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Eselsbrücken

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02.06.2001
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Eselsbrücken

„… hängen runter. Diese Tropfsteine nennt man Stalaktiten.“
Der Junge rückte seine Brille gerade. „Okay, Paps. Und die anderen nennt man Stalagmiten.“
„Genau! Ist doch einfach, oder? Also: Wie nennt man die Tropfsteine, die von oben nach unten wachsen?“
„Stalagmiten!“
Sein Vater schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Das klatschende Geräusch schreckte seine Frau auf, die im Fernsehen gerade einen Krimi anschaute. Darin vergiftete eine Ehefrau ihren nervigen Mann, der zu ihrem Glück erst kürzlich eine hohe Lebensversicherung mit ihr als Begünstigter abgeschlossen hatte.
Man konnte so vieles aus Krimis lernen! Zu Kais Glück hatte er keine Lebensversicherung, die sich als Sterbeversicherung herausstellen könnte.
„Ich bitte um Ruhe! Jetzt habe ich nicht gehört, welche Zutaten sie beim Apotheker gekauft hat.“
„Stalaktiten“, verbesserte sich der Junge und sank zerknirscht im Ohrenstuhl zusammen. „Menno! Das kann ich mir doch nie merken.“
„Du musst dir eine Eselsbrücke bauen“, wusste Vater Rat. „Ich habe die beiden Begriffe auch immer verwechselt, bis ich mir folgendes merkte: Stalaktiten klingt so ähnlich wie ‚Titte’, und die hängen auch runter. Wenn du –“
„Was?“, herrschte Maike ihn. „Sag mal, spinnst du jetzt komplett? Der Junge ist zehn! Wie redest du denn mit ihm, du unsensibles Arschloch?“
Kai zuckte unwillkürlich zusammen. „Ich wollte ihm doch nur helfen.“
„Ja klar, helfen“, rief Maike höhnisch aus und gestikulierte wild mit ihren Armen. „Und deine Stalak-Titten wachsen vermutlich neben den Liebespfählen in der Lustgrotte, wie?“
„Was ist ein Liebespfahl?“, fragte Lukas, erhielt jedoch keine Antwort.
„Und außerdem ist das unglaublich frauenfeindlich! Ich nenne deinen Dödel ja auch nicht Schwanz oder Fickstange, sondern Penis.“
„Was ist daran frauenfeindlich? Frauen haben doch Brüste. Sogar du hast welche! Jedenfalls hattest du welche vor zehn Jahren, als ich zum letzten Mal nachgesehen habe.“
Maike sog scharf die Luft ein. „Ach, der gnä’ Herr werden sarkastisch, wie? Als ich dich das letzte Mal nackt gesehen habe wollte ich dich schon fragen, ob du ihn dir abgeschnitten hast, weil du ihn ja eh nicht mehr brauchst.“
„Ahm. Mam, Paps? Ich wollte doch nur –“
„Ist schon gut, Lukas“, sagte Kai mit ruhiger Stimme. „Deine Mutter springt nur eben mal auf den Emanzen-Express auf, weil sie alt wird und ihre Brustwarzen bald ihre Kniegelenke berühren. Ja, das ist schon eine dumme Sache, wenn man überall mit hübschen, jungen Frauen in vollster Pracht und Blüte konfrontiert wird, während man selber mehr Falten als ein stirnrunzelnder Mops wirft.“
„Darum geht´s also? Bin dir nicht mehr knackig genug, wie? Falten, was? Dann zeig mir doch mal eine einzige!“
Maike schälte sich aus ihrem Sweater und hakte die Ösen des Büstenhalters auf.
„Mam!“, kreischte Lukas entsetzt.
„Was ist denn? Vor zehn Jahren hast du gebrüllt, um diese Dinger zu sehen, und jetzt ekelt dich der Anblick, oder wie?“
„Nein, aber –“
Im selben Moment zog Kai die Freizeithose sowie die Boxershorts mit einem Ruck runter. „Und so, als weitere Eselsbrücke, sieht ein Stalagmit aus.“
Lukas sagte nichts sondern schlug die Hände vors Gesicht.
„Das ist ein Stalagmit?“, meinte Maike und lachte glucksend. „Ach, deshalb nehmen Höhlenforscher Mikroskope auf ihre Expeditionen mit.“
Der Junge stieß einen glockenhellen Schrei aus. „Ich hab´s kapiert, ich hab´s kapiert! Stalagmiten von unten nach oben, Stalaktiten von oben nach unten!“
Dann lief er heulend aus dem Zimmer.
Lange Zeit saßen Kai und Maike stumm auf der Couch. Im Fernsehen kippte der Mann nach dem Giftcocktail, den ihm seine Frau grinsend in die Hand gedrückt hatte, ohne dass er Verdacht geschöpft hätte, mit einem gurgelnden Röcheln um. Dabei schmiss er eine Vase um.
Schade um die schönen Blumen, dachte Maike.
„Aber eines musst du zugeben: Wenn ich dem Jungen was erkläre, hat das Hand und Fuß. Der verwechselt die Begriffe nie wieder.“
Maike blickte zu ihm rüber. Versöhnlich nickte sie. „Du bist ein vorbildlicher Vater. Und morgen schließen wir eine schöne Lebensversicherung ab, ja?“

 

Hallo Rainer!

Ein bisschen was zum Schmunzeln, aber nicht der ganz große Wurf. Stilistisch auch gewohnt gut, nur

Im Fernsehen kippte der Mann nach dem Giftcocktail, den ihm seine Frau grinsend in die Hand gedrückt hatte, ohne dass er Verdacht geschöpft hätte, mit einem gurgelnden Röcheln um. Dabei schmiss er eine Vase um.
passt irgendwie nicht. Liest sich wie auf die Schnelle nachträglich reingebastelt.
Und morgen schließen wir eine schöne Lebensversicherung ab, ja?
Der Endgag ist dann doch zu platt. :)

Um es im Wettkampfton auszudrücken: Kandidat fürs Treppchen - nur kaum für den Sieg. :)

Beste Grüße

Nothlia

 

der arme Junge hat ja einen Schaden fürs Leben :D

Wieso? Er hat doch was dazugelernt.

Insgesamt eine sehr nette Geschichte, flüssig und angenehm geschrieben. Genau richtig für die Mittagspause.

Mehr soll es auch gar nicht sein. Abgesehen von der Mittagspause. Ich hatte die Geschichte natürlich für den späten Abend geschrieben. Verwendung: Zwischen 22 und 22.30. Wer sie früher liest, wird die großartige literarische Meisterleistung nicht zu würdigen wissen.

Inhaltlich sehr klassisch, was der eine beginnt, den anderen brüskiert, wird von eben jenem in einem sich aufschaukelnden Streit fortgeführt.

Ja, wie bei Loriot: Da beklagt sich einer über sein zu weiches Frühstücks-Ei, und am Schluss gibt es einen Ehestreit.

Nothlia schrieb:
Der Endgag ist dann doch zu platt

Die ursprüngliche Pointe hätte die Welt aus den Angeln gehoben - deshalb habe ich es gelassen.

Um es im Wettkampfton auszudrücken: Kandidat fürs Treppchen - nur kaum für den Sieg.

*Nothlia aus der Liste derer streich, die in der Dankesrede erwähnt werden*

 

Hi Rainer,

gewohnt stilistisch sicher geschrieben ist deine Geschichte auf jeden Fall, doch leider konnte sie mich nicht sonderlich begeistern.

Das einzig Witzige an der Geschichte, fand ich, war die Thematik. Ich kann mir auch nie merken, welche nach oben und welche nach unten wachsen. Ich denke jetzt hab auch ichs gerafft. ;-)

Den Mittelteil fand ich ziemlich schwach. Dem Beleidigen und Heruntermachen konnte ich überhaupt nichts Lustiges abgewinnen. Es waren für mich eben einfach nur miese Beschimpfungen.

Tut mir leid nichts weiter Konstruktives beitragen zu können. Das kannst du auf jeden Fall viel lustiger!

lg neukerchemer

 

Hallo Rainer

Irgendwie empfand ich die Geschichte zu überladen. Wenn du das Kind weggelassen hättest, hätte die ganze Sache wie erwähnt im Stil von Loriot Fahrt aufnehmen können. So empfand ich es eher peinlich und nicht lustig. Obwohl die Idee an und für sich eben lustig ist ... arrrgh, wie soll ichs ausdrücken. Ok, kurz&gut: Als Kai die Hose runter liess, musste ich mich kurz der Eselsbrücke bedienen.

Maike blickte zu ihm rüber. Versöhnlich nickte sie. „Du bist ein vorbildlicher Vater. Und morgen schließen wir eine schöne Lebensversicherung ab, ja?“
Ein Schluss ja, aber kein Gag.

Sorry,
Gurss.dot

 

Ich wollte nur eben im vorbeigehen sagen, dass ich die Geschichte gut finde.

lg Berg

 

Ich bin wohl aus der Zeit als Vater minderjähriger Kinder zu lange heraus, denn die Reaktionen des Kleinen erscheinen mir zu unecht. Sie klingen so, als ob jetzt die x-te Widerholung einer unsäglichen Schmierenkomödie stattfindet - und wenn das so ist, scheint mir das Kind nicht jindgemäß zu reagieren. Aber da die ganze Story ohnehin mit dem Alltag in deutschen Kleinfamilien nichts zu tun hat, habe ich mich köstlich amüsiert (um dann, als ich die Geschichte weiterreichte, hören zu müssen, dass dieser Merkvers tatsächlich benutzt wird - da brechen ganze Weltbilder zusammen).

 

Ich kannte den Merkvers auch noch nicht, von daher habe ich aus der Geschichte in jedem Falle etwas fürs Leben gelernt ;)
Ansonsten fand ich sie flüssig geschrieben und durchaus witzig, mir hat sie also ganz gut gefallen.

Viele liebe Grüße,
Sebastian

 

Danke erst einmal für eure Kommentare! Ich bin einigermaßen erstaunt, dass es tatsächlich einen solchen Merkvers gibt. Dachte eigentlich, das wäre auf meinem Mist gewachsen. Nun ja. Immerhin habt ihr was fürs Leben gelernt und könnt bei eurem nächsten Grottenbesuch damit angeben.

 

Hy Rainer,

Du bist so eine geile Sau, ich lach mich hier schäppig, das geht nicht mehr.
In der Rubrik Humor ist das wahrlich die beste Geschichte, die ich hier je gelesen habe. An der Story gibt es echt nichts zu rütteln, hat mir sehr gefallen, lass dir eine Empfehlung aussprechen.

Wie ich ja schon gesagt habe, ich fahr auf deinen Sarkasmus voll ab:

weil sie alt wird und ihre Brustwarzen bald ihre Kniegelenke berühren.
*rofl* :D
während man selber mehr Falten als ein stirnrunzelnder Mops wirft
:lol: *mit-Faust-auf-den-Tisch-hau*
Was ist denn? Vor zehn Jahren hast du gebrüllt, um diese Dinger zu sehen, und jetzt ekelt dich der Anblick, oder wie?“
Muhahahahahaaaaaaaaa... :D
„Das ist ein Stalagmit?“, meinte Maike und lachte glucksend. „Ach, deshalb nehmen Höhlenforscher Mikroskope auf ihre Expeditionen mit.“
:lol: :lol: Scheiße Mann, das ist echt zu geil!!! *rofl*

OK, das reicht jetzt. Also mir hat das Ding zu gut gefallen. Dein Humor haut mich echt um. So einen Brüller hat man echt mal wieder nötig gehabt.

Gruß
Bantam

 

Hi Rainer

Schliesse mich der Mehrheit an. Die Geschichte hat mir gefallen. Von den Lachern her bin ich nicht vom Sockel gefallen oder ähnlich. Doch gesamthaft betrachtet zusammen mit der Thematik und dem Aufbau - ne gute Story.

Pass also auf, wenn du bereits Senior-Moderator bist, hä ?(warst du dat schon immer?)

Gruss
Mat

 

Pass also auf, wenn du bereits Senior-Moderator bist, hä ?(warst du dat schon immer?)
Beides. Aber nie zusammen.
Entschuldigung fürs dazwischenreden. Jetzt dürft ihr wieder miteinander.:D

 

Hi Rainer

Stalaktiten klingt so ähnlich wie ‚Titte’, und die hängen auch

runter. Wenn du –“

*Hehe*

Meine Eselsbrücke war es das t, weil der T- Strich, "oben" war ;)

„Und so, als weitere Eselsbrücke, sieht ein Stalagmit aus.“
*Hehe*

Meine Eselsbrücke hier das g, weil beim g die halbe Öffnung "unten" ist,

Insgesamt fand ich die Charaktere zu klischeehaft dargestellt. So blieb mir die Häme des Ehepaares aufeinander rätselhaft und wenig lustig

Der Humor um die Eselsbrücken herum ist dadurch meiner Meinung nach auf der Strecke geblieben. Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack.

Lieben Gruß
Goldene Dame

 

Hi Rainer,

bin beim Durchstöbern des Empfehlungsthreads auf diese Geschichte aufmerksam geworden. Sicherlich nicht dein größter Wurf, aber die kg hat mir für einen MOment den Tag versüßt. Und - ich habe auch was dezugelernt ;)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Rainer!
Also ich hab mich köstlich amüsiert. Musste sogar laut lachen und das heißt schon was.
ich find auch, dass der bub sehr realistisch reagiert, besser gesagt gar keine zeit hat zum reagieren.
herrlich - einfach mal zum loslachen

babatschi
kröte

 

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