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Die blauschwarze Miesmuschel

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09.06.2017
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Die blauschwarze Miesmuschel

Vom Radau des Zeitungsjungen geweckt schäle ich mich in der Früh aus dem Bett, schlucke eine Handvoll Pillen und krieche zurück unter die Decke. Während im Treppenhaus ein Kind wie von Sinnen schreit, fallen meine Augen wieder zu. Um neun schlurfe ich in die Küche und stopfe Nutellatoast in mich rein, den Kaffee trinke ich schwarz. Meine Hosen spannen. Aus dem Abfluss des Spülbeckens riecht es. Ich spiele mit dem Gedanken, die Obstmotte zu zerquetschen, die auf der Lehne des leeren Stuhles sitzt, bringe es nicht fertig und schleiche zurück ins Schlafzimmer. Wie konnte er mir das antun? Nicht einmal Weinen funktioniert.

Im Karstadt läuft Amy Winehouse. Egal, wegen mir könnten sie die Wildecker Herzbuben spielen, die Pillen wirken. Als ich ein paar Polyesterhosen von der Stange greife, kommt die Verkäuferin auf mich zugewieselt. Sie lässt ihren Blick an mir herabgleiten, öffnet den Mund und schließt ihn wieder.
"Was Schwarzes würde strecken", murmelt sie im Weggehen.
Früher hätte ich sie dafür gehasst, heute ist mir alles gleich. Ich senke den Blick und nehme die dunklen Teile mit in die Kabine.
"Bei den Blusen können Sie was Helles probieren", sagt sie durch den Vorhang. "Oder was Längsgestreiftes. Sie sind ja noch jung."
Ich schnappe die Hosen, die zugehen, und zwei zeltförmige Oberteile, eile zur Kasse. Das andere hab ich liegen lassen, soll sie es halt zurückbringen.


Die Standuhr im Wintergarten spielte die Westminster-Melodie, es war zehn. Daniel nahm einen Schluck Tee und beugte sich stirnrunzelnd über den Zettel auf dem Frühstückstisch.
"Um 14.07 Uhr ist Niedrigwasser. Lass uns um halb zwölf loslaufen, hm?"
Jeden Morgen machte er eine Riesensauerei beim Frühstück. Brötchenkrümel hingen an seinem Sweatshirt, am Kinn, einfach überall. Er biss in sein Vierminutenei und das Gelb rann ihm in den Hemdsärmel. Louisa reichte ihm Servietten, die er mit zerstreutem Lächeln nahm und neben seinen Teller legte. Unbenutzt.
Ihr Blick wanderte zum Buffet am Fenster, in dessen Mitte ein von einem Teelicht befeuerter Leuchtturm stand. Daneben thronte auf blauem Porzellan die Spezialität des Hauses: Hamburger Butterkuchen, mit einer glänzenden Schicht obendrauf. Louisas Lieblingsjeans saß und wenn es nach ihr ginge, würde das am Ende der Reise genauso sein. Daniel machte sich auf den Weg, balancierte ein Stück auf den Teller und sah sie fragend an. Sie nickte. Was sollte sie tun? Und im nächsten Moment lag es vor ihr.
"Ich weiß nicht", murmelte sie.
"Pass auf, wir zwei genießen jetzt den Kuchen, infolgedessen gibt es schönes Wetter, wir gehen weit raus ins Watt und abends auf dem Deich bis runter zur Alten Liebe. Also, jede Menge Bewegung! Besser, als bei Regen im Hotelzimmer zu hocken, oder?"
Siehst du, ich hab Recht, schienen seine Augen zu sagen, das ist alles in sich logisch, was ich dir erzähle. Immer wenn er sie anlächelte, hatte er diese Grübchen auf den Wangen. Als Louisa die Kuchengabel zum Mund führte, hielt er ihre Hand fest und sah ihr in die Augen.
"Genießen! Du musst jeden Bissen auskosten, das ist wichtig. Versprochen?"
Sie nickte. Er begann, sie mit einer Serviette am Arm zu kitzeln, bis sie beide lachten, miteinander rangelten, Besteck zu Boden fiel. Zum Glück waren sie die Letzten im Frühstücksraum.
"Hör auf", japste sie und wischte sich mit dem Handrücken Tränen aus den Augen.
Daniel lehnte sich zurück. "Das wird so was von schön. Ich werd im Watt ein paar Fotos von dir machen."
"Und ich nehm den Eimer zum Muschelsammeln mit", sagte sie kauend.

