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Der feine Herr Focks flüchtet vor der Krise

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10.10.2006
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Der feine Herr Focks flüchtet vor der Krise

Charlotte hieß Charlotte, so wie Marillen Marillen heißen. Als gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die in ihrer abstrakten Form ganz wunderbar klingen, und die dann, wenn man sie ans Tageslicht zerrt, wenn man sie einmal mit ihren Doppelkonsonanten aussprechen muss, doch einiges an Glanz einbüßen. Focks’ alter Gemeinschaftskundelehrer, der Herr Kalbfleisch, ich kannte den auch gut, wenn man dem von Charlotte und Marillen erzählt hätte und wie toll die auf dem Papier klingen, dann hätte er gesagt: Genau wie der Kommunismus.
Kalbfleisch, guter Mann, Prostatakrebs, letztes Frühjahr. Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert. Aber der Herr Focks und ich und der Fixie, wir haben den nur Herr Kalbfleisch genannt. Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Ein paar sogar ein bisschen länger.

Charlotte.
In der Kindheit hatten der Herr Focks, der Fixie und ich so Mädchen wie Charlotte nur auf zwei Arten gekannt. Einmal aus der Ferne. Wenn im Fernsehen Amanda Marshall gesungen hat, mit einer Löwenmähne, oder wenn man mal in Filmen oder in Zeitschriften andere Frauen sah, bei denen man an Sonnenblumen dachte und an Löwen. Und dann kannten wir welche, die als Komet durch unser Leben zogen. Die Cousine eines Freundes, die mal einen Sommer lang hier alles auf den Kopf stellte, was drei Beine hatte. Die nach Wiesbaden zurück ging, und die späteren Sommer in Paris verbrachte, in Melbourne, in Johannesburg. Eine Jugend als Sonnenblumenbotschafterkind. Grausam. Als würde man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle lassen, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.
Wir hatten nur Julias und Judiths und Katrins, mit und ohne H. Gestriegelte, ständig mit sich selbst im Krieg liegende, unmagische, eigenständige Wesen. Wir beobachteten sie dabei, wie sie sich im Unterricht meldeten, wie sie auf dem Schulhof zusammenstanden, wie sie für Jungs schwärmten, die viel älter waren als sie. Schauten ihnen dabei zu, wie sie sich um das jugoslawische Mädchen kümmerten, das nun wegen des Bürgerkriegs da war. Belauschten sie dabei, wie sie im Pullover dem Sportlehrer erzählten, sie könnten heute nicht. Hätten da diese Sache. Ab und an erwischten wir sie natürlich schon mal in einem schönen Moment. Wenn sie einmal lächelten, vielleicht weinten, aber sie merkten es und schlossen ihr Lächeln weg, zeigten und grimassierten in unsere Richtung und waren wie eh und wie je.
Insgeheim haben wir gedacht: Es liegt an ihnen. Wegen denen da, kriegen wir keine Frau mit Sonnenblumenhaar. Die vertreiben sie. Wir dachten, die stießen irgendeinen Duft aus oder vielleicht ein Fiepen. Wir fanden uns damit ab. Fixie und ich haben schließlich welche geheiratet, als wir die älteren Jungs waren. Er eine Julia, ich eine Katrin. Ohne H.
Aber der Herr Focks hat zwar mit einer Judith geschlafen. Vielleicht auch mit zweien. Aber geheiratet hat er keine. Dieser Bastard.

Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, Lilienthalallee 18b. Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt. Man merke ihn ohnehin nur bei Wasserkisten, das sei schon eine rechte Qual, grade zwei auf einmal, und nur eine? Dann müsse man ja zweimal laufen. Er habe dann ja Aquaflux benutzt, so einen Wasserreiniger, der auch Kohlensäure ins Leitungswasser gesprüht habe – Werbeslogan: Nie wieder Wasserkisten in den dritten Stock schleppen -, aber das habe er dann aufgegeben. Er wisse nicht mehr, wieso.
Man sieht: Der Herr Focks wäre auch sehr glücklich gewesen ohne eine Charlotte in seinem Leben.

Gearbeitet hat der Herr Focks für die Spedition Lampbale. Hat dort die IT gemacht. Einmann-Abteilung. Was er da wirklich geschafft hat, kann ich kaum sagen. Ich weiß nur, wenn der Fixie oder ich mal bei ihm angerufen haben, unter der Arbeit, hatte er immer Zeit für ein Pläuschchen. Konnte mir sagen, was ich zu tun habe, wenn mir etwas Mirinda in den Computerturm gelaufen war, und hat dem Fixie sagen können, was der zu unternehmen hatte, als mal eine Abmahnung ins Haus geflattert kam bezüglich Urheberrechtsverletzung. Fetenhits und so.
Aber ich denk schon, dass der Herr Focks seine Sache da ganz gut gemacht hat. Hatte ja sonst im Betrieb auch keiner Ahnung, was da vor sich ging. War ein bisschen so wie bei einem Motor, der nur noch mit Spucke und gutem Willen läuft. Jeder fragt sich, was da los ist, wenn’s mal rumpelt und Dampf zischt. Aber reinigen will man das Ding auch nicht. Hat man Angst, dass jetzt, wo er glänzt und funkelt, jetzt, wo das Öl und der Dreck nicht mehr die ganzen Löcher verstopfen, dass dann der Wagen liegen bleibt.
Der Herr Focks hat halt nicht studiert. Als ich studiert habe und als der Fixie seine Lehre gemacht hat beim Schlecker, ist der Herr Focks nach Paris geflogen und nach Melbourne, nach Johannesburg und dann nach Wiesbaden. Und ich hab nicht irgendwas studiert. Nicht Philosophie oder Germanistik, wo du dann zwar weißt, wer Wittgenstein ist, aber danach fragen sie bei den Vorstellungsgesprächen nie. Vielleicht, das hab ich mich schon gefragt, vielleicht lernt man jemanden wie Charlotte nur in einem Wittgensteinseminar kennen. So wie du manche Leute eben nur kennenlernst, wenn du ein Drogenproblem hast.
Ich zum Beispiel hab Katrin auf der Hochzeit von Fixies Schwester kennengelernt, weil wir beide nach dem letzten Stück Bienenstich gegriffen haben. Ist doch auch eine hübsche Geschichte.

Charlotte.
Der Fixie und ich, Julia und die Katrin, wir haben dem Herrn Focks tausendmal gesagt, er soll die Charlotte halt mal mitbringen. Sie uns vorstellen. Wenigstens ein Foto könnte er doch mal zeigen, mit dem iPhone sei das doch gar kein Problem. Zur Not eins, wo sie drauf schlafe oder schiele oder mit dem Kopf in einer Torte hänge. Aber der Herr Focks hat viel lieber Geschichten über Charlotte erzählt. Am liebsten, wenn wir beim Griechen zusammen saßen.
Einmal hätte Charlotte ihn gefragt, ob er an Gott glaube.
Und der Herr Focks hat gesagt: „Nein, aber ich glaube an die Elite. Ich glaube, irgendwo in Harvard oder in Oxford oder in Karlsruhe da wird die Elite ausgebildet. Das meine ich ganz ernst, du brauchst gar nicht lachen. Ich höre und sehe manchmal Leute, die unglaublich klug sind, und ich denke, während wir hier liegen, und gleich miteinander schlafen, da sitzt die Elite irgendwo und arbeitet an den Problemen unserer Zeit und wir können uns zurück lehnen und unser Leben genießen.“ Und während der Herr Focks das gesagt hat, hat er sich zurückgelehnt und gegrinst. Die Katrin neben mir hat auch gegrinst, und die Julia gegenüber, die sonst nie grinst, weil sie ein bisschen einen schiefen Mund hat. Und dann hat die Katrin neben mir gefragt: „Und? Was hat Charlotte geantwortet?“ Denn wir kannten natürlich schon viele dieser Geschichten.
Der Herr Focks hat sich nach vorne gelehnt, den Kopf ein bisschen schräg gelegt und gesagt: „Also ihr müsst euch vorstellen, dass die Charlotte dann immer so zwinkert, wenn sie gleich etwas Kluges sagt, sie schaut aus wie eine Katze, die in die Sonne guckt.“ Dann hat der Herr Focks seine Nase runter zur Hand geführt und ist energisch mit der Nase über den Handrücken gefahren, um sich zu kratzen. Und die Katrin neben mir hat ein bisschen die Augen verdreht und „Oh“ gemacht; und sogar der Fixie hat geschmunzelt, obwohl es da beim Schlecker schon schlecht lief.
„Und dann hat die Charlotte gesagt, da könne ich ja auch gleich an den lieben Gott glauben. Denn wenn es wirklich eine Elite gibt, wie könnte sie dann all den Mist auf der Welt zulassen?“
Ich schau neben mir die Katrin an und denke: Warum sagst du eigentlich nie so was Kluges auf so eine süße Weise? Und ich denke, die Katrin schaut mich an, und denkt: Warum erzählst du nie so von mir, wie der Herr Focks über die Charlotte?
„Ich muss jetzt weg“, hat der Herr Focks gesagt und ganz nett mit dem Kopf dabei genickt und den Fixie und mich, uns hat er mit Katrin und mit Julia zurückgelassen.
„So klug war das gar nicht, oder?“, fragte Fixie dann irgendwann. Julia stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Rippen und sagte: „Halt bitte den Mund.“

Vorgestern Morgen, gegen zehn Uhr, sitzt Herr Focks an seinem Schreibtisch und lächelt schon, dann klingelt es an der Tür und Charlotte ist da. Marschiert an ihm vorbei, lässt ihren beigen Trenchcoat fallen, in dem sie aussieht wie ein Privatdetektiv mit einer viel zu schmalen Taille, und ist darunter nackt, bis auf ein paar weiße Sandalen, die hoch geschnürt sind, bis zu den Waden. Sie lässt sich auf das Bett von Herrn Focks fallen. Noch hat er ihre Brüste nicht gesehen.
Charlotte macht sich im Bett breit, streckt die Beine in die Höhe, und reibt sie gegeneinander. Wie ein Insekt, als wolle sie auf diese Weise irgendeinen Ton erzeugen.
Herr Focks hat keine Spucke mehr im Mund. Die Tür ist noch auf. Vor ihm liegt der Mantel. Charlotte schabt sich mit zwei Fingern über den Hintern und sagt: „Ich könnte etwas essen. Hast du Gebäck da?“
Herr Focks muss blinzeln, greift nach dem Trenchcoat und riecht an ihm.
Charlotte beißt sich auf die Lippe. Immer noch reibt sie ihre Beine aneinander.
Herr Focks dreht sich um, und ihm fällt etwas ein, das er sagen könnte, etwas Cleveres, das jetzt gut passen würde, aber er weiß nicht, ob sie das auch gut fände, es ist ein Risiko. Manchmal ja, manchmal nein. Er dreht sich also und sagt: „Was bist du? Eine Plunderstück-Prostituierte?“
Charlotte mustert ihn, grübelt kurz, fängt an zu strahlen wie eine Sonnenblume und streicht sich mit der Nase über den Handrücken. Dann fängt sie an zu kichern und wedelt ihn mit einer Hand zur Tür heraus.

Herr Focks sprintet die drei Stockwerke nach unten und denkt daran, Charlotte zu vögeln.
Charlotte, davon hat er Fixie und mir erzählt; nicht Fixie, mir, Julia und Katrin; nur Fixie und mir. Charlotte ist unglaublich. Sie hat einen Grip, sagte der Herr Fox, als er mal etwas getrunken hatte und wir ganz privat wurden. Man könne das gar nicht beschreiben, man müsse das erlebt haben. Es sei so, als würde sie, während sie mit dir schläft, dich noch mit einer dritten, inneren Hand massieren. Beckenbodenmuskulatur sei das.
Ich habe einmal versucht, Katrin auf das Thema zu lenken. Katrin sagte, das könne man schon trainieren, wenn man beim Pipi machen das Pipi halte. Danach habe ich sie nie wieder darauf angesprochen.
Als ich mit Herrn Focks noch einmal darauf zu sprechen kommen wollte, sagte er, über so etwas würde er nie reden. Nicht einmal mit uns. Ein Gentleman genieße da und schweige.
Aber ich weiß, dass er es erzählt hat. Einmal hat er es erzählt. Mir und Fixie, als er zuviel getrunken hatte. Und dass sie unglaublich zu lecken sei, hat er auch erzählt. Schmecke wie eine Sachertorte. Die Muschi käme einem entgegen, als wolle sie einen zurückschlecken. Ganzer Mund voll mit Charlotte.
Gentleman am Arsch! Am Arsch, sag ich!

Seit er beim Schlecker rausgeworfen wurde, hat sich der Fixie gut gehalten. Fortbildungen besucht, Coachings mitgemacht, das Schulenglisch aufgefrischt, ein paar Businessratgeber gelesen und sich viel umgesehen und umgehört. Ein bisschen böse war er uns immer noch, weil wir damals gesagt haben, er soll beim Schlecker bleiben. Obwohl er uns gar nicht gefragt hat, so richtig. Er hat’s uns nur mitgeteilt, und jetzt sollen der Herr Focks und ich vielleicht schuld sein, weil wir damals die Idee mit dem Subway-Franchising, die er uns schon als Schnapsidee verkauft hat, nicht so toll fanden? Wir haben natürlich gesagt: Du kannst das doch immer noch machen mit der Subway-Filiale jetzt. Aber der Fixie natürlich: Nein, damals wäre er horizontal gewechselt, und jetzt wäre er von arbeitslos auf einmal wieder oben. Vertikal. Da spielten die Banken nicht mit. Da hätte man ein ganz anderes Standing. Bisschen wehleidig war der Fixie schon immer, aber man muss auch sagen: Hat sich einwandfrei gehalten.
Dann wohl aber vor ein paar Tagen eine kleine Rückschlagswelle. Ein paar Briefe zurückbekommen, ein paar Lebensläufe, ein paar ungünstige Youtube-Videos gesehen, ein paar mal zu oft einem Untergangspropheten zugehört, und jetzt auf einmal Fixie in der Krise. Kauft sich einen Sechserpack 5,0 Bier beim Rewe, stellt sich an einen Bistrotisch und lässt sich ein bisschen gehen. Also einmal hat er das gemacht. Vorgestern.
Und der Herr Focks musste natürlich noch Plunderstückchen besorgen, und weil alle Bäckereien aus unserer Jugend mittlerweile geschlossen haben und nur noch Filialen in den Supermärkten sind, geht er zum Rewe.
Der Herr Focks sieht ihn zu spät, hat ganz viel Charlotte im Kopf. Steht schon vorm Spuckschutz und schaut sich das Angebot an: Plunderstückchen, Apfelstrudel, Kirschtaschen, Zimtschnecken, Bienenstich, Apfelkuchen, Schmand, Rosinenkuchen, herzhaft belegte Baguettes, Würstchen im Schlafrock und da hat er auf einmal den Fixie im rechten Ohr und der hat schon vier Dosen 5,0 intus und ganz viel Dirk Müller in letzter Zeit gesehen, das ist der aus dem Fernsehen, den sie Mister Dax nennen und der sagt, es kommt zum Crash.

Herr Focks versucht nun, alles richtig zu machen. Er bestellt: eine Zimtschnecke, zwei Stücke Bienenstich, etwas von dem Apfelstrudel, denn der sieht sehr gut aus, und möchtest du auch noch etwas, Fixie?
Fixie sagt: „Unser Finanzsystem dient dazu, dass eine immer kleiner werdende Anzahl von Leuten einen immer größeren Anteil an der Finanzkraft der Bevölkerung auf sich vereinigt. Bis es den Menschen gar nicht mehr möglich ist, Schulden zu machen, weil sie keine Bonität mehr haben.“
Herr Focks hat sich die Tüte mit der Zimtschnecke unter den Arm geklemmt, die übrigen Backwaren balanciert er auf der anderen Hand, sie sind mit Papier überdeckt.
„Tut mir echt leid mit dem Subway“, sagt der Herr Focks.
„Das hat ja damit nichts zu tun“, sagt Fixie und läuft neben Herrn Focks her. „Die wären ja auch pleite. Es ist einfach so, dass es immer wieder zu einem Reset des Finanzsystems kommen muss. Lastenausgleich. Die Enteignung der Reichen. Früher hat man die Templer umgebracht, heute braucht man eine Fiskalsteuer.“
Sie sind durch die Schiebetür durch, als Herr Focks nickt und sagt: „Hat mich sehr gefreut.“
Fixie schaut sich um, und sieht, dass auf dem Bistrotisch noch zwei Dosen Bier stehen, schaut zu Herrn Focks herüber und schlägt ihm einen Arm um die Schulter: „Ich würde gern mit dir reden, komm doch noch mal mit rein. Vielleicht will ich doch einen Amerikaner. So wie früher, weißt du noch? Fix und Foxi?“
„Ich muss nach Hause“, sagt Herr Focks.
„Wart kurz, ich komm mit“, sagt Fixie und geht durch die Schiebetür nach innen.
Herr Focks schaut auf die Zimtschnecke unter seinem Arm und auf das Tablett mit dem Apfelstrudel und dem Bienenstich, schaut kurz nach oben und denkt an einige Sachen, von denen er angeblich nie jemandem erzählen würde. Herr Focks lässt das Tablett fallen und rennt los. Fixie rennt ihm nach.

