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Der feine Herr Focks flüchtet vor der Krise

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10.10.2006
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Der feine Herr Focks flüchtet vor der Krise

Charlotte hieß Charlotte, so wie Marillen Marillen heißen. Als gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die in ihrer abstrakten Form ganz wunderbar klingen, und die dann, wenn man sie ans Tageslicht zerrt, wenn man sie einmal mit ihren Doppelkonsonanten aussprechen muss, doch einiges an Glanz einbüßen. Focks’ alter Gemeinschaftskundelehrer, der Herr Kalbfleisch, ich kannte den auch gut, wenn man dem von Charlotte und Marillen erzählt hätte und wie toll die auf dem Papier klingen, dann hätte er gesagt: Genau wie der Kommunismus.
Kalbfleisch, guter Mann, Prostatakrebs, letztes Frühjahr. Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert. Aber der Herr Focks und ich und der Fixie, wir haben den nur Herr Kalbfleisch genannt. Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Ein paar sogar ein bisschen länger.

Charlotte.
In der Kindheit hatten der Herr Focks, der Fixie und ich so Mädchen wie Charlotte nur auf zwei Arten gekannt. Einmal aus der Ferne. Wenn im Fernsehen Amanda Marshall gesungen hat, mit einer Löwenmähne, oder wenn man mal in Filmen oder in Zeitschriften andere Frauen sah, bei denen man an Sonnenblumen dachte und an Löwen. Und dann kannten wir welche, die als Komet durch unser Leben zogen. Die Cousine eines Freundes, die mal einen Sommer lang hier alles auf den Kopf stellte, was drei Beine hatte. Die nach Wiesbaden zurück ging, und die späteren Sommer in Paris verbrachte, in Melbourne, in Johannesburg. Eine Jugend als Sonnenblumenbotschafterkind. Grausam. Als würde man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle lassen, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.
Wir hatten nur Julias und Judiths und Katrins, mit und ohne H. Gestriegelte, ständig mit sich selbst im Krieg liegende, unmagische, eigenständige Wesen. Wir beobachteten sie dabei, wie sie sich im Unterricht meldeten, wie sie auf dem Schulhof zusammenstanden, wie sie für Jungs schwärmten, die viel älter waren als sie. Schauten ihnen dabei zu, wie sie sich um das jugoslawische Mädchen kümmerten, das nun wegen des Bürgerkriegs da war. Belauschten sie dabei, wie sie im Pullover dem Sportlehrer erzählten, sie könnten heute nicht. Hätten da diese Sache. Ab und an erwischten wir sie natürlich schon mal in einem schönen Moment. Wenn sie einmal lächelten, vielleicht weinten, aber sie merkten es und schlossen ihr Lächeln weg, zeigten und grimassierten in unsere Richtung und waren wie eh und wie je.
Insgeheim haben wir gedacht: Es liegt an ihnen. Wegen denen da, kriegen wir keine Frau mit Sonnenblumenhaar. Die vertreiben sie. Wir dachten, die stießen irgendeinen Duft aus oder vielleicht ein Fiepen. Wir fanden uns damit ab. Fixie und ich haben schließlich welche geheiratet, als wir die älteren Jungs waren. Er eine Julia, ich eine Katrin. Ohne H.
Aber der Herr Focks hat zwar mit einer Judith geschlafen. Vielleicht auch mit zweien. Aber geheiratet hat er keine. Dieser Bastard.

Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, Lilienthalallee 18b. Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt. Man merke ihn ohnehin nur bei Wasserkisten, das sei schon eine rechte Qual, grade zwei auf einmal, und nur eine? Dann müsse man ja zweimal laufen. Er habe dann ja Aquaflux benutzt, so einen Wasserreiniger, der auch Kohlensäure ins Leitungswasser gesprüht habe – Werbeslogan: Nie wieder Wasserkisten in den dritten Stock schleppen -, aber das habe er dann aufgegeben. Er wisse nicht mehr, wieso.
Man sieht: Der Herr Focks wäre auch sehr glücklich gewesen ohne eine Charlotte in seinem Leben.

Gearbeitet hat der Herr Focks für die Spedition Lampbale. Hat dort die IT gemacht. Einmann-Abteilung. Was er da wirklich geschafft hat, kann ich kaum sagen. Ich weiß nur, wenn der Fixie oder ich mal bei ihm angerufen haben, unter der Arbeit, hatte er immer Zeit für ein Pläuschchen. Konnte mir sagen, was ich zu tun habe, wenn mir etwas Mirinda in den Computerturm gelaufen war, und hat dem Fixie sagen können, was der zu unternehmen hatte, als mal eine Abmahnung ins Haus geflattert kam bezüglich Urheberrechtsverletzung. Fetenhits und so.
Aber ich denk schon, dass der Herr Focks seine Sache da ganz gut gemacht hat. Hatte ja sonst im Betrieb auch keiner Ahnung, was da vor sich ging. War ein bisschen so wie bei einem Motor, der nur noch mit Spucke und gutem Willen läuft. Jeder fragt sich, was da los ist, wenn’s mal rumpelt und Dampf zischt. Aber reinigen will man das Ding auch nicht. Hat man Angst, dass jetzt, wo er glänzt und funkelt, jetzt, wo das Öl und der Dreck nicht mehr die ganzen Löcher verstopfen, dass dann der Wagen liegen bleibt.
Der Herr Focks hat halt nicht studiert. Als ich studiert habe und als der Fixie seine Lehre gemacht hat beim Schlecker, ist der Herr Focks nach Paris geflogen und nach Melbourne, nach Johannesburg und dann nach Wiesbaden. Und ich hab nicht irgendwas studiert. Nicht Philosophie oder Germanistik, wo du dann zwar weißt, wer Wittgenstein ist, aber danach fragen sie bei den Vorstellungsgesprächen nie. Vielleicht, das hab ich mich schon gefragt, vielleicht lernt man jemanden wie Charlotte nur in einem Wittgensteinseminar kennen. So wie du manche Leute eben nur kennenlernst, wenn du ein Drogenproblem hast.
Ich zum Beispiel hab Katrin auf der Hochzeit von Fixies Schwester kennengelernt, weil wir beide nach dem letzten Stück Bienenstich gegriffen haben. Ist doch auch eine hübsche Geschichte.

Charlotte.
Der Fixie und ich, Julia und die Katrin, wir haben dem Herrn Focks tausendmal gesagt, er soll die Charlotte halt mal mitbringen. Sie uns vorstellen. Wenigstens ein Foto könnte er doch mal zeigen, mit dem iPhone sei das doch gar kein Problem. Zur Not eins, wo sie drauf schlafe oder schiele oder mit dem Kopf in einer Torte hänge. Aber der Herr Focks hat viel lieber Geschichten über Charlotte erzählt. Am liebsten, wenn wir beim Griechen zusammen saßen.
Einmal hätte Charlotte ihn gefragt, ob er an Gott glaube.
Und der Herr Focks hat gesagt: „Nein, aber ich glaube an die Elite. Ich glaube, irgendwo in Harvard oder in Oxford oder in Karlsruhe da wird die Elite ausgebildet. Das meine ich ganz ernst, du brauchst gar nicht lachen. Ich höre und sehe manchmal Leute, die unglaublich klug sind, und ich denke, während wir hier liegen, und gleich miteinander schlafen, da sitzt die Elite irgendwo und arbeitet an den Problemen unserer Zeit und wir können uns zurück lehnen und unser Leben genießen.“ Und während der Herr Focks das gesagt hat, hat er sich zurückgelehnt und gegrinst. Die Katrin neben mir hat auch gegrinst, und die Julia gegenüber, die sonst nie grinst, weil sie ein bisschen einen schiefen Mund hat. Und dann hat die Katrin neben mir gefragt: „Und? Was hat Charlotte geantwortet?“ Denn wir kannten natürlich schon viele dieser Geschichten.
Der Herr Focks hat sich nach vorne gelehnt, den Kopf ein bisschen schräg gelegt und gesagt: „Also ihr müsst euch vorstellen, dass die Charlotte dann immer so zwinkert, wenn sie gleich etwas Kluges sagt, sie schaut aus wie eine Katze, die in die Sonne guckt.“ Dann hat der Herr Focks seine Nase runter zur Hand geführt und ist energisch mit der Nase über den Handrücken gefahren, um sich zu kratzen. Und die Katrin neben mir hat ein bisschen die Augen verdreht und „Oh“ gemacht; und sogar der Fixie hat geschmunzelt, obwohl es da beim Schlecker schon schlecht lief.
„Und dann hat die Charlotte gesagt, da könne ich ja auch gleich an den lieben Gott glauben. Denn wenn es wirklich eine Elite gibt, wie könnte sie dann all den Mist auf der Welt zulassen?“
Ich schau neben mir die Katrin an und denke: Warum sagst du eigentlich nie so was Kluges auf so eine süße Weise? Und ich denke, die Katrin schaut mich an, und denkt: Warum erzählst du nie so von mir, wie der Herr Focks über die Charlotte?
„Ich muss jetzt weg“, hat der Herr Focks gesagt und ganz nett mit dem Kopf dabei genickt und den Fixie und mich, uns hat er mit Katrin und mit Julia zurückgelassen.
„So klug war das gar nicht, oder?“, fragte Fixie dann irgendwann. Julia stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Rippen und sagte: „Halt bitte den Mund.“

Vorgestern Morgen, gegen zehn Uhr, sitzt Herr Focks an seinem Schreibtisch und lächelt schon, dann klingelt es an der Tür und Charlotte ist da. Marschiert an ihm vorbei, lässt ihren beigen Trenchcoat fallen, in dem sie aussieht wie ein Privatdetektiv mit einer viel zu schmalen Taille, und ist darunter nackt, bis auf ein paar weiße Sandalen, die hoch geschnürt sind, bis zu den Waden. Sie lässt sich auf das Bett von Herrn Focks fallen. Noch hat er ihre Brüste nicht gesehen.
Charlotte macht sich im Bett breit, streckt die Beine in die Höhe, und reibt sie gegeneinander. Wie ein Insekt, als wolle sie auf diese Weise irgendeinen Ton erzeugen.
Herr Focks hat keine Spucke mehr im Mund. Die Tür ist noch auf. Vor ihm liegt der Mantel. Charlotte schabt sich mit zwei Fingern über den Hintern und sagt: „Ich könnte etwas essen. Hast du Gebäck da?“
Herr Focks muss blinzeln, greift nach dem Trenchcoat und riecht an ihm.
Charlotte beißt sich auf die Lippe. Immer noch reibt sie ihre Beine aneinander.
Herr Focks dreht sich um, und ihm fällt etwas ein, das er sagen könnte, etwas Cleveres, das jetzt gut passen würde, aber er weiß nicht, ob sie das auch gut fände, es ist ein Risiko. Manchmal ja, manchmal nein. Er dreht sich also und sagt: „Was bist du? Eine Plunderstück-Prostituierte?“
Charlotte mustert ihn, grübelt kurz, fängt an zu strahlen wie eine Sonnenblume und streicht sich mit der Nase über den Handrücken. Dann fängt sie an zu kichern und wedelt ihn mit einer Hand zur Tür heraus.

Herr Focks sprintet die drei Stockwerke nach unten und denkt daran, Charlotte zu vögeln.
Charlotte, davon hat er Fixie und mir erzählt; nicht Fixie, mir, Julia und Katrin; nur Fixie und mir. Charlotte ist unglaublich. Sie hat einen Grip, sagte der Herr Fox, als er mal etwas getrunken hatte und wir ganz privat wurden. Man könne das gar nicht beschreiben, man müsse das erlebt haben. Es sei so, als würde sie, während sie mit dir schläft, dich noch mit einer dritten, inneren Hand massieren. Beckenbodenmuskulatur sei das.
Ich habe einmal versucht, Katrin auf das Thema zu lenken. Katrin sagte, das könne man schon trainieren, wenn man beim Pipi machen das Pipi halte. Danach habe ich sie nie wieder darauf angesprochen.
Als ich mit Herrn Focks noch einmal darauf zu sprechen kommen wollte, sagte er, über so etwas würde er nie reden. Nicht einmal mit uns. Ein Gentleman genieße da und schweige.
Aber ich weiß, dass er es erzählt hat. Einmal hat er es erzählt. Mir und Fixie, als er zuviel getrunken hatte. Und dass sie unglaublich zu lecken sei, hat er auch erzählt. Schmecke wie eine Sachertorte. Die Muschi käme einem entgegen, als wolle sie einen zurückschlecken. Ganzer Mund voll mit Charlotte.
Gentleman am Arsch! Am Arsch, sag ich!

Seit er beim Schlecker rausgeworfen wurde, hat sich der Fixie gut gehalten. Fortbildungen besucht, Coachings mitgemacht, das Schulenglisch aufgefrischt, ein paar Businessratgeber gelesen und sich viel umgesehen und umgehört. Ein bisschen böse war er uns immer noch, weil wir damals gesagt haben, er soll beim Schlecker bleiben. Obwohl er uns gar nicht gefragt hat, so richtig. Er hat’s uns nur mitgeteilt, und jetzt sollen der Herr Focks und ich vielleicht schuld sein, weil wir damals die Idee mit dem Subway-Franchising, die er uns schon als Schnapsidee verkauft hat, nicht so toll fanden? Wir haben natürlich gesagt: Du kannst das doch immer noch machen mit der Subway-Filiale jetzt. Aber der Fixie natürlich: Nein, damals wäre er horizontal gewechselt, und jetzt wäre er von arbeitslos auf einmal wieder oben. Vertikal. Da spielten die Banken nicht mit. Da hätte man ein ganz anderes Standing. Bisschen wehleidig war der Fixie schon immer, aber man muss auch sagen: Hat sich einwandfrei gehalten.
Dann wohl aber vor ein paar Tagen eine kleine Rückschlagswelle. Ein paar Briefe zurückbekommen, ein paar Lebensläufe, ein paar ungünstige Youtube-Videos gesehen, ein paar mal zu oft einem Untergangspropheten zugehört, und jetzt auf einmal Fixie in der Krise. Kauft sich einen Sechserpack 5,0 Bier beim Rewe, stellt sich an einen Bistrotisch und lässt sich ein bisschen gehen. Also einmal hat er das gemacht. Vorgestern.
Und der Herr Focks musste natürlich noch Plunderstückchen besorgen, und weil alle Bäckereien aus unserer Jugend mittlerweile geschlossen haben und nur noch Filialen in den Supermärkten sind, geht er zum Rewe.
Der Herr Focks sieht ihn zu spät, hat ganz viel Charlotte im Kopf. Steht schon vorm Spuckschutz und schaut sich das Angebot an: Plunderstückchen, Apfelstrudel, Kirschtaschen, Zimtschnecken, Bienenstich, Apfelkuchen, Schmand, Rosinenkuchen, herzhaft belegte Baguettes, Würstchen im Schlafrock und da hat er auf einmal den Fixie im rechten Ohr und der hat schon vier Dosen 5,0 intus und ganz viel Dirk Müller in letzter Zeit gesehen, das ist der aus dem Fernsehen, den sie Mister Dax nennen und der sagt, es kommt zum Crash.

Herr Focks versucht nun, alles richtig zu machen. Er bestellt: eine Zimtschnecke, zwei Stücke Bienenstich, etwas von dem Apfelstrudel, denn der sieht sehr gut aus, und möchtest du auch noch etwas, Fixie?
Fixie sagt: „Unser Finanzsystem dient dazu, dass eine immer kleiner werdende Anzahl von Leuten einen immer größeren Anteil an der Finanzkraft der Bevölkerung auf sich vereinigt. Bis es den Menschen gar nicht mehr möglich ist, Schulden zu machen, weil sie keine Bonität mehr haben.“
Herr Focks hat sich die Tüte mit der Zimtschnecke unter den Arm geklemmt, die übrigen Backwaren balanciert er auf der anderen Hand, sie sind mit Papier überdeckt.
„Tut mir echt leid mit dem Subway“, sagt der Herr Focks.
„Das hat ja damit nichts zu tun“, sagt Fixie und läuft neben Herrn Focks her. „Die wären ja auch pleite. Es ist einfach so, dass es immer wieder zu einem Reset des Finanzsystems kommen muss. Lastenausgleich. Die Enteignung der Reichen. Früher hat man die Templer umgebracht, heute braucht man eine Fiskalsteuer.“
Sie sind durch die Schiebetür durch, als Herr Focks nickt und sagt: „Hat mich sehr gefreut.“
Fixie schaut sich um, und sieht, dass auf dem Bistrotisch noch zwei Dosen Bier stehen, schaut zu Herrn Focks herüber und schlägt ihm einen Arm um die Schulter: „Ich würde gern mit dir reden, komm doch noch mal mit rein. Vielleicht will ich doch einen Amerikaner. So wie früher, weißt du noch? Fix und Foxi?“
„Ich muss nach Hause“, sagt Herr Focks.
„Wart kurz, ich komm mit“, sagt Fixie und geht durch die Schiebetür nach innen.
Herr Focks schaut auf die Zimtschnecke unter seinem Arm und auf das Tablett mit dem Apfelstrudel und dem Bienenstich, schaut kurz nach oben und denkt an einige Sachen, von denen er angeblich nie jemandem erzählen würde. Herr Focks lässt das Tablett fallen und rennt los. Fixie rennt ihm nach.

