@falk
Dein Beitrag wirkt auf mich ehrlich gesagt recht überheblich und naiv.
(bitte nicht persönlich nehmen, ich beziehe mich tatsächlich nur auf diesen Beitrag).
Wenn du zB. schreibst
Nun habe ich Krieg auf Angst reduziert, was nicht sehr genau zus ein scheint. Aber ich denke, alles andere ist entweder direkt mit Angst verbunden oder bloßes Drumherum.
erinnert mich diese Art von argumentativem "Rundumschlag" schon sehr an jene großen Vordenker wie etwa Freud einer war, der jede menschliche Verhaltensweise auf sexuelle Triebe zurückzuführen versuchte. In seinem Spätwerk fügte er seinen bisherigen Postulaten mehr oder weniger überzeugend einen angeblichen "Todestrieb" eines jeden Menschen hinzu - unter anderem nur, um nicht zugeben zu müssen, dass er sich in seinen bisherigen Werken zum Teil offensichtlich schwer geirrt haben mag.
Freuds "Todestrieb" nun, den er damals vor allem für die Schrecken des Krieges verantwortlich machte, ist nun sicher kein "bloßes Drumherum", wie du in deinen Ausführungen anzunehmen scheinst. Es ist ein zur kontraproduktiven Angst völlig entgegengesetzter Standpunkt. Auch Hitler und seinen Anhängern und sogar dem Tiefenpsychologen C.G.Jung (!) sagt man eine mehr oder weniger ausgeprägte Nekrophilie nach (Quelle dazu u.a.: Erich Fromm, Anatomie der menschlichen Destruktivität)
Menschen wie diese hatten eher mehr Angst vor dem Leben, als vor dem Tod! Mit diesem Argument (ich könnte auch noch ein paar weitere anführen...) möchte ich deinen finalen Standpunkt
Aber darum geht es nicht, weil es darum nicht gehen kann. Ich behaupte mal ganz frech, daß es auf dieser Seite keinen gibt, der direkte Erfahrungen mit Krieg hat - aber jeder hier kennt das Gefühl der Angst. Jeder! Und das reicht völlig, oder?
nicht unbedingt gleich widerlegen, aber doch zumindest in seinem Wert etwas herabsetzen.
Mein persönlicher Anspruch an die Literatur ist jedenfalls einfach höher, als lediglich ohnehin allgemein bekannte, sog. "Urängste" (auf denen ja so gerne der Großteil aller Horrorliteratur aufbaut) in erzählerischer Form verarbeitet zu sehen. Damit bliebe es mir meiner Ansicht nach auch verschlossen, neue, unbekannte Welten zu entdecken, wenn es mein Ziel bliebe, immer nur mich selbst in der gelesenen Literatur wiedererkennen zu wollen.
@Horni
Ich finde deinen Standpunkt ehrlich gesagt etwas merkwürdig.
Na, besser "merkwürdig" als "belanglos". hehe...
Klar, der Einwand musste natürlich früher oder später kommen: Kann oder darf ich nicht über Mord, Tod, Vergewaltigung etc. schreiben, wenn ich selbiges noch nie erlebt habe?
Mein Ausgangspunkt war, wie auch die-magd zu Beginn ihrer Erwiderung schon zitiert hat, dass ich es nicht ehrlich finde, etwas literarisch umzusetzen, das der Autor nicht einmal annähernd selbst erlebt hat. die-magd entlastet den Autoren allgemein nun in einer differenzierten, rein subjektiven Erwartungshaltung (es wird kein "detailierter Erlebnisbericht" erwartet). Das ist für den Einzelnen okay so, er arrangiert sich eben bis zu einem gewissen Maß mit dem Autoren.
Das kann und sollte aber den Autoren im Allgemeinen nicht von seiner Verantwortung gegenüber seiner Leserschaft befreien. Nicht alles darf bzw. sollte unter dem Deckmantel des Fiktiven erlaubt sein.
Ob nun, um deine Beispiele zu nennen, Shakespeare mit Geistern Kontakt hatte oder Clarke zu Lebzeiten auf dem Mond war ist letztlich unerheblich, da diese Erfahrungen ja bekanntlich niemand von uns gemacht hat und von unseren Lesern auch anzunehmen ist, dass er gebildet genug ist, zu wissen, dass zu diesen "niemand" selbstverständlich auch der Autor zu zählen ist. Hier ist die Abgrenzung einfach und deutlich - und daher von vornherein ganz und gar unverfänglich.
