte verächtlich. „Glauben Sie, einer wie ich, der mit dem hier lebt“, er zerrte brutal an der roten Haut, die über sein Gesicht flammte, „hat Angst vor ein paar Tattoos? Die letzte Frau, die ich küssen wollte, hat mich angespuckt. Ihre Kollegin Rita, sie hat mir wieder Hoffnung gegeben. Stellen Sie sich vor, einem Typen wie mir. Sie hat gesagt: ´Toni, dein Aussehen, das war bisher dein Fluch, mach es zu deinem Kapital´. Stellen Sie sich vor, ein Typ wie ich auf einer großen Bühne. Der Unfall, die Krankheit, das alles war wie ein Alptraum, vielleicht ist das alles nur Bullshit, aber Rita sagt, dass ich vielleicht doch noch mal was anderes machen kann als dreckige Pornos in einem Hinterzimmer für Leute, die sich an meinem Buckel aufgeilen. Ja, ein paar Jahre Musik machen, ich auf einer großen Bühne. Dafür würde ich viel geben.“ Als ich den Klang hörte, mit dem er das sagte, wusste ich, dass er verloren war.

Am nächsten Tag passte ich Rita in ihrem Büro ab.
„Hör zu, dieser Vertrag geht nicht, weder moralisch noch juristisch. Der Mann ist krank.“
„Mein Gott, Süßer, ein paar Tattoos, was soll schlimm daran sein, andere machen das freiwillig, und er wird Erfolg haben, es ist also gut für ihn. Und deine ewige Kritik an unseren Verträgen, ich kann es nicht mehr hören. Das Label muss endlich Fuß fassen auf dem Markt, sonst ist es für uns alle vorbei. Fass den Vertrag ab wie besprochen. Toni ist erwachsen, er muss wissen, was er tut.“
„Dieser Mann hat nur seine Musik. Wenn er unterschreibt, gehen alle Rechte an seinen Songs auf uns über. Dann hat er nichts mehr.“
„Du wirst schon sehen, wenn er erst Erfolg hat, wird er mir ewig dankbar sein. Außerdem, du hast ihn doch gehört. Wenn er singt, spüre ich etwas, ich weiß nicht, was es ist, aber wenn mir das so geht, geht es auch anderen so. Er hat das Zeug zu einem Denkmal. Ich bin sicher. Er wird Musikgeschichte schreiben.“
„Und wenn er keinen Erfolg mehr hat? Du weißt, wie schnelllebig die Szene ist. Oder wenn er das Label wechseln will? Was bleibt dem Denkmal dann?“
„Das wird schon nicht so schlimm sein.“ Ihre Stimme klang brüchig.
„Rita komm, lass uns wenigstens die Sonderkonditionen rausnehmen, so bist du doch gar nicht. Dir ging es doch immer um die Musik und den Menschen, Künstlern eine Chance geben, das war dein Traum.“
Rita blickte nach unten, sie sah müde aus. „Was weißt du schon von mir“, sagte sie, drehte sich um und sah auf das Plakat an der Wand, ein Bild von einer Grammy-Verleihung. „Siehst du“, sagte sie, das ist es, was wir brauchen, um zu überleben, wir wollen Musik machen, ja, neue Wege gehen, du kennst aber auch unsere Lage. Manchmal muss man etwas opfern, wenn man sich halten will. Und wenn hier einer schon lange seinen Traum verloren hat, dann doch wohl du. Deine Musik heißt Blackjack. Also mach du mir keine moralischen Vorhaltungen.“
Sie blickte noch einmal auf das Plakat an der Wand und straffte die Schultern, ihre Stimme wurde lauter: „Sei froh, dass du in diesem Laden arbeiten darfst, du Kartenjunkie, lass mich mit deiner verlogenen Moral zufrieden.“ Sie drehte sich um und ging. Ich schaute ihr nach, sah ihre weichen Hüften, ihren schwingenden Gang. Dann schaute ich auf das Plakat, griff nach irgendeinem Schnaps, schüttete ihn runter, und mit jedem neuen Schnaps fand ich es ein klein wenig leichter, mit mir selbst in einem Zimmer zu sein.


Ein Piercing- und Tattoo-Parcour durch schmuddelige Läden folgte. Rita begleitete Toni. Pressekonferenzen, Fototermine lösten einander ab. Das Denkmal musste vermarktet werden. Während Rita ihre Vision erklärte und Reporter die beiden umschwirrten, übertrafen sich die Fotografen mit Ideen, Rita und Toni in Szene zu setzen. Irgendwann sah ich einen der Reporter auf seine Unterlagen kritzeln, eine Zeichnung, die ihm großes Vergnügen bereitete. Immer, wenn er einen neuen Strich anbrachte, verzogen sich seine Lippen zu einem höhnischen Lächeln. Als ich mich ein wenig näher schob, sah ich eine hässliche Karikatur von Toni. Sein Buckel war ein verzerrter Höcker, auf dem fette Bleistifthaare wucherten. Der Mann summte, während er weiterstrichelte. Ich wandte mich verlegen ab und schaute verstohlen zur Seite, in Tonis Richtung. Als mich sein Blick traf, wusste ich, dass er die Zeichnung gesehen hatte.


Als ich ihm das nächste Mal begegnete, spielte er mit einer großen Band.
Die Musiker kamen auf die Bühne und stellten sich in Positur, dann wurde es dunkel. Plötzlich sprang aus dem schwarzen Nichts ein Lichtkegel, der Tonis kleine, verwachsene Gestalt in grelles Weiß tauchte. Er saß auf einem metallfarbenen Rollstuhl. Er trug keine Prothese. Der Stumpf des amputierten Beines war von roten, glänzenden Narben und schwarzen Mustern bedeckt. Er trug nur ein Trikot, das seine Oberarme betonte. Der Rückenausschnitt lenkte den Blick auf den Buckel, der noch größer und gröber wirkte. Schwarze Linien bedeckten den Körper. Das Feuermal war am Rand von eng aneinander sitzenden Ringen eingefasst. Zur Nase hin lösten Ornamente das Metall ab. Eine eintätowierte Zahnreihe verbreiterte den Mund und verwandelte sein Gesicht in eine Fratze. Rita hatte es tatsächlich geschafft. Aus dem hässlichen, kranken Mann war eine Ikone des Grauens geworden, bei deren Anblick die Fans vor Entzücken aufschrien.
Die ersten Akkorde ertönten, das Publikum heulte noch lauter auf und bettelte nach seinem Gesang. Endlich, ganz hoch, löste sich seine Stimme aus dem Jaulen und Schreien, ließ es verstummen und fand zur Melodie. Ein dunkles, schwermütiges Lied, die Zuhörer kannten jede Zeile. Dann trieb er die Menge zum Refrain und ließ sie teilnehmen an seinem Leid, während der Spot die zerstörte Landschaft seines Gesichtes in gleißendes Licht tauchte, seinen Buckel in obszönem Glimmer badete und liebkosend an den Gliedern entlangfuhr bis zu seinem Stumpf.
Nach wenigen Liedern konnte er nicht mehr, doch das Publikum tobte und verlangte nach seinem Lieblingssong. Wieder sang er von der Frau, die aussah wie ein Engel, und von seinem Wunsch nach Schönheit, damit sie ihn liebte. Er begann tief, heiser, dann schrie er auf, übersprang zwei Oktaven und vibrierte in der Höhe mit einem hellen, fast unmenschlichen Klang, der einen zerriss, weil er von Schmerz sprach und Hoffnung und Angst. Kurz bevor seine Stimme brach, erzitterte sie ein letztes Mal. Als der Spot sich wieder auf ihn richtete, sah ich einen Blutstropfen, der wie ein dunkles Blütenblatt unter seiner Nase hing. Ich lauschte auf den letzten, ersterbenden Ton, der im Raum verklang, und fröstelte. Seine Stimme war noch besser geworden.

Vergeblich schrie das Publikum nach weiteren Zugaben. Als Toni die Bühne verlassen wollte, überrannte ein Pulk aus der Menge die Bühne. Sein Rollstuhl verschwand unter den heranbrandenden Leibern der Fans. Das Letzte, was ich von Toni sah, als er unter den Körpern verschwand, war die Hand eines Fans, die sich besitzergreifend in seinen Buckel krallte. Dann nur noch die schwarzgekleideten Rücken der Security, die sich durch die Fans zu Toni hindurchdrosch.

Ich saß mit ein paar Freunden, die Toni von seinen ersten Konzerten kannten, am Tisch. Keiner sprach, das Entsetzen über sein Aussehen und das Geschehen auf der Bühne lag wie eine schwere Bürde zwischen uns. Ich spürte Feuchtigkeit im Gesicht und wischte mit dem Ärmel meines Hemdes über Augen und Nase.
Als Toni dann endlich kam, war er in Ritas Begleitung. Quasimodo und Esmeralda, wie die Reporter witzelten. Nur dass diese Zigeunerin hier ein enges, schwarzes Designerkleid trug und sich die Zähne hatte richten lassen. Die Reporter umschwärmten die beiden wie ein Haufen bunter Krähen.
„Gutes Konzert, Toni, aber …“, sagte ich.
„Du meinst mein Gesicht? Ich weiß. Ein hoher Preis, aber nicht zu hoch. Ich war nie glücklicher als gerade jetzt.“ Er schaute Rita an mit einem Blick, der mir wehtat. Verlegen schaute ich auf meine Hände. Die Ärmel des T-Shirts waren rot verschmiert.
„Ich kann endlich tun, was ich immer wollte. Und die Leute lieben mich, es ist fremd, wie ein Traum. Es ist als ob ich ein anderer wäre.“ Er blickte wieder zu Rita.
Die sah seinen Blick, warf kokett den Kopf in den Nacken und küsste ihn dann liebevoll, nicht ohne vorher zu prüfen, ob das Blitzlichtgewitter, das dieser Liebkosung folgte, auch ihre beste Seite einfing. Als das Interview begann, setzte sie sich auf die Lehne seines Rollstuhls und erzählte den Reportern von dem musikalischen Denkmal, dem Kunstwerk aus Musik und Fleisch, das sie in Toni erschaffen hatte. Einmal, als Toni hustete, reichte sie ihm ein Taschentuch, eine eigenartig fürsorgliche Bewegung, fast, als machte sie sich Sorgen um ihn. Doch dann zog sie schnell die Hand zurück und präsentierte ihr Profil und ihr neues, makelloses Lachen.
Dann ließen die Fotografen Rita und Toni posieren, sie knipsten, wie sie ihn küsste, baten sie, ihn zu streicheln, sich an ihn zu pressen und ihren Arsch an seinem Buckel zu reiben.
Wir anderen taten so, als würde uns das nichts angehen und tranken, damit wir nichts sehen mussten. Als sie gegangen waren, saß Rita noch am Tisch. Sie redete und redete, doch auf ihrer Stirn stand Schweiß und als ich mich neben sie setzte, roch ich ihren scharfen, kranken Atem.


Toni gab ein Konzert nach dem anderen. Das Publikum verzehrte sich nach ihm, seiner Hässlichkeit und seinen Liedern. Wenn sie ihn im Scheinwerferlicht sahen, stürmten sie die Bühne. Am liebsten hätten sie ihn in Stücke gerissen, um einen Teil von ihm als Trophäe heimzutragen. Rita begleitete ihn, wachte über die Deals, die er abschloss, und gönnte ihm keine Pause. Toni heimste einen Preis nach dem anderen ein. Das Label verdiente mehr als jemals zuvor. Ich schwamm im Geld, spielte und trank. Schließlich ging Rita mit Toni für ein Jahr auf Tournee.
Den Verlauf verfolgte ich nur am Rande, ich schlug mich mit den juristischen Folgen von Tonis Konzerten herum. Denn er konnte nur noch kurz auftreten, und die Faszination der Fans paarte sich mit Wut über die kurzen Konzerte, die Zerstörungen nahmen zu.


Ich sah ihn erst am Ende seiner Tournee wieder. Ich erkannte ihn kaum, so schwach und hilflos wirkte er vor dem hellen Licht der Bühne. Die schwarzen Muster stachen scharf von seiner Haut ab. Doch seine Stimme war immer noch voller Kraft.
Immer wieder blutete er aus der Nase, doch das Publikum fand das geil. Der magische Freak mit der metallischen Stimme, der so sehr die Schönheit liebte, dass er verblutete. Die Fans hingen an seinen Lippen, tranken seinen Gesang. Am Ende, als klar war, dass keine Zugabe folgen würde, stürmten sie wieder die Bühne. Wenigstens berühren wollten sie ihr krankes Idol. Alles, was ihnen dabei im Wege war, wurde niedergerannt, Instrumente zertrümmert, Leitungen rausgerissen, die Fans verletzten sich gegenseitig. Wenn man die stürmende Masse sah, fürchtete man um Toni, doch zu seinem Schutz hätte es keine Security gebraucht. Auch wenn Hunderte von Händen ihn berührten, die Menge tat ihm nichts. Sie trugen ihn, streichelten ihn, reichten ihn weiter, vorsichtig wie eine Kostbarkeit. Und er genoss es. Als ich Toni so sah, aufgebahrt wie ein altertümlicher Herrscher auf den erhobenen Armen der Fans, als ich sein Gesicht sah, seinen Blick, wusste ich, dass er seinen Engel gefunden hatte. Er lachte, er blutete, von der Anstrengung, den Medikamenten, ich weiß es nicht, aber er lachte.

Nach dem Konzert kam er zu mir.
„Toni, du bist krank.“
„Es ist nichts, nur ein paar Konzerte zu viel. Lass mich ein, zwei Nächte ruhig schlafen. Dann geht es wieder.
„Toni, vielleicht wäre eine kleine Pause gut, die Kosten steigen, wir machen Verluste, allein die Sachbeschädigungen.“
Toni unterbrach mich: „Du siehst doch, dass die Leute mich brauchen. Wenn ich nicht singe, bleibt hier kein Stein auf dem anderen und das Label kann einpacken. Ich bin es, den sie wollen.“
Als er den Mund schloss, verschob sich die auftätowierte Zahnreihe und verwandelte sein Gesicht in eine faltige Maske.

Später, als ich zum Ausgang lief, sah ich Rita. Sie hatte auf mich gewartet.
„Nils, wir müssen reden, es geht um die Konzerte, um Toni. Das Ganze ufert aus, es wird zu teuer, außerdem ist er krank, er kann nichts mehr leisten, er liefert immer noch gut ab, aber wie lange noch? Du musst ihm sagen, dass er keine Auftritte mehr kriegt. Die Fans hauen alles kurz und klein. Das verschlingt Unsummen. Wir müssen jetzt schon Strafen zahlen. Wir können uns das nicht mehr leisten.“ Hinter mir hörte ich ein leises Knacken.
„Was soll das, Rita, das müssen wir in Ruhe mit ihm besprechen. Hier geht das nicht.“
„Dann mach es. Bald. Morgen.“
„Wieso denn die Eile?“
„Ich habe neue Pläne. Diese Welle kann man noch eine Zeit lang reiten, dann ist sie vorbei. Außerdem ist er fertig. Es tut mir Leid. Aber so ist es.“
Ich verzog das Gesicht.
„Komm Nils! Du hast einen guten Draht zu ihm. Ich … ich kann das nicht.“
„Gut, aber nur, wenn er wenigstens die Rechte an ein paar seiner Songs behalten darf.“
„Was soll das, du weißt genau, was im Vertrag steht. Die Songs sind bares Geld. Wir brauchen sie. Und vor allem, er ist mein Geschöpf, hast du gehört, meines.“
„Dann sag du es ihm doch, dass das Label ihn nicht mehr braucht. Und alle sein Songs einkassiert.“
„Wusste ich´s doch, die Kohle streichst du ein, aber die Drecksarbeit lässt du mich machen. Du solltest unser süßes Monster im eigenen Interesse loswerden, und zwar schnell, er wird ganz schön teuer. Wenn du Skrupel hast, bist du hier falsch. Ich werde ihm morgen sagen, dass er aufhören muss.“ Dann verließ sie den Raum, ihre Hüften schwangen hin und her, wie immer, doch es war eine harte Bewegung, als wäre eine Wand in ihr entstanden.
Als ich mich umdrehte, sah ich, dass hinter mir eine Tür geöffnet war, der Raum war leer, auf einem Stuhl lag Tonis Jacke.

Das Abschlusskonzert der Tournee fand in einem leer stehenden Fabrikgebäude statt. Es sollte der Höhepunkt der Tournee werden, ein gigantischer Medienevent, der ein paar der Verluste wettmachen und eine Stufe zum nächsten Erfolg bieten sollte. Alles war da, was Rang und Namen hatte. Die Mitarbeiter des Labels, Reporter und Musikjournalisten, die Toni auf seinem Weg begleitet hatten, alle saßen sie bereit, in einem bestuhlten, durch eine Absperrung getrennten Bereich.

Ich trat als letzter durch einen Nebeneingang in den Saal. Ich lehnte mich ganz hinten an die Wand und suchte nach einer bequemen Stellung. Mir war kalt. Dann endlich kam Toni, er trug seine Prothese, eine Hose darüber, als wollte er sich bewusst von seinen sonstigen Auftritten abheben. Der erste Spot sprang ihn an, das Publikum zischte, als es erkannte, wer der schwarz gekleidete Mann auf der Bühne war. Doch als er sich auf dem silbernen Stuhl niederließ und die Gitarre in die Hand nahm, flachte das Zischen ab und wurde zu einem zufriedenen Grollen. Die Gitarre kreischte, Rückkopplungen schmerzten. Die Menge schrie. Toni erhob sich, riss die schwarzen Kleider von seinem Körper, das weiße Licht ließ die blasse Haut, die schwarzen Blüten und Ornamente hervorspringen, dann spielte er weiter. Das Schreien wurde lauter, qualvoll. Es endete erst, als Toni die Lautstärke der Gitarre regulierte. „Nein“, sagte er und blickte zu dem abgesperrten Bereich, „das möchte ich meinen Freunden nicht zumuten, dass sie Schmerz empfinden müssen. Und vor allem dir nicht, Rita, meine schöne Blume. Nicht auf meinem letzten Konzert. Nein, so sollt ihr es nicht in Erinnerung behalten, übersteuert und mit schlechtem Klang. Ich gebe noch einmal mein Bestes. Ein letztes Mal. Wisst ihr“, wandte er sich nun an die Menge, „dass meine Freunde hier wollen, dass ich aufhöre? Wisst ihr, dass sie so um meine Gesundheit besorgt sind, dass sie mich zu einem einzigartigen Kunstwerk gemacht haben? So besorgt, dass ich nun nicht mehr auftreten, meine eigenen Lieder nicht mehr singen darf?“ Ein Brausen, das immer mehr anschwoll, durchlief den Raum.
Dann begann er. Das Lied, das ihn bekannt gemacht hatte, doch um eine Oktave nach oben versetzt. Er sang, und je höher er sang, desto lauter wurde seine Stimme, ein weißgreller Kontrapunkt zu den Gitarrenverzerrungen, mit denen er sich begleitete.
Dann schwieg er abrupt und nahm das Mikro weg. Er wartete einen Moment. Dann sprach er zu uns, ohne Mikro, und seine Stimme füllte den Raum: „Ja, ich werde diesen Song nie wieder singen. Daher habt ihr es verdient, zuletzt mein ganzes Können zu erleben“, er lachte erneut, ein leises, glucksendes Lachen. „Ich habe es euch noch nie gezeigt, wie gut ich tatsächlich bin. Freut euch mit mir auf das letzte Lied eines abstoßenden Kunstwerks, das nie mehr auftreten wird, weil es zu krank ist und weil man ihm alles genommen hat. Diese Leute“, wies er auf die Stuhlreihen, „haben mir alles genommen.“
Dann sang er und seine Stimme schwoll an, schnitt tief in den Körper hinein, schuf Hohlräume und füllte diese mit flüssigem Metall, bis die Wände der Hohlräume platzten. Blut floss aus meiner Nase, Stiche zuckten hinter meiner Stirn und doch musste ich weinen über das letzte Konzert eines Freaks. Das Licht erlosch, Splitter regneten herab, bohrten sich in meine Haut. Vor mir sah ich durch einen dunkelroten Schleier sich krümmende Gestalten, die Hände an die Ohren gepresst, dunkle Rinnsale liefen ihnen über Gesicht und Brust, sie torkelten mir entgegen. Hinter ihnen sah ich sie heranrücken, eine schwarze Mauer von Menschen. Sie wanden sich vor Schmerzen, und kesselten dennoch diejenigen ein, die ihnen ihr Idol nahmen. Wie eine Welle schlugen sie über den zuckenden Körpern zusammen. Schreie vereinten sich zu einer Kakophonie, über der weit oben Tonis Stimme schwebte wie ein grausamer, brennender Mond. Ich wandte mich um, der Schmerz zuckte in meinem Kopf, nur raus, zur Tür. Ich riss, sie ließ sich nur schwer öffnen. Mit letzter Kraft zwängte ich mich hindurch, zu eng war es, der Gesang so schneidend. Dann war ich draußen, taumelte, mein Körper fiel gegen die Tür, machte sie noch schwerer. Ich war dem Gesang und der Wut der Menge entkommen. Einen kurzen Moment dachte ich an die anderen, die noch im Raum waren, an Ritas weichen Mund und ihren wiegenden Gang. Dann drehte ich mich um, drückte mit aller Kraft gegen die Tür und die Leiber, die nach draußen wollten, vor Angst, dass man auch mich einholen könnte. Ich hörte noch das Kratzen und Schaben ihrer Finger, bis es verschluckt wurde von Tonis Gesang, hörte die letzten Worte seines Liedes „I don´t belong here“, die hell und triumphierend laut erklangen, bis sie abrupt mit einem brüchigen Falsett endeten.

 

Liebe Novak

Nur kurz zur Präzisierung, da ich in der Frühe nach Frankreich fahre den Vorfrühling suchen.

Was für meinen subjektiven Geschmack etwas auf der Strecke blieb, ist die Atmosphäre dieser Musik-Szene.

Ich bin verblüfft über die Wirkung der Überarbeitung, das Eigenartige ist nämlich, dass ich … an den Musikszenen nichts geändert habe. Nur noch etwas dazugeschrieben.

Upps, da hab ich ja etwas angestellt. Ich hätte zwei, drei Sätze weiter ausholen sollen, in der Kürze klingt es missverständlich.
Der Musik-Vortrag – oder sagt man das nur bei Klassik? - von Toni ist super dargelegt und die Reaktion des Publikums eindrücklich, soweit ich als blutiger Laie in diesem Bereich überhaupt mitreden kann! Mit meiner ungelenken Formulierung meinte ich mehr das atmosphärische im Lokal zu Beginn. Bei der ersten Fassung entstand mir umgehend eine bildhafte Vorstellung dazu, die mir über die ganze Geschichte mitwirkte. Jetzt dünkt mich dieser Ort nur mehr gewöhnlich, weshalb ich die Körperlichkeit mehr fokussierte, auch wenn er nun auf den Beinen steht. Aber möglicherweise habe ich da assoziativ ein schiefes Bild, abgeleitet von einem Artikel, den ich einst zur Indie-Szene in San Francisco las, wobei es dort nicht ausschliesslich um Musik ging.
Also lass dich von mir diesbezüglich nicht verwirren. Sorry.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Liebe Feirefiz,
Wahnsinn, jetzt war ich in zweifacher Hinsicht perplex.

1. Natürlich die Mühe, die du dir mit meinem Text gibst. Wenn du hier in Frankfurt wohnen würdest, wärst du jetzt auch schon zum Bier eingeladen.
2. Ich war ja fast peinlich berührt von der Fülle der Doppelformulierungen.
Aber egal, ist der Ruf erst ruiniert ... du weißt schon.:D

Eine der Kurzszenen, die du streichen wolltest, hatte ich mir ohnehin schon überlegt zu kürzen. Und Pit, der blasse Sack, hat es eigentlich auch nicht verdient, in der story zu bleiben. Ihn brauchte ich, um die Gewissensnöte von Nils darzustellen, was für die erste Fassung noch viel wichtiger war als hier.
Aber diese kann ich, soweit es für mich dann immer noch wichtig ist, auch anderweitig darstellen. Ich hätte dadurch mehr Platz für Rita und Toni.
Was die Szenen betrifft, bin ich also noch am Abschätzen.

Ansonsten übernehme ich sehr, sehr viel von den Kürzungsvorschlägen. Ich glaub fast alle. Ich lerne sehr viel daduch. Ich denke, ich habe auch sonst eine Tendenz zu viel drumherum zu labern, durch das Kürzen wird man dazu erzogen, knapper zu werden.
Ich finde es einfach unglaublich, welch einen Blick du hast für diese Detailfragen, das ist ähnlich wie bei Fliege und Quinn. Ich habe von euch schon eine ganze Menge gelernt.

Ich habe anhand deiner Kürzungsliste aber auch noch in ganz anderer Hinsicht gelernt, was ich ausgesprochen interessant finde:

1. Ich neige eigentlich zu Hauptsätzen in Gechichten. Finde ich für den Leser verständlicher. Mal das Subjekt vorne, mal eine Adverbialbestimmung. Oder sogar mal Ellipsen. Natürlich auch Satzgefüge der unterschiedlichsten Art, aber eher weniger.
Dann kam ich aber in die Versuchung, zu viel "doch" "aber" "und" zu schreiben, was ja auch nicht elegant wirkt. Also habe ich extra kompliziertere Satzkonstruktionen eingefügt. Du vereinfachst jetzt wieder vieles. Und es klingt besser. Dann scheint die Einfachheit des Satzbaus für den Leser doch das erste Mittel der Wahl zu sein.

2. Du glättest an manchen Stellen den Aufbau/die Rhythmik des Satzes
beispielsweise hier:
... der die Schönheit so sehr liebte.
bei mir stand:
der so sehr die Schönheit liebte.

Nur ein Quäntchen anders. Aber: Ich hätte es vorher nicht so benennen können, mir fällt es erst durch die Entschiedenheit auf, mit der ich hier beispielsweise bei meiner Formulierung bleiben will. Das liegt an der Sazzmelodie. Deine ist die grammatikalisch richtige und sie klingt beim Vorlesen auch sanfter, glatt. Bei meiner stoppt man ein wenig, doch das will ich gerade, ich will hier einen Bruch, die Aufmerksamkeit lenken, auf die Schönheit.

3. Ich merke jetzt, dass man beim größeren Umbauen und Überarbeiten eines Textes eine Art Bauplan braucht. In dieser Überarbeitung finden sich viele Sequenzen, die für Geschichte 1 noch wichtig waren. Hier spielen sie eine eher untergeordnete Rolle, weil Motive und Ausgang der Geschichte sich geändert haben. Da muss ich mir direkt mal überlegen, ob man zukünftig ein Mindmap zu seinem Text macht oder irgendein anderes Schema. Vielleicht genügt es auch schon, dass man sich darüber bewusst ist, dass die Verschiebung eines Geschichten-Elementes ganz schön viel auslösen kann.

Finde ich alles sehr spannend.

Vielen Dank wie schon so oft

Tja .. dann gehe ich jetzt mal arbeiten :(


Und Hallo lieber Anakreon,
viel Spaß wünsche ich dir in deinem Urlaub, ich glaube, ich würde gerne folgen. Vorfrühling, das wäre nicht schlecht.

Deine Antwort hat mir jetzt doch noch mal einges klar gemacht. Ich hatte es echt falsch verstanden. Aber jetzt ist es völlig klar. Von daher freu ich mich natürlich, dass du mir noch mal geschrieben hast. Und ich fands sehr liebenswürdig, (ich weiß, ihr Männer hört das nicht gerne, aber da musst du jetzt durch) denn immerhin ists kurz vor deiner Abreise.

Wahrscheinlich liest du das eh erst, wenn du wieder da bist ... von daher gute Reise, viel Spaß und komm fröhlich wieder. Ich freu mich drauf.
Liebe Grüße
Novak

 

Hallo Novak,

da wird man ja bei den Fleißarbeiten vorneweg janz verlejen ...

Aber Du wirst es überstehn, wenn ich nun auch auf Änderungen eingehe, denn der Text gefällt mir durchaus, wenn auch am Anfang ein anderer Eindruck entstehen muss. Sieh alles (mit einigen Ausnahmen, die Dir aber ohne große Worte auffallen werden) als Anregung / Vorschlag an.

Die erste Änderung finde ich schon am Ende des ersten Abatzes. Hieß der Satz Ende Januar noch

[d]er Raum stank nach verlorenen Chancen und verschüttetem Bier,
so wird er nun gestrafft und gekürzt zu
[e]s roch nach verschüttetem Bier,
was auf mich einerseits stärker wirkt als die ursprüngliche Formulierung, andererseits vermisse ich
die verlorenen Chancen
in der sogar der Ursprung der Rockmusik aus dem Blues als Musik der Underdogs und niederen Klassen, die den Reichen & Schönen per se schon nach Arbeit und Suff stanken, kompakt eingeschlossen wäre.
Der Platzhalter fürs alte Subjekt ist andererseits viel stärker als „der Raum“. „Es“ selber ist Subjekt genug, denn wir wussten ja, dass der Raum stinkt und doch nicht, denn tatsächlich ist es ja nicht der Raum, der da stinkt (ja doch?, bei unzureichender Lüftung „riecht“ auch ein ungenutzter Raum muffig, man braucht da nur etwas Geduld): „es“ gibt ein stärkeres Subjekt, als der Raum je geben könnte an dieser Stelle. Es ist von allem Anfang da: „ES werde Licht“ (nicht: „der Herr schaltete den Dimmer ein …“) und immer wieder sah der Schöpfer, dass ES gut sei usw.
Die ganze Literatur wimmelt von Beispielen.
Was ich nun vermisse, ist schon gesagt. Bliebe noch der Ersatz des Gestanks durchs Riechen. Der Gestank ist da m. E. stärker als das Riechen der feinen Nasen, so dass – wie schon gesagt, m. E. – der treffendere Satz wäre
Es [stank nach verlorenen Chancen und [roch]] nach verschüttetem Bier.
Du merkst schon hier an der Einleitung: ES kann ein hartes Stück Arbeit werden!

Den Satz hatt’ ich beim ersten Mal auch aus anderm Grund auf der Liste, der – da war ich baff! – gleich woanders wieder auftaucht. Doch diesmal ist es etwas weniger Auffälliges als zuvor:

„Warts nur ab, ….“
Ist der Apostroph im „wart es nur ab“ verschütt’ gegangen? Üblicherweise soll er eine Auslassung anzeigen. Man muss ihn aber nicht verwenden, freilich um den Preis der Stilblüte oder des Missverständnisses, wie sie größeren in der Literatur als wir es je sein werden, schon mal geglückt ist. ER dient also der eigenen Sicherheit.

Keine Bange, die Kürzung ist m. E. in Ordnung, nur die Erweiterung in

Er sang von einer Frau, die außergewöhnlich war, sein Engel, einfach fucking spezial,
wirkt auf mich befremdlich: Könnte irgendjemand einen weiblichen Engel nennen (ja, gestern hab ich an anderer Stelle vom Racheengel geschrieben, aber der heißt Pallas Athene, und in der Malerei gibt’s weibliche und kindliche, die dann aber zum Kitsch werden als Putten).

Hier sag ich nur „Wiederholungstäter“!:

„Tut mir Leid, Toni, … Ihre Stimme, Ihre Ausstrahlung, Ihre innere Kraft, das ist ein Phänomen“.

Er lachte mit einem tiefen, warmen Lachen, das seine Augen leuchten ließ,
war mir bisher nicht aufgefallen: warum die Verdoppelung, dass Toni lachend lacht? Soweit es kein hämisches / ironisches Lachen ist, ist es i. d. R. eine willkürlich mimische Bewegung, Ausdruck - selbst wo es das leise Lächeln ist - freudiger STIMMung, gibt die Gemütsverfassung preis und vermag Wesenszüge zu entlarven. Mögliche Varianten wären „Er lachte tief und warm …“ / „Sein Lachen klang tief und warm, was seine Augen …“

S. o.:

„Wissen Sie, was ich vorher gemacht habe? … Sie sind dreckig. Abstoßender, perverser Müll“.