Ich kann nur darüber spekulieren, was sich die zwei gedacht haben. Ich denke im Kopf vom Herrn Focks war nur eine Blase „Charlotte“, und beim Fixie war nur eine Blase „Sozialer Abstieg“, und die beiden Blasen hatten überhaupt nichts miteinander zu tun, aber jeder hat gedacht, dass der andere dasselbe denkt wie er selbst. Aber das weiß ich nicht.
Allerdings weiß ich, wo sie lang gerannt sind.
Zuerst über den Parkplatz des Rewe, dann eine Gasse hoch, an einem Kiosk vorbei, an einem Lädchen für Fahrräder hinweg, Herr Focks musste da schon keuchen, hat früher geraucht, West Ice, dann sind sie an einer leeren Drogerie vorbei gerannt und an einem Haus, in dem mal eine Judith gewohnt hat, sind über einen Zebrastreifen geflitzt, Fixie hatte Seitenstechen und zwei Stühle einer Eisdiele mitgenommen, Herr Focks ist fast über einen Blumenkübel gestürzt, hat unterwegs die Zimtschnecke verloren, sie fiel auf den Boden und die Tüte riss furchtbar auf, ist dann ein Treppenhaus hinaufgespurtet, in der Tür gestanden und hat sich zu der verdutzten Charlotte umgedreht, die in Pullover und Jogginghose an der Kaffeemaschine stand. Dann hat der Fixie den armen Herrn Focks aus vollem Lauf umgerissen. Und der Herr Focks hat unten gelegen und der Fixie auf ihm drauf und beide haben die Charlotte angestarrt. Und jetzt, wo er zur Ruhe gekommen war, musste der Fixie anfangen zu würgen. Das lauwarme Bier aus dem Rewe ist ihm gar nicht gut bekommen.

Der Fixie hat mir das alles erzählt. Und das einzige, was ich fragen konnte, war, wie die Charlotte ausgesehen hat. Der Fixie hat gelächelt und gesagt: „Gut, ganz normal. Wie eine Frau eben ausschaut. Ein bisschen pummelig ist sie gewesen. Das Haar ein wenig strähnig. Und um die Augen hat sie schon ein paar Falten gehabt, aber sah schon gut aus.“
Dann hat er noch mehr gelächelt. „Weißt“, hat der Fixie gesagt, „wenn ich es mir noch einmal aussuchen könnte, würde ich die Julia noch mal nehmen.“

Gestern bin ich auf die Terrasse gegangen und hab dort Katrin gefunden. Ich wusste das mit dem Fixie schon, und sie hat auch einiges gewusst, wir hatten aber noch nicht darüber gesprochen.
Ich hab mich neben sie auf die Bank gesetzt und wir haben in die Gegend geschaut. Ich hab dann einen Arm um sie gelegt und sie hat ihren Kopf gegen meine Schulter gedrückt.
„Die Charlotte hat mich heute angerufen“, hat sie gesagt. Und, weil sie sehr nett ist, hat sie noch hinzugefügt: „Das ist die Freundin von deinem Herren Focks.“
„Was hat sie denn gewollt?“, hab ich gefragt.
„Sie wollte wissen, ob wir gehört haben, wo der Herr Focks ist?“
„Außer Landes“, hab ich gesagt. „Wieder auf Weltreise. Paris, Johannesburg, Melbourne, vielleicht Wiesbaden.“
„Du hast gar nicht verstanden, wie traurig das eigentlich ist, oder?“, hat Katrin gefragt.
Ich hab nichts mehr gesagt. Man kann nicht mit ihr sprechen, wenn sie so ist.
Viel Glück hab ich dem Herrn Focks heimlich gewünscht und such eine für mich mit.

 
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Hi,

Das ist so eine Geschichte, die mich echt fordert, mir manchmal schon fast etwas Angst macht, weil das alles so auf den Punkt ist. Du hast einen sehr hohen Anspruch, das weiß jeder hier.
Also ich finde dem Anspruch nicht so hoch, aber was ich für falsch halte, ist diesen Anspruch dann von mal zu mal zu relativieren. Also zu sagen: Die ist eine Schülerin; für den ist Deutsch offenbar eine Fremdsprache; der schreibt erst seit 2 Jahren; der ist sonst doch so nett; die gibt sich so viel Mühe und heult immer so, wenn man gemein zu ihr ist; wir sind ja alle nur „Hobbyautoren“ – das find ich nicht gut.

Keine Ahnung, wo du hin willst mit deiner Schreibe, aber für Leute, die nur „zum Spaß“ lesen, ist das schon zu schwierig, glaube ich.
Ja, ich hab oft das Gefühl, die „einfachen“ Sachen sind auch alle erzählt. Also ich möchte beim Schreiben auch das Gefühl haben: Das ist meins, das könnte jetzt nicht jeder so machen, das Thema interessiert mich. Und wenn man so „einfach“ was macht, braucht man oft mehr Platz auch.
Seit 3 Jahren laufen in den USA zwei Sitcoms gegeneinander. Das eine ist ein Welthit, tolle Quoten, überall erfolgreich: The Big Bang Theory. Das andere ist eine Serie mit vielen popkulturellen Referenzen, einer experimentellen Struktur oft, vielen Parodien, vielen Querverweisen: Community. Big Bang Theory ist ein riesiger Hit, Community kann sich seit Jahren nur knapp über Wasser halten. Aber beide gibt es, beide ernähren ihre Erfinder, beide machen Leute glücklich. Und ich denke die Leute, die das eine machen, könnten nicht das andere machen.
Es ist einfach so, also ich denke man kann auch nur schwer dann sagen: Jetzt schreib ich mal so, dass es einfacher ist, dass es allen gefällt. Man meint das oft – war jetzt hier eine Diskussion unter einem Text von somebody -, nach dem Motto: Die Bestseller sind so billig geschrieben, das ist ja viel leichter! Aber jeder, der mal versucht hat, so laut und flach und trashig zu schreiben, wie er es bei „Genre-Hits“ vermutet, wird feststellen … das ist auch nicht einfach.
Ich könnte das nicht. Ich könnte die Geschichte hier nicht für Leute schreiben, die 5 Minuten in der U-Bahn sitzen und nebenbei noch auf dem Ipod Maroon 5 hören und beobachten, wie die alte Frau vor ihnen sich über ein langes Haar am Kinn kratzt, und in den Händen haben sie auf einem winzigen Display dann die Geschichte hier.
Das wurde schon ein paar Mal diskutiert, man müsse davon ausgehen, dass der Leser nicht ganz bei der Sache ist, wenn er das liest, und so – find ich furchtbar als Idee. Mit so etwas im Hinterkopf, bekäme ich überhaupt nichts mehr gebacken (schon Bergs "Wenn es zu lang ist am Bildschirm, tun mir die Augen weh!" - bringt mich immer in Rage.
Man steckt ja als Autor einfach nicht drin, wer das dann letztlich in welcher Situation liest. Mir hat, vor Jahren, mal einer geschrieben und sich bedankt, er habe einen Text von mir bei einem Date seiner Freundin vorgelesen, im Bett wohl. Wenn ich jetzt mit der Information im Hinterkopf schreiben würde – oh je! Manche lesen so einen Text im Stress im Büro, andere, wenn sie kaputt sind von der Arbeit, und nach Hause kommen, manche ganz entspannt nach dem Frühstück, und es lesen natürlich (hoffentlich auch!) x verschiedene Arten von Leuten so einen Text – ich find’s schwer, mir darüber Gedanken zu machen und zu versuchen, so zu schreiben, dass es allen gefällt. Ich hab bestimmte Leser im Hinterkopf – ja, ich denke, das ist auch vernünftig so.


Was ich meine: Wenn der Text es schaffen würde, mich beim ersten Lesen auf einer anderen Ebene zu fesseln, als beim zweiten Mal, wenn du es also auch noch schaffen würdest, praktisch zwei perfekte Geschichten in eine zu packen, dann wäre das hier ein perfekter Text für mich. Mir fällt aber dazu gerade auch kein Beispiel ein, was wohl bedeutet, dass dein Text sehr nahe dran ist, für mich perfekt zu sein.
Ja, das stimmt. Ich find das als Kritik auch wichtig. Das hab ich auch schon versucht, das Problem dann ist oft, dass die Leute sagen: uh! Das war ja mal wirklich unterhaltsam. Das soll mir für heute mal reichen! Also wenn dann die Oberfläche Spaß macht, gucken auch viele nicht tiefer, oder sie gucken und finden nichts, und sagen: Pff. Da steht man als Autor dann richtig doof da, find ich. :)
Ich hab Bekannte (Freunde kann man nicht sagen!), die frag ich, ob sie Fight Club gesehen haben, und sie sagen: Das ist doch dieser Kampffilm mit Brad Pitt!
Umgekehrt auch: Es gibt Leute, die können stundenlang darüber reden, was für eine unglaublich tiefe Gesellschaftssatire „Starship Troopers“ sei, und ich denke mir dann: Na ja.

Also natürlich ist das wirklich ein tolles Ziel, einen Text zu schreiben, der am Anfang mit der Handlung fesselt, und der dann beim weiteren Lesen noch Schichten darunter hat. Das ist wirklich toll. Ich glaube aber: Dafür eignen sich auch nicht alle Themen. Da kommt man meistens bei Parabeln raus.

Es freut mich, dass der Text dir so gut gefallen hat; danke dir für deine Gedanken und viel Spaß noch in Italien! Iß eine Pizza für mich mit!
Quinn

 

Hallo maria!

Die Geschichte ist toll. Sie liest sich so, als würde jemand neben mir stehen und mich damit volllabern. Echt ey, sie ist wortwörtlich eine Erzählung.
Das war der Plan.


Ich bin mir immer noch nicht ganz im Klaren, wieso Herr Focks Charlotte als Geheimnis bewahrt hat. Ich meine, hätte ich eine so geile Freundin, ich würde damit angeben. Ich meine Freund! Hätte ich so einen geilen Freund =)
Andererseits hat wohl das Geheimnis alles so geil gemacht.
Wenn du eine Freundin hast, pardon, einen Freund und ihn super-toll findest und ihn dir in deinen Gedanken so zurecht denkst, dass er passt, obwohl er vielleicht ganz anders ist, und dann sieht ihn jemand anderer und für ihn ist er ganz normal, dann siehst du ihn vielleicht auch nicht mehr so mit rosaroter Brille.
Die Idee, dass jemand toll ist, weil wir ihn dafür halten, darum ging es mir in der Geschichte.
Welcher Mensch ist denn, aus sich selbst heraus, "fantastisch"? Leute werden nur "fantastisch", wenn sie jemand "fantastisch" findet. Was für den einen eine ganz "normale" Frau ist, ist für den anderen seine absolute Traumfrau. Und der Herr Focks braucht das Gefühl, eine Traumfrau zu haben, die beste Frau von allen, die allerbeste. Fixie hat den besten Job, der Erzähler hat studiert, ist vielleicht der klügste, und der Herr Focks braucht in dieser Gruppe das Gefühl eben, die tollste Frau zu haben, das lockerste Leben (und der Erzähler ist mehr als bereit, ihm das abzukaufen; der projiziert da ein gutes Stück seine eigenen sexuellen Phantasien rein).
Und wenn die anderen die Frau gesehen haben, und wenn für sie die Frau nicht das allertollste ist, dann ist das Gefühl weg.
Das ist eigentlich das, um was es mir hier ging. Das ist etwas - denke ich -, was es im Leben schon gibt, in diesem Extrem hier auf die Spitze getrieben - und schon ins Absurde gesteigert.

Du hast Charlotte zwei Mal in dieser Form erwähnt. Hat es eigentlich eine besondere Bedeutung?
Ich hab mir vorgestellt, der Erzähler hält dann so kurz inne, blickt nach oben und sagt den Namen ganz sehnsuchtsvoll.
Charlotte.

Und der Schluss, als sein Geheimnis entdeckt wurde, wieso musste er denn fliehen? Ich verstehe das nicht. Auch wenn der Zauber verblasst, flüchtet man dann wirklich sooo weit weg. Das check ich nicht, aber andererseits muss man sich ja vor Augen halten, dass viele Menschen verrückt sind =)
Ja, ich denke, die Figuren sollen auch größer handeln in den Gesten, weiter, krasser als im "normalen" Leben.
Normal flieht man sicher nicht, normal ist dann vielleicht ein bisschen der Glanz ab, vielleicht geht die Beziehung dann über Wochen, Monate und Jahre nach und nach in die Brüche.
Aber ich fand - für die Geschichte - diese große, extreme Geste schöner. Er ist wieder unterwegs, und diesmal irrt er sich nicht, dieses Mal findet er die richtige Charlotte und nicht wieder eine Judith, die er aus Versehen für eine Charlotte gehalten hat.
Also ... ich will nicht predigen, und das sind auch nur meine Ansichten, ich hab eine Statistik jetzt gelesen, Rekordzahl von Singles in Deutschland, ich glaub 20Millionen oder so. Viele sind sicher verwitwet oder geschieden oder aus Überzeugung, aber ich bin mir sicher, viele von denen, suchen nach einer Charlotte oder einem Charlotterich, weil sie - in meinen Augen - bestimmte Dinge einfach nicht gerafft haben. :)
Ich hab mal, da hab ich mir grad Mittagessen gemacht, im Radio eine Kontaktanzeige gehört, da hat eine Frau, Ende 20, einen Mann gesucht, sportlich, attraktiv, humorvoll, mit beiden Beinen im Leben stehend, selbstständig, rücksichtsvoll, usw. Da hab ich mir gedacht: Wer meint die eigentlich, wer sie ist? Megan Fox, oder was? :) Also, wenn es so Männer gibt, dann sind die - seit der Uni oder spätestens dem ersten 6stelligen Jahresgehalt - in festen Händen! Jeder, der mit bisschen offenen Augen durch die Welt geht, sollte doch mitgekriegt haben, dass es viel mehr gute Partien unter Frauen als Männer gibt. Gewöhnt euch dran. :)
Das soll natürlich jetzt auch nicht das Gegenteil sein: Begnügt euch mit dem letzten Arsch oder der letzten Ärschin. Es war auch nicht als Geschichte gedacht, die sowas predigt oder die überhaupt da rumlabert. Aber das ist schon ein spannendes Thema, finde ich. Dass Leute lieber alleine sind als sich mit irgendwas unter ihrem Idealbild eines Partners zu begnügen.

MEEEEEEEEEEEEEHRRRR!!!
Ja! Ich muss auch.
Ich kann aber nicht garantieren, dass das wieder gefallen wird. Vielleicht mach ich was, was staubtrocken ist, und was niemandem gefällt.
Ich hab da keinerlei Verpflichtungen!
Vielleicht mach ich wieder was furchtbares in der indirekten Rede. Oder was mit Vampiren und Brüsten!

Vielen Dank für deinen Kommentar, ich mag die Euphorie gerne, steckt auch ein bisschen an, wenig motiviert mich mehr als ein "Meeeeeeeehr"!
Quinn

 

Guten Abend!

och einiges an Glanz einbüßen. Focks’ alter Gemeinschaftskundelehrer, der Herr Kalbfleisch,

Kalbfleisch. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Kalbfleisch. Stell dir vor, der Mädchenname seiner Frau ist Fladenbrot. Werden sie dann ihre Kinder Döner nennen? Du merkst, ich mag den Anfang. (Marillen, Mirabellen, dieses R macht für mich alles kaputt. Ist zu tief im Rachen. Clementine sieht unglaublich hässlich aus, hört sich aber wunderschön an. Wobei einige sich wahrscheinlich an diese dicke Werbungsfrau erinnern, die alles andere als … na ja, zurück zu der Geschichte.)

Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert.
Der erste tolle Satz. Es verrät schon viel über den Prot, denke ich und über die Geschichte, wie ich sie verstanden habe. Bei denen scheint jeder Mensch eine Idee zu verkörpern oder hat ein bestimmtes Image, das nicht in Frage gestellt wird. Der Kalbfleisch ist in erster Linie Gemeinschaftskundelehrer, zwar ein guter Mann, aber so gut auch wieder nicht, dass mehr als nur ein paar Worte über ihn gesagt werden. Das geht dem irgendwie am Arsch vorbei, dass der gestorben ist, nimmt ihn nicht mit. Es ist nicht so, dass ich den Prot für kühl halte, aber dass ist dieses, sich von richtigen Menschen distanzieren wollen, deswegen ja auch siezen, sogar über den Tod hinaus, wenn man sich nämlich mit ihnen auseinandersetzt, dann wird’s persönlich und auch schmerzlich. Das gleiche auch mit den Judiths, ob mit oder ohne H. Das sind die richtigen, echten Frauen, und nicht diese Sonnenblumenmädchen, die nur so ein Lebensgefühl/lust in einem wecken, und das auch nur für einen Moment, denn auf die Dauer sind sie anstrengend, also mit einem Sonnenblumenmädchen wär der Prot nie zufrieden, denke ich, schon allein deswegen, weil er Minderwertigkeitskomplexe hätte.

Ein paar sogar ein bisschen länger.
Normal stören mich Wortwiederholungen nicht, aber hier hat es so einen komischen Effekt. Diese „Ein“s klingen komisch, weil vor beiden eine Pause gemacht wird, fällt die Wiederholung noch mehr auf. Ist ne Kleindigkeit, ich weiß. Vielleicht: Andere sogar ein bisschen länger? Wobei ich hier sogar „Manche“ nehmen würde. Also: Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Manche sogar ein bisschen länger.
Weiß nicht.

der Fixie
Trixie, Pixie, Mixie, Nixie, Xixie, es gibt soooo viele Buchstaben. :)

Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, Lilienthalallee 18b. Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt. Man merke ihn ohnehin nur bei Wasserkisten, das sei schon eine rechte Qual, grade zwei auf einmal, und nur eine? Dann müsse man ja zweimal laufen. Er habe dann ja Aquaflux benutzt, so einen Wasserreiniger, der auch Kohlensäure ins Leitungswasser gesprüht habe – Werbeslogan: Nie wieder Wasserkisten in den dritten Stock schleppen -, aber das habe er dann aufgegeben. Er wisse nicht mehr, wieso.
Man sieht: Der Herr Focks wäre auch sehr glücklich gewesen ohne eine Charlotte in seinem Leben.

Zimmerküchebad. Bei dem Wort bekomme ich schon klaustrophobische Anfälle.
Der Prot. Ist ziemlich bodenständig, wenn er so ein Leben, wie das von Foxy als Glück bezeichnet, es ist absolut nicht erstrebenswert, der Typ hat nix besseres zu tun, als da n Aquaflux am Hahn anzubringen, um Kohlensäure im Leitungswasser zu haben und … ach. Das ist so ein idiotisches Junggesellenleben, mit ner Freundin würd er nämlich so n Aquaflux nicht in die Wohnung bekommen. Ich meine eine richtige Freundin, keine Plundergebäck-Prostituierte. (btw. ziemlich unschlagfertiges Wort) Foxy verkörpert ja auch nur ein Bild, das die anderen Jungs gerne von sich hätten, sich aber nicht trauen, also ich glaube nicht, dass sie es nicht schaffen könnten, sie müssten sich dann bemühen und anstrengen, und dafür sind sie viel zu gemütlich denke ich, sie sind in so einem Standby Modus, sie werden nie selbst etwas starten, so Eigeninitiative-mäßig, aber ganz abschalten jetzt auch nicht. Sie gucken dem Foxy zu, was er macht, es sind richtige Zuschauer. Und die Wendung dann, mit Fix und Foxy, als er ihn dann jagt, das ist so eine typische Filmszene, wo der Zuschauer erst gar nicht weiß, was geht denn jetzt ab, also bei guten Filmen, weiß man nicht, was ist denn los, hab ich was verpasst, irgendein Detail hab ich verpasst, eine Sekunde weggeguckt. Und hier auch, erst als er den jagt und dann vor Charlotte stand, da hats Klick gemacht, Maaann, er wusste wegen dem Gebäck, dass die olle in der Wohnung ist und wollte dann endlich mal hinter den Kulissen gucken, hinter die Fassade blicken, was steckt wirklich hinter den ganzen Erzählungen von Foxy, ist das wirklich so ein Held und im Grunde müssten die alle wissen, dass es nicht stimmt, dass das eine ganz normale ist, aber wie trist wäre das. Diese Phantasiefrau macht dem Prot richtig viel Spaß, da würd er nie auf die Idee kommen, den Foxy der Lüge zu bezichtigen. Die sind alle nicht richtig ehrlich miteinander, aber es ist kein bösartige Unehrlichkeit. Die Geschichte ist für mich viel trauriger als auf den ersten Blick, aber das ist dann der Charlotte-Effekt auch, man will gar nicht darüber nachdenken, weil das einen selbst sehr traurig stimmt. Oberflächlich gesehen ist das eine sehr unterhaltsame Geschichte, aber ans Licht gezerrt, tut sie doch schon sehr weh.

Ich mochte die Figuren sehr, die Namen weniger, also Fix und Foxy. Ich mochte auch den Prot, und die arme Charlotte und die noch ärmere Katrin, aber ach. Fands auch gut mit Schlecker und Wirtschaftskrise und dass so ein Fixie mit drin steckt, so in dem großen Ganzen, das man einfach nicht begreift. Und lustigerweise flieht nicht er vor der echten Krise, sondern so ein Foxy – weil seine Lügengeschichte entlarvt wurde. Der Prot und Fixi sind für mich die Bodenständigen in der Geschichte, die gerne träumen, aber mehr auch nicht. Und Foxy hätte gerne, dass andere sein Leben wie so ein Polaroid in die Hand nehmen und davon träumen, selbst abgebildet zu sein – das ist alles nur gepost, das ist nicht echt.

Sehr gute Geschichte und gehört für mich zu den Top 2012. Verschehste.

JoBlack

 
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Hallo Quinn,

Jetzt muss ich mal dazwischen funken.

Und der Herr Focks braucht das Gefühl, eine Traumfrau zu haben, die beste Frau von allen, die allerbeste.

Mir gefiel deine andere Charaktierisirung von ihm besser, wo du gesagt hast, Fox "lügt" nicht, der ist halt sehr begeisterungsfähig und steigert sich da rein und so weiter …
Ich denke, das Gefühl, "verliebt" zu sein, ist ihm wichtiger, als die Anerkennung seiner Kumpels. Also die Anerkennung ist ihm schon auch wichtig, aber die Begeisterung, so wie die letzten Endes beim Erzähler ankommt ... die muss beim Focks schon von innen kommen, die existiert wirklich, das ist nicht "Lügen" oder Prahlen in dem Sinn, vielleicht schon prahlen, aber der Focks muss das wirklich so empfinden.

Also was ich mir gedacht hab, als ich mir deine Überlegungen zu der Geschichte angeschaut hab, war, dass die alle total klar und logisch und sinnvoll sind, aber eben auch ein bisschen traurig, und was könnte ich denn dagegen anbringen, wenn ich Journalist wär und noch eine Frage stellen könnte? Und die einzige, die mir einfiel, war: Was ist mit der Liebe?

Und ich finde schon, die Frage gehört hier irgendwo unter der Geschichte: Was ist mit der Liebe? Und ich mein nicht die Liebe, die mit den Jahren wächst und so … sondern bäm, die Liebe. Wenn man deine Ausführungen alle zu ihrem logischen Schluß folgt, dann müsste man ja fast sagen: Quinn hat am 05.07.2012 den Focks online gestellt und die Liebe gekillt. :)


Also ... ich will nicht predigen, und das sind auch nur meine Ansichten, ich hab eine Statistik jetzt gelesen, Rekordzahl von Singles in Deutschland, ich glaub 20Millionen oder so. Viele sind sicher verwitwet oder geschieden oder aus Überzeugung, aber ich bin mir sicher, viele von denen, suchen nach einer Charlotte oder einem Charlotterich, weil sie - in meinen Augen - bestimmte Dinge einfach nicht gerafft haben.

Dann suchen sie noch nach der Liebe, oder? Oder was suchen die dann? Einen tollen Partner? Was ist die Defintion eines Charlotterichs? Ist es: Der Glaube an der großen Liebe? Anerkennung von anderen? Oder: Das Gefühl, verliebt zu sein. Oder ist das ein ganz pragmatischer Gedanke, der halt unrealistisch ist: Ich will einen Mann/Frau, der a b c und d ist, und wenn ich lang genug danach suche, dann finde ich den/die? (Ich weiß es jetzt auch nicht genau). Das wirft man ja Frauen häufig vor, dass die total pragmatisch sind und so, die haben eine Liste von Dingen, die sie von einem Mann verlangen, das Beispiel hast du jetzt gebracht, kommt auch in Filmen immer wieder vor, der Gedanke ist wohl bei männlichen Holywood-Drehbuchschreibern präsent ..

Was mich jetzt interessiert hat: Gibt es mehr Singles in Deutschland als sonstwo? Oder ist das überall in Europa so? Ich hab grad gegoogelt, weil ich das Gefühl hatte, bestimmt hat es in Deutschland mehr singles, und:

Deutschland hat mit die höchste Singlequote in Europa. Nur in Schweden (24 Prozent) ist sie noch höher. Der europaweite Durchschnitt liegt bei 13 Prozent. Die meisten Länder in Süd- und Osteuropa liegen deutlich darunter. In Großstädten leben überproportional viele Menschen allein. Da liegt die Singlequote um die 30 Prozent. Deutschlands Singlehochburg ist Hannover. In Baden-Württemberg ist die Singlequote mit 17,3 Prozent mit am geringsten. Hier verläuft die Singularisierung deutlich langsamer als in anderen Bundesländern. Der Anteil der Alleinstehenden hat binnen 20 Jahren um zwei Prozentpunkte zugenommen, in Mecklenburg-Vorpommern um zwölf.

(Warum Schweden jetzt nummer 1 ist, weiß ich auch nicht, vielleichst sagst du jetzt nichts Schlaues dazu und belässt mir einfach meine Fantasien :))

Was ich wissen will ist: Diese ganzen Singles .. sind die alle wie Herr Focks? Sind viele wie Herr Focks? Sind die im Ansatz wie Herr Focks?

Du legst ja im Endeffekt eine sehr pragmatische Sicht der Dinge dar. Und alles, was du sagst, ist richtig: dass Menschen toll werden, wenn wir sie toll finden. Macht Sinn. Das Sonnenblumenmädchen-Effekt und so. Ja, richtig. Im Grunde wirfst du den Singles fehlender Pragmatismus vor, du sagst: sei doch ein bisschen pragmatischer, raff doch die Realität.

Viele sind sicher verwitwet oder geschieden oder aus Überzeugung, aber ich bin mir sicher, viele von denen, suchen nach einer Charlotte oder einem Charlotterich, weil sie - in meinen Augen - bestimmte Dinge einfach nicht gerafft haben.

Und ich kann nur sagen: das stimmt natürlich. Die haben kein Bild von der Realiität. Viele jedenfalls nicht. Aber was ist mir der Liebe? Mehr kann ich nicht sagen. Was ist mir der Liebe? Ist die Liebe nicht das Gegenteil von Vernunft und Pragmatismus? Ist Liebe nicht: Rosarote Brille, head over heels, hoffnungslos verliebt, und der ganze Kram? Total Sinnlos auch, ohne jede Erklärung? Wo die Liebe halt hinfällt.
Also das genaue Gegenteil von pragmatisch, keine bewusste Entscheidung, die man fällen kann, sondern einfach: ich kann nicht anders. Was ein schönes Gefühl ist auch. Zu Wissen: die Entscheidung wurde mir abgenommen, ich hatte keine Wahl, es war Schicksal. Wie kann man denn sonst ein Bund fürs ganze Leben schließen? Ich denken, entweder ist man verliebt oder sehr pragmatisch. (Oder sehr zynisch vielleicht)
Hat es vielleicht auch damit was zu tun? Die Qual der Wahl? Früher gabs zehn Weiber im Dorf, und wenn du der drittcoolste Tp war, hast du die halt die drittschönste Frau geheiratet, und heute kann man jederzeit alles machen, was man will (oder das meint man), und vielleicht glaubt man deswegen, dass man diese Traumperson noch finden kann ... irgendwo in Melbourne oder vielleicht in Wiesbaden?

Ich finds halt interessant, dass die Deutschen alle single sind. Und Südländer weniger so. Und die Osteuropäer auch. Woran liegt das? Sind die alle pragmatischer als wir oder was? Ist das ein Wohlstandsding? Raffen die es besser? Was spielen da noch für Faktoren eine Rolle?

Ich habe einen Kumpel, der ist Musiker und Italiener, ich kenn den lange, der hatte über die Jahre viele feste Freundinnen, und jedes Mal war es die Große Liebe. So verhielt er sich. Das war für ihn die ganz große Liebe. Und als er mal zwei Wochen single war (länger war es nie), dann sagte er mir mal: Hey, das ist doch Bullshit mit der Liebe. Ich weiß, dass er mir das mal gesagt hat. Und zwei Wochen später hatte er die nächste große Liebe gefunden gehabt, und das war dann aber wiklcih die GANZ große Liebe. Und wenn man da so drüber nachdenkt, wie das in seinem Kopf ... also spätesten ab der vierten oder fünften megagroßen Liebe in Folge …
Und ich denk mir halt: Der ist halt Italiener, der kann das. Und ein bisschen beneide ich ihn auch drum.

Und da frage ich mich: Warum kann das ein Italiener und kein Deutscher, so generell gesprochen jetzt. Ist das mangelnde Leidenschaft? Ist das wie mit den Japanern, die schon gar keinen Sex mehr haben wollen. Ist youporn vielleicht dran schuld oder die Medien oder so was?
Also was du sagst ist richtig … ob das aber der Kern “des Problems” ist(wenn man es denn überhaupt so nennen will, wär auch ein Thema für sich), bzw. gehört da nicht mehr dazu? Könnte es vielleicht auch sein: Südländer lassen sich (eher) vom Strom der Leidenschaft mitreißen und Westeurpäer denken: Ach, den/die heirate ich bestimmt nicht, dann kann man es ja gleich lassen. Wo soll das denn hinführen? Ne, ne... mit 24 will ich hier sein, und mit dreißig dann dort, und dann dies und jenes … und ob die/der wirklich die große Liebe ist?
Diese Weitsicht auch, diese Pragmatik.
Und um zurück zu deiner Geschcihte zu kommen: An Leidenschaft fehlt es dem Herrn Focks nun wirklich nicht, zumindest noch nicht. Dass er sie gleich verlässt, um das zuzuspitzen, das ist für die Geschichte vielleicht wichtig, aber ja, vermutlich dauert das viel länger … Ich denke, das lässt er von den Kumpels nicht so schnell kaputt machen. Also … ich les das nicht ganz so.

Vielleicht sind viele Singles nicht zu “dumm” für eine Partnerschaft, sonder zu klug eher, disillsioniert auch, zynisch vielleicht, weil man zu häufig gehört hat, dass laut der Wissenschaft bei Frauen Liebe entweder der dritte oder vierte Orgsamus sei und so Sachen.
Vielleicht verlieben die sich einfach nicht mehr, oder nicht mehr so schnell.

Könnte man hier nicht auch den Vergleich zur Religion ziehen, die (wie die Liebe vielleicht) bei uns im Sterben liegt, und sagen: Wenn du an Gott glaubst, dann ist da auch was, dann spürt man Gott wirklich, die Jesus-Freaks, die da rumhüpfen und schreien, die spüren doch irgendwas, und die Esoteriktante mit den Edelsteienen, die spürt auch was, ihre Kopfschmerzen werden wirklich milder, und der Italiener mit seiner Liebe (und Focks so ähnlich vielleicht), der empfindet das wirklich, vielleicht glaubt er sogar so fest an die Liebe, kann so gut erzählen, dass die Frau, die er gerade anbaggert, dass die dann auch dran zu glauben beginnt (so wie der Erzähler..)… und dann ist es auch wirklich die große Liebe für alle Beteiligten. Könnte man den Bogen nicht auch so spannen? Ohne große logischen Aussetzer? Könnte man nicht sagen: In Deutschland gibt es mehr Singles, weil sie zu pragmatisch sind? Weil sie es überraffen? Und dabei vielleicht den Sinn fürs ... Ganze verlieren? Dass da ein bisschen Leidenschaft fehlt vielleicht? Zu viel Ratio? Und Herr Focks, so gesehen, obgleich eine Hammerfigur in deiner Kurzgeschichte, nicht wirklich das Musterbeispiel eines deutschen Singles ist (überspitzt hin oder her), einfach weil der zu begeisterbar ist – und sich mit seiner Art früher oder später schon in eine Beziehung hereinfinden wird, die meinetwegen dann endet … weil das Liebesgefühl aus welchen Gründen auch immer mit der Zeit nachlässt .. okay.

Man könnt schon auch gemischt argumentieren, also beides. Deine These, wenn ich die mal so zusammenfassen darf: a ) Die Leute raffen die Realität nicht. Und gleichzeitig b) Die sind zu klug für die Leidenschaft. Ich glaub das geht sogar.

Naja … jetzt hab ich das Bedürfnis gespürt, ein Plädoyer für die Liebe zu schreiben, bzw. einfach die Frage nach der Liebe zu stellen. Ich mag die Geschichte sehr, aber noch les ich sie einen Tick anders als du. Nicht viel, aber etwas.


MfG,

JuJu

 

Hey Jo,

Kalbfleisch. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Kalbfleisch.
Die Leute hier heißen so. Der Name ist schon bewusst gewählt, aber … ja, hier heißen die Leute eben so.

Marillen, Mirabellen, dieses R macht für mich alles kaputt. Ist zu tief im Rachen. Clementine sieht unglaublich hässlich aus
Wir verstehen uns!

Es ist nicht so, dass ich den Prot für kühl halte, aber dass ist dieses, sich von richtigen Menschen distanzieren wollen, deswegen ja auch siezen, sogar über den Tod hinaus, wenn man sich nämlich mit ihnen auseinandersetzt, dann wird’s persönlich und auch schmerzlich.
Ja, so kann man das auch sehen. Ich tu mir schwer, ich brech mir hier auch selbst den Hals, weil ich so viel zu dem Text sag, und dann so als Daumen rauf/Daumen runter für einzelne Interpretationen darstehe.
Ich finde hier das „Sie“ zeigt sowohl Respekt als auch „Besser nicht zu nahe hingucken.“

Also: Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Manche sogar ein bisschen länger.
Weiß nicht.
Hast Recht, ich mach irgendwas mit „Wenige“ oder „einige“ und lass das 2. „ein“ raus, irgendwas geht, hast Recht.

Trixie, Pixie, Mixie, Nixie, Xixie, es gibt soooo viele Buchstaben
Ich gestehe, als ich den ersten „Fixie“ geschrieben habe, habe ich kurz an dich gedacht und gelächelt!

Zimmerküchebad. Bei dem Wort bekomme ich schon klaustrophobische Anfälle.
Ich freu mich. So was finde ich wichtig.

Die Geschichte ist für mich viel trauriger als auf den ersten Blick, aber das ist dann der Charlotte-Effekt auch, man will gar nicht darüber nachdenken, weil das einen selbst sehr traurig stimmt. Oberflächlich gesehen ist das eine sehr unterhaltsame Geschichte, aber ans Licht gezerrt, tut sie doch schon sehr weh.
Ja, ich muss gestehen ,beim Schreiben, hab ich beim vorletzten Satz „Man kann nicht mit ihr reden, wenn sie so ist“ fett gegrinst, und beim Schlusssatz – das hat mich selbst überrascht. Da mit dem „such eine für mich mit“.
Ich finde auch, dass die Geschichte so harmlos daherkommt – und wenn man dann so guckt – Aua.

Freut mich, dass dir die Geschichte so gut gefallen hat! Vielen Dank für deinen Kommentar
Quinn

Hey juju,

Mir gefiel deine andere Charaktierisirung von ihm besser, wo du gesagt hast, Fox "lügt" nicht, der ist halt sehr begeisterungsfähig und steigert sich da rein und so weiter
Ja, das denke ich auch. Ich denke, es ist beides. Er ist begeistert von dieser Charltote. Aber er will auch, dass sie keiner sieht, dass sie ihm ist. Und er will auch, dass er das für sich hat. Dass das ihn ausmacht. Dass er der ist mit der Traumfrau.
Ich denke Herr Focks ist nicht berechnend und reflektiert und bösartig oder irgendwas.

Wenn man deine Ausführungen alle zu ihrem logischen Schluß folgt, dann müsste man ja fast sagen: Quinn hat am 05.07.2012 den Focks online gestellt und die Liebe gekillt.
Ich hab neulich was gefunden – der Kaffeekranz für die besten Links ist ja zu, sonst hätte ich ihn da gepostet:
http://www.nytimes.com/2012/06/17/f...r=1&ref=weddingsandengagements&pagewanted=all

Also ich denke nicht, dass die Liebe tot ist, und ich will da auch nicht zu zynisch wirken oder alles berechnend, aber für diese Geschichte hier, brauchte man halt ein paar Annahmen und ein paar Überlegungen.
Es ist auch so, das ist ja auch eine Wechselwirkung, man schreibt was, man denkt drüber nach, man denkt über was nach, man schreibt das; und dann denkt man wieder drüber nach und hat so eine Kontaktanzeige aus dem Radio im Hinterkopf und: also ich kam, wenn ich nachdenke, nie an den Punkt, an dem ich gesagt hätte: Die Liebe ist tot! Alles nur Quatsch. Aber … tjo. :) Bei dem Link, das macht mich fertig. Ich liebe dich, wenn du 20 Kilo abnimmst und aufhörst zu schnarchen, sonst nicht.
Und ich denke. Das kommt vor. Das kommt durchaus vor. Es heißt dann: ich muss sehen, dass du mich so liebst, dass du bereit bist, dich für mich zu ändern, aber … herrje.

Das Gefühl, verliebt zu sein. Oder ist das ein ganz pragmatischer Gedanke, der halt unrealistisch ist: Ich will einen Mann/Frau, der a b c und d ist, und wenn ich lang genug danach suche, dann finde ich den/die?
Ich bin mit Seinfeld aufgewachsen z.B: oder hab’s später kenenngelernt. Seinfeld läuft so – unter anderem – dass ein kleiner, arbeitsloser, glatzköpfiger Loser eine absolute Traumfrau bekommt.und dann hat sie einen kleinen Makel und deshalb kriegt er dann einen Haschmich und serviert sie ab.
Und das ist konsequent in der Serie so. Sie haben partner und verlassen sie wegen Nichtigkeiten.
(Sex and the City ist das ganze, soweit ich es gesehen habe, z.B. auch).
Vielleicht hat mich das geprägt:
Also um Gottes Willen, wenn es sowas wie Liebe gibt, dann wird die doch nicht daran scheitern, dass die Frau bei einem Tiramisu laut stöhnt).

Was ich wissen will ist: Diese ganzen Singles .. sind die alle wie Herr Focks? Sind viele wie Herr Focks? Sind die im Ansatz wie Herr Focks?
Ich weiß es nicht. Es ist auch nicht mein Ding, so was zu wissen. Sondern das Ding ist halt, darüber irgendwie nachzudenken und draus eine Geschichte zu machen .Sonst wären wir halt Wissenschaftler und Statistiker.
Du hast hier in dem Kommentar Ideen für drei Geschichten mindestens, das ist doch das Schöne, wenn man ein Erzähler ist. Man findet überall Stoff zum Erzählen. Und am besten erzählt man was, das einen interessiert.

Und ich kann nur sagen: das stimmt natürlich. Die haben kein Bild von der Realiität. Viele jedenfalls nicht. Aber was ist mir der Liebe? Mehr kann ich nicht sagen. Was ist mir der Liebe? Ist die Liebe nicht das Gegenteil von Vernunft und Pragmatismus? Ist Liebe nicht: Rosarote Brille, head over heels, hoffnungslos verliebt, und der ganze Kram? Total Sinnlos auch, ohne jede Erklärung? Wo die Liebe halt hinfällt.
Mein Satz mit „die raffen es nicht“ – klingt sehr arrogant. Ich ärger mich, wenn ich das manchmal sehe, sehr über bestimmte Leute. Neulich hatten sie in einer Talkshow die jüngste Ex-Frau von Lothar Matthäus und die war genau so wie ich mir das vorgestellt habe und noch schlimmer.
Also was ist Liebe? Warum verlieben sich denn so viele Frauen in schlanke Männer statt in dicke? Warum so viele in erfolgreiche statt in erfolglose? Warum spielt soziale Stellung usw. so eine große Rolle.
Wenn die in Hollywood anfingen und würden neue Schönheitsvorbilder rausgeben, wie würde sich das hier auf den „Single-Markt“ auswirken? Ich weiß es nicht. Vielleicht schätzen wir den Einfluss der Medien zu stark ein? Das sind ja Ideen aus dem Feminismus fast. Frauenbild, warum sollen Frauen immer so sein, wo kommt das her, was macht das?

Hat es vielleicht auch damit was zu tun? Die Qual der Wahl? Früher gabs zehn Weiber im Dorf, und wenn du der drittcoolste Tp war, hast du die halt die drittschönste Frau geheiratet, und heute kann man jederzeit alles machen, was man will
Ja, auf jeden Fall, wenn du mich fragst. :)

Und wenn man da so drüber nachdenkt, wie das in seinem Kopf ... also spätesten ab der vierten oder fünften megagroßen Liebe in Folge …
Das sind unterschiedliche Erlebnisse, die dann die Wahrnehmung ändern und prägen. Ich hatte einen Freund beim Abi, der sich durch die halbe Stufe geschlafen hat, bis er dann eine Traumfrau hatte und meinte: Okay, das war’s. Bei der bleib ich. Was besseres krieg ich nicht mehr. Wenn ich deinen Italiener kennen würde, dann würd ich vielleicht andere Geschichten schreibe.

Also mir ist wichtig, dass die Geschichte letztlich einfach sagt: Ich hab das Thema. Darüber können wir mal sprechen. Darüber kann man mal nachdenken. Und ich will nicht – und ich denke, das mache ich auch nicht -, jetzt sagen: Leute! Seid nicht blöd! Hört auf von Charlize Theron zu träumen! Schaut euch mal die Kellnerin in der Eckkneipe genauer an!
Wer bin ich das irgendwem zu sagen? Ich find das ist auch gar nicht meine Aufgabe, ich käme mir da als Leser genervt vor. Aber ich muss auch sagen: Ich würde auch höchst ungern über die „Liebe“ schreiben.
Natürlich geht es in der Geschichte auch um die Liebe, um Lebensentwürfe, um Sichtweisen, klar, weil das zum Leben gehört.
Also das ist ja mit Abstand jetzt – das ist ja der Wahnsinn – die Geschichte zu der ich inhaltlich am meisten Kommentare bekommen habe.
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich hier selbst viel geschrieben habe. Lange hab ich gesagt: Ich wart erstmal 2Wochen, bevor ich was zu den Kommentaren schreib, sonst beeinflusse ich das alles zu sehr.
Das hab ich diesmal gelassen, weil’s mir auch einfach in den Fingern gejuckt hat.
Aber, mir ist wichtig: Ich möchte keinem reinquatschen, wie er die Geschichte zu lesen hat. Ich hab Gedanken dazu, die Leser haben Gedanken dazu, ich find’s echt gut, dass hier so viel geht, ich will keinem die Geschichte kaputt machen. (Die wenigsten werden eh so viel dann noch unten drunter lesen).

vielleicht glaubt er sogar so fest an die Liebe, kann so gut erzählen, dass die Frau, die er gerade anbaggert, dass die dann auch dran zu glauben beginnt (so wie der Erzähler..)… und dann ist es auch wirklich die große Liebe für alle Beteiligten.
Ja, ich denke z.B. das ist in der Geschichte drin. In der Szene beim Griechen.
Es ist jetzt die Frage, ob man „Liebe“ herbeiführen kann, eigentlich. Ob man so lange vögelt, bis es passt. Und sich dann so angleicht, dass es passt . Und … ich weiß es nicht.
Das wären dann Pygmalion-Motive. Hier in der Geschichte sind es eher Motive aus den Sagen, in denen etwas so ist, wie es ist, bis es ein anderer sieht.
Wenn der Held gesagt bekommt: Hier hast du ein Geschenk, zeig es aber keinem! Niemand darf das sehen! Und der Held zeigt es natürlich wem und dann ist es weg.
Das „Nicht Hinsehen“-Verbot, ganz starkes Motiv in den Sagen. Das ist hier eher verarbeitet.


. Ich mag die Geschichte sehr, aber noch les ich sie einen Tick anders als du. Nicht viel, aber etwas.
Ich find’s gut. Ich les die in einem Jahr vielleicht auch anders, vielleicht in zwei Wochen schon. Das ist bei so einem Erzähler: Alles, was der sagt, kann man interpretieren, denke ich.
Vielleicht hätte ich das Ende offen lassen soll, damit jeder die Geschichte lesen kann, wie er will. Ich konnte dem letzten Satz nicht widerstehen. Ich wolle ihn wieder draußen, fand die Geschichte stärker so. Vielleicht hakt grade das beim Leser dann auch ein. Dieses „Nicht zustimmen“ zu Herrn Focks. Dass man sagt: Du Idiot, gib ihr doch eine Chance. Das geht doch mit Charlotte, du warst doch glücklich, was hat sich geändert?
Was will man als Autor mehr, als wenn Leser sich am Ende Fragen stellen? Ich weiß es nicht. Ich hab Geschichten geschrieben, die wurden als sehr rund empfunden, wurd ich auch gelobt, aber da war der Text zu Ende und es hat nichts „nachgegärt“ im Leser, die Bilder waren vielleicht noch da, paar Sprüche, aber nix von Substanz. War auch okay. Hatte ich Spaß beim Schreiben, paar Leser beim Lesen.

Vielen Dank für die Meldung noch mal, ich merke das Thema selbst gärt auch in dir; ich denke das ist einfach Stoff für Geschichten, ganz viele, hab jetzt auch öfter über den Text gesprochen, Leute sagen dann was und man merkt: Da hätte es – mit dem Setting – allein schon 3 starke Szenarien gegeben, wie es ab der Hälfte anders hätte kippen können – ich wird die nicht schreiben, jedenfalls nicht so bald, aber dann vielleicht irgendwann doch.
Quinn

 

Hallo Quinn,

Viel wurde schon zu deiner Geschichte gesagt, die ich charmant finde, wenn auch nicht unbedingt spannend, was ich aber nicht schlimm finde, weil du die Leser auf andere Weise "entschädigst" und gut unterhältst. Die Figuren finde ich sehr liebevoll gezeichnet, anfangs dachte ich, es handelte sich um lauter Herren zwischen Mitte vierzig und eher noch: Ende 50... :D

Wie normale 30iger kommen sie mir nicht vor, aber das nur am rande.

Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, Lilienthalallee 18b. ..... Der Herr Focks wäre auch sehr glücklich gewesen ohne eine Charlotte in seinem Leben.
> zwei Textstellen, die mir sehr gut gefallen haben.


Gefallen haben mir darüber hinaus, der Super-Erstsatz, der Aquaflux-man, das Geheimnis um Charlotte, die Sexszenen mit Charlotte, "So wie früher, weißt du noch? Fix und Foxi.", die leitmotivischen Judiths, die "kleine" Entzauberung der Charlotte, auch das Ende, besonders der Schlusssatz.

Herr Focks sprintet die drei Stockwerke nach unten und denkt daran, Charlotte zu vögeln.
Charlotte, davon hat er Fixie und mir erzählt; nicht Fixie, mir, Julia und Katrin; nur Fixie und mir. Charlotte ist unglaublich. Sie hat einen Grip, sagte der Herr Fox, als er mal etwas getrunken hatte und wir ganz privat wurden. Man könne das gar nicht beschreiben, man müsse das erlebt haben. Es sei so, als würde sie, während sie mit dir schläft, dich noch mit einer dritten, inneren Hand massieren. Beckenbodenmuskulatur sei das.
Ich habe einmal versucht, Katrin auf das Thema zu lenken. Katrin sagte, das könne man schon trainieren, wenn man beim Pipi machen das Pipi halte. Danach habe ich sie nie wieder darauf angesprochen.
Als ich mit Herrn Focks noch einmal darauf zu sprechen kommen wollte, sagte er, über so etwas würde er nie reden. Nicht einmal mit uns. Ein Gentleman genieße da und schweige.
Aber ich weiß, dass er es erzählt hat. Einmal hat er es erzählt. Mir und Fixie, als er zuviel getrunken hatte. Und dass sie unglaublich zu lecken sei, hat er auch erzählt. Schmecke wie eine Sachertorte. Die Muschi käme einem entgegen, als wolle sie einen zurückschlecken. Ganzer Mund voll mit Charlotte..
>> Supertextstelle, hier las ich wieder gespannt mit. der dreifachgrip und die tolle Verbindung aus Kuchen und Charlotte:)

Fazit: lesenswert, gerade wegen der vielen herrlichen Details und sprachlichen Feinheiten, wenn es noch einen Spannungsbogen gäbe, wäre es perfekt.

schöne grüße petdays

 

Hallo,

habe die Erzählung zweimal gelesen, weil ich dachte, ich habe irgendetwas verpasst oder so, also, da passiert unglaublich viel "hinter den Kulissen", Elmore Leonard nennt so was die "backstory" glaube ich, Dinge, die in der Vergangenheit passiert sind und die jetzt in den aktuellen Sein des Protagonisten hineinwirken. Ich hatte beim lesen schon auch das Gefühl, man kann noch wesentlich mehr zwischen den Zeilen interpretieren (wenn man möchte!).

Für mich schwebt über allem ein stark ausgeprägtes Vintage Feeling: Miranda, West Ice, Amanda Marshall, ZKDB, Fetenhits - klingt irgendwie nach letztem Jahrhundert, nach Entschleunigung, und so funktioniert die ganze Sache doch auch, (wenigstens für mich) als eine langsame, leise und auch bewusst fragile Erzählung.

Es gibt da eine Erzählung von Clemens Meyer in einem seiner Bücher, die mich vom Tonfall, vom Rhythmus sehr an diese erinnert hat, es liest sich flüssig und locker, jedes Wort passt, aber dazwischen schwingt etwas Trauriges, Melancholisches mit, etwas seltsam Endgültiges, und am Ende weiß man gar nicht, was man für ein Gefühl zu dieser Erzählung hat, man ist regelrecht verstört, weil sie halt realistisch ist, man weiß, solche Dinge passieren, andererseits ist es diese Beiläufigkeit als Stilmittel, die einem das Lesen so leicht macht. Mir ging das bei dieser Erzählung genauso: man liest sie, und dann kommt ganz langsam der Hammer, sie ist nachhaltig, so kann man das nennen.

Das absolute Highlight finde ich ist der letzte Absatz. Ich habe mir auch überlegt: Wie gut muss der Autor seine Figuren kennen, um sie auf so wenigen Zeilen so prägnant und verknappt, so archetypisch zu präsentieren? Da steckt eine Menge drin, eine Menge Wissen, die der Leser vermittelt bekommt, über die Charaktere, die "Denke", die Person an und für sich, wenn er bereit ist, sich darauf einzulassen. Alles kumuliert dann im letzten Satz, der ist auch verstörend, irgendwie, eigentlich ja schon düster, aber er rundet das alles großartig ab.

Habe ich sehr gerne gelesen, ist perfekt komponiert, liest sich flüssig.

Gruss, Jimmy.

PS: 5,0 heißt so, weil das Bier 5% hat. Es gibt auch eins, das sich 2,5 nennt ... ;-)

 

Moin Quinn,
da hast du einen feinen Text geschrieben mit einer Erzählstimme, die die Stimmung, Spannung und das Tempo über die ganzen Seiten wunderbar hält.
Gelobt – und das zu Recht – wurde ja schon genug (wie ich beim Überfliegen der Kommentare sah), da gibt es wohl nicht mehr viel zu sagen.

Also versuche ich mal ein ganz klein wenig Kritik:
Die Erzählstimme habe ich zwar sehr genossen, aber letztlich (im Nachklang und beim zweiten und dritten Lesen) nicht mit der Person des Ich-Erzählers hundertprozentig deckungsgleich bringen können.
Das Alter der drei Freunde schätze ich mal auf fünfunddreißig bis vierzig (nach den wenigen Hinweisen im Text), der Ich-Erzähler hat studiert (zwar nicht in den Geisteswissenschaften, sondern was „Handfestes“, aber immerhin), scheint eine feste Anstellung zu haben (vermutlich seiner Ausbildung entsprechend) und ist (wohl seit einiger Zeit) mit einer Frau verheiratet, die relativ selbstbewusst rüber kommt.
Die Erzählstimme allerdings klingt für mich naiv, prollig und relativ jung und unerfahren (keine Ahnung, ob das so gewollt ist, oder nur bei mir so ankam, aber die Diskrepanz fiel mir auf). Zwar kommen hin und wieder sehr klare, feine Formulierungen von ihm wie:

Ab und an erwischten wir sie natürlich schon mal in einem schönen Moment. Wenn sie einmal lächelten, vielleicht weinten, aber sie merkten es und schlossen ihr Lächeln weg, zeigten und grimassierten in unsere Richtung und waren wie eh und wie je.
oder:
Als würde man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle lassen, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.
die ich aber nicht überein bringen konnte mit der eigentlichen Grundstimmung der Erzählstimme.

Oder muss das so sein, ist so von dir geplant gewesen?
Weil das eine ohne das andere entweder zu platt/nichtssagend/uninteressant oder zu analytisch/abgehoben/durchdacht wäre und nur in der Kombination ein Schuh draus zu werden kann?
Sprich, der so einfache „normale“ Mann, in der „normalen“ Welt, der durch diese hindurchgezogen wird, sich treiben lässt, sie (die Welt) letztlich nur erträgt, die Frauen, die Arbeit, die (bösen) Menschen, und sie nicht (mit) gestaltet, der aber irgendwo doch eine beachtliche Klugheit an den Tag legt, unbewusst in sich trägt (?) und (im Text) zum Besten gibt.
Vermutlich lieben wir als Leser solche Typen, die etwas tollpatschig durchs Leben gehen, aber gleichzeitig (unsere?) Klugheit haben, tief in sich unsere Wünsche, unser Weltbild widerspiegeln.
Klar, das ist eine Kunstfigur, die du da geschaffen hast. Die muss es nicht unbedingt in Natura so geben, überhaupt nicht. Und unser aller Geschichte ist ja normalerweise auch wenig literaturverarbeitbar, würde niemanden interessieren, aber trotzdem habe ich als Leser gerne Figuren, die realitätsnah und nachvollziehbar reagieren.

Soweit meine einfach mal heruntergeschriebenen (krausen) Gedanken.
Wie schon gesagt, sehr gelungene Geschichte, die ich gerne las, auch ein zweites und drittes Mal.
Ich hoffe mal auf mehr aus deiner Feder (dies war das erste, das seit meinem Hiersein von dir kam).

Herzlichst Heiner

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo petdays,

Die Figuren finde ich sehr liebevoll gezeichnet, anfangs dachte ich, es handelte sich um lauter Herren zwischen Mitte vierzig und eher noch: Ende 50...

Wie normale 30iger kommen sie mir nicht vor, aber das nur am rande.

Das ist schwierig, die „altersgemäß“ darzustellen. Zu mal hier im Text die Leute wirklich wenig Platz haben einfach. Mir hat gestern jemand gesagt, sie liebe die Figur des Herrn Focks. Und ich hab gesagt: Der hat im Text vielleicht 5 Zeilen oder so.
Also es ist ein Text mit viel Nostalgie und er spielt auch eher in einer Kleinstadt. Ich kann verstehen, wenn die Figuren dann „älter“ wirken.
Ich glaub es steht auch kein Alter im Text.


Fazit: lesenswert, gerade wegen der vielen herrlichen Details und sprachlichen Feinheiten, wenn es noch einen Spannungsbogen gäbe, wäre es perfekt.
Das freut mich. Das mit dem Spannungsbogen: Also ich denke, der Spannungsbogen ist ja letztlich: Was ist mit Charlotte? Was hat es mit der auf sich?
Natürlich ist das keine linear erzählte Geschichte mit einem „klassischen“ Spannungsbogen. Ich muss aber auch sagen: Wenn man nur so erzählen würde, wären viele Geschichten und Ansätze nicht möglich, weil der „Spannungsbogen“ auch Einschränkungen in Themenwahl und Umsetzung bedeutet.
In dem Text sollte das indirekter sein. Normal sollte die Frage „Was ist mit Charlotte?“ von der ersten Zeile bis zum Ende reichen. Wenn der Text dann so labernd wirkt, dass man vergisst, in einer Geschichte zu sein, in der es sich um die Frage dreht, dann … jo. Das bringt so ein Erzähler auch mit sich. Ich find das nicht so schlimm. Wenn man da von klassischen Konventionen mitgeht und die Leser – letztlich – auch ein bisschen aus der Comfort-Zone holt – jo, ist okay für mich. Wenn’s da im dritten oder vierten Absatz mal die Aufmerksamkeit des Lesers kostet, ist es schade, aber das macht ja auch den Reiz des Textes aus, finde ich. Es bringt Nachteile mit sich, so zu erzählen. Vor allem in Klarheit und Spannung, jo.

Vielen Dank für deinen Kommentar

Jimmy!

Sie beschämen mich! Das ist ja ein Hammer-Kommentar.
Ich kann nur Danke sagen.

Für mich schwebt über allem ein stark ausgeprägtes Vintage Feeling: Miranda, West Ice, Amanda Marshall, ZKDB, Fetenhits - klingt irgendwie nach letztem Jahrhundert, nach Entschleunigung, und so funktioniert die ganze Sache doch auch, (wenigstens für mich) als eine langsame, leise und auch bewusst fragile Erzählung.
Es ist auch so, dass „hier“ auf dem Land eben alles noch mal bisschen zurück ist. Um das aktuell zu machen, bräuchte man halt viel mehr Technologie letztlich. Das fällt mir auf, wenn ich 2012 mit 2002 vergleiche: Kommunikationstechnik. Sonst hat sich nicht so viel getan, finde ich.
Hier in der Geschichte mit dem Vintage: Ich denke es liegt daran, dass die Wurzeln der Figuren so weit zurückreichen. Das fand ich gut.

und am Ende weiß man gar nicht, was man für ein Gefühl zu dieser Erzählung hat, man ist regelrecht verstört, weil sie halt realistisch ist, man weiß, solche Dinge passieren, andererseits ist es diese Beiläufigkeit als Stilmittel, die einem das Lesen so leicht macht. Mir ging das bei dieser Erzählung genauso: man liest sie, und dann kommt ganz langsam der Hammer, sie ist nachhaltig, so kann man das nennen.
Das ist wirklich ein großes Lob. Ich denke, ich hatte einfach hier in dem Fall mehr Gedanken über die Figuren und die Geschichte, als ich reingeschrieben hab, und diesmal ging es gut, weil die Figuren dann so wirkten mit dieser „backstory“ – bei anderen Geschichten, bei denen ich das auch gemacht habe, ging es furchtbar schief, weil ich dann letztlich nicht das geschrieben hatte, von dem ich dachte, dass ich es geschrieben hatte, weil zu viel Teile des Textes, der Figuren nur in meinem Kopf waren – und der Leser nicht motiviert genug war, danach zu suchen.
Ich denke viel ist hier einfach der Erzähler und dass der eine „Realität“ konstruiert, in denen der Leser die Figuren – wie du sagst – als „solche Dinge passieren“ begreift.
Was halt immer schwierig ist, bei Texten, wenn sich Leser fragen: „Ist das jetzt glaubwürdig?“ Also wenn sie die Glaubwürdigkeit deiner Figuren anzweifeln, dann hast du meistens verloren (das killt die Immersion und das Leseerlebnis). Und wenn sie die erstmal glauben, kommst du mit allem durch – auch mit so einer Flucht am Ende.

Vielen Dank für deinen Kommentar
Quinn

Hallo heiner,

ja. Du hat völig Recht mit diesen Ich-Erzählern. Das ist einfach immer gemogelt. Warum soll der Typ denn so gut schreiben können wie ich? Natürlich, das ist auch so eine Sache. Der hat sich wahrscheinlich im Leben null mit dem Schreiben beschäftigt, ich mich schon.
Ich nehm immer als Beispiel, Max Frisch „Homo Faber“. Max Frisch, der Autor, hat sich 40 Jahre mit dem Schreiben beschäftigt. Der Ich-Erzähler seines Romans ist Ingenieur, schreibt aber wie Max Frisch, der auf bisschen wortkarg macht.
Also das geht immer nicht auf, das ist gelogen. Ein Autor kann nur so tun, als wäre er der Erzähler, er kann aber jetzt nicht – und das will der Leser ja auch nicht – alles vergessen, was er übers Schreiben weiß.

Und ja. Es ist eine Kunstfigur. Natürlich. Und ich denke: Ja, die Mischung mag man sehr gerne.

Die Erzählstimme allerdings klingt für mich naiv, prollig und relativ jung und unerfahren
Also letztlich – die Figur regressiert auch ein bisschen, im Umgang mit Focks (in einer Sitcom wurde dafür mal der Ausdruck: Revertigo gefunden). Er ist da in der Jugend zurück am Anfang, und bleibt in dieser Geisteshaltung, in diesem Traum auch drin. Der Traum vom Sonnenblumenmädchen. Dadurch wirkt er naiv und unerfahren, denke ich.
Das „Prollig“ – ist ja nur diese eine Szene mit der „inneren, dritten Hand“ denke ich. Also da denke ich, ist das schon etwas, worüber sich viele Gedanken machen, aber halt nicht aussprechen wollen. Vor „Fremden“ so zu reden, wirkt sicher prollig. Innerhalb eines Gedankengangs, find ich’s nicht so.

Oder muss das so sein, ist so von dir geplant gewesen?
Weil das eine ohne das andere entweder zu platt/nichtssagend/uninteressant oder zu analytisch/abgehoben/durchdacht wäre und nur in der Kombination ein Schuh draus zu werden kann?
Sprich, der so einfache „normale“ Mann, in der „normalen“ Welt, der durch diese hindurchgezogen wird, sich treiben lässt, sie (die Welt) letztlich nur erträgt, die Frauen, die Arbeit, die (bösen) Menschen, und sie nicht (mit) gestaltet, der aber irgendwo doch eine beachtliche Klugheit an den Tag legt, unbewusst in sich trägt (?) und (im Text) zum Besten gibt.
es ist sicher geplant gewesen. Man will bestimmte Eigenschaften von seinem Ich-Erzähler haben. Er soll nicht zu glatt sein, er soll nicht arrogant und belehrend wirken, er soll Fehler haben, die ihn menschlich machen, er soll die Möglichkeit bieten, sich mit ihm zu identifizieren.
Z.B. das mit den Fehlern. Das führt dazu. Wenn er bei sich selbst Fehler eingestehen kann oder dass man sieht – wie du schreibst -, dass er sich manchmal wie ein Trottel verhält. Dann glaubt man ihm auch eher. Dann wirkt es so, als würde er die Wahrheit sagen.
Die schlimmsten Ich-Erzähler, die es gibt, versuchen immer, sich selbst in einem tadellosen Licht darzustellen. Das werden dann ganz furchtbare Texte, weil der Leser dann aggressiv danach sucht, Schwachstellen im Panzer des Ich-Erzählers zu finden (das klappt nur, wenn es hochkomponiert ist, aber viele Anfänger verwenden solche Ich-Erzähler, die möglichst gut darstehen wollen, weil sie vielleicht im Text etwas verarbeiten wollen nachträglich oder so).
Und ich denke weiter: Ja, ein Erzähler sollte auch mal was sagen, das gut klingt und das den Leser zum Nachdenken anregt. Hier die Szene beim Griechen, wenn Focks fertig mit Erzählen ist, und der Erzähler Katrin anguckt, und dann sagt, was er denkt, und was er denkt, dass sie denkt.
Da sieht man, denke ich, schon, dass der Erzähler eine Ahnung hat, was da vor geht. Aber vielleicht will er es einfach nicht wahrhaben. Also die ganze Zeit jetzt einen Erzähler in diesem Modus – der seine Freunde analyisert und durchschaut – da hätte der Leser ja nichts zu tun. Das liest man und dann nickt man und – jo.

Und unser aller Geschichte ist ja normalerweise auch wenig literaturverarbeitbar, würde niemanden interessieren, aber trotzdem habe ich als Leser gerne Figuren, die realitätsnah und nachvollziehbar reagieren.
Ich denke, es wird hinter den Kulissen eines Textes, auf einer abstrakten Ebene, mit den Erzähltechniken immer gewerkelt und getrickst, damit das Endprodukt dann so erscheint „realitätsnah“. Aber wenn so erzählt wird, ohne diese Tricks, dann ist das Produkt oft … glanzlos, farblos. Man sagt irgendwie „Man will Realität“, aber was man will ist, dass man dieses Gefühl hat.
Also anders ausgedrückt. Wenn es diese Figur des Erzählers wirklich gäbe, und er hat – was weiß ich – Maschinenbau studiert oder BWL. Dann hätte der überhaupt keine Ahnung vom Schreiben, würde sich derbe einen abbrechen und es wäre unlesbar (die meisten Menschen brechen sich total einen ab, wenn sie irgendwas lesbar formulieren sollen). Also muss ich da schummeln.
Oder, was halt viele „Literaten“ dann machen, ist es, einen Ich-Erzähler zu konstruieren, der als Stellvertreter für den Autor erzählt (Phillip Roth macht das zum Beispiel; Nathan Zuckermann.. Dann hat man in jedem Text gescheiterte Germanisten, Drehbuchautoren, Deutsch-Dozenten und was weiß ich alles drin, nur damit die Erzählstimme einigermaßen plausibel ist (und auch dann ist es geschummelt, weil nicht jeder gescheiterte Germanist so wie Max Frisch schreiben kann). Man hat dann nur ein sehr begrenztes Personal zur Auswahl für die Ich-Erzähler ... und jedesmal wirken sie wie dreiste Stand-Ins für den Autor und es klingt so, als würde der nur über sich schreiben.

Schön ,dass dir die Geschichte gut gefallen konnte, danke für deine Gedanken zum Text; ich werd versuchen, wieder mehr hier einzustellen, kann aber nicht garantieren, dass die Texte dann funktionieren
Quinn

 

Nochmals Moin Quinn,
die Grundproblematik eines jeden Ich-Erzählers ist mir schon bekannt, ich bekam hier nur den Erzähler mit seiner Biografie nicht mit der Erzählstimme hundertprozentig zusammen und eine Annäherung von beiden Seiten hätte mir noch mehr zugesprochen. Aber da ich wohl der einzige bin, der dies erwähnt, funktioniert es ja bei den anderen und das ist sicher das Entscheidende.

Herzlichst Heiner

 

Hey Quinn!

Charlotte hieß Charlotte, so wie Marillen Marillen heißen. Als gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die auf dem Papier, in ihrer abstrakten Form, ganz wunderbar klängen, und die dann, wenn man sie ans Tageslicht zerrt, wenn man sie einmal mit ihren Doppelkonsonanten aussprechen muss, doch einiges an Glanz einbüßen.
Damit wird ja eigentlich die Pointe der Geschichte schon vorweggenommen - genau besehen sind auch Charlottes nur normale Frauen.
Focks’ alter Gemeinschaftskundelehrer, der Herr Kalbfleisch, ich kannte den auch gut, wenn man dem von Charlotte und Marillen erzählt hätte und wie toll die auf dem Papier klingen, dann hätte er gesagt: Genau wie der Kommunismus.
Kalbfleisch, guter Mann, Prostatakrebs, letztes Frühjahr. Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert. Aber der Herr Focks und ich und der Fixie, wir haben den nur Herr Kalbfleisch genannt. Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Ein paar sogar ein bisschen länger.
Herr Kalbfleisch ... die genaue Gegenteil eines schillernden Namens, die Autorität sozusagen, um solche schillernden Dinge zu entlarven ... SEIN Name ist hässlich, aber der Inhalt ist gut.

An dieser Stelle sieht man aber auch, wie du deine Themen, die dem Privatleben angehören, den großen Themen gegenüberstellst, sie in der Zeit verankerst, ihnen einen festen Rahmen gibst. Du bist einer der wenigen, die das machen, du hast das epische Talent, ein Textgewebe zu erzeugen, in das möglichst viele verschiedene Fäden einschießen, du hast das Talent, eine Ganzheit abzubilden, die in sich nicht schlüssig sein muss, so wie das Leben ja auch nicht unbedingt schlüssig ist, trotzdem spürt man, dass alles auf geheimnisvolle Weise zusammengehört, du deckst es nicht auf, was und wie, aber du machst es spürbar. Also, Mann, beweg endlich deinen faulen Arsch und schreib einen Roman!

Der nächste Absatz, in dem die Charlottes den "normalen Frauen" gegenübergestellt werden: Wenn ich das feministisch deuten wollte, würde ich sagen: Charlottes sind eben die Frauen, die willig sind, sexuelle Idole, nicht "eigenständig", erotisch anziehend, sie bestehen sozusagen nur aus sexueller Attraktion und sonst nichts. Sind ganz Frau. Während die übrigen Frauen halt auch ganz normale Menschen sind, mit allem was dazugehört.
Aber wenn man genau hinsieht, diese Schuljungen hätten die normalen Mädels schon auch gerne gehabt, die beobachten die ja ständig, während sie ihrerseits ja kaum von ihren Kameradinnen beachtet werden, weil sie eben auf die älteren Jungs stehen. Und so rächen sie sich, indem sie den Mädels unerreichbare Superfrauen gegenüberstellen.

Insgeheim haben wir gedacht: Es liegt an ihnen. Wegen denen da, kriegen wir keine Frau mit Sonnenblumenhaar. Die vertreiben sie. Wir dachten, die stießen irgendeinen Duft aus oder vielleicht ein Fiepen.
Es wiederholt sich dieses Grundthema ja ständig, so auch hier: Frauen sind, aus der Nähe besehen, eben keine magischen Wesen, sondern auch nur Menschen. Wenn man sie im Alltag erlebt, verlieren sie nicht nur als einzelne Personen ihre Magie, sondern schädigen damit auch die Anziehungskraft ihres ganzen Geschlechts ... sie vertreiben die "Sonnenblumenhaarfrauen", weil sie sich als normale Menschen zeigen, und damit andeuten, dass auch die Magie dieser Frauen nur eine Chimäre ist. Sie untergraben in ihrer Menschlichkeit sozusagen den Traum von Traumfrauen.
Jemand hat gemeint, dass die Helden liebevoll gezeichnet sind, aber das sind ja alles nur gesellschaftliche Typen, keine echten Charaktere. Liebevoll ist nur die Haltung des Erzählers gegenüber ihren Fehlern und Träumen und dem Wunsch nach Liebe und dem Wunsch nach etwas Besonderem.

Die drei männlichen Prototypen wären hier: Der Ich-Erzähler, der akademischen Elite angehörend, erfolgreich, wie es scheint, der Herr Focks, ein Außenseiter, Bohemien vielleicht, weil er eben nicht heiratet, irgendwie schon begabt, aber ohne Karriere, und Fixie, der Verlierer, Vertreter der breiten arbeitenden Masse, ohne ordentliche Ausbildung, Hilfsarbeiter eher. Das ist schon auch eine genaue gesellschaftliche Studie - und der jeweilige Platz in der Gesellschaft zeigt sich nicht zuletzt auch an den Frauen, die die jeweiligen Vertreter haben. Herrn Focks wird zugetraut, dass er eine tolle Frau hat, weil er eben ein bisschen anders ist, der Ich-Erzähler hat eine nette, kluge Frau, aber normal, und Fixie hat ein bisschen den Restposten bekommen, Julia hat ja einen schiefen Mund und weist Fixie zurecht: Halt bitte den Mund. Und am Ende wird Fixie ja dann einer von den Arbeitslosen, die herumhängen und sich volllaufen lassen.

Fixie sagt: „Unser Finanzsystem dient dazu, dass eine immer kleiner werdende Anzahl von Leuten einen immer größeren Anteil an der Finanzkraft der Bevölkerung auf sich vereinigt. Bis es den Menschen gar nicht mehr möglich ist, Schulden zu machen, weil sie keine Bonität mehr haben.“
einziger Kritikpunkt: Redet man so, wenn man es bisher nicht weiter als bis zum Schlecker geschafft hat und vier Bier intus hat? Also das ist nicht glaubwürdig.
Aber ich hab mich gefragt, was haben diese beiden Blasen, also Charlotte und sozialer Abstieg miteinander zu tun? Die Blase Charlotte wird eben auch platzen wie das Finanzsystem. Auch wenn es hier ein bisschen hauruck ist, aber du legst damit nahe, dass Privates und Politisches irgendwie immer zusammenhängen. Herr Focks hat sich zu jemandem Besonderen gemacht durch die Sache mit Charlotte, in gewisser Weise hat er sich dadurch zu einem höheren Status verholfen ... und flüchtet dann auch vor dem Abstieg. So irgendwie hängt das zusammen. Ich finde das großartig gemacht in dieser beiläufigen, etwas geschwätzigen Art, wie der Ich-Erzähler eben berichtet. Wir leben alle irgendwie in Blasen, die jederzeit platzen können, weil sie eben auf Glauben und Nichtwissen und Träumen aufgebaut sind, und sonst nicht viel.
Es sei so, als würde sie, während sie mit dir schläft, dich noch mit einer dritten, inneren Hand massieren. Beckenbodenmuskulatur sei das.
Aja, Männer haben also ein drittes Bein und Frauen eine dritte Hand! :D

Einfach so weitermachen! ;)

Gruß
Andrea

 

Hi Quinn,

also für mich liegt immer noch der Schlüssel zur Interpretation in den ersten Sätzen der Geschichte:

„Charlotte hieß Charlotte, so wie Marillen Marillen heißen. Als gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die in ihrer abstrakten Form ganz wunderbar klingen, und die dann, wenn man sie ans Tageslicht zerrt, wenn man sie einmal mit ihren Doppelkonsonanten aussprechen muss, doch einiges an Glanz einbüßen“.

Deswegen ist für mich Herr Focks ein Künstler. Ihm geht es nicht um Charlotte, um ein Leben mit ihr, das dem seiner Freunde gleicht: Sie haben für ihre Sicherheit „gearbeitet“: eine solide Ausbildung absolviert, einen soliden Job bekommen und solide geheiratet. Nur dass auch die Sicherheit in der Realität nichts Garantiertes ist. Fixie verliert seinen Job, der Erzähler, ja der hat ja so seine Probleme in der Beziehung. Focks dagegen hat sich treiben lassen, ist einem Traum gefolgt – zumindest sieht das der Erzähler neidisch so. (Ob Traum das richtige Wort ist, bin mir nicht sicher.) Focks Leben findet sowieso vor allem in der Vorstellung seiner zwei Freunde statt. Deswegen ist es nur logisch, dass er abhaut. Weil er, in seinem realen Leben, ein Erzähler ist, kein Protagonist. Das ist für mich auch das Spannende an der Geschichte: Die verzweifelte Rettung der fiktiven Autobiografie …, von der auch andere zehren. Die Charlotte ist da wurscht. Das Besondere an ihr ist das, was Herr Focks erzählt. Und vielleicht der Name. Die eigentliche tragische Figur im Ganzen ist aber der Erzähler. Der ist zwar „mit beiden Beinen fest im Leben“ wie man das so sagt, aber er träumt von mehr. Focks ist für ihn gut und schlecht. Zwar füttern dessen Leben bzw. Erzählungen seine Fantasie, aber gleichzeitig bleibt in seinem alles beim alten. Zumindest solange Katrin, die ja nicht blöd ist, nicht doch dem Beispiel von Herrn Focks folgt und vor so viel gelittener Realität abhaut! :p

Was mich gestört hat, war

Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, Lilienthalallee 18b. Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt. Man merke ihn ohnehin nur bei Wasserkisten, das sei schon eine rechte Qual, grade zwei auf einmal, und nur eine? Dann müsse man ja zweimal laufen. Er habe dann ja Aquaflux benutzt, so einen Wasserreiniger, der auch Kohlensäure ins Leitungswasser gesprüht habe – Werbeslogan: Nie wieder Wasserkisten in den dritten Stock schleppen -, aber das habe er dann aufgegeben. Er wisse nicht mehr, wieso.
Man sieht: Der Herr Focks wäre auch sehr glücklich gewesen ohne eine Charlotte in seinem Leben.

"Man merke ihn ohnehin nur bei Wasserkisten" – ist das überhaupt richtig?
Ansonsten gibt’s hier halt nen Bruch im Erzählstil, dessen Sinn ich nicht so nachvollziehen konnte. War das einzige Nichtrunde für mich.

Ansonsten wie so oft, sehr gern gelesen!

Kasimir

 

Hallo Andrea,

An dieser Stelle sieht man aber auch, wie du deine Themen, die dem Privatleben angehören, den großen Themen gegenüberstellst, sie in der Zeit verankerst, ihnen einen festen Rahmen gibst. Du bist einer der wenigen, die das machen, du hast das epische Talent, ein Textgewebe zu erzeugen, in das möglichst viele verschiedene Fäden einschießen, du hast das Talent, eine Ganzheit abzubilden, die in sich nicht schlüssig sein muss, so wie das Leben ja auch nicht unbedingt schlüssig ist, trotzdem spürt man, dass alles auf geheimnisvolle Weise zusammengehört, du deckst es nicht auf, was und wie, aber du machst es spürbar.
Ich versuch das, ja. Ich denke hier im Text zum Beispiel, dass Fixie eben auf einem Weg ist, der ihn an diesen Tiefpunkt führt, und ihn dann dazu bringt, dem Focks auf den Zahn zu fühlen. Und dadurch, dass er erkennt, dass Focks eine ganz normale Freundin hat, fühlt sich Fixie wieder besser.

Also, Mann, beweg endlich deinen faulen Arsch und schreib einen Roman!
Also von uns beiden hättest doch eher du diesen Welterfolg schreiben können, zu dem sich jetzt weltweit Frauen den Biber streicheln und von dem man morgens in der Zeitung liest. :)

Wenn ich das feministisch deuten wollte, würde ich sagen: Charlottes sind eben die Frauen, die willig sind, sexuelle Idole, nicht "eigenständig", erotisch anziehend, sie bestehen sozusagen nur aus sexueller Attraktion und sonst nichts. Sind ganz Frau. Während die übrigen Frauen halt auch ganz normale Menschen sind, mit allem was dazugehört.
Ich find’s noch simpler sogar: Charlottes sind eben Judiths auf Besuch. Von denen kennt man nur die Schokoladenseiten.
Von Lollek gab’s doch eine Geschichte, Nico kennt sich aus mit Frauen. Da kommt ein Mädchen zu Besuch in eine Clqiue und macht einen auf sexuell locker und die Männer sind verrückt nach ihr, während das Mädchen, das schon da ist, dann zur Seite gedrängt wird.
Im Prinzip ist das hier dasselbe.
Also ja, du hast Recht. Man kann eben seine Vorstellungen nur auf weiße Flächen projizieren, auf Leinwände. Je mehr ich über jemanden weiß, desto schwieriger ist es, in ihm etwas zu sehen, das ich mir wünsche. Ich kann in Charlotte, die ich nicht kenne, einen frischen, wilden Naturgeist hineininterpretieren. In eine Judith, die ich 6 Stunden am Tag in allen möglichen Lagen sehe, nicht.
Das ist halt auch was, was es in unserer Zeit überall gibt mit Popstars und Filmstars und Prostituierten.

Der Ich-Erzähler, der akademischen Elite angehörend, erfolgreich, wie es scheint, der Herr Focks, ein Außenseiter, Bohemien vielleicht, weil er eben nicht heiratet, irgendwie schon begabt, aber ohne Karriere, und Fixie, der Verlierer, Vertreter der breiten arbeitenden Masse, ohne ordentliche Ausbildung, Hilfsarbeiter eher.
Ich würde Fixie nicht so hart sehen. Ich denke der hatte einen festen Job beim Schlecker, hatte Ideen, wie er „weiter“ nach oben kommt, war wahrscheinlich lange in dieser Clique der einzige mit Geld und der im „Leben“ stand, und jetzt ist er unverschuldet in diese Krise gerutscht.
Also offenbar wird „arbeitet beim Schlecker“ viel negativer gesehen schon, als ich es vorgesehen habe. Ich hatte Fixie eher als so eine Figur im mittleren Management da, in meinem Kopf.
Aber wenn man ihn eben so sehen will, ändert das an der Geschichte auch nicht viel.
Zum Zeitpunkt der Geschichte ist er an einem Tiefpunkt angelangt. Von wie weit oben er da hinuntergefallen ist, ist jetzt nicht so entscheidend.

Herrn Focks wird zugetraut, dass er eine tolle Frau hat, weil er eben ein bisschen anders ist, der Ich-Erzähler hat eine nette, kluge Frau, aber normal, und Fixie hat ein bisschen den Restposten bekommen, Julia hat ja einen schiefen Mund und weist Fixie zurecht:
Ja, zu den ersten 2. Julia find ich auch nicht so schlimm. :) Das mit dem „schiefen Mund“ sollte einfach nur zeigen, dass sie eben keine „Traumfrau“ ist. Sie ist jetzt nicht gleich die kleine Schwester von Quasimodo.

einziger Kritikpunkt: Redet man so, wenn man es bisher nicht weiter als bis zum Schlecker geschafft hat und vier Bier intus hat? Also das ist nicht glaubwürdig.
Der arme Fixie! Vier Bier sind wirklich nicht so viel für einen gestandenen Mann. Manchmal denke ich sogar, dann redet man eher so als nüchtern. Ich denke, Fixie möchte da einfach mal jemanden richtig volltexten, sich auskotzen, sich die Seele frei reden, und da ist Fokhs natürlich genau richtig.
Also eigentlich, für mich, wird Fixie ja erst an der Stelle hier Fleisch, vorher kriegt man nur kurze Blicke, das ist schon gemein, wenn du ihm jetzt nicht diese Sätze zutraust, wenn er grade hier erst Wirklichkeit wird. :)
Ich dachte, er ist so Fillialleiter, Bezirksleiter und nicht nur einfach an der Kasse, wie du ihn siehst. Deshalb hatte er eben auch diese Ideen vom Franchising beim Subway. Aber – ja, ich hab’s nicht im Text drin. Wahrscheinlich ist das Bild von „arbeitet beim Schlecker“ – so stark negativ besetzt, dass man nicht auf die Idee kommt, da auch ein mittleres Managment zu vermuten.

Auch wenn es hier ein bisschen hauruck ist, aber du legst damit nahe, dass Privates und Politisches irgendwie immer zusammenhängen. Herr Focks hat sich zu jemandem Besonderen gemacht durch die Sache mit Charlotte, in gewisser Weise hat er sich dadurch zu einem höheren Status verholfen ... und flüchtet dann auch vor dem Abstieg. So irgendwie hängt das zusammen. Ich finde das großartig gemacht in dieser beiläufigen, etwas geschwätzigen Art, wie der Ich-Erzähler eben berichtet. Wir leben alle irgendwie in Blasen, die jederzeit platzen können, weil sie eben auf Glauben und Nichtwissen und Träumen aufgebaut sind, und sonst nicht viel.
Ja. Meine Idee war: Über was definieren sich Leute auch in einer Gruppe. Und für Fixie war das der Job. Der bricht weg. Und dadurch tritt hier eben so eine Bewegung in Kraft, die dazu führt, dass die Blase von Herrn Focks platzt. Und indirekt, wenn man so sagen will, und sagen möchte, dass sich der Erzähler über das Leben von Herrn Focks definiert, dann platzt auch noch die Blase des Erzählers ein Stück weit, aber der will das natürlich nicht so wahrhaben. Der kann sich noch wehren. Und der Herr Focks holt halt Stäbchen und Seifentube vor und arbeitet kräfitg an einer neuen Blase.

Vielen Dank für den 1A Kommentar! Was du alles siehst, ich wird ja rot
Quinn

Hallo Kasimir,

Focks Leben findet sowieso vor allem in der Vorstellung seiner zwei Freunde statt. Deswegen ist es nur logisch, dass er abhaut. Weil er, in seinem realen Leben, ein Erzähler ist, kein Protagonist. Das ist für mich auch das Spannende an der Geschichte: Die verzweifelte Rettung der fiktiven Autobiografie …, von der auch andere zehren.
Ja, du gehst da genau rein. Ich denke es ist eben alles eher in einem Dunkel hier, ich glaube nicht, dass Focks das selbst so bennenen könnte, dass er von sich selbst so denkt.

Die eigentliche tragische Figur im Ganzen ist aber der Erzähler. Der ist zwar „mit beiden Beinen fest im Leben“ wie man das so sagt, aber er träumt von mehr. Focks ist für ihn gut und schlecht. Zwar füttern dessen Leben bzw. Erzählungen seine Fantasie, aber gleichzeitig bleibt in seinem alles beim alten.
Das geht uns doch allen so. Wenn wir die Zeitung lesen und über die Traumhochzeit von dem und dem lesen; und über das auschweifende Leben von der und der. Der Unterschied ist hier vielleicht, dass der Erzähler dem Herrn Focks näher ist, als der Zeitungsleser morgens Kate Middleton.
Also wenn der Erzähler dadurch zu einer tragischen Figur wird, sind, finde ich, unheimlich viele Menschen tragische Figuren – vielleicht auf einer schwächeren Ebene.

Zumindest solange Katrin, die ja nicht blöd ist, nicht doch dem Beispiel von Herrn Focks folgt und vor so viel gelittener Realität abhaut!
Ey. Finger weg vom Lebensglück meiner Erzähler!

Ansonsten gibt’s hier halt nen Bruch im Erzählstil, dessen Sinn ich nicht so nachvollziehen konnte. War das einzige Nichtrunde für mich.
Die Geschichte ist am Anfang erzählerisch (Präteritum ,Vergleiche, indirekte Rede) und wird dann immer unerzählerischer (Präsens, Perfekt, direkte Rede, Aufzählung, Schilderung von Dingen einfach), bis sie am Ende dann bei „hat sie gesagt, hab ich gesagt“ angekommen ist.)
Ich weiß nicht, ob das so lupenrein ist. Aber das war ein Effekt, den ich auch wollte, in der Geschichte. Ich hab mich gefragt: Ob man mich dafür schelten wird. Mit den unsauberen Tempuswechseln, und ob ein Mod kommt und das Ding ins Korrektur-Center jagt, aber letztlich ist es ja nicht mal richtig wem aufgefallen bis jetzt!
Am Anfang gibt es diese großen Vergleiche „wie Marillen, in der Hölle, wie ein Motor“ und diese indirekte Rede (Man kann Sprache fast nicht mehr gestalten als in der indirekten Rede); und grade am Ende diese „Flucht“, dieses „und dann“ – das soll dann halt den Gegensatz dazu bilden. Ich weiß nicht, ich kann das auch nicht so genau festmachen, was ich mir da gedacht habe, es hat sich richtig angefühlt beim Schreiben, und jetzt 2 Wochen später kann ich das irgendwie zurecht rechtfertigen. Ich weiß es nicht: Das Verhältnis von Text zu Erzähler wird immer unmittelbarer, bis er in der letzten Szene tatsächlich selbst auftaucht als Hauptfigur und auch was sagt?
Ist doch cool, oder? :)

Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat!
Wenn du weiter als Scheidungsanwälting für die Frauen meiner Erzähler tätig sein willst, sehe ich allerdings echt schwarz für Hund und Widmung!
Quinn

 

Hallo Quinn


Mit dem Text fackelst Du ein stilistisches Feuerwerk ab. Beim ersten Mal, als ich Deinen Text las, bekam ich von der eigentlichen Geschichte gar nicht viel mit. Stattdessen musste ich immer wieder einige Satzkonstrukte bewundern, die man sich fast ausschneiden und an die Wand hängen möchte. Und das soll jetzt keine Ironie sein! Im Gegenteil, das ist Ehrlichkeit gepaart mit einem Spritzer Neid.
Besonders gefallen haben mir diese drei:

Kalbfleisch, guter Mann, Prostatakrebs, letztes Frühjahr. Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert.

Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad.

Charlotte macht sich im Bett breit, streckt die Beine in die Höhe, und reibt sie gegeneinander. Wie ein Insekt, als wolle sie auf diese Weise irgendeinen Ton erzeugen.

Wirklich, Hut ab! Mit der Geschichte hast Du die Messlatte verdammt hoch gesteckt!

Aber genug des Lobes, ein bisschen Kritik habe ich nämlich auch noch zu vergeben.

Da wäre zum Einen die Namen Fixie und Focks, die ich als Variation von Fix und Foxi verstanden habe und als Vertreter der Gesellschaft fungieren – so zumindest habe ich es interpretiert. Besonders interessant fand ich, dass der Erzähler namenlos bleibt, obwohl er, zusammen mit den Herren Focks und Fixie, ein männliches Dreiergespann bildet. Andererseits gibt es bei den Namenspaten Fix und Foxi auch keinen Dritten, ergo muss der Erzähler namenlos bleiben. Andererseits hat der Erzähler immer eine Sonderrolle, da er schließlich die Geschichte aus seiner Warte erzählt. Oder gibt es noch eine weitere Funktion? Überinterpretiere ich da was, oder habe ich was übersehen?

Den Text verstehe ich als gesellschaftliche Parabel, die ein wenig die Moral vertritt: „Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“. Allerdings so doppelbödig erzählt, dass man das Ganze auch Ironisch verstehen kann. So richtig schlau daraus werde ich nicht, allerdings merke ich, wie ich mich zunehmend in das Namens-Dilemma verbeiße.

Was mich auch ein wenig ratlos macht ist die Geschichte an sich. Vor allem was Höhe- und Wendepunkt betrifft. Ich muss gestehen, dass ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, warum der Herr Focks plötzlich vor dem geschwätzigen Herrn Fixie die Flucht ergreift. Und wieso verfolgt der Eine den Anderen? Mir erscheint das so seltsam unmotiviert, wenn nicht sogar unglaubhaft. Bleibt die Frage: Ist das die Krise vor der Herr Focks, wie im Titel angekündigt, flieht? Ich behaupte: Nein. Schließlich bietet das Ende für Herrn Focks eine viel größere Krise, eine die zudem blamabel ist und vor der er –diesmal verständlicher- Reiß aus nimmt.
Wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke, stecken im Text mehrere Krisen, denen sich niemand stellen will. Zum einen wäre da die Sinnkrise, wo einem das eigene Leben nur fad und das der anderen begehrlich erscheint – allen voran das des Herrn Focks oder der „Sonnenblumenbotschafterinnen“. Dann wären da noch die, ich sag mal Kuchenkrise, gefolgt von der Kotz-Krise, auf die ich vorhin schon eingegangen bin. Aber dann gibt’s auch noch Fixies Lebenskrise, und die Finanzkrise, die auch noch gestreift wird und die in meiner anfänglichen Erwartungshaltung als Hauptthema der Geschichte wähnte. Alles in allem, gibt es jede Menge Krisen und keiner will sich den Problemen stellen, wie es scheint.
Antworten liefert der Text keine, zumindest sehe ich keine. Alle offenen Fragen muss sich der Leser selbst beantworten, wenn er denn will und vielleicht liegt hier das Problem, das ich mit dem Text habe.
Denn trotz, oder vielleicht sogar weil, der Text so klug geschrieben ist, geht mir ein wenig die Kernbotschaft verloren. Neben sprachlicher Brillanz, wird ein gesellschaftlicher Spiegel aufgestellt, der ein mehrdeutiges Bild zurückwirft. Persönlich fehlen mir da Konturen und Stringenz.
Ja, soviel zu meinen wirren Gedanken. Ich hoffe Du kannst was damit anfangen.

Viele Grüße

Mothman


PS: In einem Deiner Kommentare hast Du Wolf Schneider empfohlen und wollte mich noch mal für den Tipp bedanken. Derzeit lese ich gerade „Deutsch für junge Profis“ und bin bisher sehr angetan von dem Buch. Nach einer fast zwei-jährigen Schreibpause, wo mich das RL fest im Griff hatte, hoffe ich bald wieder meine Schreibtätigkeit aufnehmen zu können – am Besten ohne alte Fehler zu wiederholen.

 

Hallo Mothman,

Mit dem Text fackelst Du ein stilistisches Feuerwerk ab. Beim ersten Mal, als ich Deinen Text las, bekam ich von der eigentlichen Geschichte gar nicht viel mit. Stattdessen musste ich immer wieder einige Satzkonstrukte bewundern, die man sich fast ausschneiden und an die Wand hängen möchte. Und das soll jetzt keine Ironie sein! Im Gegenteil, das ist Ehrlichkeit gepaart mit einem Spritzer Neid.
Das ist schön, ich hab’s gar nicht so drauf angelegt, die Erzählstimme war irgendwann da und da lief’s dann wohl ganz gut, ich hab oft eine Geschichte im Kopf und warte dann auf den ersten Satz, auf die Erzählstimme, die passt. Ich hab viele Geschichten, die ich anfange und dann läuft sich die Erzählstimme einfach tot.

Da wäre zum Einen die Namen Fixie und Focks, die ich als Variation von Fix und Foxi verstanden habe und als Vertreter der Gesellschaft fungieren – so zumindest habe ich es interpretiert. Besonders interessant fand ich, dass der Erzähler namenlos bleibt, obwohl er, zusammen mit den Herren Focks und Fixie, ein männliches Dreiergespann bildet. Andererseits gibt es bei den Namenspaten Fix und Foxi auch keinen Dritten, ergo muss der Erzähler namenlos bleiben. Andererseits hat der Erzähler immer eine Sonderrolle, da er schließlich die Geschichte aus seiner Warte erzählt. Oder gibt es noch eine weitere Funktion? Überinterpretiere ich da was, oder habe ich was übersehen?
Man hätte den Erzähler noch Lupo nennen können. Vielleicht nennen die anderen ihn tatsächlich so. Die Namen Fix und Foxi – waren als Zeichen dafür gedacht, dass die beiden sich schon lange kennen, und dass da eine Verbindung war, in der Schulzeit. Ich würde sie nicht als „Vertreter der Gesellschaft“ sehen.
Es war geplant als: „Die hingen früher soviel miteinander ab, dass man ihnen einen Doppelnamen verpasst hat.“

Ich muss gestehen, dass ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, warum der Herr Focks plötzlich vor dem geschwätzigen Herrn Fixie die Flucht ergreift. Und wieso verfolgt der Eine den Anderen?
Ja, ich denke in der Situation will Focks wieder nach Hause, will seine Charlotte nicht preisgeben und will vor Fixie da auch fliehen, der sich nicht abwimmeln lässt. Und Focks fühlt sich zurückgelassen und betrogen, denkt es liegt irgendwie an einem sozialen Abstieg und rennt ihm nach.
Der Erzähler war letztlich nicht dabei, vielleicht ist das alles ein bisschen übertrieben. Vielleicht ist der Herr Focks nach Hause geschlendert und Fixie hat ihn nur verfolgt. Es heißt ja auch, dass Charlotte fast nackt zu Herrn Fox kommt, sich auf das Bett legt - als sie dann später gesehen wird, hat sie aber Pulli und Jeans an und macht Kaffee. Und vielleicht ist Herr Focks nicht auf einer spektakulären Sex-Mission, sondern er holt wie Millionen andere Menschen auch einfach morgens beim Bäcker Frühstück, wenn man einen freien Tag hat.
Vielleicht ist die Erzählung dieser spektakulären Flucht übertrieben. Vielleicht hat der Herr Focks nur versucht, Fixie irgendwie abzuwimmeln, und der ist ihm dann nach.
Das ist doch das Schöne auch am Erzählen. Wer soll denn dem Erzähler hier widersprechen? :)

Zum einen wäre da die Sinnkrise, wo einem das eigene Leben nur fad und das der anderen begehrlich erscheint – allen voran das des Herrn Focks oder der „Sonnenblumenbotschafterinnen“. Dann wären da noch die, ich sag mal Kuchenkrise, gefolgt von der Kotz-Krise, auf die ich vorhin schon eingegangen bin. Aber dann gibt’s auch noch Fixies Lebenskrise, und die Finanzkrise, die auch noch gestreift wird und die in meiner anfänglichen Erwartungshaltung als Hauptthema der Geschichte wähnte. Alles in allem, gibt es jede Menge Krisen und keiner will sich den Problemen stellen, wie es scheint.
Ja, gut also „Kuchen- und Kotzkrise“ – das würde ich jetzt nicht so bezeichnen. Sicher haben die drei Männer hier schon arge Löcher in ihren Lebensentwürfen. Und Fixie bringt seine Probleme eben mit der Finanzkrise unter einen Hut (wobei wohl der Untergang von Schlecker nicht direkt mit der Finanzkrise zu tun hat, sondern mit Imageproblemen und einem veränderten Anforderungsprofil an Drogeriemärkte).

Alle offenen Fragen muss sich der Leser selbst beantworten, wenn er denn will und vielleicht liegt hier das Problem, das ich mit dem Text habe.
Denn trotz, oder vielleicht sogar weil, der Text so klug geschrieben ist, geht mir ein wenig die Kernbotschaft verloren. Neben sprachlicher Brillanz, wird ein gesellschaftlicher Spiegel aufgestellt, der ein mehrdeutiges Bild zurückwirft.
Ja, du liest den Text sehr aufs große Ganze bezogen, auf eine gesellschaftliche Aussage. Ich hab den Text eher auf einer kleinen Ebene schreiben wollen. Wie das Leben dieser 3 Leute ineinandergreift und die Wünsche, wie der Erzähler das Leben von Herrn Focks mitträumt, und wie sich das abspielt.
Ich weiß nicht, wie der Text sein müsste, um eine große gesellschaftliche Aussage zu treffen, um da eine Kernbotschaft zu äußern.
Es ist natürlich auch die Frage: Ist so jemand wie der Herr Focks glaubwürdig? Sind seine Handlungen nicht zu extrem? Das ist ja eine Geschichte, die eine sehr hohe „Authentizität“ vortäuscht, im Kern aber, wenn man näher hinsieht, schon sehr krass ist.
Also wenn mir einer erzählen würde, mein alter Schulfreund sei jetzt in Argentinien, weil ein anderer alter Schulfreund ein Blick auf dessen Freundin erhascht hat, und die hätte nicht ausgesehen wie eine 90er Jahre Amanda Marshall, sondern wie eine 2010er Amanda Marshall, dann fände ich das schon sehr seltsam.
Wenn man’s aufs große Ganze bezieht: Die Finanzkrise resultiert letztlich auch daraus, dass man sich Problemen nicht stellt. Man wurschtelt halt weiter und hofft, dass keiner so genau hinsieht. Aber das ist ja bei den meisten Problemen so. Man hat irgendwas, weiß keine Lösung dafür, ignoriert es, bis es immer größer wird, und dann fliegt es einem um die Ohren.
Die Geschichte war wirklich nicht als Parabel auf einer gesellschaftlichen Ebene gedacht; eher auf ganz simple menschliche Verhaltensmuster.

In einem Deiner Kommentare hast Du Wolf Schneider empfohlen und wollte mich noch mal für den Tipp bedanken. Derzeit lese ich gerade „Deutsch für junge Profis“ und bin bisher sehr angetan von dem Buch.
Ich hab ein Buch von ihm gelesen und fand das sehr gut. Er hat eine unglaubliche Sammlung von Referenzen, eine beeindruckende Vita und hat das heutige Deutsch als Ausbilder von Top-Journalisten sicher stark beeinflusst (ich find ihn auch durchaus witzig und geistreich). Ich find’s einfach wichtig, sich mit Stilfragen zu beschäftigen, und – ob das jetzt Wolf Schneider ist oder jemand anders – solche Bücher lenken den Blick auf diese Fragen und dann kann man eben selbst weiterschauen.
Ich merke aber, wie anstrengend es auch ist, „sauber“ zu schreiben, wie er das fordert. Im normalen Forum/Schriftverkehr/Gespräch/Chat-Alltag schreibe ich ein furchtbares Deutsch, weil man ständig über alles 4mal drüber gehen müsste, um zu kürzen und zu präzisieren – das ist zeitlich kaum zu leisten.

Nach einer fast zwei-jährigen Schreibpause, wo mich das RL fest im Griff hatte, hoffe ich bald wieder meine Schreibtätigkeit aufnehmen zu können – am Besten ohne alte Fehler zu wiederholen.
Mach da weiter, wo du mit der nostalgischen Augmented-Reality-Geschichte aufgehört hast. Das war für mich eine der besten Geschichten der letzten Jahre.

Vielen Dank für deine Kritik
Quinn

 

Hallo Quinn!

Das einzige, was mich geärgert hat, war, dass bei Deiner Geschichte die neue geniale Readerfunktion bei Safari nicht funktioniert – woran das liegt, hab ich irgendwie nicht rausfinden können. Bei anderen Geschichten klappt das. :-)

Der Text hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Dieser Plauderton ist schon gut geglückt. Immer wieder schön pointierte Sätze. Mich hat der Text ein bisschen an Flieges Haus in Bresenhain erinnert. Auch hier gibt es irgendwie diese Nostalgie, die allem unterlegt ist. Dieses wehmütige Erinnern an früher, wo die Dinge zwar auch nicht besser waren, aber wo man immerhin noch jung war und sich noch einbilden konnte, irgendwann eine Charlotte zu bekommen. Das ist natürlich schon eine Männergeschichte. Diese Konkurrenz. Alle sind irgendwie nicht so wirklich was geworden und jetzt geht es nur noch darum, wer die beste Frau abbekommen hat, oder darum, sich zu versichern, dass Charlotte wenigstens auch nur eine Marille ist. Und Herr Focks, der nicht mal eine Ausbildung hat, den anderen möglichst nichts verraten will und sich auf diese Weise ja auch einer Bewertung entziehen kann. Das ist toll gemacht, das sind schöne Konflikte. Sehr neurotisch das Ganze.
Was mir nicht so gut gefallen hat, oder wo ich dachte, dass etwas abgekürzt wird, war so ein bisschen das Ende. Als Fixie und Focks dann irgendwie wegrennen, da hatte ich schon das Gefühl, dass hier jetzt etwas erzwungen wird. Als hättest Du Deinen Figuren einen Chinaböller vor die Füße geworfen, damit die sich mal bewegen und das ganze dann zu Charlottes Füßen eskalieren kann. Aber ich habe diesem Protagonisten sehr gerne zugehört!

Gruß

Hal

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey,

Der Text hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Dieser Plauderton ist schon gut geglückt. Immer wieder schön pointierte Sätze.
Das freut mich.

Mich hat der Text ein bisschen an Flieges Haus in Bresenhain erinnert. Auch hier gibt es irgendwie diese Nostalgie, die allem unterlegt ist. Dieses wehmütige Erinnern an früher, wo die Dinge zwar auch nicht besser waren, aber wo man immerhin noch jung war und sich noch einbilden konnte, irgendwann eine Charlotte zu bekommen.
Ich fand das in der Geschichte interessant, was passiert, wenn Leute wirklich zusammenstecken seit so langer Zeit. Diese Freundschaften. Das ist ja heute nicht mehr so gegeben bei vielen, denke ich, man baut dann neue Freundeskreise auf, weil es durch den Job, durch das Studium, durch irgendwas, die Leute halt aus einer Jugend-Clique raushaut. Ich find das interessant, welche Dynamik halt hier funktioniert.

Das ist natürlich schon eine Männergeschichte. Diese Konkurrenz. Alle sind irgendwie nicht so wirklich was geworden und jetzt geht es nur noch darum, wer die beste Frau abbekommen hat, oder darum, sich zu versichern, dass Charlotte wenigstens auch nur eine Marille ist.
Ja, wer wird schon wirklich was?

Und Herr Focks, der nicht mal eine Ausbildung hat, den anderen möglichst nichts verraten will und sich auf diese Weise ja auch einer Bewertung entziehen kann. Das ist toll gemacht, das sind schöne Konflikte. Sehr neurotisch das Ganze.
Das freut mich wieder.

Was mir nicht so gut gefallen hat, oder wo ich dachte, dass etwas abgekürzt wird, war so ein bisschen das Ende. Als Fixie und Focks dann irgendwie wegrennen, da hatte ich schon das Gefühl, dass hier jetzt etwas erzwungen wird. Als hättest Du Deinen Figuren einen Chinaböller vor die Füße geworfen, damit die sich mal bewegen und das ganze dann zu Charlottes Füßen eskalieren kann.
Ja, ich hab eine Nacht über die Kritik geschlafen und es stimmt schon, aber ich wüsste auch nicht, was ich hätte anders machen können. Für mich ist es aus der Geschichte schlüssig, weil das Leben von Fixie und Herrn Focks auf einem Kollisionskurs ist, und hier löst es sich auf. Es löst sich dann schon auf eine überspitzte Weise auf, die ein bisschen aus der Geschichte raus fällt, das stimmt, aber ich fand's so schön, es hat so einen Reiz. Man hätte es auch leiser ausklingen lassen können, aber die ganze Geschichte war auf diesen Moment hin geschrieben. Da find ich das verkürzte schon interessant. Aber ist sicher eine gute Frage, ob die Geschichte mit einem "natürlicheren, organischen" Ende stärker gewesen wäre. Sie wär sicher länger geworden. Für mich liegt der Knackpunkt dann noch mal auf dem letzten Absatz.
Aber ich kann verstehen, dass die Flucht da zu sehr aus der Geschichte raus fällt und hab da auch keine Verteidigung für.

Vielen Dank für deinen Kommentar
Quinn

 

Hi noch mal!

Ich habe jetzt mal die Kommentare überflogen und auch noch mal über den Text nachgedacht. Gestern war ich nicht sehr ausführlich, weil ich mir auch dachte, dass das Meiste wahrscheinlich schon gesagt wurde. Aber mit einer Sache habe ich noch Schwierigkeiten. In den Kommentaren habe ich darüber nichts gelesen, deshalb kann es sein, dass ich irgendetwas gründlich missverstanden habe. Ich hatte im Text manchmal Probleme mit der Perspektive. Vor allem gegen Ende, aber hier das erste Mal:

Vorgestern Morgen, gegen zehn Uhr, sitzt Herr Focks an seinem Schreibtisch und lächelt schon (...)

Bei diesem Abschnitt frage ich mich, wer das erzählt. Das klingt jedenfalls nicht mehr nach einem Ich-Erzähler.
Wenn der Erzähler dann später berichtet, wie sich Focks und Fixie im Supermarkt über den Weg laufen, schildert er das in so einer Detailfülle, sogar mit Dialogen, dass ich mich schon gefragt habe, woher er das eigentlich wissen kann. Das sind Stellen, wo sich die Erzählstimme plötzlich ändert. Da wird das Ganze plötzlich so szenisch erzählt, dass der Plauderton erstickt.
Später heißt es dann, dass Fixie ihm das erzählt hat. Dann wundert es mich aber bei dieser Detailfülle, dass Fixie kein Wort dazu gesagt haben soll, weshalb er überhaupt losgerannt ist. Darüber spekuliert der Erzähler aber wiederum– d.h. es interessiert ihn schon, nur gefragt hat er nicht. Also da gibt es so Sachen, die mir nicht ganz plausibel wurden.
Das empfinde ich jetzt auch, je länger ich über den Text nachdenke, als ein Problem. Mir kommt die Perspektive unscharf vor. Ich frage mich zum Beispiel, weshalb der Erzähler das eigentlich erzählt. Das wird mir nicht ganz klar. Man könnte ja annehmen, dass das Verschwinden von Herrn Focks ein Anlass für ihn sein könnte. Aber das scheint ihn nicht zu beschäftigen, er reflektiert darüber gar nicht. Wäre der Text in der dritten Person verfasst, gäbs damit kein Problem. Aber teilweise wirkt er auf mich ein bisschen so, als wäre er im Grunde ein auktorial konzipierter Text, der dann von einem Ich-Erzähler erzählt wird. Ich weiß nicht genau, wie ich das richtig ausdrücken soll. Anders gesagt: Ich frage mich inzwischen, ob dieser Ich-Erzähler die Geschichte auch tatsächlich so erzählen würde, wie er sie erzählt. Ob er wirklich mit Marillen anfangen würde, oder nicht eher mit dem Verschwinden von Focks (als ein Beispiel jetzt).
Also es macht wirklich Spaß, sich mit dem Text zu befassen und ihm auf den Grund zu gehen, das muss ich sagen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Vorgestern Morgen, gegen zehn Uhr, sitzt Herr Focks an seinem Schreibtisch und lächelt schon, dann klingelt es an der Tür und Charlotte ist da

Bei diesem Abschnitt frage ich mich, wer das erzählt. Das klingt jedenfalls nicht mehr nach einem Ich-Erzähler.

Also ich les das mittlerweile so, dass das gar nicht passiert ist, das in dem Absatz da. Das ist eine Fantasy des Erzählers, so stellt er sich das vor, so wär sein Traum, so seine Charlotte, wenn er eine hätte. Also er stellt sich das schon so vor mit Focks und Charlotte … aber im Grunde ist das doch die eigene Wunschvorstellung. Und da ist vieles eben so, oder so ähnlich … glaube ich. Und wenn er dann meint, Fixy hätte das dem erzählt, das ist doch so ein Punkt, wo man merkt: Es kann verdammt vieles "in Wirklichkeit" passiert sein. Was ich ich cool find eigentlich. Also ob Fixy da "die Wahrheit" erzählt, und inwiefern er sie verzerrt, und wie der Erzähler dann die Lücken füllt … und wie glaubwürdig der überhaupt ist ... tja. Deswegen les ich den Text jetzt so, wie ich ihn lesen will, und drücke dann ein halbes Auge zu beim letzten Absatz ;). Ob der Erzähler ihn auch "in Wirklichkeit" so erzählen würde, wie er den Text erzählt, und warum er das tut, das ist jetzt ziemlich hoch die Frage … Vielleicht nicht, vielleicht nicht so, aber dann kann man so einen Text gar nicht schreiben, oder? Das ist dann halt Kunst irgendwie.
Aber ich will jetzt nicht für Quinn antworten, sorry wenn ichs jetzt getan hab, vielleicht sieht er das auch ganz anders als ich, keine Ahnung, ich fand das halt auch sehr interessant mit der Perspektive, auch grad in dem Absatz da, wo Charlotte die Beine reibt wie ein Insekt … das ist auch eine Stärke des Texts, das man sich solche dazu Gedanken machen kann, das sind schon interessante Fragen auch, wie das alles zusammengehört.

 

Hm, also da sich das ja auf mich bezieht, antworte ich halt mal, glaub nicht dass das jetzt Schaden anrichtet.

Also erotische Fantasien fangen nicht mit Datum und Uhrzeit an, diese Möglichkeit fällt für mich weg. Und ich finde es auch nicht so hilfreich, wenn man versucht, Ungereimtheiten oder Perspektivunschärfen in Stärken zu verbiegen. Also ich verstehe, dass Dir der Text gut gefällt, mir ja auch, aber Deine Argumentation ist halt mehr so nach dem Motto: Der Text ist perfekt und seitdem ich meine Lesart überarbeitet habe und hier und da mal ein Auge zudrücke, sehe ich das auch.

Ob der Erzähler ihn auch "in Wirklichkeit" so erzählen würde, wie er den Text erzählt, und warum er das tut, das ist jetzt ziemlich hoch die Frage …

Also warum ein Ich-Erzähler etwas erzählt, die Frage ist doch nicht hoch, sondern ziemlich banal. Ich finde schon, dass es legitim ist, sich das zu fragen. Das ist die Frage nach der Motivation der Figuren – und der Ich-Erzähler ist auch Figur.

Zur Frage wie der Ich-Erzähler erzählt ... Was doch letztlich dahinter steckt, ist: verschwindet der Autor hinter dem Erzähler, oder fühlt man den Schatten seiner Hand. Und bei diesem Text habe ich halt das Gefühl, dass der Autor immer wieder ein bisschen eingreift. Dass der Erzähler nicht so lebendig wird, dass er mir wirklich selbst die gesamte Geschichte erzählt. Der Text wird halt immer wieder beschleunigt und das hätte es gar nicht gebraucht, finde ich. Das wird mir jetzt auch im Dialog immer klarer. Dass dieser Erzähler und die Konflikte nämlich nicht langweilig sind, darin sind sich ja alle einig.

 

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