Die Strandhotels bildeten eine Kette winziger Punkte am Horizont. Hoch über dem gerippelten Sandboden brach die Sonne durch den Dunstschleier. Von fern tönte ein Schiffshorn. Louisa strich ihre Haare aus dem Gesicht und wandte den Blick zur Rettungsbake, an deren Fuß der braune Algenfilm Blasen warf. Der Boden klebte bei jedem Schritt. Beim Näherkommen sah sie Herzmuscheln in Rosa und Beige schimmern. Sie legte ein paar besonders schöne Exemplare in ihren Eimer.

Daniel stand mit zerzaustem Haar am Priel und winkte. "Schau mal, Blaumuscheln!"
"Aber Herr Biologe, die heißen Miesmuscheln. Und außerdem sind die schwarz." Louisa stakste durch spaghettiförmige Sandhaufen zu ihm. "Müssen wir nicht langsam zurück?"
Er schüttelte den Kopf und begann, in seinem Büchlein zu blättern. "Hör mal, hier steht: Die essbaren Miesmuscheln oder Blaumuscheln, Mytilus edulis, bla bla bla, in der Gezeitenzone der nördlichen Hemisphäre. Guck mal hier das Foto, das sind sie doch! Warum würde man die sonst Blaumuscheln nennen, wenn sie nicht blau wären, hm?"
"Es ist wie immer: Von Gefahren willst du nichts hören." Sie beugte sich runter zu dem, was spitz aus dem Schlickboden ragte. "Das ist eindeutig schwarz."
"Und wenn du die Sonnenbrille abnimmst, welche Farbe haben sie dann?"
"Einigen wir uns auf blauschwarz", sagte Louisa.
Er klappte das Büchlein zu und steckte es in die Hosentasche. Dann zog er sie zu sich heran und küsste sie auf die Stirn. "Meine blauschwarze Miesmuschel", flüsterte er ihr ins Ohr.


Morgen ist Sperrmüll. Ich hole seine Flugsachen aus dem Abstellraum und lege alles an den Rand des Bürgersteigs. Das Gurtzeug, die blaue Schirmkappe. Von der Sonne geblendet stolpere ich beinahe über ein gottverdammtes Dreirad. No risk, no fun, hat er gesagt und ich habe dazu geschwiegen - Miesmuscheln sind leise Wesen.

Mittags mache ich mich auf den Weg zu ihm. Um niemandem zu begegnen, nehme ich den Pfad hinter den Gärten, vorbei am Bach und der Dogge vom Jacobsen, die kurz aufjault. Die Sonne brennt vom Himmel, während ich das quietschende Tor öffne und mich über den Asphaltweg schleppe, wo es nach Kiefernharz riecht. Die schwarzen Polyestersachen reiben meine Achseln wund, scheuern an den Oberschenkeln. Ich gehe zum Brunnen und mache die Kannen randvoll, meine Schuhe haben Kalkränder. Zu oft ist Wasser drübergeschwappt. Das Grün verschwimmt vor meinen Augen und der Schüttelfrost geht wieder los. Ich habe keine Taschentücher einstecken, wische Rotz an den Ärmel. Nachdem ich mit Gießen fertig bin, sinke ich auf die Knie.