Wie auch hier:
Sie hat gesagt: ´Toni, dein Aussehen, das war bisher dein Fluch, mach es zu deinem Kapital´. Stellen …

& hier:
Als ich ins Büro trat, war außer … „Gut gemacht, Nils, das ist absolutes Neuland. … Wir kreieren ein innovatives Kunstwerk“.

Toni unterschrieb, ich hielt mich zurück, trank, und mit jedem Schnaps, den ich trank, fand ich es ein klein wenig leichter, mit mir selbst in einem Zimmer zu sein.
Der kurze Relativsatz ist m. E. entbehrlich. oder hätte sich ein Trinker jemals leichter gefühlt, wenn er den Schnaps wegschüttete?:
Toni unterschrieb, ich hielt mich zurück, trank, und mit jedem Schnaps … fand ich es ein klein wenig leichter, mit mir selbst in einem Zimmer zu sein.

Das Denkmal musste gehypt werden.
Gibt’s im Deutschen eine Entsprechung zum to hype? Ich weiß nicht … Aber die Wortschöpfungen waren schon im Kanackendeutsch denk-, wenn nicht merkwürdig.

Sie nährte sie sich an den Auszeichnungen, mit denen sie und ihr Geschöpf überschüttet wurden.
Hab ich da was missverstanden?

Ich riss, sie öffnete sich nur schwer, sperrig, wie sie war.
Öffnen ist zwar das Verb zum Adjektiv offen, eine Tür kann aber immer nur geöffnet werden, geht sozusagen nicht von selber auf, hat kein Leben. Besser also
Ich riss, sie [ließ] sich nur schwer [öffnen], sperrig, wie sie war.

So viel oder wenig für heute, genug er- & gelitten.

Gruß aus’m frühlingshaften Pott vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Novak,

die Geschichte ist sehr gut geschrieben, und man merkt ihr an, dass du als Autorin richtig drin bist, dass du das Geschehen in deiner Fantasie verinnerlicht hast. Das funktioniert insgesamt auf eine faszinierende und gradlinige Weise. Du baust mit Toni eine tolle Figur auf. Das ist das Gute und zugleich auch das weniger Gute an der Geschichte. Denn, bei all der Mühe, die du dir mit deiner Hauptfigur gegeben hast, hast du deine Nebenfiguren etwas vernachlässigt.

Dadurch verschenkst du viel Potential dieser wirklich großartigen Geschichtenidee. Wenigstens die Figur der Rita müsste meiner Meinung nach etwas mehr Tiefe bekommen, um den Hauptkonflikt subtiler/Vielschichtiger ausreizen zu können.

Das Ende hat mich dann ein kleines Bisschen enttäuscht. Du hast trotz des langen Textes kontinuierlich eine sich eindrucksvoll steigernde Spannung erzeugen können, obwohl jeder Schritt der Handlung eigentlich vorhersehbar ist. Aber ich bin deinen Worten willig gefolgt und habe gedacht: Erzähl weiter, erzähl weiter, da kommt am Ende was Großes, was Überwältigendes auf mich zu!

Nur kam dann nicht das, was ich mir erhoffte. Ich finde, der Schluss schwächelt etwas. Was ich statt deines Finales hätte lesen wollen, kann ich leider nicht mal sagen, aber einen lauteren Knall, mehr Wumm, mehr ... Überraschung, eine Wende, die mich richtig umhaut! Ich hab die ganze Zeit gedacht, das kommt jetzt, weil es wirklich spannend auf diese Ziel hinauszulaufen schien.

Aber das ist mein persönliches Problem, ich bin meistens von den Schlüssen in Geschichten, Romanen, Filmen und überhaupt enttäuscht. Und in Wirklichkeit kannst du dafür nichts, denn dein Schluss ist ja alles andere als schlecht. Es ist nur nicht "mein" Schluss.

Das soll aber nichts an meinem Gesamturteil ändern: Eine verdammt gute Geschichte, ein "Sound"; der einen an vielen Stellen richtig packt! Du hast eine sehr unterhaltsame und präzise Art zu schreiben, und mir wurde an keiner Stelle langweilig.

Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

vor denen sich - wie eine archaische Kultstätte - die Bühne erhob
Archaisch ist ein tolles Wort, Kultstätte auch, aber eins reicht. Die stehen sich bisschen auf den Füßen. Oder erst archaisch, dann Pause, dann Kultstätte als zwei Gedanken. Aber Kultstätten sind immer archaisch.

Das Holz dieser Wände speicherte die Hoffnungen und die Enttäuschung unzähliger Heavy-Metal-Bands, die hier gnadenlos ausgebuht worden waren.
Demonstrativpronomen sollten nicht zu oft benutzt werden, oft ist das einfache besser: „Das Holz der Wände“. Bisschen störend hier auch: Die Hoffnungen und die Enttäuschung
Beides im Singular, zweiter Artikel weg oder anders. Das ist aber schon Rumgenörgel auf recht hohem Niveau.
Das Holz der Wände speicherte Hoffnung und Enttäuschung unzähliger Heavy-Metal-Bands, die hier ausgebuht worden waren.
Wenn man das mal hat, dann guckt man vielleicht, ob man statt „speichern“ was stärkeres nimmt … waren vollgesogen oder was. Man muss halt bisschen gucken, wo man den Schwerpunkt eines Satzes hinlegt, also zu viele Zungenschnalzer sind nicht gut.

er ist ein Kleinod
Sagt irgendjemand wirklich Kleinod? Vielleicht geh ich ja zu selten raus, aber ich kenn niemanden, der das im aktiven Wortschatz hat.

als wollte er sich seinen Zuhörern mit unaufhörlicher Hingabe widmen. Seine Hände sprangen nervös auf der Gitarre hin und her, als hätte er Aufputschmittel genommen.
Nicht in so Parallelismen verfallen. Hier zweimal „als wollte …“ „als hätte“ und es ist beides mal der Satzschwerpunkt auf dem Vergleich.

sich darüber ereifernd, dass es ein echter, schäbiger Krüppel war, der ein Lied über einen abstoßenden Freak sang, der sich Schönheit wünschte.
Das „darüber“ raus … und irgendwie hinten: dass es ein echter schäbiger Krüppel war, der ein Lied über einen abstoßenden Freak sang und über dessen Wunsch nach Schönheit. Irgendwie diesen doppelten Relativsatz weg, das ist immer schwer, dann was zu ändern, wenn man ihn vor sich hat, umformulieren hilft da oft. Dessen Wunsch, seinen Wunsch und über den Wunsch, schön zu sein. Ich weiß es nicht.

Wir können Sie zu einem Kunstwerk modellieren. Sie und unser Label, das wird eine unschlagbare Zusammenarbeit. Was halten Sie davon, wenn Sie zu uns ins Büro kommen? Ein Vertrag würde sich für Sie lohnen. Sie passen perfekt in unser neues Konzept. Stellen Sie sich vor, große Bühnen, Jubel, Leute, die Ihre Musik hören wollen.
Ist schon bisschen lahm, dieser Pitch. Es wirkt nicht so, als würde den eine hippe Frau machen, sondern so ein Typ, der schon weit von der Musik weg ist. Ich fänd’s stärker, wenn hier eine Masche zu erkennen wäre, die irgendwas direkt anspricht. Das Sendungsbewusstsein des Künstlers. Also sicher haben solche Leute bestimmte Maschen und Tricks drauf, wie sie Künstler ansprechen, und das was sie hier macht, scheint mir nicht sehr individuell und aufregend zu sein, ist eine vergebene Chance, aus der Figur hier was zu machen.

„Der Vertrag ist eine Sauerei, alle diese Verträge sind es. Und bei diesem Mann ganz besonders. Er ist krank, er hat nur seine Musik. Wenn er unterschreibt, gehen alle Rechte an seinen Songs auf uns über. Dann hat er nichts mehr.“
Hm, der Dialog wirkt auch sehr für den Leser. So direkt. Gefällt mir nicht so.

Ja, die Geschichte ist auf der einen Seite zu lang und auf der anderen zu kurz. Die Geschichte läuft ja sehr stringent ab. A-B-C. Es gibt drumherum eigentlich nichts. Das einzige, was nicht zu dem A-B-C-Strang gehört sind der Erzähler und Pit, die tragen zu der Geschichte eigentlich nichts bei außer Skrupel (Pit kann in der Form komplett raus, also entweder er wird ein richtiger Gegenpol zu irgendwem oder er kann ganz raus, Figurenokönomie und so).
So ein diffuser Skrupel, der wie ein Nebel durch die Geschichte weht, ohne sich je zu verstärken, der ist an jeder Stelle genau gleich.
Und die Geschichte wird halt lang erzählt, es passiert aber wenig wirklich Ereignisreiches, also die Leute haben auf Seite 2 eine Position, die sich bis zur letzten Zeile nicht ändert. Und die Position ist halt früh klar: Wenn sich diese Ideen plastischer ändern würden, sich die Zustände plastischer veränderten usw., dann wäre das alles sichtbarer, so ist es auch sehr abstrakt: Toni ist am Höhepunkt seines Ruhms, das sieht man, die Leute sind verrückt nach ihm, aber abstrakt muss der Leser verstehen, dass es schon vorbei ist, das sieht er aber nicht, sondern es heißt dann nur: Ja, Randale.
Das ist auch ein Problem der Geschichte, weil der Anfang erzählt ist, und auch dieser kleine Umweg mit den Skrupeln und dann das Ende wieder, aber in der Mitte, diese Tournee, das ist dann weg. Vielleicht wäre da eine starke Szene, in denen die Leute wirklich randalieren stärker. Und auch irgendwie halt diese Frau, das ist so weit weg, die sagt immer nur, was sie denkt, und das bleibt ja gleich .Also das ist keine gute Dynamik hier.
Auch der Freak, der muss ja wirklich wissen, auf was er sich einlässt, es scheint ihm da keiner falsche Illusionen zu machen. Man müsste ihm am Anfang versprechen, dass es um die Kunst geht und man müsste ihn da überreden, man müsste ihn anlügen, damit r wirklich gerechtfertigt so austicken kann am Ende. Aber er wird halt wie am Nasenring da zum Piercer geführt … und scheint sich seiner rolle in dem Stück mit einiger Tragik klar zu sein.
Also irgendwie find ich den Text verrutscht. Es wär vielleicht gut, wenn man klar abgegrenzte Szenen hätte eine bestimmte Anzahl, kein Zwischenspiel und nichts, und in den Szenen dann die Dynamik. Statt dass dann am Höhepunkt der Geschichte, da in der Mitte jemand sagt: Ja, der Toni macht nicht mehr lange= Ihn zeigen. Statt dass es heißt: Die Kosten werden zu hoch, zeigen, dass da wirklich was kaputt geht. Gibt ja ein Vorbild, das Stones Konzert bei dem ein Mädchen stirbt, und die Figuren führen jetzt Gespräche, die so direkt sind und eigentlich zu nichts führen, es wäre besser, diese Gespräche auch voneinander unterscheidbar zu machen.
Was ist denn mit dem Erzähler? Der sagt: „Das geht doch nicht“, und die sagen: „Den Gehaltscheck nimmst du aber.“ Das ist genau das eine Gespräch, das wiederholt sich 3mal.
Weiß nicht, also die Idee hat viel Potential, wenn man Amy Whinehouse oder Michael Jackson am Ende – das hat natürlich auch was von einer Freakshow. Und dass die Leute dann, wenn der Ruhm weg ist, krepieren – natürlich. Aber auch die Lösung, dass er sich an den Fans da so rächt … das liegt so nahe, das ist, durch die Struktur her, alles nicht so stark, wie es sein könnte, glaube ich. Ich fand den Anfang echt stark, und dann schoon wenn die Frau ihn da rekrutiert, es verläft sich alles so ein bisschen. Die Geschichte würde durch Konzentration viel gewinnen, durch Verdichtung, dass du als Autor genau weißt: Ich hab die nächste Szene, die und die Figur sind darin, ich will das rüberbringen, Toni geht es hier so, wie sieht er sich, wie sehen andere ihn, was wird ihm erzählt, wie ändert sich das, was will ich genau erzählen. Und dann ist da viel drin, auch viel mehr an Subtext, dass der Künstler natürlich auch wider besseren Wissens da mitmacht, und sich dann beschwert, wenn der Traum halt zu Ende ist. Oder was mit der Frau da los ist, sich da so zu prostituieren. Da bleibt viel Potential ungenutzt.
Es ist auch heute schon schwierig die Fans als so eine unkritische, homogene Masse darzustellen. Also das wäre auch spannend, wie reagiert man im Jahr 2012 auf so eine Figur wirklich. Wie abstrakt und verklausuliert und geringschätzig, also … man reagiert ja heute auf nichts so homogen. Niemandem wird über alle Grenzen hinweg nur zugeschrien und gejubelt, wie das hier dargestellt wird. Da könnte man dann eine Facebook-Seite lesen „Free Toni“ oder lesbisch-christliche Mütter gegen Gewaltverherrlichung usw. Wie gesagt – viel Potential da.


Aber davon ab ist das schon eine interessante Geschichte, es ist bis auf ein paar Kleinigkeiten lebendig geschrieben, das Setting ist gut, das Thema ist spannend, die Geschichte hat auch ein ordentliches Tempo, das ist schon ein guter Weg.

Gruß
Quinn

 

Hallo an euch alle, Friedel, Rick und Quinn und nicht zu vergessen Feirefiz, die hartnäckige, gute Fee dieser Geschichte :lol:
Ich weiß schon, so ein Lob ist für dich zweischneidig, hihi, selber schuld, hättest du mir man bloß nicht so viel über Ambivalenz beigebracht.

Das ist erst mal für euch alle:
ein großes Dankeschön für Verbesserungsvorschläge, Stellungnahmen und Anmerkungen, an welcher Stelle der Geschichte man ansetzen müsste, um sie noch zu verfeinern.
Ich habe sie jetzt ordentlich gekürzt. Pit wurde von mir gekillt, zwei Szenen flogen ganz raus, die Motive von Rita und Toni sind hoffentlich ein bisschen nachvollziehbarer geworden, ihre Charaktere nicht mehr ganz so ein- bis zweidimensional. Hoffentlich sogar in Richtung Ambivalenz gehend.
Auch wenn es mir nicht gelungen sein sollte, das hinzukriegen, mir ist das jetzt so viel klarer als vorher, das ist schon enorm.
Die stilistischen Korrekturvorschläge habe ich alle sehr gründlich geprüft, sehr sehr viel übernommen und eine Menge gelernt, auch wenn ich was nicht übernommen habe.

--------------------------

Und jetzt nacheinander

Hallo, lieber Friedel,

ja, die "verlorenen Chancen". Es stimmt schon, du magst ja auch Blues, wenn ich mich richtig erinnere, irgendwie passte der Satz in die Atmosphäre einer Musikkneipe. Nur dummerweise nicht an diese Stelle, denn einen oder zwei Sätze später beschreibe ich ja noch einmal enttäuschte Hoffnungen. Wäre dann ja dasselbe. Also warf ich den Satz raus. Und nicht nur du, auch andere vermissen nun doch zumindest ein Element davon.
Naja, da müssen wir wohl durch. Halt ein Opfer der Stringenz. Nach deinem Hinweis hab ich nun auch das Bier rausgeworfen. Es riecht/stinkt ein wenig schal so ganz ohne Chancen.

Die anderen Verbesserungsvorschläge habe ich alle überprüft und einen Teil davon eingearbeitet. Teilweise wurde es allerdings auch überflüssig, weil ich gekürzt habe.

Vielen Dank noch einmal dafür, dass du die Geschichte noch einmal gelesen hast. Du hast zwar nichts darüber geschrieben, aber die Spannung scheint dann ja wohl nicht flöten gegangen zu sein, obwohl die Geschichte jetzt ganz schön anders ist als vorher. Lieben Dank auch noch einmal für deine Hilfe überhaupt.
Und Grüße in den Frühling.
Liebe Grüße Novak

----------------------------------------

Und hallo, Rick,

die Geschichte ist sehr gut geschrieben, und man merkt ihr an, dass du als Autorin richtig drin bist, dass du das Geschehen in deiner Fantasie verinnerlicht hast. Das funktioniert insgesamt auf eine faszinierende und gradlinige Weise. Du baust mit Toni eine tolle Figur auf. Das ist das Gute und zugleich auch das weniger Gute an der Geschichte. Denn, bei all der Mühe, die du dir mit deiner Hauptfigur gegeben hast, hast du deine Nebenfiguren etwas vernachlässigt.

