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Die Nacht im Freien

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07.10.2015
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Die Nacht im Freien

Die Schublade rollte bis zum Anschlag aus. Fulvio schob leere Plastikbecher zur Seite, suchte sich unter ihnen Dosen und Deckel zusammen, schnitt danach Weißbrot und Schinkenscheiben, stand schließlich aufrecht im Raum, dachte nach und tat, als ginge es allein ihn an, was er weiter auswählen mochte.

Er durchschritt die Wohnung auf geraden Strecken und nahm sich überall, was er für die Nacht brauchte.
Im Schlafzimmer beugte er sich nach unten und hob das Kind hoch bis über den Kopf, drehte sich mit ihm und sah es lachen. Er drückte es fest an sich, bevor er es wieder absetzte.

Karina stand mit verschränkten Armen und folgte seinen Wegen mit dem Kopf.

So sah sie ihn sonst nicht. Er sah sonst auf den Boden, wenn er durch die Wohnung ging, presste sich in die Ecken, wenn Karina zu Hause war, saß auf dem Sofa, weil er irgendwo sein musste. Dort fühlte er seinen Hals zu lang und die Gliedmaßen dünn und eckig. Die Arme klebten am Polster und lagen zu hoch oder zu tief oder zu leicht. Erst wenn Karina mit dem Kind schlafen ging, aß er zu Abend.

Heute jedoch nicht. Heute war er nicht der verlorene Schatten, dem die Deckung gegen das Tageslicht abhanden gekommen war.
Denn es war etwas geschehen zwischen ihm und Rosa. Sie war mit ihm und mit den anderen unterwegs gewesen und war dann am Nachmittag mit ihnen ins Café gekommen. Dort hat sie ihn angeschaut, hat mit ihm gelacht, hat ihm quer über den Tisch den Kragen zurecht gezupft und hat sich verwandelt. Und jetzt packte Fulvio seine Sachen.

Er kniete breit auf dem hellblauen Teppichboden, der aus den Fingern Funken zog, wenn man mit der Hand darüber strich, und legte dort einzelne Kleidungsstücke zur Schau zwischen Isomatte, Schlafsack, Windlicht, Laterne.
Karina fragte, wo er denn hingehe. Was das da wieder solle. Was er denn vorhabe. Er schaute nicht auf, sortierte mit Bedacht und wartete eifrig auf die nächste Frage, um die Frau auf ihr sitzen zu lassen.
Groß, schön, sachlich, streng stand Karina da. Alles ließ Fulvio abprallen. Sie sah ihm zu, wie er Kondome in den Waschbeutel zählte. Er rollte die Matte auf. Karina fragte nicht mehr.

Das Kind stolperte und saß plump zwischen den Shirts. Fulvio beugte sich vor, kippte aus den Knien über, fing sich seitwärts das Kind vom Boden und fiel mit ihm auf den Rücken. Das Kind lag auf seiner Brust, schwer, aber immer noch ganz weich.

„Wir schlafen heute am Wasserfall“, sagte er, als er sich wieder aufgesetzt hatte, und es ärgerte ihn, dass ihm die Worte nicht biegsam und nebensächlich gelangen.

Er griff einen Plüschhasen und ließ ihn mit den Ohren wackeln. Der Hase sprach zum Kind: Es solle ihn streicheln. Er kletterte den Arm des Kindes entlang bis an seinen Hals, schmiegte sich an die Schulter, schnüffelte an den Haaren, freute sich, wie sie dufteten und wie das Kind kicherte. Mit den Ohren und den Pfoten winkte er noch einmal fröhlich, dann sprang er obenauf in den Rucksack als ein Siegel und Pfand, das Fulvio bei sich behalten wollte, wenn er aus dem Haus ging. Dabei war die Gefahr, dass er mit der Frau auch das Kind verlieren sollte, für diesen einen Tag zu weit entfernt, um sich je zu verwirklichen.

Rosa! Fulvio winkt und ruft ihren Namen. Eine Frau schaut auf, wendet sich um und winkt ihm zurück. Sie lächelt vermutlich, quer über den Platz sieht man es nicht genau. Das ist Rosa. Sie gehen aufeinander zu, Kies schabt unter den Füßen. Die Laternen mimen den Mondschein. Zur Begrüßung fassen die zwei sich mit beiden Händen. Rosa lacht, hält Fulvio an den Handgelenken fest und wedelt mit seinen Armen. Dann redet er lange. Sie schaut ihn an, immer nickt sie oder schüttelt den Kopf. Immer hält sie seine Arme an den Handgelenken.
Dann lacht sie wieder, heller und lauter als zuvor, schaut in den Himmel, klatscht in die Hände und winkt ab. Schüttelt wieder den Kopf und sagt einen Satz. Jetzt umarmt sie ihn mit einem Ruck.
Bevor sie bei den Arkaden in die Gasse einbiegt, dreht sie sich einmal um, hält an und hebt die Hand.

Fulvio steht mitten auf dem Platz. Erst bewegt er sich nicht, dann geht er in gleichgroßen Schritten. Aus dem Licht der Laternen in den Schatten und wieder ins Licht. Er geht auf und ab, am Rucksack pendelt die Matte.

 

Hallo erdbeerschorsch,

Ich musste deine Geschichte zwei Mal lesen, und bin mir immer noch nicht sicher, ob ich sie wirklich verstanden habe. Sie ist definitiv keine Geschichte, die man mal eben so beiläufig konsumieren kann. Da muss man schon aufmerksam am Ball bleiben.

Besonders die letzte Szene macht mir zu schaffen, ich bin mir sicher, dass er zum Schluss alleine auf dem Platz steht, aber warum? Ist Rosa einfach gegangen? Hat sie ihn abblitzen lassen? Den Eindruck macht sie eigentlich nicht. Ich bin verwirrt.

Generell verwirrt mich die Erzählstimme. Erst denke ich, du erzählst aus Fulvios Sicht, plötzlich wechselst du ins Präsens und der Leser steht als Beobachter ganz weit weg, hört nichts, sieht nur Gesten, so als wäre Karina die Erzählerin und stünde in der Tür oder am Fenster und beobachtet die Szene.

Ach herrje, deine Geschichte zerbricht mir echt den Kopf. Vielleicht kannst du ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.
Der sehr abstrakte, reduzierte Stil und die vielen Aussparungen haben durchaus etwas für sich, im Moment überwiegt bei mir aber noch das Unvermögen, deine kleinen Hinweise richtig einzuordnen, sodass in meinem Kopf keine runde Geschichte entsteht.

Typos oder andere Fehler habe ich keine gesehen. Hab aber auch nicht aktiv gesucht.

Liebe Grüße,
Sommerdieb

 

Hallo erdbeerschorsch,

dein Text hat mich in seine Stimmung eingefangen, aber auch verwirrt. Letztendlich habe ich herausgelesen, dass Fulvio seine Frau, bei der er sich unwohl fühlt, für eine Frau namens Rosa verlässt (zumindest für eine Nacht) und damit etwas umsetzt, was er wegen der Angst vor dem Verlust des Kindes durch eine Trennung bisher nicht gewagt hat?

Die Verwirrung begann bei der Schublade, in der ziemlich viel Müll lag, leere Plastikbecher, Dosen und Deckel. Eine Metapher für die ungeordneten Gefühle Fulvios? Fände ich eigentlich schön, aber hat er nicht einen Entschluss gefasst?

stand schließlich aufrecht im Raum, dachte nach und tat, als ginge es allein ihn an, was er auswählen mochte. Es fiel ihm nichts ein. Dann war es genug.

Das würde für mich nicht dazu passen, außerdem verstehe ich den Sinnzusammenhang der Sätze nicht.

So sah sie ihn sonst nicht

an? Oder: So hatte sie ihn noch nicht gesehen?

Er sah sonst auf den Boden, wenn er durch die Wohnung ging, presste sich in die Ecken, wenn Karina zu Hause war, saß auf dem Sofa, weil er irgendwo sein musste und fühlte dort seinen Hals zu lang, die Gliedmaßen dünn und eckig, die Arme klebten am Polster und lagen zu hoch oder zu tief oder zu leicht. Erst wenn Karina mit dem Kind schlafen ging, aß er zu Abend.

Sehr eindringlich geschildert, ein krasses Beziehungstief zwischen Fulvio und Carina. Hier hätte ich gern zumindest andeutungsweise erfahren, wie es soweit kommen konnte.

das Gespenst, dem das Vermögen

Hier würde ich "Fähigkeit" besser finden.

wartete eifrig auf die nächste Frage, um die Frau auf ihr sitzen zu lassen.

Also um Rosa "auf ihr sitzen zu lassen"? Ist Rosa so eine Art Rache an Carina? Weil er sich von ihr kontrolliert und abgewertet fühlt? Dazu würde es ja passen, dass er so demonstrativ seine Sachen packt.

kippte aus den Knien über, fing sich seitwärts das Kind vom Boden

und hob das Kind vom Boden?

Er trifft Rosa, aber dann ist sie plötzlich wieder weg, der letzte Szenenwechsel ist zu schnell. Für mich ist nicht verständlich, warum er am Ende auf einem (welchen?) Platz auf und ab geht.

So weit erst einmal. Entschuldige den nörgeligen Ton, aber ich habe ja selbst erfahren, dass viel Kritik auch viel hilft. Wie geschrieben, die unruhige, unglückliche Stimmung in dieser kleinen Familie teilt sich mir auf jeden Fall mit, und die Vermittlung von Atmosphäre finde ich immer am wichtigsten.

Viele Grüße

Willi

 

Hi Sommerdieb,

merci für's zweimalige Lesen!

so als wäre Karina die Erzählerin und stünde in der Tür oder am Fenster und beobachtet die Szene.
Sieh an, das könnte man also denken. Nee, so war's nicht gemeint und eigentlich dürfte das auch nicht sein.

Ach herrje, deine Geschichte zerbricht mir echt den Kopf. Vielleicht kannst du ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.
Warum Rosa weggeht? Vielleicht ist ihr was dazwischen gekommen? Sicher hat er gewisse Signale von ihr falsch gedeutet. Bisher läuft ja nichts zwischen den beiden, da war nur "heute" so ein Moment im Café ...

Herzliche Dank für deine Mitteilungen! Mal sehen, was mir einfällt, um vielleicht noch ein paar Hinweise zu streuen.

Besten Gruß,
erdbeerschorsch

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Hi Willi,

auch dir herzlichen Dank für's Lesen und Kommentieren.

Die Verwirrung begann bei der Schublade, in der ziemlich viel Müll lag, leere Plastikbecher, Dosen und Deckel.
So schlimm sollte das gar nicht sein, will heißen: Das Weißbrot liegt nicht bei den Plastikbechern. Ich ändere mal gleich "dann" zu "danach". Vielleicht hilft das schon.

Hier würde ich "Fähigkeit" besser finden.
Stad auch erst da, kommt vielleicht wieder hin.

Also um Rosa "auf ihr sitzen zu lassen"?
Nein, nein: Die Frau, also Karina, auf der Frage. Pronomensalat entsteht halt schneller, als man hofft ...

und hob das Kind vom Boden?
Änderungswusnch ist grundsätzlich vorgemerkt. Heben geht aber nicht, weil er ja selbst nach unten sinkt ...

Entschuldige den nörgeligen Ton,
... der ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Ich höre dich ja nicht bei Lesen :D

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Erzbischof,

auf mich wirkt Dein Text wie Dein Nick.
Ein Kobold geht umher und macht mit seinem Glasstab überall ‚bling’ – wundervoll, bezaubernd, anspruchsvoll und sehr kultiviert.
Hier gibt’s viel Feines:

Heute war er nicht das Gespenst, dem das Vermögen abhanden gekommen war, sich unsichtbar zu machen.
Ich zähle nicht alles auf – Du kennst Deine Qualitäten.

Einige Passagen allerdings verwunderten mich:

Fulvio schob leere Plastikbecher zur Seite, nahm von dahinter Dosen und Deckel, suchte danach Weißbrot, Schinkenscheiben, Oliven zusammen, ...
In einer vermüllten Schublade Nahrungsmittel, die er auch noch an sich nimmt? Ziemlich unglaublich. Und ‚nahm von dahinter’ ist eine unglückliche Formulierung. Schlechter Start:shy:.
... dachte nach und tat, als ginge es allein ihn an, was er auswählen mochte.
Wie das? Er hatte doch seine Wahl getroffen: Brot, Schinken, Oliven.
Ich nehme an, die Schublade hatte keine Kühlung. Gitt.
Es fiel ihm nichts ein.
Ist auch nicht mehr nötig, genau so wenig wie der Satz als solcher.
Dann war es genug.
Das hängst Du hinten an. Bringt aber nix. Der erste Absatz ist nicht sorgfältig gearbeitet. Nichts gegen spontanes Schreiben, doch hier habe ich keinen Spaß beim Lesen.
Im Türrahmen beugte er sich nach unten und nahm das Kind hoch, hob es über den Kopf, ...
Ausgerechnet im Türrahmen? Besonders dort ist das Zimmer am niedrigsten:D.

Karina stand mit verschränkten Armen und folgte manchmal seinen Wegen mit dem Kopf.
‚Manchmal’ steht für längere Zeiträume.
Und ‚Wege’ ist ziemlich umständlich für Bewegung innerhalb eines Zimmers. Gefällt mir nicht.