Aber stell dir mal vor, du oder ich würden eine Geschichte über die Vergewaltigung einer Frau schreiben - aus der persönlichen Sicht dieser Frau. Und das womöglich noch unter der Berufung darauf, dass wir (so argumentiert im Grunde genommen auch falk) schließlich "alle" dieselben Ängste teilen und uns deshalb angeblich leicht in andere Menschen hineinversetzen können...
Mit diesem Beispiel möchte ich auf deine Frage
Wieso kann ich mir nicht für die Dinge, die ich sagen will, ein Sujet aussuchen, das mir passend erscheint, und mir die Details durch Recherche erschließen?
eingehen. Anna meinte schon in Zazas Thread, den du ja auch gelesen hast, bemerkenswerterweise
als einzige im ganzen Thema, dass nicht nur die Allgemeinheit das Individuum erheblich beeinflussen kann (und es sicher auch tut), sondern, dass umgekehrt auch der
Einzelne die Gesellschaft unter Umständen ganz erheblich beeinflussen kann. Und das gilt nun mal nicht nur für klar nicht-fiktive Texte, sondern auch, und das glaube ich nicht mal zu knapp, für ausgewiesen literarische Texte (bekannte Beispiele dazu nannte ich bereits, es gibt aber noch viele weitere).
Erst neulich las ich zB. in der Tageszeitung einen kurzen Bericht über eine 21-jährige Frau, die sich mittelschwere Verletzungen bei dem Versuch zufügte einen fiktiven "Zaubertrank" aus einem der Harry-Potter-Bände nachzubrauen! (ich glaube, es endete in einer explosiven Reaktion in ihrer Küche) Ein sicherlich kurioses Beispiel zum Schmunzeln. Es zeigt aber, worauf ich hier eigentlich hinaus will. Realität und Fiktion vermischt sich häufiger, als man es für möglich halten möchte. Und genau an dieser Stelle tritt die Frage der Verantwortung des Autoren in Kraft.
Auch denke ich, dass sich nicht einfach alles unter der Berufung sog. allgemeiner (Grund-)Empfindungen (Liebe, Angst, Tod) recherchieren lässt. Deine angeführten Begriffe sind zunächst mal nichts weiter als Abstrahierungen, Sammelbecken gewisser angeblich "ähnlicher" Gefühle. Aber die Konkretisierung dieser Begriffe ist nicht nur eine Frage der Intensität dieser Gefühle. Ich wäre mir gar nicht so sicher, ob wirklich jeder das gleiche mit dem Begriff "Liebe" zu verbinden weiß (selbst noch abgesehen vom rein sexuellen Kontext). Auch den Tod haben wir alle logischerweise noch nie selbst erlebt (dennoch maßen wir uns zum Teil an, über ihn "berichten" zu können). Am allgemeinsten ist aber wohl noch der Begriff der Angst, zugegeben. Aber auch diese ist nicht etwa von Kindesbeinen an angeboren, sondern muss zumindestens ersteinmal erfahren werden...
@die-magd
Daß jeder Autor ordentlich recherchiert, bevor er sich einem Thema hingibt, setze ich natürlich voraus.
...wofür es aber keinerlei Garantie gibt und geben kann. Auch Literatur bzw. die Kunst im Allgemeinen kann unter Umständen dazu eingesetzt werden, die Massen für bestimmte Zwecke zu instrumentalisieren (zB. im Dritten Reich oder heute zum Teil im kommunistischen China). Autoren, die mit dieser Absicht schreiben (müssen oder wollen) haben ihrer eigenen Ansicht nach vermutlich wirklich "ordentlich recherchiert" (auch hier auf kg gibt es Beispiele dafür, nämlich dann, sobald die Geschichten einen politischen Einschlag bekommen). Aber wie subjektiv sind ihre "Recherchen" dennoch geblieben? (dito für viele andere Themenbereiche).
In deinen übrigen Ausführungen stimme ich dir zu.