Über den ersten Teil hab ich mich natürlich wie irre gefreut. Manchmal braucht man so ein Lob, vielleicht gerade wenn man schon so ewig an ein und derselben Geschichte dranhängt wie ich im MOment. Und klar, du hast das Hauptproblem an der Geschichte direkt benannt. Allen war die Rita zu schwarz. Das, was du gelesen hast, ist bereits eine geschönte, ins Gräuliche gefärbte Fassung. Und ich habe sie jetzt noch einmal ein bisschen abgeändert. Also von Vernachlässigung kann man wirklich nicht sprechen:confused:, so bearbeitet, wie sie nun schon ist, aber vielleicht ist es wie im wirklichen Leben, die Kindlein, die man am meisten bepöppelt, wirken oft ein wenig ärmlich.

Leider ist im Zuge der Angrauung ein Schluss verloren gegangen, der dir vielleicht eher zugesagt hätte. Er hat wirklich gewummert. Aber in Ritas Worten: Man muss Opfer bringen.

Sehr gefreut habe ich mich über diesen Satz:

Aber das ist mein persönliches Problem, ich bin meistens von den Schlüssen in Geschichten, Romanen, Filmen und überhaupt enttäuscht. Und in Wirklichkeit kannst du dafür nichts, denn dein Schluss ist ja alles andere als schlecht. Es ist nur nicht "mein" Schluss.

Findest du vielleicht komisch, dass ich das nett finde, aber es rückt einfach die Bemerkungen über den Schluss so ein wenig zurecht. Ordnet es ein. Und macht es mir ein wenig tröstlicher, dass ich den alten Schluss rausgeworfen habe. Denn der neue scheint dann ja trotzdem zu gehen.

Und das hier:

Eine verdammt gute Geschichte, ein "Sound"; der einen an vielen Stellen richtig packt!

das Lob geht natürlich runter wie Öl, besonders wenn die Geschichte auch noch von der Musik und dem Singen handelt.

Ja, ich habe mich sehr über deine Worte gefreut. Ein kleiner mentaler Aufmunterer beim Bearbeiten.

Liebe Grüße von Novak

---------------------------------

Und auch dir ein hallo, lieber Quinn,

ich habe mich sehr gefreut, dass du gelesen und kommentiert und dich so intensiv mit der Geschichte auseinandergesetzt hast.

die Kultstätten sind entrümpelt, sonstige stilistische Unsauberkeiten hoffentlich bereinigt.
Gelernt mal wieder Neues. Und zwar, dass gleich gebaute Sätze (Relativsätze, Objektsätze) oder Vergleiche die aufeinander folgen, prinzipiell unbeholfen wirken. Man merkt das oft, wenn man es laut vorliest, die Zunge bleibt dann immer so ein bisschen hängen. Grammatikalisch ist alles richtig, aber es swingt nicht mehr. Jetzt weiß ich wenigstens warum - und kann es vermeiden, oder auch ganz bewusst einsetzen. Wie ich das will.

Auch das Kleinod habe ich geklaut und durch "Juwel" ersetzt. Hab aber vorher noch einmal zwei Jugendliche gefragt, ob Roman Lob (der Star für Baku) nun ein Juwel, ein Diamant oder ein Kleinod wäre. Diamant kannten sie, Juwel auch, bei Kleinod musste ich etwas die Ohren anlegen, sie dachten, ich wollte den guten Roman beleidigen: "Der iss net klein, wer sacht, dass der klein iss??" Mann!
Du hast also definitiv gewonnen, auch wenn du nicht sehr oft ausgehst.

Wir können Sie zu einem Kunstwerk modellieren. Sie und unser Label, (...) Stellen Sie sich vor, große Bühnen, Jubel, Leute, die Ihre Musik hören wollen.
Ist schon bisschen lahm, dieser Pitch. Es wirkt nicht so, als würde den eine hippe Frau machen, sondern so ein Typ, der schon weit von der Musik weg ist. Ich fänd’s stärker, wenn hier eine Masche zu erkennen wäre, die irgendwas direkt anspricht. Das Sendungsbewusstsein des Künstlers. Also sicher haben solche Leute bestimmte Maschen und Tricks drauf, wie sie Künstler ansprechen, und das was sie hier macht, scheint mir nicht sehr individuell und aufregend zu sein, ist eine vergebene Chance, aus der Figur hier was zu machen.

Ja, da kann ich dir nur Recht geben. Das klingt sehr distanziert, tw, als würde man über eine Immobile sprechen. Ich habe es abgeändert, versucht, die Motivation des Künstlers reinzubringen. Es ist in gewisser Weise noch vorläufig, ein Versuch, denn ich war etwas einfallslos. Aber es ist, hoffe ich, ein Schrittchen in die richtige Richtung.


„Der Vertrag ist eine Sauerei, alle diese Verträge sind es. Und bei diesem Mann ganz besonders. Er ist krank, er hat nur seine Musik. Wenn er unterschreibt, gehen alle Rechte an seinen Songs auf uns über. Dann hat er nichts mehr.“
Hm, der Dialog wirkt auch sehr für den Leser. So direkt. Gefällt mir nicht so.

Ich habe die Stelle ein wenig gekürzt, aber das geschah aus ganz anderen Gründen. Aber sie indirekter gemacht? Wohl leider nicht.
Feirefiz hat so etwas Ähnliches wie du auch schon einmal als Mangel bei mir angemerkt. Und du hast es ja auch später als Mangel bei Rita angemerkt.
Das bedeutet für mich, dass das etwas Wichtiges sein muss, wenn gleich zwei solch erfahrene Schreiber wie ihr mir das sagt. Leider raffe ich es (noch) nicht, wie man das überhaupt indirekt machen kann. Ich versuche ja in der ganzen Geschichte Dialoge zu nutzen, als Möglichkeiten der Charakterisierung, hier bringe ich Informationen über den Vertrag unter, die wichtig sind, um Tonis Wut verständlich zu machen.
Also so richtig klar geworden ist mir das nicht, warum es blöd ist, das so direkt hinzuschreiben. Und natürlich auch nicht, wie man es verbessern, also indirekter machen kann. Ich werde natürlich in Zukunft mal darauf achten, ob ich Beispiele für diese indirekte Schreibweise in Geschichten entdecke. Aber du merkst es, im Moment schwalle ich da etwas fassungslos herum, weil ich die Kritik nicht recht zu fassen kriege. :dozey:

Ja, die Geschichte ist auf der einen Seite zu lang und auf der anderen zu kurz. (...)
So ein diffuser Skrupel, der wie ein Nebel durch die Geschichte weht, ohne sich je zu verstärken, der ist an jeder Stelle genau gleich.

Pit ist nun endgültig geflogen, natürlich auch die Szene mit ihm und eine weitere Szene zwischen dem Icherzähler und Toni. Das hat hoffentlich schon viel entskrupelt.
Pit und die Betonung des schlechten Gewissens waren wichtig für die ganz alte Fassung. Der schwarzweiß Comic mit einem Elektrotod für die ganze Sippe durch die Hände des Icherzählers, ich weiß nicht, ob du es gelesen hattest.
Ich musste erst mal kapieren, dass einige Szenen, auch Fuguren schlicht überflüssig werden, wenn man ein Element aus einer Geschichte abändert.
Schon eine sehr spannende Sache.

Ich befürchte zwar, dass die Motive der Protagonisten und ihre Positionen sich immer noch nicht stark genug verändert haben, ich habe zwar ein paar Hinweise eingestreut, die das Ganze etwas veränderlicher machen. Aber ob es reicht?

Das ist auch ein Problem der Geschichte, weil der Anfang erzählt ist, und auch dieser kleine Umweg mit den Skrupeln und dann das Ende wieder, aber in der Mitte, diese Tournee, das ist dann weg. Vielleicht wäre da eine starke Szene, in denen die Leute wirklich randalieren stärker. (...)
Auch der Freak (...) Man müsste ihm am Anfang versprechen, dass es um die Kunst geht und man müsste ihn da überreden, man müsste ihn anlügen, damit er wirklich gerechtfertigt so austicken kann am Ende.

Zwei Sachen:

Zum einen der Freak: Ja, da stimme ich zu, er war in der ersten und in der zweiten Fassung nur das Opfer. Auch da habe ich nachgebessert, z. B. durch das Gespräch bei seiner Anwerbung. Und dann dahingehend, dass er in Richtung Größenwahn abspaziert. Aber klar, ich weiß nicht, ob das schon reicht.

Das zweite ist eine fehlende Szene während der Tournee, die erstens die Gewalt zeigen könnte, die Schäden, die Verluste des Labels, Tonis Veränderung etc. Ja, das ist eine Idee, die mir sehr gut gefällt. Ich hätte nicht mehr das Problem erklären zu müssen, wieso sie nun auf einmal Toni raustun wollen.So wie ich es gemacht habe, wirkt es sehr berichtend und zusammenfassend.
Das (eine solche Szene) steht mit Sicherheit auf meinem Programm, dann aber auch gleich mit einer entsprechenden weiteren Verdichtung und einem Verfahren, wie du es vorschlägst, sich für jede Szene genau zu überlegen, was mit welcher Figur geschieht, was ich erreichen will, wie sich die Beziehungen der Figuren untereinander ändern. Wann ich das mache, weiß ich allerdings noch nicht, denn im Moment fühle ich mich selbst ein wenig "fucking special"

Nicht zustimmen kann ich dir bei dem letzten Punkt:
Der Reaktion der Fans. Es stimmt zwar, dass die heute weniger einheitlich sein mag als früher. Aber ob ich das in die Geschichte hineiennehmen muss??? Nee, das kommt mir verzettelt vor. Denn mein Gegenstand ist ja nicht die unterschiedliche Reaktion der Leute, wie sie sich auf Facebook widerspieglet. Sondern das Verhalten von Fans, die ein Konzert aufsuchen.
Denn die Schlangen der Leute, die auf den Einlass warten bei bestimmten Gruppen sind immer noch riesig, die Begeisterung der Fans, die zu Konzerten kommen, ist hoch und die Masse ist z. T. verdammt homogen, manchmal erschreckend homogen. Dass es weniger Randale gibt und die Versuche, ihrer Götzen habhaft zu werden, ncht mehr so funken, führe ich auf einen ganz anderen Sicherheitslevel zurück, als er das früher war. Ein zweiter Punkt könnte sein, dass sich diese Szene in eine Vielzahl von Szenen zersplittert hat.
Wie auch immer, dass die Anersartigkeit heutigen Fantums auch ein Punkt für eine Geschichte abgeben könnte, das stimmt, die lesbisch-christlichen garantiert gewaltfreien Mütter beispielsweise sind echt gruselig.
Aber hier in dieser Geschichte würde ich es jedenfalls nicht wollen, weil ich das Gefühl hätte, es würde was zerfasern.

Ja ... langer Rede kurzer Sinn, vielen vielen Dank für deine ausführlche und sehr sehr lehrreiche Auseinandersetzunmg mit meiner Geschichte.
Hat mir großen Spaß gemacht.

Liebe Grüße von der Novak

 

Hi Novak,
Insgesamt eine sehr gute Geschichte, hat zum Schluss hin Eindruck auf mich gemacht.
Ritas Charakter finde ich eindimensional. Es kommt nicht so recht heraus, warum sie so handelt.Da kommen die harten Sätze in Richtung Nils dann wie aus dem Nichts. Hier könntest du ihr selbst noch schwache Nerven geben, ob und wie sie dass durchzieht.
Nils wirkt auf mich glaubwürdiger.

Was für mich am Anfang fehlt, ist der berühmte Hacken. der den Leser bei der Stange behält. Die Geschichte baut für mich zu langsam auf.

Ansonsten ein paar Stilistische Anmerkungen:

Die Rockkneipe, in die Rita mich bestellt hatte, sah aus wie eine der üblichen Independent-Klitschen, die am Rande der Stadt lagen, klein und schäbig.

- hier stört mich – sah aus wie eine der üblichen Independent Klitschen. Hier weissen 99,9 % der Leser nicht, wie eine Independend Klitsche aussieht.

Besser wäre einfach … sah klein und schäbig aus, wobei schäbig nochmals präzesiert werden könnte in z.B:
…, war klein mit unzähligen Flecken auf dem Boden und mit Grafitti verzierten Wänden

Dafür würde er alles tun. Sogar Schmerzen ertragen.
Das klingt nicht recht heldenhaft. Ein bißchen Schmerzen würde jeder für eine schöne Frau geben, hier bitte etwas mehr Fantasie ;)
Al
s Toni ein paar Tage später bei mir im Büro saß, kam er gerade von Rita.
Die Formulierung finde ich ungelenk. Zuminderst gehört ein …, war er gerade von Rita gekommen
Ich will Ihnen die Szenen, in denen ich spielen musste, nicht beschreiben. Sie sind dreckig. Abstoßender, perverser Müll“.
Der Satz klingt zu gewählt formuliert: Er ist aufgebracht. Da drückt er sich nicht so gewählt aus wie, I will ihnen die Szenen gar nicht beschreiben ,…

LG
Bernhard

 

Hallo Bernhard,
vielen Dank fürs Rauskramen der Geschichte und natürlich auch für das Lob.

Ritas Charakter finde ich eindimensional. Es kommt nicht so recht heraus, warum sie so handelt.Da kommen die harten Sätze in Richtung Nils dann wie aus dem Nichts. Hier könntest du ihr selbst noch schwache Nerven geben, ob und wie sie dass durchzieht.

Hey, du hättest die Geschichte mal lesen sollen, als ich sie in ihrer Urform gepostet habe. Dagegen ist Rita jetzt ein Charakterfeuerwerk an Mehrschichtigkeit:D.
Nee, im Ernst, das war und ist ein Problem. Ih habe viel daran gelernt und lerne noch. Ich hatte die Rita sehr in eine Richtung aufgebaut und da dann auf einmal Mehrdimensionalität reinzukriegen, das fand ich richtig schwer. Hatte mich mehrere Überarbeitungen gekostet und viel viel Zeit. Offensichtlich ists immer noch nicht ganz geglückt. Würde mich freuen, wenn du mir die Stelle schreibst, an der dir das mit den harten Sätzen aufgefallen ist. Dann kann ich schauen wie ich das noch überarbeite.

Auch die anderen Stellen überdenke ich und überarbeite ich ggf., muss nur noch ein bisschen drüber nachdenken, nur das Eingangszitat, die Independetklitsche, das muss aus meiner Sicht drin bleiben.

Viele Grüße
Novak

 

Hallo Novak,
Genau darann habe ich mich gestört:

„Siehst du“, sagte sie, das ist es, was wir brauchen, um zu überleben, wir wollen Musik machen, ja, neue Wege gehen, du kennst aber auch unsere Lage. Manchmal muss man etwas opfern, wenn man sich halten will. Und wenn hier einer schon lange seinen Traum verloren hat, dann doch wohl du. Deine Musik heißt Blackjack. Also mach du mir keine moralischen Vorhaltungen.“
Sie blickte noch einmal auf das Plakat an der Wand und straffte die Schultern, ihre Stimme wurde lauter: „Sei froh, dass du in diesem Laden arbeiten darfst, du Kartenjunkie, lass mich mit deiner verlogenen Moral zufrieden.“
Hier zweifelt und zögert sie zuerst und greift plötzlich ohne erkennbaren Grund Nils mit einer vollen Breitseite an. Das finde ich unglaubwürdig - zumindest so wie es hier in der Abfolge gewesen ist. Der letzte Satz wäre für mich nur plausibel, wenn es vorher sehr harte Worte von Nils gab.
Ich würde den letzten Satz einfach weglassen oder in ein "Ende der Diskussion." umwandeln.

lg
Bernhard

 

Hallo Novak,

Ich habe diese Geschichte sehr gern gelesen und wollte sie auch schon ganz lange kommentieren. Dank der Kommentier-Aktionswoche ist es jetzt endlich soweit :).