Niemals zuvor waren Louisa und Daniel so weit draußen. Das Watt gurgelte und knisterte in der Sonne, ab und zu übertönt von den Schreien der Möwen, die hoch oben über ihnen segelten. Er nahm sein Fernglas, um die Schiffe am Horizont zu betrachten.
"Da ist die Cap San Raphael, ein Containerschiff aus Südamerika."
Louisa wusch Muschelschalen am Priel. "Die hat bestimmt Bananen geladen."
"Hm."
In Shorts und T-Shirt stand er da, mit Sommersprossen auf den Armen und rötlichem Haar, das sich bereits zu lichten begann, und war wie ein kleiner Junge begeistert vom Anblick der Ozeanriesen. Zwischendurch, wenn am Horizont nichts zu entdecken war, ging er in die Hocke und fotografierte. Eine Krabbe, ein Stück Treibholz, eine seltsame Muschel.
"Louisa?"
Als sie aufsah, betätigte er den Auslöser.
"Hey Mann!"
Er verbiss sich das Lachen.
"Sehr witzig", sagte sie. "Jedes Foto kostet einen Kuss."
"Eine hervorragende Idee!" Daniel steckte seine Kamera in den Rucksack, lief zu ihr und zog eine Schnute. Als sie sich aufrichtete und einen Schritt zur Seite trat, schoss der Schmerz in ihr hoch. War sie in etwas Scharfkantiges getreten? Sie hielt sich an seiner Schulter fest, um nachzusehen. Blut tropfte aus einer vom Schlick verfärbten Linie quer über ihre Fußsohle.
"Das desinfizieren wir jetzt einfach mal", sagte Daniel und öffnete den Rucksack.
Louisa schloss die Augen und machte sie erst wieder auf, als das Spray ihren Fuß kühlte. Es zog über die Rückseite des Beines bis hoch zum Rücken und sie fürchtete den Marsch zurück.
Er sah auf die Uhr. "Wir sollten los. Stütz dich auf mich, hm?"
Sie nickte mit zusammengebissenen Zähnen. Er verpackte den Muscheleimer in eine Plastiktüte und quetschte ihn in seinen Rucksack, neben seine geliebte Kamera - so musste sie nichts tragen. Gemeinsam setzten sie sich in Bewegung und durchwateten den knietiefen Priel, in dem sich ein paar mit Seepocken bewachsene Taschenkrebse im eiskalten Wasser tummelten. Louisa freute sich über das anschließende Stück Sandwatt, auf dem sie vorankamen. Wie mühsam war das auf dem Schlick, bei jedem Tritt versank man bis zum Knöchel und es gab ein Schmatzgeräusch, wenn man den Fuß herauszog. Sie blieb stehen und lehnte ihren Kopf an Daniels Schulter.
Er streichelte ihre Hand. "Soll ich dich huckepack nehmen?"
Louisa schüttelte den Kopf.
Gleichwohl sie noch zwei Priele vor sich hatten und es Zeit war, zum Strand zurückzugehen. Im Vergleich zu Daniel war sie schlecht in Form. Warum war sie so weit mit ihm rausgelaufen?
Weil sie einen Narren an ihm gefressen hatte.

Als sie sich auf ihn stützte und einen humpelnden Schritt nach vorne machte, runzelte er die Stirn; sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Schätzte sie die Situation falsch ein und die Rückkehr aus dem Watt war in Gefahr?
"Louisa", sagte er leise. "Ich wollte dich etwas fragen."
Ihre Schläfen pochten. Sie standen auf dem Boden des Meeres, in einigen Stunden käme die Flut, wie viele Meter läge das hier dann unter der Wasseroberfläche?
"Eigentlich wollte ich dir das erst beim Abendessen sagen." Daniel blieb stehen und fixierte sie aus seinen blauen Augen. "Lass uns heiraten."
Louisa vergrub den Kopf an seiner Brust.
"Heißt das ja?"
"Ja."
"An Land hab ich einen Ring für dich."
"Ich will an Land", sagte sie schnell.

Louisa spürte kaum mehr die Wunde und sie marschierten zügig. Daniel summte vor sich hin. Die Sonne verschwand hinter Wolken, während sie gemeinsam den letzten Priel durchwateten. Das eisige Wasser konnte ihr nichts mehr anhaben. Lass uns heiraten - drei Worte nur. Ein Knirps in grüner Badehose zog die Piratenfahne aus einer Sandburg. In der Ferne johlte ein Wanderer, dessen neongelbes Flugobjekt aberwitzige Tänze am Himmel vollführte. Der Wind peitschte und verhöhnte den Lenkdrachen, ließ ihn mit der Nase voran auf den Wattboden krachen. Und noch einmal. Bis er liegen blieb. Beim Gedanken, der Gleiter wäre groß, ein Mensch hinge dran und zerbräche, verkrampfte sich Louisas Herz. Sie suchte Daniels Hand und umschloss sie.