Ich kann nur darüber spekulieren, was sich die zwei gedacht haben. Ich denke im Kopf vom Herrn Focks war nur eine Blase „Charlotte“, und beim Fixie war nur eine Blase „Sozialer Abstieg“, und die beiden Blasen hatten überhaupt nichts miteinander zu tun, aber jeder hat gedacht, dass der andere dasselbe denkt wie er selbst. Aber das weiß ich nicht.
Allerdings weiß ich, wo sie lang gerannt sind.
Zuerst über den Parkplatz des Rewe, dann eine Gasse hoch, an einem Kiosk vorbei, an einem Lädchen für Fahrräder hinweg, Herr Focks musste da schon keuchen, hat früher geraucht, West Ice, dann sind sie an einer leeren Drogerie vorbei gerannt und an einem Haus, in dem mal eine Judith gewohnt hat, sind über einen Zebrastreifen geflitzt, Fixie hatte Seitenstechen und zwei Stühle einer Eisdiele mitgenommen, Herr Focks ist fast über einen Blumenkübel gestürzt, hat unterwegs die Zimtschnecke verloren, sie fiel auf den Boden und die Tüte riss furchtbar auf, ist dann ein Treppenhaus hinaufgespurtet, in der Tür gestanden und hat sich zu der verdutzten Charlotte umgedreht, die in Pullover und Jogginghose an der Kaffeemaschine stand. Dann hat der Fixie den armen Herrn Focks aus vollem Lauf umgerissen. Und der Herr Focks hat unten gelegen und der Fixie auf ihm drauf und beide haben die Charlotte angestarrt. Und jetzt, wo er zur Ruhe gekommen war, musste der Fixie anfangen zu würgen. Das lauwarme Bier aus dem Rewe ist ihm gar nicht gut bekommen.

Der Fixie hat mir das alles erzählt. Und das einzige, was ich fragen konnte, war, wie die Charlotte ausgesehen hat. Der Fixie hat gelächelt und gesagt: „Gut, ganz normal. Wie eine Frau eben ausschaut. Ein bisschen pummelig ist sie gewesen. Das Haar ein wenig strähnig. Und um die Augen hat sie schon ein paar Falten gehabt, aber sah schon gut aus.“
Dann hat er noch mehr gelächelt. „Weißt“, hat der Fixie gesagt, „wenn ich es mir noch einmal aussuchen könnte, würde ich die Julia noch mal nehmen.“

Gestern bin ich auf die Terrasse gegangen und hab dort Katrin gefunden. Ich wusste das mit dem Fixie schon, und sie hat auch einiges gewusst, wir hatten aber noch nicht darüber gesprochen.
Ich hab mich neben sie auf die Bank gesetzt und wir haben in die Gegend geschaut. Ich hab dann einen Arm um sie gelegt und sie hat ihren Kopf gegen meine Schulter gedrückt.
„Die Charlotte hat mich heute angerufen“, hat sie gesagt. Und, weil sie sehr nett ist, hat sie noch hinzugefügt: „Das ist die Freundin von deinem Herren Focks.“
„Was hat sie denn gewollt?“, hab ich gefragt.
„Sie wollte wissen, ob wir gehört haben, wo der Herr Focks ist?“
„Außer Landes“, hab ich gesagt. „Wieder auf Weltreise. Paris, Johannesburg, Melbourne, vielleicht Wiesbaden.“
„Du hast gar nicht verstanden, wie traurig das eigentlich ist, oder?“, hat Katrin gefragt.
Ich hab nichts mehr gesagt. Man kann nicht mit ihr sprechen, wenn sie so ist.
Viel Glück hab ich dem Herrn Focks heimlich gewünscht und such eine für mich mit.

 
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Hallo Quinn,

Sie erinnert etwas an den Weinverkäufer, find ich.

Der Herr Focks ... der erzählt seine Geschcihten. Und reist, Und träumt. Und lebt irgendwas vor. Oder auch nicht. Vielleicht erzählt er nur. Vielleicht ist es aber auch egal … auf jeden Fall erzählt er die besten Geschichten. Und ist unverheiratet. Und scheint das zu haben, was die anderen Jungs irgendwann verloren haben oder auch nie hatten.

Wir fanden uns damit ab. Fixie und ich haben schließlich welche geheiratet, als wir die älteren Jungs waren. Er eine Julia, ich eine Katrin. Ohne H.

Da fängt das schon an … dieses Abfinden. Und diese Sonnenblumenmädchen, die kommen und gehen! Gabs die überall, oder was?


Ich zum Beispiel hab Katrin auf der Hochzeit von Fixies Schwester kennengelernt, weil wir beide nach dem letzten Stück Bienenstich gegriffen haben. Ist doch auch eine hübsche Geschichte.

"Ist doch auch eine schöne Geschichte".
Aber halt nicht so schön wie Herr Fochs Geschichten, das war nicht wirklich die Geschichte, die man erzählen wollte, mit dem Bienenstich, oder von der man dachte, dass man sie eines tages erzählen würde ...
Also in jedem zweten Satz schwingt etwas Ironisches mir, etwas Bitteres, Trauriges, Lustuges, Aufbäumedes ... der ganze Text hat so eine Parallelschwingung drin, alles was gesagt wird, hat eine andere Ebene. Wenn man das Aliens geben würde oder einem mit Asperger syndrom, oder mal angenommen, das liest einer in hundert Jahren, kann sein, die würden überhaupt nichts verstehen hier.


Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt. Man merke ihn ohnehin nur bei Wasserkisten, das sei schon eine rechte Qual, grade zwei auf einmal, und nur eine? Dann müsse man ja zweimal laufen

Man sieht: Der Herr Focks wäre auch sehr glücklich gewesen ohne eine Charlotte in seinem Leben.

Das sind einfach starke Stellen, wobei das mit den ganzen Zahlen lange verwirrt hat.
Und er wär ja auch ohne Charltte glücklich geworden! Warum eigentlich? Weil er das mit den Wasserkisten so angeht, wie er das eben angeht, und da seine ganze Lebenseinstellung durchscheint! Da ist so witzig und gleichzeitig traurig, weil der Ich-Erzähler das im Kontext sagt.


War ein bisschen so, wie bei einem Motor, der nur noch mit Spucke und gutem Willen läuft. Jeder fragt sich, was da los ist, wenn’s mal rumpelt und Dampf zischt. Aber reinigen will man das Ding auch nicht. Hat man Angst, dass jetzt, wo er glänzt und funkelt, jetzt, wo das Öl und der Dreck nicht mehr die ganzen Löcher verstopfen, dass dann der Wagen liegen bleibt.

Ja, auch da steckt es drin ... Es läuft, jetzt besser nichts dran ändern. Man lässt es halt, der Ich Erzähler hat vieles so gelassen, könnte man meinen, hat nicht wirklich viel aus dem Ruder gerissen. Und dann aus dem nichts: "Der Herr Focks hat halt nicht studiert."

Das "halt" kommt wie eine Rechtfertigung, irgendeine Erklärung für was, dass man so leicht ja gar nicht in Worte in fassen kann vielleicht, weil man über das ganze Leben spricht. Und der Erzähler hat halt nicht Germanistik studiert, sondern ist bei der Stange geblieben, hat was studiert, womit man Geld verdienen soll, "nach Wittgenstein fragen sie irgendwie nicht" .. das ist wieder toll – und Herr Focks und macht eine Weltreise. Und dann die Wiederholung, die gleichen Orte wie das Sonnenblumenmädchen. Man könnte zu jedem Satz was sagen. Das mit den Insektenbeinen ist cool, die Katze die in die Sonne guckt ... wie der Herr Focks von Charlotte erzählt.


Und das einzige, was ich fragen konnte, war, wie die Charlotte ausgesehen hat. Der Fixie hat gelächelt und gesagt: „Gut, ganz normal. Wie eine Frau eben ausschaut. Ein bisschen pummelig ist sie gewesen. Das Haar ein wenig strähnig. Und um die Augen hat sie schon ein paar Falten gehabt, aber sie sah schon gut aus.“
Dann hat er noch mehr gelächelt. „Weißt“, hat der Fixie gesagt, „wenn ich es mir noch einmal aussuchen könnte, würde ich die Julia noch mal nehmen.“

Das ist einfach so verdammt wahr, so Stellen, wie er da nur wissen will, wie die ausgesehen hat. Und er: Strähniges haar! Cellulute! Falten. Schon hübsch.. aber nicht anders ale meine Julia!

Es ist halt so was Kleingestiges drin, man denkt immer, wenn man jünger ist noch, dass es dann nicht mehr so wichtig ist, wer der Fox vögelt, wenn man dann einen Beruf und eine Freundin hat, weil einem "die große Liebe" über den Weg gelaufen ist, wie das einem immer versprochen wird im Film ... aber es ist halt nicht so. Und dann diese Szene mit der Beckenbodenmuskulatur, wie Fox dem davon erzählt, das ist so perfekt, und dann diese Szene, dann spricht er seine Freundn drauf an ... o mann

Und das Ende … Weil sie so nett ist, das ist ein schöner Satz, wie sie die Unwissende spielt, und er davon weiß, und sie auch. Und dann: viel Glück, Herr Focks. Das ist toll. Resgniert und traurig und hoffnungsvoll vielleicht sogar.
Er kann Herr Fochs halt verstehen, der Ich- Erzähler. Und Seine Frau nicht. Der Erzähler weiß, wie es ist und kann den Arsch verstehen.
Als wär das ganze Leben ein Traum, der nicht so richtig in Erfüllung gegangen ist … und wer Herr Fochs wirklich ist, ist jetzt schwer zu sagen, weil das alles so auktorial geschildert ist und er so gerne erzählt, der Fuchs, aber es ist irgendwie egal ... weil die doch alle aus dem gleichen Dorf kommen, irgendwie, und der Fixie mit seinem Job, und so, mit Subway, das war auch so wtzig …
Und es ist halt auch nicht wertend, nicht wirklich, ich glaube, das gefällt mir sehr, dass der Ich-erzähler nicht so viel wertet, nicht direkt ... auch zum Schluß nicht, viel Glück Herr Fochs! Und warum hat er sie verlassen jetzt? Weil Fixy sie gesehen hat, oder ...?
Ist komisch, ich find das spielt gar keine so große Rolle mehr.

Und hier:

Fixie sagt: „Unser Finanzsystem dient dazu, dass eine immer kleiner werdende Anzahl von Leuten einen immer größeren Anteil an der Finanzkraft der Bevölkerung auf sich vereinigt. Bis es den Menschen gar nicht mehr möglich ist, Schulden zu machen, weil sie keine Bonität mehr haben.“
Herr Focks hat sich die Tüte mit der Zimtschnecke unter den Arm geklemmt, die übrigen Backwaren balanciert er auf der anderen Hand, sie sind mit Papier überdeckt.
„Tut mir echt leid mit dem Subway“, sagt der Herr Focks.

Wie das parallel so abläuft da … der eine denkt über soziale Ungerechtigkeit und das große Ganzen nach und der Herr Fochs will einfach nur ficken! Und der Erdball dreht sich weiter auf seiner Achse, und Königreiche kommen und gehen, and the answer ist blowing in the wind friend, my friends, its blowing in the wind.

Aber der Fixie hat sich einwandfrei gehalten, das muss man ihn lassen!

Ich weiß gar nicht, was ich zu dem Text sagen soll.

Allerdings weiß ich, wo sie lang gerannt sind.
Zuerst über den Parkplatz des Rewe, dann eine Gasse hoch, an einem Kiosk vorbei, an einem Lädchen für Fahrräder hinweg, Herr Focks musste da schon keuchen, hat früher geraucht, West Ice, dann sind sie an einer leeren Drogerie vorbei gerannt und an einem Haus, in der mal eine Judith gewohnt hat, sind über einen Zebrastreifen geflitzt, Fixie hatte Seitenstechen und zwei Stühle einer Eisdiele mitgenommen, Herr Focks ist fast über einen Blumenkübel gestürzt,

Auch das finde ich so stark, dass er die Situation da nicht checkt, und ich übrigens auch nicht, also das verwirrt mich schon ein bisschen, wie die da beide lossprinten ... komisch .. aber egal, wie er dann weiß, wo die hingelaufen sind, wo Judith früher gewohnt hat, und was der Focks geraucht hat, und all die jahre so, alles in dieser Strecke, der ist dort gebleiben, der Erzähler, der ist nicht nach Paris und auch nicht nach Wiesbaden, sondern der kennt sich dort einfach verdammt gut aus.


Also ich les das zum Schluß so ... dass der Fochs jetzt weitersucht, Die anderen haben sich abgefunden mit ihrem Frauen, mit ihrem Leben, und er sucht weiter … geht wieder auf Reise. Und der Ich-Erzähler wünscht ihm viel Glück, und such eine für mich mit!

Vielleicht kann der Herr Focks auch deswegen so gute Geschichten erzählen, weil seine Kumpels gerne zuhören, total neidisch, aber irgendwie will man doch noch dran glauben ...

Vielleicht les ich das alles auch ganz falsch, keine Ahnung, geh jetzt schlafen. Aber ich find die Geschichte sehr schön. Man muss da schon mitdenken auch, er ist dicht geschrieben, viele Stellen, wo Gedankengänge nicht explizit in Worte gefasst werden. Sehr interessant, in Perfekt auch ... und wenns nicht geht, dann halt Präsens.
Ich bin gespannt, was die anderen zu der Geschichte sagen. Weil die mir sehr gut gefällt, ich find, das ist eine der besten Stories ist, die du geschrieben hast, und das heißt schon was.

MfG,

JuJu

 

Hey Quinn,

deine Geschichte liest sich - selbst ans Licht gezerrt - ganz wunderbar. Das, was du schreibst, ist Kapitalismus! Im Ernst: Du fasst dich kurz, schreckst aber nicht davor zurück, dem Klang zuliebe Umwege zu gehen. Dein Text ist sehr dicht, aber trotzdem nicht schwer. In jedem Satz stecken so viele Dinge, zugleich aber eine Leichtigkeit, die das Lesen wahrlich versüßt. Dieser teilweise kindisch, erklärende Ton, den du zwischen die Zeilen streust, "und den Fixie und mich den hat er mit Katrin und mit Julia zurückgelassen." trägt einiges dazu bei. Sprachlich stolperst du sowieso in höheren Sphären; alles zeugt von Einfallsreichtum und Wortverliebtheit. Dabei schaffst es aber, keine aufdringliche, angeberische Sprache zu kreieren, sondern eine, die im Hintergrund arbeitet, ins Unterbewusstsein hinein. Das Bewusstsein unterhältst du mit dem feinen Herr Focks.

Wer ist eigentlich dieser Herr Focks?

Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, dritter Stock, Lilienthalallee 18b.
Man erfährt ja über seine Geschichten mehr als über seine Person. Eine Aquaflux-Person. Was er genau tut, darüber mutmaßt man nur. Ich weiß nicht, wie alt er ist, aber allein das Herr macht ihn doch sehr viel älter wie Fixie und den Ich-Erzähler. Fixie klingt wie ein Kind, eines das nur in Gedanken existiert, dementsprechend jung stelle ich mir Fixie vor. Also nicht ungeboren, aber schon noch mit Bart und stolzem ungrauen Haar, Locken vielleicht. Unstudiert ist Herr Focks, aber klug, das glauben zumindest alle und das behauptet er, wenn auch indirekt. Er lebt eigentlich für Charlotte, oder dafür, von ihr zu erzählen. Ein bisschen verrückt ist er schon der Herr Focks, auch wo er keine Spucke im Mund mehr hat, weil er weiß, bald vögelts. Bei jedem anderen pumpt die Parotis. Er scheint sehr bodenständig, irgendwie kommt`s aber dann doch zur Krise.

Welcher Krise? Zugegeben habe ich den Gedankenblasenmarathon nicht ganz verstanden, warum flieht er, flieht er vor Fixies Krise, die im Absatz vorher so schön geschildert wurde, oder warum? Oder will er einfach zu Charlotte und nicht, dass Fixie sie sieht? Oder ist die Krise in dem Moment als Fixie Charlotte sieht und die Flucht nach Paris, Johannesburg, Melbourne, vielleicht Wiesbaden?

Ich (miss)interpretiere das Ganze ja so, dass der Herr Focks ein alter Lügner ist, die Liebe nur in Gedanken hat. Charlotte kommt zu ihm, gibt ihn keinen Begrüßungskuss, wie das eine Geliebte tun würde, sondern geht an ihm vorbei, schnurstracks zum Arbeitsplatz, dem Bett. Sie sieht aus wie eine Prostituierte, verhält sich wie eine und Herr Focks selbst nennt sie eine Plunderstück-Prostituierte. Eine Freundin, eine Geliebte würde das doch nicht weglächeln oder irgendwohin schlucken. Ich glaube sie ist eine **** und er zerliebt sie mit seinem Kopf und berichtet stolz von der einzig wunderbaren (Frau) Sonnenblume. Blumen sind ja schließlich zum Pflücken und Beschnüffeln da, und nicht zum Verlieben. Warum auch sonst, sollte Herr Focks seine Freundin verstecken wollen? Dass das ganze aufgeflogen ist, das ist die Krise. Meine Krise. Und der Herr Focks, der nicht fein ist, ist fein raus, in Wiesbaden vielleicht.

Lob. Loben möchte ich die sonderbaren Namen. Die haben mir sehr gut gefallen. Die Perspektive hast du auch genial getroffen, ein Ich-Erzähler, der das meiste nur gehört hat, sich vieles dazugedacht hat und überhaupt sehr glaubwürdig erscheint. Dein Ich-Erzähler spiegelt das Ungewisse, diese leisen Vielleichts sehr gut wider.

Ein paar Anmerkungen:

Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Ein paar sogar ein bisschen länger.
Eine seltsame Art Spannung hier: Ist's der Wunsch nach Distanz oder die Hochachtung.

Als würde man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle lassen, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.
Wunderbarer Satz!

wie eh und wie je
Gefällt mir. Ein Wort macht diesen Satz ganz und gar nicht alltäglich.

Wegen denen da, kriegen wir keine Frau mit Sonnenblumenhaar.
Ich trau mich ja kaum, dir was über Kommas zu erzählen, aber warum nicht: Wegen denen da kriegen wir keine Frau mit Sonnenblumenhaar?

„Ich muss jetzt weg“, hat der Herr Focks gesagt und ganz nett mit dem Kopf dabei genickt und den Fixie und mich den hat er mit Katrin und mit Julia zurückgelassen.
den Fixie und mich
den
hat er mit Katrin und mit Julia zurückgelassen

Da scheint sich das zweite "den" auf "den Fixie und mich" zu beziehen. Da machst du aus zwei Personen eine.

Noch hat er ihre Brüste nicht gesehen.
Charlotte macht sich im Bett breit, streckt die Beine in die Höhe, und reibt sie gegeneinander. Wie ein Insekt, als wolle sie auf diese Weise irgendeinen Ton erzeugen.
Krass wie du einen romantischen Moment aufbaust, um ihn dann mit solch einem Bild zu zerschlagen. Etwas eklig finde ich das mit den Beinen schon, wohl subjektiv. Aber wenn Insekten ihre Beine reiben, dann ist das meist was sinniges, sie wollen etwas wittern. Weiß nicht, ob das dein Gedankengang war.

„Was bist du? Eine Plunderstück-Prostituierte?“ Gegen Haselnuss-Nutte hatte er sich noch während des Umdrehens entschieden.
Ein kleiner Wendepunkt. Er erzählt also so schön von einer Prostituieren, seine schönen Geschichten ficktiv. Egal, Nutt-Ella. =)

mit der Nase über den Handrücken
Jede kleine Geste passiert in deiner Geschichte verkehrt herum; streicht doch meist der Handrücken über die Nase. Außerdem eines von hundert Beispielen, wie du hintergründig und tiefsinnig Dinge und Personen verbindest.

Es sei so, als würde sie, während sie mit dir schläft, dich noch mit einer dritten, inneren Hand massieren. Beckenbodenmuskulatur sei das.
Wow!

Ein Gentleman genieße da und schweige.
Wieder eine Redensart fein abgewandelt und sie klingt ganz und gar nicht mehr abgedroschen.

Seit er beim Schlecker rausgeworfen wurde, ...Coachings ... Businessratgeber ...Franchising ...Vertikal
Da hast du einen Absatz voll mit Wirtschaftstermini gepackt. Gemalt mit Fixies Farbe. Stört aber nicht, so ganz verstanden habe ich Fixies Geschichte aber nicht. Ich sehe die mehr als einen Kontrastpunkt zu Herr Focks, bei dem ja angeblich alles super funktioniert, wie ein ordentlich bespuckter Motor.

Dann wohl aber vor ein paar Tagen eine kleine Rückschlagswelle. Ein paar Briefe zurückbekommen, ein paar Lebensläufe, ein paar ungünstige Youtube-Videos gesehen, ein paar mal zu oft einem Untergangspropheten zugehört, und jetzt auf einmal Fixie in der Krise. Kauft sich einen Sechserpack 5,0 Bier beim Rewe, stellt sich an einen Bistrotisch und lässt sich ein bisschen gehen. Also einmal hat er das gemacht. Vorgestern.
Der erste Satz ist hier nicht unbedingt notwendig fürs Verständnis, erzählt eigentlich schon zu viel. Warum nicht:
Dann hat er ein paar Briefe zurückbekommen, ein paar Lebensläufe, ein paar ungünstige Youtube-Videos gesehen, ein paar mal zu oft einem Untergangspropheten zugehört, und jetzt auf einmal WAR Fixie in der Krise. Kauft sich einen Sechserpack 5,0 Bier beim Rewe, stellt sich an einen Bistrotisch und lässt sich ein bisschen gehen. Also einmal hat er das gemacht. Vorgestern.

Da fehlt noch ein WAR.

Ich kann nur darüber spekulieren, was sich die zwei gedacht haben. Ich denke im Kopf vom Herrn Focks war nur eine Blase „Charlotte“, und beim Fixie war nur eine Blase „Sozialer Abstieg“, und die beiden Blasen hatten überhaupt nichts miteinander zu tun, aber jeder hat gedacht, dass der andere dasselbe denkt wie er selbst. Aber das weiß ich nicht.

Man kann so viel über deine Zeilen schreiben; man kann aber auch einfach schweigen und sie genießen.

Genau das mache ich jetzt.

Wirklich eine fabelhafte Geschichte!

Beste Grüße
markus.

 

Hallo Quinn,

gut fand ich die vielen außerordentlich originellen Ideen in dem ganzen Text und die Eigenheiten der Sprache. Nicht ganz optimal erscheint mir, dass die ganze Geschichte von vorne bis hinten erzählt und nicht gezeigt wird, so als würde man das alles mit einem gewissen Abstand wahrnehmen. Der Text hat mich sowohl an die Erzähler bei manchen alten Filmen als auch an Wolf Haas und diesen Gewerkschafts-Text (den du im Chat so gelobt hast) erinnert. Er hat etwas Barockes: Er steckt voller Verzierungen, Gedanken und Quer-Überlegungen.

Ein paar Eindrücke:

Kalbfleisch, guter Mann, Prostatakrebs, letztes Frühjahr. Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert. Aber der Herr Focks und ich und der Fixie, wir haben den nur Herr Kalbfleisch genannt. Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Ein paar sogar ein bisschen länger.
Das Abgehackte des Stils und "der Fixie" könnte aus einem Brenner-Roman sein.

Eine Jugend als Sonnenblumenbotschafterkind. Grausam. Als würde man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle lassen, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.
Ganz tolle Idee!


Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, dritter Stock, Lilienthalallee 18b. Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt. Man merke ihn ohnehin nur bei Wasserkisten, das sei schon eine rechte Qual, grade zwei auf einmal, und nur eine? Dann müsse man ja zweimal laufen. Er habe dann ja Aquaflux benutzt, so einen Wasserreiniger, der auch Kohlensäure ins Leitungswasser gesprüht habe – Werbeslogan: Nie wieder Wasserkisten in den dritten Stock schleppen -, aber das habe er dann aufgegeben. Er wisse nicht mehr, wieso.
Bei dieser Fülle an Details bin ich gespalten: Sie zeigen, dass der Autor sich etwas überlegt hat. Wenn in dieser Wohnung noch viel passieren würde und die genaue Beschaffenheit des Raumes für die Handlung relevant wäre, dann würde es mich beim Lesen freuen, das vorher so präsentiert zu bekommen. In diesem Text wirkt es sehr ausschweifend.

Und der Herr Focks hat gesagt: „Nein, aber ich glaube an die Elite. Ich glaube, irgendwo in Harvard oder in Oxford oder in Karlsruhe da wird die Elite ausgebildet. Das meine ich ganz ernst, du brauchst gar nicht lachen. Ich höre und sehe manchmal Leute, die unglaublich klug sind, und ich denke, während wir hier liegen, und gleich miteinander schlafen, da sitzt die Elite irgendwo und arbeitet an den Problemen unserer Zeit und wir können uns zurück lehnen und unser Leben genießen.“ Und während der Herr Focks das gesagt hat, hat er sich zurückgelehnt und gegrinst.
Das ist super, weil so ironisch. :)

Dann hat der Herr Focks seine Nase runter zur Hand geführt und ist energisch mit der Nase über den Handrücken gefahren, um sich zu kratzen. Und die Katrin neben mir hat ein bisschen die Augen verdreht und „Oh“ gemacht; und sogar der Fixie hat geschmunzelt, obwohl es da beim Schlecker schon schlecht lief.
Solche Details zu schildern gelingt dir beneidenswert gut. Weil sie durch den Erzähler vermittelt werden, wirken sie nicht unmittelbar auf mich, sondern sozusagen über ein inneres Ohr, das die Sprache des Erzählers aufnimmt.

Herr Focks sprintet die drei Stockwerke nach unten und denkt daran, Charlotte zu vögeln.
Charlotte, davon hat er Fixie und mir erzählt; nicht Fixie, mir, Julia und Katrin; nur Fixie und mir.
Diese feine soziale Unterscheidung ist beeindruckend. Andererseits habe ich mich gefragt: Braucht der Text das?


Ich kann nur darüber spekulieren, was sich die zwei gedacht haben. Ich denke im Kopf vom Herrn Focks war nur eine Blase „Charlotte“, und beim Fixie war nur eine Blase „Sozialer Abstieg“, und die beiden Blasen hatten überhaupt nichts miteinander zu tun, aber jeder hat gedacht, dass der andere dasselbe denkt wie er selbst. Aber das weiß ich nicht.
Meine Lieblingsstelle, weil diese Art von Situation so häufig ist und die Beteiligten eben nicht merken, was läuft.


„Sie wollte wissen, ob wir gehört haben, wo der Herr Focks ist?“
„Außer Landes“, hab ich gesagt. „Wieder auf Weltreise. Paris, Johannesburg, Melbourne, vielleicht Wiesbaden.“
„Du hast gar nicht verstanden, wie traurig das eigentlich ist, oder?“, hat Katrin gefragt.
Am Schluss gehen die Wünsche von Männern und Frauen so stark auseinander zwischen dem Wunsch nach Zugehörigkeit und dem Bedürfnis nach Freiheit. Sehr schön, das so auf den Punkt gebracht zu lesen.

Wie unser Aikido-Trainer zu sagen pflegt: So ist es halt. :)

Beste Grüße,

Berg

 
Zuletzt bearbeitet:

Na endlich,

ich habe ja schon fast nicht mehr daran geglaubt, hier mal wieder was von dir lesen zu können :).
Sehr schön, Mister Quinn, sehr schön.

So eine Charlotte ist wie so ein Haus am Meer mit Swimmingpool. Und jeder Besitzer eines solches, der sagt: hier, mein Haus mit Swimmingpool, am Meer, der zieht schon Bewunderung oder Neid oder beides auf sich. Wenn er aber die Fotos auspacken würde, von seinem Bungalow mit Planschbecken, irgendwo 20 km vor der Küste, ja dann ... (obwohl - ich fänd das auch schön)

Der Plauderton ist natürlich was feines. Man kommt sich als Leser so vor, als würde man mit dem Autor gemütlich in der Kneipe sitzen und der erzählt einem was und man selbst nuckelt dabei am Gin Tonic. Das schafft was sehr vertrauliches, dieses Ton.

Als gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die auf dem Papier, in ihrer abstrakten Form, ganz wunderbar klingen, und die dann, wenn man sie ans Tageslicht zerrt, wenn man sie einmal mit ihren Doppelkonsonanten aussprechen muss, doch einiges an Glanz einbüßen.

War das nicht auch bei Thomas Mann so, der am Anfang so ganz versteckt den Inhalt seines nachfolgenden Romans skizziert hat? Fällt mir aber erst beim zweiten lesen auf, beim ersten lesen dachte ich noch - Mann Quinn!

Kalbfleisch, guter Mann, Prostatakrebs, letztes Frühjahr. Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert. Aber der Herr Focks und ich und der Fixie, wir haben den nur Herr Kalbfleisch genannt. Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Ein paar sogar ein bisschen länger.

Sehr schöner Schlenker. Diese Distanz, die das "sie" erwürgt, diesen Respekt, ja bei manchen Leuten schon. Kenne ich auch. Und Herr Focks - klar, dem darf man auch nicht zu Nahe kommen, sonst ist aus mit Herr. Und selbst am Ende, da bleibt er Herr Focks. Das finde ich lieb von dir. Aber der Herr Focks ist natürlich auch ein Fuchs, wenn er das verwelkte Sonnenblümchen verlässt und sich auf die große Reise begibt, ein neues zu suchen. Da macht er natürlich gleich ein neues Mysterium um sich auf.

In der Kindheit hatten der Herr Focks, der Fixie und ich so Mädchen wie Charlotte nur auf zwei Arten gekannt. Einmal aus der Ferne. Wenn im Fernsehen Amanda Marshall gesungen hat, mit einer Löwenmähne, oder wenn man mal in Filmen oder in Zeitschriften andere Frauen sah, bei denen man an Sonnenblumen dachte und an Löwen. Und dann kannten wir welche, die als Komet durch unser Leben preschten. Die Cousine eines Freundes, die mal einen Sommer lang hier alles auf den Kopf stellte, was drei Beine hatte.

:lol: - ja, so Superfrauen gibt es auch nur in der Ferne. Kommt man ihnen näher werden sie alle zu Katrins und Judiths und Julias. Hübsch!

Insgeheim haben wir gedacht: Es liegt an ihnen. Wegen denen da, kriegen wir keine Frau mit Sonnenblumenhaar. Die vertreiben sie. Wir dachten, die stießen irgendeinen Duft aus oder vielleicht ein Fiepen.

Wie gemein.

Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, dritter Stock, Lilienthalallee 18b.

Das ist einer meiner Lieblingssätze. So normal der Mann. Und eben doch ein Herr.

Ich schau neben mir die Katrin an und denke: Warum sagst du eigentlich nie so was Kluges auf so eine süße Weise? Und ich denke, die Katrin schaut mich an, und denkt: Warum erzählst du nie so von mir, wie der Herr Focks über die Charlotte?

Das sind so Perlen - ach ...

Ich habe einmal versucht, Katrin auf das Thema zu lenken. Katrin sagte, das könne man schon trainieren, wenn man beim Pipi machen das Pipi halte. Danach habe ich sie nie wieder darauf angesprochen.

Hehe.

Und der Herr Focks musste natürlich noch Plunderstückchen besorgen, und weil alle Bäckereien aus unserer Jugend mittlerweile geschlossen haben und nur noch Filialen in den Supermärkten sind, geht er zum Rewe.

So ein bisschen Zeitgeist mag ich ja gern. Das tut dann immer irgendwie weh, wenn man so was liest und macht einen auch ein bisschen traurig.

Zuerst über den Parkplatz des Rewe, dann eine Gasse hoch, an einem Kiosk vorbei, an einem Lädchen für Fahrräder hinweg, Herr Focks musste da schon keuchen, hat früher geraucht, West Ice, dann sind sie an einer leeren Drogerie vorbei gerannt und an einem Haus, in der mal eine Judith gewohnt hat, sind über einen Zebrastreifen geflitzt, Fixie hatte Seitenstechen und zwei Stühle einer Eisdiele mitgenommen, Herr Focks ist fast über einen Blumenkübel gestürzt, hat unterwegs die Zimtschnecke verloren, sie fiel auf den Boden und die Tüte riss furchtbar auf, ist dann ein Treppenhaus hinaufgespurtet, in der Tür gestanden und hat sich zu der verdutzten Charlotte umgedreht, die in Pullover und Jogginghose an der Kaffeemaschine stand.

Was für ein verdammt schöner Satz. Fängt an, wo sie loslaufen und kommt erst bei Charlotte wieder zur Ruhe.

„Die Charlotte hat mich heute angerufen“, hat sie gesagt. Und, weil sie sehr nett ist, hat sie noch hinzugefügt: „Das ist die Freundin von deinem Herren Focks.“

Ey! Dabei denkt sie sich: und weil er ein bisschen schwer von Begriff ist ...
Allerdings würde ich das "sie" tatsächlich durch den Namen ersetzen. Und weil die Kathrin sehr nett ist ... - Man klebt nach dem letzten sie ja schon noch an Charlotte.

Schönes Ende.

Man könnte hier stundenlang noch so Sachen aus dem Text picken und denen "die Erklärung von Welt" nachsagen. Das mag ich an Deinen guten Texten. Man könnte die stundenlang auseinandernehmen und wieder zusammensetzen. Es ist wie mit Bauklötzern. Damit wird man auch nie fertig. Und wer darauf keinen Bock hat, der lässt sich halt unterhalten. Geht auch.

Warten hat sich gelohnt. ich danke für den wunderbaren Nachmittag :).

Grüße Fliege

 

Mir hats auch super gefallen, Quinn. Ich muss aber jetzt leider nach Italien fliegen, deshalb reicht die Zeit nicht mehr, um dir einen ausführlichen Kommentar zu schreiben. Dafür werde ich dir dann schreiben, wenn ich wieder zurück bin.

Ciao

Lollek

 

Hallo Juju,

Sie erinnert etwas an den Weinverkäufer, find ich.
Ja, stimmt. Ich hab drüber nachgedacht: Ja, der Erzähler. Beim Weinverkäufer gibt es nur ihn und man sieht ihn an dieser Geschichte schmieden. Hier schmiedet der Erzähler an der Geschichte seines Freundes, die Themen sind auch parallel.

Also in jedem zweten Satz schwingt etwas Ironisches mir, etwas Bitteres, Trauriges, Lustuges, Aufbäumedes ... der ganze Text hat so eine Parallelschwingung drin, alles was gesagt wird, hat eine andere Ebene. Wenn man das Aliens geben würde oder einem mit Asperger syndrom, oder mal angenommen, das liest einer in hundert Jahren, kann sein, die würden überhaupt nichts verstehen hier.
Ich finde das sehr schön. Das sind auch Möglichkeiten im Erzählen, die mich sehr interessieren. Der Ich-Erzähler sagt ja fast nichts über sich selbst, aber ich denke, man erfährt fast am meisten über ihn. „Schwingt was mit“ – ja. Find’s toll, wenn das so ankommt.

Und er wär ja auch ohne Charltte glücklich geworden! Warum eigentlich? Weil er das mit den Wasserkisten so angeht, wie er das eben angeht, und da seine ganze Lebenseinstellung durchscheint! Da ist so witzig und gleichzeitig traurig, weil der Ich-Erzähler das im Kontext sagt.
Ja, das sind auch Sätze, die man auf x Arten lesen kann, hoffe ich. Ich hab eher gedacht, der Erzähler sagt das etwas trotzig: Ich hab ja auch keine Charlotte und bin auch glücklich!

Und dann die Wiederholung, die gleichen Orte wie das Sonnenblumenmädchen.
Ja, ich denke, das ist natürlich ein Traum für einen Autor auch, wenn er Gedanken in einen Text gibt, die da irgendwie durch 2 Filter und einen Mixer gegangen sind, und beim Leser kommen sie dann wieder so an.
Das ist wirklich sehr schön. Ich weiß noch bei der „Schutzengel“-Geschichte hat nie einer gefragt, warum die Mutter jetzt so jung ist. Das hat jeder irgendwie sofort geschnallt. Und hier bei der Geschichte ist es doch offenbar auch so, also sehe ich jetzt an den Reaktionen, das man viel so mitliest einfach.
Ist das irgendwie logisch, was der Herr Focks da macht? Nein, aber ich denke man versteht es, oder? Wenn man das benennen und analysieren muss, ist das ganz schwer, aber irgendwie sind die Ideen wohl da und im Kopf. Freut mich wirklich.

Schon hübsch.. aber nicht anders ale meine Julia!
Ja, ganz genau. Auf einmal wird’s unheimlich wichtig, dass die Charlotte nicht besser ist als die Julia. Das waren auch so meine Gedanken. Ich hab mir vorgestellt, die drei Jungs leben seit 20, 25 Jahren so ein in einander verwobenes Leben.

weil einem "die große Liebe" über den Weg gelaufen ist, wie das einem immer versprochen wird im Film ... aber es ist halt nicht so.
Ja, das ist das. Also mich hat das eben geflasht, weil natürlich Fliege sofort die Figuren durchschaut hat und es wie Katrin sieht. Und wir hängen natürlich auch noch und „Die große Liebe!“, die wurde uns versprochen, Sonnenblumenmädchen!
Ich hoffe man kann mit dem Text da viel machen, ich will auch niemandem zu viel da reinquatschen.

Er kann Herr Fochs halt verstehen, der Ich- Erzähler. Und Seine Frau nicht. Der Erzähler weiß, wie es ist und kann den Arsch verstehen.
Ich glaub beide können ihn sehr gut verstehen. Ich mag Katrin als Figur, obwohl die ja nur ganz wenige Sätze hat, gern.

Als wär das ganze Leben ein Traum, der nicht so richtig in Erfüllung gegangen ist … und wer Herr Fochs wirklich ist, ist jetzt schwer zu sagen, weil das alles so auktorial geschildert ist und er so gerne erzählt, der Fuchs, aber es ist irgendwie egal ... weil die doch alle aus dem gleichen Dorf kommen,
Ja, ich find das toll. Es ist doch so, oder? Also das ist sicher das Gefühl aus dem Herr Focks zu 80% besteht und der Erzähler zu 50%. „Das Leben ist ein Traum, der nicht richtig in Erfüllung gegangen ist“ – das ist mal ein heißer Satz, ja.

Vielleicht kann der Herr Focks auch deswegen so gute Geschichten erzählen, weil seine Kumpels gerne zuhören, total neidisch, aber irgendwie will man doch noch dran glauben ...
Ja, natürlich. Grad der ich-Erzähler projeziert ja Sachen in diese Charlotte.

Man muss da schon mitdenken auch, er ist dicht geschrieben, viele Stellen, wo Gedankengänge nicht explizit in Worte gefasst werden. Sehr interessant, in Perfekt auch ... und wenns nicht geht, dann halt Präsens.
Das freut mich echt, so möchte ich auch manchmal schreiben. Was die Zeiten angeht, ist das fast schon ein experimenteller text, durch den Ich-Erzähler-Filter, das geht da drunter und drüber. Wenn man sowas in einem Deutschaufsatz machen würde, würd dich der Lehrer angucken und sagen: „Was ist eigentlich dein Scheiß Problem?“MMan merkt auch, dass der Text so richtig ins Perfekt zieht, so wie ein Auto.

Ich bin gespannt, was die anderen zu der Geschichte sagen.
Ich auch.

Weil die mir sehr gut gefällt, ich find, das ist eine der besten Stories ist, die du geschrieben hast, und das heißt schon was.
Das freut mich!

Danke dir Quinn

Hallo M. Glass,

Dabei schaffst es aber, keine aufdringliche, angeberische Sprache zu kreieren, sondern eine, die im Hintergrund arbeitet, ins Unterbewusstsein hinein.
Das freut mich, wenn das klappt. Ich denke für die Geschichte und wenn man dann einen Erzählsituation konstruiert hat, dann ergibt sich das auch.

Ich weiß nicht, wie alt er ist, aber allein das Herr macht ihn doch sehr viel älter wie Fixie und den Ich-Erzähler.
Ja? Also ich sehe die 3 genau gleich alt. Aber man kann das natürlich auch anders sehen. Sicher stehen die 3 an verschiedenen Stellen in ihrem Leben, haben verschiedene Reifeprozesse durchgemacht. Ich denke das ist aber bei vielen Leuten dieser Altersstufe so. Also manche 30jährige sind grad mit dem Studium fertig oder studieren noch und haben ein WG-Leben eher und andere haben schon eine Führungsposition und Kinder und ein ganz geregeltes Leben.
Und das verändert sich dann auch mit der Lebenssituation, dass Fixie jetzt in dieser Krise auf einmal so kindlich wieder reagiert, das ist auch was schönes, wenn das so wirkt.
Dass es ihn eigentlich verjüngt, dass er vom Schlecker-Filialleiter zu einem ohne Identität wird. Schöner Gedanke.

Welcher Krise? Zugegeben habe ich den Gedankenblasenmarathon nicht ganz verstanden, warum flieht er, flieht er vor Fixies Krise, die im Absatz vorher so schön geschildert wurde, oder warum? Oder will er einfach zu Charlotte und nicht, dass Fixie sie sieht? Oder ist die Krise in dem Moment als Fixie Charlotte sieht und die Flucht nach Paris, Johannesburg, Melbourne, vielleicht Wiesbaden?
Es ist immer blöd, aber: Ja zu allem.

Ich (miss)interpretiere das Ganze ja so, dass der Herr Focks ein alter Lügner ist, die Liebe nur in Gedanken hat.
Ich finde nicht, dass das misinterpretiert ist, aber ich würde es nicht so sehen. Im Kern … also ich würde sagen, der Herr Focks kann sich sehr begeistern und ist dann vielleicht ein bisschen in die Begeisterung verliebt. Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass er mit böser Absicht „lügt“.

Die Perspektive hast du auch genial getroffen, ein Ich-Erzähler, der das meiste nur gehört hat, sich vieles dazugedacht hat und überhaupt sehr glaubwürdig erscheint.
Also ich würde dem Erzähler nicht mal glauben, wenn er sagt: Der Himmel ist blau. Da würde ich noch mal rausrennen und genau nachsehen. :)
Aber ist natürlich schön, wenn er so wirkt, ich hab mir viel Mühe gegeben, den so hinzukriegen, dass er so klingt.

Gefällt mir. Ein Wort macht diesen Satz ganz und gar nicht alltäglich.
Tatsächlich, das ist mir erst klar geworden, als du es geschrieben hast. Ich mecker bei den Leuten ja oft wegen der Phrasen und durch ein bisschen Getrickse kriegt man die wieder anders hin. Das stimmt.

Man kann so viel über deine Zeilen schreiben; man kann aber auch einfach schweigen und sie genießen.
Das freut mich, es ist natürlich auch ein Ziel, dass man was schreibt und dass Leute sich damit beschäftigen, im Moment der Veröffentlichung gehört mir die Geschichte ja nicht mehr alleine. Deshalb möchte ich dann auch nicht immer zu jeder Idee was sagen, weil das so wirkt, als würde ich sagen „Das ist richtig“ und „Das ist falsch“, und das ist ja Quatsch, ich kann auch nur eine Möglichkeit anbieten, wie man die Geschichte verstehen kann.
Und grad das verhalten von Herrn Focks, oder Fixie in dieser Krise – es haben ja jetzt, glaub ich, schon 3 Leute gesagt: Ich verstehe nicht, warum die beiden da losrennen, aber ich find’s toll!
Das ist doch Klasse!

Vielen Dank für deine Kritik, hat mich gefreut, dass dir die Geschichte gut gefallen hat.
Quinn

Hallo Berg!

Nicht ganz optimal erscheint mir, dass die ganze Geschichte von vorne bis hinten erzählt und nicht gezeigt wird, so als würde man das alles mit einem gewissen Abstand wahrnehmen.
Ja, natürlich, das stimmt auf jeden Fall. Je exaltierter eine Erzählperspektive ist und je aufdringlicher eine Erzählstimme desto mehr gerät das Erleben der Handlung durch den Leser in den Hintergrund. Das ist unbedingt so. Ich find’s auch, und ich liebe den Wolf Haas-Stil, jedes Mal schwer, bei den Brenner-Romanen der Handlung und der Auflösung zu folgen.
Ich denke das ist etwas, das man letzlich in Kauf nehmen muss, wenn man mit solchen Erzählern operiert. Die Sätze haben einen doppelten Boden. Das unterscheidet sich vom konventionellen Spannungs-Erzählen. Beides zu verbinden – schwierig, glaub ich. Es ist sicher möglich, aber schwierig. Das ist auch mit vielem so, bei sehr humorvollen Texten, wenn die Pointen im Vordergrund stehen, leidet die Handlung auch oft darunter.

Bei dieser Fülle an Details bin ich gespalten: Sie zeigen, dass der Autor sich etwas überlegt hat. Wenn in dieser Wohnung noch viel passieren würde und die genaue Beschaffenheit des Raumes für die Handlung relevant wäre, dann würde es mich beim Lesen freuen, das vorher so präsentiert zu bekommen. In diesem Text wirkt es sehr ausschweifend.
Also da erfährt man nichts über die Wohnung, das wirkt nur so. Das sind ja nur 6 Zeilen, die sich lesen wie 30, weil das einen Subtext hat. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll. Du sagst „Die Fülle an Details“ – man weiß nach dem Satz nichts über die Wohnung außer 3. Stock. Es ist nur dieses Drumherum und das soll mehr über den Erzähler und Herrn Focks aussagen.
Mit den 1,2,3-Zahlen und der indirekten Rede – mir macht das diebischen Spaß.

Das ist super, weil so ironisch.
Das mit der Elite? Ja. Ich mag das auch gerne. Das Ironische ist, dass er sich dabei selbst zurücklehnt, oder was meinst du?

Diese feine soziale Unterscheidung ist beeindruckend. Andererseits habe ich mich gefragt: Braucht der Text das?
Ich brauch’s für den Erzähler. Das ist ja auch Rollenprosa. Wie würde das dieser Mann schreiben, der die Geschichte erzählt? Und der würde sich da in diesen Rausch schreiben an der Stelle. Warum hat der Herr Focks so eine tolle Frau! Und dann spricht er im Geheimen darüber! Und dann leugnet er es! Also so ein Absatz, das ist ja nicht nur der eine Satz, sondern im Gesamtkontext, in diesem Absatz, in der Steigerung hier, dass er kleinlich wird, und dass er darauf beharrt, er habe es erzählt, und wem, und so. Ich finde schon, der Text braucht das.
Wenn es Leuten wichtig ist, dass sie Recht haben, werden sie kleinkariert und detailliert und bestehen darauf, und sind ein bisschen penibel. So was find ich schon wichtig.

Freut mich, dass du eine Kritik geschrieben hast, hat mir sehr zu Denken gegeben auch, ob das mit den angemerkten Stellen immer so sein muss, ich denke, das sind jetzt Gedanken, die da sind, und das arbeitet dann immer, vielen Dank!
Quinn

Hallo Fliege,

also ich musste sehr grinsen bei deinem Kommentar, weil du natürlich sofort den Braten hier gerochen hast.

War das nicht auch bei Thomas Mann so, der am Anfang so ganz versteckt den Inhalt seines nachfolgenden Romans skizziert hat? Fällt mir aber erst beim zweiten lesen auf, beim ersten lesen dachte ich noch - Mann Quinn!
Ja, ich fühl mich irgendwie ertappt. Von Fontane gibt es da Ausführungen dazu. Thomas Mann hat das auch gemacht (Zauberberg – Zeit und so).
Der Erzähler erzählt den Text ja, nachdem er das Ende schon kennt. Und ich denke der erste Absatz ist – wenn man so will -, also der Erzähler ist beim ersten Absatz in der eigenen Entwicklung schon weiter als beim letzten.

Und Herr Focks - klar, dem darf man auch nicht zu Nahe kommen, sonst ist aus mit Herr. Und selbst am Ende, da bleibt er Herr Focks. Das finde ich lieb von dir. Aber der Herr Focks ist natürlich auch ein Fuchs, wenn er das verwelkte Sonnenblümchen verlässt und sich auf die große Reise begibt, ein neues zu suchen. Da macht er natürlich gleich ein neues Mysterium um sich auf.
Ja. Stimmt. Er tut einem ein bisschen leid, oder? Also mir tat er am Ende leid. Beide taten mir leid, der Erzähler und der Herr Focks.

ja, so Superfrauen gibt es auch nur in der Ferne. Kommt man ihnen näher werden sie alle zu Katrins und Judiths und Julias. Hübsch!
Ja. Ganz genau. Was soll ich sagen? Katrin weiß das. Ich denke, der Erzähler weiß es auch, aber er hasst den Gedanken. Und als Fixie das erkennt, wird er wieder froh.
Für mich ist das auch genau der Text. 3, 4 Stellen und das ist für mich der Text. Dass Julia und Katrin den herrn Focks erzählen hören und denken: Diese Begeisterung von ihm ist toll.
Und die Männer denken: Der ist ja so begeistert, wie toll muss die Frau sein!
Das war für mich der Kern der Geschichte, dieser Unterschied in der Wahrnehmung, den find ich auch relevant und aktuell.

Ey! Dabei denkt sie sich: und weil er ein bisschen schwer von Begriff ist ...
Ich denke, sie ist hier wirklich sehr nett.
Der Erzähler spricht ja mit einer Obsession von Charlotte. Und er unterstellt den anderen diese Obsession auch (in der Szene beim Griechen) und hier ist es natürlich so ein Wegschauen, so ein „Wenn du dich noch an die erinnerst.“

Warten hat sich gelohnt. ich danke für den wunderbaren Nachmittag
Das hat mich gefreut. Vielen Dank!

 

Hey Quinn,

gleich nochmal, aber nur kurz.

Also ich würde dem Erzähler nicht mal glauben, wenn er sagt: Der Himmel ist blau. Da würde ich noch mal rausrennen und genau nachsehen.
Das war ironisch von mir gemeint. Er hat viel gehört, noch mehr dazugedacht und ist "überhaupt sehr glaubwürdig". Ich hab ihm auch nichts geglaubt. Hab mich auch an vielen Stellen gefragt, woher weiß er denn das alles. Dann aber kommen Sätze, wie "Aber das kann ich nicht wissen.", "Das hat mir Fixie gesagt." und seine Glaubwürdigkeit versickert in Aquaflux. (Dieses Wort hat es mir angetan.)

Beste Grüße
markus.

 

Sagenhaft!,
wie man heut so spricht und es dann noch schreibt und wie nebenbei märchenhafte Dinge erlebt, wenn schon zu Beginn das Papier klingel(t),

[a]ls gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die auf dem Papier, in ihrer abstrakten Form, ganz wunderbar klingen, …

lieber Quinn,

… und wie toll die auf dem Papier kl[ä]ngen, …
Komme mir keiner mit Poesie bei dieser schönen Blüte!

Das muss ein wahres Tollhaus sein, denn wenn ich das Ohr ans Papier halte, klingt nicht einmal beschriebenes Notenpapier, da dürft' man's doch wenigstens erwarten, und was ich höre, ist bestenfalls das knisternde Papier. Aber ich bin ja auch halbtaub … Hab wahrscheinlich zu wenig Phantasie. Aber ich will trotzdem nicht ins Tollhaus, dann schon lieber in die Irrenanstalt eines Friedrich Richter, um mit ihm fränkisches Bier zu saufen (am besten versetzt mit echtem Lakritz).

Zur Entschuldigung muss gesagt werden, dass

ein Gemeinschaftskundelehrer [wie] der Herr Kalbfleisch
weder richtig sehen noch gut hören musste, galt es doch, die lieben Kleinen auf die beste aller denkbaren Welten vorzubereiten. Dazu
[e]ine Jugend als Sonnenblumenbotschafterkind. Grausam[!]

Der Bruder des Attila hieß seinerzeit Bleda und taucht im Nibelungenlied verballhornt als Blödel auf. Sollten wir im Konsumismus allesamt so weit sein?

Nix für ungut

Friedel

 

He Quinn,

das ist schon was echt großes, wenn man so durch die Foren surft und scrollt und klickt und wieder wegklickt und dann plötzlich richtig Freude aufkommt, weil da der name Quinn auftaucht. Endlich mal wieder als Autor.
Und die Geschichte hat die Freude nur bestätigt. Mal wieder ganz große Kunst aus deiner Schmiede. Es sind nicht nur die saustarken Sätze wie der Vergleich mit der Hölle zum Beispiel (zum niederknien, um mal im Bilde zu bleiben), sondern einfach das Gesamtpaket. Absolut stimmig, bin da kein einziges Mal rausgekommen. Du ziehst einen ja auch richtig rein, mit dieser schnoddrig flotten Weise.
Auffallend für mich ist bei guten Geschichten immer, wenn der Analyst, der immer mitliest, plötzlich ganz leise wird, weil selbst der sich einfach erfreuen möchte. Und kann. Was eben, zumindest bei mir, nur bei wirklich starken Texten funktioniert.

Charlotte.
Genial, wie du dieses Traumbild rahmst, diese Seifenblase, durch die doch alles so schillernd aussieht, alles andere so glanzlos erscheinen lässt. Gemein, wie du die dann platzen lässt, aber dennoch ein schönes Ende, ist es doch ein rundes, so ne Art Reset irgendwie. Also in meiner Lesart.
Ach, da sind so viele schöne Sachen dran und man kann echt ne leiste an Meta aufmachen, aber ich belass es jetzt einfach mal dabei. Sonst macht der Analyst mir noch was kaputt. Plopp
Wird noch ne Weile nachwirken, denk ich. Danke :)
grüßlichst
weltenläufer

 

Hi Quinn!

Charlotte hieß Charlotte, so wie Marillen Marillen heißen. Als gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die auf dem Papier, in ihrer abstrakten Form, ganz wunderbar klingen, und die dann, wenn man sie ans Tageslicht zerrt, wenn man sie einmal mit ihren Doppelkonsonanten aussprechen muss, doch einiges an Glanz einbüßen.
Meh, also der Einstieg ging bei mir voll in die Hose. Marillen ist doch ein tolles Wort, ich weiß nicht mal genau, was Marillen sind, aber das Wort ist ausgesprochen und geschrieben toll! Noch toller ist das Wort Marillenschnaps (schmeckt miserabel, aber klingt wunderschön).
Diese ganzen kleinen Nebenbeobachtungen, mit denen der Text gespickt ist, die funktionieren (nur?), wenn der Leser zustimmt (sich bestenfalls heimlich ertappt fühlt). Da finde ich es riskant was zu nehmen, was zu sehr Geschmackssache ist. Zumindest an so exponierter Stelle (Textanfang) und dann auch noch als Träger der Kernbotschaft. Kannst du da nicht was finden, wo die Gefahr geringer ist, dass Leser widersprechen wollen?
Gut, dass es einzelne Verrückte gibt, die Smarties eklig finden, kann kein Autor riechen. Aber zu hoffen, dass die Leser was gegen Marillen haben? Hm ...

Kalbfleisch, guter Mann, Prostatakrebs, letztes Frühjahr. Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert. Aber der Herr Focks und ich und der Fixie, wir haben den nur Herr Kalbfleisch genannt. Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Ein paar sogar ein bisschen länger.
Schöner Gag mit dem Vornamen posthum. Und den Herrn Focks will der Erzähler also auch siezen? Warum eigentlich? Was macht den Focks so besonders, dass der Erzähler den auf ein Podest heben wollte? Das wurde mir nirgendwo im Text klar. Find ich schade.

Die Cousine eines Freundes, die mal einen Sommer lang hier alles auf den Kopf stellte, was drei Beine hatte. Die nach Wiesbaden zurück ging, und die späteren Sommer in Paris verbrachte, in Melbourne, in Johannesburg. Eine Jugend als Sonnenblumenbotschafterkind. Grausam.
Klasse.

Als würde man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle lassen, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.
Grausam. Aber ich hab gesehen, andre finden den Satz ganz toll, da werd ich vergeblich auf Änderung hoffen. :P

Wir hatten nur Julias und Judiths und Katrins, mit und ohne H. Schwarzhaarige, ständig mit sich selbst im Krieg liegende, unmagische, eigenständige Wesen.
Hier nochmal so ein Marillending. Ey, alle südländischen exotischen Schönheiten sind schwarzhaarig! Das genaue Gegenteil von unmagisch sind die! Da assoziiere ich schon wieder "falsch". Kannst nich was andres finden? Gekämmte oder kurzhaarige? Das würde zu den Anti-Löwinnen passen ... (das mit dem sich selbst im Krieg liegend find ich wieder echt gut).

Insgeheim haben wir gedacht: Es liegt an ihnen. Wegen denen da, kriegen wir keine Frau mit Sonnenblumenhaar. Die vertreiben sie. Wir dachten, die stießen irgendeinen Duft aus oder vielleicht ein Fiepen.
DAS find ich genial, das ist meine Lieblingsstelle. Die Katrins dieser Welt sondern ein Pheromon ab, das Traumfrauen abstößt und den Männern der Katrins ein lustvolles Liebesleben mit magischen Sonnenblumenfrauen vorenthält. Hehehehe.

Aber der Herr Focks hat zwar mit einer Judith geschlafen. Vielleicht auch mit zweien. Aber geheiratet hat er keine. Dieser Bastard.
Stützt sich die Missgunst des Erzählers einzig darauf, dass der H. F. noch Single sein darf? Komisch. Der Erzähler weiß doch längst, dass Charlotte keine Sonnenblume war. Was hat der H. F. an sich, dass der Erzähler dem so komisch gegenübersteht? H. F. kann noch träumen und der Erzähler missgönnt dem das?

Man sieht: Der Herr Focks wäre auch sehr glücklich gewesen ohne eine Charlotte in seinem Leben.
Sieht man das? Ich nicht ... also eine Einzimmerwohnung und einen Wassersprudler, ich würd dem Focks eine Sonnenblume ja gönnen ...

wenn mir etwas Miranda in den Computerturm gelaufen war,
Miranda? kenn ich nich ...

Der Herr Focks hat halt nicht studiert. Als ich studiert habe und als der Fixie seine Lehre gemacht hat beim Schlecker, ist der Herr Focks nach Paris geflogen und nach Melbourne, nach Johannesburg und dann nach Wiesbaden.
Deswegen die Missgunst und Bewunderung für Herrn F.?
Find ich unbefriedigend irgendwie ...

Herr Focks dreht sich um, und ihm fällt etwas ein, das er sagen könnte, etwas Cleveres, das jetzt gut passen würde, aber er weiß nicht, ob sie das auch gut fände, es ist ein Risiko. Manchmal ja, manchmal nein. Er dreht sich also und sagt: „Was bist du? Eine Plunderstück-Prostituierte?“
Was der Focks und der Erzähler so für clever halten. :D Das is ja schon goldig.

Sie hat einen Grip, sagte der Herr Fox, als er mal etwas getrunken hatte und wir ganz privat wurden.
Das Kursive lieber raus.

Ich habe einmal versucht, Katrin auf das Thema zu lenken. Katrin sagte, das könne man schon trainieren, wenn man beim Pipi machen das Pipi halte. Danach habe ich sie nie wieder darauf angesprochen.
hehe

Gentleman am Arsch! Am Arsch, sag ich!
Da hab ich auch gelacht.

Steht schon vorm Spuckschutz und schaut sich das Angebot an:
Klasse.

aber jeder hat gedacht, dass der andere dasselbe denkt wie er selbst. Aber das weiß ich nicht.
Allerdings weiß ich, wo sie lang gerannt sind.
Den find ich echt gut.

„Die Charlotte hat mich heute angerufen“, hat sie gesagt. Und, weil sie sehr nett ist, hat sie noch hinzugefügt: „Das ist die Freundin von deinem Herren Focks.“
Damit wolltest du transportieren, dass Katrin von seiner Charlotten-Verehrung weiß und absichtlich hier so tut, als hätte sie davon nichts mitbekommen? Ich muss zugeben, ohne die Komms gelesen zu haben, wäre ich darauf nicht gekommen ...

Aber ich hab so einiges nicht verstanden, fürchte ich ... warum haben sich Focks und Charlotte getrennt?
Was hatte der Focks an sich, dass der Erzähler ihn zu einem Herrn machen wollte und ihm seine ganzen Charlottengeschichten abgekauft hat (bis Fixie kam mit der Ernüchterung)? Das ist bei mir nicht angekommen ... und ich hätte das aber gern gelesen :)

Viel Glück hab ich dem Herrn Focks heimlich gewünscht und such eine für mich mit.
Ach, deprimierend. Fixie hat's da besser.


Hat mir gut gefallen.
Ich beneide dich um den Tonfall, den du da hingekriegt hast. Und die ganzen schönen Details, die da drinstecken.
Die ganzen Nebensachen sind mir irgendwie wichtiger als die Geschichte selbst. Ich kann mich nicht entscheiden, ob das gut ist oder schlecht. ... Es führt jedenfalls dazu, dass ich so einen Text nicht lese um rauszufinden, was mit Fix und Foxie und dem Erzähler passiert, sondern weil ich dem Erzähler gerne zuhöre. Merkwürdig. :)

 

Hi M.Glass nochmal,

okay, dann war das ironisch! Das ist halt immer schwer zu erkennen.

Hey „Friedrichard“,

ich hab eben mal geguckt, ich hab seit 4 Jahren keinen „Text“ mehr von dir kommentiert. Es gibt da einige Gründe für, aber unter anderem denke ich nicht, dass bei all der Antipathie, die sich inzwischen aufgestaut hat, ich in der Lage wäre objektiv zu einem deiner „Texte“ zu sein.
Du bist das ganz sicher auch nicht bei meinen. Also was soll das bringen? Ich verstehe es nicht.
Sagenhaft, „auf dem Papier „ – „klingen/klängen“ – Stilblüte – haha, Lakritzbier, Attilas Bruder, nix für ungut.
Was soll ich denn damit? Du kennst die Redewendung „auf dem Papier“, aber schon, oder? Wäre dein ganzer Kommentar überflüssig, wenn da statt „klingen“ „klängen“ stünde? Und das findest du unglaublich komisch? Oooooookay.

Gruß
Quinn

Hey weltenläufer!

Schön, dass dir die Geschichte was geben konnte. Ich hab die letzte Zeit weniger hier veröffentlicht, ja. Vielleicht ändert sich das wieder, klar. Ist schön, wenn Leute was mit den Texten anfangen können oder auch nicht, und irgendwie darauf reagieren.
Bei dir hab ich offenbar sehr viel Vorschusslorbeeren für einen Text, ich hab ja schon ein paar Mal nach einer längeren Pause wieder neu angefangen, da war der erste Texte dann meistens nicht so, und erst der zweite kam besser an.
Das mit Charlotte – ja, ich muss sagen, dass der Name da an 2 Stellen einfach so steht. Man weiß irgendwie wieso, oder? Das ist so ein „Ach“ dahinter. Seifenblase – ja, das gefällt mir gut.
Mit dem Reset – Reset! Stimmt. Da würd ich gern sagen: Ja! Geplant! Aber ich muss sagen: Ganz schön clever, dass du das siehst.

Hat mich sehr gefreut
Quinn

 

Hallo Möchtegern!

Meh, also der Einstieg ging bei mir voll in die Hose. Marillen ist doch ein tolles Wort, ich weiß nicht mal genau, was Marillen sind, aber das Wort ist ausgesprochen und geschrieben toll! Noch toller ist das Wort Marillenschnaps (schmeckt miserabel, aber klingt wunderschön).
Marillen ist einfach „Rillen“ und ein „Ma“ davor. Das sind Worte, von denen ich denke, dass man, wenn man sie liest, denkt: oh! Das sieht aber schön aus, könnte auch italienisch sein! Und dann hört man sie und denkt: hm … bisschen enttäuschend. Irgendwie normal.
Charlotte war hier eben nicht das französische Charlotte (wie Charlotte Roche), sondern so ein Lotte mit einem Tscha davor.

Diese ganzen kleinen Nebenbeobachtungen, mit denen der Text gespickt ist, die funktionieren (nur?), wenn der Leser zustimmt (sich bestenfalls heimlich ertappt fühlt). Da finde ich es riskant was zu nehmen, was zu sehr Geschmackssache ist. Zumindest an so exponierter Stelle (Textanfang) und dann auch noch als Träger der Kernbotschaft. Kannst du da nicht was finden, wo die Gefahr geringer ist, dass Leser widersprechen wollen?
Ich finde auch wenn ein Leser energishc widerspricht, ist das okay. Also wenn man Texte danach auslegt, dass möglichst viele Leute eine gleichförmige Reaktion haben, ist das doch auch wischi-waschi, oder? Und ich hab Marillen als Musterbeispiel für so etwas schon ewig im Kopf, da muss doch ein Text auch mal dafür da sein, so etwas unters Volk zu bringen.
Das ist ja auch keine riesige Sache hier. Du sagst: Die Botschaft hängt hier zentral dran. Wieviele lesen das so? Es ist ein Einstieg in den Text, ich finde er macht neugierig, man fragt sich: Was meint der damit? Dann ist das ein Gedanke, dem man zustimmen oder widersprechen kann, aber ich finde er „funktioniert“ so oder so. Also wenn du das liest und dir denkst: Was ist denn das für ein Scheiß? Dann ist das doch auch okay.
Ein asiatischer Regisseur hat eine Geschichte gehört über einen Fürsten, der sein Reich geteilt hat, und der hat seine Söhne versammelt und hat einen Pfeil hochgehalten und ihn zerbrochen und hat gesagt: Ein Pfeil alleine zerbricht leicht. Dann hat er 3 Pfeile genommen, sie aufeinander gestapelt und gesagt: 3 Pfeile zerbrechen nicht!
Und der Regisseur hat die Geschichte gehört und gesagt: Was ist das denn für ein Quatsch? Das stimmt einfach nicht. Natürlich zerbrechen auch 3 Pfeile. Und er hat diese Geschichte dann zum Anlass genommen, um einen Film zu drehen über einen asiatischen Fürsten, der sein Reich eben unter den Söhnen verteilt, die sich dann an die Gurgel gehen.
Der Regisseur war Kurosawa, der Film heißt „Ran“ und ich will damit sagen: Marillen bleibt so!

Und den Herrn Focks will der Erzähler also auch siezen? Warum eigentlich? Was macht den Focks so besonders, dass der Erzähler den auf ein Podest heben wollte? Das wurde mir nirgendwo im Text klar. Find ich schade.
Also ich denke, der Herr Focks opfert sich da und lebt exemplarisch ein Leben, für das dem Erzähler vielleicht der Mut fehlt. Vielleicht respektiert er das einfach.
Vielleicht ist Herr Focks für den Erzähler auch einfach ein „guter“ Mann. Vielleicht müssen manche Männer andere einfach auf ein Podest heben. Natürlich ist das nicht im Text.
Ich weiß es nicht, ich denke, man kann sich die Frage stellen und nach Antworten suchen. Man kann den Herrn Focks auch ablehnen, den Erzähler auch, aber ich denke, die Figur des Erzählers gibt diese Aussage her.

Grausam. Aber ich hab gesehen, andre finden den Satz ganz toll, da werd ich vergeblich auf Änderung hoffen. :P
Ja … also ich find den auch nicht so toll. Die Idee wollte ich unbedingt haben und dann hab ich nach einem vergleich gesucht und ich kam zu Vergleichen aus dieser Jugend/Erlebniswelt – und dann dachte ich: Mach’s halt so hoch wie es geht. Hölle/Sommer – Hoffnung/Mädchen – durchziehen/wehen. Das Bild ist ja da der Komet eigentlich. Aber ich hoffe, dass man sich nicht so an dem Satz jetzt aufhängt. Aber hier bin ich tatsächlich ganz auf deiner Seite.

Hier nochmal so ein Marillending. Ey, alle südländischen exotischen Schönheiten sind schwarzhaarig! Das genaue Gegenteil von unmagisch sind die!
Ja, hab’s geändert.

Was hat der H. F. an sich, dass der Erzähler dem so komisch gegenübersteht? H. F. kann noch träumen und der Erzähler missgönnt dem das?
Ja, ich denke das ist einfach so. Das ist ein schwieriges Verhältnis. Man wünscht ihm das Beste, beneidet ihn darum, missgönnt es ihm etwas, alles im Wechsel. Ich hab Bekannte, die so aufgewachsen sind, die seit 25 Jahren zusammenhängen in so einer Clique wie die 3 hier. Die haben eine ganz seltsame Gruppendynamik, wenn man das als Außenstehender beobachtet.
Warum hat der Herr Fochs denn mit seiner Judith nur schlafen können? Warum hat der denn ein anderes Leben? Warum hat der diese Suche? Es ist doch lettztlich etwas Banales: Man will das, was man nicht haben kann.
Vielleicht hat der Herr Fochs sich kräftig die Hörner abgestoßen, als der Erzähler schon mit Katrin an der Hand durch die Stadt gelaufen ist? :)

Sieht man das? Ich nicht ... also eine Einzimmerwohnung und einen Wassersprudler, ich würd dem Focks eine Sonnenblume ja gönnen ...
Nein, das sieht man überhaupt nicht.

Miranda? kenn ich nich ...
Mirinda heißt das Getränk, das ich gemeint habe.

Deswegen die Missgunst und Bewunderung für Herrn F.?
Find ich unbefriedigend irgendwie ...
Ja, ich versteh das. Aber ich kann und möchte das auch nicht genau auflösen: Das sind Fragen, die der Text stellen, aber nicht beantworten muss, finde ich.
Das ist der Text ja auch eigentlich. Warum versteht es der Erzähler nicht? Was ist da los? Was konstruiert er da? Das ist doch das Spannende an dem Text.
Letztlich ist die Frage, ob das aufgeht, nur vom einzelnen Leser zu beantworten. Ist das logisch, wie sich der Erzähler verhält? Nein. Ich denke nicht.
Ist es plausibel? Ich finde schon.
Das mit Wittgenstein und dem Studium das ist ein Absatz, der hat 2,3 verschiedene Funktionen für den Erzähler, sich selbst definieren, sich abfinden, sich abgrenzen. Einen anderen Lebensentwurf verwerfen.
Im Prinzip ist das ja eine Geschichte über diese 3 Leute, die mal, wenn man so will, vom selben Punkt aus gestartet sind, und jetzt stehen sie und schauen einander an und fragen sich: Wem geht’s jetzt besser? Wessen Lebensentwurf ist jetzt aufgegangen? Wer hat den besseren Job, das bessere Haus, die bessere Frau? Wem geht es besser? Wer würde mit wem tauschen?
Das ist kein 1a Verhalten. Da kannst du wieder die Augen rollen. :)
Für mich ist das eines der zentralen Sachen in dem Text. Es ist immer die Frage. Kriegt der Leser das mit? Hört er es? Könnte er es benennen? Der Text hat 17000 Zeichen, das ist nicht viel, 8 Minuten Lesezeit? Wenn der Leser am Ende das Gefühl hat, er hat viel mehr Zeit mit dem Text verbracht, dann liegt es an so etwas denke ich. Und wenn der Leser das nicht sieht, diese Idee, dann hab ich als Autor auch verkackt.
Und natürlich ist jetzt so eine Idee viel leichter zu sehen, wenn man selbst so gestrickt ist.

Was hatte der Focks an sich, dass der Erzähler ihn zu einem Herrn machen wollte und ihm seine ganzen Charlottengeschichten abgekauft hat (bis Fixie kam mit der Ernüchterung)?
Ich denke mit den Namen … wie Spitznamen entstehen und so, das sind oft ganz banale Geschichten. Ich denke die hatten irgendwann diesen Spitznamen Fix und Foxi, weil sie zusammen viel rumgehangen sind (man hätte sie auch Dick und Doof nennen können, aber das wär fies), und dann halten sich halt manche Namen und manche nicht und manche ändern sich. Und vielleicht hat Foxi mal eine Aktentasche mit in die Schule gebracht, und dann wurde aus Foxi Herr Focks. Und dann heißt der mit 20 noch so, wenn man neue Leute kennenlernt, und die Katrin hört das das erste Mal und findet es sehr komisch; und im Prinzip weiß man doch nur, dass Katrin und der Erzähler ihn so nennen. Vielleicht heißt er für alle anderen „Herr Wohlfarth“ – ich weiß es nicht. :)
Ich hab mal versucht, einem Typen einen Namen anzuhängen, das klappt wirklich mit der Zeit. Man kann Leuten Namen anhängen. Solltest du mal versuchen, macht durchaus Freude!
Bei „Jesse Stone“, einer Krimi-Serie, nennt Jessie seinen Assistenten immer „Koffer“ und der hat nach einem schweren Hirnschaden angefangen ihn „Lou“ zu nennen. Ein Quell ewigen Amüsements!
Ich hab mir natürlich hier bei der Namenswahl was gedacht. Das hatte aber unter anderem auch ästhetische Gründe (der Herr Focks – drei Silben und irgendwie macht es echt Spaß, die auszusprechen).

Hat mir gut gefallen.
Ich beneide dich um den Tonfall, den du da hingekriegt hast. Und die ganzen schönen Details, die da drinstecken.
Die ganzen Nebensachen sind mir irgendwie wichtiger als die Geschichte selbst.
Das freut mich. Ich finde die ganzen Nebensachen sind die Geschichte selbst. Der Tonfall ist der Erzähler.

Ich kann mich nicht entscheiden, ob das gut ist oder schlecht. ...
Also wenn du am Ende bist und den letzten Satz deprimierend fandest, dann finde ich das toll als Autor. Letztlich will man doch nur beim Leser irgendwas erreichen. Irgendeine Emotion. (Und keine Meta-Emotion: Der Text war so langweilig, dass mir der Fuß eingeschlafen ist/Der Text war so schlecht, dass ich mir aus Langeweile den linken Arm aufgekratzt habe).
Wenn man am Ende ist und als Leser wirklich schlucken muss oder laut lacht, das ist doch toll. Ich weiß nicht, was man als Autor erreichen möchte, wenn einem das nicht reicht. Also mir reicht das als Leser sehr.
Vielleicht hab ich da aber auch andere Ideen immer,

Vielen Dank für deinen Kommentar
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quinn,

beim ersten Absatz tue ich mich etwas schwer, das ist so einer von diesen Absätzen, wo ich mir als "Kollege" nicht ganz sicher bin, ob du zu viel, oder zu wenig am Text gearbeitet hast. Die Sätze wirken ambitioniert, aber etwas angestrengt.

Zitat: Charlotte hieß Charlotte, so wie Marillen Marillen heißen.

Mich stört nicht der Vergleich, obwohl er natürlich verwegen ist, mich stört die Formulierung "hieß". Ein Mensch heißt, aber eine Marille? Irgendwie klingt das komisch. Wäre es richtiger, wenn der Satz lautete: Charlotte ist Charlotte, so wie Marillen Marillen sind. Ist das überhaupt so gelungen/gewollt, dieser Vergleich?

Ich weiß es nicht.

Beim Klang der Worte auf dem Papier erschließt sich mir die Metapher nicht, das ist irgendwie windschief. Ich habe nur eine Ahnung, was du damit meinst, aber sprachlich ist das keine Punktlandung, meines Erachtens. Ist das Papier da so wichtig. was hieltest du von der Formulierung:

Als gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die in ihrer abstrakten Form, ganz wunderbar klängen, und die dann, wenn man sie ans Tageslicht zerrt, wenn man sie einmal mit ihren Doppelkonsonanten aussprechen muss, doch einiges an Glanz einbüßen.

Im weiteren Verlauf wird der Text sehr ansprechend, ohne wirklich geschlossen zu wirken. Es gibt wunderbare Formulierungen und Beschreibungen, aber alles verläuft sperrig und verschachtelt. Stören tut mich diese Sprunghaftigkeit nicht wirklich, weil sie derart konsequent eingesetzt eher wie ein Stilmittel erscheint. Dadurch liest man den Text immer mit der Empfindung, es passe alles schon irgendwie, aber man müsse das Ganze zur endgültigen Klarheit lieber noch einmal lesen. Und, was wichtig ist: Die Lust, den Text noch einmal lesen zu wollen, wird an keiner Stelle der Geschicht getrübt. Im Gegenteil.

Nun. als ich die KG zum ersten Mal las, hatte ich einen halben Liter Wein intus, und meine Grundstimmung harmonierte bestens mit den unterhaltsamen Passagen. Es gibt gute Bilder und interessante Charaktere. Beim zweiten Mal Lesen war die Flasche Wein leer und mir gefielen deine Erzählstimme, die Figuren und die etwas sprunghafte Handlung immer noch sehr gut. Ich habe etwas mehr entdeckt und die Zusammenhänge waren mir noch etwas weniger wichtig ;-)

Zwei Sätze haben mich beide Male echt gestört:

Zitat: Und dann kannten wir welche, die als Komet durch unser Leben preschten.

Ich kann das Wort "preschen" nicht mit Kometen in Einklang bringen. Zischen?

Zitat Als würde man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle lassen, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.

Das ist wäre ein Satz zum Einrahmen, aber besser so:

Als ließe man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.

Ich bin da nicht so gnadenlos, wie Friedrichard, aber in diesem Fall ist das, was du da sagst so großartig, dass die Metapher auch eine einwandfreie und wesentlich klangvollere Form benötigt, um zu schillern. So, wie es da steht, ist das Champagner aus einem Pappbecher ;-)

Also: Gute Geschichte, habe ich mit Freude gelesen, lese ich auch noch mal nach zwei Litern Wein und bestimmt auch mal ohne!

Rick

 

Hallo Quinn,


keine Ahnung, ob dir auch mein kurzes Feedback etwas bringt.

Der Anfang war mir zu spröde und führte mich nicht in die Geschichte.
Trotzdem gut formulierte Sätze im ersten Absatzende und überhaupt auch an vielen Stellen zwischendrin.

"Komet durch unser Leben preschte" passt nicht, weil ich bei "preschen" an Kutschen, Pferde, Tiere denke, wenns unbedingt was mit "schen" sein soll, dann eher zischen, aber auch sirrte.

Wäre es nicht prägnanter zu schreiben: "...die viel älter waren als wir."?
Es geht doch darum, dass sich der Erzähler ausgeschlossen fühlt, nicht, darum wie alt die Jungs waren.

Ich finde, so klingt es besser: "Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, Lilienthalallee 18b. Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt."


Deine Geschichte hat mir gut gefallen, denn ab obiger Stelle habe ich einfach nur noch gelesen und nicht mehr seziert.
Mir gefiel das lakonische Verhalten der Personen., aber auch die dazwischen gestreuten kleinen Ironieeinheiten. Gerade so viel, dass sie nicht plump wirkten. Und mir gefiel die Stimmung, die du erzeugt hast.

Doch noch einen Punkt fand ich irritierend: "vier Dosen 5,0 intus". War das ein Tippfehler und es sollte 0,5 lauten?

Lieben Gruß

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quinn,

die Last des späten Kommentars!
Irgendwann recht früh schon hab ich aufgehört zu lesen, was die anderen geschrieben haben, obwohl man ja als Schreiber auch immer neugierig darauf ist, was die anderen so von sich geben. Aber hatte wenig Zeit.
Kann ein, dass sich jetzt alles überkreuzt und verdoppelt – naja, du weißt das alles ja selbst.

Mir hat deine Geschichte gut gefallen. Richtig gut. Für mich ist es mittlerweile ein Markenzeichen geworden, ob während des Lesens einer Geschichte der innere Begutachter rausgeschmissen wird. Und das ist hier passiert.

Es ist natürlich jenseits vom schreiberischen Handwerk auch eine große Geschmacksfrage. Klar. Ich mag einfach Geschichten wie diese. Sie hat so einen ganz bestimmten Tonfall und Sound. Greift Dinge in zwischenmenschlichen Beziehungen auf, die man alle kennt aber man/ist, war, wäre selbst nicht in der Lage sie so aufzugreifen und so zu schreiben, dass es authentisch und klar wird. Und wenn man es liest, dann hat es eine Selbstverständlichkeit, die einem sagt, Moment, das ist es, dieses Gefühl, das kennst du doch.
Ich finde es also eine sehr gelungene Geschichte.
Und du wirst dich jetzt wundern, du hast mehr mit lollek gemeinsam, als du glaubst. Ich würde es gerne erklären, wieso ich das so sehe. Ich kann es leider nicht.

Es ist eine Wissbegierde in dieser Geschichte an und über zwischenmenschliche Beziehungen, die sich hier schreiberisch ausdrückt und eine gute Beobachtungsgabe für die Details, die die Bredouille, die Fährnisse eines Lebens, ausmachen. Ob das nun Gerüche, Geschmäcke, Gebärden oder ein Klang ist, mit dem du das dann beschreibst. Und es ist eine sehr liebevolle Sichtweise auf den Menschen mit seinen Dussligkeiten und Eitelkeiten, die auf ironische, aber liebevoll distanzierte Art in der Geschichte zum Ausdruck kommt. So eitel der Mensch auch sein mag, du hast einen etwas amüsierten, weisen Blick auf deine Fix und Focksis.

Da ist schon mal der erste Satz.
Ehrlich gesagt wirkt der auf den ersten Blick etwas sperrig. Aber genau genommen paraphrasiert er nichts weiter als die Redewendung: dass etwas auf dem Papier gut klingt. Es ist sprachlich und begrifflich hier sperriger ausgedrückt, trotzdem rafft man sofort, was gemeint ist.
Es ist ein Satz, der gerade mit diesem Sperrigen „auf dem Papier glanzvoll klingen - in Echt Glanz einbüßen“ so einen wunderschönen Stachel setzt, man will wissen, was denn mit dieser Charlotte ist, dass sie nur auf dem Papier gut klingt. Ein sprachliches Bild also dafür, dass Ideal und Realität ganz erheblich auseinanderklaffen. Ein Synonym dafür, dass etwas auf den erste Blick gut zu sein scheint, aber ans Licht gezerrt , ganz erheblich an Ausstrahlung verliert-mit der Focksschen Charlotte ist das dann genauso passiert. Alle in deiner Geschichte haben sie irgendein Problem mit ihren Idealen und der Realität und finden irgendeine Sorte Umgang damit. Das Schöne am ersten Satz ist, dass damit nicht nur ein interessanter Einstieg programmiert wird, sondern schon das Motto, das Thema der gesamten Geschichte, die sich hier entwickelt. Aber das merkt man natürlich erst im Nachhinein.

Dieser Satz und noch viele, die danach kommen, sind ein Beispiel dafür, dass du hier, glaub ich, wenig zeigst (show), dafür viel erzählst, aber was machst du da eigentlich, es ist eine besondere Weise des „Tellens“, die ohne spezielle Szenen auch ganz viel vorstellbar und sichtbar macht. Ich fand das sehr interessant und lehrreich und übrigens ein Beispiel dafür, dass nichts Prinzip sein sollte. Ich fände es zum Beispiel hier, in dieser Geschichte blöd, wenn man ganz viel fehlendes show monieren würde. Ich glaube, deine besondere Erzählart ist es, die diesen hintergründig liebevollen Blick auf den Menschen und das was er so alles anstellt, anschaulich macht. Vielleicht wär das weg, wenn du mehr „showen“ würdest.
Aber vielleicht raffe ich ja auch einfach nur was nicht und mein Verständnis für show don´t tell ist zu eingeschränkt.


Focks’ alter Gemeinschaftskundelehrer, der Herr Kalbfleisch, ich kannte den auch gut, wenn man dem von Charlotte und Marillen erzählt hätte und wie toll die auf dem Papier klingen, dann hätte er gesagt: Genau wie der Kommunismus.
Das ist schön, nur mit diesem kleinen Nachsatz und natürlich mit dem wunderbaren Namen Kalbfleisch hast du den alten Herrn charakterisiert.
Überhaupt. Die Namen sind große Klasse. Ich musste an Rolf Kauka denken, ich hoffe, der hieß so, das ist schon urlange her, die Comicfiguren Fix und Foxi und Lupo. Kindheitsreminiszenzen. Schön!


Kalbfleisch, guter Mann, Prostatakrebs, letztes Frühjahr. Als er im Grab lag, hatte er auf einmal einen Vornamen: Herbert. Aber der Herr Focks und ich und der Fixie, wir haben den nur Herr Kalbfleisch genannt. Manche Leute will man ein Leben lang siezen. Ein paar sogar ein bisschen länger.
Das ist witzig, auch dadurch kann man sich sofort etwas vorstellen. Man sieht, ohne dass du es aufschreiben musst, ein paar scharf eingebügelte Hosenfalten, sogar die Socken sind gebügelt. Und Lachfältchen und einen fein gekniffenen Mund Das ist eine schöne Weise der Charakterisierung.


In der Kindheit hatten der Herr Focks, der Fixie und ich so Mädchen wie Charlotte nur auf zwei Arten gekannt. Einmal aus der Ferne. Wenn im Fernsehen Amanda Marshall gesungen hat, mit einer Löwenmähne, oder wenn man mal in Filmen oder in Zeitschriften andere Frauen sah, bei denen man an Sonnenblumen dachte und an Löwen.
Hihi, ja genau, Amanda Marshall hatte ich schon fast vergessen, und was war ich immer sauer über diese Tussi, besonders, wenn die Typen einem dann auch noch gesagt haben, man solle sich mal die Haare machen wie Amanda Marshall, diese Arschgeigen. Dabei konnte die noch nicht mal so gut singen.
Und so einen richtigen Hit hatte sie auch nur einen. Und? Kling ich nicht, wie eine echte Judit? Aber das war so damals. Lustig.


Als würde man einmal im Jahr für eine halbe Stunde Hoffnung in die Hölle lassen, nur damit die Sünder den Geschmack nicht vergessen.
Wir hatten nur Julias und Judiths und Katrins, mit und ohne H.
Toll, diese Gegenüberstellung, die schönen Mädchen, die selbst die Hölle versüßen und die Katrins mit und ohne H. Man ist sofort wieder drin in dieser Zeit damals, aber es gilt eigentlich immer, denn irgendwie kennt das ja jeder, diese Suche/den Wunsch nach dem Traummann/Traumfrau oder nach irgendeinem anderen Ideal, und man kennt auch immer die Blamage an der Realität.


Ab und an erwischten wir sie natürlich schon mal in einem schönen Moment. Wenn sie einmal lächelten, vielleicht weinten, aber sie merkten es und schlossen ihr Lächeln weg, zeigten und grimassierten in unsere Richtung und waren wie eh und wie je.
Auch das ist schön, zeigt was Gespaltenes, eigentlich finden die Jungen die Katrins gar nicht so schlecht, wenn man nur mal rankäme an ihr Inneres. Aber wenn man sie dann kriegt, dann kann es nichts Großartiges mehr gewesen sein, dann lag es nur daran, dass man älter geworden ist.

Und das Folgende ist auch so was Grundmenschliches, so ein amüsierter, wohlwollender Blick auf das dusslige Treiben der Freunde, es muss ja jemand schuld sein, wenn man nicht sein Ideal kriegt, an einem selbst kanns nicht liegen, am Ideal auch nicht, an den Sonnenmädchen, dann kann es nur an den Judiths liegen:

Insgeheim haben wir gedacht: Es liegt an ihnen. Wegen denen da, kriegen wir keine Frau mit Sonnenblumenhaar. Die vertreiben sie. Wir dachten, die stießen irgendeinen Duft aus oder vielleicht ein Fiepen.
Das Fiepen ist extracool.


Wir fanden uns damit ab. Fixie und ich haben schließlich welche geheiratet, als wir die älteren Jungs waren. Er eine Julia, ich eine Katrin. Ohne H.
Aber der Herr Focks hat zwar mit einer Judith geschlafen. Vielleicht auch mit zweien. Aber geheiratet hat er keine. Dieser Bastard.
Auch das hier ist spitzenmäßig. Zeigt die ganze Misere in ein paar wenigen Sätzen.


Aber ich denk schon, dass der Herr Focks seine Sache da ganz gut gemacht hat. Hatte ja sonst im Betrieb auch keiner Ahnung, was da vor sich ging. (…) Der Herr Focks hat halt nicht studiert. Als ich studiert habe und als der Fixie seine Lehre gemacht hat beim Schlecker, ist der Herr Focks nach Paris geflogen und nach Melbourne, nach Johannesburg und dann nach Wiesbaden.
Das ist auch schön, hier merkt man als Leser richtig, wie sie einerseits denken, dass der Herr Focks sich was rausnimmt und andererseits beneiden sie ihn wie blöd.


Ich zum Beispiel hab Katrin auf der Hochzeit von Fixies Schwester kennengelernt, weil wir beide nach dem letzten Stück Bienenstich gegriffen haben. Ist doch auch eine hübsche Geschichte.
Auch klasse, man merkt so richtig, wie er sich seine Kennenlerngeschichte schönredet, eigentlich ist er grüngallig vor Neid, aber zugeben würde er das so offen natürlich nicht.


Auch der nächste Abschnitt ist sehr schön, zeigt er doch, wie der Herr Focks so tut, als wäre sein Ideal Wirklichkeit geworden, seine persönliche Charlotte aber nie vorzeigt, sondern sie mehr scheinen lässt, als sie ist:

Ich schau neben mir die Katrin an und denke: Warum sagst du eigentlich nie so was Kluges auf so eine süße Weise? Und ich denke, die Katrin schaut mich an, und denkt: Warum erzählst du nie so von mir, wie der Herr Focks über die Charlotte?
Schön, wie hier deutlich wird, wie sich der Ideal/Wirklichkeitskram in den Beziehungen der beiden wiederspiegelt. Unser Erzähler, der gallig ist, weil er eine Charlotte hätte haben wollen, und alles, was es an anderem Schönen gibt, nun runtermacht. Und sogar noch denkt, dass seine Frau ihn dem gleichen Urteil unterwirft.

„Ich muss jetzt weg“, hat der Herr Focks gesagt und ganz nett mit dem Kopf dabei genickt und den Fixie und mich den hat er mit Katrin und mit Julia zurückgelassen.
„So klug war das gar nicht, oder?“, fragte Fixie dann irgendwann. Julia stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Rippen und sagte: „Halt bitte den Mund.“
Der Fixie wirkt hier zwar noch neidisch, aber Recht hat er eigentlich schon, so klug ist das gar nicht gewesen, was die Scheincharlotte da erzählt hat. Und klasse zu sehen, wie in der Beziehung zwischen Fixie und Julia die Pole anders herum gestellt sind als bei Katrin und dem Erzähler.


Charlotte ist unglaublich. Sie hat einen Grip, sagte der Herr Fox, als er mal etwas getrunken hatte und wir ganz privat wurden. Man könne das gar nicht beschreiben, man müsse das erlebt haben. Es sei so, als würde sie, während sie mit dir schläft, dich noch mit einer dritten, inneren Hand massieren. Beckenbodenmuskulatur sei das.
Ich habe einmal versucht, Katrin auf das Thema zu lenken. Katrin sagte, das könne man schon trainieren, wenn man beim Pipi machen das Pipi halte. Danach habe ich sie nie wieder darauf angesprochen.

Hehehe, da ist es schon wieder: rosarote Männerträume bei dunkelgrauer Pinkelrealität. Richtig gut, wenn die gestandene Katrin dem sexuell-vergeistigten Erzähler die Urologen-Realität offeriert.


Kauft sich einen Sechserpack 5,0 Bier beim Rewe, stellt sich an einen Bistrotisch und lässt sich ein bisschen gehen. Also einmal hat er das gemacht. Vorgestern..
Toll, wie der Erzähler sich hier immer mehr relativiert, erst die Krise vom Fixie aufbläst und dann schränkt er es immer mehr ein. Es ist als müsste sich unser Erzähler immer so ein Stückchen daran abarbeiten, wie die Realität denn nun wirklich ist. So ganz hat er es nie auf dem Bildschirm.

Ich kann nur darüber spekulieren, was sich die zwei gedacht haben. Ich denke im Kopf vom Herrn Focks war nur eine Blase „Charlotte“, und beim Fixie war nur eine Blase „Sozialer Abstieg“, und die beiden Blasen hatten überhaupt nichts miteinander zu tun, aber jeder hat gedacht, dass der andere dasselbe denkt wie er selbst. Aber das weiß ich nicht.
Allerdings weiß ich, wo sie lang gerannt sind.

Die beiden Blasen sind klasse.

Der Fixie hat mir das alles erzählt. Und das einzige, was ich fragen konnte, war, wie die Charlotte ausgesehen hat. Der Fixie hat gelächelt und gesagt: „Gut, ganz normal. Wie eine Frau eben ausschaut. Ein bisschen pummelig ist sie gewesen. Das Haar ein wenig strähnig. Und um die Augen hat sie schon ein paar Falten gehabt, aber sah schon gut aus.“
Dann hat er noch mehr gelächelt. „Weißt“, hat der Fixie gesagt, „wenn ich es mir noch einmal aussuchen könnte, würde ich die Julia noch mal nehmen.“

Die Enttarnung des Scheins, wunderschön gemacht, was das beim Fixie hinterlässt.

Und beim Erzähler.

„Du hast gar nicht verstanden, wie traurig das eigentlich ist, oder?“, hat Katrin gefragt.
Ich hab nichts mehr gesagt. Man kann nicht mit ihr sprechen, wenn sie so ist.
Viel Glück hab ich dem Herrn Focks heimlich gewünscht und such eine für mich mit.
Das ist stark, wie der Protagonist, der ja ähnlich wie Herr Focks der Idealvorstellung einer Frau nachhängt, hier einerseits sehr wohl merkt, was für eine kluge, nette Frau er da an seiner Seite hat, wie er sich aber doppelt grämt, weil er keine Traumcharlotte hat, sondern nur eine nette Katrin, aber sich selbst ein wenig geniert, weil er sich noch nicht mal traut, den Traum/das Ideal zu leben.

Das ist das Schöne an dieser Geschichte. Sie entscheidet sich nicht für eine Sichtweise: Lass die Ideale, dann wirst du glücklicher oder bleib ein Träumer, nur so hältst du am wahren Leben fest.

Die Geschichte wirft ein liebevolles charmantes Schlaglicht auf alle die Möglichkeiten, die die Menschen so antreiben und wie sie sich gegenseitig zwiebeln mit ihren Idealvorstellungen. Wie sie mehr scheinen wollen, das Alltägliche dann sogar dem Ideal vorziehen und es genießen, aber doch nicht damit umgehen können, das Ideal einfach vor sich und seinen Freunden sein zu lassen. Wie sie erkennen und doch nicht erkennen wollen.
Deshalb passt auch eine auktoriale Erzählweise (oder sowas Ähnliches ist es ja hier oder?) hier richtig gut. Einfach ein liebevoller Blick auf alle, der keinen der Freunde wirklich alt, sondern einfach nur menschlich aussehen lässt.

Hat echt Spaß gemacht.
Liebe Grüße
Novak

 

Hallo Rick,

Im weiteren Verlauf wird der Text sehr ansprechend, ohne wirklich geschlossen zu wirken. Es gibt wunderbare Formulierungen und Beschreibungen, aber alles verläuft sperrig und verschachtelt. Stören tut mich diese Sprunghaftigkeit nicht wirklich, weil sie derart konsequent eingesetzt eher wie ein Stilmittel erscheint. Dadurch liest man den Text immer mit der Empfindung, es passe alles schon irgendwie, aber man müsse das Ganze zur endgültigen Klarheit lieber noch einmal lesen. Und, was wichtig ist: Die Lust, den Text noch einmal lesen zu wollen, wird an keiner Stelle der Geschicht getrübt. Im Gegenteil.
Ja, das ist natürlich richtig, dass der Text nicht geschlossen wirkt und es schon schwieriger ist, ihm zu folgen. Es ist ja oft auch eine Frage, wie man so etwas gestaltet. Will man streng linear erzählen, will man mit den üblichen Mitteln erzählt, das ist für den Leser oft leichter, weil er es kennt, aber ein bisschen langweilig ist das schon auf die Dauer. Es ist auch immer ein Abwägen, denke ich, wie viel nimmt man sich als Autor raus, was für einen Erzähler wählt man, in welcher Situation erzählt er, und je weiter man da vom Kurs abweicht, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Leser einem sagt: „Sag mal, geht’s noch?“
Ich les im Jahr bestimmt hier 200 Kurzgeschichten und meistens hat man einen Ich-Erzähler, der auch der wichtigste Protagonist ist, oder man hat einen allwissenden Erzähler (grade bei Anfänger-Texten) oder einen personalen Erzähler wie er in der Spannungsliteratur üblich ist.
Es ist eigentlich nur selten der Fall, dass jemand da was anders macht (mal Juju mit so einem Doktor-Watson-Erzähler). Ich find das sehr spannend.
Aber klar ist dann auch viel anders.

Nun. als ich die KG zum ersten Mal las, hatte ich einen halben Liter Wein intus, und meine Grundstimmung harmonierte bestens mit den unterhaltsamen Passagen. Es gibt gute Bilder und interessante Charaktere. Beim zweiten Mal Lesen war die Flasche Wein leer und mir gefielen deine Erzählstimme, die Figuren und die etwas sprunghafte Handlung immer noch sehr gut. Ich habe etwas mehr entdeckt und die Zusammenhänge waren mir noch etwas weniger wichtig ;-)
Dafür bist du aber ganz schön aufmerksam bei den Kleinigkeiten und so! Also wenn ich eineFlasche Wein drin hab, dann würde ich eher sagen: Ha! Focks! Wie Fuchs! Verstehst du! Wahnsinns Text!

Ich kann das Wort "preschen" nicht mit Kometen in Einklang bringen. Zischen?
Ja, Lakita hat sirrten, zischten, preschten, ich hab mir noch „sprengen“ überlegt, wie ein Pferd sprengt, aber das wär dasselbe wie „preschten“ – ich weiß es nicht. Die Idee liegt ja hier auf dem Substantiv, Komet, nicht unbedingt auf dem Verb. Ich denke normal ziehen Komenten einfach vorbei. Wenn sie vorbeipreschen, sehe ich da noch so eine Schneise der Verwüstung dahinter.
Du hast ja einige der Detailanmerkungen, das ist immer schwierig, da gibt’s ja kein richtig oder falsch. Also das mit dem Papier – ja, das denke ich schon. Der Konjunktiv bei der Hölle … da ist es halt mit dem Erzähler, also ich finde so, ohne den Konjunktiv, klingt der Satz – für diesen Erzähler – schon sehr nach dicker hose und falscher Stilebene, der Konjunktiv dazu noch, wär mir zu viel. Ich will den Satz auch gar nicht so dick. Das mit dem Papier mach ich aber, denke ich. Der Anfang wird ja als sehr akademisch und belabernd wahrgenommen.
Es kann gut sein, dass das Leser in eine Stimmung versetzt (Fliege hat gesagt: „Phoentik-Seminar, oder was?), dass der Leser dann denkt: Will der Autor mir hier was erzählen, oder was? Gleich mal das Messer wetzen! Und das gibt der Text ja dann einfach nicht her.
Das kann gut ein, das änder ich mal!
Über den Rest denke ich noch nach.

Schön mal wieder von dir zu hören, freut mich, wenn dir die Geschichte was geben konnte
Quinn

Hallo Lakita,

Wäre es nicht prägnanter zu schreiben: "...die viel älter waren als wir."?
Es geht doch darum, dass sich der Erzähler ausgeschlossen fühlt, nicht, darum wie alt die Jungs waren.
jo, aber vielleicht zeigt der Erzähler da auch grad wieder drauf und macht es ihnen zum Vorwurf: Dabei wollen die älteren euch doch gar nicht! Ich denke, das geht so oder so, beides hat dann einen bestimmte Zungenschlag.

Ich finde, so klingt es besser: "Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, Lilienthalallee 18b. Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt."
Jo, auf jeden Fall. So oder „Die Treppen“ – die Dopplung ist mir da gar nicht aufgefallen, muss raus.

Deine Geschichte hat mir gut gefallen, denn ab obiger Stelle habe ich einfach nur noch gelesen und nicht mehr seziert.
Mir gefiel das lakonische Verhalten der Personen., aber auch die dazwischen gestreuten kleinen Ironieeinheiten. Gerade so viel, dass sie nicht plump wirkten. Und mir gefiel die Stimmung, die du erzeugt hast.
Das freut mich, das ist sehr schön.

Das mit dem 5,0er Bier hat jimmy schon gesagt. Ich kannte das auch nicht, und musste es googeln und fand es auch komisch, dass das 5,0 heißt, wenn 0,5 drin ist. Die Rewe-Leute haben einen sehr seltsamen Humor. „Jeden Tag ein bisschen besser“ – war das Motto des beim FC Bayern katastrophal gescheiterten Klinsmann – also Rewe ist echt seltsam!

Vielen Dank für die Kritik hat mich gefreut
Quinn

Hallo Novak,

Mir hat deine Geschichte gut gefallen. Richtig gut. Für mich ist es mittlerweile ein Markenzeichen geworden, ob während des Lesens einer Geschichte der innere Begutachter rausgeschmissen wird. Und das ist hier passiert.
Das ist toll. Ich hab das jetzt beim Bachmannpreis in Klagenfurt auch wieder selbst erleben, was es für ein Unterschied ist, ob man eine Geschichte hört oder „hört“. (Natürlich, die, die ich toll fand, hat nur den 3. Platz gemacht, vielen Dank, Jury!).

Greift Dinge in zwischenmenschlichen Beziehungen auf, die man alle kennt aber man/ist, war, wäre selbst nicht in der Lage sie so aufzugreifen und so zu schreiben, dass es authentisch und klar wird. Und wenn man es liest, dann hat es eine Selbstverständlichkeit, die einem sagt, Moment, das ist es, dieses Gefühl, das kennst du doch.
Ja, mir geht das genau so, dass ich das Gefühle habe, bei manchen Sachen: ja! So müsste ich das auch mal sagen können! Und das Lustige ist, wenn man es versucht, klappt es dann auch.
Hab das mal bei Harald Schmidt gesehen, der hatte Christian Kracht da und hat ihn gelobt, der drücke viel aus, was er selbst nur dumpf empfinde. Ich hab jetzt die letzten Tage einen Komiker gesehen, Louis CK, das schaut man und beißt sich in den Arsch, dass man auf diese Perspektive, diesen Winkel, diese Ideen nicht selbst gekommen ist.
Also wenn ich da zur Abwechslung mal auf der anderen Seite dieses Gefühls stehe: Ha!

Und du wirst dich jetzt wundern, du hast mehr mit lollek gemeinsam, als du glaubst. Ich würde es gerne erklären, wieso ich das so sehe. Ich kann es leider nicht.
Also da wunder ich mich nicht so tolle. Der hat ein paar Geschichten geschrieben, die mich sehr an meine erinnert haben, also an bestimmten, ich leg schon Wert drauf, dass ich immer viel ausprobiert und gemacht habe. Vielleicht bin ich deshalb da immer bisschen streng.

Und es ist eine sehr liebevolle Sichtweise auf den Menschen mit seinen Dussligkeiten und Eitelkeiten, die auf ironische, aber liebevoll distanzierte Art in der Geschichte zum Ausdruck kommt. So eitel der Mensch auch sein mag, du hast einen etwas amüsierten, weisen Blick auf deine Fix und Focksis.
Also „Weise“ – das weiß ich nicht. Ich mag selbst – wenn ich das beobachte – immer die kleinen Gesten der Sympathie und der Freundlichkeit. Dass jemand in einer „stärkeren“ Position einfach nett zu einem anderen ist, nicht gönnerhaft nett, nicht aus einem Pflichtbewußtsein heraus oder so. Filmbeispiel: Am Ende von Rendezvous mit JoBlack, bittet die tollpatschige Nebenfigur um Erbarmen, (und man sieht das auch als Zuseher: Wie er sich bemüht und immer der Doofe ist), und der Tod sagt zu ihm: Du bist mir von allen am liebsten.
Ist natürlich auch bisschen blöd, wenn ich jetzt bei deinem Lob so zustimme, aber das ist etwas, das mir selbst gut gefällt und von dem ich auch möchte, dass es in meinen Geschichten ist. Vielleicht nicht in allen, vielleicht nicht immer, aber hier möchte ich natürlich, dass der Leser spürt, dass der Erzähler sowohl Fixie als auch Herrn Focks sehr mag. Das sind sehr enge Freunde.
Also ich möchte das sowohl lieber lesen als auch lieber schreiben als so eine ganz zynische, gnadenlose Weltsicht.

Alle in deiner Geschichte haben sie irgendein Problem mit ihren Idealen und der Realität und finden irgendeine Sorte Umgang damit.
Ich find die ganze Welt hat damit ein Problem. Also ich finde das ist eines der größten Probleme unserer Zeit überhaupt. Man denkt: So müsste es sein. Und dann sieht man: So ist es. Und dann muss man das irgendwie in Einklang bringen.
Da gibt es eine psychologische Umfrage, dass Menschen die Welt durchaus realistisch sehen. Sie haben nur ein ungerechtfertigt positives Bild von sich selbst, denken sie hätten viel mehr Einfluss auf ihr Leben, als sie tatsächlich haben, und haben einen zu rosigen Blick in ihre eigene Zukunft. :)

Ich glaube, deine besondere Erzählart ist es, die diesen hintergründig liebevollen Blick auf den Menschen und das was er so alles anstellt, anschaulich macht. Vielleicht wär das weg, wenn du mehr „showen“ würdest.
Ja, grundsätzlich ist die Art, wie die Geschichte hier erzählt wird, einfach „neuer“, so sind hier nicht viele Geschichten erzählt. Wenn morgen jeder so anfinge, müsste man das auch wieder hinterfragen. Berg hat ja gleich gesagt: Brenner-Romane von Wolf Haas! Und dann hatte ich im Chat einen Text aus dieser Ausschreibung verlinkt, bei der die Tante meinen Text geklaut hat, das war auch eine ganz exaltierte Erzählstimme. Daran hat ihn der Text auch erinnert.

Überhaupt. Die Namen sind große Klasse.
Ja, ich laber viel rum, aber: Wenn man so erzählt, hat man auch die Möglichkeiten bestimmte Klangfolgen zu finden. Also: Der Text ist zu weiten Teilen im Perfekt erzählt, das sind dann – in der Satzstruktur – ganz andere Rhymten auf einmal: Dann heißt der „Der Herr Focks“ und Charlotte heißt „Die Charlotte“ – und man hat Artikel auf einmal. Das ist ein bisschen so, als würde man die ganze Zeit Walzer hören und dann einen Flamenco.
Bei dem Bachmannpreis gab’s einige Texte, die dann im „du“ erzählt wurden, dann hat man diese „sft“-Klänge drin.
Wie gesagt, das würd sich alles abnutzen, wenn’s zum neuen Standard wird, denke ich. Und ob das über einen längeren Text trägt, ist eine ganz andere Frage (die Brenner-Romane sind auch sehr kurz).
Ich hab mal gelesen,Cormack McCarthy habe den Killer in „No Country for old men“ diesen Chigurh-Namen gegeben, einfach weil der Name ein Fremdkörper in jedem Satz sein muss, wie der schon aus einem normalen Satz rausragt.
Und so einen Namen schreibt man dann ja richtig oft.

wenn die Typen einem dann auch noch gesagt haben, man solle sich mal die Haare machen wie Amanda Marshall, diese Arschgeigen.
Der Satz hat mich sehr gefreut!
„Warum hast du eigentlich kein Sixpack wie dieser Ronaldo!“
„Warum hast du eigentlich nicht so ein Grübchen im Kinn wie dieser Typ aus Batman!“
„Warum bist du eigentlich nicht so witzig, wie Doug!“

Richtig gut, wenn die gestandene Katrin dem sexuell-vergeistigten Erzähler die Urologen-Realität offeriert.
Ich find’s heftig, wie du nach je einem Satz schon die Figuren sehen kannst. „Gestandene“ Katrin. Ich weiß es nicht. Sie hat ja sehr wenig Platz in der Geschichte. Ich denke,sie hat auf jeden Fall ganz andere Prioritäten und andere Sachen in ihrem Leben zu tun, als haargenau jedem Satz ihres Mannes nachzulauschen.
ich denke, - das war auch so als Gag gedacht -, dass der Erzähler sie natürlich wieder völlig idiotisch darauf angesprochen hat, ohne dass die überhaupt richtig gehört hat, dass er das von ihr will. Also irgendwie hat der Erzähler das wieder total versaut, denke ich. :)

Toll, wie der Erzähler sich hier immer mehr relativiert, erst die Krise vom Fixie aufbläst und dann schränkt er es immer mehr ein. Es ist als müsste sich unser Erzähler immer so ein Stückchen daran abarbeiten, wie die Realität denn nun wirklich ist. So ganz hat er es nie auf dem Bildschirm.
Ich denke, der Erzähler will hier auch deutlich machen, dass sein Freund kein Penner ist. So dieses „Es war ja nur einmal!“

Das ist stark, wie der Protagonist, der ja ähnlich wie Herr Focks der Idealvorstellung einer Frau nachhängt, hier einerseits sehr wohl merkt, was für eine kluge, nette Frau er da an seiner Seite hat, wie er sich aber doppelt grämt, weil er keine Traumcharlotte hat, sondern nur eine nette Katrin, aber sich selbst ein wenig geniert, weil er sich noch nicht mal traut, den Traum/das Ideal zu leben.
Was ihn hier wirklich nervt, denke ich, ist, dass seine Frau ganz genau versteht, was da los ist, was mit Herr Focks los ist. Und dass sie es schon gewusst hat, als sie da beim Griechen saßen.
Das ist für mich der Gag. Die beiden Frauen sehen: „Guck mal, wie verliebt dieser idiotische Freund meines Mannes ist!“
Und die Männer denken: „Gott, was muss der für eine geile Braut haben!“
Und ich denke, diese Sache, ist auch so ein Geheimnis, ein weißes Feld, zwischen dem Erzähler und Katrin. Die setzen sich nicht hin und reden 20 Minuten darüber, warum Herr Focks so vernarrt in Charlotte ist, und warum da nichts passiert.
Und wenn jetzt, Katrin diese ganze Sache schon immer verstanden und als Spinnerei abgetan hat, dann stinkt das dem Erzähler natürlich gewaltig.
Ich denke auch, dass der Erzähler sehr froh sein kann, die Frau zu haben. Und wenn er es gescheit anstellt und sie nett fragt, kriegt sie das mit dem Beckenboden bestimmt auch noch in ihren Tagesablauf eingeplant!

Sie entscheidet sich nicht für eine Sichtweise: Lass die Ideale, dann wirst du glücklicher oder bleib ein Träumer, nur so hältst du am wahren Leben fest.
Das freut mich sehr, wenn das so ankommt. Ich mein. Was will man da auch sagen?

Ich hab den Kommentar natürlich genutzt, um furchtbar rumzulabern, aber ich hab einfach auch so viele Gedanken noch „über“ gehabt zu der Geschichte und duhast so genau die Stellen noch gezeigt und die Ideen, bei denen ich eh noch was hatte; hoffentlich kommt’s nicht rüber als „Das war gut“ – „Ja, genau, lass mich erklären, wieso ich so toll bin!“, so war’s nicht gedacht :)

Vielen Dank für den Kommentar
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

Also das ist doch ...

Ich hab den Kommentar natürlich genutzt, um furchtbar rumzulabern, (...) hoffentlich kommt’s nicht rüber als „Das war gut“ – „Ja, genau, lass mich erklären, wieso ich so toll bin!“, so war’s nicht gedacht
Ich bin superfroh, wenn man auf einen Kommentar eine vernünftige, auch mal ausführlichere Antwort kriegt. Machen zum Glück schon einige, aber so viele sinds auch wieder nicht, deine Antwort kommt also absolut nicht als Gelaber oder selfmade-Lobhudelei an, nee, find die Antworten und Reaktionen spannend und bin froh darüber. Man will ja wissen, ob der andere was anfangen kann mit dem Kommentar.


aber das ist etwas, das mir selbst gut gefällt und von dem ich auch möchte, dass es in meinen Geschichten ist. Vielleicht nicht in allen, vielleicht nicht immer, aber hier möchte ich natürlich, dass der Leser spürt, dass der Erzähler sowohl Fixie als auch Herrn Focks sehr mag. Das sind sehr enge Freunde.
Also ich möchte das sowohl lieber lesen als auch lieber schreiben als so eine ganz zynische, gnadenlose Weltsicht.

Genau das ist es, was man spürt. Musst dich jetzt nicht so sträuben, weiser Mann :D

Ich find die ganze Welt hat damit ein Problem. Also ich finde das ist eines der größten Probleme unserer Zeit überhaupt. Man denkt: So müsste es sein. Und dann sieht man: So ist es. Und dann muss man das irgendwie in Einklang bringen.

Da hast du sehr, sehr recht. Neben dem Geld und der eigenen Existenzerhaltung, z. B. in punkto Konkurrenz und Positionierung ist das glaube ich wirklich eines der größten Probleme für Menschen.

Berg hat ja gleich gesagt: Brenner-Romane von Wolf Haas!

Hatte Bergs Kommentar nicht gelesen, aber genau das ist es, der Wolf Haas und sein Stil. Was ich jetzt aber ziemlich lustig finde, ist Folgendes: Natürlich habe ich bemerkt, dass du im Perfekt geschireben hast, wie das der Haas macht, aber es ist mir ulkigerweise an keiner Stelle komisch aufgestoßen. Du hast es nicht durchgängig gemacht. Und das ist, glaube ich, eine sehr kluge und elegante Variante. Ich weiß noch genau, wie ich mit einer Freundin über das Perfekt in einem Haas-Roman gestritten habe. Es ist ein originelles, einzgartiges Stilmittel, weil es einen in ein ganz persönliches Gespräch reinzieht, aber wenn das durchgängig so geschrieben ist, kann das auch sehr ermüdend wirken.

Ich find’s heftig, wie du nach je einem Satz schon die Figuren sehen kannst. „Gestandene“ Katrin. Ich weiß es nicht. Sie hat ja sehr wenig Platz in der Geschichte. Ich denke,sie hat auf jeden Fall ganz andere Prioritäten und andere Sachen in ihrem Leben zu tun, als haargenau jedem Satz ihres Mannes nachzulauschen.

Ja, vielleicht bin ich da manchmal mit meiner Fantasie sehr schnell am Werk. Das ist auch kein Problem, solange sich mein Eindruck nicht mit dem, was der Autor will, beißt. Empfinde es eher sogar als einen Vorteil - dieses schnelle Sehen. Und deine Antwort bestätigt die Richtigkeit des Sehens in diesem Falle. Du hast mit wenigen Federstricken eine Frau gestaltet, die zwar am Rande der Geschichte steht, aber sehr pragmatisch wirkt. Sie ist realitätsbezogen.

ch denke auch, dass der Erzähler sehr froh sein kann, die Frau zu haben. Und wenn er es gescheit anstellt und sie nett fragt, kriegt sie das mit dem Beckenboden bestimmt auch noch in ihren Tagesablauf eingeplant!
Na, das ist doch mal ein Abschlusswort.:D

Ciao, Novak

 
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Was sagt man dazu? Was sagt man zu so einem Teil?

Es ging mir bei dieser Geschichte, wie es mir meistens bei deinen Geschichten geht. Beim ersten Lesen war ich einfach noch nicht richtig in der Lage, zu erfassen, was du überhaupt geschrieben hast. Ich muss dann immer erstmal wieder meinen Blick schärfen und mir klar machen, dass hier jedes Wort sehr viel Gewicht haben kann und dass man evtl. ganz viele tolle Gedanken verpasst, wenn man das schnell mal runter liest. So war es. Ganz tolle Gedanken.

Das ist keine einfache Geschichte. Ich weiß jetzt immer noch nicht so richtig, was ich darüber schreiben soll. Mir fehlen irgendwie die Worte.
Das liegt auch daran, weil ich zu jedem Satz etwas sagen könnte. Nur Positives.
Der Ton ist so sympathisch, die Sätze, ich weiß nicht, da stecken doch total viele Bedeutungen in den meisten Sätzen, das hat fast alles einen doppelten Boden und ich hab überlegt, ob ich dir irgendwas sagen könnte, was du hättest besser machen können. Kann ich wahrscheinlich nicht.
Du hättest es irgendwie klarer machen können, aber dann würde sehr viel verloren gehen.

Das ist so eine Geschichte, die mich echt fordert, mir manchmal schon fast etwas Angst macht, weil das alles so auf den Punkt ist. Du hast einen sehr hohen Anspruch, das weiß jeder hier. Ich glaube, wenn ich das vor fünf Jahren gelesen hätte, hätte ich gedacht: Was soll das denn eigentlich sein, warum schreiben die alle, dass diese Geschichte gut ist, da versteht man ja gar nicht, worum es geht. Ich bin auch heute definitiv nicht schlau genug, um beim ersten Lesen zu erfassen, was du sagen wolltest. Aber: beim zweiten und dritten Mal, da fingen meine Augen plötzlich an zu leuchten und dann bin ich in deine Sätze hineingekrochen, hab mir das genau angeschaut und einfach nur genossen.

Charlotte hieß Charlotte, so wie Marillen Marillen heißen. Als gäbe es in der Sprache einen auserkorenen Platz für Dinge, die in ihrer abstrakten Form ganz wunderbar klingen, und die dann, wenn man sie ans Tageslicht zerrt, wenn man sie einmal mit ihren Doppelkonsonanten aussprechen muss, doch einiges an Glanz einbüßen.

Das fasst ja die Geschichte schon ein bisschen zusammen.

Ab und an erwischten wir sie natürlich schon mal in einem schönen Moment. Wenn sie einmal lächelten, vielleicht weinten, aber sie merkten es und schlossen ihr Lächeln weg, zeigten und grimassierten in unsere Richtung und waren wie eh und wie je.
Starke Stelle. Könnte das Fettgedruckte sogar weg? Nein, das wäre dann schlechter. Ich hatlts Maul.

Wir dachten, die stießen irgendeinen Duft aus oder vielleicht ein Fiepen. Wir fanden uns damit ab. Fixie und ich haben schließlich welche geheiratet, als wir die älteren Jungs waren. Er eine Julia, ich eine Katrin. Ohne H.

Ganz stark, das Fiepen. Das ist sehr geil.
Der Herr Focks wohnte Zimmerküchebad, Lilienthalallee 18b. Der dritte Stock halte ihn fit, hat er immer gesagt. Man merke ihn ohnehin nur bei Wasserkisten, das sei schon eine rechte Qual, grade zwei auf einmal, und nur eine? Dann müsse man ja zweimal laufen. Er habe dann ja Aquaflux benutzt, so einen Wasserreiniger, der auch Kohlensäure ins Leitungswasser gesprüht habe – Werbeslogan: Nie wieder Wasserkisten in den dritten Stock schleppen -, aber das habe er dann aufgegeben. Er wisse nicht mehr, wieso.
Man sieht: Der Herr Focks wäre auch sehr glücklich gewesen ohne eine Charlotte in seinem Leben.

Das gefällt mir sprachlich so ausgesprochen gut, weil da so viel Abwechslung drin ist. Pfeffer. Ich hab auch jetzt keinen Bock, jeden Satz rauszukopieren, weil die sind fast alle genial. Dann diese spezielle Sache, dass der Erzähler seinen guten Kumpel Herr Fochs nennt. Ich liebe das. Guck, du hast Sätze, die sind inhaltlich so verdammt tief und klingen wie daher gesagt und doch steckt so viel dahinter.
Dann bekommst du es zudem noch hin, eine sehr, sehr abwechslungsreiche Sprache zu schreiben. Das ist für mich eine ganz große Leistung. Ich bin begeistert.
Ich weiß aber nicht, ob ich es überhaupt so ernst genommen hätte, wenn es nicht dein Text wäre. Vielleicht hätte ich ihn nicht mal für ein zweites Lesen in Erwägung gezogen. Keine Ahnung, wo du hin willst mit deiner Schreibe, aber für Leute, die nur „zum Spaß“ lesen, ist das schon zu schwierig, glaube ich.
Wenn man da reingeht, findet man unglaublich tolle Beobachtungen und Kunststückchen, die man nur bestaunen kann, aber, wenn man schnell ein bisschen Unterhaltung will, nicht so viel liest ansonsten und dich nicht „kennt“, ist das ein schwieriger Text, finde ich.
Was ich meine: Wenn der Text es schaffen würde, mich beim ersten Lesen auf einer anderen Ebene zu fesseln, als beim zweiten Mal, wenn du es also auch noch schaffen würdest, praktisch zwei perfekte Geschichten in eine zu packen, dann wäre das hier ein perfekter Text für mich. Mir fällt aber dazu gerade auch kein Beispiel ein, was wohl bedeutet, dass dein Text sehr nahe dran ist, für mich perfekt zu sein.
Aber die Handlung und das Unterschwellige … mmhh also, wenn die Handlung noch deutlicher für Hobbyleser rauskommen würde und trotzdem die andere Ebene für erfahrene Leser drin bleiben würde. Keine Ahnung, ob du mich verstehst, ich denke schon. Das ist also das Einzige, wo ich eine Chance zur Verbesserung sehe; die ungeübten Leser eben so zu fesseln wie die geübten. Nur eben auf einer anderen Ebene.

Trotzdem: Genialer Text! Ich fürchte, die Empfehlung ist bereits gegeben. Ansonsten hätte ich das jetzt gemacht.

Lollek

 

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