Die Geschichte ist sehr beeindruckend. Du hast wirklich ein großes Sprachtalent, viele Formulierungen gefallen mir sehr gut. Aber was ich noch viel beeindruckender finde, ist die Masse an Arbeit, die du hier rein gesteckt hast. Ich kann mich an die erste Fassung nur noch dunkel erinnern, da bin ich irgendwie nicht dazu gekommen zu kommentieren, aber man kann ja anhand der Kommentare gut nachvollziehen, was du alles verändert hast. Ich komme mir gerade richtig faul und undiszipliniert vor, weil ich es selten schaffe, eine Geschicht so gründlich zu überarbeiten und zu ändern, wie du das hier getan hast.

Vor allem bei den drei Hauptfiguren hat sich ja offenbar ganz viel getan, und meiner Meinung nach hat es sich bei allen ausgezahlt. Ich finde die jetzt alle ziemlich rund - Toni, Nils, und sogar die Rita auf der die meisten Kritiker immer noch herumhacken. :) Ich sehe das, was du in einem Kommentar geschrieben hast - dass sie irgendwo durchaus noch ein paar Ideale vergraben hat, aber da rührt sie nicht mehr dran, weil sie den großen Erfolg will. Ich denke auf irgendeiner Ebene findet sie es schon scheiße, was sie tut - deshalb wird sie auch so wütend, als Nils Bedenken anmeldet. Deshalb finde ich gerade die Szene, die Bernhard in dem Kommentar über mir kritisiert, eigentlich sehr wichtig.

Zum Schluss noch ein winziges bisschen Textkram. Der Text ist schon so intensiv geschliffen und poliert worden, dass man da wirklich kaum noch ein Stäubchen entdeckt. :) Das ist alles, was ich noch zusammengefegt habe:

Dir ging es doch immer um die Musik und den Menschen, Künstlern eine Chance geben, das war dein Traum.“

Mit einem Punkt nach Menschen würde sich das besser lesen, glaub ich.

Das Denkmal musste vrmarktet werden.

Ich kaufe ein e :)

Er saß auf einem metallfarbenen Rollstuhl.
Das Adjektiv sagt doch eigentlich nichts aus, es gibt ja verschiedene Metallfarben. Das könnte raus.

Es sollte der Höhepunkt der Tournee werden, ein gigantischer Medienevent, der ein paar der Verluste wettmachen und eine Stufe zum nächsten Erfolg bieten sollte.
Ich kenne Event nur sächlich – ist aber gut möglich, dass beides geht.

Grüße von Perdita

 

Hallo, ihr Lieben

Danke, Bernhard fürs Raussuchen der Stelle, ich hatte schon befürchtet, dass du diese meinst.
Ich kann dein Bedenken nachvollziehen und verstehen. Überlegt hatte ich gerade diese Stelle mir so, dass ein Mensch, der sich innerlich schon noch mit Skrupeln plagt, diese aber loswerden will, weil er zum Beispiel auf Karriere setzt, manchmal schärfer reagiert als einer, der diese Skrupel gar nicht kennt. Das ist ja ein sehr widersprüchliches Verhalten, aber es kommt doch vor!
Ursprünglich dachte ich, ich hätte diese Idee einfach schwach und unverständlich umgesetzt und wollte den letzten Satz deinem Vorschlag folgend einfach abändern. Aber irgendwie war ich damit auch im Unreinen. Jetzt sehe ich, dass andere doch verstehen, was ich eigentlich meinte. Jetzt hab ich ein Problem ...:dozey:

Vielen lieben Dank noch einmal für dein Ausgraben der Geschichte, ist ja schon wieder ein Weilchen her und für die Korrekturvorschläge.

Und hallo Perdita,

das Problem mit der Stelle habe ich nun zum Glück ein bisschen weniger, denn du hast die Stelle genau so verstanden , wie ich sie meinte. Das war wirklich erstaunlich, als ich deinen Kommentar sah, dachte ich, huch, genau so hätte ich die Stelle selbst erklärt. Und dann dachte ich - vielleicht habe ich ja doch nicht völlig in den Sack gegriffen. Liebe Perdita, wofür so eine Kommentierwoche doch gut ist! Exakt genau so, wie du die Stelle auffasst, hatte ich sie gemeint. Jetzt schlaf ich einfach noch mal drüber und dann gucke ich, ob mir die Stelle immer noch gefällt oder ob ich sie doh noch umschreibe. Im Moment geht der Zeiger aber ins Nichtumändern.
Jedenfalls großen Dank an dich, denn was Charakterisierungen betrifft, da fühl ich mich oft sehr unsicher, ich marschiere nur allzugern in eine sehr plakative Richtung davon.

Vielen Dank für dein Lob. Das hier hat mich tatsächlich etwas rötlich werden lassen:

Die Geschichte ist sehr beeindruckend. Du hast wirklich ein großes Sprachtalent, viele Formulierungen gefallen mir sehr gut.

Das mit der vielen, vielen Arbeit siehst du richtig. Es war zum Teil eine echte Schweinearbeit. Aber zum Glück hatte ich Feirefiz sozusagen als Mentorin, sie hat mir ganz schön auf die Sprünge geholfen.
Ich glaube, so langsam muss ich mal wieder an eine Geschichte ran, um Charakerisierungen zu trainieren!!!!


Darüber

Vor allem bei den drei Hauptfiguren hat sich ja offenbar ganz viel getan, und meiner Meinung nach hat es sich bei allen ausgezahlt. Ich finde die jetzt alle ziemlich rund - Toni, Nils, und sogar die Rita auf der die meisten Kritiker immer noch herumhacken.

habe ich mich denn auch tierisch gefreut. Toll!

Die Korrekturvorschläge fand ich sehr nachvollziehbar. Die werde ich sofort korrigieren, wenn ich wieder etwas wacher bin.
Über den metallfarbenen Rollstuhl musste ich im Nachhinein grinsen, ich weiß noch, dass Feirefiz mir da die vielen Adjektive austreiben wollte und ih musste einfach trotzig eines drin lassen.
Na jetzt bin ich geheilt, das kommt auch raus.
Event hab ich noch mal nachgeschlagen. Geht beides.
Vielen lieben Dank noch einmal fürs Lesesn, Hervorkramen, Kommentieren und die Hilfe
Bis denn
Novak

 

Hallo Novak,

Das Denkmal musste vrmarktet werden.

„Es ist nichts, nur ein paar Konzerte zu viel. Lass mich ein, zwei Nächte ruhig schlafen. Dann geht es wieder.
„ Toni,

Hab jetzt nicht alle Kommentare gelesen..
Ich fand den Anfang echt gut, da war ich echt drin in der Story. Der Freak, und dass man den tätowieren will, und wie er singt, und wie man eigentlich einen hässlichen Star bräuchte, weil nur er wirklich Leid ausdrücken könne. Alles stark. Und gut geschrieben auch. Es flacht leider irgendwie bisschen ab. Dann kommt zum dritten Mal eine Toni-Beschreibung, wie er singt, und die Fans und so … und ich weiß nicht. Es gibt keine gescheide Wendung. Man müsste Spannung aufbauen und es dann knallen lassen, aber irgendwo geht was verloren.

Manche Sachen finde ich dann auch nicht mehr ganz so logisch, also hattest du eine tolle Ausgangsituation, und dann nicht mehr genau gewüsst, wie das alles so aufgeht.

Als Rita sagt:

Später, als ich zum Ausgang lief, sah ich Rita. Sie hatte auf mich gewartet.
„Nils, wir müssen reden, es geht um die Konzerte, um Toni.]Das Ganze ufert aus, es wird zu teuer, außerdem ist er krank, er kann nichts mehr leisten, er liefert immer noch gut ab, aber wie lange noch? Du musst ihm sagen, dass er keine Auftritte mehr kriegt. Die Fans hauen alles kurz und klein. Das verschlingt Unsummen. Wir müssen jetzt schon Strafen zahlen. Wir können uns das nicht mehr leisten.
[/QUOTE]

Es wird alles zu teuer, weil die Fans alles kleinhauen und so, wir müssen aufhören ... finde ich unrealistisch. Wenn die Fans ausflippen, klingeln die Kassen, und Rita freut sich. Und wenns Probleme gibt, denkt sie eher an Lösungen, glaube ich.
Das sind so Sachen, die gibt's in Filmen auch immer, da denke ich an den neuen Planet of the Apes, der schwarze Chef da im Alzheimerzentrum, wie der jedes Mal völlig neue Marschrichtungen angibt, wir brechen ab! wir machen weiter! und eigentlich müsste er einer sein, der nur ans Geld denkt, aber man merkt, er denkt nur an den Plot. Das denke ich bei Rita auch ein bisschen. Da verbiegt man Sachen, damit's halt aufgeht. Schöner ist natürlich, alles passt einfach. Ist natürlich viel leichter gesagt als getan.

Aber ich habs in einem Rutsch mit Interesse gelesen, das spricht schon für den Text.

MfG,

JuJu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Novak,

ich hatte Schwierigkeiten eben, die Geschichte wiederzufinden, zuerst suchte ich sie in Romantik, dann in Gesellschaft, zuletzt in Sonstige, bevor ich sie durch deine Geschichtenliste wiederfand. ja, okay. rückblickend machen so einige Szenen, die ich krass übertrieben fand etwas mehr Sinn, wenn man die Geschichte als Horror liest - nehme ich an. in diesem Bereich lese und schreibe ich eher nicht, daher bin ich da vorsichtig geworden mittlerweile. ich schreib mal, was ich mir dazu gedacht habe, ohne zu wissen, welche Rubrik.

Einen Stein im Brett hattest du mit dem kurzen Zitat. Das Lied hat mir irgendwann in meiner Jugend mal sehr gefallen, ohne dass ich den Text kannte witzigerweise,- dann die atmosphärisch dichte Beschreibung der Kneipe mit dem erbarmungslosen Publikum. gefällt, gefällt.

da war ich schon mal sehr offen für das Weitere und hatte den Titel (alle Titel, die das Wort 'fuck' in irgendeiner Weise verwenden kriegen erst mal nen Stempel) bereits wieder wohlwollend ;-) vergessen. jetzt, nach dem Lesen, gefällt er mir. fucking special, ja, das hat was, so rau und leidend gesungen.

Wir brauchen eine neue, authentische Musik. Etwas noch nie Dagewesenes, Bizarres, Qualvolles. Ich weiß, dass es diese Marktlücke gibt, man muss nur mutig genug sein, hineinzustoßen

Also das Krüppel ausgestellt werden oder sich selbst ausstellen, ist nichts Neues. Mittlerweile würden da wahrscheinlich einige Verbände gegen Sturm laufen, also man könnte von einer Wiederentdeckung sprechen.
Mir fällt da in dem Zusammenhang ein Armloser ein, der Ende des neunzehnten Jahrhunderts in deutschen Fußgängerzonen sein Geld damit verdient hat, die Flöte mit den Füßen zu spielen.
"Ich weiß, dass es diesen Markt gibt / dass ein Markt vorhanden ist", wäre in dem Kontext gebräuchlicher denke ich, auf jeden Fall simpler.

Sein Gesicht wirkte so verschoben, dass ich ihn nicht direkt ansehen konnte. Ich hatte Angst, er würde mir meine Verlegenheit und das Entsetzen ansehen.

sehr gute Stelle, absolut nachvollziehbar. diese Figur ist ohnehin die einzige mit teilmenschlichen Zügen, die anderen sind schon sehr stereotyp, warum musstest du ihn nur so jämmerlich darstellen? :)

Als sie endlich schwieg, berührte sie wie unabsichtlich seine Hand.

gut gesetzt

Als sie endlich schwieg, berührte sie wie unabsichtlich seine Hand.

ja, die hat das drauf. die Sorte gutaussehende Frau, voll ökonomisiert und erfolgsgeil, die nimmt sich so was raus.

„Was wollen Sie mit einem Typen wie mir? Ich bin krank und so hässlich, dass sich die Leute nicht trauen, mich anzuschauen. Ist das nicht so, Herr Brönner?“, aggressiv drehte er sich zu mir um.

das ist das einzige Mal, in der du den Krüppel aggressiv sein lässt. und siehe da, der kann das! zum Schluss noch mal, auf der Bühne, ja. aber sonst ist mr der zu sehr nach innen gerichtet, zu schwach, defensiv, schweigend.
da wäre Potential zu geilen Gefechten Marketing-Biest versus aggressiver Krüppel. so wie Godzilla gegen KingKong, du weißt doch, dass die Leude so was sehen wollen. Sensationen, Sensationen!

Ich bestellte ihm Kaffee. Während er trank, erzählte er mir von dem Unfall, der ihm ein Bein genommen, und von der Krankheit, die ihn in einen verwachsenen Gnom verwandelt hatte

Vorstellbar, dass jemand, der nichts zu verlieren hat, sein Leben auf der Zunge trägt. Aber muss das sein, dass er damit gleich dem Laufboten des Biests in den Ohren liegt? das ist so, args, verständnisheischend, das wollen viele Gehandicapte nicht. und hat es hier eine Funktion? weckt das des Laufbotens Gewissen?

Ich will Ihnen die Szenen, in denen ich spielen musste, nicht beschreiben. Sie sind dreckig. Abstoßender, perverser Müll“.

sehr dick aufgetragen. ist auch schwierig. wenn Leute sagen, sie mussten. als ob jemand gezwungen würde, in Sexfilmen mitzuspielen. der Lebensunterhalt lässt sich hier auch anders sichern, also wenigstens die existentielle Not kann als Triebfeder, die einen in solchen Situationen bringt, normalerweise nicht mehr herhalten.
das wirkt auf mich etwas dünn, diese Charakterisierung des Biests (denn hier gibt es keinen Schönen, das sind beide Biester). und dann wird die Schminke umso greller aufgetragen, wie an der Stelle, wo sie in der Pressekonferenz ihren Arsch an seinem Buckel reiben soll?!
darf man das in einer ansonsten realistisch wirkenden Geschichte schreiben, weil es Horror ist? oder besser: sollte man?
ich weiß nicht, ob man diese ganze Sexgeschichte hier überhaupt braucht.

Ja, ein paar Jahre Musik machen, ich auf einer großen Bühne. Dafür würde ich viel geben.“ Als ich den Klang hörte, mit dem er das sagte, wusste ich, dass er verloren war.

gerne gelesen. ich mag diese Momente der Erkenntnis, die Figuren haben.

Deine Musik heißt Blackjack.

gute Gelegenheit, Sound-Elemente einzubauen. Deine Musik ist das Geräusch der Blackjack--Karten, die auf den Tisch gekloppt werden. Das Geräusch, das die Karten machen, wenn sie gemischt werden. so was. kommt gut

Dann schaute ich auf das Plakat, griff nach irgendeinem Schnaps, schüttete ihn runter, und mit jedem neuen Schnaps fand ich es ein klein wenig leichter, mit mir selbst in einem Zi

Karten und Alkohol? lass ihn doch den Zug zum Spieltisch spüren, er könnte den Raum vor sich sehen, den Geber, er könnte seine Hände dabei erwischen, wie sie typische Bewegungen machen. bspw. auf jeden Fall nicht jemandem mit einer Sucht gleich die nächste Schwäche anheften, das bekommt dann unweigerlich etwas unglaubwüdiges, so ein Frankenstein, aus allen Schwächen zusammengebastelt, auf seine Art ebenfalls ein Kuriositätenkabinett.

Ich wandte mich verlegen ab und schaute verstohlen zur Seite, in Tonis Richtung. Als mich sein Blick traf, wusste ich, dass er die Zeichnung gesehen hatte.

ja, er hat es schwer. will keiner bestreiten. aber schwer hätte er es auch, wenn er darauf aggressiv reagierte, und dann könntest du ihm einen kleinen Sieg spendieren, das Gerechtigkeitsbedürfnis das Publikums befriedigen. ich finde die Art, wie er den Laufboten zu Beginn anfaucht, das sollte Blaupause für sein Verhalten sein.