Am letzten Muschelfeld, wenige Meter vorm Strand, hielt er an und blätterte in seinem Büchlein. Wie er es liebte, zu dozieren.
"Die Miesmuscheln sind gar nicht mies. Sie heißen so wegen des Mooses, das an ihren Fäden klebt."
"Und außerdem sind die blauschwarz ..."
Schweigend standen sie da und blickten zum Horizont.
"Hm." Daniel klappte das Büchlein zu und schürzte die Lippen. "Sag mal, blau-schwarz-farbenblind - würde sich das über die mütterliche Linie vererben?"


Miesmuscheln, Mytilidae, Unterklasse Pteriomorpha; Muscheln mit zugespitztem Vorderende, meist unter 10 cm lang, braun, blau oder schwarz, oft radial gestreift. Fuß und Byssus; getrenntgeschlechtlich mit äußerer Befruchtung. Etwa 30 Gattungen mit 250 Arten.
Die essbaren Miesmuscheln oder Blaumuscheln (Mytilus edulis), 8–16 cm lang, in der Gezeitenzone der nördlichen Hemisphäre an allen Hartsubstraten, werden kultiviert; biologisch wichtig, da sie große Mengen Wasser filtrieren und Sinkstoffe binden.

So steht es in deinem Büchlein. Darunter hast du handschriftlich vermerkt:

Louisa, blauschwarze Miesmuschel und Genießerin. Einmalige Symbiose.

Beim Frühstück im Wintergarten studiere ich den Gezeitenkalender. Tag und Nacht trage ich deinen Ring. Ich halte mich gerade, meine neue Seidenbluse - endlich wieder in vierzig - ist blauschwarz marmoriert. Die Westminster-Uhr schlägt zehn, während ich zum Abschluss der Mahlzeit ein kleines Stück Butterkuchen auf meinen Teller bugsiere. Ich steche mit der Gabel hinein, schließe die Augen und lasse den ersten Bissen auf meiner Zunge zergehen: weichen Hefeteig, fettige Mandeln, krachenden Zucker. Das will ich auskosten und dafür lasse ich mir Zeit.

Ich bin die Letzte im Frühstücksraum. Frau Christiansen beginnt, die Tische abzuräumen, und sieht wieder zu mir rüber. Vielleicht werde ich ihr am Abreisetag von deinem letzten Flug erzählen. Hier an der See habe ich begonnen, zu schreiben. Darüber, wie ich die schwarze Miesmuschel war. Wie ich nun jeden Tag für dich versuche, die blauschwarze Miesmuschel zu sein, die beste Louisa, die ich ohne Daniel werden kann.

Deine Flugsachen habe ich damals zurück ins Haus geholt, als das Müllauto um die Ecke bog. Nein, du hast Recht, das ist gelogen. Ich hab zugesehen, wie sie zusammen mit dem Dreirad der Lehmanns unter Quietschen und Stöhnen verschluckt wurden. Ein Metallhaken klemmte und es dauerte einige Minuten, bis alles weg war - das war so großartig. Seit einigen Tagen nahm ich keine Pillen mehr, zum ersten Mal kamen Tränen. Da begriff ich, dass ich ganz unten war. Dass es ab jetzt bergauf ginge, dass ich mich am Weinen abarbeiten und befreien könnte.

Ich nehme einen Schluck Tee. Während ich an unsere einmalige Symbiose zurückdenke, pruste ich, verschlucke mich am letzten Bissen und wische mir Tränen aus den Augenwinkeln. Ziehende Teebeutel, TÜV-Termine und Rasieren, das alles hast du regelmäßig vergessen, du Schuft. Ich versuche mir vorzustellen, wie du mir jetzt gegenübersitzen würdest: Vielleicht würdest du mit funkelnden Augen und ersten grauen Strähnen von deiner neuen Kamera erzählen.

Am Strand kremple ich die Jeans hoch. Obwohl September ist, werde ich barfuß ins Watt gehen. Weit hinaus, so wie damals mit dir. Ich sehe den neonfarbenen Rauten hinterher, die am Himmel arglos tanzen. Mit den Turnschuhen im Rucksack und dem Muscheleimer in der Hand laufe ich los.

 

Hallo Fliege,

Das ist eine ganz feine, leise Geschichte über eine große Liebe, über einen tragischen Unfall, über das "Überleben" danach

Bei dieser Geschichte begleiten mich von Anfang an Selbstzweifel (zu seicht, zu wenig innovativ) und so hab ich mich über deinen wohlwollenden Kommentar sehr gefreut. :)

Das ist sooo traurig! Gerade weil Du drüber schreibst, als wüsste der Leser, also dich am Rande des Geschehens entlang hangelst, weil man es zwischen den Zeilen herausliest, ach je. Ich wäre fast mit Louisa auf die Knie gesunken

Mit Louisa auf die Knie sinken - genau so soll es sein. Jaaa, also gut, ich geb es zu, ich wollte mal ein bisschen an den Knöppchen rumspielen, wo man da so draufdrücken muss, damit es ganz doll traurig wird ... Freut mich, wenn das bei dir funktioniert hat.

Dass es ab jetzt bergauf ginge, dass ich mich am Weinen abarbeiten und befreien könnte.
Wenn es so was wie einen Lieblingssatz in einer Geschichte gibt, dann ist das hier meiner. Ich kann das nicht begründen, aber der ging mir nah, ich fand das so richtig und wichtig und gut getroffen. Am weinen abarbeiten - Trauerarbeit - Ja, Trauer ist Arbeit.

Für diese Bemerkung bin ich dir echt dankbar! Der Satz war nämlich bis eben ein Streichkandidat. Ich war mir nicht sicher, ob der nicht zu erklärend sei.

Louisa hat in diesem Augenblick die Erkenntnis, ganz unten angekommen zu sein. Das klingt eigentlich furchtbar. Aber das Gute daran ist: Ab dem Punkt kann es nur noch aufwärts gehen und besser werden.

Außerdem ist sie darüber erleichtert, endlich weinen zu können. Klingt banal, aber wer schon mal in einer existentiellen Krise zugedröhnt war und nicht weinen konnte, weiß, wie schrecklich sich das anfühlt.

Ich war mir nicht sicher, wie sehr Louisa das alles bewusst wird. Ach was, ich denk mal schon, dass Menschen, die schwere Krisen durchlaufen, sich selbst beobachten und automatisch angewandte Psychologie lernen. Ja, ich glaube, Louisa könnte das mit der Trauerarbeit selbst merken und damit hätte der Satz seine Daseinsberechtigung.

Danke dir für deinen Kommentar und liebe Grüße,
Anne

oOo​

Hallo Bas,

mein Fall ist es nicht, dieses "wegen mir". Ein "von mir aus" gefiele mir besser, Geschmackssache.

Nee, Rhythmussache. Für mich sind das Synonyme. Beides sind Dreisilber, aber die Betonungen liegen unterschiedlich. Ich hab eine Weile hin- und herüberlegt und schließlich nach dem Rhythmus im Gesamtkontext entschieden.

Quatschen die einen tatsächlich unaufgefordert an, während man in der Umkleide steht? Wollen die nicht erst wissen, ob sie helfen können? Zum Glück stricke ich meine Klamotten ausschließlich selbst. Auch die Hosen.

Tja, wenn du nicht so ein Handarbeitsgenie wärst (züchtest du auch Schafe?), wüsstest du, dass Verkäufer ihre Kunden nur sehrrrr selten durch den Vorhang der Umkleide volllabern. Ja, hast schon Recht. Aber was es in Kurzgeschichten nicht alles gibt ... :Pfeif:

Bei dieser Szene und dem, was noch folgt, drängte sich mir das Gefühl auf, dass ich mich in einem Sanatorium befinde. Vielleicht sogar in einer Entzugsklinik.

Gefällt mir! Danke, dass du mich an deinem Leseeindruck/Kopfkino hast teilhaben lassen. Dass Louisa am Anfang so drogenmäßig rüberkommt, war von mir beabsichtigt. Ich glaub, es ist auch kein Zufall, dass im Karstadt Amy Winehouse läuft, natürlich ‚Back to black‘. Da ist die Entzugsklinik die logische Konsequenz, aber so weit hab ich nicht gedacht.

Hm, ich würde das "infolgedessen" in der wörtlichen Rede vielleicht überdenken

Den Fünfmaster ‚infolgedessen‘ hab ich schon beim Schreiben intensivst überdacht, das kannst du glauben. Ich brauch das Wort ganz oberdringend. Es klingt schrullig, oder? Vermutlich hat es dazu beigetragen, dass barnhelm und wieselmaus Daniel für einen Professor gehalten haben. Keines der Synonyme wollte mir an der Stelle gefallen, so was aber auch.

stoße ich mich ein bisschen am "gerippelten" Sandboden - ist der in Wahrheit vielleicht geriffelt oder gerippt?

Hm, da hat Anne James Bond Neunundvierzig recherchiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass der Wattboden tatsächlich so genannt wird. Na ja, deine Alternativen gingen sicher auch.

Und spielt mir meine Fantasie einen Streich? Kann es sein ... Lavada? Nein, unmöglich ...

Meine Geschichte ist null von deiner ‚Lavada‘ inspiriert. Wenn es anders wäre, würd ich es dir sagen. Ich freu mich schon darauf, das Karussell-Heft in Händen zu halten und sie noch mal zu lesen. Das Licht, diese unwirkliche, fast gespenstisch anmutende Atmosphäre ...

Bei meiner Miesmuschel hingegen hab ich ganz viele Bilder vom Cuxhavener Watt vor mir. Das geht bis in meine früheste Kindheit zurück. Zudem hab ich irgendwann beim Schreiben die Geschichte ‚Witwer‘ (von ernst offshore) gelesen. Die hat mir gut gefallen und spukt seitdem in meinem Kopf rum.

Du schlägst hier leisere Töne an als in deinen bisherigen Geschichten und das steht dir gut, finde ich.

Na ja, der Clown in mir schmollte ein bisschen, weil er zu wenig zu tun hatte. Niemand hat bisher Daniels letzten Satz kommentiert: "Sag mal, blau-schwarz-farbenblind - würde sich das über die mütterliche Linie vererben?" Der Satz ist doch totaler Schwachsinn, oder?

Trotzdem hoffe ich nächstes Mal fast auf ... blutrünstige Harpyien, die vom Himmel stürzen und die Protagonistin zerfleischen wollen. Ich will strahlende Rot- und Grüntöne und ein Schwarz von einer solchen Schwärze, dass es einen beinahe einsaugt.

Schluck. Also, äh ... was verlangst du von mir? Eine Horrorgeschichte? :eek:

Dankeschön für deinen Besuch und liebe Grüße in die Stadt N.!
Anne

 

So, zurück zum bösen Omen pur!

"Hast du das gesehen?", fragte sie leise.
"Billigdrachen aus China. So was taugt nicht bei einer steifen Brise."
"Du weißt, was ich meine."
Daniel löste seine Hand aus ihrer Umklammerung. "Das ist alles eine Frage von Ausrüstung, Training und Erfahrung. Glaub mir."
"Aber die Statistiken sagen ..."
Er schnaubte.
"Könntest du nicht mir zuliebe ...?"
"Herrgott!" Er blieb abrupt stehen. "Wie hat dir die Wattwanderung heute gefallen?"
"War wunderschön", murmelte Louisa. "Ein echtes Erlebnis."
"Ganz genau. Köstlicher als Kuchen. Und wenn wir, so wie du das wolltest, am ersten Priel umgekehrt wären, hm? Ich sag es dir: Wir hätten das Beste, das Leckerste verpasst!" Auf seiner Stirn zeichnete sich eine Ader ab. "Wann sind wir denn jemals frei? Wenn wir in der Natur an unsere Grenzen gehen. Ich will das Leben spüren!" Die letzten Worte spuckte er förmlich aus.
Louisa kannte Daniels Vorstellung von Freiheit, diese Diskussion führten sie nicht zum ersten Mal. Als er seine Schritte beschleunigte und sich resolut entfernte, durchfuhr ein Blitz ihre Fußsohle, als sei sie in eine Feuerqualle getreten. Was hatte sie angerichtet? Louisas Herz pochte. Das Leben, Daniel, der Ring - alles schien ihr zu entgleiten. Sie lief ihm, so schnell sie konnte, hinterher.

Diesen Teil habe ich jetzt versuchsweise wieder rausgenommen. Irgendwie ist mir das doch zu banal, sie vorher genau darüber diskutieren zu lassen, was dann eintritt. Und Zurückrudern ist ja gerade en vogue ... ;)

Mal sehen, wie lang es hält ...
Anne

 

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