Ich bin erst am Anfang Deines Textes, doch das ist schon mühselig mit all diesen Merkwürdigkeiten, die auf sich aufmerksam machen wollen, weil sie so extraordinär sind, aber den Lesefluss behindern.
Und das ist sehr schade – schließlich beherrschst Du das Metier:

So sah sie ihn sonst nicht. Er sah sonst auf den Boden, wenn er durch die Wohnung ging, presste sich in die Ecken, wenn Karina zu Hause war, saß auf dem Sofa, weil er irgendwo sein musste und fühlte dort seinen Hals zu lang, die Gliedmaßen dünn und eckig, die Arme klebten am Polster und lagen zu hoch oder zu tief oder zu leicht.
Find ich klasse. Das hat was.
Aber zingbumm – kommt dieser Satz:
Sie war mit ihm und mit den anderen gewesen, war auch danach mit ihnen gekommen ins Café.
Für mein Dafürhalten einfach fürchterlich.
Sie war mit ihm und mit den anderen gewesen, ...
Beischlaf? Orgie? Könnte alles Mögliche bedeuten, ziemlich luftig.
Erdbeerschorschmäßig verdreht bis abgehoben:
... war auch danach mit ihnen gekommen ins Café.
Warum dieses Gedrechselte?

... sortierte mit Bedacht und wartete eifrig auf die nächste Frage, um die Frau auf ihr sitzen zu lassen.
:thumpsup:Ja, es dreht sich. Gerade freue ich mich, regt mich der nächste Satz auf.
Na gut, dann bleibt der Autor hoffentlich so, wie er ist, denn lieber unverwechselbar als beliebig. Und wenn Dein Nick auftaucht, weiß ich fürderhin, ob ich klicke oder nicht.

Ich werde klicken:

„Wir schlafen heute am Wasserfall“, sagte er, als er sich wieder aufgesetzt hatte, und es ärgerte ihn, dass ihm die Worte nicht biegsam und nebensächlich gelangen.
Auch als Verbeugung vor Deinen Anstrengungen, aus den Worten das Beste herauszuholen.
Nur so kommen wir ein paar Meter weiter (auch wenn 'Worte biegsam gelingen' nicht der große Wurf ist).

Entschuldige den rüden Anfang, aber sonst wirst Du zu schnell Kardinal.
Und schöne Grüße!
José

 

Hi josefelipe,

ganz herzlichen Dank für deine Kritik. Ich habe schnell versucht, die gröbsten Schnitzer auszubügeln. Vielleicht noch nicht endgültig, aber zumindest so, dass hoffentlich niemand mehr über genau dasselbe stolpert.

Gleich der Anfang, das haben ja bisher sinngemäß alle gesagt:

In einer vermüllten Schublade Nahrungsmittel, die er auch noch an sich nimmt? Ziemlich unglaublich. Und ‚nahm von dahinter’ ist eine unglückliche Formulierung. Schlechter Start
Die Passage ist jetzt etwas klarer, hoffe ich. Geht aber sicher noch schöner ;)

Ist auch nicht mehr nötig, genau so wenig wie der Satz als solcher.
Ist gestrichen, wie auch der darauf folgende Satz. Das war so eine plakative Spielerei mit Doppeldeutigkeiten, die ich mal ausprobieren wollte, ohne dass sie mich selbst ganz überzeugt hätte. Also: Schnell weg damit und vergessen.

Ausgerechnet im Türrahmen? Besonders dort ist das Zimmer am niedrigsten:D.
Naja, natürlich ist das so: er hebt das Kind auf und geht dann noch einen Schritt. José (die Augen verdrehend):
Bringt aber nix.
Ja, ist ja schon gut, hab ich doch schon geändert.

Und ‚Wege’ ist ziemlich umständlich für Bewegung innerhalb eines Zimmers. Gefällt mir nicht.
HAb ich mal noch gelassen, damit es nicht so aussieht, als hätte ich gar keinen eigenen Willen mehr. Außerdem gibt es noch einen inhaltlichen Grund: Er läuft durch die ganze Wohnung und sich sein Zeugs zusammen, Kleidung usw. braucht er ja auch. Durch das eingefügte Wohnzimmer steht das jetzt etwas klarer vor Augen und macht die Wege vielleicht akzeptabler. Erst mal bleiben sie, aber ich geb's zu: sie wackeln.

Auch das folgende hab ich ein bisschen geglättet, aber erst mal nur oberflächlich.

Ich freue mich über deine grimmig vorgetragenen freundlichen Worte!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo Erdbeerschorsch,

vom Stil her gefällt mir das Ganze sehr gut, ich möchte aber dennoch ein paar Dinge zu bedenken geben. Meine Vorredner haben es bereits ganz gut ausgedrückt. Wenn jeder Satz Aufmerksamkeit fordert, wird das Lesen schnell anstrengend. Für solche kürzeren Texte mag das angehen, aber diese Stilistik stößt eben dort an Grenzen, wo Du längere Geschichten erzählen willst, denke ich.

Dann scheint mir der Perspektivwechsel fragwürdig. Ich denke schon, dass es völlig okay ist, innerhalb einer KG die Perspektive zu wechseln. Wenn das aber innerhalb von wenigen Sätzen passiert, irritiert das beim Lesen:

So sah sie ihn sonst nicht. (Das bezieht sich auf die Perspektive der Frau.) Er sah sonst auf den Boden, wenn er durch die Wohnung ging, presste sich in die Ecken, wenn Karina zu Hause war, saß auf dem Sofa, weil er irgendwo sein musste und fühlte dort seinen Hals zu lang, (Das bezieht sich auf die Perspektive des Mannes.)

Insgesamt ist der Text recht rätselhaft, was durchaus seinen Reiz hat. Aber mir ging es wie den anderen, ich konnte mir keinen Reim auf den Abschluss machen, denn ich kenne die Vorgeschichte von Rosa und dem Protagonisten nicht.

Trotzdem gern gelesen. Bin gespannt, was die anderen sagen.

Gruß Achillus

 

Hej erdbeerschorsch,

da ist sie also. Manchmal gehen kleine Wünsche schnell in Erfüllung. ;)

Armer, armer Fulvio.
Ich liebe deine Art, Situationen so mit Worten zu füllen, dass es kaum etwas gibt als Handlung und ich darin so unendlich viele Gefühle, Erwartungen und Verletzungen, Wünsche und Hoffnung entdecke.
So ging es mir schon beim Kinderwunsch von dir.

... und wartete eifrig auf die nächste Frage, um die Frau auf ihr sitzen zu lassen.

Das muss man auch erst mal machen. :lol: Eifrig warten

Sie sah ihm zu wie er Kondome in den Waschbeutel zählte.

Das ' ja dreist. :shy:

Es ist wirklich traurig zu sehen, diese Beziehung, diese drei. Fulvio und Karina und das Kleine. Ich erkenne ihre Sicherheit, ihre Dominanz und frage mich, was sie einst in Fulvio gesehen haben mag, weil sie ihn doch jetzt missachtet und ausschließt.
Er dagegen wähnte sich wohl im Glück als er diese große, schöne, strenge und sachliche Frau traf, die sich ja wohl mal für ihn, vielleicht für eine Nacht im Freien interessierte, ihn dann behielt im katholischen Italien und nun am Hals hat.

Sad Story. :(

Und der arme Tropf reagiert vielleicht erneut auf dieselben Reize und Signale einer Frau, die ihn aber korrigiert. Und nun steht er da auf dem Platz mit seinen Übernachtungsutensilien.

Weißt du, erdbeerschorsch, ich hatte am Ende das Gefühl, du hättest diese letze Szene tatsächlich einmal genauso beobachtet und den Rest, ganz Autor, drumherum phantasiert. Das würde mir gefallen. Das lass ich so. :shy::lol:

Vielen Dank für diese wundervolle Geschichte und lieber Gruß, Kanji

 

Hi Achillus,

herzlichen Dank für den Kommentar! Ein paar klitzekleine Informationen habe ich schon aufgefüllt, ich hätte nichts dagegen, noch einige folgen zu lassen, wenn sie mir einfallen.

Die Warnung bezüglich des Perspektivwechsels merke ich mir, erst mal lasse ich das aber so. Ich kann schon nachvollziehen, dass die unmittelbare Aufeinanderfolge störend wirken kann. Mir selbst erscheint dieser Perspektivwechsel aber ziemlich milde, nicht so stark etwa, wie wenn Karinas Gedanken zum Thema würden. Es geht ja nur darum, was sie - wie jeder etwaige andere am selben Ort - sehen konnte. Selbst ein Ich-Erzähler könnte noch sagen: "So sah sie mich sonst nicht." (Das fände ich dann allerdings auch nicht mehr so ganz gelungen.)

ich konnte mir keinen Reim auf den Abschluss machen, denn ich kenne die Vorgeschichte von Rosa und dem Protagonisten nicht.
An der Vorgeschichte wäre mir selbst nur wichtig, dass Rosa und Fulvio nicht schon längst ein heimliches Paar sind. Das habe ich zwar angedeutet, aber vielleicht noch nicht klar genug. Warum sie dann nicht mitgeht finde ich im Großen und Ganzen schon gar nicht mehr wichtig. Aber klar: es sollte einleuchtend sein. Auch da lässt sich sicher noch was machen. Ich muss gestehen, ich fand das recht einleuchtend: Sie mag ihn halt schon ganz gern, hat also mit ihm Rumgeblödelt, und jetzt plötzlich will er wirklich ernst machen. Da muss sie dann irgendwie den Absprung schaffen.

Ja, also: Herzlichen Dank nochmal, die eine oder andere Änderung dürfte demnächst sicher noch rausspringen. Muss aber sich aber noch ein bisschen setzten.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Hi Kanji,

Manchmal gehen kleine Wünsche schnell in Erfüllung.
Es war mir ein Vergnügen und eine Ehre *Verbeug-und-Hut-zieh-Smiley*

Freut mich, dass die Geschichte dir gefallen hat, besser anscheinend sogar als allen anderen bisher. Es sei denn, du schwindelst :naughty::peitsch:

Weißt du, erdbeerschorsch, ich hatte am Ende das Gefühl, du hättest diese letze Szene tatsächlich einmal genauso beobachtet und den Rest, ganz Autor, drumherum phantasiert. Das würde mir gefallen.
Da ist sogar was dran. Allerdings eher von der anderen Seite her: Ich bin mal "Fulvio" und "Karina" begegnet. Die Frau war wirklich freundlich, schien ziemlich sympathisch zu sein, aber er hat nicht mehr mit ihr geredet. Tja, und dann habe ich mich all diese Fragen gestellt, was sie wohl mal in ihm gesehen hat, was wohl geschehen ist, so dass zwei Leute, die ich beide für sich gar nicht unangenehm fand, so schrecklich zueinander geworden sind usw. Die Geschichte ist natürlich ganz anders, als die Wirklichkeit, aber es gibt schon ein Vorbild für die Stimmung.

Herzlichen Dank für den schönen Kommentar und besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Lieber @erdbeerschrosch,

nachdem du die meisten syntaktischen Kapriolen ein wenig gemildert hast, liest sich deine Geschichte leichter. Ich komme durch die Sätze, ohne sie mehrfach lesen zu müssen. Und das Ganze beginnt, mir zu gefallen.
Interessant finde ich deine Perspektive: Du beschreibst als Erzähler die einzelnen Szenen so, als betrachtetest du ein Bild oder ein Gemälde. So entstehen kurze Momentaufnahmen einer Trennung: Fulvio verlässt Karina und das Kind, um Rosa zu treffen, die aber dann nicht mit ihm gehen will. Die Auswahl der einzelnen Details vermittelt mir klare und eindringliche Bilder des Ablaufs.

An ein paar Stellen habe ich dann aber immer noch stutzen müssen. Einiges mag pingelig klingen, aber du selber forderst ja heraus, dass man sich deine Formulierungen genauer vornimmt. Außerdem habe ich ein paar Logikprobleme. (Kann natürlich daran liegen, dass ich eine Frau bin.)

Die Schublade rollte bis zum Anschlag aus.
Ein Schublade rollt zurück bis zu ihrem Anschlag. Das macht wohl jede Schublade. Aber was willst du mit dem ‚Ausrollen’ besser beschreiben? Wenn du den Vorgang als besonders langsam beschreiben möchtest, warum verwendest du nicht das Adverb?

So sah sie ihn sonst nicht. Er sah sonst auf den Boden, wenn er durch die Wohnung ging,
Das ist schon erwähnt worden. Ich glaube auch, dass hier ein Perspektiv-Wechsel vorliegt. MMn ist das jetzt Karinas Perspektive (sie sah ihn) und nicht die des neutralen des Beobachters (sie sah ihn an).

die Gliedmaßen dünn und eckig, die Arme klebten am Polster und lagen zu hoch oder zu tief oder zu leicht.
Die Arme lagen zu leicht. Wie geht ‚zu leicht liegen’?

Heute war er nicht das Gespenst, dem das Vermögen abhanden gekommen war, sich unsichtbar zu machen.

Eine dreifache Verneinung: Er war nicht das Gespenst, das sich nicht mehr unsichtbar machen konnte. Da ist für mein Gefühl eine Verneinung zu viel. Meintest du:
Heute war er nicht das Gespenst, dem das Vermögen abhanden gekommen war, sich unsichtbar zu machen. Oder: Heute war er nicht das Gespenst, dem das Vermögen abhanden gekommen war dass das Vermögen besaß, sich unsichtbar zu machen.

Denn es war etwas geschehen zwischen ihm und Rosa. Sie war mit ihm und mit den anderen unterwegs gewesen, war auch danach mit ihnen ins Café gekommen. Dort hat sie ihn angeschaut, hat mit ihm gelacht, hat ihm quer über den Tisch den Kragen zurecht gezupft und hat sich verwandelt. Und jetzt packte Fulvio seine Sachen.

Dieser Wechsel vom PQP zum Perfekt und dann zum Präteritum erscheint mir zu gewollt. Ich verstehe, dass du diese Besonderheit (sie hat ihn angeschaut) nach vorne rücken, wichtig machen möchtest. Ich frage mich aber an dieser Stelle, wie auch schon vorher, warum du nicht als grundsätzliche Zeitebene das Präsens gewählt hast. Natürlich, ich weiß, wegen der letzten Szene. Aber irgendwie kommt mir dieses Zeit-Hin-und-Her dann letztlich doch sehr gekünstelt vor.

Sie sah ihm zuK wie er Kondome in den Waschbeutel zählte.
Lieber Erdbeerschorsch, deine Geschichte, deren Syntax mir beim ersten Lesen an einigen Stellen viel zu gekünstelt und hakelig erschien, hat sich mit deinen Korrekturen zu einem lesenswerten Text entwickelt. Vielleicht kannst du auch noch meine kleinen Probleme entkräften.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo Erdbeerschorch,

"Hänschen klein, ging allein ..."

für mich hat dein Text vom ersten Lesen nach dem Einstellen bis jetzt die Wandlung durchgemacht von "Oh, nee, das ist mir jetzt doch zu schräg" zu echtem Lesegenuss. Die Sprache in diesem Text ist so knorrig, wie der Mann, den du beschreibst und ich glaube, ab jetzt muss man fast aufpassen, nicht zuviel zu glätten.

So sah sie ihn sonst nicht.

Eigentlich habe ich das beim Lesen automatisch noch seiner Gedankenwelt zugeschoben in seinem trotzigen Aufbegehren. Er ist so eifrig bemüht sie zu beeindrucken mit seinem neugewonnenen Selbstbewußtsein.

Was so ungeheuer irritiert, ist, dass dieser Mann in seiner Kindlichkeit schon fast etwas Debiles auch Autistisches hat. Ich sehe eher einen Siebenjährigen vor mir, der in einem erwachsenen Körper gefangen ist und mit diesem Körper in der Welt nicht zurecht kommt, nicht mal auf dem Sofa. Ich fühle beim Lesen übrigens mindestens genauso mit Karina mit, wie mit Fluvio.

In der Szene mit dem Plüschhasen treibst du das Ganze nochmal auf die Spitze. Hier spielen zwei Kinder, fast hat man das Gefühl, als ob sich hier sogar schon die Rollen umkehren. Unbehaglich.

Der Hase sprach zum Kind: Es solle ihn streicheln.

Und in dieser Szene steckt auch der einzige Satz, an dem ich noch hänge:

Dabei war die Gefahr, dass er mit der Frau auch das Kind verlieren sollte, für diesen einen Tag zu weit entfernt, um sich je zu verwirklichen.

Vielleicht hat es etwas mit der Perspektive zu tun, die auf einmal, aus der Situation heraus, so übergeordnet wirkt. Und "eine Gefahr, die sich verwirklicht", ich weiß nicht, klingt merkwürdig.

Rosa lacht, hält Fulvio an den Handgelenken fest und wedelt mit seinen Armen.

Und hier wird er am Ende selbst zum Plüschhasen. Du findest immer wunderbare Bilder.

Liebe Grüße von Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Die Laternen mimen den Mondschein.

Schon allein wegen dieses Satzes hat sich das Lesen gelohnt,

lieber erdbeerschorsch,

denn jeder sollte wissen, dass der Mond nur zu scheinen scheint, leiht er sich doch "sein" Licht von der Sonne und bliebe ohne Sonne an der erdzugewandten Seite so dunkel wie seine Rückseite. Ein mehr als doppelbödiger Satz, wie die Erzählung selbst, der die Zweideutigkeit im Prädikat (mimen = schauspielern, "so tun als ob") mit der Nennung des Mondes ein bisschen hegelt, weil nichts so ist, wie es (zu sein) scheint und alles, was besteht, wert ist, dass es zu Grunde geht.

Und wenn einer wie Du, der die Sprache beherrscht, Brüche einbaut, werden diese Elemente nicht unbedacht verwendet.

Folglich ist schon der Name des Prot Fulvio (fulvio, eigentlich gelbbraun, wobei braun ja schon gelb oder rot mit Grauschleier ist und der Name somit als "der Rotblonde" wohl am besten übersetzt wird) von gelb bis rot, die Farben von Sonne und Mond. Und wer wollte bezweifeln, dass "Rosa" besser zum Rotblonden passe als eine strenge Karina?

Und wie zur Bestätigung der Täuschung beginnt der kleine Abschnitt aus einem "unordentlichen" (siehe Schublade) und (ver)unsicher(t)en Leben

Er sah sonst auf den Boden, wenn er durch die Wohnung ging, presste sich in die Ecken, wenn Karina zu Hause war, saß auf dem Sofa, weil er irgendwo sein musste[,] und fühlte dort seinen Hals zu lang, die Gliedmaßen dünn und eckig, die Arme klebten am Polster und lagen zu hoch oder zu tief oder zu leicht.
(im Zitat ist schon der Perspektivwechsel hinreichend begründet, behaupt ich mal, eben weil er sich selbst nicht beobachtet und sich doch - wahrscheinlich aufgrund mangelnden Selbstbewusstseins - immerzu beobachtet fühlt), beginnt also die kleine, feine Erzählung nicht im "Freien", wie der Titel verspricht, sondern der "beäng(stig)enden" Wohnung, selbst wenn F. im Raum "aufrecht" steht. Wer aufrecht steht, pflegt noch lange nicht den aufrechten Gang, steht vielleicht an dessen Start. Und wir dürfen den Moment erleben, wo sich der Prot aus der (wahrscheinlich selbstauferlegten) Gefangenschaft zu einer "Domina", Karina - "die Reine / Hübsche / Treue" -
... stand mit verschränkten Armen und folgte seinen Wegen mit dem Kopf
ausbricht, und zwar nicht heimlich (und wie sonst also unsichtbar für die Herrin)
Heute war er nicht das Gespenst, dem das Vermögen abhanden gekommen war, sich unsichtbar zu machen
um zu einer Frau zu kommen, wo ihm noch nicht das Lachen abhandengekommen.
Sie war mit ihm und mit den anderen unterwegs gewesen, war auch danach mit ihnen ins Café gekommen. Dort hat sie ihn angeschaut, hat mit ihm gelacht, hat ihm quer über den Tisch den Kragen zurecht gezupft und hat sich verwandelt. Und jetzt packte Fulvio seine Sachen.
(Ich seh diesen auffällig übertriebenen Anklang der zweiwertigen Zeitenfolge in Anlehnung an die Schulgrammatik als Stilelement, dass F. wieder lernen muss, sein Leben selbst zu bestimmen, deshalb auch nur diese Bemerkung dazu und keine Kürzungsvorschläge)

Sie sah ihm zu[,] wie er Kondome in den Waschbeutel zählte.

Schau'n merma', ob ich mich nicht neben die Fragen gesetzt hab ...

Friedel

Nachtrag

in der kleinen Szene "zusammengesetzter" Zeit als Symbol der Befreiung lauert auch schon so was wie "Bevormundung", wenn es heißt

hat ihm quer über den Tisch den Kragen zurecht gezupft
... Wird es eine Vorschau auf "rosige" Zeiten sein, wo ihm auch die Schuppen vom dunklen Anzug gewedelt werden?

 

Hej erdbeerschorsch nochmal,

da ist doch tatsächlich mein zweiter Kommentar der Großen Wäsche zum Opfer gefallen. :( Und lässt sich nicht mal wiederherstellen. Dabei war der so klug.
Neeee :shy: Aber herzlich.
Dann noch mal mit anderen Worten:

Freut mich, dass die Geschichte dir gefallen hat, besser anscheinend sogar als allen anderen bisher. Es sei denn, du schwindelst

Das würde ich hier auf gar keinen Fall tun! Mir gefällt die Geschichte beim zweiten Mal Lesen sogar noch besser.

Du hast Carina tatsächlich nicht unsympathisch gestaltet, obwohl sie so abgeklärt und kühl im Türrahmen steht, ihn missachtet und ausschließt. Und Fulvio lässt du unreif und kindlich agieren, du lässt ihn handeln und die Szene, in der er durch den Hasen mit dem Kind spricht und Zärtlichkeit wünscht, ist wundervoll. Ich will sowas auch können. :( werde dich mal im Auge behalten, lesen und lernen und hoffe, du stellst hier noch fleißig ein. ;)

Lieber Gruß, Kanji

 

Liebe barnhelm,

ich danke herzlich für deinen Kommentar!

das Ganze beginnt, mir zu gefallen.
Das freut mich, dass ich die Kurve demnach noch gekriegt habe!

Ein Schublade rollt zurück bis zu ihrem Anschlag.
DA muss ich dann wohl nochmal ran. Gedacht war: Rollt auf, so wie das gewisse leichtgängige Schubladen tun, nachem man bereits losgelassen hat. "Rollte auf" klingt aber blöd, finde ich, oder eigentlich nicht blöd, sondern fast falsch. Zumindest denke ich dabei gleich an den Teppich, den man aufrollt. Nicht so leicht ...

Ich glaube auch, dass hier ein Perspektiv-Wechsel vorliegt. MMn ist das jetzt Karinas Perspektive (sie sah ihn) und nicht die des neutralen des Beobachters (sie sah ihn an).
Da hak ich nochmal nach, weil ich so Detailkram interessant finde. Den Perpektivwechsel will ich gar nicht abstreiten. Un dich finde eben doch, dass das ziemlich neutral bleibt. Angenommen, der Mann kommt schwankend und mit einem roten Hut auf dem Kopf nachhause. Dann kann ich doch als außenstehender über die Frau, die ihm zu Hause die Tür aufmacht, sagen: So sah sie ihn sonst nicht. Was ich meine ist: Nicht ihr Blick hat sich verändert, sondern sein Auftreten.
Trotzdem kann es natürlich sein, dass der Wechsel störend wirkt. Dann wäre das, selbst wenn es mir gelingen sollte, dich theoretisch zu überzeugen, immer noch nicht gut. Unsicher bin ich mir, ob ich eine Irritation an der Stelle als Stilmittel vielleicht akzeptieren würde.

Die Arme lagen zu leicht. Wie geht ‚zu leicht liegen’?
Hm, das ist wohl ein bisschen manieriert. Ich lass es mal trotzdem noch so.

Eine dreifache Verneinung: Er war nicht das Gespenst, das sich nicht mehr unsichtbar machen konnte. Da ist für mein Gefühl eine Verneinung zu viel. Meintest du:
Heute war er nicht das Gespenst, dem das Vermögen abhanden gekommen war, sich unsichtbar zu machen. Oder: Heute war er nicht das Gespenst, dem das Vermögen abhanden gekommen war dass das Vermögen besaß, sich unsichtbar zu machen.
Er war heute nicht das Gespenst. Konnte er sich heute unsichtbar machen? Auch nicht, aber heute fehlt die Fähigkeit auch nicht.
Mit mehrfachen Verneinungen muss man vorsichtig sein, das sehe ich ein. Bisher ist mir an der Stelle noch nichts besseres eingefallen.

Ich frage mich aber an dieser Stelle, wie auch schon vorher, warum du nicht als grundsätzliche Zeitebene das Präsens gewählt hast. Natürlich, ich weiß, wegen der letzten Szene. Aber irgendwie kommt mir dieses Zeit-Hin-und-Her dann letztlich doch sehr gekünstelt vor.
Ich sage mal ausweichend: Es hat sich so ergeben. Aber das Präsens als grundsätzliche Zeitebene wäre eine Option, und sie würde mir wahrscheinlich besser gefallen als das Präteritum als grundsätzliche Zeitebene.

Vielleicht kannst du auch noch meine kleinen Probleme entkräften.
Das geht jetzt nicht mehr ganz so schnell, wie die ersten Eingriffe, aber ich hoffe, das eine oder andere wird noch herausspringen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch


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Hi Chutney,

ich danke herzlich für deinen erneuten Besuch!

für mich hat dein Text vom ersten Lesen nach dem Einstellen bis jetzt die Wandlung durchgemacht von "Oh, nee, das ist mir jetzt doch zu schräg" zu echtem Lesegenuss.
Das ist schön! Ich hätte dich natürlich ungern verschreckt. Auf der anderen Seite finde ich es trotzdem gut, mit dem Übermaß herumzuspielen, sonst kriegt man ja nicht gesagt, was zuviel ist. Aber es war nicht alles Absicht: Die Lebensmittel in der Schublade beispielsweise. Diese mögliche Lesart hatte ich glattweg übersehen.

Ich fühle beim Lesen übrigens mindestens genauso mit Karina mit
Das ist besonders erfreulich. Sie steht ja etwas am Rand, umso wichtiger, dass man ein Gefühl für sie entwickelt, damit sie nicht ganz blass bleibt.

Und "eine Gefahr, die sich verwirklicht", ich weiß nicht, klingt merkwürdig.
Ja, das kann schon sein. Eine bessere Idee ist mir noch nicht gekommen, aber ich würde mal so sagen: Mir selbst schien das auch eher akzeptabel als besonders geglückt. Was tut die Gefahr aber sonst? Die Befürchtung bewahrheitet sich - ginge auch, plustert den Satz aber zu sehr auf. Trotzdem vielleicht in diese Richtung.

Herzlichen Dank für Lesen, Loben und auch Kritisieren!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Lieber Friedel,

auch dir herzlichen Dank für den erneuten Besuch! Ich darf sagen, dass mir jede Anregung, die du in den Worten erkennst, selbst eingefallen wäre, aber manche schon und so oder so kann ich überall nur zustimmend nicken, ganz als wäre es mir selbst eingefallen.

(Ich seh diesen auffällig übertriebenen Anklang der zweiwertigen Zeitenfolge in Anlehnung an die Schulgrammatik als Stilelement, dass F. wieder lernen muss, sein Leben selbst zu bestimmen, deshalb auch nur diese Bemerkung dazu und keine Kürzungsvorschläge)
Das hast du sehr nett gesagt. Trotzdem erkenne ich die Warnung und denke über sie nach.

Jetzt muss ich ganz schnell aufhören, es gibt noch anderes zu tun.

Nochmals vielen Dank und besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hi Bea Milana,

herzlichen Dank für's Lesen und Kommentieren!

Aber warum setzt Erdbeerschorsch hier 2 x die Wiederholung "sehen und sonst", fragte ich mich. (...)
Lange Rede, kurzer Sinn: da würde ich nochmal fummeln,
Ich denke schon fleißig nach, aber bisher hatte ich noch keine Idee, die sich durchsetzen konnte.
Jedenfalls:
Liegt die Betonung allerdings auf dem "so",
Ja, auf dem "so", aber es sollte sich auf ihn beziehen: In dieser Haltung sah sie ihn sonst nicht. Das erste "sonst" kann deswegen wohl nicht so gut an den Anfang, aber vielleicht das zweite. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das eine Verbesserung bringt.
Vielleicht müsste ich das erste "so" ohnehin ersetzen oder anreichern, damit man es einordnen kann.
Im Moment lasse ich es mal so. Den Stolperstein möchte ich bisher ungern einfach wegräumen - das ginge natürlich, "So sah sie ihn sonst nicht" könnte ganz weg, ohne dass der Rest unverständlich würde -, aber ich würde lieber noch an einer anderen Lösung tüfteln.

Irgendetwas ist da in der Mitte verrutscht. Wenn ich die Bewegung richtig verstanden habe, dann greift er im Fallen das Kind, oder? Das "sich seitwärts fangen" hört sich merkwürdig an.
Ja, das ist wohl etwas merkwürdig. Ich dachte so etwa wie wenn der Torwart den Ball fängt und sich dann abrollt, nur dass das Kind sich nicht bewegt.
"Fulvio beugte sich vor, kippte aus den Knien über, schnappte das Kind vom Boden und ließ sich mit ihm auf den Rücken fallen" - oder gar: "... das Kind vom Boden und rollte mit ihm auf den Rücken" Hm, erscheint mir beides auch noch nicht so richtig eindeutig. Mal sehen ...

Schön, dass dir die pendelnde Matte und das offene Ende zugesagt haben. Überhaupt freut mich natürlich dein Gesamturteil!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Und dann soll auch noch ein Gruß und ein zweites Dankeschön an Kanji gehen für den schmeichelhaften zweiten Kommentar. Die erste Version habe ich übrigens vor dem Verschwinden noch lesen können. Schade, dass sie weggekommen ist. Andrerseits freut es mich natürlich, dass Du dir die Arbeit machst, den Kommentar zu rekonstruieren. Das ist dann ja fast doppelt schmeichelhaft.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallöle,

erdbeerschorch und Bea Milana

ich noch ma', aber nur ganz kurz zu "sonst", das eines der vielseitigst verwendbaren Adverben ist und ein Bandbreite von Bedeutungen vom "ansonsten" bis hin zum "sonstwohin" hat.

Das ahd. sus (= so) über die mhd. Entwicklung vom sus(t) und su(n)st - schon dieses zufügen und streichen von Buchstaben wirkt wie ein langwährendes Spiel bis zum 14. Jh., als sich dann die nhd., heutige Form durchsetzt. Der Duden (einfach "duden sonst" eingeben) nennt einige Bedeutungsvarianten, das grimmsche Wörterbuch (einfach wörterbuchnetz eingeben usw.) lässt sich über 25 (!) Seiten über Herkunft, Varianten (altsächsisch thus, da konnte die teutsche Zunge noch das tea-aitsch korrekt aussprechen, spräche einer heute den Thron korrekt aus, käme er wahrscheinlich zum Logopäden oder in die Klappse)

Schönen Ersten Mai vom

Friedel

 

Hallo erdbeerschorsch

Ich muss was gestehen. Bei der ersten Fassung habe ich überhaupt nicht verstanden, worum es geht.
Ich dachte zwar noch, bei deinen Texten ist Aufmerksamkeit angesagt, vielleicht erfahre ich wie bei "Verkündigung" am Ende schon noch, was ich wissen muss. Aber dann ging es anderen genau so und ich war zu müde und zu faul, den Dingen auf den Grund zu gehen. Also habe ich anderen diese Arbeit überlassen.
Und siehe da, die neue Fassung gibt mir keine Rätsel mehr auf. Die eine oder andere offene Frage. Aber ich habe jetzt ein Bild, aus Mosaiksteinchen zusmmengesetzt, mit einem Protagonisten, der mir (warum bloß?) wie ein dürrer, schlaksiger Don Quichote vorkommt, der sich aufmacht, einem Trugbild nachzujagen.
Der Mann ist mir nicht unsympatisch, er weckt in mir Beschützerinstinkte. Besonders berührend finde ich die folgende Stelle:

Das Kind stolperte und saß plump zwischen den Shirts. Fulvio beugte sich vor, kippte aus den Knien über, fing sich seitwärts das Kind vom Boden und fiel mit ihm auf den Rücken. Das Kind lag auf seiner Brust, schwer,aber immer noch ganz weich.

Ich seh's genau vor mir. Mein Enkel, als zukünftiger Keeper, pflegt die Bälle so zu fangen. Es ist eine Bewegung, die etwas sichern will, den Ball oder das Kind. Und diesen Reflex hat Fulvio immer noch, egal, wie reduziert, fast autistisch er auf mich wirkt.

Ach ja, Fulvio wird noch eine Weile auf dem Platz hin- und hergehen. Er wird auch wieder zurückkehren zu seinem Kind und den Plüschhasen wieder für sich sprechen lassen. Karina wird es aushalten (hoffe ich).

Sehr schöner, subtiler Text

herzliche Grüße
wieselmaus

 

Hi wieselmaus,

vielen Dank für deinen Besuch! Es freut mich ja, dass du noch ein zweites Mal reingeschaut hast, nachdem der Text erst nichts für dich war. Da habe ich den ersten Kommentatoren viel zu danken.
Schön auch, dass dir die Kinderfangszene gefällt. Ich überlege zwar immer noch, was ich ändern kann, damit sie nicht zu exotisch klingt, aber bis dahin freut es mich natürlich, wenn du das akzeptierst, wie es ist.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

„Wir schlafen heute am Wasserfall“

Ich noch mal,wenn der darf, weil der sich gerade fragt, wie frei man eigentlich im Freien und Dunkeln, da wo einen bekanntlich keiner mehr sieht außer im Kunstlicht der Laterne (Scheinwerfer, der ja schon alles zugibt, dass er nur zu scheinen scheine, oder Taschenlampe, Kerze und/oder Fackel etc.) Schatten, die einem voraus- oder zumindest hinterherlaufen, wer also versteckt sich
..., um sich je zu verwirklichen.
Was verbirgt der Rotschopf?

Und dann

lieber erdbeerschorsch,

fällt der Groschen in Pfennigen zur Überarbeitung, als eine andere Art von Befreiung als im ersten Beitrag vermutet: Nicht die Befreiung von Karina - als sich erwachsener gebende Herrin des Hauses hätte sich ihre Überlegenheit nicht in der referierten Szene des

Karina fragte, wo er denn hingehe
gezeigt, sondern im neutralisierenden "wo es denn hingehe" (vergleichbar der Lutherschen Schöpfungsgeschichte, die etwa bei Buber und Rosenzweig die Schöpfung selbst zum Subjekt macht "Gott sprach: Licht werde! / Und Licht ward", äußert) und in der Überlegenheit der erziehenden Person im Plural majestatis des Pflegepersonals "wo gehen WIR denn hin!"

Und dann eine Szene, die mich -vielleicht hat es auch schon ein anderer genannt, hab jetzt halt nur noch mal den Text angesehen - an Behinderte erinnert, obwohl es ganz normal beginnt (aber was ist schon normal?)

Rosa! Fulvio winkt und ruft ihren Namen. Eine Frau schaut auf, wendet sich um und winkt ihm zurück. Sie lächelt ... Das ist Rosa. Sie gehen aufeinander zu, ...
Bis sie sich berühren
Zur Begrüßung fassen die zwei sich mit beiden Händen. Rosa lacht, hält Fulvio an den Handgelenken fest und wedelt mit seinen Armen. Dann redet er lange.
Vielleicht läuft er über vor Glück ...
Sie schaut ihn an, immer nickt sie oder schüttelt den Kopf. Immer hält sie seine Arme an den Handgelenken.
Halt dich fest, dass du nicht verlorengehst oder gar im Wortschwall ertrinkst.
Dann lacht sie wieder, heller und lauter als zuvor, schaut in den Himmel, klatscht in die Hände und winkt ab. Schüttelt wieder den Kopf und sagt einen Satz. Dabei hat sie Fulvios Arme losgelassen.
Überschäumende Freude, die sich selbst ausbremst?
Jetzt umarmt sie ihn mit einem Ruck.
Trotz des ...Sacks
Bevor sie bei den Arkaden in die Gasse einbiegt, dreht sie sich einmal um, hält an und hebt die Hand.

Aber ja, der eigentliche Besuch ist ein Komma, dessen Flusesein unberechtigt ist:

Er sah sonst auf den Boden, wenn ... Karina zu Hause war, saß auf dem Sofa, weil er irgendwo sein musste[,] und fühlte dort seinen Hals zu lang, die Gliedmaßen dünn ...
weil das begründende "weil ... musste" abgeschlossen ist und die Konjunktion keineswegs die Begründung, sonder das Sitzen auf dem Sofa fortsetzt.

Bis bald

Friedel

 

Hallo erdbeerschorsch,

Deine Geschichte ist ein echter "Erdbeerschorsch" und das meine ich in zweierlei Hinsicht als Kompliment:
1) Man erkennt am Stil sofort, dass diese Geschichte von Dir ist.
2) Sie ist wie die letzte, die ich von Dir las, schräg, fast schon mystisch, weil sie so genau beobachtet, aber man trotzdem nur einen ungefähren Eindruck von dem Geschehen bekommt und fragend, fast schon alleine, zurückbleibt, sinnierend über den tieferen Sinn des Ganzen, der sich doch nicht erschließt, so sehr man sich auch bemüht, sodass sie zur Projektionsfläche der eigenen Emotionen und Gedankenwelt wird, bis man schließlich wieder im Tagesgeschehen erwacht und der Kaffee kalt ist (oder so ähnlich).

Gerne folgte ich dem Fluss der Worte, nur einmal krachte ich gegen einen Findling:

Er sah sonst auf den Boden, wenn er durch die Wohnung ging, presste sich in die Ecken, wenn Karina zu Hause war, saß auf dem Sofa, weil er irgendwo sein musste und fühlte dort seinen Hals zu lang, die Gliedmaßen dünn und eckig, die Arme klebten am Polster und lagen zu hoch oder zu tief oder zu leicht. Erst wenn Karina mit dem Kind schlafen ging, aß er zu Abend.

Ab "die Gliedmaßen" hast Du das Subjekt des Satzes geändert, was ich als unschön empfinde, denn so fließen die Worte nicht weiter, sondern es entsteht ein Bruch im Fluss.

Auch auf die Gefahr hin, dass Du das Herumpfuschen in Deinem Text als - so nicht gemeinte - feindliche Übernahme deuten könntest, versuche ich mal das Subjekt beizubehalten:

Er sah sonst auf den Boden, wenn er durch die Wohnung ging, presste sich in die Ecken, wenn Karina zu Hause war, saß auf dem Sofa, weil er irgendwo sein musste und fühlte dort seinen Hals zu lang, die Gliedmaßen dünn und eckig, die Arme am Polster klebend und zu hoch oder zu tief liegend oder zu leicht. Erst wenn Karina mit dem Kind schlafen ging, aß er zu Abend.

Jedenfalls ein Lesegenuss, der herausragt aus den vielen Geschichten hier im Forum.

Gruß
Geschichtenwerker

 

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