Plötzlich sprang aus dem schwarzen Nichts ein Lichtkege

Plötzlich! auch so ein Sensationswort, und dann springt der Lichtkegel erst durch den brennenden Reifen und dann, aus dem schwarzen Nichts, auf den wehrlosen Krüppel.
wenn du das so beschreibst, ist der Lichtkegel die Gefahr, das Böse. okay, er hat auf jeden Fall die Funktion, den Bloßgestellten und Kaputtgepimpten zu präsentieren, insofern schon ein Instrument des moralisch Schlechten, aber wer das macht, das ist der Mensch, hier ist das so eine unheilige Dreifaltigkeit aus Publikum, Poseur und Präsenteur - das geht ein wenig verloren, wenn man den Lichtkegel da zum Akteur macht.

Als Toni die Bühne verlassen wollte, überrannte ein Pulk aus der Menge die Bühne. Sein Rollstuhl verschwand unter den heranbrandenden Leibern der Fans

Bei Balzac wäre das das Ende gewesen. Hätte auch was. Jedenfalls erinnert mich die Geschichte mit der allgegenwärtigen Stilisierung und den undifferenzierten Prototypen an Geschichten aus der Zeit. auch die Bereitschaft, Sensationen auszumalen und somit zu nutzen.

Dann ließen die Fotografen Rita und Toni posieren, sie knipsten, wie sie ihn küsste, baten sie, ihn zu streicheln, sich an ihn zu pressen und ihren Arsch an seinem Buckel zu reiben.

find ich schon gut, vor allem das davor. aber weniger wäre hier mehr. wie oben geschrieben :)

Und die Leute lieben mich, es ist fremd, wie ein Traum. Es ist als ob ich ein anderer wäre.

wie Lou Reed 'Perfect Day', das sind die Glücksmomente der Ausgestoßenen. Sich einen Tag vorzumachen, in der Haut eines anderen zu sein. find ich einen starken und guten Satz.

Als ich Toni so sah, aufgebahrt wie ein altertümlicher Herrscher auf den erhobenen Armen der Fans, als ich sein Gesicht sah, seinen Blick, wusste ich, dass er seinen Engel gefunden hatte

anstatt Engel: Paradies, Himmel?

Nach dem Konzert kam er zu mir.
„Toni, du bist krank.“

in dem Kontext wäre 'ging ich zu ihm' sinnvoller

Komm Nils! Du hast einen guten Draht zu ihm. Ich … ich kann das nicht.“

Komm Novak! Im Geiste schärferer Konturen: Sie soll ihn zwingen, erpressen. Mit dem hat sie doch auch leichtes Spiel. Ein 'ich kann das nicht' passt mE nicht.

verließ sie den Raum, ihre Hüften schwangen hin und her, wie immer, doch es war eine harte Bewegung, als wäre eine Wand in ihr entstanden.

:D sorry, aber wie bitte soll das denn aussehen?

alle saßen sie bereit, in einem bestuhlten, durch eine Absperrung getrennten Bereich.

VIP-Bereich? da steckt das alles drin

Der erste Spot sprang ihn an,

Buh. da ist er wieder, der hochgefährliche und böswillige Lichtspot

Rückkopplungen schmerzten. Die Menge schrie.

kann das echt so krass sein? ich vermeide solche lauten Festivitäten :D jedenfalls wieder etwas weniger vllt, das wäre auch etwas weniger zugespitzt stark

dass meine Freunde hier wollen, dass ich aufhöre? Wisst ihr, dass sie so um meine Gesundheit besorgt sind, dass sie mich zu einem einzigartigen Kunstwerk gemacht haben? So besorgt, dass ich nun nicht mehr auftreten, meine eigenen Lieder nicht mehr singen darf?

er wusste doch, wie es läuft.

Rache ist schon ein interessantes Thema. Die Verteilung von Schuld und die Charakterzeichnungen gestalten diese Geschichte sehr düster, allen mangelt es an Respekt, vor sich und also vor den anderen, jeder ist gierig, und natürlich wendet sich dieser Ball der Sünden gegen die Sünder. Hm. Hat durchaus Konsequenz, bis auf die paar angestrichenen Szenen, wo ich mir etwas mehr Konsequenz gewünscht hätte, wo die Figuren teils aus der Rolle fallen. Der einzige mit stellenweisen freundlichen, menschlichen Zügen ist herausragend schwach, hat der sich überhaupt einmal durchgesetzt?
Gute Geschichte, gerne gelesen. Doch, hat mir gefallen.

Kubus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Juju,

Merci fürs Lesen, Kommentieren und Auseinandersetzen mit der Geschichte. Und, logo, fürs Gutfinden des Anfangs.
Die Vertipper habe ich korrigiert.

Es flacht leider irgendwie bisschen ab. Dann kommt zum dritten Mal eine Toni-Beschreibung, wie er singt, und die Fans und so

Dass ich den Toni dann noch mal habe singen lassen, lag daran, dass ich Toni nicht nur als Opfer aufbauen wollte, sondern als jemanden, der selbst Gefallen findet an dem Ruhm, den er genießt. Das ist auch der Grund, warum er sich rächen will. Das ist mir leider noch nicht so ganz gelungen.
Ich muss mal schauen, was und wie ich das noch hinkriege, ich denke aber, dann kommts dir acuh nicht mehr wie eine Wiederholung vor.

Manche Sachen finde ich dann auch nicht mehr ganz so logisch, also hattest du eine tolle Ausgangsituation, und dann nicht mehr genau gewüsst, wie das alles so aufgeht.
… er denkt nur an den Plot. Das denke ich bei Rita auch ein bisschen. Da verbiegt man Sachen, damit's halt aufgeht. Schöner ist natürlich, alles passt einfach. Ist natürlich viel leichter gesagt als getan.

Ohje!! Das klingt ja wie Bauanleitung für Ikearegal. Nee, ist natürlich blöd, wenn man so die Absicht merkt. Mit dem letzten Satz hast du auf jeden Fall Recht. Es gibt immer was, was man offensichtlich nicht bedacht hat.
Ich wusste schon, wie alles aufgehen sollte, hatte ich sehr kleinschrittig und in Bezug auf die Kommentare und Kritiken abgestimmt und abgeändert. Als Verbiegung sollte es natürlich nicht ankommen. Schluck! Habs dann vielleicht nicht so hingekriegt wie ich wollte. Zu meiner Ehrenrettung: Dass Rita den Freak loswerden will, liegt ja nicht nur an dem Krawall der Fans und den Schäden, sondern auch daran, dass Toni krank und schwach wird, er schafft es nicht mehr. Das hätte ich vielleicht stärker zum Ausdruck bringen sollen. Ich hatte mir auch schon überlegt, und bin mir mittlerweile sicher, dass ich das so machen will, dass ich den Freak noch ein bisschen mehr in die Richtung ausbauen sollte, dass er etwas größenwahnsinnig wird und anmaßend. Siehe oben. Das summiert mit den anderen Gründen würde ja dann vielleicht einen logischen Hintergrund abgeben für Ritas Loswerden-Wollen.

Das hier hat mich natürlich sehr gefreut:

Aber ich habs in einem Rutsch mit Interesse gelesen, das spricht schon für den Text.

Vielen Dank noch mal, bis denne
Liebe Grüße Novak


Und hey Kubus,
das hat mich sehr gefreut, dass du gelesen und kommentiert hast. Vor allem fand ich es toll, dass du so richtig reingetaucht bist in die Geschichte. Das hat mir unglaublich gut gefallen. Das wollte ich eigentlich auch mit meiner etwas kryptischen PM mitgeteilt haben. Da war aber dann wohl schon der Fieberwahn am Werken. Ich konnte deine Gedankengänge durch dieses genaue Beschreiben und das differenzierte Nachvollziehen richtig gut verfolgen. Das hat mir ziemlich viel gebracht, sowohl was das Positive als auch was das zu Kritisierende betraf. Und nicht nur das, es hat auch noch Spaß gemacht. Du hast vieles so beschrieben, wie ich es auch gesehen haben wollte und das war für mich einfach eine tolle Erfahrung, dass es mir offensichtlich doch hin und wieder gelingt, eine Atmosphäre zu erzeugen, die beim Leser auch die entsprechenden Stimmungen erzeugt. Und du hast dich in die Logik der Geschichte reingekniet, so dass ich das Gefühl hatte, du holst die Geschichte da ab, wo sie steht und führst sie weiter. Von daher habe ich sehr, sehr viele deiner Anmerkungen nachvollziehen können und bin dabei sie einzubauen. Das allerdings kann ein wenig dauern, wenns nicht gerade Kleinigkeiten waren wie eine Formulierung oder so.

Das hier fand ich witzig

zuerst suchte ich sie in Romantik, dann in Gesellschaft, zuletzt in Sonstige, bevor ich sie durch deine Geschichtenliste wiederfand. ja, okay. rückblickend machen so einige Szenen, die ich krass übertrieben fand etwas mehr Sinn, wenn man die Geschichte als Horror liest

Mal abgesehen davon, dass ich mit Romantik nicht so viel am Hut habe, ich hab mir gerade mal vorgestellt, wie das beim Romatik liebenden Leser ankommt, wenn da alle eine schwarz-düstere Schraube locker haben und sich gegenseitg umbringen.

Und endlich kannte mal jemand das Lied!!! Es ist wirklich so eine richtige Vorlage für ein Thema wie "Die Schöne und das Biest". Genauso wie der Titel. Toll, dass du das auch so siehst.

dann die atmosphärisch dichte Beschreibung der Kneipe mit dem erbarmungslosen Publikum. gefällt, gefällt.

:)

alle Titel, die das Wort 'fuck' in irgendeiner Weise verwenden kriegen erst mal nen Stempel

:D

Also das Krüppel ausgestellt werden oder sich selbst ausstellen, ist nichts Neues. Mittlerweile würden da wahrscheinlich einige Verbände gegen Sturm laufen, also man könnte von einer Wiederentdeckung sprechen.

Da hast du Recht. Wenn man überlegt, so lange ist das noch gar nicht her, da wurden Behinderte als Freaks in Kuriosenkabinetten ausgestellt. Kennst du den Film „Freaks“? Er schildert das. Auch er war so eine Inspiration für die Geschichte. So ein bisschen in modernisiertere Fassung wollte ich das ansprechen, indem ich den Toni sagen ließ, wo er überhaupt nur arbeiten kann. Wenn man den Filmchen und Bilder auf youtube folgen mag, dann gibt es diese modernisierten Kuriosenkabinette jetzt im Internet


Mir fällt da in dem Zusammenhang ein Armloser ein, der Ende des neunzehnten Jahrhunderts in deutschen Fußgängerzonen sein Geld damit verdient hat, die Flöte mit den Füßen zu spielen.

Du meinst Ende des 20.Jh. Oder? Wegen Fußgängerzonen? Ich glaube mich auch an so was zu erinnern. Gegeben hats das wirklich schon immer, es ist nur neuzeitlich noch nie so allgemein vermarktet worden, wie die Geschichte das unterstellt.

Ich weiß, dass es diesen Markt gibt / dass ein Markt vorhanden ist", wäre in dem Kontext gebräuchlicher denke ich, auf jeden Fall simpler.
Hab ich geändert.

Ja zum Kuckuck aber auch, solche Schlaffis gibt’s!

:dozey: Genau!

ja, die hat das drauf. die Sorte gutaussehende Frau, voll ökonomisiert und erfolgsgeil, die nimmt sich so was raus.

Du glaubst es nicht, aber das ist meine Chefin. Ich krieg Pickel, wenn die das bei mir macht. Sie macht es zum Glück nur nicht subtil, sondern platt. Da kann man ein wenig besser mit umgehen.

da wäre Potential zu geilen Gefechten Marketing-Biest versus aggressiver Krüppel. so wie Godzilla gegen KingKong, du weißt doch, dass die Leude so was sehen wollen. Sensationen, Sensationen!

Ja, das ist eine coole Idee. Ich glaub in die Richtung mach ich noch was, die Geschichte ist jetzt halt schon arg lang, aber das gibt der Sache vielleicht trotzdem einen guten Kick. Auch Juju hatte ich ja auch schon geschrieben, dass es der Logik gut täte, wenn der Toni ein bisschen in eine andere Richtung geht. Auch Feirefiz hatte mich schon einmal in diese Richtung gebracht, ich habe es aber wohl zu zart angedeutet. Er müsste größenwahnsinniger werden, der gute Toni. Mal gucken, wie ich das mache. Im Vergleich zur ursprünglichen story hab ich den Toni ja auch schon die Begeisterung der Fans genießen lassen. Ist jedenfalls ne gute Idee.

Vorstellbar, dass jemand, der nichts zu verlieren hat, sein Leben auf der Zunge trägt. Aber muss das sein, dass er damit gleich dem Laufboten des Biests in den Ohren liegt?

Ja, vielleicht hast du Recht. Ich wollte dem Leser erklären, was mit dem Toni los ist, wenn ichs nicht schreibe, hätte bestimmt einer nachgefragt, warum er so krüppelig ist. Aber vielleicht sollte ich da andere Akzente setzen. Ob es das Mitleid von Nils wecken sollte? Nee, eigentlich ist nicht die Ursache der Behinderung der Grund dafür, dass Nils ihn sympathisch findet, sondern sein Umgang mit der Krankheit und sein Humor. Und das kann ich auch so rüberbringen. Passt auch besser zu der verschlossenen Art von Toni.

sehr dick aufgetragen. ist auch schwierig. wenn Leute sagen, sie mussten. als ob jemand gezwungen würde, in Sexfilmen mitzuspielen. der Lebensunterhalt lässt sich hier auch anders sichern, also wenigstens die existentielle Not kann als Triebfeder, die einen in solchen Situationen bringt, normalerweise nicht mehr herhalten.

Ok, vielleicht MUSSTE er nicht, aber das Hineinrutschen in so eine Szene geht manchmal schneller, als man sich das so vorstellen kann. Ich überlege noch, wie ich das ein bisschen abmildern kann oder sonstwie ändern, ganz rausschmeißen will ichs nicht, denn Toni soll schon aus einer Szene kommen, die ihn nach jedem Strohhalm greifen lässt. Außerdem würde dieser Hintergrund ja plausibel mahen, dass er einen ausgeprägten Selbstdarstellungswillen hat.

und dann wird die Schminke umso greller aufgetragen, wie an der Stelle, wo sie in der Pressekonferenz ihren Arsch an seinem Buckel reiben soll?!
darf man das in einer ansonsten realistisch wirkenden Geschichte schreiben, weil es Horror ist? oder besser: sollte man? ich weiß nicht, ob man diese ganze Sexgeschichte hier überhaupt braucht.

Dürfen/Sollen ist da ja nicht das Thema, sondern ob es passt. Es ist ja keine Sexgeschichte, die ich hier meine, sondern die Presse findet das geil. Es ist eine Inszenierung für die Öffentlichkeit. Hype für die Tournee oder für das nächste Album. Das größte Monster von allen sind die Medien. Das wollte ich auch mit diesem kritzelnden Reporter rüberbringen. Ich werde es aber mal überprüfen. Als Sexgeschichte sollte es weiß Gott nicht ankommen.

gute Gelegenheit, Sound-Elemente einzubauen. Deine Musik ist das Geräusch der Blackjack--Karten, die auf den Tisch gekloppt werden.

Auch eine schöne Idee. Ich überleg mal.
Genau so wie das:

lass ihn doch den Zug zum Spieltisch spüren, er könnte den Raum vor sich sehen, den Geber, er könnte seine Hände dabei erwischen, wie sie typische Bewegungen machen.

Selbst wenn ich es hier nicht gleich übernehme, deine Ideen bringen mich einfach total viel weiter. Auch in anderer Hinsicht. Ich habe ja schon einge deiner Geschichten sehr gerne gelesen, auch wenn ich erst eine kommentiert habe, aber langsam verstehe ich ein bisschen, wie du das machst, ohne, dass ich es umsetzen könnte. Du spürst ja richtiggehend in so eine Figur rein. Find ich sehr eindrucksvoll.

ich finde die Art, wie er den Laufboten zu Beginn anfaucht, das sollte Blaupause für sein Verhalten sein.

Hmmm – überleg. Zu Anfang als durchgehendes Moment? Auf keine Fall. Später … ja! Ok, Blaupause übernommen.

Plötzlich! auch so ein Sensationswort, und dann springt der Lichtkegel erst durch den brennenden Reifen und dann, aus dem schwarzen Nichts, auf den wehrlosen Krüppel.

Hihi
Aber „plötzlich“ kommt raus, ich verspreche es.

aber wer das macht, das ist der Mensch, hier ist das so eine unheilige Dreifaltigkeit aus Publikum, Poseur und Präsenteur - das geht ein wenig verloren, wenn man den Lichtkegel da zum Akteur macht.

Das stimmt, du hast schon gut erkannt, warum ich den Lichtkegel habe springen lassen. Und kann schon sein, dass dabei die Dreeinigkeit der menschlichen Akteure verloren geht, aber es gefällt mir trotzdem zu gut. Jedenfalls solange mir nichts Gescheiteres einfällt. Immerhin wird das Objekt-Sein dadurch betont.

Bei Balzac wäre das das Ende gewesen. Hätte auch was. Jedenfalls erinnert mich die Geschichte mit der allgegenwärtigen Stilisierung und den undifferenzierten Prototypen an Geschichten aus der Zeit. auch die Bereitschaft, Sensationen auszumalen und somit zu nutzen.

Ja, das fällt mir auch auf, wenn du das so schreibst, es ist ja auch anderen schon aufgefallen. Merkwürdig, wie sich da vor langer Zeit Gelesenes offensichtlich Bahn bricht.

wie Lou Reed 'Perfect Day', das sind die Glücksmomente der Ausgestoßenen. Sich einen Tag vorzumachen, in der Haut eines anderen zu sein.

Es ist drollig, du hast auch die Angewohnheit, bestimmte Momente in Liedzeilen zu kleiden.

anstatt Engel: Paradies, Himmel?

Du bist nicht der erste, der das anmerkt – und langsam glaube ich, muss ich es ändern. Eigentlich ist es ein Zitat/eine Anspielung an das Eingangslied, als er die Frau wegen der er schön sein will, als seinen Engel bezeichnet. Da wollte ich anknüpfen. Nur ist es keine Frau, die Toni will, es ist das Bad in der Menge. Aber man merkt es wohl nicht. Naja, ich setz es dann wohl schweren Herzens auf die Abschussliste.

Komm Novak! Im Geiste schärferer Konturen: Sie soll ihn zwingen, erpressen. Mit dem hat sie doch auch leichtes Spiel. Ein 'ich kann das nicht' passt mE nicht.

Das stimmt, fällt ohnehin weg, wenn ich einen fieseren Toni mache, dann passt es entweder oder es wird anders geändert.

Die Hüften mit der Wand
sorry, aber wie bitte soll das denn aussehen?

Du kennst meine Chefin nicht!! Na gut, ist gekauft, ich ändere es ab.

Rückkopplungen kann das echt so krass sein

Naja, war/bin sehr eifrige Konzertbesucherin, die können echt schmerzhaft sein. Normal passiert das ja immer nur kurz, aber wehe, einer stellt sich mal bescheuert an und sie bleiben zu lang. Das kann dich in den Wahnsinn treiben Ich hab mich schon immer gewundert, dass sowas nicht als Foltermethode eingesetzt wird.

er wusste doch, wie es läuft.

Naja, er hat die moralischen Platitüden eben voll drauf und er weiß, wie man die Menge steuert.

Rache ist schon ein interessantes Thema. Die Verteilung von Schuld und die Charakterzeichnungen gestalten diese Geschichte sehr düster, allen mangelt es an Respekt, vor sich und also vor den anderen, jeder ist gierig, und natürlich wendet sich dieser Ball der Sünden gegen die Sünder.

Ja, eine Rachegeschichte wollte ich schreiben, einfach eine Horrorgeschichte, in der die Rache das Thema ist, dennoch war ich überrascht, wie du sie zusammengefasst hast. Obwohl ich es mir gar nicht so klar gemacht hatte, fand ich mich und meine Intentionen darin auf neue Weise wieder.
Dank dir fürs Lesen und für die sehr ernsthafte und differenzierte Auseinandersetzung mit meiner Geschichte. Hat mir sehr geholfen.
Liebe Grüße
Novak

 

Hallo Novak
Vielleicht schiebe ich ein paar Worte über mich und mein Verhältnis zu Horror ein, bevor ich los lege. Das ist ja hier nicht unerheblich. Ich bin eins dieser Mädels, das nach manchen Akte-X Folgen nicht schlafen kann und nicht mehr im Meer schwimmt, wenn "Deep Blue Sea" lief. Aber ich lese erstaunlicherweise trotzdem gern Horror, auch wenn ich ihn im Fernsehen nicht ertrage. Mein absoluter Lieblingsautor (ich bin sogar im Fanclub!) ist Scott Sigler und so mag ich auch gern Horror, bei dem es blutet und man mit dem Opfer mitleiden darf.

Also hier vorab der obligatorische kurze Rechtschreibcheck:

Es wäre ein Durchbruch für uns, vielleicht mehr als das, und“, sie zögerte, „ es wäre meine Idee.“
Da ist ein Leerzeichen vor "es" zu viel.
„Tut mir Leid, Toni,
Tut mir leid. (das kommt zwei Mal im Text und du hast es immer groß geschrieben. Bin ich da auf dem Holzweg?)
„ Sie brennen danach, die Menschen zu erreichen mit ihren Songs
Noch ein Leerzeichen übrig
Toni, meinen Sie nicht, dass Sie einen eigenen Anwalt aufsuchen sollten,
Interpunktion ist nicht meine Stärke, aber ist das erste Komma nicht zu viel?
Aber Tattoos, Piercings, Brandings, und dann auf geschädigter Haut
Das letzte Komma läßt mich stolpern. Vielleicht lieber ein Gedankenstrich?
Für einen wie mich brennt das verdammte, beschissene Jetzt.
Ist "jetzt" da das Substantiv das brennt? Der Satz ist irritierend und unverständlich.
´Toni, dein Aussehen, das war bisher dein Fluch, mach es zu deinem Kapital´.
Am Ende erst der Punkt und dann das Anführungszeichen.
Piercing- und Tattoo-Parcour
Piercing- und Tattoo-Parcours
Es ist als ob ich ein anderer wäre.
Es ist, als ob ich ein Anderer wäre. (Komma und Großschreibung)
Sie redete und redete, doch auf ihrer Stirn stand Schweiß und als ich mich neben sie setzte, roch ich ihren scharfen, kranken Atem.
Komma nach dem Schweiß
Und alle sein Songs einkassiert.
seine
Ich trat als letzter durch einen Nebeneingang in den Saal.
Letzter
So besorgt, dass ich nun nicht mehr auftreten, meine eigenen Lieder nicht mehr singen darf?
Das ist so alleinstehend kein Satz. Bitte mit dem vorigen Satz verbinden, oder vervollständigen.
Ich hörte noch das Kratzen und Schaben ihrer Finger, bis es verschluckt wurde von Tonis Gesang, hörte die letzten Worte seines Liedes
Ich bin mir nicht sicher, ob das mit der Interpunktion stimmt, weiß aber das der Satz umgestellt flüssiger käme: Ich hörte noch das Kratzen und Schaben ihrer Finger, bis es von Tonis Gesang verschluckt wurde, hörte die letzten Worte seines Liedes

Also für einen so langen Text eine denkbar schlechte Ausbeute. Jetzt zum schöneren Teil für den Kommentierer - dem Inhalt. Also zunächst mal blutet es und splattert nicht. Es ist kein Scott Sigler, Mist! ;) Die Geschichte hat mich allerdings trotzdem genau so stark berührt. Sie ist bei aller Unblutigkeit doch so unfassbar grausam in ihrer Aussage und du machst das sehr subtil deutlich. Das hat mir gefallen.

Insgesamt brauchst du dafür aber für meinen Geschmack seeeehr viel Platz. Die Geschichte ist gerade eben noch "in einem Zug" zu lesen. Das ist irgendwie meine persönliche Interpretation einer Kurzgeschichte. Kernig zusammengefasst, so dass man es in einem Rutsch liest. In diesem Forum sind aber viele der Stories eher auschweifend. Wenn viel passierst, ist das ok, aber hier gerätst du hin und wieder ins ausufern. Ich verstehe, das du wenig weg kürzen kannst, ohne Verluste zu erleiden. Ich könnte mir dieses Werk aber durchaus als Kurzroman in Kapitel unterteilt vorstellen.

Vor allem könnte ich das deshalb, weil du deine Charaktere wirklich grandios heraus gearbeitet hast. Ich kann sie mir vorstellen, sie handeln so, wie ich das von ihnen erwarten würde und nichts wirkt gestellt oder künstlich. Rita hätte es genau so gemacht, ich finde sie sehr authentisch.

Zum Stil. Ich mag sehr, wie du schreibst. Du findest tolle Vergleiche, scheust dich nicht vor Adjektiven. Im verzweifelten Versuch nüchtern und sachlich die Sprachstilanalysten zu befriedigen, geht bei vielen die Stimmung und das Verspielte flöten. Bei dir nicht! Ich beneide dich hemmungslos um folgende Sätze:

Das Holz der Wände speicherte die Hoffnung und die Enttäuschung unzähliger Heavy-Metal-Bands, die hier gnadenlos ausgebuht worden waren.
Toll! Ganz kurz, super prägnant und doch sagt er ganz viel aus und macht sofort eine Stimmung.
Als er dann erschien, waren es gar nicht die ersten, schnellen Akkordwechsel oder seine dunkle, sehnsüchtige Stimme, die mich aufhorchen ließen, es war das kreischende Johlen des Publikums.
Auch hier, bei der Charaktereinführung finde ich das einen genialen Trick. Als Leser bin ich sofort neugierig, warum das Volk so durchdreht, wenn der spielt.

Hin und wieder passt deine Sprache nicht zu der Rockszene. Sie ist dann etwas geschraubt. Falsett und Kakophonie sind z.B. hinter der Grenze dessen, was ich meinem Leser zumuten würde. Disharmonie und Kopfstimme hätten dem Text nichts genommen.
Das Ende fand ich nicht überzeugend. Das ist aber eigentlich nach einer so langen Entwicklung auf einen Punkt hin fast unmöglich. Dein Spannungsbogen ist so lang und legt so viel vor, dass es unmöglich mit einem kurzen Ende zu befriedigen wäre. Ich könnte mir keinen Schluß vorstellen, der alles zusammenfasst und toppt.

Fazit: harter Tobak, toll umgesetzt. Danke fürs herzeigen und - wenn ich über die Menge deiner Antworten auf Kommentare sehe - für die Arbeit, die drin steckt.

Ich habe die vorigen Kommentare nicht gelesen, um mich nicht beinflussen zu lassen. Alles ist natürlich völlig subjektiv. Pick raus, was du als hilfreich betrachtest und was zu deinem Schreibstil passt. Vergiß den Rest und die eventuellen Dopplungen.

 

Hallo, liebe Lockenwölfin,
das hat mich aber sehr gefreut, dass du dich sozusagen revanchiert hast. Dein Kommentar hat mich aus mehreren Gründen total gefreut.
Wirst schon sehen:
1. Danke fürs Auffinden der Tippfehler. Und überhaupt. Korrigier ich alle gleich weg.
2. Bin eigentlich in der Rechtschreibung ganz firm, aber es gibt immer wieder Sachen, die sich total eigenartig falsch einprogrammieren. Das haut mich immer wieder von den Socken. Von daher habe ich alle Stellen, die du angemerkt hast, nochmal überprüft, wenn ich mir nicht 100% sicher war, dass du sowieso Recht hattest oder ich. Von daher, war dein Kommentar allein schon wegen dieser Sachen sehr nützlich.

Zum Beispiel leidtun. Habs nachgeguckt, weil ich es nicht glauben konnte. Es ist so, wie du es sagst. Früher galt Kleinschreibung und getrennt. Dann musste ich umlernen, denn in der zwischenzeitlichen Rechtschreibreform (also so was wie bis 2006) schrieb man es so, wie ich es mir dummerweise gemerkt habe. Jetzt schreibt man es klein.

Toni, meinen Sie nicht, dass Sie einen eigenen Anwalt aufsuchen sollten,
Komma nach Toni stimmt, denn es trennt die Anrede ab.

Duden / Kommasetzung / Regel 132

Aber Tattoos, Piercings, Brandings, und dann auf geschädigter Haut
Das letzte Komma läßt mich stolpern. Vielleicht lieber ein Gedankenstrich?

Ja man könnte einen Gedankenstrich setzen, aber das Komma darf man auch setzen. Wäre Regel: Komma trennt nachgestellte Zusätze ab, wie und das oder und zwar.

Es ist als ob ich ein anderer wäre.
Es ist, als ob ich ein Anderer wäre. (Komma und Großschreibung)

Das Komma ist sowieso gekauft, beim „Anderer“ ist es so: siehe Regel 77:
1. Die Zahladjektive „viel", „wenig", „[der] eine", „[der] andere" können großgeschrieben werden, wenn ihr substantivischer Charakter hervorgehoben werden soll <§ 58 E4>.
2. In der Regel werden sie jedoch mit allen ihren Beugungs- und Steigerungsformen kleingeschrieben <§ 58 (5)>.
Ich könnte es demnach lassen, aber ich überleg noch mal, vielleicht ist es ja schon aus inhaltlichen Gründen angebracht, Anderer hier als Substantiv zu nehmen und auch schreiberisch so zu betonen.

Ich hörte noch das Kratzen und Schaben ihrer Finger, bis es verschluckt wurde von Tonis Gesang, hörte die letzten Worte seines Liedes
Die Kommasetzung stimmt hier schon, wollte den Satz von der Stellung her auch so lassen. Du hast mit deiner Umstellung, was die Flüssigkeit betrifft, natürlich Recht, aber mir kam es hier gerade auf das „Kratzige“, diesen Holperer an, weil durch die ungewöhnliche Stellung die Aufmerksamkeit auf „Gesang“ gelenkt wird.

Sonstige Formulierungen, die du bemängelt hast, überlege ich oder will sie unbedingt lassen.


Die Geschichte hat mich allerdings trotzdem genau so stark berührt. Sie ist bei aller Unblutigkeit doch so unfassbar grausam in ihrer Aussage und du machst das sehr subtil deutlich. Das hat mir gefallen.

Wow!


Insgesamt brauchst du dafür aber für meinen Geschmack seeeehr viel Platz.

Das stimmt sicherlich. Im Kürzen bin ich nicht die beste. Und ich ufere gern mal ein bisschen aus. Es gab viele Kommentatoren, die sich noch die eine oder andere genauere Charakterisierung gewünscht haben oder weitere Szenen vorstellen konnten. Die noch mehr Pfeffer in die Suppe bringen sollten. Von daher wäre ein Kurzroman tatsächlich möglich. Aber so ein Projekt, also Kurzroman, oh je, das hängt für mich ein bisschen hoch.

Vor allem könnte ich das deshalb, weil du deine Charaktere wirklich grandios heraus gearbeitet hast. Ich kann sie mir vorstellen, sie handeln so, wie ich das von ihnen erwarten würde und nichts wirkt gestellt oder künstlich. Rita hätte es genau so gemacht, ich finde sie sehr authentisch.
Wenn du wüsstest, wie einige der anderen gemosert haben über die Charakterisierungen, ich hab schwer dran gearbeitet und es ist jetzt wohl besser geworden, auf jeden Fall freu ich mich über dieses Lob total. Das spornt mich richtig an und gibt mir Mut, denn ich hatte eine unendliche Mühe damit. Mir haben aber auch einige hier im Forum ordentlich dabei geholfen.

Zum Stil. Ich mag sehr, wie du schreibst. Du findest tolle Vergleiche, scheust dich nicht vor Adjektiven. Im verzweifelten Versuch nüchtern und sachlich die Sprachstilanalysten zu befriedigen, geht bei vielen die Stimmung und das Verspielte flöten. Bei dir nicht! Ich beneide dich hemmungslos um folgende Sätze

Nochmal ein WOW. Hey, das tut gut, so ein Lob zu hören. Es ist nämlich so, dass ich zwar Redundantes wirklich rauskürzen will. Und dabei wurde mir auch total geholfen, von vielen hier im Forum. Es ist ja manchmal schwer, diese redundanten Stellen überhaupt zu finden. Aber glaub mir, ich bin in diesem Text so ziemlich jedes einzelne Adjektiv oder Adverb durchgegangen und habe geprüft, ob es eine Verdopplung ist, die den Leser raushauen wird, oder ob es den Sinn der sonstigen Wörter abändert. Und da bin ich manchmal sehr sehr unsicher gewesen. Von daher ist so eine Rückmeldung toll für mich. Einfach sehr motivierend und bestärkend, dass man es einfach mal weiter probiert mit dem Schreiben, manchmal hadere ich nämlich ganz schön mit dem, was ich da so fabriziere. Aber das geht wohl jedem hin und wieder so.

Hin und wieder passt deine Sprache nicht zu der Rockszene. Sie ist dann etwas geschraubt.
Falsett ist in der Rockszene nicht so ungewöhnlich. Ist übrigens auch in der Gesangsausbildung nicht identisch mit der Kopfstimme, auch wenn es häufig synonym verwendet wird. Die Kopfstimme ist die Mittelstimme, eine Mischung aus Bruststimme und Falsett. Vom Klang her spürt man sie im Kopfbereich. Und darüber liegt dann das Falsett, sozusagen die echte Kopfstimme. Es kam mir auch auf diesen Unterschied an.
Kakophonie überleg ich noch zu ersetzen durch deinen Vorschlag „Disharmonie“. Dass ich darauf nicht gekommen bin!!:confused:
Aber ich liebe einfach dieses Wort, Kakophonie, es klingt schon so schön scheiße!

Dass das Ende nicht mehr so der Knüller ist, ja, das stimmt, ich hatte zu Anfang einen echten Hammer. Fand ich jedenfalls, aber der musste sterben für die Mehrschichtigkeit der Charaktere.
So ist das eben. Manchmal machen die Geschichten mit einem, was sie wollen.

Ich danke dir sehr. Für deine ausgesprochen hilfreiche und konstruktive Kritik und für dein Lob und nicht zuletzt für deine angenehme und gründliche Genauigkeit bei den Rehtschreiberlis.
Da hab ich wirklich ein gutes Händchen gehabt, als ich deinen Holzwurm so nett fand und deine Geschichte kommentiert habe. Hat sich für mich echt gelohnt.

Ich finde, du bist ein echter Gewinn hier im Forum – und das sage ich nicht, weil du die Geschichte hier gelobt hast, sondern wegen deiner schönen Ideen und deiner kompetenten Ernsthaftigkeit, mit der du dich mit deinen eigenen Werken und mit denen anderer auseinandersetzt.
Ich wünsch dir noch viel Spaß her und freu mich auf weitere Geschichten von dir und logo natürlich auch auf deine Kommentare bei mir und auch bei anderen
Liebe Grüße
Novak

 

Hey Novak,

Du meinst Ende des 20.Jh. Oder? Wegen Fußgängerzonen? Ich glaube mich auch an so was zu erinnern. Gegeben hats das wirklich schon immer, es ist nur neuzeitlich noch nie so allgemein vermarktet worden, wie die Geschichte das unterstellt.

die Zeit müsste stimmen, so um 1900, aber die Fußgängerzonen haben sich da reingemogelt. anscheinend dachte ich, die hätten schon die alten Römer haben müssen :D der Typ, den ich meine, der hat auf jeden Fall als Straßenmusikant / Freak sein Geld verdient.
der wird in einem Buch von Sloterdijk beschrieben, als Beispiel eines Menschen, der trotz widriger Umstände so etwas wie Glück findet, indem er sein Lebenshindernis überwindet. verkürzt geschrieben.

Ja zum Kuckuck aber auch, solche Schlaffis gibt’s!

;) was ich schon immer mal sagen wollte.

Dürfen/Sollen ist da ja nicht das Thema, sondern ob es passt. Es ist ja keine Sexgeschichte, die ich hier meine, sondern die Presse findet das geil. Es ist eine Inszenierung für die Öffentlichkeit. Hype für die Tournee oder für das nächste Album. Das größte Monster von allen sind die Medien. Das wollte ich auch mit diesem kritzelnden Reporter rüberbringen. Ich werde es aber mal überprüfen. Als Sexgeschichte sollte es weiß Gott nicht ankommen.

ja, ob es passt.
für mich war diese Stelle ein Rausschmeißer, weil sie etwas überzogen wirkt, diese Arsch-kratzt-an-Buckel-Szene.
nochmaliges Hinsehen würde sich mE lohnen, ob das 1. so bleibt, als Stilmittel natürlich möglich, oder 2. etwas näher ans Vorstellbare gebracht wird, wovon die Geschichte an sich nicht weit entfernt ist, so wie ich sie erinnere. ich würde das zweitere empfehlen.

Du spürst ja richtiggehend in so eine Figur rein

in meinen Augen bekommen Figuren besonders auch durch diese Details ihre Lebendigkeit. viele zueinander passende Einzelheiten ergeben ein stimmiges Bild, und in dieses stimmige Bild kann der Leser hineingehen.

Ja, das fällt mir auch auf, wenn du das so schreibst, es ist ja auch anderen schon aufgefallen. Merkwürdig, wie sich da vor langer Zeit Gelesenes offensichtlich Bahn bricht.

ich weiß nicht, wie es anderen da geht. aber ich habe immer mal wieder damit zu tun, bestimmte unerwünschte Darstellungen zu umgehen. sei es jetzt Idealisierung, Klischee, Kitsch ... es ist häufig so bei mir, dass ich das erste Bild, was mir einfällt, nicht nehmen kann, wenn ich diese Darstellungsarten vermeiden will.
es muss ja auch Gründe geben, warum es Klischees gibt, einer könnte sein, dass bestimmte Blickwinkel oder Darstellungen sich schlicht aufdrängen. das stets zu umgehen, ist schon eine Menge Arbeit.
und was ist, wenn sich einem die Realität genau so zeigt, wie das Klischee lautet? ist es dann Aufgabe des Schreibers, eine differenziertere Wirklichkeit zu erfinden?

Da wollte ich anknüpfen. Nur ist es keine Frau, die Toni will, es ist das Bad in der Menge. Aber man merkt es wohl nicht.

das lässt sich schon nachvollziehen, aber ein Bad in der Menge als Engel zu bezeichnen, das wirkt eben erst mal schief.

Freut mich dass der Komm hilfreich war, hat auch Spaß gemacht.

Kubus

 

Hey Kubus, danke für deine Rückmeldung.
Mal ganz abgesehen von deinen sonstigen Hinweisen finde ich
Diese Sichtweise hier äußerst wichtig und hilfreich:

ich weiß nicht, wie es anderen da geht. aber ich habe immer mal wieder damit zu tun, bestimmte unerwünschte Darstellungen zu umgehen. sei es jetzt Idealisierung, Klischee, Kitsch ... es ist häufig so bei mir, dass ich das erste Bild, was mir einfällt, nicht nehmen kann, wenn ich diese Darstellungsarten vermeiden will.
es muss ja auch Gründe geben, warum es Klischees gibt, einer könnte sein, dass bestimmte Blickwinkel oder Darstellungen sich schlicht aufdrängen. das stets zu umgehen, ist schon eine Menge Arbeit.
und was ist, wenn sich einem die Realität genau so zeigt, wie das Klischee lautet? ist es dann Aufgabe des Schreibers, eine differenziertere Wirklichkeit zu erfinden?

Das Erste ist: es ist ein guter Tipp, nicht die erste Idee/Formulierung/Darstellung zu wählen, da man ev. sonst ins Klischee rutscht. Es ist mühselig und man muss vielleicht sogar ein zweite Vorstellung ersetzen durch eine dritte. Es wäre jedoch eine Möglichkeit, differenzierter zu werden. Als Tipp für Sprachbilder etc. ist es auf jeden Fall sinnoll.
Die zweite Frage, die du stellst, finde ich äußerst spannend. Sie geht natürlich über den Rahmen dieser Geschichte bei weitem hinaus. Die Frage, ob die Wirklichkeit nicht manchmal genau so ist wie das, was ein anderer als Klischee geißelt. Ich habe mich schon manchmal total darüber aufgeregt, dass irgendwas, ein gesellschaftlicher Sachverhalt, das Verhalten einer Person, was weiß ich, als Klischee bezeichnet wird und man selbst weiß, dass es ganz genau so in der Wirklichkeit vorkommt, bittere Realität ist. Und diese Aburteilung kommt mir dann sehr artifiziell vor. Ob es die Aufgabe eines Schriftstellers ist, eine differenziertere Wirklichkeit zu erfinden? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, das ist wohl eine Frage der Entscheidung.
Beide Fragen/Herangehensweisen im Bewusstsein zu behalten (ob man es dann umsetzen kann ist wieder eine ganz andere Frage) das ist auf jeden Fall etwas, was einen weiterbringen wird.

Ich wünsch dir was
Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

hallo Novak,

wieder einmal eine sehr gelungene geschichte! teilweise beneidenswert gut. die story ist ziemlich spannend, der plot eher ungewöhnlich, sprachlich oft (nicht immer) gut formuliert. besonders die atmosphäre und das setting hast du sehr dicht beschrieben.

die figuren fand ich gut charakterisiert, insbesondere toni. gerade in der einführungspassage (sein erster auftritt) sehe ich ihn richtig vor mir und fange an mich für ihn zu interessieren. da hast du eine wirklich starke figur entworfen.

by the way, ich schreibe auch gerade eine horrorgeschichte, wo ein feuermal vorkommt... fand es interessant, wie du es eingebaut hast.

rita. ich fand sie alles in allem glaubwürdig, es gibt wohl nicht nur im musikbusiness solche menschen. und so komplett unsympathisch fand ich sie eigentlich auch nicht, sie möchte sich in der männerwelt behaupten, ist eben geschäftstüchtig, hat angst, "unterzugehen", ist "clever", "smart", vielleicht etwas kindlich dabei. (den aspekt könnte man ev. noch ausbauen als kontrapunkt zu ihren eher negativen eigenschaften).

er würde mir meine Verlegenheit und das Entsetzen ansehen.
ich würde es etwas umformulieren
er würde mir meine Verlegenheit und mein Entsetzen ansehen.
Dann verließ sie den Raum, ihre Hüften schwangen hin und her, wie immer, doch es war eine harte Bewegung, als wäre eine Wand in ihr entstanden.
> sehr schöne, treffende Formulierung!

dass sich die Töne wie die Glieder einer kostbaren Kette um die Melodie seiner Stimme wanden,
> der vergleich passt zwar, ist aber schon etwas abgenutzt. vielleicht könnte man ihn einkürzen:
dass sich die Töne wie eine kostbare Kette um die Melodie seiner Stimme wanden

das Ende. mir gefällt das Ende durchaus. aber wie schon in der anderen erzählung, die ich von dir gelesen habe, gefällt mir der übergang zwischen hauptgang und ende nicht ganz. meiner meinung nach könntest du das ende noch weiter ausbauen.

alles in allem eine sehr gute unterhaltung, bin schon gespannt auf weitere horrorgeschichten von dir.

schönen sonntag petdays

PS: auch diese geschichte hätte sicherlich eine empfehlung verdient.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo petdays,

vielen Dank für das Raussuchen der Geschichte. Ich finde auch, dass sie ganz gut gelungen ist.
Was ich toll finde, das ist, dass du die Figuren gut charakerisiert findest. Das war anfangs der Hauptkritikpunkt. Die Geschichte ist jetzt völlig überarbeitet. Sie hatte ursprünglich ein ganz anderes Ende und Rita war eine echt schwarze Nummer.
Ich mag auch gerade die erste Passage, wo man ihn zum ersten Mal sieht.
Das ist, wenn ich es lese, manchmal so fremd und düster für mich, als sähe ich einen Film vor mir. Man entwickelt ja richtig Vorlieben, obwohl man alles selbst geschrieben hat.

by the way, ich schreibe auch gerade eine horrorgeschichte, wo ein feuermal vorkommt... fand es interessant, wie du es eingebaut hast.

Da freu ich mich schon drauf!

Interessant fand ich, dass du Rita manchmal kindlich findest. Kannst du sagen wo? Aber wirklich nur, wenn du Lust hast, nochmal zu antworten. Eine Änderung in der Richtung schlägst du vor? Mmmmh, kindlich wollte ich sie eigentlich nicht haben, aber vielleicht ist da ja was dran. Manchmal baut man Sachen ein, ohne es zu merken. Und vielleicht ist die Komponente ja gar nicht so schlecht! Ansonsten finde ich auch, dass sie mittlerweile vielschichtiger ist und dass es Menschen wie sie zuhauf gibt.

Diesen Satz (den mit dem Entsetzen) fandst du nicht gut formuliert, aber im Formulierungsvorschlag hast du noch mal dasselbe aufgeschrieben, daher kann ich jetzt gar nicht sagen, was ich nun besser finde. :lol:

Richtig cool fand ich, dass dir dieses Bild gefiel:

Dann verließ sie den Raum, ihre Hüften schwangen hin und her, wie immer, doch es war eine harte Bewegung, als wäre eine Wand in ihr entstanden.

Zitat:
dass sich die Töne wie die Glieder einer kostbaren Kette um die Melodie seiner Stimme wanden,

> der vergleich passt zwar, ist aber schon etwas abgenutzt. vielleicht könnte man ihn einkürzen:

dass sich die Töne wie eine kostbare Kette um die Melodie seiner Stimme wanden


Ich denke, ich werde das übernehmen. Ich finde deines klingt besser. Und wenns schon von Musik handelt, dann solls ja auch gut klingen.

das Ende. mir gefällt das Ende durchaus. aber wie schon in der anderen erzählung, die ich von dir gelesen habe, gefällt mir der übergang zwischen hauptgang und ende nicht ganz. meiner meinung nach könntest du das ende noch weiter ausbauen.

Ich habe ohnehin vor, diese Geschichte mir noch mal vorzunehmen. Ich werde sie nicht im Ablauf groß ändern oder so, aber ich wollte noch ein paar Kleinigkeiten einbauen, Ratschläge, die ich für die Geschichte nachvollziehen konnte. Da werde ich auf jeden Fall noch mal schauen.
Ich habe in diese Geschichte eine Wahnsinnszeit investiert und viel daran gelernt. Aber zur Zeit fehlen mir Muße und Muse, die beiden Spitzbuben haben sich gerade echt verdünnisiert.
Sonst hätte ich schon lange deine Geschichten kommentiert. Hab sie alle mit Interesse gelesen, nicht nur die Elefantengeschichte. Das ist ja ein echter Geschichtenfächer, den du da vor dem Forum ausbreitest, mit sehr vielen ganz unterschiedlichen Geschichten. Soviel aber schon mal vorweg. Sie sind sprachlich sehr schön. Hannibal hat in seinem Kommentar zu Celebrate Yourself geschrieben, du würdest so schreiben wie ich. Ich bau das Zitat noch nachträglich hier ein.
Hier ist es jetzt:
Zitat von Hanniball im Kommentar zu Celebrate yourself:
P.S. Dass petdays das Teil mag, ist ja klar, ist ja auch seine Art zu schreiben.
Ich finde zwar gar nicht, dass das stimmt, aber damit macht er mir stilisitsch ein großes Kompliment. Aber dazu Näheres dann bei deinen Geschichten.

PS: auch diese geschichte hätte sicherlich eine empfehlung verdient.
Lieber nicht, ich finde die Geschichte selbst zwar gut und find auch, dass es gute Unterhatung ist, aber dieses Empfehlen macht zu viel Trara. Und darauf hab ich im Moment keinen Bock. Vielleicht sollte man ein Empfehlungsbänkchen für Geschichten einrichten. Dann hat die Geschichte Zeit zu reifen wie ein alter Käse :)

PS: Ich finde es gut, dass du wieder da bist, so viel kommentierst, so viel schreibst. Gefällt mir.
Bis dann sehr bald bei deinen anderen Geschichten.
Grüß dich und ich hoffe, du schläfst auch manchmal, sind ja krasse Zeiten, zu denen du kommentierst. Es sei denn, du sitzt irgendwo in Guatemala.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom