Was ist neu

Der Mann ohne Gehirn

Mitglied
Beitritt
28.10.2017
Beiträge
163
Zuletzt bearbeitet:

Der Mann ohne Gehirn

Unter der linken Achsel des Mannes mit dem hängenden Kopf klemmte ein offenes Glas Bockwurst und mit jedem Schritt plätscherte ein wenig Wurstwasser auf die frisch gebohnerten Kaufhausfliesen. Er schob den Einkaufswagen mit schlurfenden Schritten an Petras Käsetheke vorbei. Sein Hemd hing in Zipfeln aus der Hose, die Haare waren fettig, der Hinterkopf kahl. Kurz hinter der Käsetheke hielt er an, griff in das Glas, angelte eine Bockwurst heraus, steckte sich die Spitze in den Mund und kaute genüsslich. Er schluckte und hielt das angebissene Würstchen nach vorne, zum Kindersitz. Der kleine Knirps mit dem grünweiß karierten Baseballkäppchen biss nach kurzem Zögern davon ab.
Petra sah während ihrer täglichen acht Stunden Käsetheke zwischen zwei und drei solcher Kandidaten vorbeigehen. Meistens vormittags, dann, wenn vernünftige Menschen arbeiteten, und meistens mit Kind im Einkaufswagen. Solche Kandidaten, das hieß Kunden, die ihre Einkäufe bereits im Laden öffneten, aßen und tranken.
Selbstverständlich hatte Petra nicht vor, sie daran zu hindern. Die Dinge, wie sie waren, waren gut so, wie sie waren. Klare Fronten. Zuständigkeiten und Nichtzuständigkeiten. Da war einmal die Käsetheke und auf der anderen Seite der Supermarkt. Und Petra arbeitete nicht für den Supermarkt. Petra arbeitete für Job&Sicher. Ein Tochterunternehmen der Käserei Jakobs mit Sitz in Luxemburg. Und ihre Aufgabe war es, Käse der Käserei Jakobs zu verkaufen, nicht, Kunden auf Punkt 7a der Hausordnung oder Paragraph 242 des Strafgesetzbuches hinzuweisen.
Jutta aus der Schuh-Abteilung, mit der Petra mittags manchmal Kaffee trank, konnte ein Lied von leeren Coladosen, zusammengeknüllten Chipspackungen und aufgerissenen Süßwarentütchen singen, die sie versteckt zwischen Socken, Badelatschen oder in Sneakern vorfand, Artikel, die von ihren »Käufern« ganz oder teilweise verzehrt worden waren und die es nicht mehr bis zur Kasse geschafft hatten. Dieser Mann mit dem Bockwurstglas war ein Paradebeispiel, ein Lexikoneintrag eines solchen Kunden.
»Keine Bewegung!«
Nanu. Petra sah interessiert auf. Eine Frau, hinten bei den Tiefkühltruhen. Sie stützte die Hände auf die Knie, als hätte sie gerade einen Dauerlauf hinter sich.
Petra veränderte ihre Haltung und verlagerte das Körpergewicht auf den linken Fuß. So war es besser.
»Halt, verdammt«, rief die Frau und rannte los. Sie rannte wirklich schnell. Es dauerte nur wenige Sekunden, da war sie auch schon an Petras Käsetheke vorbeigewetzt und packte, noch halb im Lauf, den Mann mit dem Wurstglas und riss ihn herum. Das Glas knallte auf den Boden und zerschellte. Uringelbes Wurstwasser ergoss sich über die weißen Fliesen, drei verbliebene Bockwürstchen hüpften über den Boden.
»Du Scheißkerl«, schrie die Frau.
Geil, dachte Petra. Endlich ein wenig Action. Die letzte zünftige Schlägerei vor der Käsetheke war schon eine Weile her.
»Lass meinen Sohn in Ruhe!«
Die Frau schlug mit der flachen Hand nach dem Gesicht des Mannes. Er wich aus, machte einen Ausfallschritt zur Seite und brachte damit etwas Abstand zwischen sich und die Angreiferin.
»Geh von dem Einkaufswagen weg.«
Der Mann bewegte sich nicht. Er gaffte die Frau an, öffnete langsam den Mund und biss von seinem Würstchen ab.
»Jetzt hau schon ab da!« Die Frau breitete die Arme aus wie ein angriffslustiger Sumoringer.
Als der Mann sich immer noch nicht regte, sah sie sich gleichsam grimmig und hilfesuchend um. Ihr Blick fiel auf Petra und ein ungläubiger Ausdruck legte sich über ihre Miene, ehe sie mit einem Mal wieder wütend wurde.
»Nun helfen sie mir doch, verdammt.«
Petra rührte sich nicht. Sie hatte nicht vor, sich in diesen Streit hineinziehen zu lassen. Sie wandte sich von der Szene ab, zog ihr Handy und wählte die Durchwahl der Geschäftsführung.
»Frisch- und Kompetenzmarkt GmbH«, meldete sich Hans-Peter, der stellvertretende Marktleiter.
»Hier die Käsetheke. Ich habe eine Familienstreitigkeit vor Ort. Glas ist zu Bruch gegangen.«
»Ach scheiße«, sagte Hans-Peter nasal, »gut, ich schick' jemanden.«
Er legte auf. Petra wandte sich wieder den beiden zu.
»Es kommt je-«
Sie brach mitten im Satz ab.
Der Mann hatte den Jungen im Genick gepackt und hielt ihn mit zappelnden Beinchen über der Pfütze mit den Glasscherben.
»Bitte geben Sie ihn her, ja«, sagte die Frau, »der Junge hat Ihnen doch nichts getan, oder?«
Der Mann schien sie nicht zu hören. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Wurstwasserpfütze zu seinen Füßen.
»Geben Sie mir doch bitte meinen Sohn«, sagte die Frau verzweifelt, »bitte ... ja?«
Er löste sich aus seiner Erstarrung, bückte sich langsam herunter und fischte ein Bockwürstchen vom Boden. Er richtete sich wieder zu voller Größe auf, in der einen Hand der Junge, in der anderen das Würstchen, und stand einen Moment so da, als wüsste er nicht, was er als Nächstes tun sollte. Schließlich führte er die Hand mit der Bockwurst zum Mund.
Schnelle Schritte näherten sich.
Eine Frau – mittleres Alter, langes, wallendes Haar – kam aus der Regalreihe Haushaltswaren und Backwaren.
Sie blieb in der Flucht stehen. Ihr Blick glitt über das Durcheinander. Im ersten Moment schien sie geschockt, ja überfordert. Dann kam sie langsam herbei. Die letzten Schritte machte sie ganz vorsichtig, offenbar bedacht, keine lauten Geräusche mit ihren Absatzschuhen zu machen. Sie blieb hinter dem Mann stehen, zögernd, dann legte sie ihre Hand auf seine Schulter.
»Liebling«, sagte sie ruhig und als wäre es das Normalste der Welt, »wir müssen langsam los. Du verpasst noch deinen Arzttermin.«
»Arzt ... termin?«, fragte der Mann in monotoner Stimmlage. Er ließ den Jungen sinken, sodass dessen Fußspitzen den Boden berührten.
»Ist ... der heute?«
»Ja, Liebling«, sagte sie und deutete auf das Kind in seinen Händen, »was hast du denn mit dem Jungen vor?«
Der Mann betrachtete ihn und zuckte mit den Schultern.
»Weiß nich'«, sagte er.
»Dann lass ihn doch bitte los, ja?«
»Mhm«, machte er, »vielleicht eine gute Idee.«
Er setzte ihn vorsichtig auf den Boden neben der Pfütze und machte sich dann, einfach so, und ohne dass er dazu aufgefordert worden wäre, davon. Er steuerte auf die Regalreihe zu, aus der die Frau mit den langen Haaren gekommen war.
Diese sah ihm einen Moment lang nach, dann wandte sie sich der Mutter des Kindes zu, öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen – ihrem Gesichtsausdruck nach etwas wichtiges – aber, als fände sie nicht die richtigen Worte, nickte sie nur, drehte sich auf dem Absatz um und lief dem Mann hinterher.
Petra atmete aus und verlagerte das Gewicht wieder zurück auf den rechten Fuß. Ihr Puls jagte hoch bis zum Hals und sie konnte das Blut in ihren Ohren rauschen hören. Sowas Spannendes hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. Sie sah auf ihre Armbanduhr. Fast Mittag.

Einige Jahre nach diesem Vorfall las Petra während der Mittagspause einen Artikel in der Zeitung über einen Mann ohne Gehirn. Der Artikel war reißerisch und Petra hatte ihn schließlich zur Seite gelegt und den Kopf geschüttelt. Denn einen Mann ohne Gehirn, den konnte es ja schließlich gar nicht geben.

Sieben Monate später

In der Mitte des Raumes lag ein Mann in einem Krankenhausbett, angeschlossen an Schläuche und Kabel. Eine künstliche Lunge blähte sich abwechselnd auf und fiel wieder in sich zusammen.
Lana saß im Halbdunkel am Rande des Raumes, direkt neben der Tür, und dachte nach. Über sich, ihn, die gemeinsame Zeit, die sie miteinander hatten, in guten wie in schlechten ...
Ein Klopfen.
Die Tür öffnete sich und ein Mann in weißem Kittel ging durch ihr Sichtfeld, nahm auf dem Stuhl neben ihr Platz.
Nachdem sie einige Sekunden lang still so dagesessen und die reglose Gestalt im Bett betrachtet hatten, brach der Arzt das Schweigen.
»Haben Sie eine Entscheidung getroffen?«
Lana schwieg. Als sie ein kleines Mädchen war, hatten sich unangenehme Dinge oftmals von alleine erledigt, wenn sie sie nur lange genug ignoriert hatte.
»Ich sehe, worauf das hinausläuft«, sagte der Arzt, »und das ist Ihr gutes Recht, aber ich bitte Sie trotzdem, sich die Sache noch einmal gut durch den Kopf gehen zu lassen. Ich weiß, es ist schwer, aber ...«
»Er bleibt.«
Der Arzt seufzte und legte die Stirn in Falten.
»Ihr Mann war wirklich tapfer. Er hat so viele Monate gegen die Wucherung gekämpft, aber am Ende hat er verloren. Sie müssen akzeptieren, dass er nie wieder aufwachen wird. Rein unter medizinischen Standpunkten gesehen, ist Ihr Mann tot. Mit Ihrem Einverständnis veranlasse ich alles, damit er in Ruhe und vor allem in Würde ...«
»Gehen Sie.«
»Wie bitte?«
»Ich möchte mit meinem Mann allein sein.«
Der Arzt erhob sich und besah sie nachdenklich, dann nickte er und verließ mit leisen Schritten den Raum. Als er die Tür hinter sich schloss, hatte die Stille etwas Tröstliches. Lana fand fast augenblicklich in den Gedanken zurück, den der Arzt, diese Person, die in allem nur das Schlechte sah, so unwirsch unterbrochen hatte. Die Menschen hatten vergessen, dass auf Tiefen irgendwann auch wieder Höhen folgten. Das war ganz unweigerlich so.

Der Mann dort in dem Bett, Lanas Mann, würde aufwachen. Egal was der Doktor sagte, ja, egal was alle Doktoren sagten, meinten oder davon hielten. Es würde womöglich dauern, aber am Ende, ganz am Ende, würde er aufwachen und alles wieder so sein, wie immer.

Einunddreißig Monate später.

»Nein, nein ... Scheiße«, schimpfte er und knüllte die Karte wütend in den Händen zusammen.
Lana steuerte den Wagen zum dritten Mal an der Autobahnauffahrt vorbei. Sie wartete einen Moment, bis er sich äußerlich beruhigt hatte. Dann stellte sie ihre Frage erneut.
»Also nicht auf die Autobahn?«
Er sah sie verärgert an.
»W-was weiß ich denn, verdammt«, sagte er und pfefferte die Karte in den Fußraum.
»Es ist d-deine scheiß Karte.«
Lana schwieg. Wenn er wütend war, war es besser, wenn sie ihn einfach reden ließ. Einen Moment saß er so da. Etwa zehn, vielleicht auch zwanzig Sekunden vergingen. Dann sagte er:
»Die Karte, die du gekauft hast, ist scheiße.«
»Du hast die Karte gekauft«, antwortete sie knapp und hätte sich im selben Moment dafür ohrfeigen können. Sie musterte einen Punkt irgendwo am Ende der Fahrbahn und bemühte sich um einen gedankenversunkenen Gesichtsausdruck. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie sein Kopf sich langsam zu ihr drehte. Ihr Puls beschleunigte sich.
»W-wie war das?«, fragte er leise.
»Ach nichts.«
»D-die Karte«, sagte er, »du hast von der Karte gesprochen.«
»Ist nicht so wichtig.«
Einen Moment war er still und betrachtete sie stumm. Während er sie beobachtete, kam es ihr so vor, als würde er körperlich wachsen. Dann sah er ruckartig zur Fahrbahn.
»Fotze.«
Lana erschrak.
»Was?«
Sie hielt den Wagen an einer roten Ampel und wandte sich ihm zu.
»Was hast du eben gesagt?«
Er schwieg. Lana versuchte, ihre Gefühle zu ordnen. Allen voran die Wut, die sich Gehör verschaffen wollte. Aber sie schaffte es, sie zurückzudrängen.
»Ich weiß ...«, ihre Stimme versagte. Sie räusperte sich.
»Ich weiß, dass du in den letzten Monaten viel durchgemacht hast, aber denkst du, ich hatte es leicht?«
Er schwieg. Lana deutete das als Zeichen, dass er zuhörte.
»Wie auch immer«, sagte sie, »was ich auf keinen Fall dulde, ist ...«
»F-fahr«, sagte er.
»Was?«
Ein Auto hupte.
»Fahr doch, verdammt.«
Lana drückte aufs Gas und reihte sich wieder in den fließenden Verkehr ein.
Sie fuhren ein paar Sekunden so. Dann sagte – vielmehr nuschelte – er leise:
»D-deine Karte, deine Schuld. Beschwer dich also nicht bei mir.«

Fünfzehn Monate früher.

»Aus diesem Grund wird der Angeklagte in allen Anklagepunkten freigesprochen.«
Als der Richter diese Worte ausgesprochen hatte, stemmte der alte Mann sich mit dem Krückstock in die Höhe.
»Freigesprochen?«, fragte er mit ungläubiger Stimme.
»Wie kann jemand für ... so etwas ... freigesprochen werden?«
»Beruhigen Sie sich.«
Der Mann in der schwarzen Anwaltsrobe, der eben noch neben dem Alten saß, hatte sich erhoben und tätschelte seinem Mandanten die Schulter.
Aber der Alte ließ sich nicht beirren, seine Stimme klang schrill, er schrie fast, als er weitersprach.
»Wie ist es möglich, dass so jemand-«
»Ich bin noch nicht fertig«, der Richter erhob das Wort und der Anwalt nutzte die Chance, um seinen Mandanten mit sanfter Gewalt zurück in den Stuhl zu drücken.
»Aufgrund der besonderen Schwere der Tat, hätte das Gericht normalerweise dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben und zwei Jahre Freiheitsstrafe verhangen. Die Höchststrafe für diese Art von Sachbeschädigung.«
Der Alte fuhr in die Höhe und reckte seinen Stock gen Richter.«
»Sachbeschädigung? Der Boppie war mein bester Freund.«
»Hören Sie ...«, sagte der Anwalt versöhnlich.
»Lass mich«, der Alte schlug die Hand seines Anwalts weg, »der Boppie war alt und müde, eine liebe Seele ... Abends hat er gezittert, obwohl ich die Heizung aufgedreht habe.«
»Ich verstehe Ihre Situation«, sagte der Richter, »aber das Urteil ist gefällt. Aufgrund des Gutachtens des Doktors kann Schuldunfähigkeit ausgeschlossen werden. Außerdem wird der Angeklagte sich erneut in Therapie begeben«
»Therapie?«, schrie der Alte, »der Boppie hat doch nicht mal in seine Richtung geschaut. Der Kerl kam einfach daher, von der Seite, und trat ihm in den Rücken, immer wieder und wieder, bis der Boppie sich nicht mehr bewegt hat. Und auch dann noch.«
Er reckte seinen Gehstock in die Richtung des Angeklagten.
»Du Teufel«, schrie er, »du bist ein Teufel, ein verdammter.«
Der Angeklagte, der die gesamte Verhandlung über reglos einen Fleck an der ihm gegenüberliegenden Wand betrachtet und sich nicht mal geäußert hatte, als er vom Richter dazu aufgefordert wurde, drehte seinen Kopf nun zu dem Alten.
Er verzog dabei keine Miene. Sah den Alten an, als wäre er ein Gegenstand.
Der Alte verstummte, schien verunsichert, und sah wieder zum Richter.
»Der Boppie war doch das einzige, was mir noch geblieben ist auf dieser Welt.«
Man sah dem Richter an, dass es ihm schwerfiel, nicht ein wenig aus seiner autoritären Rolle herauszufallen.
Er räusperte sich.
»Es gibt eine Anlaufstelle für auf diese Weise Geschädigte. Ihr Anwalt wird sie dazu beraten.«
Er klappte das Mäppchen vor sich zu.
»Die Verhandlung ist geschlossen.«

Gegenwart

Die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel auf den von Tannen umrandeten Parkplatz hinab. Lana und ihr Mann waren die Letzten in der Schlange vor dem Eingang der Tropfsteinhöhle. Ihr Blick wanderte über seinen kahlen Hinterkopf, wo sie ein ausgefranstes Muttermal entdeckte, an das sich ein schweißnasses Haar schmiegte. Sie konnte sich nicht erinnern, dieses Muttermal je bemerkt zu haben.
Die Stelle sah nicht gut aus, er sollte zum Arzt gehen. Einen Moment lang überlegte sie, ihn darauf anzusprechen. Aber sie ließ es. So wie er sich während der Autofahrt verhalten hatte, war nicht abzusehen, wie er auf eine solche Bemerkung reagieren würde. Sie hatte das dumme Gefühl, dass dieser Ausflug eine verdammt schlechte Idee gewesen war. Er war wie ausgewechselt, seitdem er das Haus verlassen hatte. Sie konnte nur hoffen, dass das alles nur eine unangenehme, kurze – und vor allem einmalige – Episode war. Ein Ausrutscher. Mehr nicht. Heute Abend würde sie ins Bett steigen und die Erinnerung daran nicht mit über die Schwelle des neuen Tages tragen.
Während sie so vor sich hingrübelte, landete ein dickliches Insekt auf dem Nacken ihres Mannes. Es saß einen Moment so da und wackelte mit dem schwarz glänzenden Hinterleib, dann drehte es sich behäbig auf der Stelle, erstarrte mitten in der Bewegung und kroch dann zielgerichtet auf das ausgefranste Muttermal zu. Lana erschauderte vor Ekel. Und als sie den fetten Käfer beim Kriechen beobachtete, fühlte sie sich schuldig, weil sie einfach nur glotzte. Sie wollte gerade etwas sagen, da schlug ihr Mann sich unvermittelt an den Hinterkopf. Er besah seine Handfläche, murmelte etwas Unverständliches und wischte die Hand an der Hose ab. Ein ockergelber, schmieriger Streifen blieb auf dem Stoff zurück. Er drehte sich um und sah Lana ausdruckslos an. Sein Mund verzog sich zu einem dünnen Lächeln. Sie konnte sehen, dass er sich dazu zwingen musste.
»Ist was?«, fragte er hohl.
»Nein«, antwortete Lana, »Mistviecher, was?«
»Mhm«, machte er und sein Blick richtete sich auf ihre Umhängetasche.
»Flasche.«
Lana blinzelte, dann öffnete sie den Reißverschluss der Umhängetasche und reichte ihm die Flasche mit dem Mineralwasser. Er griff danach, öffnete den Verschluss und stürzte die Hälfte des Inhalts hastig hinunter. Dicke Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn.
»So langsam bekomme ich Hunger«, sagte sie.
Er verschloss die Flasche mit dem Deckel und reichte sie ihr zurück. Er musterte sie, leckte sich flüchtig über die Lippen.
»Hm?«, fragte er.
»Hunger«, sagte Lana und deutete auf den Eingang der Tropfsteinhöhle, »ob es da drin wohl die Möglichkeit gibt, eine Kleinigkeit zu essen?«
Er sah einen Moment so aus, als würde es ihm Schmerzen bereiten, darüber nachzudenken, dann lächelte er humorlos und wandte sich stumm um.

Sie rückten weiter, als die Familie vor ihnen das Drehtürchen zum Inneren der Tropfsteinhöhle passierte. Der Kassierer, ein junger Kerl mit weißem Polohemd und langen, schwarzen Haaren, begrüßte sie freundlich.
Lana öffnete den Reißverschluss ihrer Tasche und zog die Geldbörse hervor.
»Zwei Erwachsene«, sagte sie und reichte ihm einen Zwanziger.
Er nahm den Schein entgegen und als er das Wechselgeld herausgab, lächelte er.
»Viel Spaß.«
Lanas Mann sah den Kassierer verständnislos an.
»Viel Spaß w-wobei?«
Der Kassierer grinste, hielt es offenbar für einen Spaß.
»Na, in unserem Freibad «, er zwinkerte Lana zu, dann ihrem Mann.
»B-bist ein Spaßvogel, was?«
Das Lächeln des Mannes bekam einen leichten Knacks.
»D-denkst, du kannst mich und meine Frau blöd von der Seite anmachen und damit auch noch ungestraft davonkommen. Was?«
Das Lächeln des Kassierers verschwand.
»Einen schönen Tag noch«, sagte er kühl.
»Hältst dich wohl für g-ganz schlau, was?«
Der Kassierer wandte sich an Lana.
»Auch Ihnen einen schönen Tag.«
Lana hörte ein Klicken. Sie sah zu ihrem Mann und machte unwillkürlich einen Schritt zur Seite. Er hielt eine Waffe, einen Revolver oder etwas in der Art, und richtete sie auf den Kopf des Kassierers.
»L-lass meine Frau aus dem Spiel.«
Der Kassierer hob die Hände über den Kopf.
»Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
»N-nun«, sagte Lanas Mann, »d-dann entschuldige dich bei meiner Frau.«
»Was tust du denn da?«, mischte Lana sich ein.
Er fuhr herum, richtete die Waffe nun auf sie.
»Du hältst die Fresse«, sein Gesicht verkrampfte sich vor Wut, »d-das hier ist ein Gespräch unter Männern.«
In diesem Moment stürzte sich der Kassierer auf ihn. Ein Schuss löste sich und ein heißer Blitz kratzte über Lanas Schläfe. Ihr wurde schwarz vor Augen, der Schmerz rückte in weite Ferne und die Welt war mit einem Mal ganz leicht.

Neun Monate früher.

»Und das ist der Grund, weshalb ich Sie heute sprechen wollte«, Lana stellte die Tasse auf den Stubentisch und lehnte sich auf der Couch zurück, »mein Mann ist ein denkendes und fühlendes Wesen«, die nächsten Worte sagte sie verächtlich: »Kein Roboter.«
»Aber hören Sie, Gefühle will ihm doch auch niemand absprechen«, sagte der Reporter beschwichtigend, »er ist natürlich ein Lebewesen, so wie Sie, ich und alle anderen Menschen.«
Lana nickte zufrieden.
»Genau«, sagte sie, »er ist so wie Sie und ich. Es ist arrogant, andere zu verurteilen, nur weil man sie nicht versteht.«
»Ganz Ihrer Meinung«, der Reporter hielt das Mikrofon ein wenig höher, »aber was wollen Sie den Menschen sagen, die Angst davor haben, was ihr Mann auch sein könnte?«
»Auch?«
»Na sie wissen schon, Spekulationen, wilde Gerüchte. Dann seine Wutausbrüche. Der Vorfall im Einkaufszentrum oder der mit dem kleinen Hund. Sie haben jetzt gerade die Gelegenheit, das alles zu entkräften.«
»Wieso muss ich irgendetwas entkräften?«
Der Reporter zog eine Augenbraue nach oben.
Lana starrte das Mikrofon an. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie den Mund aufmachte:
»Das ist doch alles Schnee von gestern. Ich habe keine Ahnung, worauf Sie hinauswollen.«
Der Reporter verzog die Mundwinkel.
»Nun, Sie wollen doch aber nicht bestreiten, worin sich die Ärzte mehrheitlich einig sind.«
»Einig?«, fragte Lana gereizt.
»Na Sie wissen schon ...«
Der Reporter schien innerlich mit sich zu ringen. Dann gewann eine Seite die Oberhand und sein Gesicht bekam eine Härte, die vorher nicht da gewesen war.
»Ich spreche von der Tatsache, dass Ihr Mann lediglich menschliches Verhalten imitiert. Oftmals Negatives. Und das er sich eigentlich gar nicht selbst bewusst ist.«
»Sie meinen«, Lanas Stimme entglitt ins Schrille, »wie ein Tier?«
Der Reporter machte eine abwehrende Geste.
»Hey, das haben Sie gesagt.«
Lana merkte, wie ihre Hände vor Aufregung zu zittern begannen. Sie verschränkte sie ineinander und bemühte sich um einen ruhigen Tonfall:
»Ich verstehe nicht, wieso alle Welt sich nur für diesen Teil von ihm interessiert. Es ist so viel mehr in ihm.«
Er nickte.
»Natürlich«, er lächelte, aber sein Lächeln wirkte unecht, »und vielleicht ist es das Beste, wenn er sich selbst dazu äußert.«
Lana sah ihn ärgerlich an. Bedingung des Interviews war gewesen, dass jegliches Gespräch mit ihrem Mann von vornherein ausgeschlossen war. Und so falsch wie er lächelte, hatte er das nicht vergessen.
»Ich meine ja nur«, sagte er, »jetzt wo ich gerade schon mal da bin.«
Lana erhob sich.
»Das Gespräch ist zu Ende.«
Sein Lächeln entglitt.
»Ach kommen Sie«, drängte er, »nur ein kurzes Gespräch.«
Er griff in seine Tasche, zückte einen goldenen Umschlag und legte ihn auf den Stubentisch.
»Mein Chef ist wirklich großzügig«, er zwinkerte, »eine Win-Win-Situation ... für Sie, mich und Ihren Mann.«
Als Lana ihn nur fassungslos anstarrte, legte er ein strahlend falsches Reportergrinsen nach.
Und bevor Lana ihn ohrfeigte, grinste sie zurück.

Sie schloss die Haustür hinter ihm und sein wütendes Geschimpfe vermischte sich mit dem gedämpften Rauschen des vorbeiziehenden Güterzuges. Eines musste man dem Blödmann von Reporter lassen. Er konnte verdammt schnell rennen. Sie sah durch das Küchenfenster nach draußen. Er reckte ihr vom Fußweg aus den Mittelfinger entgegen. Was für ein Schwachkopf, Lana ließ die Rollläden herunter.
Ihn sprechen? Hah. Auf keinen Fall. Lana ging durch die Stube in die Küche, stellte auf dem Weg die Teetasse in die Spüle. Die wenigen Male, als die Presse mit ihm gesprochen hatte, war es schlimm gewesen und nur immer noch schlimmer geworden.
Ein renommiertes Ärzteblatt bezeichnete ihn sogar als ›Mann ohne Gehirn‹. Lana lief es eiskalt den Rücken herunter. Sie konnte nicht verstehen, wie Menschen so grausam sein konnten.
Bevor sie den Hobbyraum betrat, klopfte sie.
»Schatz?«, sagte sie, »ich bin es, deine Frau.«
Keine Antwort. Wie immer.
Als sie eintrat, schallte ihr laute Wild-West-Orchester-Musik entgegen. Die Jalousien waren unten, die einzige Lichtquelle des Raums war der Fernseher. Sie drückte den Lichtschalter neben der Tür.
Er griff nach der Fernbedienung.
Der Western pausierte.
»Licht«, sagte er hohl.
»Aber Schatz«, antwortete Lana, »das ist ungesund für deine Augen.«
Einen Moment sagte er nichts, dann wiederholte er:
»Licht«, sagte er und fügte dann grobmotorisch hinzu, »Schatz.«
Lana lächelte. Sie konnte ihm einfach keinen Gefallen abschlagen.
Sie löschte das Licht. Der Western lief weiter.
Wenn er sich auf seine Filme konzentrierte, ruhte er tief in sich selbst. Es war schön, dass er nach allem, was er durchmachen musste, dem Hass, der ihm entgegengeschlagen war, etwas gefunden hatte, das ihm wirklich Freude bereitete.

Sie betrachtete die Rückseite des Sessels und fragte sich, ob er sich wohl ausmalte, ein Cowboy zu sein. Oder vielleicht ein Indianer? Sie musste grinsen. Nein, mit Sicherheit war er der Sheriff. Ja, der Sheriff.

Gegenwart

Lana war eisig kalt. Als sie die Augen öffnete, breitete sich vor ihr der Parkplatz aus. Es war bereits Abend geworden. Sie saß mit dem Rücken an einem Baum am Waldrand. Auf der Mitte des Parkplatzes stand ein Wagen mit laufendem Motor und abgeschalteten Scheinwerfern.
Die Erinnerung war sofort da. Nervenzusammenbruch. Sein schlimmster bisher. Irgendwas musste der junge Mann in ihm ausgelöst haben. Vielleicht seine Haare. Vielleicht die Art, wie er lächelte oder sprach. Was auch immer. Und dann die Pistole. Fast ein Jahr, nachdem Lana alle seine Waffen aus Vereinszeiten zusammengesucht und abgegeben hatte.
Was für ein Schlamassel.
Sie betastete ihre Schläfe, spürte unter den Fingern Bündel miteinander von Blut verklebter Haare. Toll, dachte sie. Klasse, gut gemacht, Lana. Sie tastete weiter, stieß dabei mit dem Ellenbogen gegen etwas weiches. Sie drehte sich um. Neben ihr, ebenfalls am Baum lehnend saß eine reglose Gestalt mit hängendem, auf der Brust liegendem Kopf und langen Haaren. Trotz der Dunkelheit konnte Lana sehen, dass das weiße Hemd mit dunklen Lachen übersät war.
Sie saß einige Zeit so da und betrachtete die leblose Gestalt. Sie vergaß dabei, zu atmen. Als ihre Brust zu drücken begann, verdrehte sie die Augen vor Schmerzen und wandte den Blick ab. Der Wagen stand immer noch unverändert in der Mitte des Parkplatzes. Der Motor schnurrte leise in der kalten Nachtluft.
Sie raufte die Haare. So ein Schlamassel. So ein verdammtes Schlamassel.
Dabei war er auf dem besten Weg gewesen, wieder ganz normal zu werden. Wieso hatte sie ihn nur zu diesem Ausflug gedrängt. Wieso nur? Wieso, verdammt?
Weil du es wolltest, sagte eine Stimme in ihrem Kopf. Weil du es nicht mehr ertragen hast.
Ein Ausflug, Liebling. Nur wir zwei.
Schöne Scheiße.
Darauf bedacht, nicht noch einmal an die am Baum lehnende Gestalt zu stoßen, stemmte sich Lana in die Höhe und streifte dabei Blätter und Zweige ab.
»Liebling«, rief sie in Richtung des Fahrzeugs.
Keine Reaktion.
»Alles in Ordnung, Liebling«, sagte sie, »mir geht es gut, ich komme jetzt und dann fahren wir nach Hause.«
Sie ging langsam, einen Schritt nach dem anderen. Behielt den Wagen dabei fest im Blick. Als sie ihn fast erreicht hatte, hörte sie das markante Geräusch der Zentralverriegelung.

Ohne noch irgendeinen der etwa ein Dutzend nicht zu Ende gedachten Gedanken zu Ende zu denken, öffnete sie die Fahrertür und setzte sich vors Lenkrad.
Sie saßen beide einen Moment so da, dann brach er das Schweigen.
»Hab mich halt aufgeregt.«
Lana antwortete nichts.
»Scheißdreck«, schimpfte er, »der langhaarige Arsch mit seiner blöden Fresse.«
Er holte hörbar Luft, wohl um erneut auszuholen und weiter zu fluchen, doch dann schwieg er überraschend, schloss den Mund für ein paar Sekunden.
»Tut mir aber trotzdem leid«, sagte er mechanisch, »auch das mit dir, meine ich.«
»Mhmm«, machte Lana, aber hörte eigentlich gar nicht, was er sagte. Sie war sieben Jahre alt, saß an einem verschneiten Sonntagmorgen am Küchentisch und teilte sich mit ihrem Vater ein Erdnussbutterbrot mit Marmelade.
»Mama hat gesagt, du hast eine Vier in Mathe geschrieben.«
Er sagte das auf diese Papa-Art, die Lana immer so an ihm gemocht hatte. Wertfrei, keine dummen Fragen, keine Schuldzuweisungen.
»Ja«, Lana kaute bedächtig, »ich glaub', ich bin doch zu blöd, um Tierärztin zu werden.«
Er nickte, so als stimme er ihr zu, aber mittendrin wurde das Nicken zu einem Kopfschütteln.
»Quatsch, Große«, er biss ein Stück von seinem halben Erdnussbutterbrot mit Marmelade ab und sprach mit vollem Mund weiter, »wenn du etwas wirklich willst, dann kann dich niemand davon abbringen.«
Er schluckte geräuschvoll.
»Und eine Vier in Mathe schon gar nicht. Denk immer daran, es gibt Höhen im Leben und es gibt Tiefen. Beide sind wichtig. Ohne das eine würde es das andere nicht geben.«

Lana musste unvermittelt grinsen. Rückblickend waren seine Worte natürlich ein bisschen kitschig. Nichtsdestotrotz hatte er mit seinen Weisheiten jedes Mal recht behalten. Und hiermit würde es nicht anders sein. Das alles hier, der heutige Tag, und was an ihm passiert war, würde schon morgen Vergangenheit sein. Lana legte den ersten Gang ein und der Wagen setzte sich langsam in Bewegung. Es würde womöglich dauern, aber am Ende, ganz am Ende, würde alles wieder so sein, wie immer.

 

Und vielleicht versperrt dir diese Brille auch ein wenig die objektive Sicht?

Noch einmal, und dann wirst du von mir jedenfalls zu deinen Texten nichts mehr hören. Das hier ist ein Forum, wo wir Textarbeit betreiben. X stellt Text ein, A B und C sagen ihre 5 Cent, X überlegt, ob er da was mitnehmen kann. Sozusagen ein fluider Prozess. Du hast mehrere wirkliche fundierte Meinungen über deinen Text bekommen, allen voran von Proof. Was tust du? Du schreibst eine ellenlange Verteidigung deines Textes. Behauptest, da würde irgendwo was drinstecken, was nur ganze wenige Leser, die, die sich intensivst damit beschäftigen, überhaupt erst verstehen. Das ist ja die Autorenausrede Nummer 1: Hast du falsch gelesen, nicht richtig gelesen, nicht verstanden. Auch ziemlich anmaßend hier als Neuling so auszuteilen, aber das ist eine andere Sache. Auf höfliches Nachfragen von Proof wird dein Ton noch etwas seltsamer, etwas ruppiger, aber Argumente hast du nicht geliefert. Du sagst einfach nur: ja, das ist aber so gewollt. Die Perspektive? Nee nee, da habe ich mir das und das gedacht. Konstruktive Kritik erlaubst du dir selbst gar nicht. Das ist schade, denn du wirst immer nur auf diesem einen Niveau bleiben, weil du eine Veränderung deiner Texte, einen Prozess, gar nicht zulässt, aus Stolz oder Eitelkeit oder wasweißich. Ist mir auch echt egal, denn du kannst deine Texte ja weiter hier hochladen, und sicher werden die auch einige lesen, aber du kannst natürlich nicht erwarten, dass sich jetzt jemand damit weitergehend auseinandersetzt, wenn von dir immer nur dieselben lahmen Argumente kommen, wenn du im Grund beratungsresistent und kritikunfähig in der Autorenschmollecke abhängst. Entweder du willst deinen Text besser machen, oder du möchtest Schulterklopfer, dann solltest du eventuell lieber auf deine Reservoir an Beta-Leser zurückgreifen, die du ja schon kennst und die deinen Kram loben.

So long.

 
Zuletzt bearbeitet:

Leute, Leute, jetzt kommt mal wieder alle runter. Bas hatte schon recht. Die Dynamik ist nicht mehr verständlich.
Da hat ein Autor seinen Text verteidigt. Vielleicht ein paar zu viele Worte drumrum gemacht, na und?
Wer bestimmt denn darüber, mit wie vielen Worten man bestimmte Teile eines Textes oder eine bestimmte Idee erklären/verteidigen darf/kann/soll/muss? Erklären hat mit Anmaßung nichts zu tun. Und auch nicht mit Kritikresistenz, denn Analog hat häufig eingeräumt, bestimmte handwerkliche Fehler gemacht zu haben.
Und wenn jemand Nigger statt Bimbo schreiben will, dann ist das so. Punkt. Das ist die Sache des Autors. Man muss das respektieren, auch wenn man noch so gut weiß, dass es falsch ist.

Also meine große Bitte als Moderatorin:
SCHRAUBT MAL DEN KERLEPEGEL WIEDER WAS RUNTER.

Eines kann ich mir aber trotzdem nicht verkneifen, Analog, die Schutzengelidee ist zwar toll, aber aus dem Text heraus ist sie null verständlich. Auch wenn einem die dicke Frau noch so auffällt.

 

Eine Frau!

Aber eine Sache noch Bas:

Meine ursprüngliche Kritik war für die teilweisen Gepflogenheiten in diesem Forum nicht nur fair, sondern ausgesprochen sanft. Gerade bei Ersttexten achte ich darauf. Mag sein, dass mir das nicht immer gelingt, aber ich achte darauf. Später habe ich reagiert auf Analogs Antwort. Ich mag ja Verfolgungswahn haben, aber für mich liest die sich wie „Die Geschichte hat keine Macken, ihr schnallt die nicht“. Dieses sture Beharren auf dem „Nigger“, nachdem das drei oder vier Leute gesagt haben, das fasst es ganz gut zusammen denke ich. Ich will für meine Anmerkungen nicht gefeiert werden, und ich bin auch nicht beleidigt, wenn die jemand mit „sehe ich anders“ zurückweist, aber diese Art, die Arroganz, die hat mich genervt.

 

Eine Frau!
Hehe.

Aber eine Sache noch

Meine ursprüngliche Kritik war für die teilweisen Gepflogenheiten in diesem Forum nicht nur fair, sondern ausgesprochen sanft.

Ja, unbedingt. Das sehe ich auch so. Auch jimmysalarymans Kritik war sachlich und konstruktiv und sehr bedenkenswert. Und natürlich kann ich manchen Ärger nachvollziehen.
Es ging mir und sicherlich auch Bas einfach um die Schlussfolgerungen und die Dynamik, die das manchmal in solchen Fäden kriegt.

 

Und dass die Dicke ihr Schutzengel ist, weiß der Leser woher?

Das lässt sich aus der Tragik ableiten, die vielleicht entsteht, wenn man bedenkt, dass Lana die einzige Person weggeschickt hat, die zwischen ihr und ihrem Mörder stand.

Mal abgesehen davon, dass der Mord immer noch aus dem Nichts kommt.

Und das darf nicht beabsichtigt sein? Oder meinst du etwas anderes? Dass der Geschichte an einigen Stellen die Substanz und gar innere Logik fehlt, habe ich bereits mehrfach eingeräumt.

Noch einmal, und dann wirst du von mir jedenfalls zu deinen Texten nichts mehr hören.

Schade, dein erster Beitrag hatte zwar einen gewissen Unterton, war mir aber trotzdem hilfreich.

Was tust du? Du schreibst eine ellenlange Verteidigung deines Textes.

Ein sinnvolles Vorgehen, wie mir – inzwischen sogar noch mehr als vorher – scheint.

Behauptest, da würde irgendwo was drinstecken, was nur ganze wenige Leser, die, die sich intensivst damit beschäftigen, überhaupt erst verstehen.

Genau von diesem Unterton spreche ich. Das klingt wie die Unterstellung, dass ich mich für den unangefochtenen Meister des Tiefgründigen halten würde.

Maximal ein unvoreingenommenes zweites Durchlesen sollte nötig sein. Wenn es dann nicht Klick gemacht hat, habe ich vielleicht als Autor versagt. Nicht, dass ich nicht bereits darauf verwies, dass diese Möglichkeit durchaus besteht.

Das ist ja die Autorenausrede Nummer 1: Hast du falsch gelesen, nicht richtig gelesen, nicht verstanden.

Japp. Das ist sie. Aber habe ich diese Ausrede wirklich vorgebracht? Oder ist das nur deine Interpretation, weil ich nicht sofort von jedem Punkt abgerückt bin, ohne zu hinterfragen?

Auch ziemlich anmaßend hier als Neuling so auszuteilen, aber das ist eine andere Sache.

Daran ist gar nix anmaßend. Dein Satz ist anmaßend.

Auf höfliches Nachfragen von Proof wird dein Ton noch etwas seltsamer, etwas ruppiger, aber Argumente hast du nicht geliefert.

Ja, wirklich sehr höflich. Höflich, zuvorkommend und zugleich ungemein hilfreich. Er hat darauf die Antwort bekommen, die er meiner Meinung nach verdiente.

Und was für ein Argument fehlte da an der Stelle?

"Die Protagonistin meiner Geschichte schickt ihren Schutzengel davon und fällt damit ihr eigenes Todesurteil."

Ist doch eine klare Aussage. Oder nicht. Was möchtest du jetzt noch hören. Soll ich noch ein drittes oder viertes Mal sagen, dass ich Schwierigkeiten hatte, diese Idee umzusetzen?

Du sagst einfach nur: ja, das ist aber so gewollt.

Exakt. Gewollt und nicht geglückt ist immer noch gewollt.

Die Perspektive? Nee nee, da habe ich mir das und das gedacht.

Ja, habe ich auch. Ich habe mich an anderen Schriftstellern orientiert. Das habe ich mehrmals und sehr ausführlich dargelegt. Nur zwei Personen haben sich dazu geäußert. Bei beiden scheint es mir mehr Empfindung als hundertprozentige Sicherheit zu sein. Diese Vermutung wurde von den beiden bisher weder ausgeräumt noch bestätigt.

Konstruktive Kritik erlaubst du dir selbst gar nicht.

Lies den Faden nochmal. Das stimmt schlichtweg nicht.

Das ist schade, denn du wirst immer nur auf diesem einen Niveau bleiben, weil du eine Veränderung deiner Texte, einen Prozess, gar nicht zulässt, aus Stolz oder Eitelkeit oder wasweißich.
Entweder du willst deinen Text besser machen, oder du möchtest Schulterklopfer, dann solltest du eventuell lieber auf deine Reservoir an Beta-Leser zurückgreifen, die du ja schon kennst und die deinen Kram loben.

Ich brauche kein Väterchen, dass mir auf die Schulter klopft. Gerade weil ich ehrliche Meinungen haben möchte, bin ich hier. Wenn in diesen Meinungen aber Unterstellungen und unterschwellige Aggressivität mitschwingen, dann wird das je nach Lust und Gemütslage entsprechend von mir aufgegriffen.

Du sagst es doch selbst, Aktion = Reaktion.

Danke an dieser Stelle übrigens für die ermutigenden Worte mehrer Mitglieder dieses Forums, sowohl in diesem Faden als auch per PN.

Ich mag ja Verfolgungswahn haben, aber für mich liest die sich wie „Die Geschichte hat keine Macken, ihr schnallt die nicht“.

Tut mir leid, wenn das so rübergekommen ist. Ich habe es mit meinen Ausführungen übertrieben. Unter all den Selbstbeweihräucherungen gehen ein paar kurze Einräumungen natürlich schnell unter. Aber sie sind da. Von Anfang an.

Dieses sture Beharren auf dem „Nigger“, nachdem das drei oder vier Leute gesagt haben, das fasst es ganz gut zusammen denke ich. Ich will für meine Anmerkungen nicht gefeiert werden, und ich bin auch nicht beleidigt, wenn die jemand mit „sehe ich anders“ zurückweist, aber diese Art, die Arroganz, die hat mich genervt.

Ich hatte wirklich vor, mich darüber nun extrem auslassen. Als ich aber eben gerade das Ende der neuen Version meiner Geschichte fertigstellte, dachte ich mir: Wieso eigentlich?

Ich möchte dazu nur noch Eines sagen: Euer wiederholtes Aufgreifen dieses an sich unwichtigen Punktes hat mich nicht dazu bewogen, den Schwarzen (und eine ganze Menge anderen Kram) aus der Geschichte zu streichen. Dieser Verdienst gebührt einzig und allein Erdbeerschorsch!

--

Bevor ich jetzt wieder etwas falsch mache und einen neuen Faden eröffne, ersetze ich lediglich die alte Version der Geschichte durch die neue. Wenn jemand die alte Version für Vergleiche haben möchte, dann sende ich ihm diese gerne per PN zu.

PS: Ich warne hiermit ausdrücklich vor. Die Geschichte und insbesondere die handelnden Charaktere haben mir nicht im Ansatz gehorcht. Bei mir ist das meistens so.

PPS: Es könnten noch einige Fehlerchen, vor allem welche der Rechtschreibe, enthalten sein. Normalerweise hätte ich die Geschichte einige Zeit ruhen lassen, um sie dann final fertig zu stellen. Ich will jetzt aber nicht die Glut abkühlen und den Eindruck erhärten lassen, dass ich mir die reichhaltige Kritik nicht zu Herzen genommen habe.

Analog

 

Danke an dieser Stelle übrigens für die ermutigenden Worte mehrer Mitglieder dieses Forums, sowohl in diesem Faden als auch per PN.

Weswegen brauchst du denn Ermutigung? Bist du aus Pappe, oder was? Wie willst du denn ernst genommen werden, wenn du nach so harmlosen Kommentaren mal eine echte Breitseite kassierst? Ich bleibe dabei: an wirklich konstruktiver Kritik bist du eigentlich gar nicht interessiert. Ich kenne Menschen wie dich. Wir hatten hier schon einige im Forum. Aber wie gesagt, auch wenn ich meine Zeit nicht an dich verschwenden werde, wünsche ich dir hier weiterhin sehr viel Spaß. Du wirst hier sicherlich auch einige Gleichgesinnte finden.

 

Dieser Verdienst gebührt einzig und allein Erdbeerschorsch!
:)

Da hat sich ja ziemlich viel verändert. Den Anfang finde ich jetzt besser, wie man an die Schutzengelin herangeführt wird und so.
Das Ende - fand ich vorher besser. Jetzt ist es mir zu harmlos. Der verhinderte Schutzengel ist auch eine witzigere Idee als der erfolgreiche.

Wenn ich Anfang und Ende anspreche, soll das aber nicht heißen, ich hätte alles gelesen. Den Mittelteil hab ich nur überflogen. Dabei hatte ich sei einen Eindruck, dass der Anfang durchgestalteter ist als die Mitte.

Eine einzige Einzelheit bekommst du diesmal von dir, dann verabschiede ich mir erstmal wieder. Diese beiden Sätze:

Sonst tat er das immer, wenn Lana fuhr. Und sie fuhr in letzter Zeit oft.
könntest du evtl. auch rausnehmen bzw. verkürzen und umbauen. "Sonst tat er das immer" steckt jedenfalls, würde ich sagen, im Prinzip schon mit drin, wenn es bemerkenswert ist, dass er diesmal keine abfällige Bemerkung gemacht hat. Da nochmal mit dem Finger draufzuzeigen finde ich dann nicht so elegant.

Ach komm, und noch eins:

mit einer leicht genervten Miene
"leicht genervt" - das hört man so oft, schreib das doch lieber anders.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Da hat sich ja ziemlich viel verändert.

Von anderer Seite wurde ich gar schon auf meine zweite Kurzgeschichte angesprochen. :)

Alles andere als abwegig, habe ich sie immerhin komplett neu geschrieben und nur einige alte Elemente in den neuen Text eingebettet.

Den Anfang finde ich jetzt besser, wie man an die Schutzengelin herangeführt wird und so. Das Ende - fand ich vorher besser. Jetzt ist es mir zu harmlos. Der verhinderte Schutzengel ist auch eine witzigere Idee als der erfolgreiche.

Oh. Ich persönlich finde das neue Ende besser. Finde es sogar um einiges härter, irgendwie. Die einzige Problematik, die ich sehe, ist, dass es ein wenig auf das Ende der ersten Version anspielt. Konnte ich mir nicht verkneifen.

Ich spiele mit dem Gedanken, der eigentlichen Geschichte eine Traumsequenz mit dem ursprünglichen Ende voranzustellen. Mal schauen. Vielleicht kommen ja noch Anmerkungen dazu.

Den Mittelteil hab ich nur überflogen. Dabei hatte ich sei einen Eindruck, dass der Anfang durchgestalteter ist als die Mitte.

Dabei war das doch deine Idee mit dem Pizzabäcker. :D

Mich würde interessieren, an welchen Stellen du die Geschichte in Anfang, Mittelteil und Ende aufteilen würdest. Nur damit ich deine Anmerkung besser unterbringen kann.

Deine Verbesserungsvorschläge lasse ich mir durch den Kopf gehen und werde die Gedanken dazu bei einer letztlichen Überarbeitung einfließen lassen.

Gruß zurück.

Analog

 

Hallo Manlio

"Das Ende - fand ich vorher besser. Jetzt ist es mir zu harmlos. Der verhinderte Schutzengel ist auch eine witzigere Idee als der erfolgreiche."
Das geht mir genauso. Mehr noch, die ganze Geschichte hat mir vorher inhaltlich besser gefallen. Ich fand gerade gut, dass nichts erklärt wird, diese Unvermittelte, Böse, das in die Realität einbricht, das ist jetzt irgendwie weg, jetzt ist es eine Art Ehedrama, das ist mir zu breit dargeboten. Gerade der Ehemann zieht sich jetzt in die Spielregeln der gutbürgerlichen Gesellschaft zurück, dadurch fehlt dem Ganzen der Biss.

Seltsam, für mein Empfinden ist der Ehemann noch entrückter als vorher. Gut, er sagt nicht mehr so Dinge, wie "Flasche", aber seine ganze Art hat doch etwas herrlich Abgründiges. Gerade in der Szene, wo er Lana die Taschenlampe aus den Händen reißt. Seine Reaktion auf ihren unausgesprochenen Vorwurf. Genauso wie seine Reaktion auf die vermeintliche Belehrung des älteren Herrn im Einlasshäuschen.

Witzig, wie die Reaktionen auseinandergehen. Dem Gros der Stimmen war zu entnehmen, dass da zu wenig Beschreibung war, zu wenig Innenleben, zu wenig von Allem. Du selbst sagst ja, dass dir die Heranführung nun besser gefällt.

Werde ich in dem Kontext noch einmal durchgehen. Danke für den Hinweis.

Schutzengel - habe ich da was verpasst? War die dicke Frau als Schutzengel gemeint?

:D

Nicht wirklich verpasst. War ohnehin nur die verkorkste Idee eines fremdfischenden Science-Fiction-Autors. Hat kaum noch etwas mit der Geschichte in ihrer aktuellen Form zu tun.

Man merkt, dass du jetzt präziser bei der Lana bleibst, konstruktiv, von der Erzählperspektive her, überzeugt mich das mehr als vorher!

Danke, ich nehme das jetzt mal als Antwort auf die offengebliebene Frage bzgl. der ersten Version, nach dem definitiven Wechsel der Erzählperspektive. Vielleicht war ich dort einfach zu undeutlich.

"Eine geradezu riesenhafte Frau"
kann ich perspektivisch schwer einordnen.

Sie ist nicht mehr "dick", falls sich deine Verwirrung darauf bezieht.

"Lana beobachtete, wie ein dickliches Insekt auf dem Hals ihres Mannes Platz nahm. Sie betrachtete fasziniert, wie der kleine Käfer schnurstracks unter seinem Hemdkragen verschwinden wollte."*

Nun, dass der Käfer klein ist, sollte klar sein. Insofern hast du recht. Bin mir noch uneinig, ob ich es streichen soll. Dass der Käfer aber dicklich ist, formt in meinem Kopf ein Bild. Er ist kein länglicher Käfer, keiner mit langen Beinen. Er ist dicklich. Und er hat jede Menge Saft in seinem Bauch. Saft, der eine schmierige Spur auf ockergelben Hosen hinterlassen kann.

Du solltest deinen Handlungsträgern mehr vertrauen. Streich Adjektive.

Du hast schon irgendwie recht. Nicht nur irgendwie, bläut mir. Andererseits gefallen mir diese blumigen Einschübe. Niedliche Katze. Kalter Kühlschrank. Kleiner Käfer. Vielleicht bin ich ein wenig zurückgeblieben :D

Was ist durch die Adjektive gewonnen?

Ich stelle mal eine Gegenfrage. Was ist durch sie verloren? Ist der Text sonderlich aufgebläht? Dieser Ratschlag mit den Adjektiven ist eigentlich Standard in Foren wie diesem. Oftmals fällt er, wenn Texte wirklich extrem vollgeschlonzt sind mit Adjektiven, sei es "der wunderschöne, kalte, nasse Wasserfall" oder sein "kecker, niedlicher und attraktiver Schmollmund".

In der Geschichte "Malign" – in ihrer jetzigen und ihrer vorigen Form – sehe ich da eigentlich kein wirkliches Problem bei. Bis auf dich und Jimmy hat es sonst auch niemand als störend benannt. Ich persönlich finde sogar, dass es die Erzählung an sich greifbarer, ja plastischer macht. Selbst so unpräzise Beschreibungen, wie "schütterer Hinterkopf" und "Wolke aus warmem Schweiß" sehe ich jetzt, einige Tage später, schon weit weniger kritisch. Es mag "formal" falsch sein, aber ich als Leser, so ich denn mal in Geschichten über solche Ungereimtheiten stolpere, quittiere solche Dinge ("Dinge", auch sehr unpräzise) mit einem Lächeln. Ist halt auch nur ein Mensch, denke ich dann. Kommt natürlich auch auf das Genre und den persönlichen Anspruch an. Gerade erst habe ich Terrys ersten Scheibenweltroman gelesen. Der strotzt nur so vor lauter Logikfehlern und unpräzisen Bezeichnungen. War mir aber ziemlich schnurz. Klar, dass man von Nietzsche etwas anderes erwartet.

Nein. Das geht so nicht. Sprachliche Präzision ist wichtig. Du bist hier in einem Forum mit vielen anderen Autoren, die lesen die Geschichte nicht wie ein Beta-Leser, sondern achten auf alles.

"Nein. Das geht nicht." :D

Wenn ich das jetzt so lese, muss ich deshalb ein wenig darüber schmunzeln. Klar, ich habe diese Geschichte in einem Autorenforum veröffentlicht, weil ich Kritik von anderen Schreiberlingen hören möchte. Kritik hören (und evtl. einarbeiten) und dazu gedrängt werden Kritik einzuarbeiten ist aber ein himmelweiter Unterschied.

Außerdem ist es doch so: Ich als Autor will mit meinen Geschichten im Normalfall keine Autoren erreichen, die jedes Wort auf die Goldwaage legen und auf jede Kleinigkeit achten.

Sondern Leser. Und die meisten Leser wollen unterhalten werden. Viele von ihnen haben kein Problem damit, wenn der Autor es ihnen so einfach wie möglich macht. Literatur muss nicht psychologisch korrekt und formal perfekt sein, um unterhalten zu können.

Viel Spaß weiter hier im Forum und an der Literatur,
Manlio

Danke Manlio, das wünsche ich dir auch.

Analog

--

PS: Ich hätte übrigens eher erwartet, dass mir irgendjemand meine überschwängliche Nutzung von Füllwörtern ankreidet, aber damit bin ich bisher ganz gut davongekommen.

Jetzt kann ich es ja endlich sagen.

 

Wenn ich das jetzt so lese, muss ich deshalb ein wenig darüber schmunzeln.

Das kannst du ruhig. Das hier ist ja eine Werkstatt, du kannst den Text auch gar nicht verändern, wenn du es möchtest. Das liegt an dir. Jeder Leser liest die Texte mit einem persönlichen Filter. Mir ist Präzision wichtig. Ich lege an meine eigenen Texte einen hohen Anspruch, und im Grunde erwarte ich das auch von allen anderen Autoren. Natürlich nicht von blutigen Anfängern. Ansonsten habe ich das Gefühl, ich verschenke meine Zeit, wenn sich nix bewegt. Das ist gar nicht böse gemeint. Ich arbeite einfach lieber mit Menschen, die das Schreiben ernst nehmen, so ernst wie ich. Und wenn du glaubst, die Leser sind irgendwie dümmer oder weniger aufmerksam als Autoren, dann fürchte ich, hast du dich ganz arg geschnitten. Nur so am Rande.

 

Jimmy, was lässt dich zu dem Schluss kommen, dass Analog das Schreiben nicht ernst nimmt?

Das steht da nirgendwo. Ich sage nur, dass ich die gleichen Ansprüche an die Texte anderer lege, wie an meine eigenen. Und wenn Analog sagt, naja, eigentlich ist ihm das nicht so wichtig, denn den Leser interessiert das im Grunde nicht, der braucht keine psychologisch korrekte Geschichte und Charaktere, und der überliest auch eindeutige Stilblüten wie "schütterer Hinterkopf", dann kann er das gerne machen, ich habe damit kein Problem. Nur kann er nicht erwarten, dass andere Autoren, die eben auf Sprache, Sorgfalt und Präzision Wert legen, das in einem Textforum wie diesem hier einfach so durchgehen lassen. Dafür sind wir, so dachte ich, doch hier, oder?

 

Hallo Analog,

dann will ich mal. (Bedauerlich, dass ich die alte Version nicht kenne.)

Ich lese und kommentiere dabei, was auch immer mir auffällt und durch den Kopf schießt.
Dabei geht es mir weniger darum, den Text zu korrigieren, sondern dir einen Eindruck davon zu geben, was ich wahrnehme und wie es auf mich wirkt. Auch wenn das natürlich oft in Korrekturvorschlägen endet.

Eine geradezu riesenhafte Frau, an die zwei Meter groß und gehüllt in eine fast greifbare Wolke aus Schweißgeruch und penetrantem, sehr dunklem Parfüm hatte sich direkt hinter Lana platziert.
Du relativierst hier viel - die Frau ist "geradezu" riesenhaft, "an die" zwei Meter groß, gehüllt in eine "fast" greifbare Wolke. Das erzeugt als Ergebnis bei mir den Eindruck, dass Lana sie nur vage wahrnimmt. Dabei willst du glaube ich das gegenteil ausdrücken - die deutliche Präsenz dieser Frau, richtig?
Nein, ich glaube nicht, dass du das erreichst, indem du die entsprechenden Wörter streichst, und ich fürchte, ich habe auch keine Idee dazu.

Es war ihr sichtlich unangenehm und sie hatte sich so überschwänglich dafür entschuldigt, dass es Lana schließlich sogar peinlich gewesen war.
Hier stolpere ich kurz darüber, dass es der Frau unangenehm, und Lana schließlich peinlich war. Die beiden Wörter drücken zwar nicht das Gleiche aus, sind aber so dicht hintereinander so ähnlich, dass mir da ein "auch" fehlt. Es war Lana schließlich sogar auch peinlich.

Ihr war heiß und die Bluse klebte ihr wie Folie auf der Haut.
Das Bild stimmt für mich nicht. Folie knistert. Folie schließt ab.

Ihr Blick wanderte über den kahlen Hinterkopf ihres Mannes. Sie entdeckte ein vereinzeltes, schweißnasses Haar, das sich an ein ausgefranstes Muttermal schmiegte.

Lana konnte sich nicht erinnern, dieses Muttermal je bemerkt zu haben. Aber wenn man von der Größe ausging, musste es schon länger da sein.
Das hier gefällt mir ziemlich gut.

Die Stelle sah nicht gut aus, er sollte zum Arzt gehen. Einen Moment lang erwog Lana, ihn darauf anzusprechen. Aber sie ließ es. Er würde es missverstehen, sie wieder auf diese bestimmte Weise ansehen. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, was er wirklich denkt und sie dann einfach ignorieren.
Die Stelle finde ich inhaltlich auch stark. Ich denke, da kannst du noch mehr rausholen. Vielleicht das mit dem missverstehen streichen. Das verwässert den Satz danach, der ja ausdrückt, dass Lana mehr oder weniger in der Luft hängt und sein Verhalten nicht einordnen kann.
Mir ist bewusst und ich finde es schlüssig, dass sie das so interpretiert, dass er verärgert ist, weil er ihre Intention missverstanden hat. An der Stelle würde ich trotzdem danach entscheiden, was den deutlicheren Effekt auf den Leser hat.

Lana beobachtete, wie ein dickliches Insekt auf dem Hals ihres Mannes Platz nahm. Sie betrachtete fasziniert, wie der kleine Käfer schnurstracks unter seinem Hemdkragen verschwinden wollte.
Er schlug sich unvermittelt mit der flachen Hand an den Hals und besah seine Handfläche. Er murmelte etwas Unverständliches und wischte die Hand an seiner Hose ab. Ein schmieriger Streifen blieb auf dem ockergelben Stoff zurück.
Hier denke ich an deinen Kommentar zu der Stelle in deinem letzten Beitrag. Dass der Käfer den Bauch "voller Saft" hat. Dafür solltest du ein passendes Adjektiv finden. Du hast Ansätze in deinem Text, die einen angenehmen Ekel bei mir auslösen, zum Beispiel das mit dem Muttermal. Und ich finde, dein Text würde gewinnen, wenn du an diesen Stellen einen Hauch weitergehst, vielleicht etwas überzeichnest.
Wie wäre es mit einem aufgeblähten, einem geschwollenen Insekt?
Im vorletzten Satz hast du zwei Mal Hand - kannst du beim ersten Mal streichen, finde ich. Und im letzten Satz hättest du mehr Ekelfaktor, wenn tatsächlich der Streifen ockergelb wäre und nicht die Hose.

Lana konnte nur mit Mühe einen Anflug von Schadenfreude unterbinden. Sie fragte sich, wieso eigentlich. Immerhin war sie es, die den Fleck später wegmachen durfte.
Durfte?
Für mich liest sich Lana sehr fremdbestimmt durch ihren Mann, ich erwarte, dass ihre Gedanken sehr von dem gefärbt sind, das er ihr vermittelt. Wenn hier also "durfte" steht, dann lese ich, dass er genau das ausstrahlt. Sie "darf" seine Hose säubern. Ihn fahren. Den Haushalt machen.

Er drehte sich zu ihr um, als hätte er ihre Gedanken gelesen, sah sie mit einer leicht genervten Miene an. Sein Mund verzog sich zu einem dünnen Lächeln, man sah ihm an, dass er sich dazu zwingen musste.
Oh Mann. Jetzt kriege ich Schwierigkeiten. Ich schaffe es nicht mehr gut, zu lesen, was da steht. Ich habe schon ein komplettes Bild von diesem Kerl im Kopf und von ihr, und von der Beziehung der beiden zueinander. Und ich fürchte, die entspricht nicht der, die du zeigen willst.
Ich glaube allerdings nicht, dass das daran liegt, dass du unklar wärst.
Ich haue es einfach mal raus: Ich habe erwartet, dass er sich umdreht und leicht lächelt. Ich würde das als absolut bedrohlich lesen, wenn offen bleibt, ob er vielleicht schadenfroh ist, wegen der Hose. Ich stelle ihn mir als einen Typen vor, der sie gerne quält. Ich glaube, er ist von dir bloß als Griesgram gedacht, aber der Satz wie er ihr Verhalten falsch versteht (das macht der doch mit Absicht!) und sie ignoriert (demütigend), hat mir dieses Bild nachhaltig in den Kopf gesetzt.

»Mhm«, machte er und sein Blick richtete sich auf Lanas Umhängetasche.
»Ich habe Durst, Lana.«
Lana blinzelte, dann öffnete sie den Reißverschluss der Umhängetasche und reichte ihm die Flasche mit dem Mineralwasser. Er griff danach, öffnete den Verschluss und stürzte die Hälfte des Inhalts hastig hinunter. Dicke Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn.
»So langsam bekomme ich Hunger«, sagte Lana.
Er verschloss die Flasche mit dem Deckel und reichte sie ihr zurück. Er musterte sie, leckte sich flüchtig über die Lippen.
»Hm?«, fragte er.
»Hunger«, sagte Lana und deutete auf den Eingang des Besucherbergwerks, »gibt es da drin die Möglichkeit, eine Kleinigkeit zu essen.«
Er sah einen Moment so aus, als würde es ihm Schmerzen bereiten, darüber nachzudenken, dann lächelte er humorlos und wandte sich stumm um.
Und hier verstärkt sich mein Eindruck. Das Tempo seiner Reaktionen ist sehr langsam. Das wirkt fremdartig. Ich denke: Die Körperfresser. Ich denke: Roboter. Ich denke: Besetzt von irgendwas. Ich denke: Nicht menschlich. Ich denke: reduziert auf rudimentäre Denkfunktionen, instinkt- oder triebgesteuert. Ich denke: vielleicht wahnsinnig. Ich denke: bei dem setzt irgendwas aus.

Na toll, dachte Lana. Jede Wette, dass er das mit Absicht machte? Der Arzt hatte gesagt, dass in den ersten Monaten eventuell gewisse Komplikationen auftreten könnten. Schlaflosigkeit, kurze Phasen von Empathielosigkeit, Verwirrungserscheinungen. Aber auch wenn Lana all das wusste, hatte sie in manchen Momenten das Gefühl, einen völlig anderen Menschen vor sich zu haben. Einen Menschen, der Dinge absichtlich falsch verstand, nur um auch aus den selbst banalsten Dingen, das kleinste bisschen Konfrontationspotential auszuschöpfen. Einen Menschen, dem das geradezu Freude zu bereiten schien.
Aha, meine Wahrnehmung kommt also nicht von ungefähr. Vielleicht helfen dir die entsprechenden Anmerkungen dann ja doch weiter.
Ich würde die Liste der Komplikationen streichen, wenn du das vage lässt, erhöht sich für mich das ungute Gefühl.

Einen Menschen der ...
Oder?

»Wirklich schönes Wetter heute«, sagte eine kehlige Stimme und riss Lana aus ihren Gedanken.
Lana wandte sich um, schaute hoch in ein schwitzendes Gesicht mit orangener Rundbogen-Sonnenbrille und Damenbart. Darüber zwei buschige Augenbrauen.
»Nicht wahr?«, fragte die Frau, der die Augenbrauen gehörten. In ihrer rechten Hand hielt sie ein reichlich belegtes Brötchen. Lanas Magen knurrte. Sie starrte das Brötchen an.
»Geht es ihnen nicht gut?«, die Frau biss von dem Brötchen ab und kaute geräuschvoll. Sie sah Lana fragend über ihre Brillenränder hinweg an.
»Doch«, sagte Lana, »alles in Ordnung.«
Gefällt mir, dass du mich hier aus der Stimmung reißt.
Ist das die Dame vom Anfang? Das wird nicht klar. Falls sie es nicht ist, weiß ich nicht, ob das so günstig ist, hier überhaupt jemand neuen einzuführen.
Das Gesicht sollte "verschwitzt" sein.

Mit diesen Worten, und auch auf die Gefahr hin, die Frau ein wenig vor den Kopf zu stoßen, wandte sie sich wieder um und versank zurück in den Gedanken, aus dem sie so unwirsch herausgerissen worden war.
Unwirsch passt nicht. Es bedeutet sowas wie "unfreundlich", nicht abrupt o.ä, was dir wohl vorschwebte.

Ja, vieles an ihrem Mann hatte sich verändert. Grundlegende Dinge, zum Beispiel die Art, wie er schlief. Fast vollkommen geräuschlos. Der Mann, der Lana vor dreizehn Jahren einen Ring an den Finger steckte, hatte nie so geschlafen.
Hier würde ich näher ran gehen, um es wieder unangenehmer für den Leser zu machen. Zum Beispiel in dem du den fünften Satz straffst:
Er hatte geschnarcht, geredet, und sich im Schlaf an Lana gekrallt.
Gefällt mir noch nicht so richtig. Aber mehr Fokus darauf, dass sich jemand im Schlaf an ihr festkrallt wäre, finde ich, gut.

Nicht unbedingt alles Dinge, auf die Lana nun auf keinen Fall verzichten konnte.
Verschwurbelt formuliert. Aber irgendwie sympathisch.

Aber so wie er jetzt war? Nein. Lana war in den letzten Wochen einige Male nachts aufgewacht. Nicht, weil er sich im Schlaf bewegt hätte oder laut redete. Sondern weil er so still war. Geradezu unheimlich still.
Bitte mach das weg. Den letzten Satz. Erklär mir nicht, dass es unheimlich ist. Sogar, sie eine klischeehafte Gänsehaut kriegen zu lassen, wenn sie in die Stille aufwacht, wäre besser, als mir das so zu präsentieren. Ich habe es längst begriffen, wenn du es bis hierhin richtig gemacht hast. Zweifelst du an meiner Intelligenz, Autor, oder an deinen Fähigkeiten?

Gestern war eine dieser Nächte gewesen. Nachdem sie aufwachte, hatte sie ihn heimlich beobachtet, wie er da lag, sein Gesicht dem ihren zugewandt, scheinbar völlig, ohne zu atmen.
Oder du streichst den Satz einfach und schreibst hier nur sowas wie: Nachdem sie in die Stille / in seine Stille aufgewacht war.
Und das letzte Komma hier muss weg. Das vor "ohne".

Obwohl sie es war, die ihn beobachtete, überkam sie das ungute Gefühl (Komma) selbst beobachtet zu werden.

Als würde er lauschen, nur darauf lauernd, dass ...
"Nur darauf lauern" würde für mein Empfinden besser klingen.

Ja, worauf eigentlich? Lana kam sich plötzlich ziemlich dämlich vor. Sie seufzte. Wenn er doch wenigstens über die Dinge reden würde, die in seinem Kopf vorgingen. Wenn man ihn darauf ansprach, erntete man im besten Fall einen missgünstigen Blick. Wenn er aber schlechte Laune hatte, und die hatte er in letzter Zeit ziemlich oft, dann konnte es passieren, dass ihm die Sicherungen durchbrannten.
Vor einiger Zeit war er mit hochrotem Kopf nach Hause gekommen, knallte die Haustür ins Schloss und fing an unvermittelt rumzuschreien. Der Pizzabäcker hätte ihm zu wenig Wechselgeld zurückgegeben. Er hätte mit einem Fünfziger bezahlt, aber der Bäcker hatte nur zwei Euro herausgegeben.
»Bist du dir denn sicher, dass du ihm einen Fünfziger gegeben hast«, hatte Lana gefragt, »vielleicht hast du dich ja geirrt?«
Sie dachte sich nichts bei der Frage. Konnte verstehen, dass er sich ärgerte. Aber wenn das Ganze nur ein Irrtum war, wieso sich dann darüber aufregen?
Er sah aus, als hätte man ihm einen Schlag verpasst. Ganz bleich war er geworden, hatte die Zähne gebleckt und Lana verächtlich angestarrt.
»Sag mal, spinnst du?«
»Was?«
»Willst du mir unterstellen, dass ich dich anlüge?«
»Was, nein ... natürlich nicht, ich meinte ja nur, dass-«
Seine Augen traten aus ihren Höhlen hervor. Er riss den Mund auf und schrie:
»Bist du jetzt vollkommen verblödet?«
Lana erkannte ihn nicht wieder. War völlig überrumpelt. Hatte ihn nur sprachlos angesehen. Und das machte ihn nur noch wütender. Er hatte einen abrupten Schritt nach vorne getan, sie mit geradezu irrem Blick angefunkelt. Seine Augenränder zuckten. Er schien mit sich zu ringen, einen Moment lang sah es so aus, als würde er zuschlagen. Und dann beruhigte er sich. Abrupt. Einfach so. Ohne ersichtlichen Grund.
Dieser ganze Teil. Ich sehe, dass das irgendwie wichtig ist, weil du den Wechsel in seinem Verhalten deutlich machen willst. Ich weiß nicht, ob es das unbedingt braucht, aber wenn du es drinhaben willst, würde ich keine Szene aus der Vergangenheit nehmen, sondern etwas entsprechendes jetzt passieren lassen. Es muss ja nicht ganz so sehr eskalieren. Vielleicht kannst du es mit der Szene verbinden, als sie vorschlägt, etwas essen zu gehen. Sein Ausraster muss ja nicht rational, nicht an ein echtes Fehlverhalten von Lana gekoppelt sein, deshalb hast du da meiner Meinung nach auch viel Spelraum.

Er hatte gelächelt, doch irgendwas an seinem Blick war sonderbar gewesen. Hinter seiner Miene lag etwas im Dunkeln verborgen. Etwas, das entfernt an Misstrauen erinnerte. Aber weit darüber hinausging.
Ach, jetzt hab ich's kapiert. Der unregelmäßige Fleck ist bösartig verändert - und verändert ihn bösartig. Korrekt?

Ein Ruck ging durch die Reihe. Lanas Mann rückte einen Meter vor. Sie folgte ihm. Mitten in der Bewegung trat ihr die riesige Frau ein weiteres Mal in die Fersen. Lana schrie auf, verlor vor Schmerzen den Halt und stürzte.
"Vor Schmerzen" kannst du getrost streichen. Das fühlt sich ein bisschen so an, als würdest du es mir vorkauen. Und ich glaube, man verliert vielleicht eher den Halt, weil die Sehne getroffen wird. Ich würde es offen lassen.

Die Frau ergriff mit geradezu unmenschlicher Schnelligkeit und Stärke Lanas Oberarm und bewahrte sie mit festem Griff davor, auf den Boden zu fallen.
Lana sah auf, die riesenhafte Frau war wie erstarrt, zog langsam ihren Fuß zurück und lockerte ihren Griff. Ihr rechter Arm hing schlaff herab, Bratensoße tropfte aus dem Brötchen-Pastiktüten-Knäuel in ihrer Hand. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich tief empfundene Scham wieder.
Okay, das gefällt mir überhaupt nicht. Das ist mir zu distanziert beschrieben. Vor allem der erste Satz.
Dann interpretiere ich, du willst darauf hinaus, dass die Frau irgendwie bessesen wurde, etwas ist in sie hineingefahren und hat ihren Körper benutzt, um Lana festzuhalten?
Ich habe die Diskussion bis hierher grob verfolgt und erinnere das mit dem Schutzengel.
Du könntest das deutlicher machen. Schlaff herabhängender Arm könnte auch der Schreck sein. Ich dachte spontan, sie in der Bewegung erstarren zu lassen, als sie gerade ins Brötchen beißen wollte oder gebissen hat. Die Soße tropft (Bratensoße, ehrlich?) nicht aus dem Brötchen, sondern rinnt aus ihrem offenstehenden Mund.
Und auf ihrem Gesicht spiegelt sich erst mal gar nichts, der Ausdruck ist leer. Dann erst die Scham, die Frau kommt wieder zu sich.

»Ich«, begann sie, »ich ... bin wirklich völlig untröstlich.«
Lana wusste nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Sie sah zu ihrem Mann. Er hatte sich nicht einmal umgedreht. Als hätte er ihren Aufschrei nicht gehört. Sie sah wieder zu der Frau. Ihr Gesicht war rot angelaufen. Lana atmete einmal tief durch.
»Ja«, presste sie zwischen den Zähnen hervor, »ist schon gut. Aber passen sie bitte von nun an auf.«
»Es tut mir w-«
»Schon gut«, Lana winkte ab.
Was ist mit dem Schweiß? Den ekligen Augenbrauen? Was ist mit Lanas Arm, tut der nicht weh, von diesem festen Griff? Geht sie auf Distanz zu der fetten, schwitzenden, tropfenden Frau oder versucht es wenigstens? Scheint ja voll zu sein, was passiert, wenn sie zurückweicht und gegen jemanden stößt? Ihren Mann? Oder befürchtet, es war ihr Mann?

Sie rückten zu dem Einlasshäuschen vor. Ein kleiner Bretterverschlag, in dem es sich ein älterer Herr mit Weihnachtsmannbart gemütlich gemacht hatte. »Zwei Erwachsene«, sagte Lanas Mann.
Weihnachtsmann ruiniert für mich komplett die bedrohliche Stimmung. Ich dachte im ersten Moment tatsächlich, da sitzt jemand, der sich einen falschen Bart angezogen hat und sie gehen auf einen Weihnachtsmarkt oder sowas.

Der ältere Herr kramte in einer Kiste neben seinem Stühlchen und fingerte eine klobige Taschenlampe hervor. Bevor er sie Lanas Mann aushändigte, setzte er ein gutmütiges Lächeln auf und sagte, »Es gibt unbeleuchtete Passagen da drinnen. Verlieren Sie Ihre Lampe nicht.«
Also, wenn es da so voll ist, dann muss er die Lampe nicht suchen. Er kann sich ja schwer dabei tun, vielleicht sind die Finger nicht mehr so flink und er sieht nicht mehr so gut, aber dass es da so eine unorganisierte Kiste gibt, in der man erst nach den Lampen - die so wichtig sind - kramen muss.
Außerdem las ich, dass er Lanas Mann die Lampe aushändigt und davor nur noch eine Anmerkung macht.

Lanas Mann ließ seine schon ausgestreckte Hand sinken und wandte das Gesicht von dem älteren Herrn ab. Es war eine beiläufige Geste, aber sie traf ins Schwarze.
»Oh«, das gutmütige Lächeln des Mannes geriet ins Wanken. Er wirkte verunsichert. Lana griff nach der Lampe und berührte dabei flüchtig die Hand des Alten. Ihre Blicke trafen sich. Sie lächelte warm. Seine Miene hellte auf, gewann ihren vitalen Ausdruck zurück.
Lanas Mann ist ein ganz fieser Kerl und so gemein zu dem armen, gutmütigen Alten und Lanas freundliches Herz kann einer verletzten Seele sogar die Lebensfreude wieder schenken.
Mann böse, Lana gut. Habs kapiert.
Ist mir viel zu unsubtil.
An der Stelle hoffe ich, dass der Alte nachher versucht, Lana umzubringen, und ihr Mann sie rettet. Ich erwarte, dass du mich mit dem Holzhammer zumindest in die Irre führen willst.

Sie sah ihn vorwurfsvoll an. Er hielt ihrem Blick stand.
Du betonst das so, als wäre es ungewöhnlich, dass er ihrem Blick stand hält. Bei ihr würde es mich wundern, aber bei ihm?

Ein normaler Mensch hätte irgendeine Gefühlsregung gezeigt. Scham, Wut oder allgemeine Gereiztheit.
die Aufzählung brauchst du nicht, überlass es lieber meiner Fantasie, welche Gefühlsregung ich hier erwarten würde. Das macht mir auch deutlicher bewusst, dass da keine ist.
Und darum geht es doch, oder?

Aber er war vollkommen ruhig. Sah sie an wie ein Möbelstück oder Gemälde, das nicht an dem Platz ist, an dem man es gerne haben möchte.
Ich mag Vergleiche generell nicht. Meistens ärgere ich mich sogar darüber. Das ist eine der wenigen starken Präferenzen, die ich habe. Ich bin bisher nur ganz wenigen Autoren begegnet, die Vergleiche ziehen können, die mich nicht stören.
Dein Vergleich hier hinkt für mich deshalb, weil ich unterstelle, dass erdurchaus eine Gefühlsregung beinhaltet. Man stört sich daran, wenn man ein Möbelstück oder ein Gemälde nicht an dem Platz ist, an dem man es gerne haben möchte. Etwas ist nicht so, wie man es gerne haben möchte.

Er wandte sich von ihr ab und spazierte davon, in den Eingang des Bergwerks hinein.
"Spazierte" passt für mich nicht zum Mann. Das klingt gelöst, entspannt, positiv.

Irgendwie hatte sie noch weniger Lust, dieses Bergwerk zu betreten, als noch vor einer Minute. Mehr noch, sie hatte keine Lust, dieses Bergwerk zusammen mit ihm zu betreten.
Warum betonst du hier "mit"?

Der unbändige Wunsch überkam sie, jetzt, in diesem Moment, einen radikalen Schlussstrich zu ziehen. Er ging in sein Bleierzbergwerk und sie, ... sie ging halt einfach davon. Auf Nimmerwiedersehen. Der Gedanke gefiel ihr einen kurzen Moment lang. Dann bekam sie ein schlechtes Gewissen.
Streich "einen kurzen Moment lang". Du musst mir nicht schon im ersten Satz verraten, dass das Gefallen im nächsten endet.

Er war krank, verdammt. Er konnte nichts dafür. Hätte er die Operation nicht gemacht, wäre er jetzt vielleicht schon nicht mehr am Leben.
Den kompletten Satz mit der OP kannst du meiner Meinung nach auch streichen.
War er eben erst aufgetaucht, oder schon ein paar Sekunden dort gewesen?
Warum ist das wichtig?

»Hui, schön kühl hier, was?«, fragte der Schemen.
Lana wandte sich dem Schemen, der Frau mit dem – inzwischen aufgegessenen – Brötchen zu und sah sie fragend an.
Die Frau stieß einen nervösen Hickser aus.
»Oh, Verzeihung«, sagte sie und setzte nach, »ein richtiges Abenteuer, nicht wahr?«
Hier kann ich mehreren Punkten nicht ganz folgen.
Fragte der Schemen: Warum immer noch "Schemen"? Wenn ich einen Schemen wahrnehme, dann schaue ich automatisch, wer oder was das ist. Ich müsste mich bewusst dagegen entscheiden, mich nicht umzudrehen, wenn jemand in meinem Sichtfeld auftaucht, den ich aber nicht klar sehe.
Warum stößt die Frau einen nervösen Hickser aus? Und wofür entschuldigt sie sich? Für den Hickser? Die Stelle verwirrt mich wirklich komplett.

»Mhm?«, fragte Lana.
Die Frau überhörte Lanas Desinteresse großzügig, »wissen sie, der freundliche ältere Herr im Einlasshäuschen hat mir ja doch ein wenig Angst eingejagt. Dunkle unbeleuchtete Passagen, gefährliche Gehwege«, sagte sie und fügte in familiärem Ton hinzu, »Wir müssen gut da drinnen aufeinander aufpassen, was?«
"Großzügig" verwirrt mich. Wer nimmt wahr, dass das großzügig ist? Ist es wirklich großzügig? Mir kommt die Frau einsam vor, wie jemand, der unbedingt reden will. Dann ist aber nichts großzügiges daran, dass sie das Desinteresse ignoriert.
Und "familiär" würde ich durch "vertraulich" ersetzen.

Lana betrachtete die Frau. Ihre Unterarme waren so dick wie Lanas Beine. Einen Moment wollte sie fragen, ob sie eine Bauarbeiterin war, vielleicht in der Forstwirtschaft arbeitete. Nahmen sie dort überhaupt so große Menschen?


Aber stattdessen sagte sie:
»Mhm-hm«, und machte der Frau Platz, »wollen wir?«
»Oh«, entfuhr es der Frau, »wie reizend von Ihnen.«
Es "entfuhr" ihr?

Sie lief an Lana vorbei und zog dabei einen übelriechenden Schweißodem hinter sich her. Lana kam nicht um ein selbstironisches Lächeln umhin.
Du schreibst plötzlich so ... fast schwülstig.
Odem ist übrigens ein altes wort für Atem. Das Wort, das du suchst, ist "Brodem".

Ich mag übrigens, dass Lana Kanten hat. Sie interessiert sich anscheinend einen Scheiß für ihre Mitmenschen, es sei denn, ihr Mann geht auf jemanden los, aber dann hat das auch mehr was mit ihr und ihrer eigenen Geschichte mit dem Kerl zu tun.

Im Inneren des Bergwerks war es angenehm kühl, die Augen entspannten sich vom grellen Licht des Feuerballs, der draußen am Himmel brannte.
Der Feuerball, der am Himmel brannte? Ehrlich, ich nehme da einen Bruch in deiner Erzählstimme wahr. Und das passt auch gar nicht zur Atmosphäre, die du vorher aufgebaut hast, diese bedrohliche, dunkle - wo ist die hin? Ich komme mir hier grade vor, als wäre ich von einem angedachten Horrorszenario in eine Fantasywelt gestolpert.

Ein Führer mit Schlapphut, in kitschigen, mittelalterlichen Klamotten stellte sich vor.
Okay, vielleicht warst du da einfach vorher schon sehr in den Bildern drin, die du mit dem Marketing des Bergwerks assoziierst?

Sie trabten los, Taschenlampen wurden eingeschaltet. Ein enger, unbeleuchteter Pfad führte in den Berg hinein und streckte das Besuchergrüppchen in die Länge.
Atmosphärisch wäre es glaube ich netter, wenn der Pfad erst unbeleuchtet ist und dann die Taschenlampen eingeschaltet werden.

Lana war eine der letzten in der Schlange. Vorne in der Reihe erzählte der Führer mit Schlapphut etwas – wohl über die Geschichte des Bergwerks. Lana konnte nur mutmaßen, bei ihr kamen nichts als verzerrte, hallende Laute an.
»Ganz schön dunkel hier, was?«, bemerkte die Frau. Lana nickte gedankenversunken. Die Stimme der Frau klang nah, sehr nah. Als ob sie sich mitten im Lauf vorbeugen würde und Lana von hinten direkt ins Ohr sprach. Eine seltsame Vorstellung.
Erst mutmaßt sie, was der Führer sagt, dazu muss sie sich darauf konzentrieren. In der nächsten Sekunde ist sie gedankenversunken?
Mit "mitten im Lauf" assoziiere ich "rennend" (wie 50-Meter-Lauf).

Es ging tief hinunter jenseits davon.
Das finde ich furchtbar.
Als Leser wäre ich inzwischen ausgestiegen, wegen des Bruchs in der Atmosphäre, das Ganze plätschert nur noch so vor sich hin - vorhin war ich gespannt, jetzt langweile ich mich.
Und wenn ich dann noch den Eindruck habe, dass du nicht weißt, was du mit Sprache machen musst -
Hinter "hinunter" würde ein Komma gehören. Gut klingt der Satz trotzdem nicht.
"Jenseits davon ging es tief hinunter" wäre flüssiger. Aber wie gesagt.

»Au, das tut so weh«, jammerte die Frau. Lana überraschte die Wehleidigkeit. Auch wenn die Frau sich eigentümlich, geradezu geschmückt ausdrückte, hätte sie eine andere Reaktion von einem Bauarbeiter erwartet.
Also, die merkwürdige Sprache der Frau verwundert sie nicht, obwohl sie sie für einen Bauarbeiter hält, aber die Wehleidigkeit schon? Und was hat die eigentümliche Sprache damit zu tun, dass die Frau wehleidig ist - obwohl sie sich geschmückt ausdrückt, hätte sie keine Wehleidigkeit von ihr erwartet?

Lana grinste. Sie wusste ja gar nicht, was die Frau eigentlich beruflich tat. Sie ging ihr zur Hilfe, stützte sie.
»Sagen sie«, fragte Lana, »was tun sie eigentlich beruflich?«
"Eigentlich beruflich" musst du nicht zwei Mal erwähnen. Wenn Lana erst grinst und sie dann fragt, dann wird das auch so klar.


Sie wandte sich um, sah in das gleißende Licht seiner Taschenlampe.
Mach einen Punkt nach "Licht". Die Taschenlampe hast du kurz vorher schon.

Sie schirmte es mit ihrem Arm ab.
»Ja?«
»Kommst du?«, fragte er.
Lana kniff die Augen zusammen, versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu erkennen. Es gelang ihr nicht.
»Die Frau hat sich verletzt.«
»Das sehe ich«, sagte er.
Lana war baff.
»Ja«, begann sie, »und wenn du das siehst, wieso hilfst du dann nicht?«
Es vergingen einige Sekunden, bis er etwas sagte. Während dieses Zeitraumes leuchtete er Lana weiterhin mitten ins Gesicht.
»Lana«, sagte er nachdrücklich, »kommst du?«
»Nimm doch endlich die Lampe runter, verdammt.«
Er schaltete die Lampe aus.
»Lana«, sagte er in drohendem Ton, »ich fragte, ob wir jetzt weitergehen können.«
Der Dialog würde bedrohlicher wirken, wenn er immer weniger Worte verwendet.
"Lana", sagte er in drohendem Ton, "komm."


Die riesenhafte Frau in Lanas Armen stieß einen vereinzelten Schluchzer aus.
"In Lanas Armen" wekcht falsche Assoziationen bei mir.

»Nein, wir können nicht gehen.«
"Nein."

Er machte einen Schritt auf Lana und die Frau zu. Dann noch einen. Er ging vor ihnen in die Hocke. Sein Gesicht genau vor Lanas. Erst war da nichts, dann verzog sich seine Miene zu einem sehr, sehr schmalen Lächeln.
Das gefällt mir wieder.

Es war vollkommen unbewegt, sah aus, als wäre es auf seinem Gesicht eingesperrt.
"Eingesperrt ... auf" klingt falsch. Ich bin sehr für kreative Verwendung von Sprache, aber wenn mein Kopf stolpert und dann anfängt zu korrigieren, dann ist das schlecht.

»Du hast dich verändert, Lana.«
Auch das gefällt mir.

Lana schluckte. Was ging nur in ihm vor. Merkte er denn selber nicht, was er da sagte?
Das verstehe ich nicht? Was sagt er denn? Das klingt, als würde er wirres Zeug reden.

»Du bist nicht mehr die Frau, der ich vor dreizehn Jahren einen Ring an den Finger gesteckt habe.«
Das ging zu weit. Das ging wirklich zu weit. Wie konnte er so etwas sagen.
»Sag mal, weißt du überhaupt-«
Ich denke, du willst darauf hinaus, dass er derjenige ist, der sich verändert hat, es aber ihr vorwirft?
In dem Fall könntest du mal ausprobieren ihn Worte, Beschreibungen verwenden zu lassen, die an das erinnern, was Lana über ihn denkt und an ihm beobachtet.
»W-was?«, stammelte sie.
»Wie kannst du so etwas sagen, nach allem, was ich für dich getan habe?«
Hier würde ich nicht in eine neue Zeile gehen.

Lana senkte den Blick.
Sie hat eben schon weggeschaut.

Sein Mundwinkel zuckte und seine Maske verlor ihren Halt. Zusammen mit dieser Maske rutschte auch der letzte Rest Menschlichkeit herunter.
Den letzten Satz brauchst du nicht. Du nimmst damit vorweg, was du in den Sätzen danach beschreibst.
Oder versuch es mal umgekehrt: Erst zeigen, dann zusammenfassen. Den Satz also weiter hinten platzieren.
Wobei ich auch generell finde, dass du das, was du schon die ganze Zeit zwischen den Zeilen zeigst - die verlorene Menschlichkeit - nicht so deutlich aussprechen solltest.

Seine Schuhe machten knautschige Geräusche auf dem steinernen Boden.
"Knautschig" ist ein sehr putziges Wort. Und passt irgendwie nicht zur Stimmung.

Lana stieß ein ersticktes Keuchen aus, blieb vollkommen entsetzt zurück.
Bitte erklär mir nicht, dass sie entsetzt ist, zeig es mir.

Lana bemerkte einen unangenehmen (Komma - oder "unangenehm") süßlichen Geruch, gemischt mit den scharfen Gerüchen von Desinfektionsmitteln.

»Sie haben Glück gehabt«, sagte er, »das hier hätte weitaus schlimmer für Sie ausgehen können.«
Äh. Das Ende war jetzt ziemlich enttäuschend.

Okay, zum Gesamteindruck:
Ich finde die Idee mit dem Mann, den irgendetwas verändert spannend. Und ich finde auch die Atmosphäre, die du da stellenweise aufbaust interessant.
Das würde ich so dann auch lesen wollen.
Aber die Geschichte, die ist eine ganz andere, als sie anfangs behauptet zu sein.
Die Spannung säuft irgendwo mittendrin ab.
Hast du als Autor klar, was du erzählen willst? Was der Grundkonflikt dieser Geschichte ist?
Willst du überhaupt eine Geschichte erzählen, oder vielmehr etwas zeigen? Worum geht es dir?

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich bin immer wieder neugierig, wie es zu schaffen ist, in nullkommanix eine Anzahl von Kommentaren zu erhalten, für die ich in aller Bescheidenheit an die zehn Jahre ansetz (und dann wird immer noch ne Fluse gefunden, weil der Weber in den Text die Flusen schön eingearbeitet hat, dass sie zunächst mal nicht stören) und umgekehrt weckt jeder Bestseller mein Misstrauen (dass es fast seinerzeit den Piketty erwischt hätte, nicht von mir gelesen zu werden). Das ist dann auch der Grund, dass mich Horror (den es ja jetzt auch in der Abschaffung des acht-Stunden-Tages geben wird, ein Hoch auf Milton Friedman und den Altnazi Fritz Hayek!) gar nicht interessiert - die Historie ist voll davon, da braucht es keiner Pflege, und Krimi, eine Gattung, die von der falschen Prämisse ausgeht, Verbrechen geschähen, um aufgeklärt zu werden. Wäre dem so, so wären es Hilferufe, wie der Selbstmörder ja i. d. R. auch in seinen Ankündigungen sein künftiges schlimme Werk nicht verheimlicht ...

Die Welt ist kein lustiger Spaß!

Aber:

Das wahre Grauen,

der liebe Manlio hat's schon angedeutet oder eher davor gewarnt,

willkommen hierselbst an diesem digitalisierten Ort,
Analog -

und das richtig wahre Grauen ist noch gar nicht zu der Geschichte angesprochen: Die Unfähigkeit, den ersten Satz korrekt zu formulieren.

Warum?

Eine geradezu riesenhafte Frau, an die zwei Meter groß und gehüllt in eine fast greifbare Wolke aus Schweißgeruch und penetrantem, sehr dunklen Parfüm hatte sich direkt hinter Lana platziert
klingt korrekt, belästigt aber nicht nur die Nase, sondern auch das Sprachgefühl durch falsche Fälle, am deutlichsten beim Parfüm:
... penetrantem, sehr dunklen ...

Die Präposition "in" lässt aber auch die Hülle der Wolke in den falschen Fall tappen, selbst wenn "in" den Dativ wie den Akkusativ nutzt: Hülle ich eine Wolke in Gerüche, Akkusativ = "ich hülle die Wolke" in Gerüche; ist sie nun "gehüllt", Dativ, also: " ... gehüllt in einer fast greifbaren Wolke".

Zudem wird es nicht so sehr das Parfüm, als desser penetranter Geruch sein, der die Nase ekeln lässt. Der Geruch ist aber durch Wortzusammenfügung bereits vom Schweiß usurpiert worden. Also entweder " in einer fast greifbaren Wolke aus Schweißgeruch und Geruch von penetrantem, sehr dunklem Parfüm ..." oder "... in einer fast greifbaren Wolke aus Schweiß und penetrantem, sehr dunklen Parfüm".

Aus zwo Zeilen Anfangssatz entwickeln sich 13 (!) Zeilen Korrektur - und es ist kein Ende abzusehen - wenn wir bedenken, dass der Hauptsatz sich durch eine überdimensionierte Apposition auszeichnet und schmückt, beginnend mit dem "Andie", pardon, "an die" und endend mit dem fallsüchtigen "Parfüm", denn der Hauptsatz lässt sich auf weniger als eine Zeile reduzieren

Eine geradezu riesenhafte Frau ... hatte sich direkt hinter Lana platziert.

Und das weiterzuführen - fürchte ich - würd mich von meinem eigentlichen Tagewerk, dem gepflegten Müßiggang nach getaner Arbeit, lange, allzu lange abhalten.

Und gerade heute wollte ich kein Buch schreiben, nicht mal eine Broschüre.

Nix für ungut

Friedel

Ja, da bin ich selbst in eine Falle getappt.
Der ehrliche Finder wird gewarnt vor dem Wäschetrockner, den er gewinnen kann!

 

Bevor mir irgendjemand anderes den Wäschetrockner wegschnappt:

Und das weiterzuführen - fürchte ich - würd mich von meinem eigentlichen Tagewerk, dem gepflegten Müßiggang nach getaner Arbeit, lange, allzu lange abhalten.

(Ich hoffe doch, das war es jetzt - und wenn ja dann) Ein wohlgemeinter Verbesserungsvorschlag:

meinen eigentlichem (...) den gepflegtem

Unsichere Grüße

Analog

PS: Tatsächlich mische ich Akkusativ und Dativ in dieser Form schon seit mindestens zwanzig Jahren. Das traurige ist, dass es sich dabei um kein Versehen handelt, sondern um völlige Absicht. Derlei Konstellationen haben mir schon desöfteren schlimmstes Kopfzerbrechen bereitet. Sollte es nun tatsächlich so einfach sein? Oder vielleicht doch nicht? Oh, ich verzweifle.

Ich würde ja sagen, der Rest deines Beitrages war ebenso erhellend oder nicht erhellend, aber das Gegenteil, bzw. das Gegenteil davon, ist der Fall. Da werde ich dich wohl zu gegebener Zeit noch einmal konsultieren müssen, um Licht ins Dunkel zu bringen. Und nun Schuschu, hinaus aus diesem Faden mit dir. Der Einzige der sich hier, am Rande dieses entarteten Schlammlochs Fiktion, hemmungslos unangemessen in seinem eigenen Übermut suhlen darf, bin ich. Du hast dafür deinen melodramatischen "Gretchen"-Faden.

PPS: Verzeiht ihr anderen, ich bin untröstlich, aber ich habe dieser Tage kaum mehr Zeit, als kurz mal nachts anonym im Forum vorbeizuschnüffeln und den Verlauf der Diskussion zu verfolgen. Aufgrund der Menge an konstruktiver Kritik ist mir ein angemessenes Daraufeingehen derzeit völlig unmöglich. Ich werde aber versuchen, spätestens Mittwoch, allerspätestens (!!) Donnerstag auf alle genannten Punkte einzugehen. Das mit dem Wäschetrockner besaß eine Dringlichkeit die einem Jeden (Jedem ? ) offensichtlich sein sollte und daher diese Ausnahme legitimiert, hoffe ich.

PPPS: Für geschwülstig selbstverliebtes Gefasel habe ich natürlich immer ausreichend Zeit. Danke.

PPPPS: Ich hoffe es ist ein Miele und verweise gleichsam darauf, dass ich alles unter AEG oder Bosch keinen Zentimeter über meine Haustürschwelle lasse.

 

Bevor mir irgendjemand anderes den Wäschetrockner wegschnappt:

Zitat Zitat von Friedrichard Beitrag anzeigen
Und das weiterzuführen - fürchte ich - würd mich von meinem eigentlichen Tagewerk, dem gepflegten Müßiggang nach getaner Arbeit, lange, allzu lange abhalten.
(Ich hoffe doch, das war es jetzt - und wenn ja dann) Ein wohlgemeinter Verbesserungsvorschlag:

meinen eigentlichem (...) den gepflegtem

...
Unsichere Grüße


Nein, es ist keine Miele, und,

lieber Analog,

der "unsichere" Gruß ist berechtigt. Ich glaub, Du würdest gar nicht den Wäschetrockner haben wollen ... Man spannt ihn bei gutem Wetter draußen, ansonsten auf dem Speicher auf. Man kann ihn auch zweckentrfremden und mehr als seine Kleidung daran hängen ...

Tschüss

Friedel

 

Danke erstmal, dass ihr euch die Mühe gemacht habt, euch weiterhin mit meinen Zeilen zu beschäftigen.

Es war zu erwarten: Ich kann zwar (fast) alle Bemerkungen nachvollziehen, bin aber nicht bei jeder der gleichen Meinung. Ich gehe der Reihe nach, fasse aber Jimmys zwei Beiträge zusammen.

--

Hallo Jimmy.

Ich arbeite einfach lieber mit Menschen, die das Schreiben ernst nehmen, so ernst wie ich.

Da bin ich völlig bei dir. Aber wie es nun mal so ist, ist das Schreiben ein recht einsiedlerisches Handwerk. Um ehrlich zu sein, arbeite ich die meiste Zeit vollkommen alleine. Bisher dachte ich, dass das den meisten Schriftstellern so geht, aber man lernt halt nie aus. Nebenbei, ich vertrete den Standpunkt, dass ein Autor nur durch Schreiben und Lesen (beides Querfeldein) seine Fähigkeiten verbessern kann. Wenn ich Geschichten betrachte, die ich vor einem Jahr geschrieben habe, sehe ich mich in diesem Standpunkt bestätigt. Klar, Feedback ist ebenfalls wichtig. Ich sehe es ja an mir selber, mache Anfängerfehler, von denen ich bisher nichtmal wusste, dass es sie gibt

Und wenn du glaubst, die Leser sind irgendwie dümmer oder weniger aufmerksam als Autoren, dann fürchte ich, hast du dich ganz arg geschnitten.

Das habe ich nicht gesagt. Nicht mal zwischen den Zeilen.

Ich sage nur, dass ich die gleichen Ansprüche an die Texte anderer lege, wie an meine eigenen.

Ich stöbere ja nun schon so einige Zeit still in diesem Forum umher und eine Aussage von dir ließ sich gleich mehrfach lesen. Nämlich dass du dich bemühst, dass du als Autor nicht aus deinen Geschichten herauszuhören bist. Ich meine, mich zu erinnern, dass dir Texte sogar missfallen, wenn du ihren Autor beim Lesen heraushören kannst. Wenn das ein Teil, oder sogar Großteil deines Anspruchs ist, so muss ich dir sagen, dass ich, gemessen daran, niemals Meisterschaft erreichen werde. Ich strebe allerdings auch nicht danach.

Ich finde es gerade toll, dass jeder Autor eine ganz individuelle Melodie in seinen Zeilen hinterlässt.

Und wenn Analog sagt, naja, eigentlich ist ihm das nicht so wichtig, denn den Leser (jeder Leser) interessiert das im Grunde nicht, der braucht keine psychologisch korrekte Geschichte und Charaktere

Oh, ich glaube, der exakte Wortlaut war:

"Und die meisten Leser (nicht jeder Leser) wollen unterhalten werden. Viele (Hier teile ich ein weiteres Mal auf) von ihnen haben kein Problem damit, wenn der Autor es ihnen so einfach wie möglich macht."

"Literatur muss nicht psychologisch korrekt und formal perfekt sein, um unterhalten zu können."

Nicht jeder Autor kann alles wissen. Er kann aber trotzdem eine Geschichte schreiben, die andere unterhält. Ich lehne mich mal aus dem Fenster, und behaupte, dass ein Psychiater bei Lektüre von mehr als fünfzig Prozent der Weltliteratur, die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde.

... und der (der Leser) überliest auch eindeutige Stilblüten wie "schütterer Hinterkopf", dann kann er das gerne machen, ich habe damit kein Problem.

Auch hier hast du es aus dem Zusammenhang gerissen:

"Selbst so unpräzise Beschreibungen, wie "schütterer Hinterkopf" und "Wolke aus warmem Schweiß" sehe ich jetzt, einige Tage später, schon weit weniger kritisch. Es mag "formal" falsch sein, aber ich als Leser, so ich denn mal in Geschichten über solche Ungereimtheiten stolpere, quittiere solche Dinge ("Dinge", auch sehr unpräzise) mit einem Lächeln."

Auch wenn wir in dieser Angelegenheit wohl niemals auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden, freue ich mich darüber, dass du doch nochmal vorbeigeschaut hast.

--

Hallo Manlio

"Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber einen sicheren Weg zum Misserfolg: Es allen Recht machen zu wollen." (Platon)

Wenn ich es allen recht gemacht hätte, dann wäre dieser Faden wohl um den ein oder anderen Beitrag ärmer. Ich habe auch ein Zitat:

"When critics disagree the artist is in accord with himself."

– Oscar Wilde

Nein, wer nimmt die Wertung "geradezu" vor? Lana?

Die Erzählstimme, die Lanas Wahrnehmung wiedergibt.

"Lana beobachtete, wie ein Käfer auf dem Hals ihres Mannes Platz nahm und unter dem Hemdkragen verschwand."

Mir ist das zu wenig. Klar kann Minimalismus die Fantasie anregen. Ich als Autor will aber nicht alles dem Zufall überlassen. Schreibe ich "Baum", sieht ein Mitteleuropäer eine Eiche, ein Japaner einen Bonsai und ein Australier einen Eukalyptus. Schreibe ich aber Fichte, weiß jeder was gemeint ist.

Eine schöne Anregung ist es aber trotzdem gewesen. Nur bei "dem" sperre ich mich vehement. Das mache ich nur bei Körperteilen. Soll mir der Lektor doch auf die Finger hauen.

Und noch eine steile These: wenn du weniger Adjektive nutzt, musst du genauer formulieren, weil Beschreibungswörter dir in dieser Hinsicht viel Arbeit abnehmen. Zu beschreiben, wie jemand etwas fasziniert beobachtet, ist schwerer, wenn du das Wort "fasziniert" nicht benutzt.

Wie gesagt, alles will ich nicht dem Zufall überlassen. Dass der Käfer klein ist, wäre aber unter dieser Prämisse tatsächlich ein Fall für die Mülltonne.

Das Wort "fasziniert" beleidigt inzwischen mein Auge. Das possierliche "schnurstracks" dagegen nicht.

Zack.

"Lana beobachtete, wie ein dicklicher Käfer auf dem Hals ihres Mannes Platz nahm und schnurstracks unter seinem Hemdkragen verschwinden wollte."

So, oder so ähnlich werde ich es wohl umsetzen.

--

Hallo Gefrierpunkt.

dass Lana sie nur vage wahrnimmt.

Die Frau steht ja auch hinter Lana.

Hier stolpere ich kurz darüber, dass es der Frau unangenehm, und Lana schließlich peinlich war. Die beiden Wörter drücken zwar nicht das Gleiche aus, sind aber so dicht hintereinander so ähnlich, dass mir da ein "auch" fehlt. Es war Lana schließlich sogar auch peinlich.

Ich mutmaße mal, dass du stolperst, weil der Satz unüberlegt und schlecht ist. Ein "auch" würde ihn für mein Empfinden eher noch schlimmer machen. Ich experimentierte einige Male mit diesem Satz herum. Besonders das Wörtchen "gewesen" saß mal an der einen, mal an der anderen Stelle. Vielleicht sollte ich das Wort ganz streichen. Vielleicht zudem das "peinlich" durch "Mitleid" ersetzen?

"Es war ihr sichtlich unangenehm und sie hatte sich so überschwänglich dafür entschuldigt, dass Lana schließlich sogar Mitleid mit ihr hatte."

Das Bild stimmt für mich nicht. Folie knistert. Folie schließt ab.

Ihr war heiß und die Bluse klebte ihr wie Folie auf der Haut.


Hitze + Folie = Weiche Folie

Vielleicht das mit dem missverstehen streichen.
Auch wenn du dir gerade hier so viel Mühe gemacht hast, ich bin vollkommen unschlüssig. Ich würde im Zweifelsfall jemand anderen darüber entscheiden lassen. Mal schauen, kann ich noch nicht absehen.

Wie wäre es mit einem aufgeblähten, einem geschwollenen Insekt?
Das werde ich umsetzen. Und die dreimal Hand(-fläche) wird auch abgeändert.

Wenn hier also "durfte" steht, dann lese ich, dass er genau das ausstrahlt. Sie "darf" seine Hose säubern. Ihn fahren. Den Haushalt machen.

Verstehe ich nicht, "durfte" ist nur ein "durfte" weil ich im Präteritum schreibe und an der Stelle keinen Bruch haben wollte. Ich war ursprünglich gar versucht, ein "dürfte" zu setzen.

Ich haue es einfach mal raus: Ich habe erwartet, dass er sich umdreht und leicht lächelt. Ich würde das als absolut bedrohlich lesen, wenn offen bleibt, ob er vielleicht schadenfroh ist, wegen der Hose. Ich stelle ihn mir als einen Typen vor, der sie gerne quält. Ich glaube, er ist von dir bloß als Griesgram gedacht, aber der Satz wie er ihr Verhalten falsch versteht (das macht der doch mit Absicht!) und sie ignoriert (demütigend), hat mir dieses Bild nachhaltig in den Kopf gesetzt.

Das ist wohl falsch angekommen. Er ist weder als Griesgram noch als Tyrann gedacht. Er ist empathielos und antisozial. Soziopathisch.

Er haut den Käfer platt, merkt, dass er beobachtet wird, dreht sich um und zwingt sich zu dem, was er als angemessene Mimik empfindet. Die Tragetasche löst einen Impuls aus, er bekommt Durst. Er zeigt nur minimale Kommunikation, ignoriert Lana. Sie ist ihm sogar so egal, dass er sich nicht mal die Mühe machen möchte, darüber nachzudenken, ob es in dem Bergwerk etwas zu essen gibt.
Eigentlich möchte er ihr nicht mal etwas Böses. (In der neuen Version) Ich habe ihn mir vielmehr so vorgestellt, wie jemand Fremden, der in ein bereits bestehendes Leben schlüpft. Dass ich jetzt diese Worte verwende, mag aber auch an deinem Körperfresser-Vergleich liegen. Er ist halt nach seiner Operation nicht mehr der, der er einmal war. Auch die Schlafrückblende sollte das deutlich machen.

Ich würde die Liste der Komplikationen streichen, wenn du das vage lässt, erhöht sich für mich das ungute Gefühl.

Wäre zu überlegen.

Einen Menschen

Oder?


Ist so gewollt. Vielleicht hätte ich einen Absatz einfügen sollen. Vielleicht aber auch direkt nach "einen völlig anderen Menschen vor sich zu haben." mit "ein Mensch" weitermachen. So wie die Wechsel von Präteritum zu Plusquamperfekt in Rückblenden.

Ist das die Dame vom Anfang? Das wird nicht klar.

Ich nahm an, "wandte sich um" und "schwitzendes Gesicht" reichen aus, um das klarzustellen.

Das Gesicht sollte "verschwitzt" sein.

Ne, es sollte ein schwitzendes Gesicht sein. Deine Meinung ist aber zur Kenntnis genommen :D

Unwirsch passt nicht. Es bedeutet sowas wie "unfreundlich", nicht abrupt o.ä, was dir wohl vorschwebte.

Dann lass mich dir mal ganz unwirsch sagen, dass das wie die Faust aufs Auge passt.

Hier würde ich näher ran gehen, um es wieder unangenehmer für den Leser zu machen. Zum Beispiel in dem du den fünften Satz straffst:
Er hatte geschnarcht, geredet, und sich im Schlaf an Lana gekrallt.
Gefällt mir noch nicht so richtig. Aber mehr Fokus darauf, dass sich jemand im Schlaf an ihr festkrallt wäre, finde ich, gut.

...

Bitte mach das weg. Den letzten Satz. Erklär mir nicht, dass es unheimlich ist. Sogar, sie eine klischeehafte Gänsehaut kriegen zu lassen, wenn sie in die Stille aufwacht, wäre besser, als mir das so zu präsentieren. Ich habe es längst begriffen, wenn du es bis hierhin richtig gemacht hast. Zweifelst du an meiner Intelligenz, Autor, oder an deinen Fähigkeiten?

...

Oder du streichst den Satz einfach und schreibst hier nur sowas wie: Nachdem sie in die Stille / in seine Stille aufgewacht war.
Und das letzte Komma hier muss weg. Das vor "ohne".

...

"Nur darauf lauern" würde für mein Empfinden besser klingen.


Lass mich dir mit einem Youtubelink antworten:

https://www.youtube.com/watch?v=TDEpLi-9WU8


Dieser ganze Teil. Ich sehe, dass das irgendwie wichtig ist, weil du den Wechsel in seinem Verhalten deutlich machen willst. Ich weiß nicht, ob es das unbedingt braucht, aber wenn du es drinhaben willst, würde ich keine Szene aus der Vergangenheit nehmen, sondern etwas entsprechendes jetzt passieren lassen. Es muss ja nicht ganz so sehr eskalieren. Vielleicht kannst du es mit der Szene verbinden, als sie vorschlägt, etwas essen zu gehen. Sein Ausraster muss ja nicht rational, nicht an ein echtes Fehlverhalten von Lana gekoppelt sein, deshalb hast du da meiner Meinung nach auch viel Spelraum.

Irgendetwas musste ich ja noch aus dem vormaligen Text übernehmen. Die Rückblende sollte ursprünglich deutlich machen, dass die Veränderung in seinem Verhalten schon vor einiger Zeit abzusehen war. Ansonsten stimme ich dir aber zu.

Ach, jetzt hab ich's kapiert. Der unregelmäßige Fleck ist bösartig verändert - und verändert ihn bösartig. Korrekt?

Ich sehe den Zusammenhang zwischen deiner Interpretation und meinen Erläuterungen zum Titel der Geschichte. Allerdings hat der Fleck damit nichts zu tun. Ist allerdings ein bisschen sehr unglücklich, das gebe ich zu.

"Vor Schmerzen" kannst du getrost streichen. Das fühlt sich ein bisschen so an, als würdest du es mir vorkauen.

Damit habe ich auch gehadert. Fand es effektvoller. Blödsinn. Weg.

Okay, das gefällt mir überhaupt nicht.

Mir gefällt es gut. Jap, Bratensoße. Aus dem Brötchen. Bleibt.

"Mund" hätte etwas, wenn sie denn besessen wäre. Du hast ein gutes, bildliches Vorstellungsvermögen. Die Frau ist allerdings nicht besessen. Sie reagiert einfach nur schnell und mit festem Griff. Geradezu übermenschlich. Aber auch nur "geradezu".

Was ist mit dem Schweiß? Den ekligen Augenbrauen? Was ist mit Lanas Arm, tut der nicht weh, von diesem festen Griff? Geht sie auf Distanz zu der fetten, schwitzenden, tropfenden Frau oder versucht es wenigstens?

Schweiß und Augenbrauen möchte ich an dieser Stelle nicht nochmal nennen. Das Lanas Arm schmerzen könnte, hatte ich auch zuerst angedacht, empfand ich dann aber aus demselbem Grund wie bei "Schweiß" und "Augenbrauen" als Ablenkung.

Scheint ja voll zu sein, was passiert, wenn sie zurückweicht und gegen jemanden stößt? Ihren Mann? Oder befürchtet, es war ihr Mann?

Hier kann ich nicht folgen. Ihr Mann? Wieso? Und was soll mit ihm sein, Lana stößt gegen ihn? Lana steht in einer Schlange. Links und rechts ist niemand. Vor Lana steht ihr Mann, hinter ihr die große Frau.

Weihnachtsmann ruiniert für mich komplett die bedrohliche Stimmung. Ich dachte im ersten Moment tatsächlich, da sitzt jemand, der sich einen falschen Bart angezogen hat und sie gehen auf einen Weihnachtsmarkt oder sowas.

...

Also, wenn es da so voll ist, dann muss er die Lampe nicht suchen. Er kann sich ja schwer dabei tun, vielleicht sind die Finger nicht mehr so flink und er sieht nicht mehr so gut, aber dass es da so eine unorganisierte Kiste gibt, in der man erst nach den Lampen - die so wichtig sind - kramen muss.


Hier kriegst du nochmal den Andreas. Finde die Stelle gerade gut. Auch, dass er die Lampen umständlich aus einer Kiste herauskramt. Wenn es dein Empfinden beruhigt: Ich sage ja nicht, dass dort nicht vielleicht weitere Kisten in dem Häuschen stehen.

Außerdem las ich, dass er Lanas Mann die Lampe aushändigt und davor nur noch eine Anmerkung macht.

Das stimmt allerdings. Ist ein logischer Fehler. Müsste ich ein wenig herumtüfteln. "Hält ihm die Lampe hin" oder dergleichen.

Lanas Mann ist ein ganz fieser Kerl und so gemein zu dem armen, gutmütigen Alten und Lanas freundliches Herz kann einer verletzten Seele sogar die Lebensfreude wieder schenken.
Mann böse, Lana gut. Habs kapiert.
Ist mir viel zu unsubtil.

Habe ich schon von dem Bekannten berichtet, der, wenn man ihm eine Marotte ankreidete, darauf nur ein arrogantes "Tja" erwiderte?

Tja.

Du betonst das so, als wäre es ungewöhnlich, dass er ihrem Blick stand hält. Bei ihr würde es mich wundern, aber bei ihm?

Eine Betonung lese ich an der Stelle nicht. Aber ich weiß, was du meinst. Es soll nur eine Überleitung zum nächsten Satz sein. Und der bleibt definitiv.

Dein Vergleich hier hinkt für mich deshalb, weil ich unterstelle, dass erdurchaus eine Gefühlsregung beinhaltet. Man stört sich daran, wenn man ein Möbelstück oder ein Gemälde nicht an dem Platz ist, an dem man es gerne haben möchte. Etwas ist nicht so, wie man es gerne haben möchte.

Ich finde die Stelle perfekt. Gerade weil sie Einblick in sein Denken gibt. Seine Sicht auf die Dinge. Sein Verhältnis zu Lana, wie er sie sieht. Oder zumindest wie sie meint, dass er sie sieht. Der Vergleich stellt Lana auf eine Stufe mit einem toten Gegenstand.

Und wieso du dich an einer Gefühlsregung störst, ist mir nicht ganz klar. Er fällt im Laufe der Geschichte unzählige Entscheidungen, ist genervt, durstig und wütend.

Er ist empathielos, nicht emotionslos.

Das klingt gelöst, entspannt, positiv.

Lana gibt nach und er hat, was er will. Ziel erreicht, weiter. Gerade, weil er so gelassen ist, finde ich ihn gruselig.

Warum betonst du hier "mit"?

Sie will das Bergwerk nicht nur nicht betreten. Sie will es vor allem nicht mit ihrem Mann betreten. Sie will ihm plötzlich fern sein. Er treibt sie zur Verzweiflung. Das Fass ist übergelaufen.

Streich "einen kurzen Moment lang". Du musst mir nicht schon im ersten Satz verraten, dass das Gefallen im nächsten endet.

Das erscheint mir ein wenig übereifrig. Was bleibt denn übrig, wenn ich den "kurzen Moment lang" streiche?

"Der Gedanke gefiel ihr. Sie bekam ein schlechtes Gewissen."

"Der Gedanke gefiel ihr. Dann bekam sie ein schlechtes Gewissen."

Ich kann das natürlich jetzt komplett umformulieren, andere Worte nutzen, eine andere Konstruktion. Aber ehrlich gesagt sehe ich den Sinn dahinter nicht.

Den kompletten Satz mit der OP kannst du meiner Meinung nach auch streichen.

Ich finde ihn wichtig. Holt er doch Lana auf den Boden der Tatsachen zurück.

Warum ist das wichtig?

Niemand sagt, dass es das ist. Erst recht nicht der Autor. Es ist eine Überleitung. Nicht mehr und nicht weniger.

hier kann ich mehreren Punkten nicht ganz folgen.
Fragte der Schemen: Warum immer noch "Schemen"? Wenn ich einen Schemen wahrnehme, dann schaue ich automatisch, wer oder was das ist. Ich müsste mich bewusst dagegen entscheiden, mich nicht umzudrehen, wenn jemand in meinem Sichtfeld auftaucht, den ich aber nicht klar sehe.

Für mich ist klar ersichtlich, dass es eine bewusste Entscheidung ist. Klar, wenn du in einer dunklen Gasse einen Schemen siehst, fährst du hastig herum, aber wenn du das Gefühl hast, in der Öffentlichkeit aus der Nähe beobachtet zu werden, sicherst du dich erstmal ab, dass du auch wirklich beobachtet wirst, bevor du noch der bist, der starrt.

Warum stößt die Frau einen nervösen Hickser aus? Und wofür entschuldigt sie sich? Für den Hickser? Die Stelle verwirrt mich wirklich komplett.

Lana sieht sie fragend an. Evtl. nicht die Reaktion, die sie sich auf ihr "Hui ..." erhofft hat. Kommt sich in dem Moment vielleicht auf einmal dumm vor.

Wer nimmt wahr, dass das großzügig ist?

Das benenne ich als Autor so. Wenn diese Tatsache einen "Bruch" in irgendeiner Perspektive oder Instanz sein sollte, dann sei's drum. Wenn ich eine solche, ironische Anspielung nicht einbringen kann, ohne dabei vielgepriesene "Normen" zu missachten, dann ist mir das völlig egal.

Es "entfuhr" ihr?

Jupp, so wie "Karlchen entfuhr ein Seufzer."

Du schreibst plötzlich so ... fast schwülstig.
Odem ist übrigens ein altes wort für Atem. Das Wort, das du suchst, ist "Brodem".

Gut, dann machen wir daraus eine Wand aus Schweiß(-geruch) oder so etwas. Mal schauen.

Ich mag übrigens, dass Lana Kanten hat. Sie interessiert sich anscheinend einen Scheiß für ihre Mitmenschen, es sei denn, ihr Mann geht auf jemanden los, aber dann hat das auch mehr was mit ihr und ihrer eigenen Geschichte mit dem Kerl zu tun.

Du siehst da mehr in Lana, als ich beabsichtigt hatte. Erwähnte ich schon, dass meine Figuren meistens einen Dreck darauf geben, was ich beabsichtige?

Der Feuerball, der am Himmel brannte? Ehrlich, ich nehme da einen Bruch in deiner Erzählstimme wahr. Und das passt auch gar nicht zur Atmosphäre, die du vorher aufgebaut hast, diese bedrohliche, dunkle - wo ist die hin? Ich komme mir hier grade vor, als wäre ich von einem angedachten Horrorszenario in eine Fantasywelt gestolpert.

Der Satz, und der nachfolgende, ist knapp ein Jahr alt. Tatsächlich war ich damals schon mitten in der Planung zu einer mittelalterlichen Horrorgeschichte. Vielleicht erklärt das deine Empfindung.

Atmosphärisch wäre es glaube ich netter, wenn der Pfad erst unbeleuchtet ist und dann die Taschenlampen eingeschaltet werden.

Bin ich bei dir.

erst mutmaßt sie, was der Führer sagt, dazu muss sie sich darauf konzentrieren. In der nächsten Sekunde ist sie gedankenversunken?

Das ist wohl ein wenig vorgegriffen zu ihren Gedanken über die seltsame Vorstellung, dass ihr die Frau mitten im Lauf ins Ohr spricht.

Mit "mitten im Lauf" assoziiere ich "rennend" (wie 50-Meter-Lauf).

Ich nicht. Für mich ist "im Lauf" nicht zwingend gleichbedeutend mit "laufen". Im Zweifelsfall würde ich es, mehrfach darauf angesprochen, streichen. "mitten im Gehen" gefällt mir aber auch nicht wirklich.

Das finde ich furchtbar. Als Leser wäre ich inzwischen ausgestiegen, wegen des Bruchs in der Atmosphäre, das Ganze plätschert nur noch so vor sich hin - vorhin war ich gespannt, jetzt langweile ich mich.

Der Satz ist ebenfalls aus der alten Geschichte übernommen. Darum der Bruch. Ich sah es als kleine Spielerei.

und wenn ich dann noch den Eindruck habe, dass du nicht weißt, was du mit Sprache machen musst -
Hinter "hinunter" würde ein Komma gehören. Gut klingt der Satz trotzdem nicht.
"Jenseits davon ging es tief hinunter" wäre flüssiger. Aber wie gesagt.

"Oho, ein Komma fehlt, der Autor kann nicht mit Sprache umgehen."

Klugscheißer :D

Also, die merkwürdige Sprache der Frau verwundert sie nicht, obwohl sie sie für einen Bauarbeiter hält, aber die Wehleidigkeit schon?

Ist das eine Fangfrage?

Und was hat die eigentümliche Sprache damit zu tun, dass die Frau wehleidig ist - obwohl sie sich geschmückt ausdrückt, hätte sie keine Wehleidigkeit von ihr erwartet?

Die hier ist noch subtiler. Lass mich dir wie folgt antworten: Was wäre, wenn ich "Ja" sage?

"Eigentlich beruflich" musst du nicht zwei Mal erwähnen. Wenn Lana erst grinst und sie dann fragt, dann wird das auch so klar.

Das ist ein beabsichtigtes Wortspiel.

Mach einen Punkt nach "Licht". Die Taschenlampe hast du kurz vorher schon.

Japp, die große Frau sollte stattdessen von einem Licht geblendet werden, damit Lana in die Taschenlampe sehen kann. Guter Einwurf.

Der Dialog würde bedrohlicher wirken, wenn er immer weniger Worte verwendet.
"Lana", sagte er in drohendem Ton, "komm."

Empfinde ich anders. Ich wollte damit sein – ich nenne es mal – Unvermögen beschreiben. Die ganze Bandbreite seiner fehlenden Sozialkompetenz. Er denkt vielleicht, je deutlicher, präziser und nachdrücklicher er sein Bedürfnis beschreibt, desto eher tut Lana das, was er will.

Das sollte komplett weltfremd wirken.

»Die Frau hat sich verletzt.«
»Das sehe ich«, sagte er.
Lana war baff.
»Ja«, begann sie, »und wenn du das siehst, wieso hilfst du dann nicht?«
(... Er denkt kurz darüber nach ...)
»Lana«, sagte er nachdrücklich, »kommst du?«

"In Lanas Armen" wekcht falsche Assoziationen bei mir.

In mir nicht. Fall abgeschlossen.

"Nein."

Nein.

"Eingesperrt ... auf" klingt falsch. Ich bin sehr für kreative Verwendung von Sprache, aber wenn mein Kopf stolpert und dann anfängt zu korrigieren, dann ist das schlecht.

Andreas.

Das klingt, als würde er wirres Zeug reden.

Ich finde, das tut er.

Ich denke, du willst darauf hinaus, dass er derjenige ist, der sich verändert hat, es aber ihr vorwirft?
In dem Fall könntest du mal ausprobieren ihn Worte, Beschreibungen verwenden zu lassen, die an das erinnern, was Lana über ihn denkt und an ihm beobachtet.

Eigentlich ist es eine Erinnerung bzw. Anspielung an, "Der Mann, der Lana vor dreizehn Jahren einen Ring an den Finger steckte, hatte nie so geschlafen." und auf zwei ähnliche Passagen in der ursprünglichen Version. Ich sende dir mal die Version zu, die ich hier ursprünglich eingestellt hatte.

Sie hat eben schon weggeschaut.

Ich schreibe es nicht, aber bei "Wie kannst du so etwas sagen, nach allem, was ich für dich getan habe?" soll sie ihn eigentlich anschauen. Überdenke ich.

Den letzten Satz brauchst du nicht. Du nimmst damit vorweg, was du in den Sätzen danach beschreibst. Oder versuch es mal umgekehrt: Erst zeigen, dann zusammenfassen. Den Satz also weiter hinten platzieren.
Wobei ich auch generell finde, dass du das, was du schon die ganze Zeit zwischen den Zeilen zeigst - die verlorene Menschlichkeit - nicht so deutlich aussprechen solltest.

Hmm. Einerseits hast du recht, andererseits gefällt mir der Satz. Überdenke ich.

"Knautschig" ist ein sehr putziges Wort. Und passt irgendwie nicht zur Stimmung.

Habe ich ebenfalls aus der alten Version übernommen. Da war es noch die dicke Frau, die von dannen knautschiert ist.

Bitte erklär mir nicht, dass sie entsetzt ist, zeig es mir.

Nö. An dieser Stelle gibt es kein "Show don't tell". Maximal streiche ich den Zusatz. Mal schauen.

Äh. Das Ende war jetzt ziemlich enttäuschend.

Wie gesagt, es spielt auf das Ende der ersten Version an. Irgendwo sagte ich schon, dass ich evtl. eine Traumsequenz mit diesem Ende einfüge. Das Ende an sich, bleibt aber so wie es jetzt ist. Neue Geschichte, neues Glück.

Hast du als Autor klar, was du erzählen willst? Was der Grundkonflikt dieser Geschichte ist?
Willst du überhaupt eine Geschichte erzählen, oder vielmehr etwas zeigen? Worum geht es dir?

Ja, sehr klar. Grundkonflikt würde ich es aber nicht nennen. Ich spiele in der neuen Version mit der Erwartungshaltung von Lesern, die die erste Version gelesen haben. Ob das nun nütz oder unnütz ist, sei mal dahingestellt. Ich habe dir ja schon per PN geschrieben, dass mir die Geschichte nicht sonderlich gefällt. Das hält mich nicht vom Überarbeiten ab, verbaut mir aber die Möglichkeit, sie zu perfektionieren. Sollte ich hier mal eine neue Geschichte einstellen, dann gehe ich mit mehr Herzblut an die Sache heran.

Selbstverständlich werde ich sie dann noch aggressiver verteidigen, als dieses missgebildete, ungeliebte Stiefkind.

--

Hallo Friedrichard.

Die Präposition "in" lässt aber auch die Hülle der Wolke in den falschen Fall tappen, selbst wenn "in" den Dativ wie den Akkusativ nutzt: Hülle ich eine Wolke in Gerüche, Akkusativ = "ich hülle die Wolke" in Gerüche; ist sie nun "gehüllt", Dativ, also: " ... gehüllt in einer fast greifbaren Wolke".

"Eine Frau, gehüllt in einer fast greifbaren Wolke", gefällt mir nicht. Der Fallverstoß bleibt.

Zudem wird es nicht so sehr das Parfüm, als desser penetranter Geruch sein, der die Nase ekeln lässt. Der Geruch ist aber durch Wortzusammenfügung bereits vom Schweiß usurpiert worden. Also entweder " in einer fast greifbaren Wolke aus Schweißgeruch und Geruch von penetrantem, sehr dunklem Parfüm ..." oder "... in einer fast greifbaren Wolke aus Schweiß und penetrantem, sehr dunklen Parfüm".

"Schweißgeruch und Parfüm" beißt sich wirklich. Die Alternative ist an Hässlichkeit nicht zu überbieten. Dann kommt wohl für mich nur eine Konstellation in Frage:

"... gehüllt in eine fast greifbare Wolke aus Schweiß und Parfüm ..."

Hoffentlich liest Jimmy nicht bis zu dieser Stelle.

Wenn doch:

Wäre es der dunkle Geruch von Kohle oder der penetrante Gestank einer Kaffeerösterei, würde ich schreiben "Kohlegeruch" bzw. "Kaffeegestank". Ganz einfach, weil ich es mir nicht vorstellen kann, dass jemand in einer Kohle- oder Kaffeewolke steht.

Wenn jemand aber in einer Parfüm- oder Schweißwolke steht, dann ist das meiner Meinung nach normaler Sprachgebrauch. Ich hätte an der Stelle nicht so schnell zurückrudern sollen.

- wenn wir bedenken, dass der Hauptsatz sich durch eine überdimensionierte Apposition auszeichnet

Ich habe nicht ganz verstanden, weshalb das ein Problem darstellt.

Denn der Hauptsatz lässt sich auf weniger als eine Zeile reduzieren

Natürlich, man kann alles Mögliche zusammenfassen oder kürzen. Deine Aussage dahinter verstehe ich nicht.

Aus zwo Zeilen Anfangssatz entwickeln sich 13 (!) Zeilen Korrektur - und es ist kein Ende abzusehen

Kein Ende abzusehen wovon? Grammatikalische Unzulänglichkeiten? Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du davon noch ein paar nennen könntest. Die reinen Textstellen reichen vollkommen aus. Ganz wie dir beliebt auch vollkommen ohne Anmerkung deinerseits.

Diese Präpositionsgeschichte hat mir nämlich ziemlich weitergeholfen.

PS: Das mit dem Trockner vertagen wir dann mal lieber.

 

Hallo Analog.

Es ist mir bei ungefähr der Hälfte der Zitate nicht erkennbar, worauf sie sich beziehen, weil du nur mich zitierst, nicht aber die entsprechende Textstelle. Ich habe aber auch keine große Lust, immer wieder in meinem ellenlangen Beitrag herumzuscrollen. Mal sehen, woran ich mich noch erinnere.

Ich mutmaße mal, dass du stolperst, weil der Satz unüberlegt und schlecht ist. Ein "auch" würde ihn für mein Empfinden eher noch schlimmer machen. Ich experimentierte einige Male mit diesem Satz herum. Besonders das Wörtchen "gewesen" saß mal an der einen, mal an der anderen Stelle. Vielleicht sollte ich das Wort ganz streichen. Vielleicht zudem das "peinlich" durch "Mitleid" ersetzen?

"Es war ihr sichtlich unangenehm und sie hatte sich so überschwänglich dafür entschuldigt, dass Lana schließlich sogar Mitleid mit ihr hatte."

Keine Ahnung. Ist es das, was Lana empfindet?


Verstehe ich nicht, "durfte" ist nur ein "durfte" weil ich im Präteritum schreibe und an der Stelle keinen Bruch haben wollte. Ich war ursprünglich gar versucht, ein "dürfte" zu setzen.
Ich wollte eher darauf hinaus, dass es vielleicht ein "musste" sein sollte.
Mir erschien das an der Stelle, aus dem ganz subjektiven Eindruck, den ich von Lana hatte, nicht passend, dass sie "durfte" denkt. Ich habe sie nicht als jemanden erlebt, der zu Selbstironie neigt. Ich glaube, später dann irgendwann, aber da noch nicht.

Das ist wohl falsch angekommen. Er ist weder als Griesgram noch als Tyrann gedacht. Er ist empathielos und antisozial. Soziopathisch.
Ich bezweifele, dass Soziopathen keine Griesgrame oder Tyrannen sein können.
Aber abgesehen davon passt das dann schon zu dem Bild, das ich zu Anfang beim Lesen von ihm hatte. Trotzdem war das Bild anscheinend nicht eindrücklich genug, wenn ich daran zweifele, dass ich das Bild sehe, das du als Autor zeichnen wolltest.
Gleiches Problem sehe ich bei Lana und insgesamt bei der Geschichte.
Du hast keine klare Linie drin. Das mag auch daran liegen, dass du die Geschichte so oft überarbeitet hast und jedes Mal was Anderes mit ihr vorhattest.

Dann lass mich dir mal ganz unwirsch sagen, dass das wie die Faust aufs Auge passt.
Ach, ehrlich? Dabei wirkte die Frau auf mich gar nicht unfreundlich.

Irgendetwas musste ich ja noch aus dem vormaligen Text übernehmen. Die Rückblende sollte ursprünglich deutlich machen, dass die Veränderung in seinem Verhalten schon vor einiger Zeit abzusehen war. Ansonsten stimme ich dir aber zu.
Eigentlich musst du überhaupt nichts aus dem alten Text übernehmen.

Ich sehe den Zusammenhang zwischen deiner Interpretation und meinen Erläuterungen zum Titel der Geschichte. Allerdings hat der Fleck damit nichts zu tun. Ist allerdings ein bisschen sehr unglücklich, das gebe ich zu.
Das klingt mehr und mehr danach, als wäre der Text relativ ... zusammenhanglos.

"Mund" hätte etwas, wenn sie denn besessen wäre. Du hast ein gutes, bildliches Vorstellungsvermögen. Die Frau ist allerdings nicht besessen. Sie reagiert einfach nur schnell und mit festem Griff. Geradezu übermenschlich. Aber auch nur "geradezu".
Wenn jemand aus einem Reflex heraus reagiert, dann erwarte ich, dass er Adrenalin ausschüttet und voll da ist und nicht der Rest seines Körpers schlaff herumhängt.


Hier kann ich nicht folgen. Ihr Mann? Wieso? Und was soll mit ihm sein, Lana stößt gegen ihn? Lana steht in einer Schlange. Links und rechts ist niemand. Vor Lana steht ihr Mann, hinter ihr die große Frau.
Das waren nur Vorschläge, um die Szene ein bisschen weniger langweilig zu machen.
Lana redet mit der Frau, ich gehe davon aus, dass sie sich ihr zu diesem Zeitpunkt zugewendet hat. Dann wäre ihr Mann in ihrem Rücken.
Es war ein Gedankenspiel, dass Lana vor ihr zurückweichen und gegen ihren Mann stoßen könnte.

Hier kriegst du nochmal den Andreas. Finde die Stelle gerade gut. Auch, dass er die Lampen umständlich aus einer Kiste herauskramt. Wenn es dein Empfinden beruhigt: Ich sage ja nicht, dass dort nicht vielleicht weitere Kisten in dem Häuschen stehen.
Warum findest du die Stelle gut? Ich meine, sie ist nett geschrieben. Aber gefällt sie dir im Kontext dieser Geschichte? Gehört das genau so genau da hin?

Ich finde die Stelle perfekt. Gerade weil sie Einblick in sein Denken gibt. Seine Sicht auf die Dinge. Sein Verhältnis zu Lana, wie er sie sieht. Oder zumindest wie sie meint, dass er sie sieht. Der Vergleich stellt Lana auf eine Stufe mit einem toten Gegenstand.

Und wieso du dich an einer Gefühlsregung störst, ist mir nicht ganz klar. Er fällt im Laufe der Geschichte unzählige Entscheidungen, ist genervt, durstig und wütend.


Ich störe mich an diesem perfekten "Einblick in sein Denken", weil ich es nicht mag, wenn ein Autor mir alles vorkaut. Wie der Typ tickt, sollte er mir klar machen können, ohne dass er es mir sagen muss.
Und an der Gefühlsregung störe ich mich, weil du schreibst, dass er keine zeigt:
Ein normaler Mensch hätte irgendeine Gefühlsregung gezeigt. Scham, Wut oder allgemeine Gereiztheit.
Aber er war vollkommen ruhig. Sah sie an wie ein Möbelstück oder Gemälde, das nicht an dem Platz ist, an dem man es gerne haben möchte.

Lana gibt nach und er hat, was er will. Ziel erreicht, weiter. Gerade, weil er so gelassen ist, finde ich ihn gruselig.
Ich bin sicher, das würde er auch so sehen.
Damit ich das so sehe, braucht es an der Stelle aber mehr, oder generell mehr im Text.
Und da sehe ich wieder das Problem, dass du dich nicht klar entschieden zu haben scheinst, was du zeigen willst. Ich habe den Eindruck, du willst zu viel auf einmal zeigen, du hast keinen Fokus auf irgendwas gelegt.
"Spazierte" fällt als Wort aber im Kontext der Geschichte aber auch auf. Und das weckt die Assoziation bei mir, dass er betont davonspaziert. Es ist kein wertfreier Begriff, schon gar nicht wenn ich bedenke, wie du ihn vorher beschrieben hast.
Vielleicht musst du dich entscheiden, ob er in deiner Geschichte in erster Linie empathielos oder nicht emotionslos wirken soll. Um beides gleichwertig nebeneinanderzustellen, ist der Text glaube ich nicht geeignet, alleine schon wegen der Länge.

Sie will das Bergwerk nicht nur nicht betreten. Sie will es vor allem nicht mit ihrem Mann betreten. Sie will ihm plötzlich fern sein. Er treibt sie zur Verzweiflung. Das Fass ist übergelaufen.
Das habe ich verstanden. Ich hätte die Betonung nur, wenn schon, dann auf "ihn" gesetzt.

Das erscheint mir ein wenig übereifrig. Was bleibt denn übrig, wenn ich den "kurzen Moment lang" streiche?

"Der Gedanke gefiel ihr. Sie bekam ein schlechtes Gewissen."

"Der Gedanke gefiel ihr. Dann bekam sie ein schlechtes Gewissen."

Ich kann das natürlich jetzt komplett umformulieren, andere Worte nutzen, eine andere Konstruktion. Aber ehrlich gesagt sehe ich den Sinn dahinter nicht.

Wenn ich das als Leser lese, dann lese ich, dass Lana der Gedanke gefällt. Das verrät mir etwas über Lana. Das ist ein deutlicher Eindruck von Lana.
Wenn da gleich steht: für einen kurzen Moment, dann ist die Gewichtung eine ganz andere. Dann spielt es eigentlich überhaupt keine Rolle, ob Lana der Gedanke gefallt. Dann kannst du auch schreiben: Lana bekam ein schlechtes Gewissen, weil der Gedanke ihr für einen kurzen Moment gefallen hatte.
Das mag für deine Geschichte keine Rolle spielen - ich frage mich inzwischen, was für deine Geschichte eine Rolle spielt, aber es macht einen Unterschied.


Ich finde ihn wichtig. Holt er doch Lana auf den Boden der Tatsachen zurück.
Das war der Satz mit der Op, richtig?
Der ist einfach überflüssig. Du walzt seine Veränderung nach der OP und wie sie darüber denkt schon relativ früh so platt, dass du das hier nicht nochmal erwähnen musst.

Für mich ist klar ersichtlich, dass es eine bewusste Entscheidung ist. Klar, wenn du in einer dunklen Gasse einen Schemen siehst, fährst du hastig herum, aber wenn du das Gefühl hast, in der Öffentlichkeit aus der Nähe beobachtet zu werden, sicherst du dich erstmal ab, dass du auch wirklich beobachtet wirst, bevor du noch der bist, der starrt.
Ich? Nein.

Das benenne ich als Autor so. Wenn diese Tatsache einen "Bruch" in irgendeiner Perspektive oder Instanz sein sollte, dann sei's drum. Wenn ich eine solche, ironische Anspielung nicht einbringen kann, ohne dabei vielgepriesene "Normen" zu missachten, dann ist mir das völlig egal.
Da geht es nicht um den Bruch in der Perspektive, ich verstehe es nur nicht.
Du schreibst:
»Mhm?«, fragte Lana.
Die Frau überhörte Lanas Desinteresse großzügig, »wissen sie, der freundliche ältere Herr
Inwiefern ist es großzügig, dass sie das Desinteresse überhört?

Jupp, so wie "Karlchen entfuhr ein Seufzer."
"Entfuhr" habe ich auch als sprachlichen Bruch empfunden.

Ich nicht. Für mich ist "im Lauf" nicht zwingend gleichbedeutend mit "laufen". Im Zweifelsfall würde ich es, mehrfach darauf angesprochen, streichen. "mitten im Gehen" gefällt mir aber auch nicht wirklich.
"Beim Gehen"?

"Oho, ein Komma fehlt, der Autor kann nicht mit Sprache umgehen."
Klugscheißer :D
Der Satz lässt in der Tat Sprachgefühl vermissen.

Die hier ist noch subtiler. Lass mich dir wie folgt antworten: Was wäre, wenn ich "Ja" sage?
Was soll dann sein? Noch merkwürdiger kann ich dich augenblicklich kaum finden.


Das ist ein beabsichtigtes Wortspiel.
Es liest sich nicht wie eins.

Empfinde ich anders. Ich wollte damit sein – ich nenne es mal – Unvermögen beschreiben. Die ganze Bandbreite seiner fehlenden Sozialkompetenz. Er denkt vielleicht, je deutlicher, präziser und nachdrücklicher er sein Bedürfnis beschreibt, desto eher tut Lana das, was er will.
Also auf mich hat er den Eindruck von jemandem gemacht, der so schnell wie möglich bekommen möchte, was er grade will.
Er will, dass sie mitkommt. Und eigentlich ist ihm egal, wie das passiert, oder? Ich würde meinen, dass er sie unter Druck setzt, ihr droht.
Natürlich kannst du die fehlende Sozialkompetenz von jemandem wie ihm zeigen. Aber - sagte ich schon, dass du keinen klaren Fokus in deiner Geschichte gesetzt hast? Und nein, das heißt nicht, dass du nicht auch anderes zeigen kannst, darfst, sollst, musst.

»Die Frau hat sich verletzt.«
»Das sehe ich«, sagte er.
Lana war baff.
»Ja«, begann sie, »und wenn du das siehst, wieso hilfst du dann nicht?«
(... Er denkt kurz darüber nach ...)
»Lana«, sagte er nachdrücklich, »kommst du?«
Für mich war nicht mal ersichtlich, dass er einen Moment lang nachdenkt. Für mich wirkt das so, als würde er sie gar nicht richtig hören, bewusst oder unbewusst.
Macht einen Unterschied.

Andreas.
Ich bin mir nicht sicher, wie ernst ich jemanden nehmen möchte, der sich sowas in den Mund legt.

Ich finde, das tut er.
Ich nicht. Natürlich kann es Lana so vorkommen, ich finde sie aber arg verwirrt im Verhältnis zum Gesagten. Dass es sie wütend macht, das könnte ich eher nachvollziehen.

Ich schreibe es nicht, aber bei "Wie kannst du so etwas sagen, nach allem, was ich für dich getan habe?" soll sie ihn eigentlich anschauen. Überdenke ich.
Ich denke, du könntest auch einfach abspecken. Es braucht nicht jedes Hin- und Wegsehen, finde ich.


Hmm. Einerseits hast du recht, andererseits gefällt mir der Satz. Überdenke ich.
Das ist mir schon klar, dass dir der Satz gefällt, immerhin fasst er zusammen, worum es dir geht.
Pack das doch lieber in eine Geschichte als in einen Satz.

Habe ich ebenfalls aus der alten Version übernommen. Da war es noch die dicke Frau, die von dannen knautschiert ist.
Und da dachtest du dir, hey, das sind zwar zwei vollkommen unterschiedliche Personen, aber das Wort mag ich so gerne.


Nö. An dieser Stelle gibt es kein "Show don't tell". Maximal streiche ich den Zusatz. Mal schauen.
Mit Zusatz meinst du alles nach dem Komma?
Darauf bezog ich mich.


Ja, sehr klar. Grundkonflikt würde ich es aber nicht nennen. Ich spiele in der neuen Version mit der Erwartungshaltung von Lesern, die die erste Version gelesen haben.
Dann wäre ein Vermerk nett gewesen, weil ich dann überhaupt nicht dein Zielpublikum bin und nicht den ganzen (Kon)Text habe.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom